7. Kapitel - Die zweite Entsagung

Viele ernsthafte spirituelle Aspiranten kamen zu Swami Sivananda, um spirituelle Unterweisung zu erhalten. Schon 1931 warnte er diese vor jugendlichem Enthusiasmus mit den Worten: „Ich bin nur ein gewöhnlicher Mönch. Ich kann Dir nicht unbedingt viel weiterhelfen. Außerdem mache ich niemanden zu meinem Schüler. Zwar kann ich bis an mein Lebensende Dein treuer Freund sein, aber ich behalte niemanden lange an meiner Seite. Ich unterrichte sie einige Monate lang und trage dann meinen Schülern auf, an einem einsamen Ort in Kashmir oder Uttarkashi zu meditieren.“ Trotzdem kamen stets junge Aspiranten. Er selber sagt in seiner Autobiographie „Seit 1930… hatte ich den brennenden Wunsch, der Welt zu dienen. Mit dem Gedanken, eine Gruppe von Sannyasins (der Welt Entsagende) und Yogis (Praktizierende des Yoga) auf dem spirituellen Pfad zu unterweisen, erlaubte ich es einigen Aspiranten, in den anliegenden Kutirs (Hütten) zu wohnen… und gab ihnen nützliche Ratschläge zur Beseitigung der Schwierigkeiten und Hindernisse bei der Meditation. Daraufhin kamen mehr und mehr Menschen zu mir; aber die Leitung des Swarg Ashram konnte die ständig wachsende Zahl der Wahrheitssuchenden nicht bewältigen.“ 

Der Mahant (Leiter) des Swarg Ashram war unerwartet gestorben und sein Nachfolger war ein junger Mann, der den Sadhus wenig Achtung entgegenbrachte. Sobald er die Leitung des Ashrams übernommen hatte, begann er, ihnen auf alle erdenklichen Weisen das Leben schwer zu machen. Er erlegte ihnen verschiedene Beschränkungen auf. Swami Sivananda konnte diese ‚Anordnungen’ nicht akzeptieren. Er weigerte sich, sie zu befolgen und begründete dies damit, dass die Sadhus alle Freiheit hätten, so zu leben, wie sie wünschten. Alle Sadhus waren seiner Meinung. Sie weigerten sich ebenfalls, die Anweisungen des Mahant zu befolgen.

Der Mahant war überheblich und starrköpfig. Er versuchte, Swamijis Einfluss auf die Sadhus zu unterlaufen. Wie konnte er dies erreichen? Er begann, einige junge, gesunde und kräftige Sadhus mit Ghee (geklärte Butter), Butter und Milch zu bestechen. Er gab ihnen gute Kleidung. Diese Männer schlugen sich auf die Seite des Mahant und stellten sich gegen Swami Sivananda, aber viele andere blieben aufrichtig und hielten weiterhin zu Swamiji.

Der Mahant plante, Swamiji und seine Anhänger mit Hilfe einiger Männer gewaltsam anzugreifen. Swamiji wurde von einem der Assistenten des Mahant vor der Verschwörung gewarnt. Das ließ er sich nicht gefallen. Er ging direkt zu dem Mahant und stellte ihn höflich aber bestimmt zur Rede. Nie zuvor hatten die Sadhus den Donner in Swamijis Stimme gehört. Sie flüsterten einander zu: „Er verdient den Namen Sivananda – der Geist Rudras (der zornige Aspekt Sivas) ist sehr stark in ihm zu spüren!“ Der Mahant versprach, den Ashram korrekt zu leiten und bedauerte sein bisheriges Verhalten.

Swamiji leistete wundervolle Dienste im Sangha (Mönchsgemeinschaft). Wenn der Mahant sich weigerte, den Mönchen Bhiksha (Almosen) zu geben, musste Swamiji es irgendwie bewerkstelligen, beinahe hundert Mönche zu ernähren und sie tagelang mitten in der Einsamkeit des Waldes zu versorgen. Er war ein Muster an Mut und vollkommen furchtlos. Der Mahant sah schließlich seine Ohnmacht und Dummheit ein, kam zu Swamiji und bat ihn um Verzeihung. Wie immer segnete Swamiji den Menschen, der ihm Böses gewollt hatte. Ein anderes Mal hatte derselbe Mahant sein Bein verletzt. Er zögerte, Swamiji aufzusuchen, aus Angst, dieser würde ihn nicht behandeln wollen. Aber Swamiji behandelte ihn zu seiner Überraschung mit besonderer Sorgfalt und heilte sein Bein in ein paar Tagen.

Einmal musste Swamiji an einer Kirtan-Tagung in Meerut teilnehmen, und in seiner Abwesenheit bereitete der Mahant den Mönchen erneut Schwierigkeiten. Die verzweifelten Mönche suchten Hilfe bei der Polizei – ohne Erfolg. Sie informierten dann Swamiji über den Vorfall. Nach seiner Rückkehr von Meerut hörte er sich alle Einzelheiten der Angelegenheit an. Er reagierte in der Art und Weise, die typisch für einen Jivanmukta (zu Lebzeiten Befreiter) ist – ohne im Geringsten aus dem Gleichgewicht zu geraten und indem er alles mit gelassener Heiterkeit aufnahm. Kurz bevor er nach Rishikesh zurückkehrte, hatte er Paramanandaji geschrieben: „11. Januar 1934. Vertraue auf Ihn. Bete. Das Böse wird sich zum Guten wandeln. ‚Dein Wille geschehe.’ Om Shanti Shanti Shanti. Gott segne euch alle mit Kraft und Frieden.“

Als er in den Swarg Ashram zurückkehrte, stand Swamiji vor den Alternativen, entweder den Swarg Ashram oder seine Schüler aufzugeben. Swamiji entschied sich für erstere. Er sagte: „Es ist nicht empfehlenswert, gegen das Böse anzukämpfen. Der Mahant wird immer wieder für Ärger sorgen und es wird nie Frieden geben.“ Er riet allen Mönchen, den Ashram zu verlassen, aber viele Sadhus zögerten. Obwohl Swamiji dort zehn lange Jahre mit intensiver spiritueller Praxis verbracht hatte, hing er nicht an dem Ort. Er erklärte: „Wohin ich auch immer gehe, dort wird Swarg Ashram für mich sein. Selbst wenn ich nach Meerut gehe oder Lahore oder Lucknow, werde ich immer Swarg Ashram dort finden.“ Gesagt – getan. Swami Sivananda ging an das andere Ufer des Ganges und ließ sich dort nieder.

Als der Mahant davon erfuhr, bot er Swamiji alles Mögliche an, um ihn zurück zu holen. Seine Mühe war vergeblich. Später erklärte Swamiji: „Ich liebte den Ort und ich genoss die Ruhe dort, aber im Interesse des spirituellen Fortschritts einer großen Zahl von bereits gut ausgebildeten Suchenden entschied ich, den Swarg Ashram zu verlassen.“

Am 17. Januar 1934 also, als Swamiji von seiner Reise zurückkam, zog er mit vier Schülern – Paramananda, Krishnananda Puri, Yogi Narayan und Swarna Giri - in den Ram Ashram (der an den jetzigen Sivananda Ashram angrenzt). Er bezog das Zimmer an der Ostseite der Bibliothek im Hauptgebäude.

Eines Tages musste wieder einmal Bhiksha vom Kalikambliwala Kshetra (Armenhaus) in Rishikesh geholt werden, das zwei Meilen entfernt lag. Die Straße nach Rishikesh war damals nicht, wie sie heute ist und der Übergang über den reißenden Strom des Chandrabhaga war in der Regenzeit beinahe lebensgefährlich. All diese Schwierigkeiten mussten immer wieder um der göttlichen Aufgabe willen überwunden werden.

Der erste Schritt – Sivanandashram

Jahre später wurde es geradezu zur Mode unter den Heiligen von Rishikesh und Swamijis Schülern, die ihn kennengelernt hatten, bevor er den Swarg Ashram verließ, jeweils anlässlich der Geburtstagsfeierlichkeiten zu Ehren Swamijis, den Sivananda-Ashram mit den Worten zu loben, dass dort, wo noch ein paar Jahre zuvor Dschungel gewesen war, nun eine Kolonie von Heiligen entstanden sei, eine Siedlung, wo sich fromme Menschen zurückziehen und mit Gott in Verbindung treten konnten. Das war das Ergebnis von Swamijis zweiter Entsagung. Als er den Swarg Ashram verließ, hatte er nicht nur ein vergleichsweise bequemes Leben aufgegeben, sondern auch ein Leben, dass ihm den besten Rahmen bot, die Glückseligkeit des Samadhi (Überbewusstsein) zu genießen, ungestört von der Verantwortung für eine Institution. Er hatte auf seine frühere Überzeugung verzichten müssen, dass er keinen eigenen Ashram gründen und keine Schüler bei sich aufnehmen würde.

Er war bereit, gewillt und sogar von dem starken Wunsch beseelt, der Menschheit zu dienen; aber seine bevorzugte Methode im Swarg Ashram war die so genannte ‚Blitzmethode’. Er eroberte einen bestimmten Ort oder eine bestimmte Provinz im Sturm und kehrte sofort nach Rishikesh zurück; aber selbst das musste er aufgeben für ein Leben, das mit pausenloser Arbeit und der Verantwortung einer leitenden Stellung ausgefüllt war. Das war der Wille Gottes und Swamiji unterwarf sich diesem freudevoll, indem er sagte: „Ich hätte mir nie träumen lassen, dass Er solche Dinge von mir verlangen würde. Ich habe alles hinter mir gelassen, habe mit allen Bindungen gebrochen mit dem Gedanken, mein Leben an einem ruhigen Ort zu verbringen, in der Wiederholung des süßen Namens Ramas versunken. Aber jetzt hat Gott mir eine ‚Familie’ gegeben und mir scheint, dass ich zu dieser Familie gehöre, ob ich will oder nicht. Wer weiß? Vielleicht bin ich dazu geboren. Solange irgendjemand auch nur ein Fünkchen Nutzen aus diesem Selbst zieht, macht es mich glücklich, ganz ihnen zu gehören. Wer auch immer mich braucht, dem will ich mich geben.“

Jahre später, als Swamiji mit seinen Schülern über den Umzug sprach, sagte er: „Planen und organisieren lag mir eigentlich nicht. Ich hing also von der Gnade Gottes ab. Ich hatte beschlossen, den Swarg Ashram zu verlassen. Wo aber sollte ich hingehen? Das war ein großes Problem. Eine Weile lang konnte ich in einem kleinen Raum in der Bibliothek des Ram Ashram unterkommen. Einige meiner Schüler lebten in einer kleinen Dharamsala (Pilgerherberge) in der Nähe und nahmen ihre Mahlzeiten im Kshetra (Armenküche) ein. Ebenso ging ich einige Tage lang zum Kshetra, um dort zu essen. Um Zeit zu sparen, ließ ich mir mein Essen von einem älteren Mönch vom Kshetra mitbringen. So vergingen einige Monate.

