Samadhi Yoga

Kapitel 6: Göttliche Eigenschaften

1. Wahrheit

Würde man fünftausend Rajasuya Yagas263 auf einer feinstofflichen Waage gegen Satya (die Wahrheit) abwiegen, so wöge die Wahrheit ohne jeden Zweifel mehr. Aus diesem Grund heißt es in den Shrutis (Schriften):

   satyameva jayate nanritam

Allein die Wahrheit triumphiert, nicht die Falschheit“.[Mundaka-Upanishad 3.1.6]

Selbst Yudhishthira264 musste die Hölle sehen als er einmal eine Lüge erzählte – eine geschickt verdrehte, verzerrte Wahrheit.

Schüler sollten aufrichtig danach streben, zu jeder Zeit die Wahrheit zu sagen. Wenn sie fest in der Wahrheit verankert sind, werden ihnen alle anderen Tugenden von selbst zufallen. Brahman ist die Wahrheit und indem man die Wahrheit spricht, kann man es erkennen. Selbst manche Sadhus und Sannyasins lügen wegen nichtiger Dinge, um ihr Ansehen und ihre Position zu wahren und von der Gesellschaft mit Respekt belohnt zu werden. Das ist ein schrecklicher Fehler. Menschen im Berufs- und Familienleben kann man noch zu einem gewissen Grad entschuldigen, aber für Sadhus und Sannyasins kann es niemals Nachsicht geben. Wenn der Geist unrein ist, kann man die Verwirklichung nicht erlangen, selbst wenn man täglich 20 Stunden meditiert.

Die Falschheit kam als erstes durch das Haus eines Anwaltes. Dann zog sie weiter zum Laden des Goldschmieds. Dann marschierte sie geradewegs weiter in den Laden des Stoffhändlers.

Eine durch eine Lüge verdeckte Lüge führt zu weiteren Lügen. Eine Sünde die mit einer anderen kaschiert wird, führt zu neuer Sünde. Gute wie schlechte Taten tragen stets ihre Früchte. Ein tugendhafter Mensch, der immer Gutes tut, ohne sich davon Früchte zu erwarten, wird schnell zum Brahma Jnani265 bzw. zum Jivanmukta (in diesem Körper Befreiter).

Die Angewohnheit, zu lügen, geht Hand in Hand mit der Angewohnheit, zu stehlen. Manche Schüler lügen selbst in belanglosen Dingen. In manchen Menschen ist die Gewohnheit zu lügen schon fest verwurzelt. Wenn der Lehrer den Schüler fragt: „Oh Ram, hast du heute Morgen schon deine Chinin-Mixtur eingenommen?“ antwortet er: „Ja, Swamiji, ich habe sie schon genommen.“ Ram lügt wegen einer so unbedeutenden Sache und wenn näher nachgeforscht wird, stellt sich heraus, dass er ein Lügner ist.

Viele Aspiranten stellen sich als große Yogis hin, wenn sie nichts als ein paar Asanas (Körperstellungen) und Mudras (Hand-/ Fingerstellungen) kennen und das „Vichara Sagara“ und die „Panchadashi“ gelesen haben. Das ist auch ein großes Hindernis auf dem Weg.

Ein weltlicher Mensch, ein Moralist und ein spiritueller Mensch haben unterschiedliche Auffassungen davon, was Wahrheit ist. Wenn A B fragt: „Bist du verheiratet?“ und B antwortet „Ich bin Junggeselle“, obwohl er eigentlich verheiratet ist, ist das für einen weltlichen Menschen eine Lüge. Und wenn er antwortet „Ja, ich bin verheiratet“, dann ist es wahr. Ein Moralist achtet auf die Wirkung der Wahrheit. Wenn jemand das Leben vieler Unschuldiger retten kann, indem er lügt, ist das für einen Moralisten Wahrheit, denn die Unwahrheit hat das größte Wohl bewirkt. Wenn die Wahrheit für viele Menschen zu größerem Schaden führen würde, ist das für einen Moralisten die Unwahrheit. Für einen spirituellen Menschen ist Brahman die Wahrheit und diese Welt ist nicht wirklich.

Auch nur zum Spaß zu lügen ist negativ. Über andere zu tratschen, selbst wenn es humorvoll gemeint ist, ist negativ. Lass von diesen zwei negativen Gewohnheiten ab. Dann wirst du in der Gesellschaft leuchten. Man wird dich hoch achten.

Sage zu niemandem etwas und tue keinem etwas, das dir selbst nicht gefallen würde.

Wenn man sich darin übt, stets die Wahrheit zu sagen, wird das Antahkarana266 von seinem Schmutz gereinigt. Es erstrahlt wie ein sauberer Spiegel und reflektiert die Gestalt Gottes mit großem Glanz.

Sei der Wahrheit ohne Unterlass verpflichtet. Sei bereit, alles für sie aufzugeben. So wirst du einen starken Willen entwickeln. Du wirst furchtlos. Du beziehst immense Stärke und großen Mut vom Atman, dem höchsten Selbst, in dir. Du wirst Selbstverwirklichung erlangen.

Ein Mensch, der seine eigenen Fehler so genau sehen kann wie die Fehler, die er bei anderen wahrnimmt, wird sich rasch zu einer großen Seele entwickeln.

Brüte nicht über vergangene Fehler oder Misserfolge. Das erfüllt deinen Geist nur mit Schmerz, Bedauern und Niedergeschlagenheit. Wiederhole sie einfach in der Zukunft nicht mehr. Sei vorsichtig. Denke einfach an die Umstände, die zu Fehlschlägen geführt haben, und versuche sie in Zukunft auszuschalten. Sei wachsam und umsichtig. Stärke dich. Bewaffne dich mit neuer Kraft und neuen Tugenden. Entwickle langsam deinen Willen. Dann wirst du bei allem, was du unternimmst, erfolgreich sein.

Jeder Fehler bringt seine eigene Lektion mit sich. Fehler sind unsere Gurus. Verbessere deine Unzulänglichkeiten. Schau nicht nach den Fehlern anderer. Das geht dich nichts an. Alle entwickeln sich. Gott allein kennt das Stadium, in dem sich jeder auf dem Entwicklungsweg befindet.

2. Ahimsa (Nichtverletzen)

Ahimsa ist eine wunderbare Eigenschaft des Herzens. Sie ist eine seltene Tugend. Sie verwandelt einen Menschen in etwas Göttliches. Wer in Ahimsa aufgegangen ist, ist Gott selbst. Alle Devas267 und die ganze Welt huldigen ihm. Die Kraft von Ahimsa ist stärker als die Kraft des Intellektes. Es ist einfach, den Intellekt zu entwickeln, aber das Herz zu entwickeln ist schwierig. Ahimsa zu üben entwickelt das Herz auf wundervolle Weise.

Ahimsa ist höchste Liebe. Ahimsa ist Seelenkraft. Ahimsa zu üben bedeutet, göttliches Leben zu üben. Hass schmilzt in der Gegenwart von Liebe. Hass schmilzt in der Gegenwart von Ahimsa. Es gibt keine größere Kraft als Ahimsa. Ahimsa zu üben macht dich furchtlos. Wer voller Vertrauen Ahimsa praktiziert, kann die ganze Welt verändern, wilde Tiere bändigen, die Herzen aller gewinnen und seine Feinde besiegen. Er kann Dinge geschehen lassen und Dinge auflösen. Die Kraft von Ahimsa ist unbeschreiblich. Ihr Ruhm ist unaussprechlich. Ihre Großartigkeit ist unergründlich. Die Kraft von Ahimsa ist wunderbarer und feiner als Elektrizität oder Magnetkraft.

Ahimsa ist Mahavrata268, das große universelle Gelübte. Es sollte von allen Menschen in allen Ländern gelebt werden. Sie betrifft nicht nur die Hindus oder Inder. Jeder Mensch, der die Wahrheit erkennen möchte, muss Ahimsa praktizieren. Welchen Schwierigkeiten du auch immer begegnest, welche Verluste du erleiden musst, du darfst Ahimsa nicht aufgeben. Herausforderungen und Schwierigkeiten werden mit Sicherheit deinen Weg kreuzen, um deine Kraft auf die Probe zu stellen. Du solltest unerschütterlich bleiben. Nur dann wirst du mit Sicherheit von Erfolg gekrönt sein.

Ahimsa ist keine Strategie. Sie läuft nicht mechanisch ab. Sie ist die grundlegende Eigenschaft derer, die nach der Wahrheit streben. Ohne Ahimsa ist keine Selbstverwirklichung möglich. Es wird dir allein durch das Praktizieren von Ahimsa möglich sein, das Höchste Selbst, Brahman, zu erfahren und zu erreichen. Für wen Ahimsa nur eine Strategie darstellt, der wird oft versagen. Er wird auch versucht sein, Gewalt anzuwenden; wer sich hingegen streng an das Gelübde der Gewaltlosigkeit als grundlegendes Prinzip des Yoga hält, wird niemals Gewalt in Erwägung ziehen.

Die heiligen Schrifte - vor allem das "Mahabharata" - betonen sttes und mit Autorität:

     ahimsa paramo dharmah

"Nichtverletzen ist die höchste Pflicht."

