Karma Yoga von Swami Sivananda

 

Kapitel 5: Die Girlande des Karma Yoga

1. Die vier Pfade

Die Einheit mit Gott ist das Ziel des menschlichen Lebens. Sie stellt den Seins-Zweck und das Seins-Ende unserer Existenz dar. Sie ist das höchste Gut des Lebens. Man erreicht sie, indem man den Pfaden des Bhakti Yoga, des Raja Yoga, des Jnana Yoga oder des Karma Yoga folgt.

Unter Bhakti Yoga versteht man den Weg der Verehrung und der Liebe. Er ist geeignet für Menschen, die gerne verehren, in denen das Element der Liebe vorherrscht. Für Frauen passt dieser Bhakti Yoga Marga sehr gut, weil Liebe in ihnen vorherrscht. Raja Yoga ist für Menschen, die mystisch veranlagt sind. Manche erwerben gerne Siddhis (höhere Kräfte). Sie können diesen Weg beschreiten. Jnana meint den Weg des Vedanta. Rationale Menschen, deren Stärke im Intellektuellen und nüchternem Geistigen liegt, können diesen Weg einschlagen. Wer gerne tätig wird, kann Karma Yoga wählen.

Bhakti Yoga passt für den Großteil aller Sucher. Ganz allgemein ist die Veranlagung aller Menschen eine Mischung aus Verehrung und Intellekt. Einige sind rein religiös. Einige sind rein intellektuell. Auch kann man sich durch selbstloses Karma verwirklichen. Durch Karma Yoga erlangt man Chitta Shuddhi (Reinheit des Geistes) und bereitet den Schüler auf Jnana Yoga vor. Aktive Menschen sollten Karma Yoga aufnehmen. Bhakti wird auch als mentales Karma eingestuft. Es fällt unter Karma Yoga. Raja Yoga ist auch eine Form des Bhakti Yoga. Im Bhakti Yoga unterwirft sich der Schüler vollkommen Gott. Ein Raja Yogi hat einen subtilen Egoismus. Ein Bhakta hängt von Gott ab. Er ist sehr demütig. Ein Raja Yogi strengt sich an und behauptet sich. Er ist der Swatantra -Typ. Bhakti und Jnana sind nicht unvereinbar wie Säure und Base. Man kann einpünktige Verehrung mit Jnana Yoga vereinen. Die Frucht des Bhakti Yoga ist Jnana. Para Bhakti (höchste Hingabe) und Jnana sind eins. Vollkommenes Wissen ist Liebe. Vollkommene Liebe ist Wissen.

Shri Shankara, ein Kevala (vollständiger) Adwaita Jnani, war ein großer Bhakta von Hari, Hara  und Devi. Jnanadeva aus Alandi, Puna, ein großer Yogi, war ein Bhakta von Shri Krishna. Shri Ramakrishna Paramahamsa  verehrte Kali und erlangte Jnana durch Swami Totapuri, seinen Adwaita Guru. Gouranga aus Bengalen war ein großer Adwaita-Vedanta-Anhänger und doch tanzte er auf den Straßen und Marktplätzen und sang den Namen Gottes. Appaya Dikshita, ein berühmter Jnani aus Adaiyapalam, dem nördlichen Arcot Distrikt, der Verfasser von Siddhanta Lesha und verschiedenen anderen vedantischen Büchern, war ein Anhänger von Shiva.

Bhakti lässt sich sehr vorteilhaft mit Jnana kombinieren. Raja Yoga zielt darauf ab, alle Gedankenwellen bzw. geistigen Schwingungen zu kontrollieren. Im zweiten Sutra (Lehrsatz) im Yoga Darshana des Patanjali Maharishi steht im ersten Kapitel:

yogas chitta vritti nirodhah

„Yoga ist das Zur-Ruhe-Kommen der Gedankenwellen des Geistes.“
[Yoga Sutra I.2]

Dies ist die Definition des Raja Yoga laut Patanjali Maharishi. Shri Jnanadeva, Gorakhnath , Raja Bhartrihari und Sadashiva Brahman waren alles angesehene und leuchtende Raja Yogis.

Bhakti ist Mittel zum Zweck. Es verleiht dem Geist Reinheit. Es beseitigt Vikshepa (Zerstreutheit). Sakamya Bhakti (Hingabe an Gott mit konkreten Wünschen) verleiht dem Anhänger Svarga und Brahmaloka (die Region von Brahma) (Uttamaloka Prapti – Ankunft im höchsten Ort). Nishkamya Bhakti (Verehrung ohne Wünsche) bringt Chitta Shuddhi und durch diese Reinheit des Geistes erlangt der Schüler Jnana.

2. Lebe nach deinem Ideal

Du sollst ein persönliches Ideal im Leben haben und mit aller Macht versuchen, es zu erreichen. Die Menschen unterscheiden sich in ihren Fähigkeiten, ihrem geistigen und intellektuellen Vermögen sowie ihrer körperlichen und geistigen Stärke, Dinge auszuführen. Deshalb sollten unterschiedliche Menschen unterschiedliche Ideale haben. Erst dann können sie sich schnell entwickeln. Erst dann machen sie sicher und schnell Fortschritte. Das Ideal des einen Menschen gefällt einem anderen nicht. Hält man ein Ideal aufrecht, das man nicht verwirklichen kann, ein Ideal, das jenseits der eigenen Reichweite und Fähigkeit liegt, wird man enttäuscht. Man gibt auf und wird tamasig.

Du sollst dein eigenes Ideal haben. Du kannst das Ideal in diesem Moment oder nach zehn Jahren mit zögerlichen Schritten verwirklichen. Es ist unerheblich, wie lange es dauert. Jeder Mensch sollte sich bestmöglich bemühen, sein Ideal anzustreben. Er soll seine ganze Energie, Nervenkraft und Willen in die Verwirklichung des Ideals setzen. Du kannst dir dein eigenes Ideal im Einklang mit deinem Maßstab entwerfen. Schaffst du dies nicht, bitte deinen Guru um Hilfe und er wird das auf dich zugeschnittene Ideal gemäß deiner Fähigkeit und deines Standards aussuchen.

Ein Mensch sagt vielleicht: „Ich lehre die Dorfjungen und verlange kein Geld dafür. Dies ist mein Lebensideal.“ Ein anderer sagt eventuell: „Ich diene Kranken und pflege sie sorgfältig. Ich schließe mich jeder Seva-Institution an und biete meine freiwillige Mithilfe bis an mein Lebensende an. Der Dienst an Kranken ist mein Ideal.“ Ein dritter Mensch mag sagen: „Ich gehe betteln von Tür zu Tür und eröffne ein Kshettar , um Sadhus und Sannyasins (Entsagende) zu speisen. Dies ist mein Ideal.“ Ein vierter Mensch sagt vielleicht: „Mein Ideal liegt in der Selbstverwirklichung. Ich gehe nach Gangotri und lebe in einer Höhle und meditiere intensiv. Dies ist mein Ideal.“ Dies ist alles sehr richtig an die jeweiligen Fähigkeiten und Standards angepasst. Allmählich musst du aber das Ideal dazu bringen, Brahman zu verwirklichen. Das höchste Ideal liegt in der Selbstverwirklichung. Dienst, Anbetung etc. münden letztendlich in der Verwirklichung des inneren Selbst. Die Selbstverwirklichung ist das größte Lebensideal. Das Ideal, ethische Perfektion zu erreichen, liegt direkt unter dem Ideal der Selbstverwirklichung. Selbstverwirklichung ist das größte Ideal. Sie ist das am schwierigsten zu verwirklichende Ideal. Wer sein Selbst zu verwirklichen sucht, dient der Menschheit am meisten.

Man sollte einen Menschen mit niederen Idealen nicht verachten. Er hat vielleicht eine junge Seele, die sich erst langsam auf dem moralischen und spirituellen Pfad entwickelt. Es ist deine Pflicht, ihm bestmöglich bei der Verwirklichung seiner Ideale zu helfen. Du solltest ihm jede Ermutigung bei seinem ernsthaften Bemühen, sein eigenes höchstes Ideal zu erreichen, angedeihen lassen.

Es ist bedauerlich festzustellen, dass die Mehrheit der Menschheit überhaupt keine Ideale hat. Auch gebildete Menschen schätzen keine Ideale. Sie leben ohne Ziel und treiben wie ein Strohhalm hin und her. Sie erzielen keinen Fortschritt im Leben. Ist dies nicht ein trauriger Zustand? In der Tat höchst bedauerlich! Es ist sehr schwierig, eine menschliche Geburt zu erlangen und dennoch verstehen die Menschen die Wichtigkeit, ein Ziel hoch zu halten und danach zu leben, nicht. Das Ideal von „Iss, trink und vergnüge dich“ wird von Epikureern, Nimmersatten und reichen Leuten übernommen. Diese Philosophie hat zahllose Anhänger und ihre Anzahl steigt täglich an. Dies ist das Ideal von Virochana (Anführer der Dämonen). Dies ist das Ideal von Asuras und Rakshasas (negative Kräfte). Dieses Ideal führt einen Menschen in Elend und Leiden. Gesegnet ist der Mensch, der ein Ideal aufrechterhält und sich intensiv darum bemüht, denn er wird bald Gottesbewusstsein erlangen. Ehre gebührt der ernsthaft bemühten Seele!

3. Karma Nishtha

Der Seher der Ishavasya Upanishad erläutert im ersten Shloka die Methode, wie man Jnana Nishtha  erlangen kann. Der Vers lautet: „All diesem, beweglich und unbeweglich, wohnt Gott inne. Entsage den Namen und Formen. Entsage den sinnlichen Genüssen und genieße die Wonne des Selbst. Bereichere dich nicht am Wohlstand anderer.“ Dies ist der Weg des Nivritti Marga (Entsagung) für Sannyasins. Im zweiten Shloka beschreibt er Karma Nishtha  für Familienmenschen, die nicht in der Lage sind, den Weg des Verzichts (Sannyasa) zu gehen.

kurvanneveha karmani jijeevishechchatam samah
evam tvayi nanyathetosti na karma lipyate nare

„Sollte jemand hundert Jahre auf dieser Erde zu leben wünschen, so sollte er Karma (vorgeschriebene Rituale und selbstloses Handeln) während seines Lebens tun. Während du so als Mensch lebst, gibt es keinen anderen Weg als diesen, damit Karma nicht an dir haftet.“

Die Narayana Upanishad sagt:

„Am Anfang wurden diese beiden Wege gelegt – der Weg durch Karma und der Weg durch Sannyasa. Letzterer besteht aus der Entsagung der dreifachen Wünsche nach Ehefrau bzw. Ehemann, Nachkommen und Reichtum.“

In der Taittiriya Upanishad steht auch:

„Der Verzicht (Nyasa) ist sicher zu bevorzugen.“

In der Bhagavad Gita sagt Shri Krishna über „Karma Nishtha“ und „Jnana Nishtha“ Folgendes:

lokesmin dvividha nishtha pura prokta mayaanagha
jnanayogena sankhyaanaam karmayogena yoginaam

„In dieser Welt gibt es einen zweifachen Weg, wie ich bereits sagte, o Sündenloser: den des Yoga der Erkenntnis der Sankhyas und den des Yoga der Tat der Yogis.“

Hier ist mit Sankhya Yoga die Vedanta-Philosophie gemeint und nicht die Philosophie des Kapila Muni (Sankhya-Philosophiesystem).

Bhagavan (der Erhabene) Vyasa teilte seinem Sohn nach langer Diskussion seine feste Überzeugung mit:

„Dieses nun sind die zwei Wege, auf denen die Veden basieren. Beide Wege – der eine, der über Karma führt und der andere, der von Karma wegführt, – wurden erklärt, ... “

Nishtha bedeutet vollkommene Verehrung und Festhalten an den eigenen Idealen. Es gibt hier kein Schwanken und keine Bewegung im Geist. Der Karma Nishtha Yogi ist der festen, unerschütterlichen Überzeugung, dass sein Nishtha ihn ans Ziel und zur höchsten Wonne führen wird. Er versenkt sich in Karma. Er ist von Karma absorbiert. Raja Janaka hatte sein Nishtha im Karma Yoga. Shri Mahatma Gandhiji war ein Karma Nishtha Yogi. Er wich nie von seinem Ideal ab. Er war fest in seinem Nishtha verankert. Nishtha ist das Geheimnis des Erfolgs. Erst dann kann man mit ganzem Herzen, Geist und Verstand die anstehende Aufgabe angreifen. Scheitern ist auf fehlendes Nishtha zurückzuführen. Nishtha entwickelt Willensstärke. Nishtha verhilft zu schnellem Wachstum und rascher Evolution. Nishtha beseitigt Hindernisse auf dem Weg zur Verwirklichung.