Swamiji war auf der Suche nach einer Unterkunft, wo sie alle leben und arbeiten konnten. Alle Nachteile, die sie in Kauf nehmen mussten, reichten nicht aus, um sie dazu zu bewegen, den Platz zu verlassen und nach Rishikesh zu gehen. Swamiji fand schließlich einen verlassenen Kutir (Hütte) mit vier Zimmern, der ziemlich heruntergekommen und verwohnt aussah und eher an einen verlassenen Kuhstall erinnerte. Aber ihm bedeutete er mehr als ein Palast. Er reinigte ihn gründlich und bezog ihn. Am 28. März 1934 schrieb er: „Ich wohne jetzt in dem kleinen Gebäude mit vier Zimmern. Sri Advaitanandaji wird bei mir wohnen.“

Das war die Keimzelle einer großartigen Institution. Einen Raum nutzte er zum Schlafen und Wohnen und als Büro, der andere diente als Apotheke und die zwei restlichen Räume, sowie ein weiterer auf dem kleinen Hügel, standen den Schülern zur Verfügung. Um die wachsende Zahl der Schüler aufzunehmen, die trotz der miserablen Lebensbedingungen kamen, war schließlich eine Erweiterung notwendig. Aber bauen setzte Geld voraus. Für Swamiji, der noch nicht einmal bereit war, Geld für Essen auszugeben, kamen Ausgaben für Neubauten nicht in Frage: „Ich hätte ohne weiteres ein paar palmengedeckte Hütten im Dschungel aufstellen können, aber das wäre nicht das Richtige für dynamisches Arbeiten gewesen. Bücher und Papiere könnten durch Waldameisen beschädigt werden. Ich hatte eine Zimmerflucht in einer ehemaligen Pilgerherberge gesehen, die von einem Ladenbesitzer als Kuhställe benutzt wurden. Die Räume hatten keine Türen.

Einer nach dem anderen wurden sie in Wohnräume für Schüler umgewandelt.“ In seiner Autobiographie erzählt er außerdem:
„Sie wurden hergerichtet, indem Türen und Fenster eingebaut wurden. Ich bezog die Räumlichkeiten und lebte dort acht Jahre lang. Als mir fromme Menschen etwas Geld für meinen persönlichen Bedarf gaben, ließ ich davon Handzettel drucken zu Themen wie ‚Zwanzig wichtige spirituelle Unterweisungen’, ‚Der Weg zu Frieden und Glückseligkeit’, ‚Vierzig goldene Regeln’ und andere Handouts, die ich Besuchern gab. Ich kaufte wirkungsvolle Medikamente für kranke Mahatmas und investierte den Rest in Briefmarken, um Artikel an Zeitungen zu schicken oder Briefe an interessierte Aspiranten. Die Arbeit wuchs beständig, obwohl ich nichts tat, um Schüler in den Ashram zu holen.

Zahlreiche wirkliche Wahrheitssuchende kamen zu mir, weil sie meine Hilfe und Führung suchten. Sie wurden alle von mir initiiert, lebten in den Räumen in der ehemaligen Dharamsala (Pilgerherberge) und arbeiteten Tag und Nacht. Um die stetig steigende Arbeit bewältigen zu können, erwarb ich ein Vervielfältigungsgerät und eine Schreib maschine. Die Menschen zeigten großes Interesse am Dienen für die spirituelle Erhebung der Welt. Ich bewunderte ihre Hingabe an mich. Durch die Arbeit vergaßen sie die Vergangenheit und tauchten tief ein in spirituelle Erfahrungen und spirituellen Fortschritt durch Dienen und Sadhana (spirituelle Praktiken). Fromme Menschen spendeten  freiwillig für den guten Zweck. Für den Unterhalt der Schüler wurden mir freie Rationen für fünf Personen vom Kalikambliwala Kshetra in Rishikesh angeboten. Unter dem Rest der Schüler und den Besuchern wurden die kärglichen Spenden aufgeteilt, die wir manchmal bekamen. Dies machte es mir möglich, ein paar Bücher zu veröffentlichen, um diese zu verkaufen.“

Swamiji verlor keine Zeit, um beim Maharajah von Tehri Garhwal die Überlassung eines Grundstücks für den Bau eines Ashrams zu beantragen. Der vorausschauende Landesfürst stellte das Grundstück sowie eine alte, verlassene Hütte in der Nähe (wo nun die Kailash Kutirs stehen) im Nachhinein von sich aus zur Verfügung. Das war ein Segen für die Schüler, die bislang ihre Kutirs zum Wohnen und Arbeiten zugleich genutzt hatten.

In der Zwischenzeit fanden sie noch mehr leere Räume, die vorerst schmutzig und unbewohnbar waren. Darin wurde später die Küche mit Nebenräumen eingerichtet. In einem Raum lebte eine Kuhherde; die anderen waren voll mit Heu und Dung. Swamiji putzte zuerst den Raum, der heute die Post beherbergt und machte ihn bewohnbar. Dort wurde ein Schüler untergebracht; außerdem diente der Raum als kleine Küche. Nach ungefähr einem Jahr verließ die alte Kuhherde das Haus.

Swamiji war klar geworden, dass man mit Hilfe einer Organisation der Menschheit viel Gutes tun konnte. Sein Ziel war die Verbreitung spirituellen Wissens und die Unterweisung von Aspiranten in Yoga und Vedanta. Der Sadhu Sangha (Gemeinschaft von Heiligen) im Swarg Ashram hatte ihm den Weg gewiesen. (Der Gedanke des Sadhu Sangha selber schlug sich in der Gründung der All World Sadhus’ Federation und später des Bharat Sadhu Samaj nieder).

Welches der beste Weg wäre, dieses hohe Ziel zu erreichen, war eine Frage, die Swamiji und seine ersten Schüler intensiv beschäftigte. Die Entscheidung wurde rasch getroffen und, wie für ihn typisch, ohne Verzögerung umgesetzt. Während Swamiji und Swarupanandaji von einer Reise durch den Punjab nach Rishikesh zurückkehrten, besprachen sie die Angelegenheit im Zug. Als der Zug sich Ambala näherte, waren sie bereits zu einem Schluss gekommen. Auf dem Bahnsteig warteten schon einige von Swamijis Schülern auf seinen Darshan (ihn zu sehen). Unter ihnen war auch ein Rechtsanwalt. Swamiji teilte dem Rechtsanwalt kurz seinen Entschluss mit, eine Institution zu gründen, und der Rechtsanwalt gab ihm den Rat, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Für die Eintragung einer Stiftung waren allerdings Statuten nötig. Ohne auch nur einen Moment zu zögern, sagte Swamiji: „Am besten machen wir das gleich jetzt und hier.“ Und er unterbrach seine Reise in Ambala. Am selben Tag noch, dem 13. Januar 1936, wurden die Statuten der künftigen „Divine Life Trust Society“ von dem Rechtsanwalt geschrieben und von Swamiji bei der Behörde in Ambala eingetragen.

Die Divine Life Trust Society

Die Ziele und Inhalte, die in den Statuten niedergelegt wurden, waren wie folgt:

  1. Die Verbreitung spirituellen Wissens:
    (a)
    durch die Veröffentlichung von Büchern, Flugblättern und Zeitschriften über traditionelle indische Philosophie, Religion und Medizin in moderner wissenschaftlicher Art und Weise sowie deren Verbreitung gemäß den Vorgaben des Vorstands der Stiftung.
    (b) durch die Verbreitung von Hari nam (dem Namen Gottes) und durch die Durchführung von religiösen Vorträgen und Tagungen und regelmäßigen Hari nam sankirtans (Kirtan Singen).
    (c) durch die Gründung von Zentren und Gesellschaften für die Lehren des Yoga, ethische und spirituelle Sadhanas (Übungspraktiken), die den Teilnehmern helfen, sich spirituell zu erneuern durch Puja (Verehrungsrituale), Bhakti, Jnana, Karma und Hatha Yoga mit systematischem Training von Asanas, Pranayama, Dharana, Dhyana, Samadhi
    (d) durch alle Taten und Dinge, die für die spirituelle Erhebung der Menschheit im Allgemeinen und in Indien im Besonderen notwendig und dieser zuträglich sind.
  2. Schulen, weiterführende Schulen und andere Institutionen nach modernen
    Grundsätzen zu gründen und zu leiten und bedürftigen Schülern durch die
    Verleihung von Stipendien oder zinslosen Darlehen zu helfen, Forschung über die verschiedenen Strömungen in den indischen Shastras (traditionelle Wissenschaften) zu betreiben.
  3. Bedürftigen Witwen, Waisen und anderen mittellosen Menschen zu helfen durch solche Leistungen, die die Stiftung für angebracht erachtet, entweder nach Einzelfall oder nach Kategorien von Fällen.
  4. Apotheken und Krankenstationen oder jedwede andere medizinische Einrichtung zu gründen und zu leiten, wo Kranke im Allgemeinen und insbesondere die Armen unentgeltlich behandelt werden und Medikamente erhalten oder zu den vom Vorstand als angebracht erachteten Bedingungen.