Gedenke der weisen Worte von Bhishma dem Großen:

     prana-danat param danam na bhutam na bhavishyati

"Es gab nie ein größeres Geschenk und wird nie ein größeres Geschenk geben als das Leben.“

Ahimsa, den höchsten Dharma, in deinem täglichen Leben umzusetzen, wird dir helfen, innere spirituelle Stärke, geistigen Frieden und die Erkenntnis der Wahrheit zu erlangen.

Ahimsa ist keine Waffe der Schwachen, sondern der Starken. Sie ist kein Schutzschild für Weichlinge, sondern für Mächtige. Sie ist wirklich aus härterem Holz geschnitzt. Übe sie voller Achtsamkeit und Umsicht im Alltag. Du magst bei deinen Versuchen hundert Mal versagen, doch du wirst auch Kraft aus deinen Versuchen ziehen, sie umzusetzen. Pausenloses Üben, angestrengtes Bemühen und strenge Disziplin von Geist, Sprache und Körper sind vonnöten. Du erreichst den vollkommenen Zustand von Ahimsa, wenn du weder in Gedanken, Worten noch Taten Gewalt benutzt.

Ahimsa ist ein Weg zum Ziel. Das Ziel ist die Erkenntnis der Wahrheit. Der Weg ist genauso wichtig wie das Ziel. Wenn du dich um den Weg kümmerst, wirst du früher oder später das Ziel erreichen müssen. Halte dir das Ideal Ahimsa stets vor Augen und halte beharrlich an ihm fest. Am Anfang magst du immer wieder stolpern und fallen, wenn du versuchst, dein Ideal zu leben. Doch schließlich wirst du im vollkommenen Zustand von Ahimsa verankert sein und die höchste, die einzige Wahrheit erlangen. Wenn du diese eine Tugend - Ahimsa - entwickelst, werden alle anderen Tugenden von selber an dir haften. Alle sündhaften schlechten Handlungen geschehen unter dem Einfluss von Ärger. Man kann den Ärger leicht bezwingen, indem man Ahimsa praktiziert. Wenn der Ärger unter deiner Kontrolle ist, kannst du keine schlechten Taten begehen und wirst höchsten Frieden genießen.

Das Gesetz von Ahimsa ist so präzise wie das Gesetz der Schwerkraft. Du musst wissen, wie du es intelligent und mit wissenschaftlicher Genauigkeit benutzt. Wenn du es mit Genauigkeit und Präzision anzuwenden vermagst, kannst du Wunder wirken. Dann kannst du die Elemente und die ganze Natur beherrschen. Das gesamte Geheimnis der Natur wird dir offenbart werden, wie die Amalaka-Frucht269 auf deiner Hand.

In den heiligen Büchern der Jains wird betont, dass man ein Lebewesennicht zerstören und auch niemanden zum Töten bewegen darf (z.B. Schlachter, Jäger etc.) - wer dies befolgt, wird von allem Elend befreit. Man soll weder in Gedanken, Worten noch Taten ein anderes Lebewesen verletzen, ob es sich bewegt oder nicht. Lebewesen, die sich bewegen sind Tiere, Menschen, Feuer und der Geist. "Unbewegliche" Lebewesen sind die Erde, das Wasser und die Pflanzen. Ein weiser Mensch sollte sich nicht fehlerhaft gegenüber Erde, Wasser, Feuer etc. verhalten, noch sollte er anderen dieses gestatten. Berauschende Getränke, Fleisch, Honig und die Früchte von Bäumen mit milchigem Saft sollten von allen stets vermieden werden, die gut und entschlossen sind, alle beweglichen Lebewesen zu schützen. Wenn man sich vegetarisch ernährt, ist die Schuld kaum von der Größe eines Atoms und kann durch Buße ausgeglichen werden. Fleisch zu essen jedoch birgt Schuld von der Größe des Berges Meru, des Königs der Berge, und kann ob seiner Größe nicht ausgelöscht werden.

“Der Pfad von Ahimsa ist sehr schmal, doch wenn du aufrichtig praktizierst, kannst du ihn mit Leichtigkeit bereisen, da du unweigerlich auf jedem Schritt die göttliche Gnade erfährst. Der innewohnende Gott wird dir Rückendeckung geben und dich allzeit führen. Du magst nicht in zwei oder drei Monaten mit deiner Ahimsa-Praxis vollkommen erfolgreich sein. Aber durch beständige, achtsame Anstrengung wirst du dich in Ahimsa verankern. Diese Praxis wird dir zweifelsohne nicht leicht fallen. Du wirst sie jedoch durch endlose Geduld und Vergebung entwickeln. Der Pfad von Ahimsa ist wie eine Klinge, wie ein Rasiermesser. Es ist als ob man auf der Schneide eines scharfen Schwertes wandelt. Wenn du nicht aufpasst, verletzt du dich ernsthaft, doch wenn du achtsam bist, wirst du unausweichlich Unsterblichkeit erlangen. Du musst wahrlich einen hohen Preis bezahlen, wenn du ewiges Leben und endlose Wonne haben möchtest.

Absolute Ahimsa ist selbst für den bewusstesten Sannyasin ein Ding der Unmöglichkeit. Es ist unvermeidbar, dass man beim Gehen, Sitzen, Essen, Atmen, Schlafen, Trinken etc. zahllose Kreaturen tötet. (Man kann wohl kaum einen einzigen „Nicht-Verletzer“ in der Welt finden).

Shri Vasishta zeugte Söhne ohne jegliche Leidenschaft. Du kannst den erhöhten Bewusstseinszustand großer Seelen nicht nachvollziehen. Sie bleiben unberührt, unbetroffen. Sie führen verschiedene Handlungen aus und zeugen Kinder für Loka Sangraha (Dienst in der Welt).

Shri Krishna sagt:

     yasya nāhaṃkṛto bhāvo buddhiryasya na lipyate
     hatvāpi sa imām̐llokān na hanti na nibadhyate

„Wer frei von egoistischen Beweggründen ist, wessen Geist unberührt beliebt, der tötet nicht, auch wenn er scheinbar tötet, und ist unge- bunden.“[BhG 18.17]

Normalerweise beurteilen weltlich orientierte Menschen andere von ihrem eigenen Standpunkt aus. Und auch sie sagen: „Wir zeugen Nachfahren und töten für Loka Sangraha.“ Das ist eine große Täuschung und ein schwerer Fehler. Selbst wenn sie eine Ziege schlachten, um ihren eigenen Gaumen zu erfreuen, zitieren sie dafür die Schriften:

     nainaṃ chindanti śastrāṇi nainaṃ dahati pāvakaḥna
     cainaṃ kledayantyāpo na śoṣayati mārutaḥ

„Keine Waffe kann Es spalten, Feuer brennt Es nicht, und Wasser macht Es nicht nass, ebenso wenig trocknet Wind Es aus.“ [BhG 2.23]*

*Anm.: Die Elemente beherrschen nur die dreidimensionale irdische Welt, nicht die spirituelle Wirklichkeit. Egal, welche Kräfte von den Elementen ausgehen, das unsterbliche Selbst (die individuelle Seele) kann nicht davon berührt werden. Es bleibt immer und ewig gleich.

Was ist das für eine "kluge" Philosophie? Es gibt viele Anhänger dieser Lehre. So auch Virochana, der König der Asuras, und Charvaka, einen Dämon und Freund von Duryodhana (Arjunas Gegner in der "Bhagavad-Gita").

Wenn du Gewaltlosigkeit praktizieren willst, musst du dich - in höchstem Maße - in Selbstkontrolle üben. Selbst unter größter Provokation musst du den Geist ruhig halten können, deine Impulse absolut im Griff haben. Ahimsa ist keine rein mechanische Übung. Sie ist eine wunderbare Herzenseigenschaft, die einen Menschen in einen wahren Heiligen verwandeln kann. Übe Ahimsa in Gedanken, Worten und Taten. Gewaltlosigkeit in Gedanken und Worten ist wichtiger, als sie in Taten zu praktizieren. Wer über seine Gedanken Kontrolle hat und kosmische Liebe entwickelt hat, wird Ahimsa erfolgreich in Gedanken, Worten und Taten ausüben können. Es dauert lange Zeit, bis man in Ahimsa wirklich aufgeht. Geduld und unentwegte Anstrengungen sind dafür nötig. Ahimsa ist in Wahrheit die Methode, mit der man den Egoismus tötet. Wer sie praktiziert wird zu einem Felsen und entwickelt wunderbare Willensstärke.

Nur gewöhnliche Menschen glauben, dass Ahimsa bedeutet, kein Lebewesen physisch zu verletzen. Das ist nur die grobe Variante von Ahimsa. Der Vorsatz von Ahimsa wird schon damit gebrochen, dass man einem anderen gegenüber Verachtung zeigt, gegen jemanden unberechtigte Abneigung und Voreingenommenheit entwickelt, über einen Mitmenschen die Augenbrauen hochzieht, jemanden beschimpft, hasst, schlecht von jemandem redet, lästert und diffamiert, hasserfüllte Gedanken ansammelt, Lügen verbreitet oder einen anderen in irgendeiner Art und Weise ruiniert.

Es ist bloße Dummheit zu glauben, dass du vom Rest der Welt getrennt bist. Du existierst mit allem. Oh Vishva Ranjan! Wenn du ein anderes Wesen verletzt, verletzt du dich selbst. Wenn du Chandalas Liebe entgegenbringst, liebst du dich selbst. Trennung ist Tod. Einheit ist ewiges Leben.

