Swami Krishnananda:

Antwort auf deine Fragen

Kapitel 29

Die Schönheit der Gedanken

Mila aus Venezuela: In Deinem Buch „Chandogya Upanishad“ steht geschrieben, daß unsere Gedankenmuster schön sein müssen. Bedeutet dies, daß unsere spontanen Gedanken, die töricht erscheinen, schön sein sollten? Ist dies die wahre Bedeutung?

Swamiji: Was ist ein spontaner Gedanke?

Mila: Es ist der Gedanke, der unvorbereitet kommt.

Swamiji: Normalerweise sind spontane Gedanken nicht schön, da sie gefühlsbedingt oder zerstörerisch sind, bzw. durch Ängste hervorgerufen wurden. Dies sind für gewöhnlich die Gedanken, die die Menschen haben. Wie können solche Gedanken überhaupt schön sein?

Mila: Wie können wir solche Gedanken schöner machen?

Swamiji: Du mußt glauben, daß Deine Gedanken schön sind, dann werden sie es auch sein. Du mußt nur fest daran glauben, daß etwas wundervoll ist, dann wird es durch den Einfluß Deiner Gedanken genauso wundervoll sein, wie Du es siehst. Sag’ mir, was ist denn wundervoll? Was ist wirklich schön?

Mila: Die Einheit.

Swamiji: Einheit von was?

Mila: Gott in allen Menschen und in allen Dingen zu sehen.

Swamiji: Wenn Du Gott überall einpflanzen könntest, dann siehst Du in allem nur Gott. Du wirst nichts anderes sehen. Wenn Du in allem nur Gott und nichts anderes siehst, ist das ein wundervoller Gedanke. Kein anderer Gedanke könnte wirklich so wundervoll sein.

Mila: Aber, wie kann ein spontaner Gedanke schön sein?

Swamiji: In einem weit fortgeschrittenen Stadium der Meditation werden die spontanen Gedanken ebenfalls zu wundervollen göttlichen Gedanken, aber, der normale Mensch kann leider nicht immer an Gott denken. Dafür bedarf es großer Mühe. Meditation kostet am Anfang einige Mühe, denn normale Menschen denken nicht an Gott. Sie denken über ihre eigenen Probleme, Geschäfte usw. nach, und solche Gedanken können nicht schön sein. Aber, wenn Du nur zu spontanen göttlichen Gedankenoffenbarungen und keinen anderen Gedanken in der Lage bist, dann sind auch die spontanen Gedanken wundervoll. Ist es möglich, nur an Gott und an nichts anderes zu denken?

Mila: Nein.

Swamiji: Darum sind normalerweise die spontanen Gedanken auch nicht schön. Diese Gedanken sind auch nur halbe Gedanken oder Gedankensplitter. Nur göttliche Gedanken sind schön und kein anderer Gedanke kann letztendlich als schön bezeichnet werden.

Für alles, was als „schön“ bezeichnet werden soll, ist eine vollkommene Struktur erforderlich. Unvollkommenes kann nicht als schön bezeichnet werden. Darum frage ich Dich, wer ist in dieser Welt wirklich vollkommen? Sag’ es mir. Niemand ist vollkommen und darum ist auch niemand schön. Manchmal wird Gott in einem Ding reflektiert und wirkt darum wunderschön. Verstehst Du das? Obwohl nur Gott letztendlich schön ist, wirkt auch ein Ding, in dem Gott reflektiert wird, ebenfalls schön. Ein Kind ist schön und ein Heiliger ist schön, weil das Kind und der Heilige kein „Ego“ haben. Alles, was kein Ego hat, ist schön. Alles, was ein Ego hat, sieht häßlich aus. Die Natur Gottes hat kein Ego und wird sowohl in einem Kind als auch in einem Heiligen reflektiert, darum sehen beide schön aus. Dagegen sind die anderen Menschen, die sich dazwischen befinden und somit weder Kinder noch Heilige sind, nicht schön. Verstehst Du mich?

Mila: Ja.

Swamiji: Das ist sehr wichtig. Du bist weder ein Kind noch ein Heiliger und alles andere ist nicht gut. Du befindest Dich genau dazwischen, und das ist für die Schönheit nicht gut.

Mila: Ich befinde mich genau in der Mitte. Ich bin alt und auch nicht schön.

Swamiji: Bist Du denn ein Kind oder ein Heiliger? Was bist Du?

Bhavagrahi: Ein Kind.

Swamiji: Ein Heiliger?

Bhavagrahi: Ein Kind.

Swamiji: Wenn Du ein Kind bist, dann bist Du schön, weil ein Kind unschuldig, frei von Egoismus und Selbstbestätigung ist, so daß unter diesen Bedingungen das Selbst Gottes reflektiert wird. Gott kann auch in anderen Dingen dieser Welt reflektiert werden, vorausgesetzt, sie sind ohne Ego und unschuldig.

Es gibt wunderschöne Dinge in dieser Welt, wie zum Beispiel kleine Babys. Kleine Kinder sind wunderschön. Alle Kinder dieser Welt sind schön. Wenn sie jedoch heranwachsen und schließlich einen Bart tragen und ein Ego haben, dann sind sie nicht mehr schön. Ein Heiliger hat ebenfalls kein Ego. Er ist wie ein Kind und darum strahlt er auch so. Das bedeutet, daß Gott letztendlich wunderschön ist. Das Wesen von allem ist DAS und alles, was Gott reflektiert, ist ebenso wunderschön. Darum ist auch Dein spontaner Gedanke schön, wenn er diese Voraussetzungen erfüllt.

Mila: Können wir dies nur erreichen, wenn wir es ständig praktizieren?

Swamiji: Ja. Durch die Praxis des vollkommenen Denkens.

Mila: Ist das der einzige Weg, diese Art spontaner Gedanken zu erreichen?

Swamiji: Ja, durch die Praxis kann es erreicht werden. Es bedarf anfangs großer Mühe Deinerseits, um einen „Vollkommenen Gedanken“ aufrechtzuerhalten. Nur ein vollkommener Gedanke kann ein schöner Gedanke sein.

Mila: Was ist ein vollkommener Gedanke?

Swamiji: Ein vollkommener Gedanke schließt alles ein, nichts existiert außerhalb davon und nur Gott Selbst kann so vollkommen sein. DAS ist die SCHÖNHEIT.