Diese Ziele und Inhalte wurden vom Vorstand der Stiftung in einer Resolution beim Vorstandstreffen am 15. Dezember 1957 überarbeitet, um den inzwischen ‚stark erweiterten de facto Aktivitäten der D.L.S. Stiftung’ Rechnung zu tragen. Daher beschloss der Vorstand, dass in Artikel 1 (a) die Wörter ‚und andere zeitgenössische’ zwischen ‚indische’ und ‚Philosophie’ eingefügt werden sollten, so dass der Satz lautete: ‚indische und andere zeitgenössische Philosophie’. Ebenso wurde in Artikel 2 der Satz ‚indische Shastras’ abgeändert in ‚indische und andere zeitgenössische Shastras’.

Die Divine Life Society

Die Mitgliedschaft in der Stiftung war begrenzt. Es gab viele Wahrheitssuchende, die sich der ruhmreichen Aufgabe anschließen wollten. Daher gründete Swamiji die ‚Divine Life Society’ mit vier Sektionen: Die ‚Vedantic Society’, die ,Divine Prem Society’, die ‚Yogic Society’ und die ‚League of Brahmacharis’. „Mitgliedsbeiträge werden nicht erhoben“, steht im ersten Jahresbericht der D.L.S. „Jeder, der nach Selbstverwirklichung strebt, der Ahimsa (Gewaltlosigkeit), Satyam (Wahrhaftigkeit) und Brahmacharya (Enthaltsamkeit) praktiziert, kann Mitglied werden… An verschiedenen Orten sind bereits Ableger dieser Verbände entstanden.“

Die Divine Life Society wurde gemäß dem Vereinsgesetz XXI von 1860 am 16. April 1939 offiziell im Vereinsregister eingetragen. Eine der vorrangigen Anliegen des Vereins war es, Mittel und Wege zur Verbreitung von spirituellem Wissen zu erschließen. Zu diesem Zweck wurde im Januar 1938 beschlossen, ein Konto einzurichten. Gläubige konnten dort 25 Rupien spenden. Die Beträge wurden in einer Bank investiert. Von den Zinsen wurden regelmäßig Broschüren gedruckt, die unentgeltlich verteilt wurden. Die Flugblätter und Broschüren wurden jedem zugeschickt, der Briefmarken für den Versand schickte. Aber Swamiji verschickte sie auch oft an Menschen, die ihm schrieben, ohne um Zusendung der Broschüren zu bitten.

Kurz bevor die Divine Life Society in Lahore eingetragen wurde, fand dort vom 8. bis 10. April die erste Tagung auf Provinzebene im Punjab für Divine Life Societies statt. Aus diesem Grund spielt die Tagung eine besondere Rolle in der Geschichte der Etablierung des Vereins. Außerdem nahm Swamiji persönlich an der Tagung teil. Dort wurden mehrere Resolutionen verabschiedet, die die wesentlichen Grundlagen darstellen, die Swamiji für seine Institution übernahm.

Die Tagung fand im Moolchand Tempel in Naulakha, Lahore statt. Swamiji, der es bei vorangegangenen Gelegenheiten wiederholt abgelehnt hatte, Ananda Kutir , also den Sivananda Ashram, zu verlassen, überraschte die Veranstalter, als er am 7. April anreiste. Das Programm der Tagung richtete sich nach dem Vorbild des Sadhana Wochenprogramms in Ananda Kutir (Anmerkung des Heraus gebers: So wurden die ersten Gebäude des Sivananda-Ashrams genannt). Von besonderer Bedeutung sind die Resolutionen, die auf Swamijis Initiative bei der Tagung verabschiedet wurden:

  1. Mitglieder der Divine Life Societies im Besonderen und alle Aspiranten, die Sankirtan lieben, und Gläubige im Allgemeinen, verpflichten sich, mindestens eine Mala (108Wiederholungen) ihres Mantras, in das sie eingeweiht wurden, in ein Notizbuch für Mantras zu schreiben. Falls sie dies versäumen, müssen sie dies am darauffolgenden Tag auf jeden Fall nachholen.
  2. Jedes Mitglied des Vereins verpflichtet sich, sein spirituelles Tagebuch regelmäßig zu führen.
  3. Jedes Mitglied des Vereins verpflichtet sich, die Regeln 1, 3, 7, 9, 12, 14, 15, 17 und 19 genau zu befolgen, die in den Zwanzig spirituellen Unterweisungen niedergelegt sind.
  4. Jedes Mitglied verpflichtet sich, unbedingt auf Rauchen, Alkohol und Fleisch zu verzichten.
  5. Jedes Mitglied muss zur Strafe mindestens eine Mala (Gebetskette) eines Mantras rezitieren, falls er seine Pflichten in Bezug auf sein Gelöbnis der Wahrhaftigkeit, Gewaltlosigkeit und des Strebens nach Gottverwirklichung verletzt.
  6. Jedes Mitglied ist angehalten, sich von Kino, Tratsch und Mode fern zu halten.
  7. Jedes Mitglied muss versuchen, dem Land zu dienen und, so weit möglich, Kleidung und Produkte aus heimischer Herstellung zu verwenden.
  8. Alle Mitglieder in ganz Indien verpflichten sich, nur Hindi zu sprechen so weit es die Nation betrifft.
  9. In jedem Zentrum des Vereins muss täglich morgens Unterricht zu Brahma-Muhurta (Zeit zwischen 3 bis 4 Uhr morgens bis Sonnenaufgang) durchgeführt werden, so wie im ‚Tagesablauf in den Zentren’ beschrieben.

Aus dem Obigen geht klar hervor, dass Swamiji die Divine Life Society mit dem einzigen Ziel gegründet hat, jeden auf den Pfad des göttlichen Lebens, der Gottverwirklichung zu geleiten. Er nahm nie ein Blatt vor den Mund, sondern stellte deutlich dar, welche Pflichten die Mitglieder hatten und gab ihnen hundertprozentig praktische Anleitungen, um sie zu ihrem Ziel zu führen. Er zeigte unmissverständlich, dass dieser Verein eine Einrichtung war, die nicht ihr eigenes Süppchen kochte, sondern die den brennenden Wunsch hatte, jedem durch ihre Lehren Nutzen zu bringen und jedem zu helfen, sich aus dem unglückseligen Kreislauf von Geburt und Tod zu befreien.

Der Ashram wächst

Etliche Menschen, die ernsthaft nach der Wahrheit suchten, Swamiji als ihren Guru angenommen hatten und auch regelmäßig nach Rishikesh kamen, um seinen Darshan zu suchen, meldeten sich als Freiwillige für den Bau von einigen Kutirs auf dem Grundstück, das der Maharaja des Gebiets Swami Sivananda zur Verfügung gestellt hatte. Einer der ersten unter ihnen war Sri Hari Ganesh Ambekar (später Swami Hariomananda). Bald darauf gab jemand anders eine Spende und mit diesem Geld nahm Swamiji den Bau der ‚Yoga Sadhana Kutirs’ in Angriff.

Swami vor dem TempelDie Idee stieß bei vielen anderen Menschen auf Interesse. Sie beteiligten sich an dem Werk, indem sie Kutirs errichteten, die ihnen zur Verfügung standen, wenn sie sich selber im Ashram aufhielten. Dies hatte auch den Vorteil, dass die Kutirs während ihrer Abwesenheit von den Sannyasin-Schülern genutzt werden konnten. So wurden beinahe alle Kutirs im Sivananda Ashram von Gläubigen in erster Linie für den persönlichen Gebrauch gebaut, wurden aber in Abwesenheit des Spenders auch von den Ashrambewohnern genutzt.

Ananda KutirAls Swamiji merkte, dass der Gedanke eines Kutirs am Ufer des Ganges eigentlich allen gefiel, unterstützte er diese Vorhaben. In einer Mitteilung, die in der Vereinszeitschrift veröffentlicht wurde, wird der Ashram als der ideale Ort für Meditation inmitten einer malerischen Umgebung mit Blick auf den Ganges beschrieben. Weiterhin stand dort: „Einige abgelegenere Hütten, eine Vortragshalle, ein Dhyana Mandir(Meditationshalle) mit Sankirtan Bhavan (Halle für Kirtansingen) sollen nach und nach in der nahen Zukunft erbaut werden. Es ist der ideale Ort für den Rückzug in die Stille, um die Kontemplation des Göttlichen zu praktizieren. Wer in Ananda Kutir Meditation üben will, ist willkommen, hier seine eigene Hütte zu bauen.“

Die Reaktionen ließen nicht auf sich warten: eine große Zahl von Aspiranten meldeten sich, um sich ihre Hütte im Ashram bauen zu lassen. vor allem solche, die kurz davor standen, in den Ruhestand zu gehen. Da sich Pensionäre im Ashram niederließen, war es notwendig, die Unterkünfte an die Bedürfnisse von Menschen anzupassen, die einige Zeit das Leben eines Vanaprastha (jemand, der sich im dritten Lebensabschnitt befindet) führen wollten.

Swamiji griff diese Idee sofort auf und setzte sie in folgender Mitteilung im April 1942 ins Divine Life Magazine: „Für die Unterbringung von Ruheständlern, die nach Rishikesh kommen, um intensives Sadhana zu üben, wird ein Stück Land in Ananda Kutir bereitgestellt, wo sie ihre Hütten bauen können. Dort wird auch ein Raum für stille Meditation und ein Gebäude für eine Küche, ein Bad und andere Einrichtungen errichtet. Der erste Kutir ist bereits im Bau.“

Zur gleichen Zeit nahm die Bhajan-Halle Gestalt an. Sie wurde 1942 fertiggestellt. Alle wichtigen Veranstaltungen, insbesondere die SadhanaWoche, wurden dort durchgeführt. Es heisst, dass Swamiji schon als er sich noch im Brahmananda Ashram aufhielt, oft die Stelle aufsuchte, wo jetzt der Vishwanath Mandir (Haupttempel des Sivananda-Ashrams) steht, und dabei überlegte, dass angesichts der vielen Baelbäume, die dort standen (die Gott Siva geweiht und daher heilig sind), genau an dieser Stelle ein Shiva-Tempel stehen müsse. Er opferte im Geiste alle Blätter dieser Bäume Gott Shiva in diesem imaginären Tempel. Aus diesem Grund wurde, sobald die BhajanHalle beendet war, der Bau eines Shiva-Tempels begonnen. Miza Govinda Pai spendete die schöne Krishna-Statue Murali Manohar und Sri H.M. Mehta aus Bombay die Statuen von Rama,
Lakshmana, Sita und Hanuman. Swamijis Wunsch hatte sich in Gestalt des beeindruckenden Vishwanath Mandirs materialisiert. Die Eröffnungszeremonie fand am 31. Dezember 1943 statt.