4. Überwinde die Dvandvas (Gegensatzpaare)

Unglück und Glück, Freude und Schmerz, Gewinn und Verlust, Sieg und Niederlage, Leben und Tod, Gut und Böse sind nur die Vorder- bzw. Rückseite ein und derselben Münze. Böses gibt es nicht ohne Gutes. Das Leben kann ohne Tod nicht existieren. Die Begriffe sind relativ. Unwissende Menschen verlangen absolutes Glück auf dieser Welt. Dies ist schlicht unmöglich und kindlich. Sie wollen Leben ohne Tod, Glück ohne Unglück, Gewinn ohne Verlust. Wenn du den Tod nicht magst, dann gib das Leben auf der sinnlichen Ebene auf. Willst du den Schmerz nicht, so gib sinnliches Vergnügen auf. Schmerz und Freude, Leben und Tod sind untrennbar miteinander verbunden. Böses existiert, um Gutes zu verherrlichen. Um die Liebe zu verherrlichen, gibt es den Hass. Falschheit gibt es, um die Wahrheit zu rühmen. Ein Vagabund existiert, um einen Heiligen zu glorifizieren. Eine Prostituierte existiert, um eine keusche Pativrata-Frau, die sich strikt an Ehegelübde hält, zu rühmen. Ein Trunkenbold existiert, um einen Abstinenzler zu ehren. Diese Welt ist ein großes und wunderbares Museum. Wenn es nur Heilige, ehrliche und nüchterne Menschen auf dieser Welt gäbe, wäre sie wie ein Gefängnis. Vielfalt im Erscheinungsbild ist Swabhava (die Grundnatur) der Prakriti (Schöpfung) und hält den Charme dieser Welt aufrecht. Überwinde die Dvandvas und verweile im nichtdualen, absoluten Brahman. Nur dort findest du absolutes Sein, absolute Wonne und absolutes Wissen.

5. Naishkarmya

Bloßes bewegungsloses Dasitzen macht einen Menschen nicht handlungslos (Naishkarmya). Er wird tausendundeine Sankalpa (Eindrücke) im Geist haben. Der Geist muss erst vollkommen ruhig werden. Man sollte ganz ohne Gedanken sein. Erst dann erreicht man Freiheit von der Handlung. Ich wiederhole nochmals die Worte der Bhagavad Gita:

„Wahrlich, niemand kann auch nur für einen Augenblick untätig verweilen; denn in der Tat wird jeder Mensch durch die aus der Natur geborenen Eigenschaften hilflos zum Handeln getrieben.“
[BhG 3.5]

Die Eigenschaften der Natur (Gunas) zwingen den Menschen zum Handeln. Gott (Shri Krishna) sagt in der Bhagavad Gita:

„Es gibt keine Existenz, weder auf Erden noch im Himmel unter den Engelswesen, die von diesen drei Eigenschaften, aus denen die Natur besteht, befreit ist. Jener Yogi, der die drei Eigenschaften Rajas, Tamas und Sattva überwunden hat und im Selbst ruht, kann wirklich ohne Handlung sein.“

Weiter spricht Er:

„Wahrlich, für ein verkörpertes Wesen ist es nicht möglich, vollständig auf Handlung zu verzichten.“
[BhG 18.11]

Wenn jemand nur ruhig dasitzt, indem er durch Hatha Yoga  seine Handlungsorgane kontrolliert und wenn sein Geist gleichzeitig ständig an den Sinnesobjekten hängt, ist er zweifellos ein Scheinheiliger. Shri Krishna preist hingegen den Menschen, ...

„ ... der aber die Sinne durch den Geist beherrscht, o Arjuna, und mit den Handlungsorganen ohne Verhaftung Karma Yoga übt, er ist vortrefflich.“
[BhG 3.7]

Im dritten Vers desselben Kapitels sagt Er:

„Niemand kann Perfektion erreichen, d. h. Freiheit von Handlung und Hingabe auf dem Pfad von Jnana Yoga allein durch Entsagung, allein dadurch, dass er Handlung aufgibt, ohne Brahma Jnana zu erlangen.“

6. Meditation und Handlung

Der in einer Höhle im Himalaja meditierende Mensch findet es schwierig, in der Welt zu arbeiten. Er kann nicht in einem Gebäude mitten in der Stadt meditieren. Der in der Welt arbeitende Mensch wiederum findet es genauso schwer, an einem einsamen Ort zu verweilen. Beiden fehlt ein ausgeglichener Geist. Beide sind nicht vollkommen. Beide sind einseitig entwickelt. Wer sechs Monate lang in der Einsamkeit meditieren kann und sechs Monate lang mit ganzem Herzen in der Welt arbeiten kann, ist ein idealer Yogi oder ein vollkommener Mensch. Er ist der ideale Karma Yogi. Er ist wirklich ein starker Mensch. Er hat sich vielschichtig entwickelt. Nichts kann seinen Geist aus der Ruhe bringen, wenn er sich ungünstigen Bedingungen und schlechten Verhältnissen ausgesetzt sieht.

Wenn man Pratyahara (Rückzug der Sinne) geübt hat, kann man seinen Geist zurückziehen, wie eine Schildkröte oder Schnecke sich in ihr Haus zurückzieht. Kein Geräusch kann den Geist stören. Weder Kanonenfeuer noch das röhrende Motorengeräusch eines Lastwagens können im Geist einen Eindruck hinterlassen. Man ist praktisch für die Welt tot, aber innerlich ist man in Wahrheit sehr aktiv. Man kann eine betriebsame Stadt in einen großen Wald verwandeln. Aber wenn ein Mensch sich nicht nach innen zurückziehen oder konzentrieren kann, findet er im Dickicht des Waldes eine große Stadt vor. Schüler sollten immer ihren Geist beobachten und prüfen. Sie sollten versuchen, dieses vollkommene Gleichgewicht zu bewahren. Wirkliche Meditation verleiht riesige innere Stärke. Wenn man diesen inneren Frieden und diese Stärke nicht verwirklichen kann, dann ist sicher irgendein Fehler im Sadhana oder bei der Meditation. Manorajya (Luftschlösser bauen), Tandra (Mattigkeit) und Alasya (Trägheit), ein schläfriger Zustand, Brüten und andere negative Zustände des Geistes sollten nicht irrtümlich für Samadhi oder Meditation gehalten werden. Ungeübte, unerfahrene Schüler machen oft diese Fehler und täuschen sich.

Nur eine verschwindend kleine Minderheit ist zur vollen und tiefen Meditation fähig. Die große Mehrheit sollte am Anfang Meditation mit Handlung verbinden. Erst wenn man allmählich in der Meditation Fortschritte macht, kann man langsam das aktive Handeln aufgeben.

7. Lösche den Wunsch

Arjuna fragte:

„Aber wodurch getrieben sündigt der Mensch, selbst gegen seinen Willen, o Varshneya (Shri Krishna), gleichsam wie durch Gewalt gezwungen?“

Shri Krishna antwortete:

„Es ist der Wunsch, es ist der Zorn, entstanden aus der Eigenschaft Rajas, allesverzehrend und sündenvoll; erkenne dies als den Feind hier (in dieser Welt). So wie Feuer von Rauch verhüllt ist, ein Spiegel von Staub und die Leibesfrucht vom Mutterschoß, so ist Dies verhüllt von jenem. Die Weisheit ist verhüllt von diesem ständigen Feind des Weisen in Gestalt des Wunsches, der so unersättlich ist wie das Feuer. Es heißt, Sinne, Gemüt und Verstand seien sein Sitz; durch sie wird der Verkörperte getäuscht, da sie seine Weisheit verschleiern. Deshalb beherrsche erst die Sinne, o Bester der Bharatas (Arjuna), und töte so dies, welches Erkenntnis und Verwirklichung zerstört. Es heißt, die Sinne sind (dem Körper) überlegen; der Geist ist den Sinnen überlegen; der Verstand ist dem Geist überlegen; Es (das Selbst) ist sogar dem Verstand überlegen. Erkenne also Das, was dem Verstand überlegen ist, sei durch das Selbst beherrscht und dann töte, o mächtig bewaffneter Arjuna, den schwer zu schlagenden Feind in Gestalt des Wunsches.“
[BhG 3.36-43]

Wünsche können durch den Genuss von Objekten nicht wirklich erfüllt werden oder abflauen. So wie das Feuer genährt wird, wenn man Butter und Holz hineingibt, so vermehren sie sich immer weiter, wenn sie durch den Genuss von Objekten genährt werden.

Der Besitz aller Speisen der Welt, aller Edelmetalle, aller Tiere, aller schönen Frauen könnten den Menschen, der von seinen Wünschen getäuscht wird, nicht befriedigen. Raja Yayati  sagte:

„O mein Sohn, ich habe mit deiner Jugend alle meine Wünsche voll ausgelebt bis zu den Grenzen meiner Möglichkeiten und gemäß den Zeiten – aber die Wünsche sterben nie aus. Sie werden nie durch Nachgeben gestillt. Wenn man ihnen nachgibt, so flammen sie auf wie ein Opferfeuer, in das man Ghee (geschmolzene Butter) gießt. Wäre man selbst der alleinige Herr der Welt mit all ihren Reisfeldern, ihrem Hafer, Edelsteinen, Tieren und Frauen, so wäre man immer noch nicht zufrieden. Der Durst nach Vergnügen sollte deshalb aufgegeben werden. Der Durst nach Vergnügen, den die Meisten nur schwer aufgeben können, der selbst mit dahinschwindendem Leben nicht aufhört, ist wahrlich eine tödliche Krankheit des Menschen. Diesen Durst loszuwerden, ist wirkliche Freude.“

Begreife, dass der rajasige Wunsch der Feind des Menschen in diesem Samsara ist. Der wirkliche Feind der ganzen Welt ist der Wunsch. Genau von diesem Wunsch stammt alles den Menschen heimsuchende Übel und Unheil. Entsteht der Wunsch, so leitet er den Menschen zur Tat und er begeht unterschiedliche Sünden. Wenn der Wunsch eines Menschen sich nicht erfüllt, wenn ihm etwas im Wege steht, so wird er ärgerlich. Der Wunsch wandelt sich in Ärger um. Im Zorn begeht man alle möglichen unrechten Taten. Man verliert Gedächtnis, Intellekt und Verständnis. Ein zorniger Mensch mordet. Er selbst weiß nicht, was er eigentlich tut. Er wird sehr emotional und impulsiv. Alle Untaten und alles Unheil beruhen auf Ärger.

Wird der Mensch von einem Wunsch ergriffen, so verdeckt dieser das Wissen um seine wahre innere Natur. Der Wunsch verhüllt Weisheit, so wie Rauch Feuer verhüllt. Der Mensch wird egoistisch. Er wird getäuscht. Er wird Sklave seiner Leidenschaft und erntet alles mögliche Unheil.

Die Indriyas (Sinnes- und Handlungsorgane) bringen den Menschen in Kontakt mit äußerlichen Gegenständen. So entstehen Wünsche. Aber die Sinne sind nicht alles. Wenn der Geist mit den Indriyas zusammenarbeitet, dann erst wird Unheil geschmiedet. Der Geist ist mächtiger als die Indriyas. Der Geist ist der Befehlshaber. Die Vernunft ist mächtiger als der Geist. Auch wenn der Geist im Zusammenhang mit den Indriyas eine Nachricht in die geistige Fabrik sendet, kann die reine Vernunft sie zurückweisen. Die Vernunft ist mächtiger als der Geist. Hinter der Vernunft steht das Selbst, das der Lenker und Zeuge der Vernunft ist und das höher steht als die Vernunft. Der Wunsch ist von höchst komplexer und unverständlicher Natur. Deshalb ist er nur schwer auszulöschen oder zu besiegen. Aber mit Hilfe der reinen Vernunft können alle Wünsche schließlich überwunden werden. Darüber besteht kein Zweifel. Dann erlangst du Wissen über den Atman (das höhere Selbst),  welches Unsterblichkeit, höchsten Frieden und ewige Wonne bringt.

8. Samucchaya Vaada (Kombinationslehre)

Die Ursache alles menschlichen Leidens ist Avidya. Shri Shankara meint, dass nur das Wissen um Brahman in der Lage ist, die (metaphysische) Unwissenheit der Menschen zu beseitigen. Andere glauben, dass die Suche nach dem Wissen über das Selbst mit der Ausführung von vedischen und Smarta -Ritualen verbunden werden sollte. Diese Ansicht ist bekannt als Samucchaya Vaada , weil diese Lehre zwei Wege vereint, um zu einem Ziel zu gelangen. Sie führen das Beispiel des Vogels an. Genauso wie ein Vogel notwendigerweise zwei Flügel braucht, um sich in die Lüfte zu erheben, so benötigt die individuelle Seele auch Wissen und Tat, um Moksha, die letztliche Glückseligkeit, erreichen zu können und dass weder das eine noch das andere für sich genommen ausreicht, um dorthin zu gelangen.

