Vers 21

Karudhaa Maravaa Nerikaana Enakku
Iruthaal Vanasanthara Enru Isaivaai
Varadhaa Murugaa Mayil Vaagananee
Viradhaa Surasoora Vipaadananee


Den nicht-denkenden und nicht vergessenden Zustand, diesen zu erreichen,
Deine beiden Lotus-Füße mir verleihen, wann wirst du es gewähren?
O Gewährer von Wohltaten! O Muruga! O Reiter des Pfaus!
O Beschützer! O schrecklicher Spalter von Surapadma!


„O Herr Muruga, mit dem Pfau als Reittier, der Du der Gewährer von Wohlta-
ten bist, der Du bekannt bist (die Verehrer zu beschützen), der Du den Asura
Surapadma (mit Deinem Vel) in zwei Hälften gespalten hast! Wann wirst Du geruhen, mir Deine beiden Lotus-Füße zu gewähren, so dass ich den nichtdenkenden und nicht vergessenden Zustand (von Mukti) erreichen kann?“

Erklärung:

Der auf dem Pfau reitende Herr ist der Gewährer von Wohltaten. Er gewährt seinen Verehrern leicht Segnungen, im gleichen Maße wie sie darum bitten, wenn ihr Gebet ernsthaft ist. Kein ernsthaftes Gebet bleibt von Gott unbeantwortet. Er ist Murugan – von unvergänglicher Schönheit, ewiger Jugend. In seiner Schlacht mit Lord Skanda nahm Surapadma schließlich die Gestalt eines riesigen Mangobaumes an und Lord Skanda spaltete ihn in zwei Hälften. Sofort nahm Surapadma wieder seine ursprüngliche Gestalt an. Und wieder spaltete der Vel ihn entzwei und die beiden Teile fielen ins Meer. Nur der mächtige Vel von Murugan konnte dies erreichen. So ist er der Zerstörer des schrecklichen Surapadma.

Arunagiri betet zu Gott sich herabzulassen, ihm Seine lotusgleichen Füße zu gewähren. Warum? Um Mukti zu erreichen oder den Zustand, indem es weder Denken noch Vergessen gibt. Es gibt einen yogischen Zustand, in dem es weder Denken noch Vergessen gibt, der jenseits des normalen Verstehens ist. Denken und Vergessen sind die beiden Funktionen des Geistes. Normalerweise denkt der Geist entweder an einen Gegenstand oder er denkt nicht daran. Wir wissen von keinem dritten Zustand des Geistes.

Aber dieser Zustand des Nicht-Denkens und Nicht-Vergessens, um den Arunagiri betet, ist ein Besonderer, in dem der Geist selbst zu existieren aufhört. Darum kann man ihn nicht verstehen. Man muss ihn jedoch natürlich vom Tiefschlaf unterscheiden, in dem es sozusagen auch weder Denken noch Vergessen gibt. (Man muss nicht extra zu Gott beten, dass er den Schlafzustand gewährt; Er hat ihn aus Mitgefühl, allen als eine tägliche Erfahrung geschenkt.) Er ist vom Schlaf verschieden, weil im Schlaf der Geist anwesend ist, obwohl er seine Funktionen zeitweilig eingestellt hat. Aber dieser Zustand ist nicht nur das Aufhören der Funktionen des Geistes, sondern des Geistes selbst.

Der Geist löst sich in seiner Quelle auf, dem Atman, dem Selbst, Gott. Darum ist es nicht nur ein Nichtfunktionieren des Geistes wie im Schlaf usw., sondern die Nicht-Existenz des Geistes selbst.