Böses Blut beendet man nicht mit bösem Blut, sondern mit Liebe. Wenn wir schlecht über andere denken, verletzen wir uns selbst. Wenn wir andere lieben, lieben wir uns selbst. Verstehe das große Gesetz und seine Wirkungsweise. Dann wirst du glücklich sein. Es ist ein sehr subtiles Gesetz.

Richte keinerlei Art von Zerstörung an.

Wenn du geistig sündigst, wenn du jemanden geistig verletzt, wirst auch du mental leiden. Aktion und Reaktion sind gleich stark und gleichartig. Wenn du jemanden mit Worten verletzt, wirst du auch durch Worte verletzt werden. Jemand mag dich beschimpfenund herabwürdigen. Wenn du jemandem physischen Schaden zufügst, wirst du auch physischen Schaden erleiden. Verstehe dieses Naturgesetz. Verletze nie jemanden in Gedanken, Worten oder Taten. Tue stets Gutes. Dann erlangst du höchsten Frieden und ewiges Glück.

Ein weltlich ausgerichteter Mensch strebt danach, von der Welt gelobt und geliebt zu werden und versucht, Kritik auszuweichen. Er denkt und handelt so, dass alle ihn loben sollen. (Auch das ist eine unreine Vasana, Loka Vasana genannt). Geht das? Nein. Niemals. Niemand kann der ganzen Welt gefallen. Kennst du die Geschichte vom alten Mann, seinem Sohn und dem Esel? Du kannst den Hahn eines Kessels zudrehen, aber die Welt mit ihren vielen Zungen bringst du nicht zum Schweigen. Einige werden dich loben und andere dich kritisieren. Sei gleichmütig, sei geistig ausgeglichen. Stehe über Lob und Tadel. Behandle Lob wie Schweinekot oder wie Gift. Erlange den Nirwana-Zustand. Nur dann kannst du immer glücklich sein. Nur dann kannst du wahrhaft voller Frieden und voller Freude sein.

Die Leute haben selbst Rama und Sita, Shiva und Gott Krishna nicht verschont. Sie reden schlecht von diesen göttlichen Wesen. Sie stigmatisieren sie. Wenn sie schon Götter so behandeln, was kann man dann von ihrem Verhalten Menschen gegenüber erwarten?

Ein Weißer hasst einen Schwarzen und anders herum. Ein Samajist mag keinen Sanatanisten und umgekehrt.271

Ein Inder aus dem Norden kann die Inder aus dem Süden nicht leiden und umgekehrt. Einem Shaiviten (Anhänger Shivas) sind die Vaishnaviten (Anhänger Vishnus) ein Dorn im Auge und anders herum. Ein Protestant mag keinen Katholiken und andersherum. Der Mensch besitzt eine angeborene Neigung dazu, seinen Geburtsort, sein Land, seine eigene Familie, seinen Klan, seine Art der spirituellen Praxis, seine Religion und seine eigene Sprache zu loben und die anderer zu kritisieren. Das ist aus Unwissen geborene Kleinmütigkeit. Wenn das Herz des Menschen sich durch spirituelle Entwicklung ausdehnt, wenn er das Wissen vom Selbst erlangt, vergehen diese Vasanas. Siehst du, in welch einen entarteten und bedauernswürdigen Zustand der Mensch aufgrund des Einflusses der Vasanas gelangt ist? Und doch versucht er immer noch nicht, diese Vasanas zu zerstören. Er hält an ihnen wie ein Blutegel fest und glaubt, stets auf dem rechten Weg zu sein, weil ihn die Vasanas mit Täuschungen blenden. Obgleich er im Körper eines Menschen lebt, tut er Dinge, die für Wesen in der Horizontalen charakteristisch sind.

Doch befolgen die heutigen Christen diese Lehren Jesu? Wären sie den Lehren gefolgt, hätte es keinen Krieg gegeben. Und kein Land würde Maschinengewehre herstellen und Kriegsschiffe bauen. Wahre Christen und wahre Brahmanen sind sehr selten. Wenn Jesus heute zurückkäme würde er über seine Kinder und was sie in seinem Namen anrichten bittere Tränen weinen.

Es ist leicht, andere nicht zu verletzen, es ist allerdings schwierig, dauerhaft von anderen unverletzt zu bleiben. Ein einziges hartes Wort zerbricht die Freundschaft zweier Menschen, die zwanzig Jahre lang in Liebe verbunden waren. Ein kleines Räuspern oder Stirnrunzeln, ein kleines Lachen, eine Prise Verachtung, ein giftiger Blick lässt Freunde, Geschwister und Familien auseinanderbrechen. Wie stur doch das Ego ist! Wie stark die Identifizierung (Abhimana – Selbstsucht) mit diesem unrealen Körper ist, dieser Kombination der fünf Tattvas (Elemente), diesem Gemisch von Fleisch, Knochen, Haut, Nerven, Blut und Eiter! Wie mächtig doch Maya ist!

Wenn du Ahimsa praktizierst, musst du Beleidigungen, Rügen, Kritik und auch Angriffe aushalten. Suche nie Vergeltung oder wünsche anderen Übel an den Hals, selbst bei starker Provokation. Hege gegen niemanden negative Gedanken. Sammle keinen Ärger an. Fluche nicht. Sei voller Freude und bereit dazu, für die Wahrheit selbst dein Leben aufzugeben. Durch Ahimsa kann man die höchste Wahrheit erreichen.

Himsa (Verletzen) ist ein Erzfeind von Jnana (Erkenntnis), sie trennt und spaltet und steht dem Erreichen der Einheit, dem Einsseins mit anderen im Wege.

Du verletzt andere aus Unwissenheit. Wenn du immer im Gedächtnis behältst, Gott in jedem Menschen und Tier zu sehen, und dass Gott im Herzen aller lebenden Wesen sitzt, wirst du niemanden verletzen. Man beginnt, andere von dem Moment an zu verletzen, in dem man vergisst, Gott in ihnen zu sehen.

Wenn du dich vollends im Praktizieren von Ahimsa verankern kannst und kein Wesen in Gedanken, Worten und Taten verletzt, bist du Gott. Dann bist du wahrhaftig Brahman.

3. Dharma (Rechtschaffenheit)

Was dich erhöht, ist Tugend (Dharma), was dich nach unten zieht, ist Laster oder Sünde (Adharma). Was dich ans Ziel bringt, ist Tugend. Was dich zu einem weltlichen Menschen macht, ist Sünde. Was dir hilft, Göttlichkeit zu erlangen, ist Tugend. Was dich in den dunklen Abgrund der Unwissenheit hinunter stürzt, ist Sünde. Was dir Erleuchtung bringt, ist Tugend. Was dich vergiftet, ist Sünde. Was dein Herz rein macht, ist Tugend. Was dein Herz trübt, ist Sünde. Was dir Frieden, Freude, Zufriedenheit und Glücksgefühle beschert und dein Herz weit macht, ist Tugend. Was Unruhe, Unzufriedenheit und Depression bringt und dein Herz sich zusammenziehen lässt, ist Sünde.

Der Menschheit und seinem Guru zu dienen, ist Tugend. Unfrieden zu stiften, ist Sünde. Vertrauen in Gott, in die Schriften und in die Worte der spirituellen Lehrer, ist Tugend. Zweifel ist Sünde. Alle zu lieben, ist Tugend. Andere zu hassen, ist Sünde. Einheit ist Tugend, Trennung ist Sünde. Unabhängigkeit ist Tugend, Abhängigkeit ist Sünde. Brahmacharya ist Tugend, Begierde ist Sünde. Wahrhaftigkeit ist Tugend, Falschheit ist Sünde. Großzügigkeit ist Tugend, Geiz ist Sünde. Einssein ist Tugend, Dualität ist Sünde. Wissen ist Tugend, Unwissenheit ist Sünde. Stärke ist Tugend, Schwäche ist Sünde. Mut ist Tugend, Feigheit ist Sünde. Das eine Unsterbliche Selbst in allem zu erkennen ist Tugend.

Verschiedenheit zu sehen, ist Sünde. Lerne, zwischen Tugend und Sünde zu unterscheiden und werde weise, Oh geliebter Shyam272.

Entfache die Kraft des Widerstandes. Halte das positive Ideal des aktiven Dienstes an den Menschen und der Liebe aufrecht. Entwickle die positiven, sattvigen, energetischen Gegenströmungen, um die negativen, Abwärtsströmungen der Vasanas zu bekämpfen. Halte dich stets in einem positiven Zustand. Überwinde negative Gedanken durch positive, göttliche Gedanken. Erhebe dich aus der Unreinheit, der Ohnmacht und  der Kleinmütigkeit des Herzens. Sei mutig, sei allzeit fröhlich. Pflege Shatsampat (Göttliche Eigenschaften), wie zum Beispiel Gnade, Frieden, Vergebung, Toleranz etc. Zerstöre die asurischen (dämonischen) Eigenschaften, wie Arroganz, Egoismus, Stolz, Zorn, Begierde etc.

Du erlangst dann mit Sicherheit höchste Wonne und größtes Wissen.Du musst eine fundierte Vorstellung davon haben, was gut und was böse ist. Dann kannst du dich in kurzer Zeit spirituell entwickeln. Lies die Manu Smriti273 unter Anleitung eines Lehrers.