Ungefähr zur gleichen Zeit zog Swamiji in den Kutir am Ufer des Ganges um. Der Ashram war in der Zwischenzeit sehr gewachsen und die Zahl der Bewohner stieg beständig an. Die frühere Küche wurde in einen größeren Raum im gleichen Gebäudetrakt verlegt; und dem dadurch frei gewordenen Raum konnte Swamiji nun als Büro nutzen. Die Schränke enthielten seine Bücher; vor ihm standen ein paar Schreibmaschinen, bereit, seine wertvollen Schriften und Briefe zu tippen. Der Sekretär arbeitete im angrenzenden Raum. Als die Poststelle eingerichtet wurde, brachte man sie im letzten Raum in diesem Trakt unter.

Es war wunderbar, Swamiji auf dem kleinen Sofa sitzen zu sehen, vor dem ein kleiner Tisch stand; vertieft in den Brief eines Wahrheitssuchenden, und ihn später mit einigen Briefen in der Hand schnellen Schrittes zum Postmeister gehen zu sehen, um ihm diese persönlich zu geben. Schon in Malaysia hatte er stets darauf bestanden, jeden seiner Briefe persönlich zur Post zu bringen. Wenn er die Briefe in den Briefkasten einwarf, hatte er das Gefühl, sie dem Empfänger selber überreicht zu haben. (Dasselbe Gefühl hatte er später, wenn er jedes für den Versand bestimmte Bücherpaket einzeln in die Hand nahm und dann auf den Tisch legte.)

Es war eine großartiger und wunderbarer Anblick, ihn auf einer der Zementbänke an den Seiten der Küchenveranda sitzen und Probleme von Weltbedeutung mit seinem Sekretär und anderen Ashrambewohnern besprechen zu sehen, oder zu sehen, wie er von Zimmer zu Zimmer ging und sich nach dem Befinden, Wünschen und Bedürfnissen der Bewohner erkundigte und ihnen als Zeichen seiner grenzen losen Liebe Mandeln, Joghurt, Butter, Obst oder ähnliches gab.

Wenn auch immer ein Aspirant oder ein Besucher den Wunsch äußerte, persönlich mit ihm zu sprechen, um spirituelle Erklärungen oder Hilfe bei der Lösung von Schwierigkeiten bei seinem Sadhana zu erhalten, nahm Swamiji den Aspiranten sofort mit zur Terrasse über seinem ehemaligen Kutir, hörte sich geduldig an, was der Aspirant zu sagen hatte und klärte seine Zweifel.

Vor 1941 war der tägliche Satsang (gemeinsames Singen und Gebet) auf der Veranda des Rama Ashrams durchgeführt worden. Nachdem Swamiji in seinen jetzigen Kutir umgezogen und die Bhajan-Halle gebaut worden war, wurde der Satsang im Sommer auf der Veranda abgehalten (wo auch die Mahlzeiten eingenommen wurden). Im Winter fand er in der Bhajan-Halle statt. Swamiji war stets der erste, der kam und der letzte, der ging. Der Satsang am Abend war besonders feierlich – außer wenn viele Besucher anwesend waren – und üblicherweise wurde nach Lesungen aus Schriften (z.B. der Bhagavad Gita, den Upanishaden oder Puranas und einem von Swamijis eigenen Büchern) gemeinsam meditiert oder Kirtan gesungen. Es gab kein Licht mit Ausnahme einer kleinen Öllampe auf dem Altar und einer Sturmleuchte, die nur während der Lesungen benutzt wurde. Swamijis strahlende Erscheinung, wenn er aus seinem Zimmer kam, um am Satsang teilzunehmen, und wenn er danach wieder dort verschwand, war allein ein Meditationsobjekt. Ebenso die beeindruckende in einen Mantel gehüllte Gestalt mit Turban, in der einen Hand eine Laterne und die unvermeidlichen Taschen in der anderen, wie sie im Winter majestätisch die Straße zur Bhajan-Halle entlang ging. In den langen, mit jedem Schritt mitschwingenden Armen war unbeschreibliche Anmut und Leichtigkeit.

Die Bhajan Halle diente Swamiji nicht nur dazu, um dort Satsang und Gebete zu leiten, sondern auch als Sportplatz, denn bald nach dem morgendlichen Unterricht und nach der Puja im Tempel lief er durch die Halle, um sein morgendliches Sportprogramm zu absolvieren.

Im Jubeljahr (Diamond Jubilee) 1947 wurde der Ashram ausgebaut. Die Diamond Jubilee Halle wurde erbaut, wo das Büro untergebracht wurde, denn dieses war inzwischen erheblich angewachsen und die Räumlichkeiten über den ganzen Ashram verteilt. Auch Swamijis Büro wurde in die neue Halle verlegt. Die Poststelle kam dorthin, wo sie heute ist. Während des Jubiläumsjahres 1947 wurde auch das Vishwanath Ghat (Ufertreppe) am Ufer des Ganges gebaut. Außerdem wurde ein Trakt mit drei neuen Kutirs errichtet. Man kann sagen, dass dieses Jahr für den Ashram eine Zeit besonders intensiver Aktivität und starker Expansion darstellte. Swamijis Ruf hatte sich in aller Welt verbreitet und viele Menschen tauchten auf, die ihn mit Begeisterung unterstützten.

Swamijis Vortragsreise durch Indien im Jahre 1950 führte zu einem nicht abreißenden Strom von Besuchern, für die immer mehr Unterkünfte gebraucht wurden. Daher mussten Räume in der Nachbarschaft gemietet werden. Der Ashram war zu einem Nagar (Siedlung), Sivananda-Nagar, angewachsen.

Die Entstehung des Gyaneshwari Kutirs neben dem Tempel ist einem Wunder zu verdanken. 1948 ging Swamiji mit einigen Anhängern zum Haus von Yogiraj Sri Gauri Prasadji, einem pensionierten Richter im Swarg Ashram, und hielt dort Sankirtan ab. Kurz darauf teilte die Seele der verstorbenen Enkelin des Richters diesem ihren Wunsch mit ‚in Swamijis Nähe zu leben’. Ohne zu zögern spendete er die Mittel, um den Kutir zu erbauen.

Pilgerin vor dem Sivananda AsramHöchste Guru-Bhakti (Hingabe an den Guru) von Seiten der Schüler Swamijis drückte sich in dem wunder schönen Marmortempel aus, der als Sivananda Mandir bekannt ist (und die Marmorstatue von Swamiji birgt) sowie in der großen Sivananda Säule, auf der seine lebensverändernden Lehren eingraviert sind.

Zur gleichen Zeit wurde ein zweistöckiges Gebäude errichtet, in welchem die Lehrer der Yoga Vedanta Forest Academy sowie einige Schüler – vorallem Schüler aus dem Ausland – untergebracht wurden. Dieses Gebäude wurde 1954 fertiggestellt und am 26. Juni 1954 eingeweiht. Die Bauarbeiten, die ganzjährig durchgeführt wurden, konnten nicht Schritt halten mit den Spenden, die für die Errichtung neuer Gebäude eingingen. Ein weiteres zweistöckiges Gebäude, der Parvati Kutir, wurde errichtet sowie eine Reihe weiterer Räume, die über dem alten Yoga Sadhana Kutir entstanden. Und als 1958 schließlich die Regierung den an den Ashram angrenzenden Hügel freigab, wurde der Ashram durch die Mount Kailas Kutirs erweitert. Diese schönen angenehmen Wohngebäude sowie die meisten der gut geplanten Ashramgebäude – die Augenklinik inbegriffen – waren unter der Leitung von Swami Madhavananda entworfen und gebaut worden. Davor war Swami Vishnudevananda für die Bauleitung zuständig gewesen, z.B. für den Sivananda Mandir. Als sein Vorgänger wiederum hatte Swami Nityananda diesen Seva (selbstloser Dienst) ausgeführt; unter seiner Leitung waren der Shiva Kutir und eine Reihe anderer Wohnhäuser entstanden.

1944 erwarb die Divine Life Society den ‚Vishwanath Bagh’ (ein Gartenhaus) an der  Hardwar Straße in Rishikesh. Swami Shradhananda baute darin eine Höhle; und später verwandelte Swami Shankarananda das Grundstück nicht nur in einen Blumen- und Gemüsegarten, sondern baute auch alle Räume zu festen Betongebäuden aus.

Die Helfer beim Aufbau des Sivananda Ashram waren zahlreich, aber der dynamische Geist, der hinter jedem neuen Gebäude stand, der alles inspirierte und der die Flamme der Begeisterung auf einzigartige Art und Weise im Herzen jener wach hielt, die das Glück hatten, ihn bei seiner wunderbaren Aufgabe zu unterstützen, war Swamiji selbst. Daher ist der Ashram von seiner Persönlichkeit, seiner Energie, seinem unermüdlichen Wunsch nach selbstlosem Dienen geprägt. In diesem Sinne könnte man sagen, dass jeder Stein dieser großartigen Einrichtung von ihm gesetzt wurde. Dies trifft für den Fall des Vishwanath Mandirs sogar im wörtlichen Sinne zu: Swamiji trug selber während der Bauarbeiten Steine auf seinem Kopf. (Seit 1944 war der Ashram stetig gewachsen. Die Gesamtzahl der Räume beläuft sich nun auf 200.)