Karmas (Opferhandlungen), die als Ishwararpana (Opfer an Gott) ausgeführt werden, ohne Früchte zu erwarten, reinigen das Herz. Sie bereiten das innere Instrument (Antahkarana) für das Heraufdämmern von Brahma Jnana vor. Shri Shankara sagt in seinem Werk Atma Bodha: „Karmische Rituale können Unwissen nicht zerstören, da sie der Unwissenheit nicht entgegengesetzt sind. Wissen jedoch zerstört zweifelsohne Unwissen, wie Licht auch die tiefste Dunkelheit zerstört. Verglichen mit anderen Wegen ist Jnana der einzige direkte Weg zur Freiheit. Ohne Feuer kann man nicht kochen; ebenso ist Befreiung ohne Brahma Jnana nicht möglich.“

Shri Shankara widerlegt somit die Theorie von Samucchaya Vaada.

Neulinge auf dem spirituellen Weg und junge Leute können anfangs einige Jahre lang arbeiten und meditieren. Wenn sie in der Meditation Fortschritte erzielen, muss die Arbeit vollkommen aufhören. Sie wird zum Hindernis. Deshalb steht in der Bhagavad Gita:

arurukshor muner yogam karma karanam uchyate
yogarudhasya tasyaiva shamah karanam uchyate

„Für den Weisen, der Yoga zu erreichen wünscht, gilt Handeln als der Weg; für denselben Weisen, der Yoga erreicht hat, gilt Nichthandeln (Untätigkeit) als der Weg.“
[BhG 6.3]

Nur der fortgeschrittene Yogi, der stundenlang meditieren kann, mag aufhören zu arbeiten. Wenn dies gewöhnliche Aspiranten tun, werden sie tamasig und faul. Wenn sich deine reine Meditation nicht verbessert, dann verbinde Arbeit mit Meditation. Benutze immer den gesunden Menschenverstand. Man kann nur eine bestimmte Stufe im Yoga, Jnana oder Bhakti erreichen, während man auf dieser Welt ist. Zurückgezogenheit und Nivritti (Aufhören der Gedanken) werden zur höchsten Verwirklichung benötigt. Der erleuchtete Yogi, Jnani oder Bhakta sollte aus Gründen des Loka Sangraha (Dienst in der Welt) wieder in die Welt zurückkehren, um andere Menschen zu erheben.

9. Sannyasins, wacht auf!

Nur das reine Studium des Vichara Sagara oder Panchadashi  lässt einen nicht das reine adwaitische Bewusstsein erfahren. Vedantisches Geplänkel und müßige, trockene Diskussion über das Brahma Sutra und die Upanishaden können einen Menschen nicht die Einheit oder das Einssein allen Lebens erfühlen lassen. Für solch einen Menschen gibt es keine Hoffnung, die adwaitische Einheit des Bewusstseins – Sarvam Khalvidam Brahma – „Dies ist alles in der Tat Brahman“ – zu fühlen, wenn er nicht rücksichtslos alle Arten von Ghrina (Widerwille, Ekel), Kleingeistigkeit, Eifersucht, Neid, Überlegenheitsgefühl und alle Barrieren, die die Menschen voneinander trennen, zerstört. Dies erreicht er mit unaufhörlichem Dienst an der Menschheit und mit der richtigen geistigen Haltung bzw. göttlichem Bhava. Die Praxis des Vedanta ist heutzutage selten. Es finden meist nur trockene Diskussionen und bedeutungslose Streitgespräche über Nebensächlichkeiten der verschiedenen Richtungen statt.

Die zentrale Lehre der Bhagavad Gita beschäftigt sich mit Selbstverwirklichung in der Welt und durch sie. Dasselbe lehrt auch Shri Vasishtha dem Rama. Der Menschheit zu dienen, der Manifestation Gottes, und an Gott zu denken, während man in der Welt und ihren verschiedenen Aktionen lebt, ist einem Leben in Abgeschiedenheit weit überlegen. Selbstlose Tat ist Yoga. Arbeit ist Atma-Puja. Es gibt keinen Verlust im Nishkamya Karma. Wirklicher spiritueller Fortschritt beginnt mit Nishkamya Karma Yoga (selbstloses Dienen).

So wie ein Medizinstudent Pathologie, Diagnose und Medizin nicht begreifen kann, wenn er am Anfang seine Physiologie- und Morphologiestudien vernachlässigt, so kann auch ein spiritueller Aspirant den Geist und den Gegenstand des Vedanta nicht begreifen und verwirklichen, wenn er Nishkamya Yoga zur Beseitigung der Unreinheiten des Geistes vernachlässigt. Die Praxis des Karma Yoga gipfelt schließlich in der Verwirklichung der vedantischen Einheit des Selbst. Shri Krishna sagt zu Arjuna:

sarvam karmakhilam partha jnane parisamapyate

„Die Gesamtheit aller Handlungen, o Partha, gipfelt in der Weisheit“

Es gibt keine Hoffnung auf Selbstverwirklichung, ohne dass man sich über Nishkamya Karma Yoga selbst reinigt.

Diene allen mit großer Liebe, ohne Geschäftsmäßigkeit, ohne Früchte, Belohnung oder Dank zu erwarten. Nutze dieses Körperinstrument für selbstlosen Dienst. Spüre, dass du nur Nimitta (Instrument) in den Händen Gottes bist oder ein Sakshi (Zeuge) der Aktivität der Prakriti (Urnatur), wenn du Karma Yoga machst. Bete Gott in den Armen und Kranken an. Sei an keinen Ort, keine Person und kein Objekt verhaftet. Bewahre dein geistiges Gleichgewicht inmitten der Mühe und Plage auf der Welt, ohne auf Erfolg oder Misserfolg, Gewinn oder Verlust, Sieg oder Niederlage, Respekt oder Respektlosigkeit, Freude oder Leid zu achten. Behalte immer einen ausgeglichenen Geist. Verankere deinen Geist inmitten aller Aktivitäten fest im Selbst. Dann wirst du ein wahrer Karma Yogi werden. Arbeit erhebt, wenn sie mit der richtigen Einstellung erledigt wird. Auch wenn die Leute dich verachten, verunglimpfen, schlagen, töten oder verspotten, bleibe stets gleichmütig. Sei beständig in deinem Sadhana (spirituelle Praxis).

Dieses Sadhana verlangt ständige Praxis, Stetigkeit, Geduld, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Die Praxis von kombiniertem Karma und Jnana Yoga in der Welt ist weit schwieriger als die Praxis von reinem Jnana Yoga in einer Höhle im Himalaja. Während man dort [in Zurückgezogenheit] keinen Vikshepa (Zerstreuung) erlebt, wird man bei Ersterem leicht durch den Lärm der Stadt gestört. Zu meditieren während man Handlungen ausführt, ist eine andere Art des schwierigen Sadhana. Der Yogi, der während des Handelns eine meditative Einstellung bewahren kann, ist wahrlich ein mächtiger Yogi. Er hat einen gänzlich anderen Geist.

Die meisten Menschen wollen Mala (Unreinheiten) nicht durch Nishkamya Karma Yoga beseitigen. Sie denken, dass Dienen und Bhakti nichts bedeuten. Sie scheren sich die Haare, ziehen bunte Kleider an und bleiben in einer Höhle, wo sie vorgeben, große Munis (Gelehrte, Heilige) oder Yogis zu sein. Sie lesen einige Bücher über Vedanta und geben sich als Jivanmuktas (Befreite) aus. Dies ist ein schwerwiegender Fehler. Ein wirklicher Jivanmukta ist eine große dynamische Kraft zur Anleitung der Welt. Manche orthodoxe Sannyasins denken, ein Jivanmukta sei ohne Kräfte. Ein Jivanmukta ist aber eine dynamische Persönlichkeit mit großen Kräften. Er kann das Schicksal der ganzen Welt ändern. Darin liegt der Unterschied zwischen einem weltlich ausgerichteten Menschen und einem geschulten Karma Yogi oder einem Sannyasin, der für Loka Sangraha (das Wohl der Welt) arbeitet. Ein Karma Yogi oder ein Sannyasin arbeiten ohne Anhaftung und Geschäftsmäßigkeit mit Akarta und Sakshi Bhav. Sie tun dies mit starkem Nischaya (Überzeugung), dass die Welt unwirklich und nichts anderes als Atman bzw. Brahman ist. Diese Arbeit ist überhaupt keine Arbeit. Dies ist „Untätigkeit inmitten der Tat“. Dies schafft keine Verhaftungen. Dieses Jnanagni (Feuer der Erkenntnis) verbrennt alle Früchte der Handlungen. Ein weltlicher Mensch arbeitet mit der Vorstellung „Ich bin der Handelnde“. und erwartet Früchte. Er glaubt, dass diese Welt eine feste Realität ist. Dies bringt Verhaftung.

Ein langer Aufenthalt in einer Höhle macht einen Menschen tamasig und unfähig für energischen aktiven Dienst an der Menschheit. Ein Einsiedler hat Angst vor einer größeren Gruppe von Menschen. Ein kleines Geräusch wirft ihn aus dem Gleichgewicht. Ein Einsiedler im Wald muss seine wirkliche innere Stärke durch gelegentliche Besuche in der Welt draußen und durch den Dienst an der Menschheit testen. Das richtige Verständnis des Maya-Vada  ist sehr wichtig. Der heutige bedauerliche Zustand Indiens beruht auf dem Fehlen des richtigen Verständnisses des Maya-Vada. Wenn gelegentlich Sannyasins aus ihrer Einsiedelei auftauchen, kräftig und systematisch in der Welt mitarbeiten, so wie es ihren Fähigkeiten, ihrem Charakter und Geschmack entspricht, werden wir ein neues, glänzendes Indien bekommen, voll von neuem religiösen Leben und spirituellem sowie moralischem Aufschwung.

Dies ist heute eine dringende Notwendigkeit. Eine gründliche Überholung der Organisation dieser vierten Lebensphase – Sannyasa – ist eine zwingende Notwendigkeit. Bloß sozialer Dienst in der einen oder der anderen Form und ein wenig Katha oder Predigen hier und dort wird keine zufriedenstellenden Ergebnisse bringen. Eine drastische Form des Dienens ist eine unabkömmliche Voraussetzung. Wie aktiv war doch Shri Shankara selbst, der Vertreter des Maya-Vada (Schule der Adwaita-Philosophie von Shankaracharya)! Schaue dir an, welch großartiges Werk aus ihm hervorging! Er war nicht gegen selbstloses Handeln. Er selbst war ein wundervoller Karma Yogi!

Lasst uns alle in seine Fußstapfen treten, seine Ideale verfolgen und die falschen Eindrücke beseitigen, die in den Köpfen unserer Landsleute bestehen. Es ist nur dem Mut der Sannyasins zu verdanken, dass sie in der Vergangenheit Wunder bewirkten. Sie können auch jetzt Wunder vollbringen. Sie sind frei von Verpflichtungen. Sie sind voller Energie, Konzentration, Stärke, Reinheit und Kapazität. Sie besitzen spirituelle und ethische Kraft. Sie können zweifellos mit einem Augenzwinkern die ganze Welt aufrütteln und unter Strom setzen. Ehrt diese Sannyasins, Kinder des Shri Shankara und Dattatreya , die wirklichen spirituellen Könige und Lehrer der drei Welten! Mögen wir ihren Segen haben! Mögen die Sannyasins die Menschen leiten und erleuchten, die im Morast von Samsara (Kreislauf von Geburt und Tod) hoffnungslos und beklagenswert versinken! Mögen die Haushalter ihre spirituellen Anweisungen mit vollem Bhava und Shraddha (Vertrauen) aufnehmen und den Sannyasins mit großer Sorgfalt und Ernsthaftigkeit dienen.

10. Praxis von Brahmacharya

Da Karma Yoga ohne Brahmacharya („Meisterschaft Brahmans“, Enthaltsamkeit) nicht ausgeführt werden kann, habe ich hier eine kurze Beschreibung der Methoden wiedergegeben, mit denen man sich in körperlicher und geistiger Enthaltsamkeit festigen kann.

Ein Schüler von Dhanvantari  trat nach Beendigung des ganzen Lehrgangs über Ayurveda auf seinen Lehrer zu und fragte ihn: „O Bhagavan, sei so freundlich und teile mir nun die Geheimnisse der Gesundheit mit.“ Dhanvantari antwortete: „Virya (Samenenergie) ist fürwahr Atman. Das Geheimnis der Gesundheit liegt in der Erhaltung dieser Vitalkraft. Wer diese Energie vergeudet, erlebt keine körperliche, geistige, moralische und spirituelle Entwicklung.“

Geht Virya  verloren, wird der Prana (Lebensenergie) gestört. Der Prana wird unruhig. Der Mensch wird nervös. Dann kann auch der Geist nicht richtig funktionieren. Der Mensch wird wankelmütig. Geistige Schwäche entsteht.

