Goraksha Shataka

 

Vers 90: Upadhi und Tattva

 

Das begrenzende Attribut beruht auf falscher Erkenntnis. Das Selbst ist anders (geartet, insofern es auf richtiger Erkenntnis beruht. Diese wiederum) vernichtet in Verbindung mit einer beständigen Übungspraxis sämtliche begrenzenden Attribute der Yogis.


    उपाधिरन्यथाज्ञानं तत्त्वं संस्थितमन्यथा |
    समस्तोपाधिविध्वंसि सदाभ्यासेन योगिनाम् || ९० ||


    upādhir anyathā-jñānaṃ tattvaṃ saṃsthitam anyathā |
    samastopādhi-vidhvaṃsi sadābhyāsena yoginām || 90 ||

    upadhir anyatha-jnanam tattvam samsthitam anyatha |
    samastopadhi-vidhvamsi sadabhyasena yoginam || 90 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

    upādhiḥ : das begrenzende Attribut (Upadhi)
    anyathā-jñānam : falsche ("anders als in Wirklichkeit", Anyatha) Erkenntnis, Wahrnehmung (Jnana)
    tattvam : das Selbst ("Sosein", Tattva)
    saṃsthitam : beruht auf, kommt zu Stande (Samsthita)
    anyathā : anders (Anyatha)
    samastopādhi-vidhvaṃsi : vernichtet (Vidhvamsin) sämtliche (Samasta) begrenzenden Attribute (Upadhi)
    sadābhyāsena : durch eine beständige (Sada) Übungspraxis (Abhyasa)
    yoginām : der Yogis (Yogin)

Anmerkung: Man könnte auch folgendermaßen übersetzen: "Das begrenzende Attribut (führt zu) falscher Erkenntnis (wörtl.: "ist" falsche Erkenntnis). Das Selbst ist anders (geartet, insofern es zu richtiger Erkenntnis führt und) in Verbindung mit einer beständigen Übungspraxis sämtliche begrenzenden Attribute der Yogis vernichtet." Mit der "beständigen Übungspraxis" (sadābhyāsena) ist wohl die Meditation auf das Selbst (tattvam) bzw. Nirguna Dhyana (vgl. Vers 85) gemeint.