Umgang mit Gästen

Viele Menschen kamen zu dem bekannten Ananda Kutir mit dem sehnlichen Wunsch, in den Genuss des Darshan (heilige Anwesenheit) und des Segens des großen Weisen zu kommen und trafen dort auf einen stattlichen, stämmigen Mönch, der sich gerade so verhielt, als sei er es, der ihren Darshan ersehnte. Eine Dame aus Südindien beispielsweise kam und bat um Swamijis Darshan. Swami Sivananda war gerade im Büro und sie wurde zu ihm geführt. Einige Zeit später kam sie wieder heraus und fragte ein paar Ashrambewohner, die dort standen: „Wo ist Swami Sivananda?“ Als sie ihr sagten, sie sei doch soeben bei ihm gewesen, rief sie erstaunt: „Oh! Ich dachte, das sei der Verwaltungschef! Ist er der Heilige?“ Mit Tränen in den Augen lief sie erneut zu dem Manager-Mönch hinein und fiel ihm zu Füßen.

Wenn man ihn sah, wie er mit jedermann scherzte, hatte man zwar den Eindruck, einen normalen Menschen vor sich zu haben, aber sensible und empfängliche Menschen mussten das einzigartige Strahlen in seinen Augen wahrnehmen, das seine spirituelle Größe verriet. Dennoch schien jede seiner Bewegungen, Worte und Taten trotz der Heiterkeit, Gelassenheit und Würde, die von ihm ausgingen, zu sagen: „Ich bin dein Diener.“ Obwohl er ein weithin bekannter Weiser, ein im ganzen Land geachteter und verehrter Lehrer und Reformer sowie der Gründer einer großen Organisation war, schien sich Swamiji dessen selbst kaum bewusst zu sein und betrachtete sich als der universelle Diener sowohl Gottes als auch der Menschen. Auch wenn gut ein Dutzend beflissener Schüler bereit waren, auf nur ein Wort von ihm, ihm zu Diensten zu eilen, kam es vor, dass Swamiji, anstatt abzuwarten, bis ein Glas Milch für einen müden Gast vorbereitet worden war, selber mit einem Glas Milch und etwas Obst in der Tasche zu dem Gast ging. Wenn er bemerkte, dass ein Besucher eher schüchtern und zurückhaltend war und sich scheute, seine Bedürfnisse kund zu tun, kam er jedem einzelnen dieser unausgesprochenen Wünsche zuvor und beauftragte einen Ashrambewohner, sich um den Gast zu kümmern und dafür zu sorgen, dass dieser alles bekam, was er brauchte, bevor er danach gefragt hatte.

Swamiji hatte die Angewohnheit, stets etwas Obst, etwas zu knabbern oder ein interessantes Buch bei sich zu haben, wenn er zu seinem Abendspaziergang aufbrach. Das gab er dann irgendjemandem, dem er es gerade geben konnte. Wenn er mittags auf dem Weg zu seiner Kammer war und unterwegs sah, wie ein Ashrambewohner einem Sadhu zu Essen brachte, blieb er zuweilen stehen, verscheuchte die Affen und goss Wasser über die Hände des Sadhus, damit er sich diese waschen konnte. In solchen Fällen waren Proteste zwecklos. Wenn seine Anhänger ihm Obst und Süßigkeiten als Geschenk anboten, gab er sie sofort an jeden, der in Reichweite war, weiter. Auch der Botenjunge, der Friseur, der Postmeister, ein zufällig vorbeikommender Bettler oder ein Straßenkehrer bekamen ihren Anteil.

Am Vorabend von größeren Veranstaltungen, wenn Mahlzeiten für viele Personen serviert wurden, war Swamijis kindliche Ungeduld schneller als der angeheuerte Koch. Bevor dieser das für den besonderen Anlass vorgesehene süße Gericht fertig zubereiten konnte, nahm Swamiji alles, was bereits fertig war, opferte dem Fluss Ganges ein wenig davon und begann, den Rest zu verteilen. Dabei gab er nicht nur mit einer Hand, sondern griff mit beiden Händen in die Schüssel, um allen reichlich zu geben. Manchmal vergaß er in seiner Begeisterung und Großzügigkeit, zwischen Kindern und Erwachsenen zu unterscheiden. So konnte man wiederholt den rührenden Schrecken in den plötzlich geweiteten Augen eines Kindes beobachten, das sich Swamijis ausgestreckten Händen gegenüber sah, voll mit einer solchen Menge an Süßigkeiten, die das Kind kaum in den seinen halten, geschweige denn, wegtragen konnte.

Er verblüffte die herkömmlichen orthodoxen Sannyasins durch die Art und Weise, wie er seinen Anhängern diente. Jedem Gast gab er das Gefühl, dass er die gesamte Zeit und Aufmerksamkeit Swamijis in Anspruch nahm und dass dieser ihm ganz besondere Fürsorge widmete. Der Besucher machte die Erfahrung, dass er, sobald ihm ein Zimmer zugewiesen worden war, mit Fragen nach seinen Bedürfnissen und Wünschen überhäuft wurde. Ihm wurde Wasser auf das Zimmer gebracht, eine Laterne zur Verfügung gestellt, ein Moskitonetz im Sommer oder eine zusätzliche Decke in der kalten Jahreszeit, ein Sessel, falls es sich um einen älteren oder gebrechlichen Menschen handelte. Und zum Schluss bat Swamiji den Bibliothekar, dem Gast jedes Buch zur Verfügung zu stellen, das dieser zu lesen wünschte.

Die Erfahrung dieser außergewöhnlichen, eingehenden Aufmerksamkeit kam für viele Besucher einer Offenbarung gleich, die aufrichtig zugaben: „Wir sind wirklich beschämt. Er lehrt uns Familienväter, wie man Gäste richtig behandelt und bedient. Swamiji hat die Kunst der Gastfreundschaft perfektioniert und wir haben den Eindruck, dass wir noch viel von ihm lernen können. Wir dachten, dass es für uns Familienväter kaum noch etwas darüber zu lernen gäbe, aber hier haben wir jemanden getroffen, der sogar uns ein nachahmenswertes Beispiel gibt."

Der Umgang mit Besuchern und Gästen in diesem abgelegenen Ashram war für viele Menschen eine Überraschung. Die Ashrambewohner und alle, die mit ihnen zu tun hatten, konnten zu Recht stolz darauf sein. In dieser Hinsicht war Swamiji wie ein Wachhund. Er gab seinen Mitarbeitern die Anweisung, nie in herrischem Ton mit den Besuchern zu sprechen. Er betonte stets: „Wenn ihr versucht, Atman (das höhere Selbst) in allem zu sehen, müsst ihr dies in eurem Verhalten ausdrücken. Es bringt nichts, den Kopf in den Wolken zu haben, während die Hände in den Hosentaschen stecken. Es ist unwesentlich, ob ihr daraus irgendeinen besonderen spirituellen Nutzen zieht oder nicht, aber die Menschen, die für einige Zeit herkommen, sollen hier wirklichen Frieden finden. Wenn sie sich später an die Liebe und Aufmerksamkeit erinnern, die ihnen hier entgegen gebracht wurde, werden sie sich im Zusammenhang mit diesem Ort auch an den Frieden des Ganges, der Kirtans und anderer spiritueller Gedanken erinnern. Dient ihnen daher mit dem Herzen. Ashrams und Mathematik müssen als Beispiele dienen, um zu zeigen, was selbstloses Dienen und uneigennützige Liebe bedeuten."

Durch seine liebevolle Aufmerksamkeit und Herzlichkeit gelang es Swamiji, jeden auf eine Art und Weise aufzurütteln, die seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprach. Dank seiner Gastfreundschaft und Aufmerksamkeit gelang es ihm, das Denken, die Meinungen und das Verhalten von Menschen während der begrenzten Zeit ihres Aufenthalts zu verändern.

Er tat dies auf seine ganz eigene Art, indem er ihnen einen Kirtan oder einige Asanas beibrachte, oder indem er sie einfaches Pranayama üben oder ab und zu einen Vortrag vor einer kleinen Zuhörergruppe halten ließ. Er machte sie mit der Praxis des Likhita Japa (Mantraschreiben) bekannt und zeigte ihnen, wie man ein spirituelles Tagebuch führt und sich eine eigene nützliche tägliche Routine erarbeitet. Besucher erfuhren außerdem, wie man Meditationen, Gebete und Unterrichtsstunden leitet. Kurz gesagt, jeder verließ den Ashram als eine potentielle Keimzelle für die weitere Verbreitung göttlicher Gedanken und spiritueller Praktiken. Innerhalb von nur einer Woche oder zehn Tagen wurden dem Aspiranten oder Anhänger etliche Dinge auf klare und präzise Weise vermittelt.

Swamiji sagte: „In unserer heutigen Welt muss man dem Motto ‘in der Kürze liegt die Würze’ folgen. Die traditionelle Frömmigkeit glänzt durch Abwesenheit und die Leute haben kaum Zeit übrig. Alles muss den Umständen angepasst werden. Das Leben ist kurz und Tage und Jahre vergehen schnell. Wenn jemand zu mir kommt, gebe ich ihm daher alles, was ich zu geben habe, so rasch wie möglich, in der Art und Weise, die seiner Persönlichkeit entspricht.“

Swamijis Sorge galt nicht allein den Ashrambesuchern, sondern auch einigen weniger willkommenen ‘Gästen’. Er erlaubte auch anderen nicht, irgendeinem lebenden Wesen auf der Erde zu schaden. Einmal hatte ein Ashrambewohner die Matratze, auf der Swamiji schlief, aus dem Zimmer getragen und entdeckt, dass es darin vor Wanzen wimmelte. Voller Hingabe an den Meister wollte er die kleinen Wesen, die Swamijis Schlaf störten, ausmerzen. Er bereitete einen großen Lappen vor, den er in Kerosin tauchte, und rieb damit die Nistplätze der Wanzen ab. Aber die Wanzen hatten Glück (schon allein, weil sie jede Nacht Swamijis heilige Anwesenheit genießen konnten!). Swamiji erschien und der Ausdruck tiefen Schmerzes auf seinem Gesicht ließ den Schüler in seinem Zerstörungswerk innehalten. „Ohji, bitte tu das nicht", sagte er.

