Vers 24

Koorvelvizhi Mangaiyar Kongaiyilee
Seerveen Arul Seeravum Ennumadhoo
Soorveerodu Kunru Tholaittha Nedum
Porevela Purandhara Bhoopathiye


Den Brüsten der Frauen mit durchdringenden Blicken
Folge ich; Wirst Du nicht daran denken, mir Deine Gnade folgen zu lassen?
O Velava, mit dem Speer, lang und kämpferisch,
Der den Sura und den Berg zerteilte! O König von Devaloka!


„O Herr mit dem langen, kämpferischen Vel, der Surapadma mit seinem gesamten Clan und den (Krauncha) Berg durchstieß (zerstörte)! O Herr von Indraloka! Wirst Du geruhen, daran zu denken, Deine Gnade mit mir zu teilen (mir Deine Gnade zu gewähren), der ich (so armselig bin, dass ich) an den Brüsten der Frauen mit Augen so scharf wie der Vel (durchdringenden Blicken) hänge?“

Erklärung:

Indra wurde von dem Asura Surapadma gequält. Er kämpfte mit dem Asura, konnte ihn aber nicht besiegen. Surapadma überfiel und verbrannte Indras Königreich (Devaloka, den Himmel) so gut wie ganz und machte Indra zum Gefangenen. So ähnlich ist die Lust nach Frauen, die Männer quält. Sie verbrennt ihr Herz und versklavt sie. Weil seine Versuche, den Asura zu besiegen, misslangen, nahm Indra schließlich bei Shiva Zuflucht, gab sich Ihm vollständig hin und rief Seine Gnade an. Shiva erschien als Skanda, dessen mächtiger Vel Sura padma vernichtete und Indra rettete. Genauso kommt Sein Vel (als Seine Gnade) zu Hilfe und befreit einen von Lust, wenn man trotz wiederholter vergeblicher Bemühung die Lust zu überwinden, hilflos geworden ist, Zuflucht bei Gott sucht und sich ihm hingibt. Darum sagt Arunagiri: „Ich hänge an den Brüsten von Frauen. Ich bin unfähig, die Lust zu überwinden. Ich bin nicht bereit für Deine Gnade. Ich verdiene sie nicht. Aber, o Herr, der Du Deinen Vel auf Surapadma gerichtet, ihn vernichtet und so Indra gerettet hast, wirst Du nicht auch Deine Gnade über mich ausschütten, die lustvolle Natur in mir zerstören und mich retten?“

Lust nach Sex ist ein großes Hindernis bei der spirituellen Evolution des Aspiranten. Frauen sind für Männer (und Männer für Frauen) wie Wein, sagt Swami Sivanandaji. Ihre Blicke sind so durchdringend und mit einer solchen geheimnis vollen Kraft ausgestattet, dass sie das Herz jedes Mannes erschüttern können, wie willensstark er auch sein mag. Selbst große Tapasvins (Asketen) sind davon nicht ausgenommen. „Gibt es jemanden außer dem Weisen Narayana“, sagt das Srimad Bhagavatam (indisches Epos), „der nicht mindestens einmal durch Frauen in Versuchung gebracht wurde?“ Wie wahr! Man kann ein Brahmachari (enthaltsam lebend) sein oder ein Sannyasin (Entsagter, Mönch), man ist nicht von diesem Einfluss ausgenommen. Zumindest in Gedanken wird jeder ein Opfer, hilflos der pfeilähnlichen Blicke von Frauen und ihrer Brüste. Der heilige Arunagiri hatte selbst stark unter dem Einfluss von Prostituierten gelitten. Er gesteht seine Schwäche offen ein. Dieser Vers dient auch dem Nutzen anderer, weil er den bedauerlichen Zustand kennt, in dem sich alle befinden. Es gibt keinen anderen Weg als ein offenes Eingeständnis, um die Gnade Gottes anzurufen und vom Sex befreit zu werden. Darum singt Arunagiri zu unserem Nutzen: „Wirst Du nicht geruhen, o Herr, mir Deine Segnungen zu gewähren, der ich so schäbig und armselig bin, dass ich von Frauen bezaubert werde?“ Sollte man sich schämen, diesen Vers zu wiederholen? Auch wenn man es öffentlich nicht zugeben mag, das Herz weiß es. Ein offenes Bekenntnis vor sich selbst und Gott ist ein sicheres Mittel der Sühne und auch, um die Gnade Gottes anzurufen.