Man kann sagen, dass sich dieses „Nicht-Denken“ und „Nicht-Vergessen“ auf den Atman bezieht und in diesem Fall würde das Gebet so lauten: „O Herr, wann wirst Du mir diesen Zustand gewähren, in dem weder an den Atman gedacht wird, noch er vergessen ist?“ Das heißt, er bezieht sich auf den Zustand der Verwirklichung, Mukti, der anders ist als der Wachzustand (und auch als der Tiefschlaf) und auch anders als der Zustand der Meditation. Dass wir im Wachzustand nicht an den Atman denken, muss nicht erklärt werden, weil wir mit der äußeren Welt beschäftigt sind. Darum ist es ein Zustand des Nicht- Denkens, aber nicht des Nicht-Vergessens des Geistes, weil wir das Selbst inmitten unserer Aktivität vergessen haben. In der Meditation versuchen wir an das Selbst oder Gott zu denken. Darum ist der Zustand des Nicht- Denkens und Nicht-Vergessens (eher weder denken noch vergessen) weder der Wachzustand noch der der Meditation; es ist ein Zustand tatsächlicher Verwirklichung oder des Seins.

Lasst uns ein wenig tiefer gehen. Wir existieren. Wie wissen wir von unserer Existenz? Denken wir darüber nach und wissen es dann? Nein. Vergessen wir unsere Existenz? Nein. Was ist das für ein Geheimnis – wir denken nicht daran und wir vergessen es nicht und dennoch wissen wir, dass wir existieren! Wie wissen wir dann von unserer Existenz? Durch ein Bewusstsein, einen Zustand des Seins, der kein Denken und Vergessen beinhaltet, weil es ein Zustand ist, in dem das Bewusstsein mit unserer Existenz identisch ist. Die Frage nach dem Denken oder Vergessen von uns selbst entsteht nicht. Warum? Wir fühlen keine Notwendigkeit dafür, weil unsere Existenz und das Bewusstsein unserer Existenz ein und dasselbe sind. Sie sind nicht getrennt. Wir existieren und wir wissen auch, dass wir existieren.

Können wir existieren, ohne zu wissen, dass wir existieren? Nein; das ist nicht möglich. Wir mögen denken, dass wir im Zustand des Tiefschlafs existieren und uns unserer Existenz dennoch nicht bewusst sind. Aber so ist es nicht. Selbst in diesem Zustand gibt es ein Bewusstsein unserer Existenz, auch wenn es uns dann nicht bekannt ist; denn wenn wir aufwachen, machen wir die Aussage: „Ich habe tief geschlafen.“

Im Schlaf existierten wir und es war auch Bewusstsein anwesend. Also gibt es keine Zeit, in der wir existieren und uns dennoch nicht bewusst sind, dass wir existieren, was zeigen soll, dass unsere Existenz und das Bewusstsein unserer Existenz ein und dasselbe sind. Aber im Fall von Objekten (einschließlich Gott, wie wir Ihn uns in unserem gegenwärtigen Zustand des Verstehens vorstellen) ist ihre Existenz von unserem Bewusstsein getrennt und darum gibt es Denken und Nicht-Denken an sie. Wenn also Existenz außerhalb des Bereichs des Bewusstseins ist, sind Denken und Vergessen möglich und notwendig. Aber wenn sie eins werden, wie bei unserer eigenen Existenz, gibt es weder Denken noch Vergessen, noch sind diese nötig.

Kurz gesagt, wo Existenz und Bewusstsein zusammen sind, wo Sat Chit wird oder Sat Chit ist, wird der Zustand des Denkens und des Nicht-Denkens in einen besonderen Zustand von Existenz-Bewusstsein transzendiert, in dem die Existenz selbst das Bewusstsein und das Bewusstsein die Existenz ist. Es ist nicht die Existenz von Bewusstsein oder das Bewusstsein von Existenz; sondern Existenz, die Bewusstsein ist und Bewusstsein, das Existenz ist. Selbst dieses Beispiel ist nur ein grobes, weil es hier das Bewusstsein vom Körper ist. Aber im Fall des Zustands, auf den sich dieser Vers bezieht, ist es Bewusstsein, rein und einfach, Bewusstsein, wie es in sich selbst ist und nicht in Verbindung mit irgendetwas. Es ist Moksha, Befreiung. Es ist Bewusstsein, das sich seiner selbst bewusst ist, ohne sich bewusst zu sein, dass es bewusst ist.