Nach der Lehre des Ayurveda ist der Samen das letzte Dhatu („Gewebe“), das aus Majja (Mark) gebildet wird. Aus der Nahrung wird Chylus (Schleim) gebildet. Aus Chylus entsteht Blut, aus Blut entsteht Fleisch; aus Fleisch entsteht Fett; aus Fett entsteht Mark; aus Mark entsteht Samen. Dies sind die sieben Dhatus . Jedes Dhatu ist dreigeteilt. Der Samen nährt den physischen Körper, das Herz und den Verstand. Der Mensch, der nur seinen physischen Körper benutzt, seinen Verstand und sein Herz aber nicht weiterentwickelt, kann nicht erwarten, vollkommenes Brahmacharya zu erlangen. Wir können nur Brahmacharya des Körpers erreichen, aber nicht des Geistes und des Herzens. Der dem Herzen und dem Geist zugeordnete Anteil des Samens fließt weg. Wenn ein Schüler hingegen einseitig nur regelmäßig betet, Mantras wiederholt (Japa) und meditiert und dabei nicht sein Herz entwickelt und seinen Körper trainiert, erreicht er nur geistiges Brahmacharya. Der Teil des Samens, der das Herz und den Körper nährt, geht verloren. Aber ein fortgeschrittener Yogi, der höhere tiefe Meditation übt, erreicht das volle Brahmacharya auch dann, wenn er seinen Körper nicht trainiert.

Der unwissende Mensch ist ein Instrument in den Fängen seiner Samskaras und Karmas. Er gewinnt langsam Stärke, indem er seine wirkliche essentielle Natur begreift, spirituelles Sadhana übt und Wünsche und Egoismus ausrottet. Diese Welt besteht nur aus Sex und Ego. Die Ich-Identifikation ist der Hauptpunkt. Sie begründet die Basis. Sex ist ein Anhängsel des Egos. Wenn das Ego durch Vichara (Hinterfragen), also die Frage „Wer bin ich?“ zerstört wird, verschwindet die Vorstellung von Geschlechtsverkehr wie von selbst. Der Mensch, der Meister seines Schicksals, hat seinen göttlichen Glanz aufgrund seiner Unwissenheit verloren. Sex und Ego sind die Produkte von Avidya, Unwissenheit. Das heraufdämmernde Wissen über das Selbst vernichtet diese zwei Feinde des Atman, diese zwei Banditen, die den hilflosen, unwissenden, kleinen, unwirklichen Jiva (Individuum), das illusionistische „Ich“, plündern.

Wenn die sexuelle Energie durch reine Gedanken in Ojas, spirituelle Energie, umgewandelt wird, nennt man dies in der westlichen Psychologie Sublimation. So wie Metalle und Chemikalien durch Erhitzen gereinigt werden, so wird auch die sexuelle Energie durch spirituelles Sadhana und durch erhebende Gedanken über das Selbst, den Atman, gereinigt und in göttliche Energie umgewandelt. Im Yoga versteht man unter einem Urdhvareta  jemanden, dessen Samenenergie aufwärts ins Gehirn als Ojas Shakti fließt. Der Samen fließt nicht durch sexuelle Erregung abwärts.

Dieser Vorgang ist sehr schwierig. Er verlangt andauerndes und intensives Sadhana und vollkommene Disziplin. Der Yogi mit vollkommen erreichter Sublimation hat absolute Kontrolle über die Lust. Er muss keinen Rückfall befürchten. Er ist völlig sicher. Er kann junge Frauen umarmen und dabei absolut frei von Unreinheit sein. Dies ist ein sehr hoher Entwicklungsstand. Nur eine sehr kleine Minderheit erreicht diesen erhabenen Zustand. Shri Shankara, Dattatreya und Jnanadeva aus Alandi erreichten diesen Zustand.

Der Yogi, der sich durch langes, konzentriertes Sadhana, andauernde Meditation, Pranayama und Vichara (Selbstbefragung), die Praxis von Shama , Dama , Yama und Niyama diszipliniert hat, ist ebenfalls sicher, auch wenn er den Zustand vollkommener Sexualsublimation nicht erreicht hat. Er zieht Frauen nicht an. Er hat seinen Geist ausgedünnt. Der Geist kann sein Haupt nicht mehr heben und zischen.

Der Yogi oder Jnani, der den höchsten Nirvikalpa Samadhi (höchster überbewusster Zustand) erreicht hat, in dem die Samen des Samskara in toto geröstet (d. h. unwirksam geworden) sind, darf von sich behaupten, ein vollkommener Urdhvareta zu sein.

Der Prozess der sexuellen Sublimation ist sehr schwierig und dennoch ist er auf dem spirituellen Weg des Schülers sehr wichtig. Sie ist die wichtigste Qualifikation für den Schüler, egal ob er den Weg des Karma Yoga, Upasana , Raja Yoga oder Vedanta beschreitet. Du musst dies um jeden Preis erreichen. Du wirst dies sicher bei einer deiner Wiedergeburten erreichen. Aber warum nicht schon jetzt?

Brahmacharya ist eine grundlegende Voraussetzung für einen Schüler. Hat man diese Eignung oder diesen Verdienst, zieht dies alle anderen Verdienste mit sich. Alle göttlichen Eigenschaften kommen dann von selbst.

Die Ausübung des Zölibats ist nicht mit Gefahren, Krankheiten oder unerwünschten Ergebnissen verbunden wie etwa verschiedenen Arten von „Komplexen“, welche westliche Psychologen ihm fälschlicherweise zuschreiben. Sie haben eine verkehrte, falsch begründete Vorstellung, dass sich unerfüllte sexuelle Energie in verschiedenen „Komplexen“ äußert wie etwa in Berührungsangst usw. Der Komplex hat andere Gründe. Es handelt sich dabei um einen ungesunden Geisteszustand durch Eifersucht, Hass, Ärger, Sorge und Depression, die verschiedene andere Gründe haben.

Ganz im Gegenteil ist ein bisschen Selbstbeherrschung und ein wenig praktizierte Enthaltsamkeit ein idealer Anreiz. Sie verleihen innere Stärke und geistigen Frieden. Sie beleben den Geist und die Nerven. Sie helfen, körperliche und geistige Energie zu bewahren. Sie verbessern das Gedächtnis, die Willenskraft und die Gehirnleistung. Sie verleihen riesige Stärke, Kraft und Vitalität. Sie erneuern die Konstitution, regenerieren Zellen und Gewebe, unterstützen die Verdauung und geben Kraft, den Schwierigkeiten des täglichen Lebens ins Auge zu blicken. Ein vollkommen enthaltsam Lebender kann die Welt in ihren Grundfesten erschüttern. Er kann wie Jesus die Meereswellen anhalten. Er kann Berge sprengen, die Natur und die fünf Elemente wie Jnanadeva befehlen. Es gibt nichts innerhalb der drei Welten, was er nicht erreichen kann. Alle Siddhis (übernatürliche Kräfte) und Riddhis (materieller Reichtum) liegen ihm zu Füßen.

Es ist durchaus möglich, zölibatär zu leben und gleichzeitig in der Welt zu sein, obwohl natürlich verschiedene Versuchungen und Ablenkungen an einen herantreten. In den alten Zeiten haben dies viele geschafft. Auch heute gibt es viele Beispiele dafür. Ein gut diszipliniertes Leben, Studium religiöser Schriften, Satsang, Japa, Dhyana (Meditation), reines und maßvolles Essen, Pranayama, tägliche Innenschau und Befragung, Selbstanalyse und Selbstkorrektur, die Praxis von Yama, Niyama, körperliches und geistiges Tapas (Praxis) und Sadachara  im Einklang mit den Lehren des siebzehnten Kapitels der Gita, dies alles ebnet den langen Weg in Richtung auf das Endziel. Viele Menschen führen ein unregelmäßiges, unaufrichtiges, unmäßiges, areligiöses, undiszipliniertes Leben. So wie sich ein Elefant Sand auf den Kopf wirft, so bringen sie aufgrund ihrer Dummheit Schwierigkeiten und Sorgen über sich.

Varnashrama Dharmas (Verantwortung gemäß den natürlichen Lebensstadien) sind heute praktisch ausgestorben. Jeder ist praktisch ein Vaishya (Kaufmann, Unternehmer), auf Biegen und Brechen begierig auf die Anhäufung von Reichtum, auf Betteln, Ausleihen oder Stehlen. Beinahe alle Brahmanen (Priester, ernsthaft Strebende) sind eigentlich nur Vaishyas. Heutzutage gibt es kaum noch wirkliche Brahmanen oder Kshatriyas (Krieger, Beamte). Alle wollen sowieso nur Geld. Sie versuchen nicht, die Dharmas (Pflichten) gemäß ihrer Stellung im Leben auszuüben. Dies ist die Hauptursache für den Niedergang der Menschheit. Wenn ein Familienvorstand den Pflichten seines Standes streng nachkommt, wenn er ein idealer Grihastha (Haushalter) ist, muss er nicht Sannyasa nehmen. Die steigende Anzahl von Sannyasins im Moment liegt im Versagen der Familienväter, ihren Pflichten nachzukommen. Ihr Leben ist genauso schwer und hart wie das eines idealen Sannyasins. Pravritti Marga, der Weg des Karma Yoga, des Handelns im Alltag, ist ebenso schwierig und hart wie der des Nivritti Marga, des Weges des Verzichts.

Sexuelle Sublimation liegt auch in deinen Möglichkeiten, wenn du es wirklich wünschst. Der Weg ist ganz klar, geradeaus und glatt, wenn du ihn begreifst, dich ihm mit der entsprechenden Geduld, Ausdauer, Bestimmtheit und Willensstärke widmest und wenn du die Disziplin der Indriyas (Sinnesorgane) übst, richtiges Verhalten, rechtes Denken, rechtes Handeln, regelmäßige Meditation, Autosuggestion und Befragung nach dem „Wer bin ich?“. Atman ist Nirvikara (ohne Veränderung). Fühle dies. Kann es auch nur die Spur einer Lust oder Unreinheit im ewigen und reinen Atman geben?

Du bist Nitya, Shuddha, Buddha, Mukta Atman (das ewige, reine, erwachte, freie Selbst). O süßer geliebter Paramananda! Fühle dies. Nimm dieses Geburtsrecht wahr. Beanspruche diesen ererbten Besitz! Du kannst sogar mit diesem „alten Mann der Upanishaden“ kämpfen. Fordere dieses Geburtsrecht, während du schreibst, Kapitel eines Buches ordnest und andere vielfältige Arbeit verrichtest. Dies ist besser als ein Leben in einer Höhle. Dies ist dynamischer, integraler Shiva Yoga. Dies war auch der Yoga von Shri Shankara und Buddha.

Urdhvareta Yogi
Gib acht! Prana und Virya sind eins. Geist und Prana üben aufeinander eine Anziehung aus wie Milch und Wasser. Geist, Prana und Virya sind miteinander verbunden (Sambandha) . Ist der Geist gut kontrolliert, sind es Prana und Virya automatisch auch. Wer den Atem unterbricht bzw. anhält, hält auch die Bewegung des Geistes und des Samens zurück. Ebenso gilt, wenn Virya kontrolliert wird und wenn man es durch reine Gedanken nach oben zum Gehirn fließen lässt, durch die Praxis von Pranayama und Viparitakarani Mudra (Umkehrstellung), wie z. B. Sarvangasana (Schulterstand) und Shirshasana (Kopfstand), werden Geist und Prana automatisch kontrolliert

Wer seinen Geist beherrscht, beherrscht auch den Atem. Der Geist wird durch zwei Dinge in Bewegung gesetzt bzw. aktiviert und zwar durch die Schwingung von Prana und durch Vasanas (subtile Wünsche). Stirbt eines von beiden, geschieht dies auch dem anderen. Wo der Geist absorbiert wird, wird auch Prana zurückgehalten; und wo Prana fixiert wird, wird auch der Geist absorbiert. Geist und Prana sind vertraute Gefährten, wie der Mensch und sein Schatten. Wenn der Geist und Prana nicht zurückgehalten werden, dann behalten alle Indriyas, Sinnes- und Handlungsorgane, aktiv ihre jeweiligen Funktionen bei.