Gott urteilt ganz anders als Menschen. Gott urteilt nach den inneren Beweggründen, die Menschen nach äußeren Handlungen.

Am Hanuman Ghat274 in Benares waren zwei Mädchen am Ertrinken. Zwei junge Männer sprangen sofort in den Ganges und retteten die Mädchen. Einer der Männer bat das Mädchen, das er gerettet hatte, ihn zu heiraten. Der andere Mann sagte: „Ich habe meine Pflicht getan. Gott gab mir die Gelegenheit, zu dienen und ein besserer Mensch zu werden.“ Er besaß Chitta Suddhi (Reinheit des Geistes). Die äußere Handlung war die gleiche, doch das Motiv war unterschiedlich. Darum ist die Frucht auch verschieden.

Sei stets rechtschaffen. Weiche niemals ab vom Pfad der Rechtschaffenheit. Du bist geboren, um Rechtschaffenheit zu üben und ein tugendhaftes Leben zu führen. Die Wahrheit gründet in Rechtschaffenheit. Steh aufrecht. Sei mutig. Sei ohne Furcht. Übe dich in Wahrheit. Verkünde die Wahrheit überall.

Tugend bringt ihren eigenen Lohn mit sich; Sünde ihre eigenen Folgen. Jede Handlung trägt ihre eigenen Früchte – bittere oder süße. Wenn du dich mit dem Sakshi (Beobachter) identifizierst, brauchst du die Früchte deiner Taten nicht zu erfahren.

Wenn du hier und jetzt ein tugendhaftes Leben führst, wirst du auch im Jenseits glücklich leben.



Ein freundliches, reines, liebevolles und mildes Herz ist ein Garten. Tugendhafte Samskaras sind Samen. Erhabene, göttliche Gedanken sind die Wurzeln. Sattvige Eigenschaften sind die Sprösslinge. Freundliche, liebevolle, wahre Worte sind die Blätter. Tugendhafte Taten sind die Blüten. Moksha (Befreiung) ist die Frucht. Darum entwickle Milde. Pflege erhabene Gedanken. Sprich die Wahrheit. Handle tugendhaft. Iss von der göttlichen Frucht.

Satya (Wahrheit) ist der Samen. Brahmacharya (Keuschheit) ist die Wurzel. Meditation ist der Regenguss. Shanti (Frieden) ist die Blume. Moksha (Erlösung) ist die Frucht. Darum sprich die Wahrheit, lebe Brahmacharya und meditiere. Entwickle Shanti und du erlangst ohne den geringsten Zweifel die Befreiung, die Freiheit aus den Fesseln von Tod und Wiedergeburt und genießt ewig währende Wonne, größten Frieden, unvergängliche Freude und Unsterblichkeit.

Übe dich in Mitgefühl, Demut und Offenheit; das ist Samanya Dharma (gewöhnliche Pflicht) eines Menschen. Srauta-Smarta Karmas (Opferhandlungen), wie z.B. Agnihotra275etc. sind seine Visesha Dharmas (speziellen Pflichten) für die Reinigung des Herzens.

Sei weit wie der Himmel, tief wie der Ozean, rein wie ein Kristall, kühl wie der Mond, zart duftend wie der Jasmin, fest wie dern Berg Meru, geduldig wie Mutter Erde, demütig wie ein Grashalm und strahlend wie die Sonne.

Sei rechtschaffen wie Yudhishthira, rein wie Bhishma oder Lakshmana, aufrichtig wie Harichandra, großzügig wie Karna, hingebungsvoll wie Prahlada, stark wie Hanuman, milde wie Buddha, demütig wie Gauranga und intelligent wie Shankara.

Dharma Lakshana sind die zehn tugendhaften Eigenschaften, wie sie von Manu beschrieben werden (siehe S.187).

Zufriedenheit, ein ungetrübter Zustand des Geistes, Frohsinn, Geduld, verminderte Körperausscheidungen, eine süße Stimme, Eifer und Beständigkeit im Meditieren, das Verabscheuen weltlichen Gewinnes und Erfolges sowie von Gesellschaft, das Verlangen, alleine in einem stillen Raum oder in Zurückgezogenheit zu bleiben, der Wunsch, mit Sadhus und Sannyasins zusammen zu sein, und Ekagrata, der in einem Punkt gesammelte Geist, sind einige der Zeichen, die dir andeuten, dass du in Reinheit wächst und auf dem spirituellen Pfad voranschreitest.

muktimichhasi chetāta viśayānviśavattyaja
ahiṃsā premā brahmacharya satyaṃ pīyuśavad bhaja

Wenn du nach Befreiung strebst, umarme Gewaltlosigkeit, Liebe, Enthaltsamkeit und Wahrhaftigkeit wie Nektar und meide Sinnesobjekte wie Gift.

Selig sind die, die Vergebung üben und Zurückhaltung, Reinheit, Entsagung, Demut, Achtsamkeit, Gewaltlosigkeit und Aufrichtigkeit in ihren Worten zu jeder Zeit.

Lass Unterscheidungskraft, Leidenschaftslosigkeit, Gemütsruhe, Zurückhaltung, Zentrierung des Geistes in einem Punkt, Ahimsa, Satya

Eifersüchtig zu sein ist armselig; selbstsüchtig zu sein ist unwürdig; mitfühlend zu sein ist göttlich; geduldig und ausdauernd zu sein ist eines Menschen würdig; zufrieden und glücklich zu sein ist weise; gelassen und heiter zu sein ist ruhmreich; leidenschaftslos zu sein ist beachtlich und gleichmütig zu sein ist lobenswert. Darum merze Eifersucht und Selbstsucht aus und entwickle göttliche Tugenden. Schon bald wirst du Göttlichkeit erlangen.

Es gibt Hoffnung für jeden, wie fehlerbehaftet er auch sein mag. Japa, Kirtan, Meditation, Wohltätigkeit und Pranayama können alle Sünden verbrennen und das Herz in kurzer Zeit reinigen. Beginne mit dem spirituellen Einfluss. Nil desperandum [lat.:verzweifle nie]. Schreite mutig auf dem spirituellen Pfad voran.

Krishna sagt in der "Bhagavad Gita":

„Selbst wenn der größte Sünder mich aus ganzem Herzen anbetet, so muss er als rechtschaffen angesehen werden, hat er sich doch für das Richtige entschieden. Bald schon wird er eine tugendhafte Person sein und ewigen Frieden und Unsterblichkeit erlangen. Oh Kaunteya (Arjuna), wisse ganz sicher, dass keiner meiner Anhänger je zugrunde geht.“

Schreibe täglich eine halbe Stunde lang dein Ishta Mantra (persönliches Mantra), halte dabei Schweigen und bewege deinen Körper nicht. Schreibe in großen Buchstaben auf Zettel: „Sprich die Wahrheit“, „OM Mut“, „OM Reinheit“, „Möge ich Gott jetzt erkennen“, „Zeit ist das Wertvollste“, „Ich werde zu einem wahren Brahmacharin“, „Brahmacharya ist göttliches Leben“, „Ich bin eine Verkörperung von Mut, Reinheit, Milde und Geduld“ und klebe sie ins Schlafzimmer, ins Esszimmer, ins Wohnzimmer und auf die Veranda. Stecke auch ein paar Zettel in deine Taschen und dein Tagebuch. Das ist eine einfache Methode, um göttliche Eigenschaften zu entwickeln.

Du bist das Heiligste Heiligtum, das Licht der Lichter, die Sonne aller Sonnen. In meinem Wörterbuch gibt es das Wort "Sünde" nicht. Sünde ist, was die Kleinkindseele auf ihrem Weg zu Satchiananda Brahman, der ewigen Heimat höchsten Friedens und unbeschreiblicher Pracht, begeht.

Erfülle deine Pflichten gut. Sei deinen Versprechen treu und sei wahrhaftig in deinen Worten. Habe einen guten Charakter. Sei freundlich zu allen. Besiege den Zorn. Werde zum Meister über das Selbst. Befreie dich vom Neid. Bald schon wirst du Gott in dir verwirklichen.

Bleibe in der Welt, aber sei nicht von der Welt unterworfen. Diese Welt ist ein großartiger Lehrer. Sie ist die beste Arena, der beste Übungsplatz, um Tugenden zu entwickeln.

Armut besitzt viele Tugenden. Sie macht einen Menschen demütig. Sie gibt Stärke und Durchhaltevermögen. Sie lässt Gedanken an Gott entstehen.

Kleider dienen nicht dazu, die Schönheit des Körpers hervorzuheben. Dieser Körper ist ein Lederbeutel, der mit allerlei Unreinheiten gefüllt ist. Kleider sind dazu da, diesen unreinen Körper zu bedecken. Trage schlichte Kleidung. Habe erhabene Gedanken. Nur ein tugendhaftes Leben in Gott kann Männern und Frauen wahre Schönheit verleihen.

Stoße dich an nichts. Wünsche nichts. Erbitte nichts. Besitze nichts (geistig). Denke an nichts (außer Atman). Hasse nichts.

Sei selbstbewusst. Entwickle eine unabhängige Meinung. Kultiviere einen unbezähmbaren Willen. Übe Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung. Ohne Selbstkontrolle kannst du keine Freiheit und keinen Frieden erlangen.