Dies ist der Zustand, den zu erreichen Arunagiri zu Gott betet. Wie bekommt man diesen Zustand? Dafür betet er zu Gott, damit dieser ihm seine Lotus- Füße gewähre. Die Füße Gottes bedeuten Gott selbst. Das Gewähren der Füße und das Erreichen von Moksha, Gottesbewusstsein, sind ein und dasselbe. Gott ist für uns ein Gegenstand der Verehrung, Gegenstand der Meditation, wie abstrakt dieser auch immer sein mag. Er ist etwas anderes als wir, von uns verschieden, getrennt von uns stehend, dem wir Verehrung anbieten oder über den wir meditieren. Er ist ein Gegenstand unserer Verehrung oder Meditation. Aber worum Arunagiri betet, ist ein davon verschiedener Zustand, in dem Gott eins mit uns werden soll, Er sich uns offenbaren soll, Er einwilligen soll, uns Seine Lotus-Füße zu gewähren, Sich selbst uns zu geben.

Wir meditieren gewöhnlich über Gott auf verschiedene Weise, z.B. dass er in unserem Herzen ist usw. Aber all dies beinhaltet Denken und das ist es nicht, was Arunagiri will; denn diese Meditation über Gott ist nicht über Seine essentielle Natur, sondern über eine Gestalt und einen Namen. Darum schenkt uns diese Meditation nicht diesen Zustand. Wie bekommen wir ihn dann? Die Meditation sollte über Gott sein, wie Er ist, als die nichtgeteilte Wirklichkeit. Gott ist das Höchste, das Absolute, allgegenwärtige Existenz. Als solches sollte man über Ihn meditieren. In dieser Meditation lässt das Absolute oder die Allgegenwärtigkeit Gottes nichts außerhalb von sich; selbst der Meditierende existiert nicht unabhängig davon.

Wenn das meditative Bewusstsein in uns versucht, über Gott als das Absolute zu meditieren und wenn diese Meditation intensiv genug wird, dann wird es, statt sich seiner Individualität bewusst zu sein, so im Bewusstsein des Absoluten aufgenommen, dass es sich im letzteren verliert, das alleine übrig bleibt. Wie eine Welle, die im Ozean versinkt und versucht seine Tiefe zu ergründen, sich im Ozean auflösen würde, weil beide nichts anderes als Wasser sind, so verschmilzt der Jiva mit dem Absoluten bei seiner ehrlichen Anstrengung über Gott als ungeteilte Existenz zu meditieren. Wenn das Individuelle so vom Absoluten absorbiert wird, gibt es keinen Jiva, der denken oder vergessen könnte! Er alleine ist, in Seiner ursprünglichen Herrlichkeit, als die alldurchdringende Gegenwart. Keine Individualität bleibt übrig. Darauf bezieht sich Arunagiri als „das Gewähren der Lotus-Füße“, mit dem die tamilischen Schriften den Zustand bezeichnen, in dem „Ichheit und Meinheit aufgehoben sind“. Wenn also die Füße Gottes gewährt sind, d.h. wenn Gott sich manifestiert, dann hört das Individuelle auf zu sein, d.h. „Ichheit“ und „Meinheit“ enden. Mit dem Aufhören des Individuums werden die beiden Zustände des „Nicht-Denkens“ (d.h. der Wachzustand, in dem Gott vergessen wird) und des „Nicht-Vergessens“ (d.h. der Zustand der Meditation, in dem an Gott gedacht wird) transzendiert und der Jiva ruht in Gott, was der Zustand vonMukti, der Befreiung ist. Darum das Gebet um das Gewähren der Lotus-Füße, um so den Zustand des Nicht-Denkens und Nicht-Vergessens zu erlangen. Um diese Segnung betet der Heilige zu Murugan, der seinen Verehrern schnell Segnungen schenkt.

*

Mit der inneren Transformation, die durch die Einweihung durch den Guru hervorgebracht wurde (Vers 20), wird das Streben des Suchers nach Verwirklichung intensiviert und die Seele sehnt sich nach dem höchsten Erreichen von Mukti oder dem Zustand, indem es weder Denken noch Vergessen gibt, d.h. der Festigung im Gottesbewusstsein, das durch die Offenbarung Gottes oder das Gewähren der Füße Gottes kommen kann, d.h. wenn das Gefühl von „Ichheit“ und „Meinheit“ verschwindet.