Ein Akhanda (ununterbrochen) Brahmachari, der zwölf Jahre lang auch nicht einen Tropfen Samen vergossen hat, wird Samadhi ohne Anstrengung erreichen. Prana und Geist sind unter vollkommener Kontrolle. Bala-Brahmacharya ist ein Synonym für Akhanda Brahmacharya. Ein Akhanda Brahmachari hat eine starke Dharana Shakti (Konzentrationskraft), Smriti Shakti (Merkfähigkeit) und Vichara Shakti (Unterscheidungskraft). Ein Akhanda Brahmachari muss kein Manana (Nachdenken, Reflektieren) betreiben und nicht meditieren. Wenn er auch nur einmal das Mahavakya (großes Wort) der Upanishaden vernimmt, erreicht er sofort Atma Sakshatkara (direkte Erfahrung Gottes) oder Brahmanubhava (Selbstverwirklichung). Sein Intellekt ist rein und sein Begreifen sehr klar. Es gibt einige Akhanda Brahmacharis, sie sind jedoch sehr selten. Du kannst auch ein Akhanda Brahmachari werden, wenn du es ernsthaft versuchst. Bloß verfilztes Haar und das Auftragen von Asche auf die Stirn und den Körper können keinen Akhanda Brahmachari aus wir machen. Der Brahmachari, der den physischen Körper und die physischen Indriyas kontrolliert, aber ständig an Sex denkt, ist, wie ich bereits erwähnt habe, ein ausgesprochener Heuchler. Ihm sollte man kein Vertrauen schenken. Er kann jederzeit zu einer Bedrohung werden.

Du musst vor Rückschlägen auf der Hut sein. Die Indriyas, die einige Monate oder ein oder zwei Jahre lang kontrolliert sind, rebellieren, wenn man nicht immer sorgfältig und wachsam ist. Sie revoltieren und ziehen dich weg, sobald sich Gelegenheit dazu ergibt. Manche Menschen, die ein oder zwei Jahre lang Brahmacharya geübt haben, werden dann nur noch leidenschaftlicher und verschwenden letztlich beträchtliche Energie. Einige werden auch unverbesserliche, unmoralische Wracks.

Nach yogischer Auffassung existiert der Samen subtil im ganzen Körper. Er wird durch den Einfluss des sexuellen Willens und der Erregung in die Sexualorgane gezogen und dort in konzentrierter Form gespeichert. Ein Urdhvareta zu sein, bedeutet nicht nur, den Samenerguss zu verhindern, sondern bereits die Bildung von Samen durch vorausgehende Resorption im Körper zu unterbinden. Der Körper eines Mannes, der ein wirklicher Urdhvareta ist, besitzt den Duft des Lotos. Der Samen vertrocknet in jenen, die Pranayama ernsthaft üben. Die Samenenergie steigt zum Gehirn, wird als Ojas Shakti (spirituelle Energie) gespeichert und kehrt als Amrita (Nektar der Unsterblichkeit) wieder.

Noch mehr Energie wird während des Koitus vergeudet. Das ganze Nervensystem wird während dieses Akts erschüttert und aufgewühlt. Jedoch ist dem nicht so, wenn der Erguss während des Schlafs stattfindet, denn die tatsächliche Essenz kommt während feuchter Träume nicht hervor. Es handelt sich dabei nur um wässrige mit nur wenig Samen versetzte Flüssigkeit aus der Prostata, die während nächtlicher Ergüsse ausgestoßen wird. Wenn dies stattfindet, betritt der Geist, der im inneren Astralkörper wirksam war, plötzlich aufgewühlt den physischen Körper. Deshalb findet der Erguss auch plötzlich statt.

Die Energie, die während des Sexualakts verschwendet wird, entspricht der Körperenergie, die man für zehntägige körperliche Arbeit benötigt oder der geistigen Energie, die man für dreitätige geistige Arbeit benötigt. Werde dir bewusst, wie wertvoll die Vitalflüssigkeit, der Samen, ist!

Ruhm jenen Yogis, die Urdhvareta, vollständige sexuelle Sublimation, erreicht haben und die in ihrer eigenen Natur (Swarupa) ruhen! Mögen wir alle mit Hilfe der Praxis von Shama, Dama, Unterscheidung, Vichara, Vairagya, Pranayama, Japa, Dhyana  und Asanas vollkommene Enthaltsamkeit üben und das Lebensziel erreichen! Möge der Bewohner unserer Herzen uns spirituelle Stärke verleihen, damit wir die Indriyas und den Geist kontrollieren können. Mögen wir alle vollkommene Urdhvareta Yogis wie Shri Shankara, Shri Jnanadeva und andere zuvor werden! Möge ihr Segen auf uns ruhen!

11. Ruhm von Brahmacharya

Ohne Vokale kann es keine Sprache geben. Ohne Leinwand oder Wand kann man kein Bild malen. Ohne Papier kann man nicht schreiben. Genauso kann man ohne Brahmacharya nur schwer ein gesundes und spirituelles Leben führen. Brahmacharya verleiht materiellen und psychischen Fortschritt. Es ist die Basis für ewiges Leben. Es ist ein Substrat für ein Leben in Atman. Es ist das Schutzschild im Kampf gegen die inneren Asuras (Dämonen) – Ärger, Lust und Gier. Es dient als Eingangstor zu jenseitiger Wonne. Es öffnet die Tür für Moksha. Es trägt zu dauerhafter Freude und ununterbrochener und ungetrübter Wonne bei. Sogar Rishis, Devas, Gandharvas (himmlische Musikanten) und Kinnaras (übelwollende Menschen) dienen zu Füßen eines wahren Brahmachari. Darin liegt der einzige Schlüssel, Sushumna (feinstoffliche Wirbelsäule) zu öffnen und die Kundalini zu erwecken. Es bringt Glanz, Ruhm, Tugend und Pratishtha (Festigkeit). Acht Siddhis und neun Riddhis unterliegen ihm. Sie sind jederzeit bereit, seinen Befehlen zu gehorchen. Der Gott des Todes flüchtet vor ihm. Wer kann die Großmütigkeit, den Glanz und die Majestät eines wahren Brahmachari beschreiben!

Reine Luft, reines Wasser, vollwertige Speisen, Körpertraining, Spiele an der frischen Luft – wie Tennis – alles hilft, bei guter Gesundheit zu bleiben, Stärke, viel Kraft und Vitalität zu bewahren. Tatsächlich gibt es viele Möglichkeiten, gesund und stark zu werden. Diese Mittel sind zweifellos unverzichtbar. Aber Brahmacharya ist das wichtigste unter ihnen. Es ist der Generalschlüssel, um das Reich der Gesundheit und des Glücks zu öffnen. Es ist der Eckstein des Wonnegefüges und ungetrübter Glückseligkeit. Es ist das einzige Mittel, wahre Männlichkeit aufrechtzuerhalten.

„Ojas“ bedeutet gespeicherte spirituelle Energie. Durch subtile Gedanken, Meditation, Japa, Verehrung und Pranayama kann die sexuelle Energie in Ojas Shakti transformiert und im Gehirn gespeichert werden. Diese Energie steht dann für göttliche Kontemplation und spirituelle Suche zur Verfügung.

Ärger und Muskelenergie kann ebenfalls in Ojas umgewandelt werden. Ein Mensch mit viel Ojas in seinem Gehirn kann unglaublich viel geistige Arbeit vollbringen. Er ist sehr intelligent. Er hat eine magnetische Aura und glänzende Augen. Er kann mit wenigen Worten Leute beeinflussen. Eine kurze Rede kann bei den Zuhörern einen gewaltigen Eindruck hinterlassen. Seine Rede ist aufrüttelnd. Er hat eine Persönlichkeit, die Ehrfurcht gebietet. Shri Shankara, ein Akhanda Brahmachari, bewirkte durch die Kraft seines Ojas Wunder. Durch Dig-Bijaya (Meisterung der Hauptsache) hielt er durch die Kraft des Ojas Streitgespräche und hitzige Debatten mit gebildeten Studierten in unterschiedlichen Teilen Indiens. Ein Yogi lenkt seine Aufmerksamkeit durch unentwegtes Zölibat immer auf die Vermehrung dieser göttlichen Energie.

Habt ihr, liebe Freunde, die Wichtigkeit von Brahmacharya begriffen? Habt ihr, meine lieben Brüder, die wahre Bedeutung und den Glanz von Brahmacharya erkannt? Wie könnt ihr erwarten, gesund und stark zu sein, wenn die durch verschiedene Methoden mit großer Schwierigkeit erworbene Energie täglich verschwendet wird? Es ist unmöglich, stark und gesund zu sein, wenn nicht Männer und Frauen, Jungen und Mädchen alles tun, um Brahmacharya, das Keuschheitsgelübde, einzuhalten.

Was ist also Brahmacharya? Brahmacharya ist absolute Freiheit von sexuellen Wünschen. Er oder sie muss sogar von lüsternen Blicken frei sein. Der Blick muss vollkommen keusch sein. Jesus sagt: „Wer auch nur lüstern schaut, hat im Herzen bereits Ehebruch begangen.“ Man sollte nicht einmal davon träumen, eine Frau mit lustvollen Wünschen zu berühren.

Was sehen wir heutzutage? Jungen und Mädchen, Männer und Frauen versinken in einem Meer unreiner Gedanken, lustvoller Wünsche und kleiner sinnlicher Freuden. Dies ist tatsächlich höchst bedauerlich. Es ist schockierend, den Geschichten der Jungen zuzuhören. Einige College-Studenten sind persönlich zu mir gekommen und haben mir aus ihren bemitleidenswerten Leben erzählt. Ihre Viveka (Unterscheidungskraft) ist durch sexuelle Erregung und lüsterne Vergiftung verloren gegangen.

Warum vertut ihr die Energie, die viele Wochen und Monate brauchte, um zu entstehen, für ein wenig kurzzeitige Sinnesfreude?

Macht euch die Nachwirkungen bewusst, die dem Energieverlust folgen! Physische und geistige Lethargie stellen sich ein. Man fühlt sich erschöpft und schwach. Um den Energieverlust wieder auszugleichen, muss man Milch trinken, Früchte essen, Aphrodisiakum etc. einnehmen. Denkt daran, dass diese Dinge den Verlust nicht wettmachen können. Einmal verloren heißt für immer verloren. Du musst dich durch eine trübe, freudlose Existenz schleppen. Körper- und Geisteskraft verringern sich.

Wer viel von seinem Virya verloren hat, wird sehr reizbar. Man verliert das geistige Gleichgewicht sehr schnell. Kleinigkeiten regen einen auf. Wer das Keuschheitsgelübde nicht einhält, wird Sklave von Ärger, Eifersucht, Faulheit und Furcht. Wer seine Sinne nicht kontrolliert, begeht dumme Handlungen, die noch nicht einmal Kinder zu tun wagen.

In den alten Zeiten waren die Jungen im Gurukula (spirituelle Schule, in der der Schüler beim Lehrer wohnt) gesund und stark. Sie lebten lange. In den modernen Schulen und Colleges gibt es keine wirkliche ethische Kultur. Das heutige Erziehungssystem braucht eine drastische und radikale Änderung. Die moderne Zivilisation hat unsere Jungen und Mädchen geschwächt. Sie führen ein künstliches Leben. Kinder bekommen Kinder. Die Gesellschaft verfällt. Das Kino ist ein Fluch. Es erweckt Leidenschaften und Emotionen. Es ist Pflicht der Eltern und Lehrer, den Heranwachsenden die Wichtigkeit von Brahmacharya zu erklären und sie unterschiedliche Methoden zu lehren, mit denen sie Virya bewahren können, Atma Shakti, die in ihnen verborgen ist. Ruhige Gespräche und Diavorträge etc. helfen sehr, ihren Zustand zu verbessern.

12. Praktische Anweisungen

Nur ein echter Brahmachari kann Bhakti kultivieren. Nur ein echter Brahmachari kann Yoga praktizieren. Nur ein echter Brahmachari kann Jnana erreichen. Ohne Brahmacharya ist spiritueller Fortschritt nicht möglich. Deshalb führe ich nun praktische Methoden für Erfolg im Brahmacharya an.

Feuchte Träume treten im Allgemeinen im letzten Viertel der Nacht auf. Wer gewohnheitsmäßig zwischen drei und vier Uhr morgens aufsteht und Japa, Pranayama und Dhyana übt, kann sie vermeiden.

Brahmacharis sollten vollständig auf Betel, Zigaretten, Tabak, Schnupftabak, Tee und Kaffee verzichten. Tabak erzeugt Nikotinvergiftung, ein nervöses Herz, Nervenkrankheiten und Amblyopie (Schwachsichtigkeit).

Ein Mensch mit tief verwurzelten sexuellen Gedanken kann nie auch nur davon träumen, Vedanta zu verstehen und Brahman zu verwirklichen, auch nicht in hundert Geburten.

Narada sagt in seinem Bhakti Sutra:

„Diese (sexuellen) Neigungen, obwohl sie zuerst wie kleine Wellen sind, erlangen durch schlechte Gesellschaft die Ausmaße eines Ozeans.“
[Bhakti Sutra 45]

Deshalb meide unpassende Gesellschaft! Eine Frau anzuschauen, erzeugt den Wunsch, mit ihr zu sprechen. Mit einer Frau zu sprechen, erzeugt den Wunsch, sie zu berühren. Schließlich hast du einen unreinen Geist und verdirbst am Ende. Deshalb vermeide den Kontakt zum anderen Geschlecht, bis du gefestigt bist, Schüler!

