Die großen Meister geben verschiedene Begründungen, warum es doch nicht so einfach und schnell geht, die höchste Verwirklichung zu erreichen. Ich nenne gerne 3 Hauptfaktoren, welche den Fortschritt verlangsamen und welche erklären, warum alles, was man im ganzheitlichen Yoga macht, so wichtig ist.
Diese 3 Faktoren sind Chitta, Mangel an Ojas und Karma.
Chitta, der menschliche Geist, im engeren Sinne das Unterbewusstsein: Die Identifikationen mit Körper, Persönlichkeit etc. sind tief im Unterbewusstsein verankert. Das erschwert das Transzendieren der Ego-Verhaftung. Es gilt daher, schlummernde innere Konflikte, verdrängte innere Spannungen, an die Oberfläche des Bewusstseins zu holen und sie aufzuarbeiten. Es gilt, durch uneigennützigen Dienst, über die Grenzen des Ego hinauszuwachsen. Auch durch Gottesverehrung und Aufbau einer Beziehung zu einem persönlichen Gott wird das Herz geöffnet. Durch verschiedene Raja Yoga -Techniken erlangt man Konzentrationsfähigkeit des Geistes. So kann im Überbewusstsein (Samadhi) die Einheit mit dem Unendlichen erfahren werden bzw. wird der bewusste Geist so klar, dass er seine Einheit mit Brahman erkennen kann.
Mangel an Ojas: Ojas ist die spirituelle Energie, eine subtile Form von Prana (Lebensenergie). Solange Prana, die Lebensenergie bzw. die individuelle Shakti (Energie) sehr grobstofflich ist und nur in den unteren Chakras (Energiezentren) aktiv ist, identifiziert sich das Individuum mit Körper und Psyche. Erst wenn das Prana subtiler, also in Ojas verwandelt worden ist, die Kundalini Shakti erweckt und die höheren Chakras aktiviert worden sind, fällt Samadhi, das Überbewusstsein, leicht.
Daher gilt es, regelmäßige spirituelle Praktiken zu üben, welche das grobstoffliche Prana in feinstoffliches Prana, Ojas, verwandeln. Dazu gehören z.B. Asanas (Yogastellungen), Pranayama (Atemübungen), Mantra-Singen, Meditation. Ein sattwiger („reiner“) Lebensstil unter Verzicht auf Fleisch, Fisch, alkoholische Getränke, Tabak, Drogen ist dafür auch von großer Bedeutung. Und es ist wichtig, die spirituellen Praktiken über einen langen Zeitraum, ohne Unterbrechung (also täglich) und mit aufrichtiger Hingabe zu üben. Wenn man die Praktiken ein paar Tage oder gar Wochen unterbricht, verliert man einen großen Teil des Ojas, das so wichtig für den Zugang zu tieferen Ebenen der Meditation ist.
Viele Suchende erfahren, dass sie jahrelang, manchmal sogar 20-30 Jahre, üben, dabei natürlich viel Nutzen erfahren wie Entspannung, Positivität, Gesundheit, spirituelle Kraft, aber nicht in Samadhi fallen. Und eines Tages, fast aus heiterem Himmel, kommt Samadhi fast von selbst. Wenn erst einmal ein gewisser Level an Ojas erreicht ist, Chitta harmonisch geworden ist (s.o.), Karma ausreichend ausgearbeitet worden ist und man sich für göttliche Gnade öffnet, kommt Samadhi ganz natürlich.
Unausgearbeitetes Karma: Solange man noch viel unausgearbeitetes Karma hat, versperrt es dem Suchenden den Zugang zu den höheren Ebenen des Bewusstseins. Dieses unausgearbeitete Karma ist wie eine Last, die auf einem liegt. Man kann sagen: Meditation und Samadhi sind wie eine Heißluftballonfahrt. Damit der Ballon sich erheben kann, muss Luft erhitzt werden, Leinen müssen losgelassen werden, das Gewicht im Ballon darf nicht zu schwer sein. Die Anhaftungen im Chitta sind wie die Leinen. Das unausgearbeitete Karma ist wie schweres Gewicht. Es gilt, die Leinen zu lösen, mehr Karma auszuarbeiten, um weniger Gewicht zu haben und mittels spiritueller Praktiken das Prana zu erhitzen, in Ojas umzuwandeln. Dann kann sich der spirituelle Ballon erheben, Samadhi kann erfahren werden.
Das unausgearbeitete Karma (Sanchita Karma) ist wie eine Last, welches mittels spiritueller Praxis aufgelöst werden soll.
Was gibt es jetzt alles für unausgearbeitetes Karma, Sanchita Karma?
Im Sanchita Karma gibt es 3 Arten von Karma-Bestandteilen:
1. Allgemeine Lernaufgaben
Leben ist vergleichbar mit einer Schule. Wer z.B. in einer Industrienation auf die Welt kommt, muss Lesen, Schreiben, Rechnen lernen, Grundkenntnisse in Geschichte, Erdkunde, etc. erwerben. Wenn ein Schüler die Lektionen alle gelernt hat, kann er die Schule verlassen. Manche Schüler brauchen dafür länger, manche weniger lang. Ähnlich heißt es, dass jedes Individuum im Laufe all seiner Leben jede wichtige menschliche Erfahrung machen muss. Erst wenn die individuelle Seele alle wichtigen menschlichen Erfahrungen gemacht hat, all ihre Fähigkeiten entfaltet hat, kann sie Zugang zu höheren Bewusstseinsebenen erlangen.
2. Individuelles Karma
Durch eigenes Handeln (Agami Karma) kann die individuelle Seele zusätzliches Karma erzeugen. Das ist vergleichbar mit Strafarbeiten, welche ein Schüler bekommt, wenn er/sie sich im Unterricht nicht gut verhalten hat oder Sonderaufgaben, wenn er/sie sich als besonders talentiert gezeigt hat.
3. Lebensaufgabe/Pflichten/“Life’s Mission“
Ein Individuum kommt auf die Welt, um seinen besonderen Beitrag für die Menschheit zu leisten. Diesen Beitrag, diese Lebensaufgabe/n gilt es zu erkennen und zu erfüllen.
MP3-Vortrag von Sukadev zum Thema: Ausarbeitung von Karma:
Um Karma auszuarbeiten und die Menge an Sanchita Karma zu verringern, sind daher 3 Aspekte von Belang:
Im Folgenden möchte ich auf die 5 Gesetze des Karmas eingehen. Anschließend werde ich Karma Yoga behandeln, den Yoga des anhaftungslosen, engagierten Handelns, mit dem man sich von den Banden des Karmas und damit von den Leid verursachenden Anhaftungen lösen kann.
Mehr über Karma erfährst du in speziellen Seminaren von Yoga Vidya »