„Aber Swamiji, diese Matratze ist voller Wanzen und das genau ist der Grund, warum Swamiji nicht schlafen kann“, entgegnete der Schüler. „Das macht nichts. Nimm die Matratze und lass sie einige Tage lang im Wald liegen. Gib mir für die Zwischenzeit eine andere Matratze“, antwortete Swamiji ohne zu zögern.

Ebenso schützte Swamiji die Ratten, die sich in seinem Zimmer eingenistet hatten. Als einige von ihnen begannen, Papiere, Bettwäsche und Kleider anzunagen, wurden sie von den Schülern, die dort arbeiteten, gefangen. Aber sie konnten nichts anderes mit den Ratten machen als einen Ausflug in einer gemütlichen Tasche; und am selben Abend noch kehrten die Ratten an den gleichen Ort zurück. Sie gewannen sogar seine Zuneigung, indem sie nachts an seinen Zehen knabberten. Für einen Diabetiker konnte dies allerdings gefährlich werden. Ein Fachmann kam in den Ashram und gab seinen fachmännischen Rat zur Beseitigung der Rattenplage. Natürlich kannte er keine einfachere und bessere Lösung als die Ratten zu vergiften. Swamiji, der sonst immer bei jedem Thema aufmerksam zuhörte, egal ob es erfreulich oder unerfreulich, heilig oder profan war, weigerte sich zum ersten Mal, den Ratschlag anzuhören. „Nein, nein.“ Er schüttelte energisch den Kopf. „Die Ratten werden nicht umgebracht. Wir hingegen werden besser auf die Dinge Acht geben, die sie nicht zerstören sollen. Manuskripte bleiben in Zukunft in den Stahlschränken und auch Bettwäsche und Kleider werden sicher vor den Ratten verwahrt. Sie werden aber niemals umgebracht!“

Wenn der Fachmann weiter geredet hätte, hätte er den Ratten wahrscheinlich zu regelmäßigen Mahlzeiten verholfen, denn genau dies hatten andere erreicht, die sich dafür ausgesprochen hatten, die Affen, die in Nachbarschaft des Ashrams lebten, zu vertreiben. Swamiji konterte diesen Vorschlag unverzüglich mit der Anordnung, den Affen regelmäßige Portionen zu essen zu geben!

1949 wurde der Satsang am Abend manchmal in Swamijis Kutir abgehalten. Nach dem Satsang machte Purushottamji immer Swamijis Bett. Eines Tages entdeckte er, als er diesen Schrank öffnete, dass das neue teure Laken von einer Ratte in Stücke zerrissen worden war und darin fand er ihre vier neugeborenen Jungen. Sie hatten kaum die Augen geöffnet. Purushottamji nahm das Laken mit den Rattenbabys, um sie Swamiji zu zeigen. Als Swamiji die winzigen Kreaturen sah, füllte sich sein Herz mit Mitgefühl und es tat ihm sehr leid, dass sie in ihrem Unterschlupf gestört worden waren. Daher bat er Purushottamji, sie unverzüglich an dieselbe Stelle zurück zu bringen und genauso wieder dort hinzulegen, wie er sie vorgefunden hatte, damit ihre Mutter sie nicht vermisse. Ein oder zwei Tage später wurde die Mutter allerdings von einer Katze getötet. Bald darauf starben auch die Rattenjungen. Als Swamiji die toten Ratten sah, wurde sein Blick sehr traurig. Er sang das Maha Mantra für die Seelen der verstorbenen Ratten.

Während des Sommers gibt es viele Skorpione. Auf der Veranda von Swamijis Kutir, wo der Abend-Satsang früher stattgefunden hatte, lag eine Zange, mit der man die Skorpione aufheben und entfernen konnte. Eines Abends sah ein Besucher während des Satsangs einen Skorpion und zerquetschte diesen mit seiner Taschenlampe. Swamiji beobachtete zufällig das Geschehen und sofort nach dem Kirtan rief er den Besucher zu sich und fragte, warum er den Skorpion getötet habe. Der Mann antwortete: „Es ist ein grausames Tier und sticht Menschen. Swamiji gab zurück: „Kannst du Menschen davor schützen, von Skorpionen gestochen zu werden, von denen es Millionen in diesem Land gibt, indem du einen tötest?

Es hat dich wahrscheinlich nur ein paar Sekunden gekostet, das Tier zu töten. Aber kannst du ihm das Leben zurückgeben? Wenn du nicht die Macht hast, die Toten wieder zum Leben zu erwecken, wie kannst du dann Leben nehmen?“ Der Besucher wich zurück, warf sich vor Swamiji nieder und sagte, dass es ihm leid tue und das er nie wieder in seinem Leben ein Wesen töten würde.

Unterricht in Selbstbewusstsein

Swamiji unterrichtete seine ersten Schüler mit großer Sorgfalt und Gründlichkeit und flößte ihnen den missionarischen Geist des Dienens ein.

Er betonte stets, dass sie dazu ausgebildet waren, sich allen Eventualitäten zu stellen. Als zum Beispiel die Möglichkeit eines Rechtsstreits im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung diskutiert wurde, schrieb er in einem Brief vom 2. Juli 1935: „Man sollte jede Erfahrung einmal gemacht haben. Erst dann verschwinden Gefühle wie Angst und Scham.“

Beinahe die gleichen Worte sprach er 1955 erneut aus, als die Verwalter des Ashrams zögerten, Klage gegen den flüchtigen Ashrambewohner, der als Postmeister gearbeitet hatte, zu erheben, sondern die Sache zu den Akten zu legen: „Wenn ihr das für richtig haltet, dann macht es! Ich habe keine Angst davor, vor Gericht zu gehen. Wir sollten Unehrenhaftigkeit genauso wie Ehrenhaftigkeit annehmen.“

Swamijis Schüler mussten sich 1941 einem harten Test unterziehen. Vielleicht hatte sich Swamiji ihn ausgedacht, um die Hingabe seiner Schüler an ihn und an die Sache zu testen und um sie auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Am 18. Februar 1941 verließ Swamiji den Ashram, ohne irgendjemandem Bescheid zu geben. Er hinterließ eine Nachricht mit den Worten: „Ich habe Swami Paramananda, meinen ältesten Schüler, zum Präsidenten der Divine Life Society ernannt, da er seit vielen Jahren in enger Beziehung zu mir steht. Ich muss mich aus gesundheitlichen Gründen ohne Verzögerung in den Ruhestand begeben.“

Die Schüler begannen, ihren Meister zu suchen, wobei jeder in eine andere Richtung ging. Diejenigen, die feste Aufgaben hatten, führten diese weiter aus. Sie wurden durch den Feuertest geschickt und erwiesen sich des Vertrauens würdig, das Swamiji ihnen entgegengebracht hatte. Sie zeigten unübertreffliche Hingabe an ihn und waren gleichzeitig bereit, seine Anordnungen weiter auszuführen. Sie zeigten, dass sie die Aufgabe weiterführen konnten, ohne die Inspiration seiner persönlichen Anwesenheit und arbeiteten gut zusammen. Das genau war es, was Swamiji gewollt hatte.

In einer Beilage in der März-Ausgabe des Divine Life Magazine schrieb Swami Paramananda: „Seine Heiligkeit Sri Sivananda Maharaj. Geboren 1887. 10jähriger Dienst als Arzt in Singapur. Kehrte nach Indien zurück und trat 1923 in den Orden des Sri Sankara ein. Ließ sich in Rishikesh nieder und lebte in Askese und Einsamkeit.

Swamijis Herz ist erfüllt von grenzenlosem Mitgefühl und Liebe. Um der Menschheit umfassend, systematisch und gut organisiert zu dienen, gründete er 1936 die Divine Life Society. Er ließ sich in einer kleinen Hütte am Ufer des Ganges nieder und zum Nutzen der ganzen Welt arbeitete und wirkte er auf verschiedenen Ebenen. Er weihte 200 Sannyasins (der Welt Entsagende) und Brahmacharins (Enthaltsamkeit Gelobende) ein. Jedes Wort in seinen Büchern ist sehr machtvoll. Tausende haben durch die Gnade, das Mitgefühl und den Segen Swamijis zu einem neuen Leben gefunden, frische Kraft und Hoffnung geschöpft, unbeschreibliche Freude und Frieden erfahren.

Am denkwürdigen Dienstag des 18. Februar 1941 hat sich Swamiji von seiner aktiven Arbeit im Dienste der Divine Life Society zurückgezogen. Er hat sich wieder in die Einsamkeit begeben, entweder in den tiefen Wäldern des Himalaya oder in den Ebenen am heiligen Ganges. Er hat Ananda Kutir gegen zwei Uhr nachmittags verlassen, nur mit der Kleidung, die er auf dem Leib trug, ohne Geld und ohne sich zu verabschieden. Falls jemand das Glück haben sollte, diese Persönlichkeit mit magnetischer Ausstrahlung zu treffen, bitten wir, Swamiji in keiner Weise zu stören. Aber wer ihn trifft, kann seines Darshans teilhaftig werden und sich um sein leibliches Wohl kümmern, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt.“

„Swamiji hat uns präzise Richtlinien für die Arbeit auf dem spirituellen Weg gegeben. Er hat uns lange geführt und nun möchte er sehen, wie wir unseren Teil dazu beitragen. Dies ist zweifellos ein harter Test für uns, zumal alle seine Schüler noch sehr neu auf dem spirituellen Pfad sind. Wenn wir einen ernsthaften Versuch unternehmen, seinen Willen auszuführen, sind wir sicher, dass uns seine Gnade helfen wird, diese Prüfung erfolgreich zu bestehen. Sri Swamiji Maharajs Liebe zu uns ist grenzenlos. Er wird immer unter uns sein. Er kann uns nicht im Stich lassen und uns seinen Darshan vorenthalten. Er kann niemandem in irgendeiner Weise weh tun. Wir sind sicher, dass er uns erneut seinen Darshan geben und unser weiterhin auf dem spirituellen Weg leiten wird, bis wir das Ziel erreichen, wenn wir ihn zufrieden stellen. Es ist seine Pflicht. Er wird seiner Pflicht auf jeden Fall nachkommen, aber wir müssen seine Anweisungen genauestens befolgen.

