Svarnakesa

Es lebte einst ein Mahatma (‘große Seele’) in einem wunderschönen Tal im Himalaya. Er besaß eine kleine Grashütte am Ufer des Bhagiranthi Flusses. Er war zufrieden mit dem was er zufällig bekam und lebte ein glückliches Leben in göttlicher Zwiesprache. Eines schönen Morgens nun kam ihm der Gedanke, er könne seine Einsamkeit im Himalaya verlassen. Er wollte in die Ebene gehen, von Ort zu Ort wandern und das Leben eines Bettelmönchs führen. Und so ging er in die Ebene. Die Menschen waren von seiner anziehenden geistigen Aura tief bewegt. Er beeindruckte sie nicht nur mit seinen Taten, Reden und Ratschlägen, sondern sein anmutiger Charakter zog alle an.

Inzwischen hatte er auch einen wunderschönen Bart und wehendes goldfarbenes Haar. Daher wurde er als Svarnakesa bekannt. Wie nun der Swami seinen Weg durch die Ebene machte kam er eines Tages durch ein Dorf. Weinend kam eine Frau zu ihm, die ein Kind in den Armen hielt. Sie erzählte die furchtbare Geschichte, dass sechs ihrer Kinder eins nach dem anderen gestorben seien und flehte den Mahatma an ihr siebtes Kind, das schwer an Fieber erkrankt war, zu retten. Swami Svarnakesa hatte Mitleid mit der Frau und tröstete sie. Dann riss er sich ein Haar vom Kopf und sagte: „Oh ehrwürdige Frau! Nimm dieses Haar. Halte es in Ehren und dein Kind wird gesund sein.“ Die Frau verabschiedete sich freudig von dem Mahatma. Durch die Gnade Gottes wurde ihr Kind bald gesund. Diese gute Nachricht verbreitete sich schnell überall und der Mahatma wurde sehr berühmt. Die Bürger der Städte und Dörfer der ganzen Gegend wussten bald, dass es einen Mahatma gäbe, der mit seinen magischen Haaren die Krankheiten der Kinder heilen konnte.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Anzahl der Verehrer, die ihn besuchten wuchs ständig an. Tausende von Frauen kamen zu ihm, damit er ihre Kinder segne. Bei allen riss sich der Mahatma ein Haar aus und segnete den Patienten mit einer sicheren Genesung. Die Zahl der Patienten wuchs von Tag zu Tag an. Es gab einen regelrechten Ruf nach den Haaren des Mahatma. Svarnakesa wurde mit der Menge nicht fertig. Die Menschen wollten nicht mehr warten bis der Mahatma sein Haar ausgerissen hatte. Schließlich bekam ihn der aufgeregte Mob zu fassen und riss ihm alle Haare aus, eins nach dem anderen. Obwohl der Mahatma vor Schmerzen schrie, achteten die Menschen, die nur besorgt waren, Heilung für ihre Krankheiten zu erhalten, nicht auf seine Qualen, bis schließlich der arme Svarnakesa mit Verletzungen am ganzen Körper seinen letzten Atemzug tat.

Ein spiritueller Schüler sollte nicht hinter Namen und Ruhm herlaufen. Er sollte nicht hinter Kräften her laufen. Durch die Lüfte fliegen, Salpetersäure trinken, Nägel schlucken, über glühendes Feuer laufen, in aller Öffentlichkeit in Samadhi (Zustand des Überbewusstseins) eintreten, sich für vierzig Tage lebendig begraben lassen – das sind nicht die wahren Prüfungen eines Jivanmukta (zu Lebzeiten Befreiter) oder Siddha (ein vollendeter Yogi). Ein Yogi ist nicht jemand, der wundersame Kunststücke zeigt. Ein Siddha (ein vollendeter Yogi) oder Mahatma wird nicht nur durch das Tragen eines Lendenschurzes oder das Wohnen in eiskalten Gegenden, das Essen von Niemblättern (übelreichende Blätter des Niembaumes) oder dem Leben von Luft und Wasser alleine geprüft.

Die wahre Prüfung eines Mahatmas liegt in dem Frieden, den er ausstrahle, die Freude und die Wonne die er den Menschen in seiner Umgebung mitgibt. Das Gute, das er für die Menschheit tut, den Frieden und die Wonne, die er selbst genießt, das Fehlen von Zorn, Begierde, Gier und Sehnsucht nach Namen und Ruhm, Gleichmut bei Erfolg und Versagen, Heiterkeit, ungetrübte Seligkeit, Freiheit von Kummer und Sorgen – daran an diesen hervorragenden Qualitäten, erkennst du einen Mahatma. Ein Mahatma ist ein Kalpa Vriksha (der Baum der alle Wünsche erfüllt). Er gibt alles seinen Anhängern. Die Größe seiner Macht hängt von dem Ausmaß seiner Hingabe ab. Ein Mahatma ist ein Chintamani (ein Stein der alle Wünsche erfüllt). Man kann alles und jedes von ihm bekommen. Bereite dich vor. Reinige dich. Mache dich leer. Er wird dich dann mit Erkennen, Licht, Freude, Wohlstand, Unsterblichkeit und Wonne füllen. Möge der Segen der Mahatmas immer auf dir ruhen! Mögest du gesegnet sein und ihre Gnade erhalten!