Swami Krishnananda:

Antwort auf deine Fragen

Kapitel 63

Das Gleichgewicht der Natur

Spanischer Besucher: Es gibt so viel Leid und Kampf in der Welt; gerade jetzt im Augenblick findet ein Krieg aufgrund von Egoismus, Macht und Stolz statt....

Swamiji: Manchmal hat man Schnupfen, Bauchschmerzen und sogar Fieber; sind das gute oder schlechte Dinge? Diese Dinge kann man nicht als gut bezeichnen, doch warum geschehen sie, wenn sie nicht gut sind? Warum erbrechen die Leute manchmal? Warum geschieht das?

Diese Dinge geschehen aus demselben Grund wie auch jene Dinge geschehen, auf die Du Dich bezogen hast. Es handelt sich dabei um kosmische Verschiebungen aufgrund interner Anpassungen. All diese Dinge, wie Schnupfen, Bauchschmerzen, Fieber usw. sind erforderlich, damit der Körper sein Gleichgewicht bewahrt. Um sein gesundheitliches Gleichgewicht zu bewahren, macht der Körper bestimmte eigentümliche und schmerzhafte Erfahrungen. Warum sollte man andererseits unnötigerweise erbrechen usw. Sie dienen keinem besonderen Zweck, außer, daß die Natur auf diese Weise ihr Gleichgewicht dadurch bewahrt, indem sie bestimmte extreme Dinge stattfinden läßt, die das Gleichgewicht erhalten.

Wenn man zuviel ißt, führt dies zu Blähungen und Winden, die sich lösen. Was da geschieht ist nicht schlecht, aber auch nicht besonders schön, und dennoch ist es notwendig, um das gesundheitliche Gleichgewicht des Körpers zu erhalten. In dem man zuviel gegessen hat, hat man dem Körper etwas Extremes angetan. Wenn man im Regen spazierengeht, - wobei es sich ebenfalls um eine extreme Angelegenheit für den Körper handelt -, bekommt man Schnupfen und Fieber. Auch schläft man nicht gut, wenn man tagelang mit der Eisenbahn unterwegs war usw..

Kleine Unstimmigkeiten können durch kleine Maßnahmen wieder korrigiert werden. Ernsthafte Unstimmigkeiten führen zu umfangreicheren Handlungen. Unter bestimmten Bedingungen können auch Zerstörungen, Überschwemmungen, Erdbeben, Kriege und eine Massenvernichtung der Menschheit stattfinden, so als ob das System von einer ernsthaften Krankheit heimgesucht wurde, und der Körper nur dadurch zu retten ist, daß Glieder geopfert werden. Dies ist nicht weiter tragisch, weil dadurch die Natur ihr Gleichgewicht bewahrt. Es ist zwar schmerzhaft, aber notwendig.

Man muß die Dinge aus den Augen der Natur betrachten und nicht, wie der Mensch sie sieht. Man darf ein amputiertes Glied, das geopfert wurde, nicht nur vom Standpunkt des Gliedes aus betrachten. Obwohl es eine unerfreuliche Angelegenheit ist, muß man sich, um die Notwendigkeit der Amputation zu erkennen, in die Lage des Gesamtorganismus hineinversetzen. Auf diese Art und Weise sind manchmal unerfreuliche Dinge erforderlich.

Wir haben nicht die kosmische Sichtweise und können auch nicht wie die Natur denken. Nur das umfassende Auge der Natur selbst kann die wirkliche Notwendigkeit innerhalb der eigenen Struktur erkennen, die uns als Menschen einschließt, denn wir sind auch ein Teil dieser Natur. Wenn die Natur etwas für ihr eigenes Gleichgewicht unternimmt, so tut sie es zu ihrer Selbst­erhaltung, was gleichbedeutend mit dem Wohlergehen des „Ganzen“ ist; doch da wir als isolierte Individuen nicht wie die Natur in ihrer Vollkommenheit denken können, empfinden wir das, was geschieht, als merkwürdig, denn es berührt uns sehr.

Die Natur unternimmt niemals etwas Schlechtes. Für die Natur gibt es kein „Schlechtes Verhalten“. Es sieht manchmal unfreundlich aus, da wir uns psy­chologisch gesehen außerhalb der Natur befinden. Wenn wir EINS mit der Natur sind, können wir feststellen, daß nichts Unrechtes geschieht. Wir betrachten die Natur jedoch von außen. Wir sind voreingenommen und können die Dinge aus diesem Grunde nicht richtig sehen.

Amerikanischer Besucher: Mit Beginn der Zeitrechnung sind uns Kriege, Hunger usw. bekannt, und die Natur bestimmt dabei die Richtung. Könntest Du erläutern, wie die Natur ihren Einfluß geltend macht?

Swamiji: Obwohl ich es bereits erklärt habe, stellst Du wieder die gleiche Frage. Welcher Punkt ist Dir noch nicht klar geworden? Wir sind ein Teil der Natur. Jeder von uns ist ein Teil der Natur. Wir alle sind Teile der Natur. Ist das für Dich verständlich? Jeder sollte sich im Einklang mit der Natur als „Ganzes“ und nicht in Disharmonie mit dem „Ganzen“ befinden; ansonsten wird das „Ganze“ etwas gegen diesen Teil unternehmen, und das ist es, was Du mit Deinen eigenen Augen siehst, und was ich im Einzelnen bereits geschildert habe.

Wir sind mit der Natur und gleichzeitig mit Gott Selbst in Disharmonie. Die Natur verabscheut unseren Anspruch auf Individualität. Kein Glied des Körpers kann sich völlig unabhängig und unharmonisch mit dem Organismus bewegen, sonst entstehen Schmerzen und viele Krankheiten sind die Folge. Diese Krankheiten werden durch die Handlungsweise der Natur wieder in Ordnung gebracht; diese Handlungsweise mag eine bittere Medizin oder ein chirurgischer Eingriff sein, was es dann auch tatsächlich ist, denn all diese Ereignisse, die Du siehst, finden wirklich statt. Es kann sich dabei um Gewitter, Überschwemmungen oder sonst irgend etwas handeln; die Natur macht, was auch immer ihr sinnvoll erscheint.

Wenn Du EINS mit dem vollkommenen „Ganzen“ bist, wirst Du Dich über nichts beklagen, was in Dir stattfindet, und auf die gleiche Weise wirst Du Dich auch über nichts beklagen, was sich in der Welt ereignet. Du wirst Dich auch nicht mehr über Dich selbst beklagen, denn Du kennst den Grund dafür. Du beklagst Dich nicht, weil Du einfach erkennst, daß es gerechtfertigt ist. Wenn Du EINS mit der Natur bist, mit Ihrem Verstand denken und mit den Augen der Natur sehen kannst, wirst Du Dich über nichts mehr beklagen. Im Augenblick sind wir dazu nicht in der Lage, denn wir denken in egoistischer Weise und verstehen darum nicht, was geschieht. Das niedrigere „Ganze“ muß deshalb dem höheren „Ganzen“ geopfert werden.