Ohne glühende Entsagung und ein brennendes Verlangen nach Freiheit können die anderen Praktiken – Sama (Gleichmut), Dama (Sinnesbeherrschung), Titiksha (Duldsamkeit) etc. – durch einen starken Impuls aus Moha (Täuschung) oder blindes Anhaften weggeschwemmt werden.

Entscheide dich nach angemessener Überlegung für etwas und handle im Sinne deiner Entscheidung. So wirst du in allen deinen Unternehmungen und Handlungen erfolgreich sein.

Sammle dich, meditiere. Sei ein paar Stunden für dich allein. Sei freundlich, höflich und zuvorkommend. Sei niemals arrogant. Sei tolerant und geduldig. Verkörpere diese Tugenden während deiner Arbeit und im Gespräch mit anderen. Beobachte jeden Gedanken und jedes Gefühl.

Wenn man Gott vergisst, wenn es einem nicht gelingt, in Gott zu sein, stellt sich die Vorstellung von Bheda Drishti (Dualität) ein. Aus der Dualität erwächst die Vorstellung von Gut und Böse (Guna-Dosha-Drishti). Aus der Vorstellung von Gut und Böse heraus entstehen gute und schlechte Taten. Dann muss man die Früchte seiner Taten ernten.

O Ram, sprich die Wahrheit egal was es koste. Sieh Radha278 in allen Frauen. Sei demütig wie ein Grashalm. Sei freundlich. Sei gut. Tue Gutes. Singe immer den Namen Krishnas. Lass „OM Namo Bhagavate Vasudevaya“ stets auf deinen Lippen sein. Möge Krishna dich beschützen.

Es gibt kein Gut und Böse und auch nicht Freude und Schmerz im Universum. Jeder Mensch erschafft sich eine Welt aus Gut und Böse, aus Freude und Leid allein mit seiner Vorstellung.

Wir sprechen im allgemeinen schlecht von anderen. Wir können nicht das Gute in anderen sehen. Jeder Mensch hat seine gute Seite. Es gibt keinen durch und durch bösen Menschen auf dieser Erde. Entwickle die Fähigkeit, nur das Gute in anderen zu sehen.

Böse und Gut sind die zwei Seiten einer Münze. Es sind relative Begriffe. Wie Licht und Dunkel gehören sie zueinander. Die Existenz des Einen ist nötig, um das andere zu erkennen. Hass und Lügen existieren, um Liebe und Wahrheit zu verherrlichen.

Oft entsteht aus Bösem Gutes. Wenn zur Erntezeit ein heftiger Regenguss kommt, halten die Menschen das für schlecht. Doch Gott weiß, was gut für seine Kinder ist. Er hat diesen Regen geschickt, um die Erde von Keimen zu befreien, die Krankheiten erzeugen. Ansonsten könnte es dazu kommen, dass eine schwere Infektionskrankheit die gesamte Bevölkerung im Handumdrehen auslöscht.

Schaut, Freunde, wie absolut gütig Gottes Natur ist. Versucht nicht, die göttlichen Geheimnisse ergründen zu wollen. Es würde euren kleinen Intellekt verwirren.

Wenn dein Unternehmen wegen irgendwelcher Unruhen im Land zum Stillstand gekommen ist, hast du mehr Zeit, mit Gott große Geschäfte zu machen. Mache mehr Japa und meditiere intensiv und erlange spirituellen Reichtum, der unerschöpflich und unvergänglich ist. Aus scheinbar Schlechtem entsteht oft Gutes. Erkenne Gottes Wege und werde weise.

Die Essenz eines moralischen Lebens ist Offenheit, Ehrlichkeit, Demut, Milde, Respekt für das Leben und ein sanftes Auge auf alle atmenden Wesen, völlige Uneigennützigkeit, Wahrhaftigkeit, Keuschheit, Nicht-Begehren; es gibt keine Eitelkeit und Heuchelei, nur kosmische Liebe.

Rechtschaffenheit, Offenherzigkeit, Liebenswürdigkeit, Freundlichkeit, Wohltätigkeit, Dienen und Milde werden dich gegen Handlungen gewisser Personen, die nur auf ihre eigenen Interessen schauen und unliebsamen Charakters sind, schützen. Entwickle diese positiven sattvigen Eigenschaften eine nach der anderen. Dann wirst du die Herzen aller gewinnen.

Moral ist wahrlich etwas sehr subtiles. Selbst große Weise verstehen sie nicht immer. Was ein einflußreicher Mensch in dieser Welt als Moral erklärt, wird von den anderen als solche betrachtet, auch wenn es nicht wirklich so sein mag, während das, was ein gesellschaftlich unbedeutender Mensch sagt, als solches angesehen wird, selbst wenn es die höchste Moral ist. Folge dem Pfad, den große Seelen gegangen sind. Das wird dir Führung sein.

Was ist Sadachara279? Die Wahrheit zu sagen, Ahimsa zu leben, die Gefühle anderer weder in Gedanken, noch Worten noch in Taten zu verletzen, zu niemandem harte Worte zu sprechen, niemandem gegenüber Ärger zu zeigen, niemanden zu beschimpfen oder schlecht von ihm zu reden (Ninda280) und Gott in allen lebenden Wesen zu sehen, das ist Sadachara.

Moral ist das Fundament von allem. Moral ist die Grundlage eines spirituellen Lebens. Moral ist die Grundlage des Yoga. Wahrheit bzw. Brahman ist die Substanz aller Moral. Moral zu leben führt zur Reinheit des Herzens und zur Selbstverwirklichung. Ohne Moral geht man spirituell Bankrott.

Die Leute schätzen den Status eines Menschen im allgemeinen an der Zahl seiner Autos und Häuser. Ein Mensch mag mehrere Autos und Häuser besitzen. Aber vielleicht hat er keinen guten Charakter. Vielleicht ist er boshaft. Wer einen guten Charakter besitzt, genießt gutes Ansehen, selbst dann, wenn er arm ist. Die Menschen haben ihr Urteilsvermögen verloren. Sie wissen nicht, was sie meinen. Sie meinen nicht, was sie wissen. Sie wissen nicht, was sie tun.

Wenn du deinen Reichtum verlierst, ist nichts verloren; wenn du deine Gesundheit verlierst, verlierst du schon etwas; doch wenn du deinen Charakter verlierst, ist alles verloren. Darum habe um jeden Preis einen sehr guten Charakter.

Halte deinen guten Namen aufrecht. Ein guter Name ist wahrlich eine Quelle der Kraft für den Menschen. Man lebt umsonst, wenn einem der gute Ruf abhanden gekommen ist. Man ist lebendig tot. Ein Mensch bleibt solange am Leben, wie sein guter Ruf weiterlebt.

Dein Charakter hängt von der Art der Gedanken ab, die du im Geist trägst, und von den mentalen Bildern und Idealen, die du pflegst. Wenn deine Gedanken niederer Natur sind, wirst du einen schlechten Charakter haben. Wenn du edle Gedanken pflegst, erhabene Ideale und heilige Bilder, wirst du einen großherzigen Charakter haben. Du wirst eine anziehende Persönlichkeit besitzen. Du wirst ein Zentrum der Freude, der Kraft und des Friedens sein. Wenn du die Gewohnheit entwickelst, erhabene, göttliche Gedanken zu pflegen, werden nach und nach alle niederen Gedanken von alleine vergehen. Genauso wie Dunkelheit vor der Sonne nicht standhalten kann, so können auch schlechte Gedanken nicht vor erhabenen Gedanken bestehe

4. Mut - Stärke

Du solltest sowohl physische als auch mentale und spirituelle Stärke besitzen. Du musst sie Schritt für Schritt entwickeln. Ein Sportler mit einem starken drahtigen Körper klagt, wenn er an einer Krankheit leidet. Er hat keine mentale Stärke. Ein Mensch mit spiritueller Stärke kann noch so große Schwierigkeiten und Probleme aushalten. Er behält stets einen ruhigen Geist.

Du willst physische, mentale, moralische und spirituelle Stärke. Stärke brauchst du zu jeder Zeit, doch besonders in Zeiten der Unruhe, Verwirrung und Aufruhr. Die Upanishaden sprechen von der Stärke. Die Shrutis betonen: „Der Atman kann nicht von einem schwachen Menschen erreicht werden.“ Aus einer Erinnerung an Atman, der Quelle von allem, wird die wahre spirituelle Kraft geboren, die heute so sehr gebraucht wird. Du bist im Wesenskern der unsterbliche Atman. Vergiss das nie. Die ruhige und gelassene Kraft, dem Kampf des Lebens, den Schwierigkeiten der weltlichen Existenz zu begegnen, steigt aus dem Wissen um deine wahre essentielle Natur empor.

Denke nie: „Ich bin ein Versager.“ Verjage falsche Vorstellungen. Sei mutig wie ein Löwe. Sei immer frohsinnig. In Wahrheit bist du Atman (Seele). Dieser Körper ist nur eine Hülle, eine Haut, die abgeworfen werden muss. Niemand kann dem Atman etwas zufügen. Er ist unverwundbar. Wer kann sein eigenes Selbst verletzen? Absurd. Gehe voran wie Guru Govind Singh. Lass die Schüchternheit hinter dir. Schüttle alles Memmenhafte ab. Sprich mit Nachdruck und Kraft. Wiederhole den Gayatri-mantra 1008 Mal täglich, im Bewusstsein seiner Bedeutung und mit Bhava (Hingabe).