Arunagiri weint bitterlich vor Gott über seine Hilflosigkeit, wie in Vers 9. Er bereut seine falschen Taten. Reue ist ein großes Reinigungselement; es ist das einzige Mittel, um die Wirkungen der vergangenen Fehler wegzuwaschen. Reue beinhaltet gleichzeitig eine Entscheidung, diese Handlungen nicht mehr zu wiederholen. Man erkennt die eigene Dummheit, erkennt, dass diese Handlungen fehlerhaft sind, erkennt auch die eigene Hilflosigkeit, sie trotz der besten Anstrengungen zu kontrollieren. An diesem Punkt wendet er sich an Gott um höhere Hilfe. Er weint zu Gott, gesteht seine Fehler ein, räumt die Mangelhaftig keit rein menschlicher Anstrengung ein und ruft um Beistand. Arunagiri steht praktisch so vor Gott, stellvertretend für die Hilflosigkeit der Menschen. Das Flehen zu Gott beinhaltet deshalb das Erkennen der eigenen Fehler, die Entschei dung, sich ein für alle mal davon abzuwenden, das Eingeständnis der Beschränktheit menschlicher Anstrengung und das Bedürfnis, von der göttlichen Gnade unterstützt zu werden. Es ist kein reines Lippenbekenntnis oder ein Show- Weinen, das die göttliche Gnade nicht anziehen kann.

Dieser und der vorhergehen de Vers bewegen einen zu Tränen, wenn man sie wiederholt. Sie sind so formuliert, dass sie sogar das nötige Gefühl im Herzen des Rezitierenden erzeugen können, wenn sie ein paar Mal wiederholt werden. Der Heilige geht davon aus, dass göttliche Gnade die menschliche Anstrengung unterstützen muss, damit diese erfolgreich wird. Ohne göttliche Gnade bleibt rein menschliche Anstren gung erfolglos, besonders in diesem Kampf gegen Lust und Sex. Aber Anstrengung von unserer Seite ist notwendig und ist in dem Gebet eingeschlossen. Warum sollte man um Gottes Hilfe bitten, wenn man sicher nicht vorher schon entschieden hätte, die schlechte Gewohnheit zu brechen und dann seine eigenen Anstrengungen als nicht ausreichend befunden hätte? Wenn man mit dem Vergnügen von Sex zufrieden ist und nicht das Bedürfnis hat, es zu unter lassen, wird man dann die Gnade Gottes anrufen? Nur jemand, der einst selbst dem Sex ausgeliefert war und ihn jetzt aufgeben will, aber merkt, dass sein Geist sich noch danach sehnt, sucht Gottes Gnade, um ihn von Frauen abzulenken und auf Gott zu richten. Aber wenn man zu Gott betet und gleichzeitig einen geheimen Wunsch hegt, der befriedigt werden soll, wird Seine Gnade dann herabkommen?

Wenn wir ihn richtig anrufen, lässt Gott seine Gnade auf uns herabregnen und wird uns davon befreien, an Frauen zu hängen. Ein „Hängen an“ bricht das andere „Hängen an“. Arunagiri vergleicht die verhexenden Blicke (besonders von Prostituierten) mit dem scharfen, durchdringenden Vel. Solche Blicke können die festen Vorsätze aus dem Herzen wegspülen, einen hilflos hin- und herzerren und schlechten Wegen nachgehen lassen. Und Arunagiri bezieht sich auf den Vel von Murugan als das einzige Mittel, das hilft, die Wirkungen der Velartig durchdringenden Blicke von Frauen zu überwinden. Ein „Folgen“ bricht das andere. Ein „Vel“ befreit von einem anderen. Was für ein Vergleich und was für eine Wortkomposition! „Dein Vel durchstieß Surapadma und den Krauncha Berg (Asura). Wird Dein Gnaden-Vel mich nicht vor den Vel-artigen, durchdringenden Blicken der Frauen und ihrer Brüste beschützen?“