Es gibt zwei Arten von Brahmacharis: Naishthika, der sein ganzes Leben lang enthaltsam lebt und Upakurvana, der nach vollendeten religiösen Studien zum Grihastha wird (also eine Familie gründet).

Es gibt kein wirksameres Allheilmittel als Brahmacharya, um diese Krankheit der Lust bei unwissenden Personen auszulöschen und den Schüler in Brahman fest verwurzeln zu lassen (Brahman Sthiti).

Wenn du feuchte Träume hast, so nimm am Morgen ein Tauchbad. Übe zwanzig Pranayama. Wiederhole 108 Mal das Gayatri Mantra (Gebet an die Quelle allen Lichts um Inspiration). Bete zur Sonne: „O Sonne! Lass mich meine verlorene Stärke zurückgewinnen“ – punar mametu indryam.

„Alle, die nicht im Familienleben stehen, sollten es vermeiden, Frauen anzuschauen, sie zu berühren, sich mit ihnen zu unterhalten und Späße zu machen. Sie sollten es auch vermeiden, der Paarung von Tieren zuzusehen.“ [Shrimad Bhagavatam]

Narada sagt in seinem Sutra:

„Lausche nicht den Gesprächen über Frauen, Reiche, Atheisten und Feinde.“

Hinter diesen Weisheiten steckt eine große Wahrheit. Gespräche über Frauen erreichen die Leidenschaft. Gespräche über Reiche richten den Geist auf Luxusleben. Der Geist besitzt eine große Neigung zur Nachahmung.

Lieber Shyama! Du bist Naishthika Brahmachari, jemand, der das Enthaltsamkeitsgelübde in Gedanken, Worten und Werken lebenslang zu üben abgelegt hat. Nun zittert sogar die Sonne vor dir, weil sie Angst hat, von deiner Brahmacharya-Kraft durchbohrt zu werden. Du bist nun die glänzendste Sonne aller Sonnen.

Die Fliege fliegt in ein Feuer oder eine Lampe, weil sie glaubt, eine Blume vor sich zu haben und verbrennt. Genauso rennt der leidenschaftliche Mensch einer schönen Täuschung nach, weil er glaubt, dort wirkliches Glück zu bekommen und verbrennt im Feuer der Lust.

Ein Wild wird durch Geräusche gefangen, ein Elefant durch Berührung, eine Fliege durch Form, ein Fisch durch Geschmack, eine Biene durch Geruch. Wenn die Macht eines einzigen Indriyas schon so groß ist, wie ist es dann erst um die kombinierte Wirkung der fünf Indriyas beim Menschen bestellt?

Wie schwer ist es, einen Hausdiener zu kontrollieren! Um wieviel schwieriger ist es dann, einen Indriya zu kontrollieren! Geschweige denn die fünf Indriyas! Der Yogi, der die Indriyas kontrolliert, ist ein mächtiger Potentat auf Erden. Die Wonne von Indra und Chakravartin (Weltherrscher) ist nichts im Vergleich zu der Wonne eines Jitendriya Yogi (jemand, der alle Begierden überwunden hat). Meine stille Verehrung solchen Yogis!

Sogar unter den Elektronen gibt es Junggesellenelektronen und verheiratete Elektronen. Verheiratete Elektronen treten in Paaren auf. Junggesellenelektronen treten alleine auf. Nur diese Junggesellenelektronen schaffen eine elektromagnetische Kraft. Die Macht des Brahmacharya wird sogar in Elektronen deutlich. Freunde, zieht ihr Lehren aus diesen Elektronen? Werdet ihr Brahmacharya üben und Macht und spirituelle Stärke entwickeln?

In welchem Geisteszustand seid ihr, wenn ihr einen Ball oder eine Tanzparty besucht oder wenn ihr das Buch „Die Geheimnisse des Londoner Hofs“ lest? Wie ist der Geisteszustand, wenn ihr beim Satsang von Swami Jayendrapuriji Maharaji in Benares an den Ufern des Ganges seid oder wenn ihr die erhebenden klassischen Upanishaden studiert? Vergleicht euren Geisteszustand. Erinnert euch, Freunde, dass es nichts Schädlicheres für die Seele gibt als schlechte Gesellschaft. Man sollte nie an Gesprächen über Frauen, über den luxuriösen Lebensstil reicher Menschen, über teure Speisen, Autos, Politik, Seidenkleidung, Blumen, Gerüche etc. teilnehmen. Weil der Geist sich leicht erregt, beginnt er den Stil von Menschen, die ein luxuriöses Leben führen, nachzuahmen. Wünsche schleichen sich ein und auch Verhaftung.

Unmoralische Lieder erzeugen einen negativen Eindruck im Geist. Spirituelle Schüler sollten Orte, an denen unanständige Lieder gesungen werden, meiden.

Obszöne Bilder, vulgäre Worte, Liebesromane erregen Leidenschaft und erzeugen unwürdige, gemeine, unerwünschte Gefühle im Herzen. Im Gegensatz dazu erzeugt der Anblick eines guten Bildes von Rama, Krishna, Arjuna, Buddha oder Jesus und das Hören eines zarten Liedes von Surdas, Tulasidas und Tyagaraja erhabene Gefühle, Erhebung sowie Freudentränen und Prem (persönliche Liebe) und erhebt den Geist sofort zu Bhava Samadhi . Siehst du nun deutlich den Unterschied?

Zwischen sehr kleinen Mädchen und Jungen ist der Geschlechtsunterschied nicht groß. Wenn sie jedoch die Pubertät erreichen, finden drastische Änderungen statt. Gefühle, Gesten, Körper, Gang, Redeweise, Aussehen, Bewegungen, Stimmeigenschaften und Benehmen ändern sich. Obwohl eine Frau sanft und weich wirkt, kann sie doch unhöflich, rau und ausgesprochen männlich, werden, wenn sie sich ärgert. Die weibliche Anmut verschwindet, wenn sie unter dem Einfluss von Zorn, Entrüstung und Wut steht. Hast du schon einmal kämpfende Frauen auf der Straße gesehen? Frauen sind eifersüchtiger als Männer. Sie besitzen mehr Moha (Täuschung). Sie sind leidenschaftlicher als Männer. Männer sind rationaler. Obwohl Frauen leidenschaftlicher sind, haben sie doch mehr Selbstbeherrschung als Männer. Der wirklich Schuldige ist nur der Mann. Er ist aggressiv. Er kostet die „verbotene Frucht“ zuerst.

Die „verbotene Frucht“ ist in Wirklichkeit das Wissen um Gut und Böse und Recht und Unrecht. Frauen können Darshana Gottes leicht erreichen, wenn sie ihren Geist auf den spirituellen Pfad lenken, da das Element der Liebe in ihnen vorherrscht. Sneha Vritti (gute Gedanken) ist in ihnen weiter entwickelt.

Deine Motivation, Vajroli Mudra (Übung zur Sublimierung der Sexualenergie) zu erlernen, muss rein sein. Du musst die Vorstellung haben, dein Selbst durch absolutes Brahmacharya zu verwirklichen. Sublimiere den Geschlechtstrieb. Du darfst die Kraft, die du durch yogische Kriya erlangst, nicht missbrauchen. Analysiere und prüfe deine Motive gründlich. Auf dem Yogaweg gibt es viele Versuchungen und Gefahren. Sei wachsam, mein Kind Prem! Ich warne dich immer wieder.

Beim Hanuman Ghat in Benares waren zwei Mädchen am Ertrinken. Zwei junge Männer sprangen sofort in den Ganges und retteten die Mädchen. Ein Mann fragte eines der Mädchen, ob sie ihn heiraten würde. Der andere Mann sagte: „Ich habe meine Pflicht erfüllt.“ Er hatte Chitta Shuddhi (Reinheit des Gemüts). Die äußere Handlung war dieselbe (die Lebensrettungsaktion), aber das Motiv war ein anderes bei den beiden. Die Frucht muss daher auch unterschiedlich sein.

Ärger ist nichts anderes als eine abgeänderte Form von Leidenschaft oder Lust, wie Quark von Milch. Wenn die Leidenschaft nicht gestillt wird und wenn jemand oder etwas der Erfüllung im Wege steht, dann wird der leidenschaftliche Mann entrüstet und wild. Leidenschaft, Gedächtnisverwirrung, Vernunftsverlust etc. folgen darauf und er geht unter. Wenn ein Mann wütend ist, kann nichts auf der Welt seinen Ärger bremsen. Er wird unkontrollierbar.

Lies die Geschichten über Kriminalität, Raub, Vergewaltigung, Entführung, Überfälle und Mord, die vor Gericht kommen. Sinnliche Begierde ist die Wurzel all dieser Dinge. Es mag sich dabei um Geldgier oder um Lust an fleischlichen Freuden handeln. Der Kampf beginnt mit einigen hitzigen Worten und endet mit Bambusstockschlägen, Messerstechereien und Mord. Wenn der Mensch wütend wird, verliert er die Vernunft und das Urteilsvermögen. Er weiß nicht mehr, was er tut. Ein Bengale benutzte aus Wut das Wort „Sala“ oder „Badmash“ (Rowdy) gegen einen Sikh, als er den Ganges in einem Boot überquerte. Der Sikh wurde sehr wütend, packte den Bengalen am Kragen und warf ihn in den Ganges. Der Bengale ertrank. Wie geistig schwach der Sikh war, obwohl er körperlich stark war. Ein kleiner Laut, ein einziges Wort regten ihn auf und warfen ihn aus dem Gleichgewicht. Er wurde Sklave seines Ärgers. Hätte er Viveka und Vichara besessen, hätte er diese brutale Tat nicht begangen. So wie die Unreinheiten aus Bergmineralien gründlich herausgebrannt werden, so werden die Flecken, die von den Indriyas begangen werden, durch Prana-Kontrolle verbrannt. Praktiziere deshalb regelmäßig Pranayama. Es ist ein großartiges Reinigungsmittel.

13. Bedeutung von Brahmacharya

Meine lieben Brüder, die Vitalenergie, Virya, welche euer Leben trägt, welche der Prana allen Pranas ist, welche sich in euren glänzenden Augen widerspiegelt, welche von euren glänzenden Wangen strahlt, ist ein großer Schatz. Es ist die Quintessenz des Bluts. Die Essenz eines Samentropfens wird aus vierzig Bluttropfen gebildet. Beachtet, wie wertvoll diese Flüssigkeit ist!

Brahmacharya ist die Basis, um Unsterblichkeit zu erlangen. Brahmacharya bringt materiellen Fortschritt und psychische Entwicklung. Es ist das Substrat eines Lebens in Frieden im Atman. Es ist eine schlagkräftige Waffe im Krieg gegen die inneren Asuras, nämlich Kama (Wunsch), Krodha (Zorn), Lobha (Gier) etc. Es trägt zu dauernder ununterbrochener Freude und unvergänglicher Wonne bei. Es verleiht enorme Energie, einen klaren Kopf, gewaltige Willenskraft, mutiges Begreifen, Merkfähigkeit und gute Vichara Shakti (Unterscheidungskraft). Allein durch Brahmacharya könnt ihr physische, geistige und spirituelle Entwicklung im Leben erfahren.

Die moderne Erziehung

Vergleicht man das gegenwärtige Erziehungssystem mit dem alten Gurukula  -System, entdeckt man eine breite Kluft zwischen den beiden. Jeder Schüler des Gurukula bekam ein vollkommenes moralisches Training. Dies war das hervorstechendste Merkmal unserer alten Kultur. Jeder Schüler besaß Bescheidenheit, Selbstbeherrschung, Gehorsam, den Geist des Dienens und Selbstaufopferung, gutes Benehmen, Höflichkeit, Freundlichkeit und nicht zuletzt den Wunsch, Atma Jnana (Erkenntnis des Selbst) zu erreichen.

Im heutigen System wird die moralische Seite der Erziehung völlig ignoriert. Die Hochschulstudenten besitzen heutzutage keinerlei Tugenden mehr. Selbstkontrolle ist ihnen unbekannt. Ein Leben in Luxus und Maßlosigkeit beginnt schon im frühen Jungendalter. Arroganz, Impertinenz und Ungehorsam sind tief in ihnen verwurzelt. Sie sind ausgesprochene Atheisten und Materialisten ersten Ranges geworden. Sie wissen nichts über Brahmacharya und Selbstkontrolle. Modische Kleidung, unpassende Speisen, schlechte Gesellschaft und häufige Theater- und Kinobesuche machen sie schwach und leidenschaftlich. Die Gesundheitsbehörde in Kalkutta berichtet, dass fünfundsiebzig Prozent aller Studenten in Kalkutta und Dakka nicht gesund sind. In Bombay berichtet man von neunzig Prozent kranker Studenten, in Karachi und in Bombay leiden etwa fünfzehn Prozent an Geschlechtskrankheiten. Es wurde tatsächlich festgestellt, dass sich in ganz Indien die Gesundheit der Studenten verschlechtert hat. Die Untugenden und schlechten Praktiken, die ihre Gesundheit ruinieren, nehmen weiterhin zu. In den modernen Schulen und Hochschulen gibt es keine ethische Kultur. Die moderne Erziehung neigt dazu, nur den Intellekt zu entwickeln.