Wenn dein Haus in Flammen steht, wie kühn rennst du da hinein, um dein schlafendes Kind zu retten! Genauso mutig musst du sein, wenn du auf dem spirituellen Pfad schreitest. Du musst absolut furchtlos sein und nicht im Geringsten an deinem Körper hängen. Nur dann wirst du schnell Selbstverwirklichung erreichen. Zaghafte Menschen sind ungeeignet für den spirituellen Weg.

Das ist die Stärke, die aus Weisheit, aus dem Wissen vom Selbst, erwächst.

Freunde, erlangt diese innere spirituelle Stärke und zieht glücklich und furchtlos durch diese Welt.

Gib dich nicht mit Leuten ab, die der Geist absolut nicht mag. Lebe allein. Sei frei von Rachegelüsten. Bleib ruhig, wenn die Leute sich über dich lustig machen oder schlecht von dir reden. Schenke dem nur ein vedantisches Lächeln. Zeige deine Stärke. Bleibe an jenen Orten, an denen man dich beleidigt. So erlangst du rasch immense Stärke. Dein Stolz wird schon bald verschwunden sein.

Bloße Intelligenz und Buchwissen genügen nicht. Ein Mensch der liebevoll ist, frei von Reizbarkeit, anpassungsfähig und demütig, und der weiß, wie andere einen in ihr Herz schließen (durch stetigen Dienst in Liebe und Demut), der kann glücklich und friedvoll leben.

Oft treten einem Yogi viele Hindernisse in den Weg. Enttäuschung, Verzweiflung, Krankheit, Depression, Zweifel, Unentschlossenheit, physischer und mentaler Energiemangel, Faulheit, Unbeständigkeit, das Begehren sinnlicher Dinge sowie Fehltritte sind alles Stolpersteine. Man darf sich nicht entmutigen lassen! Patanjali Rishi verschreibt Eka-Tattva Abhyasa, Konzentrieren auf einen Gegenstand, um sie zu überwinden. Das verleiht Beständigkeit und Kraft. Er lehrt darüber hinaus noch Freundschaft mit Gleichgesinnten, Milde gegenüber Untergebenen, Wohlgefälligkeit gegenüber Vorgesetzten und Gleichgültigkeit gegenüber boshaften Menschen. Dieses Verhalten erzeugt geistigen Frieden, Gemütsruhe und zerstört Hass, Eifersucht etc. Ein neues Leben bricht in einem Menschen an, wenn er diese Tugenden in seinem Leben umsetzt. Es braucht Geduld und Durchhaltevermögen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg im Yoga. Ein Yogi wird reich dafür belohnt, wenn er die Kontrolle über seinen Geist erlangt. Er erlebt die größte Wonne, Asamprajnata-Samadhi.

Sei selbstbeherrscht. Sei gerecht. Wisse, was richtig ist. Halte deine Versprechen. Sei edelmütig und unparteiisch. Habe die Tiefe des Ozeanes und die Festigkeit von Himavan (dem Himalaya).

Unterbinde alle aufsteigenden Emotionen und Impulse. Richte die Energie auf dein gewähltes Ideal. Entwickle die Kraft der Selbstkontrolle. Halte die Instrumente in Harmonie. Sei Meister deiner Gedanken. Pflege geistige Gelassenheit. Bewahre deine Energie. Erziehe deinen Willen. Koordiniere deine angeborenen Neigungen. Und du wirst riesigen geistigen Frieden erfahren. Du wirst schnell spirituelle Fortschritte mache

5. Vinaya (Demut)

Vinaya ist eine Waffe von unendlicher Kraft und sie allein kann die uneinnehmbare Festung des Egoismus zerstören. Egoismus ist härter als Granit oder Stahl. Nur die Waffe der Demut allein, die mehr Kraft besitzt als alle Waffen der Welt zusammen, kann den Egoismus vernichten. Wer Demut besitzt kann die drei Welten erobern. Er kann die Herzen aller für sich gewinnen.

Wer demütig ist, ist wahrhaft selig. Er wird von Gott geliebt. Schon bald wird er die Gefilde des ewigen Friedens betreten. Lebe in Gesellschaft von Heiligen und diene ihnen. Schon bald wirst du Demut entwickeln.

Der Geist der Shrutis und der Upanishaden kann selbst in hundert Jahren von Menschen nicht erfasst werden, die eingebildet sind und sich für sehr gelehrt halten. Lege daher alle Eingebildetheit ab und werde demütig.

Macht zu haben berauscht den Geist. Wer Macht besitzt missbraucht sie stets. Er will über andere bestimmen, sie kontrollieren und beherrschen. Aus diesem Grund lehrt der Raja Yoga seinen Schülern, am Anfang Yama und Niyama (moralisch-ethische Prinzipien im Umgang mit anderen und sich selbst) zu üben. Wer in Yama und Niyama verankert ist, kann seine Macht nicht missbrauchen. Er kann andere nicht kommandieren. Er ist demütig. Er besitzt den Geist des Dienens und der Hingabe.

Ruhm und Achtung machen einen abhängig von den Menschen, die rühmen und achten. Das bringt einen Schüler zu Fall. Es verströmt in ihm das Gift des Stolzes und der Eitelkeit, während Erniedrigungen und Respektlosigkeit sein Tapascharya (Kraft seiner Askese) wachsen lassen.

Sage dich los von Stolz und Eitelkeit. Entwickle Demut und Bescheidenheit. Gib schlechte Gesellschaft auf. Unterwirf Lust, Zorn und Gier durch beständiges Bemühen. Du wirst Frieden, Freude und Unsterblichkeit genießen.

Eine bloße äußerliche Demutshaltung hat keinen Wert. Sie ist Heuchelei. Ein Mensch mag sich ein halbes dutzend Mal vor dir niederwerfen und doch hinter deinem Rücken schlecht über dich reden und dich verunglimpfen. Was es braucht, ist wahrhaftige Demut, bei der es keine Show nach außen gibt. Wahre Demut ist das Ergebnis einer grundlegenden spirituellen Weiterentwicklung.

Sei gehorsam. Gehorsamkeit ist besser als Opfer. Entwickle jedoch keine Sklaven-Mentalität.

Wenn du Demut und Gehorsam besitzt und freundlich in deinen Worten bist, kannst du alle Herzen für dich gewinnen, jeden besiegen.Ein demütiger, sanfter Mensch lebt in großem Frieden und sein Herz hat Ruhe. Demut ist Stärke. Ein demütiger Mensch ist kein schwacher Mensch.

Bei dem Erdbeben unlängst wurden Tausende von Leben zerstört. Viele Palastgebäude und Plätze wurden in Sekunden dem Erdboden gleichgemacht. Wie unsicher ist das Leben auf der physischen Ebene! Wie vergänglich und schnell vergehend ist sinnliche Freude! Wie viele von euch haben bis jetzt Vairagya (Wunschlosigkeit) entwickelt? Habt ihr die Wertlosigkeit der sinnlichen Dinge nicht erkannt? Wie viele von euch sind aufrecht darum bemüht, das Selbst zu erkennen? Seht die Barmherzigkeit Gottes. Das Erdbeben hat die Hütten armer Leute nicht so sehr geschüttelt. Aber es hat schonungslos die Paläste und Prachtbauten reicher Leute zerstört. Bei einer Überschwemmung werden nur die hohen Bäume entwurzelt. Das demütige bescheidene Grass kommt über die Schwierigkeiten hinweg. Selbst Atheisten riefen zu Gott: „Hey Ram“, als sie das Beben spürten.

Wenn du Tugenden besitzt, denke, dass andere viel größere Tugenden in sich tragen. Das hilft dir, Demut zu entwickeln. Ein weltlich orientierter Mensch hält zu viel von sich. Er glaubt, dass ihm keiner an Schönheit, Intelligenz und Erfahrung gleichkommt – und das erzeugt Dambha (Eitelkeit) und Arroganz.

Wer demütig ist und alle weltlichen Titel und Ehren für bloßes Stroh hält, ist wahrlich ein großer Mensch. Man sollte ihn verehren.

Armut hat ihre eigenen Tugenden. Sie macht stark, ausdauernd und bescheiden.

Deine Schwächen zu kennen erfüllt dein Herz mit Demut und zwingt dich, dich mit Stärke auszurüsten und passende Methoden zu finden, sie zu überkommen.

Wenn du keine wahre Demut besitzt, tu wenigstens so, als wärst du demütig. Was man denkt, dazu wird man. Im Laufe der Zeit wirst du so wahre Demut erlang

6. Titiksha (Duldsamkeit)

Dieser Körper ist dein Instrument, aber er ist nicht dein Selbst. Titiksha entwickelt deine Willenskraft. Sie ist eine der Eigenschaften, die ein Schüler auf dem Pfad des Jnana braucht. Sie schafft Glück im Diesseits und im Jenseits. Doch sie hat eine Kehrseite. Die Leute halten jene, die sie duldsam sind, fälschlicherweise für impotent und verweichlicht.