Besondere Gebete für seine Gesundheit und baldige Rückkehr werden allerorten von den Mitgliedern der Divine Life Society, den Schülern von Swamiji und den Ashrambewohnern von Ananda Kutir gesprochen. Wir hoffen, dass Sri Swamiji bei den alljährlichen Geburtstagsfeierlichkeiten am 8. September Darshan geben und alle seine Anhänger segnen wird.“

Diese Mitteilung stammt vom 21. Februar. Die Beilage enthielt außerdem einen „offenen Brief“ an Swamiji, unterzeichnet von ‚Bewunderern, Sannyasins, Brahmacharis, Schülern und Mitgliedern der Divine Life Society’. Einige interessante Auszüge seien hier wiedergegeben: „Der letzte Brief aus Deiner Heiligen Hand ist eine Wohltat für die ganze Welt, denn er enthält Deine endgültigen Anweisungen, die wir befolgen sollen. Wir versichern dir, dass wir alle Deine Anweisungen genau ausführen werden. Dein Wille ist stark und machtvoll. Deine Gnade und Dein Segen werden Wunder bewirken. Unser Glaube zu Deinen Lotosfüßen ist unerschütterlich... Du hast uns alle geführt... Jeder Augenblick Deines Lebens hielt eine Lehre für uns bereit... Der Reichtum der ganzen Welt liegt Dir zu Füßen. Wie glücklich wäre die Welt, wenn wir Deinen Rückzug in die Einsamkeit gebührend hätten vorbereiten können!... Die Bewohner von Ananda Kutir sind nun in einer bedauerlichen Verfassung. Einige essen nichts mehr, andere finden keinen Schlaf mehr, wieder andere irren wie Verrückte im wilden Dschungel umher, in großer Sehnsucht nach deinem Darshan. Nur ein Wort des Meisters in einem Brief wird Millionen Menschen Freude und Frieden bringen.“

Darauf folgte ein Bericht über das Thema, das Swamiji am meisten am Herzen lag: „Bhagavadgita Teil VI, Inspirierende Lieder, die Philosophie des OM, Mandukya Upanishad und Inspirierende Botschaften für alle sind inzwischen fertig und die ersten Exemplare warten in Ananda Kutir auf Deinen Segen, bevor sie hinaus gehen. Wir sind zuversichtlich, dass wir Hilfe von allen Seiten bekommen werden, um deine neuesten Schriften rasch veröffentlichen zu können, so dass sie nacheinander gedruckt werden können. Es ist ein Segen, dass wir die Filmkamera haben, die wir anlässlich der Feierlichkeiten zu Deinem 54. Geburtstag von Spenden Deiner Anhänger gekauft haben. In unserer Unwissenheit und Dummheit haben wir allerdings nicht ausreichend Gebrauch davon gemacht. Wir haben nur etwa 100Meter Film mit Aufnahmen Deiner täglichen Aktivitäten in Ananda Kutir aufgenommen. Wenn wir uns nach Deiner Präsenz sehnen, können wir diese nun wenigsten auf der Leinwand erleben. Um der kommenden Generationen willen bitten wir dich, barmherzig zu sein und uns Deinen Darshan zu geben. Wir werden mehr Szenen mit Dir filmen.“

An dem Tag, als Swamiji den Ashram verließ, ging er morgens zur Poststelle und bat um 2 Rupien. Er trug nicht mehr als ein Dhoti (ein Stück Baumwollstoff, das Männer in Indien um ihre Hüften winden) und ein Stück Stoff um die Schultern. Er spielte eine Weile wie ein kleines Kind mit den 2 Rupien. Damals war man es ge wohnt, Swamiji ungestört am Nachmittag in seinem Kutir ruhen zu lassen und während dieser Zeit verschwand er unbemerkt aus dem Ashram. In der Nähe des Zolltores von Rishikesh traf er Swami Abhayanandaji und einige andere Mahatmas, die ihn grüßten, aber kein Gespräch mit ihm anknüpften. Vielleicht hatte er ja ein Schweigegelübde abgelegt. Er kam durch Hardwar, wo er die Nacht auf einem öffentlichen Platz verbrachte und setzte dann seine Reise in Richtung Jwalapur entlang des Kanals fort. In einem Dorf namens Jagdispur in der Nähe von Kankhal, ruhte er sich unter einem Baum aus. Die Dorfbewohner wurden auf seine beeindruckende Erscheinung aufmerksam und einer von ihnen brachte ihm zu essen und zu trinken. Dieser Mann besaß eine Zuckerrohrfarm und versorgte Swamiji mit Essen und Zuckerrohrsaft. Er war sehr beeindruckt von Swamiji und brachte ihm die Ehrerbietung und Demut entgegen, die einem Mahatma gebührte.

In der Zwischenzeit wusste jeder in Rishikesh, Hardwar und in der ganzen Gegend, dass Swamiji verschwunden war. Einer der Swamis, der losgezogen war, um ihn zu suchen, fand ihn bei dem Zuckerrohrfarmer und bat ihn, zurück in den Ashram zu kommen. Erst in diesem Augenblick wurde dem Farmer bewusst, dass er einen großen Weisen zu Gast hatte. (Dieser Mann wurde ein ergebener Anhänger Swamijis und brachte ihm jedes Jahr zwei große Fässer Zuckerrohrsaft in Erinnerung an diese erste wunderbare Begegnung.)

In Begleitung des Schülers, der ihn gefunden hatte, kehrte Swamiji am 24. Februar um10 Uhr morgens in einem Auto in den Ashram zurück. Nach seiner Rückkehr schrieb er den folgenden Brief an Swami Paramanandaji, der sich zu dieser Zeit in Lahore aufhielt: „Dein starker Wille und der von vielen anderen hat mich wieder hierher gebracht. Du wirst Dich um alles kümmern müssen. Ich werde nur dem Namen nach hier sein. Die Wege Shivas sind unergründlich. Er segne euch alle. Wir müssen jederzeit auf alles Mögliche gefasst sein. Seid frohen Mutes und fruchtlos.“

Die Mission erschöpfte sich nicht mit dem Aufbau einer großen Einrichtung, sondern verlangte unabhängige, fähige, gut ausgebildete, fromme Schüler des Meisters, die bereit waren, überall zu arbeiten, um der guten Sache zu dienen. Ihre Fähigkeiten und ihre Bereitschaft zur harten Arbeit waren auf die Probe gestellt worden. Wären sie bereit, auch auf seine Nähe zu verzichten und sich für den Auftrag auch unter widrigen Umständen einzusetzen?

Diese Prüfung kam im Jahr 1942. Paramanandaji war gebeten worden, den Ashram zu verlassen. Als er am 3. Oktober 1942 aufbrach, gab Swamiji ihm ein Empfehlungsschreiben mit: „Swami Paramanandaji ist mein Schüler. Er lebte zehn Jahre lang bei mir. Er hat im Laufe dieser Jahre bis zur Erschöpfung gearbeitet und legt daher nun eine Ruhepause ein.“ Dies bereitete den Weg für die weitere Ausbreitung der Divine Life Mission.

Wo immer er hinkam, verbreitete Paramanandaji Swami Sivanandas Ruhm und seine Botschaft. Er ließ außerdem einige seiner Bücher auf Urdu übersetzen und veröffentlichen und bereitete den Weg für die spätere Gründung eines dynamischen Divine Life Centers in Madras. Viele andere Sannyasins, die Swamijis Schüler waren, folgten seinem Beispiel, gingen an andere Orte und gründeten Ashrams und Einrichtungen sowohl in Indien als später auch im Ausland. So führten sie Swamijis Auftrag fort. Paramanandaji besuchte auch verschiedene Niederlassungen der Divine Life Society und machte sie zu dynamischen, aktiven Zentren. So verdiente er sich die Bewunderung seiner Mitmenschen und auch die Swamijis, der ihm am 31. Oktober 1951 schrieb: „Ich erhalte zahlreiche Briefe von den Niederlassungen, die du besucht hast und wo du den Film gezeigt hast. Sie sind des Lobes voll. Niemand hat mehr geleistet als du. Dein Verdienst ist außergewöhnlich.“

Über die Frage der Finanzierung machte sich Swamiji keine Sorgen. Er wusste, dass, wenn die Mitarbeiter einmal gut versorgt waren, ihre Begeisterung und ihr Aufopferungssinn nicht nachlassen würden, dass sie ihre Arbeit gut und effizient verrichten würden und Unterstützung durch die Öffentlichkeit in Form von Spenden im Überfluss zur Verfügung stehen würde. „Mit oder ohne Geld“, sagte er am 2. Oktober 1949, „ihr müsst euren Körper gut versorgen. Wenn ihr dieses Instrument, das euch Gott gegeben hat, vernachlässigt, ist dies ein Mangel an Verehrung Gottes. Die beste Gottesverehrung ist die Erhaltung und Pflege dieses Körpers, damit er Seinen Willen auf die wirksamste Art und Weise ausführen kann.“

Eine von Swamijis erstaunlichsten Eigenschaften war sein unerschütterlicher Optimismus. Als nicht mehr als 12 Bewohner im Ashram waren, die ihre Mahlzeiten direkt in der Küche einnahmen, kam er oft herein und sagte mit einem unbeschreiblichem Glanz in seinen strahlenden Augen: „Es wird eine Zeit kommen, da unsere Tafel von Rishikesh bis Lakshmanjhula reichen wird.“ Dies sagte er nicht im Scherz. Wenn man all jene, die an den Mahlzeiten im Ashram teilnahmen, an eine lange Tafel gesetzt hätte, wäre diese schon 1959 von beachtlicher Länge gewesen. Die folgenden Bemerkungen von Swamiji am 2. Oktober 1949 geben diesen Gedanken wieder: „Geld wird kommen, Geld muss kommen; bald wird das Geld hier in Massen eintreffen. Ihr werdet es nicht mehr zählen können! Glaubt mir, diese Zeiten werden kommen müssen. Ihr könnt euer Bestes dazu tun, indem ihr hart arbeitet.“

Während der Indientournee von Swami Sivananda im Jahr 1950 floss unterwegs zwei Monate lang so viel Geld in das Auto und in den Ashram, dass zwei Swamis tatsächlich Schwierigkeiten hatten, alles zu zählen! Was er sagte, traf immer ein. Das obige Zitat bedeutet nicht, dass Swamiji Reichtum anstrebte. Nein. Folgendes Zitat gibt seine Einstellung am besten wieder:

„Ich hatte nie geplant, einen Ashram zu gründen. Als Schüler und Anhänger in großer Zahl zu mir kamen und spirituelle Führung suchten, wollte ich ihnen Betätigungsfelder bieten, durch die sich entwickeln und nützlich für die Mensch heit werden konnten, zu ihrem Besten und dem allgemeinen Wohl. Ich ermutigte sie sehr, sich zu bilden und tägliche spirituelle Praktiken zu üben und sorgte für die notwendigen Einrichtungen, wo sie leben konnten. Dafür habe ich das Geld verwendet, das mir von Anhängern für meine persönliche Verwendung gespendet wurde. Im Laufe der Zeit entstand so um mich herum ein riesiger Ashram und damit die ideale Einrichtung mit dem passenden Umfeld.