Die Pflicht der Lehrer
Eine große und schwere Pflicht obliegt den Lehrern und Professoren, die Studenten auf den Weg des Sadachara (rechtes Verhalten) zu führen und ihren Charakter ordentlich zu formen. Sie selbst sollten streng moralisch und rein sein. Sie sollten ethisch einwandfrei sein. Ansonsten ist es, als würde der Blinde einen Blinden führen. Bevor man das Lehramt anstrebt, sollte sich jeder Lehrer der großen Verantwortung dieser Position bewusst sein. Reiner intellektueller Fortschritt von der Art, nur trockene Vorträge zu halten, reicht nicht aus. Dies macht noch keinen Professor aus.

Das zukünftige Schicksal der Welt liegt völlig in den Händen der Lehrer und Studenten. Wenn die Lehrer ihren Studenten die richtige Richtung weisen, den Weg der Aufrichtigkeit, wird die Welt voll guter Bürger, Yogis und Jivanmuktas sein, die Licht, Frieden, Wonne und Freude überallhin ausstrahlen.

O ihr Lehrer und Professoren! Wacht jetzt auf. Lehrt die Studenten den Weg von Brahmacharya, der Aufrichtigkeit und Moral. Macht sie zu wahren Bramacharis. Vernachlässigt diese göttliche Aufgabe nicht. Ihr seid für diese einzigartige Aufgabe moralisch verantwortlich. Dies ist euer Yoga. Ihr könnt Selbstverwirklichung erlangen, wenn ihr diese Arbeit in vollem Ernst ausführt. Seid wahrhaftig und ernsthaft. Öffnet nun eure Augen.

Gesegnet ist der, der sich wahrlich anstrengt, seine Studenten zu echten Brahmacharis zu machen. Zweimal gesegnet ist der, der ein wirklicher Brahmachari zu werden versucht. Möge der Segen Shri Krishnas auf ihnen ruhen! Ruhm den Lehrern, Professoren und Studenten!

14. Mode: ein furchtbarer Fluch

Dieses Thema ist dem Karma Yoga nicht fremd. Nur wer einfache Kleidung trägt und von der schrecklichen Geisel der Mode frei ist, kann Karma Yoga machen. Man sollte sich über die negativen Auswirkungen der Mode im Klaren sein. Deshalb habe ich diesen Abschnitt hier eingefügt.

Die Leute lechzen nach der Mode. Männer und Frauen sind Sklaven der Mode. Gibt es auch nur einen kleinen Fehler im Zuschnitt eines Abendkleids oder einer Uniform, finden an den Gerichtshöfen in London und Paris Schadenersatzklagen gegen Schneider statt. Sogar Lahore und Rawalpindi sind heutzutage modebewusst. Am Abend kann man die vielfältigsten Moderichtungen sehen. Die Mode besteht aus halber Nacktheit. Sie nennen dies hygienische Belüftung der entblößten Körperteile. Die Hälfte der Brust, der halbe Arm und das halbe Bein müssen nackt sein. Dies ist Mode. Sie haben volle Kontrolle über ihre Frisuren. Dies ist ihre Siddhi. Sie können die Haare im Friseursalon schneiden und frisieren lassen, wie es ihnen beliebt. Die Mode heizt die Leidenschaft an.

Sogar eine arme Frau in Lahore zahlt fünf Rupien für die Anfertigung eines einzigen Rocks. Sie denkt nicht daran, wie ihr Mann all das bezahlen kann. Armer Ehemann, ein Sklave der Leidenschaft, eine unglückliche Seele. Er borgt hier und dort etwas, besticht auf verschiedene Weise und tut seiner Frau nach außen hin schön, während er innerlich kocht. Er tötet sein Bewusstsein ab, zerstört seinen Intellekt und marschiert selbstgetäuscht durch diese Welt. Die Rechnung für seine schlechten Taten bekommt er in Form von Karbunkeln und Eiterfluss. Wenn er in Schwierigkeiten ist, klagt er: „Ich bin ein großer Sünder. Ich kann diesen Schmerz nicht ertragen. Ich habe in meinem vorherigen Leben viele böse Handlungen begangen. O Gott! Vergib mir und rette mich!“ Aber nie versucht er auch nur ein wenig, sein Schicksal in diesem Leben zu verbessern.

Die ganze Welt kann man mit den Kleidungsstücken der eitlen, modebewussten Menschen ausstaffieren. Enorm viel Geld wird an Mode verschwendet. Der Mensch braucht letztlich sehr wenig auf dieser Erde – ein paar einfache Kleidungsstücke, vier Scheiben Brot und einen Becher kaltes Wasser. Wenn man das für Mode verschwendete Geld für positive Zwecke wie die Wohlfahrt und für den Dienst an der Gemeinschaft einsetzen würde, würde die Menschheit in Göttlichkeit verwandelt werden. Sie würde sich in ewigem Frieden und Wonne erfreuen. Aber was sieht man stattdessen bei modebewussten Menschen? Ruhelosigkeit, Angst, Sorge, Furcht, Niedergeschlagenheit und Gesichtsblässe. Sie mögen wohl Seidenroben oder Abendanzüge nach der neuesten Mode tragen, aber in ihren Gesichtern sieht man Freudlosigkeit und Hässlichkeit. Der Krebs der Sorge, der Gier, der Leidenschaft und des Hasses hat den Kern ihrer Herzen zerfressen.

Bittet man einen englischen Baron vor dem Eintreten in einen Hindu-Tempel, seine Schuhe auszuziehen und seinen Hut abzunehmen, fühlt er sich, als hätte er seine Persönlichkeit verloren. Schau dir die Eitelkeit eines selbstbezogenen Menschen an! Ein kleines Stück Leder, ein Karton mit Stoffeinband machen einen mächtigen Baron aus. Ohne diese löst er sich in nichts auf. In ihm sind kein Geist und keine Stärke. Der Puls an seinem Handgelenk stoppt. Jetzt kann er nicht mehr mit der gleichen Kraft sprechen. Die Welt ist voll von engherzigen verständnislosen Menschen. Sie meinen, dass ein Turban und modisch lange Mäntel, Hüte und Stiefel einen bedeutenden Menschen ausmachen. Ein wahrhaft großer Mensch ist jemand, der einfach ist und frei von Egoismus und Raga Dwesha (Mögen und Nichtmögen).

Warum ziehen Frauen und Männer modische Kleidung an? Sie wollen in den Augen anderer als wichtige Personen erscheinen. Sie glauben, sie werden respektiert und geehrt, wenn sie modische Kleider tragen. Die Ehefrau möchte für den Ehemann wunderschön sein. Sie will für ihn anziehend sein. Der Ehemann zieht modische Kleider an, weil er seiner Frau gefallen möchte. Die Prostituierte möchte mehr Kunden durch modische Kleidung gewinnen. Dies ist alles Täuschung. Kann ein modisches Kleidungsstück wirklich Schönheit verleihen? Dies ist alles künstlicher Schmuck. Er ist vergängliche, falsche, verdorbene, glitzernde Schönheit! Wenn du göttliche Tugenden wie Erbarmen, Mitgefühl, Liebe, Ehrerbietung und Nachsicht besitzt, wirst du respektiert und wirklich geehrt. Dies verleiht dauerhafte Schönheit, auch wenn man in Lumpen geht.

Die Mode ist ein wahrer Fluch. Sie ist ein Feind des Friedens. Sie flößt böse Gedanken, Lust, Gier und negative Tendenzen ein. Sie erfüllt den Geist mit weltlichem Makel. Sie erzeugt Armut. Die Mode macht dich zum Bettler der Bettler. Packe diesen Wunsch nach Mode an der Wurzel. Trage einfache Kleidung. Hege erhabene Gedanken. Halte dich von modischen Menschen fern. Erinnere dich jener Heiligen, die ein einfaches Leben führten und solcher von heute, die sehr einfach sind. Einfachheit erzeugt Pietät. Sie flößt göttliche Gedanken ein. Du wirst frei von Sorge und unnötigen Gedanken. Du kannst mehr Zeit mit Kontemplation und spiritueller Suche verbringen.

Ein sattwiger Mann und eine sattwige Frau sind wirklich wunderschön. Er oder sie benötigen keinen künstlichen Schmuck mit Goldnadeln, Nasenringen oder sonstigen Ornamenten oder modische Kleidung. Millionen Menschen werden unbewusst von ihnen angezogen, auch wenn sie ärmlich gekleidet sind. Wie einfach war doch Mahatma Gandhi in seiner Kleidung! Er hatte nur einen Lendenschurz an. Wie einfach war Ramana Maharishi ? Er hatte nur ein Kaupina (Lendenschurz). Ein Lendenschurz war ihr einziger persönlicher Besitz. Sie wollten keine Koffer oder Kisten zum Transport ihrer Kleider. Sie waren frei wie Vögel. Avadhutas (Unbekleidete) wie Krishnashram von Gangotri, Brahmendra Saraswati von Sendamangalam, Salem, in Südindien haben noch nicht einmal ein Kaupina. Sie sind völlig nackt. Sie befinden sich im gleichen Zustand, in dem sie geboren wurden.

Dieser Körper ist wie eine große Wunde oder wie ein Geschwür mit schmutzigen Ausscheidungen. Er muss nur mit einem Stück Stoff umhüllt werden. Seide, Spitzenbesatz oder Rüschen sind unnötig. Es ist völlig verrückt, diesen schmutzigen vergänglichen Klumpen aus Fleisch und Knochen künstlich zu verzieren. Habt ihr jetzt eure Dummheit begriffen? Steht auf. Gebt die Mode jetzt auf. Legt ein Gelübde ab. Gebt mir euer festes Versprechen, euch von diesem Moment an, nur einfach zu kleiden.

Ihr wurdet nackt geboren. Ihr werdet nackt gehen. Euer seidener Gürtel und die Oberbekleidung werden euch für eure Enkelkinder weggenommen werden, wenn ihr auf dem Totenbett liegt. Warum unternehmt ihr dann diese endlosen selbstsüchtigen Anstrengungen, Geld zu verdienen und modische Kleider zu erwerben? Werdet euch eures Irrsinns bewusst. Lernt zu unterscheiden. Erlangt Wissen über das Selbst und verbleibt im ewig währenden Frieden.

O modischer Mann! O modische Frau! Oh, ihr Mörder des inneren Atman! Warum vergeudet ihr eure Zeit, eure Energie und euer Leben mit Eitelkeit und der Jagd nach modischer Kleidung. Dies ist höchst grotesk. Die Schönheit der Schönheiten, die unvergängliche Quelle der Schönheit, die ewige Schönheit erstrahlt immer in der Kammer eurer Herzen. Die ganze Schönheit dieser Welt ist ein bloßer Schatten, eine Reflexion der Quelle der Schönheit. Reinigt eure Herzen. Kontrolliert euren Geist und eure Sinne. Sitzt in einem Zimmer und meditiert über diese Schönheit aller Schönheiten, euren unsterblichen Freund, den Atman, das höchste Selbst. Begreift dieses Selbst. Erst dann seid ihr wirklich schön. Dann und nur dann seid ihr wirklich glücklich. Dann und nur dann seid ihr wirklich reich. Dann und nur dann seid ihr wirklich großartige Menschen.

15. Kontrolle über das Rauchen

Wer raucht, ist für die Praxis des Karma Yoga nicht geeignet. Er wird depressiv, wenn er keinen Rauch abbekommt. Ohne Zigaretten kann er nicht arbeiten. Er verschwendet Geld, das sehr gut für den Dienst an anderen verwendet werden könnte. Ein Karma Yogi sollte von der schlechten Gewohnheit des Rauchens vollkommen frei sein.