Ertrage mit Freude was die Menschen dir auch an Schmerzen und Problemen bescheren.

     yaṃ hi na vyathayantyete puruṣaṃ puruṣarṣabha
     samaduḥkhasukhaṃ dhīraṃ so 'mṛtatvāya kalpate (siehe auch S. 199)

„Wer Durchhaltevermögen besitzt, wer zwischen Freude und Schmerz in Balance bleibt, wer standhaft ist, der ist für die Unsterblichkeit gemacht.“(BhG 2.15)

Mouni Baba ist ein großer Titikshu (Duldsamer). Er ist ein Vairagi. Er lebt in einem Wald zwei Meilen außerhalb von Chitrakut. Er steht im Sommer von acht Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang in der schrecklich heißen Sonne. Welch fantastische Duldsamkeit. Wahrlich bemerkenswert!

Laufe ab und zu barfuß in deinem Haus. Trainiere den Körper für physische Arbeit. Sei nicht völlig abhängig von Dienern. Wasche deine Kleidung selbst und verstehe die Würde körperlicher Arbeit. Nimm nur Medikamente, wenn es absolut nötig ist. Entwickle Schritt für Schritt dein Durchhaltevermögen.

Vergrößere deine Duldsamkeit (Titiksha), ertrage Kälte wie Hitze, Schmerz, Hunger usw.

Die Kraft, viel auszuhalten, ist eine Tugend, die ein Bhakti Yogi und Jnana Yogi besitzen sollte. Viel Mühsal und Entsagung müssen die Schüler bei einer erfolgreichen Umsetzung des Yoga durchmachen. Titiksha entwickelt die Willenskraft.

Aus diesem Grund sagt Krishna zu Arjuna:

     mātrāsparśāstu kaunteya śītoṣṇasukhaduḥkhadāḥ
     āgamāpāyino 'nityās tāṃstitikṣasva bhārata

     yaṃ hi na vyathayantyete puruṣaṃ puruṣarṣabha
     samaduḥkhasukhaṃ dhīraṃ so 'mṛtatvāya kalpate

„Der Kontakt der Sinne mit der Materie, Oh Sohn der Kunti, bringt Kälte und Hitze, Freude und Schmerz, die kommen und gehen und unbeständig sind; ertrage sie mutig, Oh Bharata! - Der Mensch, den diese nicht quälen, Oh Größter der Menschen, der zwischen Freude und Schmerz im Gleichgewicht steht, mit Standfestigkeit, der ist für die Ewigkeit gemacht.“ [BhG 2.14-15]

Ein schwacher Mensch geht aus Prüfungen und Widrigkeiten als starker und erhabener Mensch hervor. Prüfungen sind ein Schmelztiegel, in den Mutter Natur den Menschen wirft, wenn sie aus ihm einen Supermann formen will. Darum habe keine Angst vor Schwierigkeiten und widrigen Umständen. Sie sind verkleideter Segen.

Titiksha ist ein Zustand der Weisheit. Sie ist ein Mittel, Wissen zu erlangen. Einige Heilige machen sich Titiksha zum Lebensziel. Bis ans Lebensende stehen sie im Winter auf einem Bein im kalten Wasser und im Sommer unter der brennenden Sonne. Titiksha für sich selbst genommen kann aber das größte menschliche Ziel nicht gewährleisten.

Titiksha ist ein Weg zum Ziel. Einige verwenden ihr ganzes Leben darauf, in der Sonne und in der Kälte zu stehen, ohne Decken etc. Sie vergessen und verfehlen das Ziel. Das Ziel ist Jnana. Ein Mensch mit starker Willenskraft braucht überhaupt kein Titiksha zu üben. Er kann zu jedem Moment jegliche Art von strengem Tapas (spirituelle Praktiken) ausüben. Benutze deinen gesunden Menschenverstand. Führe ein einfaches und natürliches Leben.

Sei stets friedlich, gelassen und souverän. Übe dies. Werde nie nervös oder aufgeregt. Stehe fest wie ein Fels. Bleibe gefasst und ruhig. Werde nie ungeduldig. Wenn du ruhig bist, kannst du aus deinem Inneren Hilfe und Kraft beziehen. Die göttliche Energie wird zu dir fließen. Wenn du ruhig und friedlich bist, kannst du die leise innere Stimme vernehmen. Lerne die Psychologie des Menschen. Analysiere die menschliche Natur. Wenn du mit anderen verkehrst, pass dich gut an. Habe vollkommene Anpassungsfähigkeit. Entwickle Toleranz. Nur dann kannst du glücklich sein. Die beste aller Tugenden ist Gleichmut. Entwickle deshalb diese Tugend mit Geduld und Ausdauer. Andere Tugenden werden dir dann von alleine zufallen.

Wohin auch immer du gehst, trägst du deinen eigenen Geist mit dir herum, deine Vasanas und Samskaras. Raga-Dvesha (Zu- und Abneigung) ist überall, selbst in den Höhlen des Himalayas. Erschaffe dir deine eigene Welt und dein eigenes Umfeld aus dem Inneren heraus. Nur dann kannst du überall und unter allen Umständen glücklich sein.

Passe dich dem Temperament und der Mentalität derer an, mit denen du verkehrst. Das ist das Geheimnis des Glücks. Ertrage Schwierigkeiten geduldig. Passe den Geist allen Umständen und allen Orten an. Nur dann kannst du wirklich stark sein.

Ein Aspirant, der sich unter herausfordernden Umständen, Versuchungen und ungünstigen Gegebenheiten entwickelt, wird beharrlich. Er wird sehr mächtig. Mutter Prakriti (Urnatur) weiß sehr gut, wie sie ihre Kinder schult und formt. Darum murre nicht. Grummle nicht. Halte deinen Geist allzeit und in allen Situationen ruhig.

Wenn du unparteiisch bist, wenn du Meister deiner Sinne bist, wenn dein Geist inmitten endloser Probleme, Schwierigkeiten, Krankheit und auch Feierlichkeiten ruhig bleibt, wenn du nichts begehrst und nichts ablehnst, dann bist du im Besitz von Seelenruhe. Die Wahrheit wird von alleine aufsteigen, allerdings nur in einem ruhigen Geist. Entwickle diese Tugend darum mit allen Mitteln.

Versagen ist einfach nur ein Pfeiler für den Erfolg. Lass dich von Misserfolg nicht entmutigen. Sei gewappnet. Steh auf. Sei mutig. Sieh den Schwierigkeiten ins Auge. Besiege sie eine nach der anderen.Lass unter keinen Umständen den Mut sinken. Schreite voran wie ein spiritueller Löwe. Besiege die Schwierigkeiten eine nach der anderen. Hab keine Angst vor öffentlicher Kritik. Die Leute beleidigen Mahadeva, Sri Shankaracharya, Krishna und Rama immer noch. Sie werden von Ewigkeit zu Ewigkeit so weitermachen. Auf der Welt schwärmt es nur so vor tamasigen Menschen. Sattvige Menschen sind sehr selten. Lehre deinen Geist Disziplin. Bleibe in allen Situationen und jederzeit standfest. Behalte einen ruhigen ausgeglichenen Geist. Das ist das höchste Jnana. Nun steh auf. Mach dich klar für die Schlacht und kämpfe mit den Indriyas und dem Geist! Diene der Welt mit doppelter Kraft und Energie. Mögest du glorreich gedeihen. Mögest du den Zustand von Kaivalya (Befreiung) erreichen.

Bist du Atman, bist du der Geist oder der Körper? Obgleich du meine Schriften 1001 Mal gelesen hast, identifizierst du dich dennoch mit deinem Geist und deinem Körper, und verlierst die Balance sobald harsche Kritik geäußert wird. So stark ist dein Ego. Die Leute können deinen Körper und deinen Geist kritisieren. Du selbst kannst ja deinen Körper und Geist nicht leiden. Und die, welche deinen Körper und Geist kritisieren, werden dir zu Freunden. Warum regst du dich also noch auf? Du bist immer noch schwach. Du bist spirituell nicht gewachsen. Ignoriere die Kritik. Warum brütest du über der Vergangenheit? Das ist eine schlechte Angewohnheit. So kannst du keinen Frieden im Geist finden. Sei erhaben über Kritik und triviale Bemerkungen. Steh fest wie jener Fels dort. Werde eisern. Tue jenen Gutes, die versuchen, dich zu vergiften oder dir weh zu tun. Setze das direkt um.

Versuche, alle zu lieben, selbst deinen schlimmsten Feind, der dich vernichten will, der plant, dich zu vergiften, der schon das Schwert zieht, um dir den Kopf abzuschlagen. Das ist selbstverständlich schwierig, doch du musst es üben, wenn du wirklich spirituelle Entwicklung wünschst. Das ist echter Sannyasa (Entsagung). Ein echter Sannyasin ist jemand, der  das Empfinden hat, keinen Körper zu besitzen. Lebe, arbeite und meditiere unter Menschen, die nach deiner Zerstörung trachten und im schlechtesten, feindlichsten Umfeld. Nur dann kannst du spirituell erwachsen. Nur dann kannst du den ruhigen Geist eines Weisen haben. Diese Methode ist natürlich sehr schwierig, doch sie macht einen wirklich standfest.