Heilige können sich leicht den hilflosen Zustand der schwachen Menschen in dieser Welt vorstellen und sind voller Mitgefühl. Was können sie anderes tun, um uns zu helfen? Philosophie und Logik, Verhaltensregeln und Ermahnungen, moralische und ethische Lehren wirken hier nicht. Sie haben festgestellt, dass Zuflucht zu suchen bei den Füßen Gottes, um seine Gnade mit offenem Herzen, das einzige ist, was uns helfen kann. Darum spricht der heilige Arunagiri Gott so an, wie wir ihn ansprechen würden. Was für ein schöner Weg, um den Hilflosen zu helfen! Das Leiden ist dauerhaft – Generation um Generation von Menschen findet sich in diesem bedauernswerten Zustand. Dieser Vers ist ein dauerhaftes Heilmittel und wird in der ersten Person gesungen. Eine Wiederholung dieses Verses mit offenem Herzen und ehrlichem Gefühl entbindet einen sicher von den Fehlern der Vergangenheit und zieht die göttliche Gnade an. Es ist nicht so, dass Arunagiri immer noch unter der Anhaftung an Frauen leidet, denn er hat die volle Gnade Gottes erhalten. In einem seiner Verse des Kandaralankaram erklärt er offen, dass er durch Seine Gnade diesen Sumpf ein für alle mal überschritten hat. Er fand, dass für uns, die wir noch darunter leiden, nichts von Nutzen ist als vor Gott zu weinen. Darum dieser Vers. Die Menschheit ist Arunagiri für solche Verse besonders zu Dank verpflichtet.

Der Vers kann auch übersetzt werden als: „.... Werde ich, der ich (so schäbig bin, dass ich) den Brüsten von Frauen folge, mit Augen (die so scharf blicken) wie der Vel, in der Lage sein, zumindest jetzt Deine Gnade zu erlangen?“

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Der Sucher war aufgrund des Spiels von Avidya nicht in der Lage, über die Füße des Gottes zu kontemplieren (Vers 23). Aber warum und wie macht ihm Avidya Schwierigkeiten? Wenn man ernsthaft zu meditieren beginnt, beginnt der Prozess einer inneren Reinigung. Es ist, als würde man einen Raum fegen und reinigen, der Monate und Jahre verschlossen war. Wenn man anfängt, sauber zu machen, wird der Staub aufgewirbelt und vernebelt die Sicht. Manchmal sieht man nicht einmal mehr, wo man steht. So etwas findet jetzt im Geiste des Sadhakas statt. Die Kama Vasanas und Samsaras – die Eindrücke früherer Genüsse und besonders von Sex – die latent im Unterbewussten liegen, werden berührt, werden durch tiefe Meditation erschüttert und kommen nach oben auf die bewusste Ebene. Natürlich vernebeln sie sein Verständnis, stochern in seinem Bewusstsein und stören seinen Geist. Diese aufgestörten Kama-Vasanas und ihr Einfluss auf das Bewusstsein sind manchmal so stark, dass der Sadhaka nicht nur nicht an Gott denken kann, sondern auch anfängt zu zweifeln, ob er überhaupt zur Gotteserfahrung geeignet ist. In diesem befindet er sich jetzt. Dies lässt ihn zu Gott rufen, dass er seine vergangenen Fehler bereut und er betet um Sühne (Vergebung) und um das Herabkommen Seiner Gnade. Dieser Vers ist das Bekenntnis des Sadhakas vor Gott, was gleichzeitig eine Einstimmung auf Gott ist, die auch göttliche Gnade anzieht.