Rauchen ist eine schlechte Gewohnheit. Raucher bringen zur Unterstützung ihrer Grundsätze ein wenig Philosophie und medizinische Gründe vor. Sie sagen: „Rauchen ist gut für meine Verdauung. Ich bekomme morgens guten Stuhlgang. Es ist sehr belebend für die Lungen, das Gehirn und das Herz. Wenn ich nach dem Rauchen meditiere, funktioniert es besser. Warum sollte ich es aufgeben?“ Wirklich, eine gut begründete Philosophie! Sie bringen geschickte Argumente zur Verteidigung ihrer schlechten Gewohnheit vor. Sie können diese schlechte Angewohnheit nicht loswerden. Sie sind starke Raucher, die innerhalb weniger Stunden eine Packung Zigaretten rauchen können. Die Gewohnheit beginnt im frühen Jungenalter. Ein kleiner Junge nimmt eine Zigarette aus der Tasche seines älteren Bruders und versucht seinen ersten Zug. Er erlebt einen kleinen Nervenkitzel und von da an stiehlt er täglich weiter. Nach einiger Zeit gelangt er in ein Stadium, in dem er es sehr schwer findet, ohne Zigaretten auszukommen. Er fängt an, Geld zu stehlen, um sich selbst eine Schachtel zu kaufen. Der Vater, die Brüder und Schwestern sind alle starke Raucher. Sie sind die Gurus, die diese kleinen Jungen ins Rauchen einführen. Was für eine schlimme Situation! Welch schrecklicher Anblick!

Die Eltern sind einzig und allein für das schlechte Benehmen ihrer Söhne und Töchter verantwortlich. Jedes Gift bringt bald eine schlechte Gewohnheit hervor und man findet es schwierig, die Gewohnheit aufzugeben. Man fällt dem Rauchen zum Opfer. Maya wirkt über die Gewohnheiten. Dies ist das Geheimnis ihres Wirkens. Vom Rauchen ziehst du kein bisschen Nutzen. Bete und gib diese falsche dumme Vorstellung auf. Das Geld ist bloß verschwendet. Rauchen verursacht Herzstörungen, „Tabakherz“, Amblyopie (Schwachsichtigkeit) und andere tödliche Krankheiten sowie eine Nikotinvergiftung des ganzen Systems. Verschiedene nervöse Krankheiten und Impotenz entwickeln sich.

Kurzsichtigkeit, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Angina Pectoris, Magenschleimhautentzündung, Rachenprobleme, Luftröhrenentzündung, Zuckungen, Muskelschwäche etc. sind auf Rauchen und die daraus resultierende Nikotinvergiftung zurückzuführen. Durch langes Rauchen potenzieren sich die Auswirkungen des Nikotins. Das Nikotin reichert sich durch kleine Dosen im System an, schädigt die Konstitution und verschiedene Organe.

Schlechte Gewohnheiten sind leicht zu korrigieren. Ein Rechtsanwalt rauchte fünfzehn Jahre lang sehr stark. Mit einer einmaligen starken Willensanstrengung hörte er ganz damit auf. Fühle zunächst sehr stark die Notwendigkeit, die schlechte Gewohnheit aufzugeben. Konzentriere dich auf die Vorteile der Nüchternheit und der Abstinenz. Dann hast du schon gewonnen. Sage dir nachdrücklich: „Ich werde jetzt sofort diese schlechte Gewohnheit ablegen.“ Du wirst Erfolg haben. Schlechte Gewohnheiten auf einen Schlag aufzugeben ist besser. Es langsam zu tun, bringt in der Regel kein gutes Ergebnis. Sei vor Rückschlägen gefeit. Wende dich resolut ab, wenn eine kleine Versuchung auftauchen möchte. Konzentriere deinen Geist vollständig auf die Arbeit. Sei immer beschäftigt. Pflege den starken Wunsch „Ich muss schon jetzt ein großer Mensch werden“. All diese Gewohnheiten werden dann verschwinden. Fühle ganz stark: „Ich muss ein spiritueller Mensch werden.“ All diese Gewohnheiten verflüchtigen sich. Benutze dein Unterbewusstsein, um deine Gewohnheiten auszulöschen. Es ist dein Busenfreund, mit dem du ständig Kontakt halten solltest. Es wird sich alles zum Guten wenden. Begründe neue gesunde Gewohnheiten. Entwickle auch deinen Willen. Gib schlechte Gesellschaft auf und genieße immer Satsang oder die Gegenwart von gelehrten Sadhus und Mahatmas. Deren starke Schwingungen vertreiben deine schlechten Angewohnheiten. Gebete, Japa und Meditation helfen auch, schlechte Gewohnheiten auszulöschen. Nichts ist unmöglich unter der Sonne. Wo ein Wille, da ein Weg.

16. Fleischverzehr

Fleisch ist zur Aufrechterhaltung der Gesundheit unnötig. Fleisch zu essen, ist der Gesundheit abträglich. Es bringt eine Schar von Leiden wie Bandwurm, Albuminurie und andere Nierenkrankheiten mit sich. Schließlich benötigt der Mensch sehr wenig auf dieser Erde. Einige Scheiben Brot und etwas Dal reichen völlig aus, um ihn bei Gesundheit, Kraft und Vitalität zu halten. Tiere für Nahrungszwecke zu töten, stellt eine große Sünde dar. Anstatt den Egoismus und die Vorstellung von „mein“ zu töten, schlachten unwissende Menschen unschuldige Tiere unter dem Vorwand, sie Gott zu opfern. Aber in Wahrheit befriedigen sie ihren Gaumen und Geschmackssinn, schrecklich! Höchst unmenschlich!

Ahimsa ist die größte aller Tugenden. Ahimsa paramo dharmah. Ahimsa ist die vornehmste Tugend, die ein spiritueller Schüler besitzen sollte. Wir sollten das Leben achten. Jesus sagt: „Gesegnet sind die Mildtätigen, denn ihnen wird Gnade widerfahren.“ Jesus und Mahavira  riefen aus Leibeskräften: „Betrachte jedes Lebewesen als dich selbst und verletze niemanden.“ Das Gesetz von Karma ist unerbittlich, erbarmungslos und unabänderlich. Der Schmerz, den du einem anderen zufügst, kommt zu dir zurück und das Glück, das ihr einander schenkt, kommt auch auf euch zurück und verstärkt euer Glück. Dr. J. Oldfield, leitender Arzt am „Lady Margaret Hospital“, schreibt:

„Heute kennen wir all die unbestrittenen Tatsachen aus der Chemie, wir wissen, dass Pflanzenprodukte alles enthalten, was zur vollkommenen Erhaltung des menschlichen Systems notwendig ist. Fleisch ist ein unnatürliches Lebensmittel. Deshalb neigt es dazu, Funktionsstörungen hervorzurufen. Auf die Weise, in der die moderne Zivilisation es konsumiert, verursacht es schreckliche, leicht auf den Menschen übertragbare Krankheiten wie Krebs, Schwindsucht, Fieber, Darmwürmer etc. in großem Ausmaß. Es braucht einen nicht zu wundern, dass der Fleischkonsum zu den wichtigsten Krankheitsursachen zählt, die neunundneunzig von hundert Menschen dahinraffen.“

Fleischverzehr und Alkoholismus hängen eng zusammen. Die Alkoholsucht verschwindet auf ganz natürliche Art, wenn man aufhört, Fleisch zu essen. Die Frage der Geburtenkontrolle wird bei denen, die Fleisch zu sich nehmen, sehr schwierig. Überlege, wie wild der fleischfressende Tiger ist und wie sanft und friedlich die Kuh und der Elefant sind, die von Gras leben! Fleisch hat einen unmittelbaren schlechten Einfluss auf die Gehirnbereiche. Der erste Schritt in Richtung spirituellen Fortschritts heißt, den Fleischkonsum aufzugeben. Das göttliche Licht kommt nicht herab, wenn der Magen mit Fleisch gefüllt ist. Im Großen und Ganzen ist die Sterblichkeitsrate durch Krebs in fleischverzehrenden Ländern sehr hoch. Vegetarier bleiben bis ins hohe Alter gesund. Sogar im Westen setzen Krankenhausärzte ihre Patienten auf vegetarische Kost. Sie genesen viel schneller.

Pythagoras, der griechische Weise, predigte: „Töte oder verletze kein Lebewesen.“ Er verdammte fleischliche Nahrung als sündige Nahrung! Höre nur, was er sagt: „Habt Acht, o ihr Sterblichen, eure Körper mit sündiger Nahrung zu entweihen! Es gibt Getreide, Früchte, welche die Äste mit ihrem Gewicht herunterhängen lassen, sowie reiche Trauben am Weinstock. Es gibt süßes Gemüse und Kräuter, welche durch das Feuer schmackhaft und weich gemacht werden können. Auch ist euch weder Milch, noch Honig, noch das duftende Aroma der Thymianpflanze versagt. Die freigiebige Erde bietet euch eine Fülle von reinen Speisen an und sorgt für Mahlzeiten, die ohne Schlachten und Blutvergießen zu haben sind.“

Wenn du aufhören willst, Hammel, Fisch etc. zu essen, beobachte bloß mit eigenen Augen den bemitleidenswerten Kampf der Schafe, wenn sie getötet werden. Dann entwickelst du Barmherzigkeit und Mitleid in deinem Herzen. Dann bist du entschlossen, kein Fleisch mehr zu essen. Schaffst du dies nicht, so wechsle deine Umgebung, lebe dort, wo du kein Fleisch bekommst und verkehre in Gesellschaft, die nur vegetarisch isst. Denke immer an das Übel des Fleischkonsums und die Vorteile vegetarischer Kost. Gibt dir auch das noch nicht ausreichend Kraft, die Angewohnheit aufzugeben, gehe in einen Schlachthof und eine Metzgerei und sieh dir die ekeligen verwesenden Muskeln, Eingeweide, Nieren und anderen Tierteile an, die einen fürchterlichen Geruch verströmen. Dies erzeugt sicherlich Vairagya in dir und einen Ekel und Abneigung gegenüber fleischlichen Speisen.

17. Glücksspiel

Das Glücksspiel ist ein weiterer schrecklicher Fluch. Es ist ein großer Freund des Antigotts. Es ist die größte Waffe Mayas (Illusion). Viele sind daran schon zerbrochen. Es verführt, lockt und täuscht. Ein kleiner Erstgewinn kitzelt die Nerven des Spielers und zwingt ihn, eine größere Summe einzusetzen. Schließlich verliert er alles und kehrt weinend nach Hause zurück. Spielen macht den Menschen bankrott. Er weint bitterlich. Dennoch kann er es nicht lassen. Maya wütet durch schlechte Gewohnheiten, falsches Denken, falsche Samskaras, schlechte Gesellschaft, Glücksspiel, Kino, Trinken, Rauchen und Fleischverzehr. Der Intellekt wird umwölkt und stumpf. Die Vernunft und das Unterscheidungsvermögen versagen. Der Intellekt wird pervertiert. Eine enorme Menge Geld wird sinnlos beim Spielen und Trinken verschwendet. Keine Tugend bleibt im Herzen des Spielers übrig. Spielen ist ein von Maya geworfenes Netz, um die verwirrte Seele zu fangen. Es gibt kein größeres Unheil als das Glücksspiel. Alle Untugenden kleben am Spieler. Kein wirklicher Gewinn erreicht jemals den Spieler. Er ertrinkt immer im Kummer. Er schleppt sich freudlos durch seine Tage. Kartenspiel und Pferderennen sind nur Unterarten des Spiels.

O Mensch! Es ist sehr schwierig, als Mensch geboren zu werden. Das Leben ist zur Gottesverwirklichung gedacht. Dauernde Freude und ewige Wonne liegen in Gott. Verschwende dieses wertvolle Leben nicht mit Trinken, Spielen, Rauchen und Fleischkonsum. Was willst du dem Gott des Todes zum Zeitpunkt deines Todes sagen? Niemand wird dir helfen. Du wirst deine eigenen Gedanken und Handlungen zu tragen haben. Gib das Spielen, Fleischessen, Trinken, Kino und Rauchen sofort auf. Versprich mir das jetzt ganz fest. Ich bin dein Freund und wünsche dir Gutes. Wache jetzt auf. Öffne die Augen. Werde ein tugendhafter Mensch. Handle gut. Singe den Namen Gottes. Der Name Gottes ist ein wirksames Gegengift für alle schlechten Angewohnheiten. Studiere religiöse Bücher. Begib dich in die Gesellschaft von Weisen und Gottesverehrern. Alle negativen Gewohnheiten werden ausgelöscht werden.

Diene ... Liebe ... Gib ... Reinige dich ... Konzentriere dich ... Meditiere ... Verwirkliche ... jetzt!

Zeit ist das Wertvollste auf der Welt. Unwissende Menschen verschwenden ihre ganze Zeit mit Kartenspiel und Glücksspiel. Was für ein schrecklicher Zustand! Höchst bedauerlich! Wie mächtig ist Avidya! Die Menschen sind beklagenswert im Sumpf der Dunkelheit versunken! Bedauerliche Exemplare der Menschheit! Mörder des Atman! Möge Shri Krishna, Antaryami, der Bewohner deines Herzens, dir Stärke verleihen, all diese schlechten Gewohnheiten abzuschütteln! Möge Sein Segen auf euch allen ruhen!