Es ist ein großer Verlust für dich, wenn du den öffentlichen Dienst verlässt, nur weil ein paar eifersüchtige Leute versucht haben, dich anzuschwärzen und du allerlei bittere Erfahrungen machen musstest. Deine spirituelle Entwicklung würde dadurch sehr verzögert werden. Du brauchst moralische Stärke und  tugendhaften Mut, um öffentliche Kritik, grobe Bemerkungen und Verfolgung auszuhalten. Doch dein Leiden ist nichts verglichen mit der Verfolgung, die Sri Rama und die fünf Pandavas auf sich nehmen mussten. Zeige deine Männlichkeit, deine tugendhafte Moral und deine spirituelle Stärke jetzt. Die innere Kraft, die du während dieser Jahre des Meditierens erlangt hast, wird nun auf die Probe gestellt. Wenn du wirklich aufrichtig meditiert hast, müsstest du jetzt genug Kraft besitzen, um diesen Schwierigkeiten mit einem Lächeln zu begegnen. Wenn du keine Stärke besitzt, zeigt das, dass bei deinem Meditieren etwas nicht richtig gelaufen ist. Echte Meditation verleiht immense innere Stärke.

Hab keine Angst vor Beleidigung, Respektlosigkeit, Entehrung, Verleumdung oder harten Worten. Trage sie wie Schmuck an deinem Körper.

Viele machen sich verrückt, wenn sie ein wenig schlechtes Gerede über sich verbreitet hören. Hab keine Angst, das sind eitle Klänge. Das sind nur Schwingungen in der Luft. Sie sind überhaupt nicht da. Was ist denn schon Lästerei? Was ist böser Tratsch? Analysiere sie. Übe Vichara (Hinterfragen).  Es wird sich in Luft auflösen. Lass Gerede ins eine Ohr hinein und sofort wieder zum anderen hinaus. Du bist der unsterbliche Atman, für den es kein Geräusch gibt (Ashabda)281

7. Santosha (Zufriedenheit)

Zufriedenheit ist die beste aller Tugenden. Ein zufriedener Geist ist ein Fest ohne Ende. Ein zufriedener Mensch ist immer voller Frieden und Gemütsruhe. Wissen um das Selbst wird nur in einem Menschen dämmern, der Zufriedenheit besitzt. Zufriedenheit ist süßer Nektar (Ambrosia), der die drei Feuer lindert, das adhyatmische (aus sich selbst kommende Leid), das adhidaivische (von höheren Mächten kommende Leid) und das adhibhautische (von der Natur, den Elementen kommende Leid). Wer nicht begehrt, was er nicht besitzt, wer unberührt davon ist, was er hat und was nicht, wer frei von Jubel und Enttäuschung ist, den kann man einen zufriedenen Menschen nennen. Ruhm solch erhabenen Seelen!

Zufriedenheit ist wahrer Reichtum. Zufriedenheit ist natürlicher Reichtum, denn er verleiht geistigen Frieden. Zufriedenheit ist ein Wächter im Reich von Moksha. Wenn du ihm Gesellschaft leistest, ihn dir zum Freund machst, wird er dich seinen Freunden, den anderen drei Wächtern, vorstellen, nämlich Satsanga (Zusammensein mit Weisen), Atma-Vichara (Selbstbefragung) und Shanti (Frieden). Du kannst dann ganz leicht in das unendliche Königkreich von Moksha (Befreiung) eintreten.

Es gibt kein kühlenderes Tonikum als Santosha, um das stetig wachsende Feuer der Gier weltlicher Menschen zum Erkalten zu bringen.

Parama Shanti (höchstem Frieden) gilt alles Streben deines Lebens. Frieden, Moksha und Unsterblichkeit sind austauschbare Begriffe, Paryayashabdas282. Wenn du diesen Zustand erreichst, werden alle geistigen Reaktionen auf Freude und Leid verschwinden. Alle Arten von Raga-Dvesha (Vorlieben und Abneigungen) werden völlig ausbleiben, wenn du diesen Zustand perfekter Stille verwirklichst.

Wenn du dich abends sehr schwach fühlst und nur ins Bett möchtest, wirst du nichts essen, selbst wenn man dir ein sehr köstliches Gericht vorsetzt. Du wirst auch keiner musikalischen Veranstaltung beiwohnen wollen. Alles was du willst ist friedliche Ruhe. Das beweist ganz eindeutig, dass der Geist nach Ruhe strebt und nicht nach Dingen. Weltlich orientierte Menschen wissen nicht, wo sie diese Ruhe finden können, und wie sie sie bekommen. Sie versuchen, diese Ruhe durch Gegenstände im Außen zu erlangen. Es misslingt ihnen hoffnungslos bei jedem Schritt, daraus Frieden zu beziehen. Ewige Ruhe und immerwährender Frieden können nur in einem selbst durch Selbsterkenntnis erlangt werden.

Wenn du Frieden besitzt, wirst du ihn auf andere ausstrahlen können. Lebe ein Leben des Friedens. Lebe in ihm. Fühle ihn. Begründe ihn in deinem Herzen. Nur dann wirst du ein Segen für die Welt sein. Wo auch immer du hingehst, werden die, welche mit dir in Kontakt kommen, von deinen spirituellen Schwingungen berührt werden. Sie werden inspiriert und erhoben werden. In deiner süßen Gegenwart werden alle unharmonischen Schwingungen verschwinden. Alle Uneinigkeit wird ein Ende finden. Aller schrille Lärm wird in schöne melodiöse Musik verwandelt werden. In deiner Gegenwart werden gereizte und kränkliche Menschen neue Kraft gewinnen, neue Hoffnung und wunderbare Freude find

8. Liebe und Gnade

Unsterblichkeit kann nur erreicht werden, wenn man unentwegt in Nächstenliebe handelt. Hass, Zorn und Eifersucht verschwinden durch beständigen Dienst mit liebendem Herzen. Buddha lebt weiter in unseren Herzen. Und warum? Weil er extrem gütig war, großartigen Dienst verrichtet hat und eine Verkörperung des Mitgefühls war. Du wirst mehr Kraft, mehr Freude und mehr Zufriedenheit aus liebevollem Handeln gewinnen. Dein Herz wird in Frieden sein, selbst angesichts des Todes. Du wirst von allen geliebt werden. Nächstenliebe, Wohltätigkeit und liebevolles Dienen reinigen und erweichen das Herz, wenden den Herz-Lotos nach oben und bereiten den Schüler darauf vor, das göttliche Licht zu empfangen.

Ein einfühlsamer Mensch versetzt sich in andere hinein, die in Schwierigkeiten sind oder in Sorge leben. Dann zeigt er wahres Mitgefühl und versucht, ihr Leiden zu lindern. Ein mitfühlender Mensch empfindet wirklich selbst den Schmerz derer, die er in Not sieht. Mitgefühl ist eine Daivi Shatsampat göttliche Eigenschaft (göttliche Eigenschaft). Entwickle darum diese Tugend in höchstem Maße. 

Reiß die Laster an der Wurzel aus. Pflanze Tugenden. Entwickle Milde, Selbstlosigkeit, Kshama (Vergebung), reine kosmische Liebe, Geduld, Ausdauer, Frieden etc. Führe ein vollendetes Leben in Gott. Sei gut und tue Gutes.

Beschütze jede lebende Kreatur auf die eine oder andere Art. Gehe mit gesenktem Kopf, so dass du nicht auf kleine Insekten trittst. Füge niemandem Schmerz zu. Spüre Mitgefühl in deinem Herzen, wenn du jemanden in Schwierigkeiten siehst. Versuche, das Leiden anderer zu lindern soweit es dir möglich ist. Karuna283(Mitgefühl) ist das heiligste Sadhana. Töte nichts. ahimsa pararmo dharmah – ("Nichttöten ist die höchste Pflicht").

Daya (Anteilnahme) kommt aus dem Inneren. Es ist angeboren, sie ist Svabhava (unsere Natur). Kripa (Erbarmen) kommt, wenn man vom Leiden anderer erfährt.

Vergib deinen Bediensteten 108 Mal. Sie sind ungebildet und schwach. Entschuldige ihre Fehler wie du deine Kinder entschuldigen würdest. Teile mit ihnen, was du isst. Entwickle Sama Bhava (Gleichheit). Das ist die Essenz von Jnana.

kshama veerasya bhushanam ("Vergebung ist der Schmuck der Starken"). Vergebung ist eine göttliche Eigenschaft. Du kennst das berühmte Sprichwort: „Irren ist menschlich, Vergeben göttlich.“ Yudhishthira besaß diese Eigenschaft in beachtlichem Ausmaß. Selbst bei extremer Provokation hegte er gegen niemanden Groll oder Zorn. Er vergab denen, die ihn beleidigten. Er beschützte sie sogar. Was für eine große, edelmütige Seele!

Es gibt zwei Arten, einen Menschen zu erobern, mit einer Kugel oder mit Güte. Letztere ist mächtiger. Güte unterwirft einen Menschen. Güte reinigt den Geist. Deshalb entwickle Güte. Sei freundlich zu allen.

Geschickte Diplomatie erzeugt in anderen bloß Misstrauen und Hass. Durch wahre Offenheit, Liebe und Einfachheit selbstlosen Dienst und Demut kannst du die Herzen gewinnen.

Nur wer der Selbstsucht entsagt hat und Mut, Furchtlosigkeit, Geduld, Milde und kosmische Liebe besitzt, ist bereit, Unsterblichkeit und Selbstverwirklichung zu erlang