Ich habe nie große Pläne gemacht. Ich habe nie eine wichtige, reiche Person oder einen Maharaja um Geld gebeten. Die Welt schätzt die Dienste, die hier erbracht werden. Aus göttlicher Quelle floss mir etwas Hilfe zu und ich nutzte jeden Cent sorgfältig und wohlüberlegt, um daraus den größtmöglichen spirituellen Nutzen für die Welt zu ziehen. Jedes Jahr sprießen zahlreiche palastartige Bauwerke aus dem Boden, aber trotzdem mangelt es immer noch an Unterkünften für unsere Ashrambewohner und Besucher. In jeder Etappe entwickelte sich die Arbeit prächtig. Wiederholt haben mich Anhänger gebeten, Reisen zu unternehmen, um Spenden zu sammeln. Aber das kam für mich nicht in Frage. Dienen und Geben macht mir große Freude. 1940 wurden aufwändige Vorbereitungen für eine Reise durch den Punjab getroffen. Ich sagte die Reise ab und schickte folgendes Telegramm: „Es ist mir gleichgültig, ob die Divine Life Society erfolgreich ist oder nicht. Wenn Gottes Gnade es will und indem wir unser Sadhana (spirituelle Praxis) und unseren Dienst mit der richtigen Einstellung, dem richtigen Gefühl und Glauben ausführen, wird uns Unterstützung aus der göttlichen Quelle zufließen. Lasst mich so viel wie möglich tun, indem ich hier in meinem kleinen Kutir am Ufer des Ganges bleibe. Wo Honig ist, kommen die Bienen von alleine. Nehmt konsequent Abstand von dem Streben nach Geld.“

In kurzer Zeit nahm die Arbeit immer mehr zu. Inzwischen gibt es regelmäßigen Unterricht in Yoga, Bhakti, Vedanta und Gesundheitslehre. Heute leben über 300 Schüler bei mir, denen es an nichts fehlt. Sie folgen dem Pfad des Yoga und dienen auf verschiedenste Art und Weise der Welt.“

Grundsätze der Organisation

Am 18. Februar 1949 hielt Swamiji einen Vortrag über die Herrlichkeit des Sannyasa (Abkehr von der Welt) und die Pflichten und Aufgaben eines Sannyasins (der Welt Entsagender). Mit der Feststellung, einer der größten Vorteile des Lebens im Ashram sei, dass es den Sannyasin vor den Bedrohungen des weltlichen Lebens schützt, kam Swamiji auf das Thema der Rolle der Institution selbst:

„Niemand sollte sich im Ashram entfremdet fühlen. Jeder hat so viele Fähigkeiten. Jeder hat die Möglichkeit und die Voraussetzungen, etwas Großes zu vollbringen. Außerdem werden sie vom Willen Gottes geleitet. Die Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass jemand, der Heim und Herd, Frau und Kinder, Eltern und Verwandte, Besitz und Reichtum aufgibt, glaubt, sich Unabhängigkeit erworben zu haben und sich keinen Anweisungen mehr fügen will. Das sollten wir bis zu einem gewissen Grad akzeptieren oder uns zumindest dessen bewusst sein. Jeder Sadhaka sollte daher persönlich dafür Sorge tragen, dass diese Unabhängigkeit nicht in Überheblichkeit umschlägt. Diejenigen, die die Institution leiten, sollten die Gefühle des Einzelnen nicht verletzen oder ihm ein Gefühl der Unterlegenheit geben. Jeder Bereich sollte weitgehend unabhängig sein, sobald er der Verantwortung eines Mitarbeiters übertragen wird.

Hier gibt es allerdings ein Problem, zum Beispiel in der Ayurvedischen Apotheke und der Abteilung für Veröffentlichungen, wo Produkte zum Verkauf gelagert sind. Wenn diejenigen, die dafür zuständig sind, ganz sich selber überlassen bleiben, besteht die Gefahr, dass Maya sie dazu verleitet, zu stehlen. Dadurch schaden sie sich selbst und der Einrichtung. Das System muss narrensicher sein und es muss auch regelmäßige Kontrollen geben.

Wir sollten aber auch nicht übermäßig misstrauisch sein. Wenn die Verantwortlichen für die einzelnen Geschäftsbereiche das Gefühl haben, dass man ihnen misstraut und sie überwacht, gehen ihr Interesse und Eifer bald verloren. Aber ab und zu muss man die Augen offen halten. Das ist nicht nur zum Besten der Institution, sondern auch des Einzelnen, der vor den Versuchungen des Unrechts bewahrt wird.

Am gleichen Tag hatte Swamiji bereits gesagt:
„Sannyasa ist keine einfache Sache. Ich denke, dass wir auch im Leben eines Sannyasin uns all der Lilas (Spiele Mayas, der Kraft der Illusion) bewusst sein sollten, die das weltliche Leben prägen: Zank und Streit, Eifersucht und Hass, Leidenschaft und Habgier. Viele Sannyasins kehren zum Leben am heimischen Herd zurück, nachdem sie sich für Sannyasa entschieden hatten. Sie haben wahrscheinlich Sannyasa empfangen, bevor sie bereit dafür waren. Einige von ihnen wenden sich schließlich doch wieder einem Leben in Entsagung zu und sind von da an sehr gute Sadhus. Die negativen Tendenzen sind in uns vorhanden. Wir müssen stets wachsam sein und bemüht, sie auszumerzen.

Jeder Ashrambewohner sollte das Gefühl haben, dass dies hier sein Zuhause ist. Besonders diejenigen, die einer andern Kaste, Religion, Gemeinschaft oder Bevölkerungsgruppe angehören, sollten verstärkte Aufmerksamkeit erfahren, ansonsten haben sie das Gefühl: „Weil ich ein Punjabi bin, werde ich von diesen Madrasis vernachlässigt.“ Sie sollten vielmehr das Gefühl haben, hier besser behandelt zu werden als in einem Ashram, wo ihre eigenen Leute in der Mehrzahl sind. Außerdem muss eine Art Gericht eingesetzt werden, um Streitigkeiten zu schlichten und Beschwerden entgegen zunehmen. Dieses Gremium sollte von Zeit zu Zeit zusammenkommen und die Zwistigkeiten ausbügeln, die zwischen Einzelnen aufkommen können.

Um alte Mitarbeiter (damit meine ich sowohl die Betagten, wie auch diejenigen, die der Institution schon seit langem dienen) müssen wir uns besonders gut kümmern. Wenn sich ein Sadhaka vier oder fünf Jahre lang aufgeopfert und viel zu unserem Werk beigetragen hat, sollte der Verein ihn bis an sein Lebensende versorgen. Es steht ihnen frei, dem Verein weiterhin freiwillige Dienste zu leisten. Es sollte ihnen aber keine Arbeit mehr abverlangt werden. Sie sollen die Möglich keit haben, zu meditieren und Fortschritte in ihrem Sadhana zu machen. Bisher haben wir keine besonderen Vorkehrungen getroffen für diejenigen, die ihre Zeit ganz der Meditation widmen möchten. Krishnanandaji, Achyutanandaji und einige andere sollten sofort Hütten bekommen, wo sie sich zurückziehen können, um intensiv zu meditieren. Premanandaji sollte auch eine Hütte auf dem Hügel oben bekommen. Er hat sich im Dienst sehr verausgabt. Er braucht sofort Erholung und Entlastung. Mahlzeiten, Milch, Obst, Kekse, Kaffee und Tee, alles was sie brauchen, sollte ihnen gebracht werden, ohne dass sie darum bitten müssen.

Dies sollte aber nicht zur Verweichlichung führen. Manche Menschen haben einen intriganten Charakter. Sie neigen dazu, Grüppchen um sich zu scharen, Cliquen zu bilden und Probleme zu schaffen. Mit solchen Leuten müsst ihr höflich aber bestimmt sein, sagt: „Om namo Narayanaya! Swamiji Maharaj, du darfst denn Ashram verlassen.“ Solchen Schlangen sollten wir nicht gestatten, die Atmosphäre zu vergiften und interne Zwistigkeiten zu provozieren.

Dies sind nur einige der Gedanken, die mir gekommen sind. Merkt sie euch. Unsere Organisation ist weltweit gewachsen, was alle unsere Erwartungen übertroffen hat. Aus diesem Grund ist es hilfreich, wenn wir uns an bestimmte Grundsätze halten. Die ganze Welt erwartet spirituelle Führung von uns. Daher ist es unbedingt notwendig, dass der Kern der Organisation effizient und bestimmten Richtlinien gemäß arbeitet.

Ich habe das gute Gefühl, dass Gottes Wille durch andere Instrumente erfüllt werden wird, selbst wenn wir alle von der Bildfläche verschwinden. Aber das
darf kein Anlass sein zur Selbstgefälligkeit. Wir sollten uns selbst das Äußerste abverlangen, um unseren Teil dazu beizutragen.“