Die Wissenschaft des Pranayama


3. Kapitel: Übung von Pranayama

Was ist Pranayama?

Tasmin sati svasaprasvasayor-gativicchedah pranayamah- “Nach der Herrschaft über Asana folgt Pranayama, die Kontrolle von Einatmung und Ausatmung” (Raja Yoga Sutra)

Dies ist die Definition von Pranayama in den Yoga Sutras von Patanjali. Svasa bedeutet Einatmung, Prasvasa Ausatmung. Du kannst die Übung des Pranayamas beginnen, nachdem Du Festigkeit in Deiner Asana (Sitz, Stellung) erlangt hast. Wenn Du drei Stunden in einer Asana an einem Stück sitzen kannst, hast Du Meisterschaft über die Asana erlangt. Auch wenn Du in der Lage bist, zwischen einer halben und einer Stunde zu sitzen, kannst Du mit den Pranayamaübungen beginnen, ohne die man kaum irgendeinen spirituellen Fortschritt erreichen kann.

Pranaist Vyashti, wenn es auf das Individuum bezogen wird. Die gesamte kosmische Energie oder das kosmische Prana ist Hiranyagarbha (die kosmische Intelligenz, kosmischer Geist, Brahma), die als das treibende goldene Ei bekannt ist. Hiranyagarbha ist Samashti Prana. Ein Streichholz ist Vyashti (einzeln). Die ganze Streichholzschachtel ist Samashti. Ein einzelner Mango-Baum ist Vyashti. Der ganze Mango-Hain ist Samashti. Die Energie im Körper ist Prana. Durch die Kontrolle der Bewegung der Lungen oder Atmungsorgane können wir das Prana,  das im Innern schwingt, kontrollieren.

Durch die Kontrolle des Pranas kann auch der Geist leicht beherrscht werden, da das Prana mit dem Geist fest verbunden ist, wie ein Vogel mit einer Schnur. Genauso wie der Vogel, der mit einer Schnur an einen Pfosten angebunden ist, nachdem er bald hier und bald dorthin geflogen ist, auf dem Pfosten zur Ruhe kommt, genauso findet dieser Geist-Vogel, nachdem er hierhin und dorthin verschiedenen sinnlichen Objekten hinterher gelaufen ist, seinen Ruheplatz während des Tiefschlafs im Prana.  

Pranayama in der Bhagavad Gita

Apane juhvati pranam
pranepanam tathapare
Pranapanagatee ruddhva
pranayamaparayanah
(Bhagavad Gita, Kapitel IV-29).

“Andere opfern Prana (den nach draußen gehenden Atem bzw. die nach oben fließende Energie) in das Apana (den nach innen kommenden Atem bzw. die nach unten fließende Energie) und das Apana in das Prana, indem sie den Fluß von Prana und Apana kontrollieren und so Pranayama praktizieren.
Pranayama ist ein kostbares Yajna (Opfer). Einige praktizieren Puraka  Pranayama (Einfüllen, Einatmung), andere praktizieren Rechaka Pranayama (Entleeren, Ausatmung). Einige beschäftigen sich mit der Übung von Pranayama namens Kumbhaka (Anhalten), indem sie das Ausströmen der Luft durch Nase und Mund verhindern, und indem sie das Einströmen der Luft in die entgegengesetzte Richtung verhindern.”  

Pranayama in den Schriften Shankaracharyas

“Pranayama ist die Kontrolle aller Lebensenergien durch das Verwirklichen, dass Brahman in allen Dingen ist. “Die Negierung des Universums ist der austretende Atem. Der Gedanke selbst ”Ich bin Brahman" wird als der eintretende Atem bezeichnet. “Das Andauern dieses Gedankens danach ist das Anhalten des Atems. Dies ist das Pranayama des Weisen, während das Zudrücken der Nasenlöcher nur für den Unwissenden ist.” (Aparokshanubhuti, Verse 118-120)

(Anmerkung des Übersetzers: Erkenne bei jeder Ausatmung, daß das Universum unwirklich ist. Erkenne mit jeder Einatmung, daß Du eins mit Brahman bist. Verwirkliche dies beim Anhalten. Dies ist vedantisches Pranayama.)  

Pranayama in der Yoga Vashishtha

Yogi Bhusunda sagt zu Sri Vashishtha: “In dem kühlen Lotus des Herzens, innerhalb dieser sichtbaren Wohnung aus Fleisch, zusammengesetzt aus den fünf Elementen, gibt es zwei Vayus (Lebensenergien), nämlich Prana und Apana. Für diejenigen, die sanft und ohne die geringsten Anstrengungen voranschreiten, wird der Pfad dieser beiden Vayus selbst zu Sonne und Mond im Herz-Akasha. Diese Vayus werden auf- und absteigen zu höheren und niederen Zuständen. Sie sind von gleicher Natur im Wachen, beim Träumen und im traumlosen Schlaf und durchdringen alles. Ich bewege mich in Richtung dieser beiden Vayus und habe all meine Vasanas (Wünsche) im Wachzustand zunichte gemacht, beleuchtet durch solche des traumlosen Schlafzustands. Diese Vayus sind noch subtiler als ein 1000 Mal geteilter Lotusstiel. Daher ist es für mich schwierig, die Natur und die Schwingungen dieser Vayus abzuhandeln. Von diesen schwingt das Prana unaufhörlich mit einer aufwärtsgerichteten Bewegung, sowohl äußerlich als auch innerlich, während das Apana die gleiche fluktuierende Tendenz aufweist, im Innern und Äußeren des Körpers schwingt, jedoch mit einer abwärtsgerichteten Bewegung. Es ist förderlich, wenn das um ein Maß von 16 Fingerbreit ausgeatmete Prana im gleichen Maß eingeatmet wird. Gewöhnlich werden nur 12 Fingerbreit eingeatmet. Jene, die diese Erfahrung gemacht haben, nämlich den Ausgleich des Pranas in Aus- und Einatmung, werden unendliche Wonne genießen.

“Höre nun etwas über die Eigenschaften des Pranas.  Das Einatmen des Pranas,  das mit einem Maß von 12 Fingerbreit ausgeatmet wurde, wird Puraka (Einatmung) genannt. Wenn Apana Vayu von außen ohne jede Anstrengung wieder in den Körper eintritt, bezeichnet man das auch als das innere Puraka. Wenn Apana Vayu aufhört, sich selbst zu manifestieren und Prana im Herzen absorbiert wird, bezeichnet man die Zeitdauer dieses Zustandes als (innerer) Kumbha. Wenn sich das Prana im Akasha (Äther) des Herzens äußerlich in verschiedenen Aspekten ohne jegliche Betrübnis des Geistes manifestiert, dann nennt man dies das äußerliche Rechaka (Ausatmung). Wenn das äußerlich fluktuierende Prana in die Nase eintritt und an ihrer Spitze anhält, wird es äußerliches Puraka (Einatmen) genannt. Wenn es jedoch an der Spitze der Nase vorbeitritt, geht es 12 Fingerbreit hinunter. Auch dann wird es äußeres Puraka genannt. Wenn Prana nach außen und Apana nach innen geht, dann wird das als äußerliches Kumbhaka (Anhalten) bezeichnet. Wenn das scheinende Apana Vayu sich im Innern nach oben bewegt, dann wird es als äußeres Rechaka (Ausatmen) betitelt. All diese Praktiken führen zu Moksha (Befreiung). Daher sollte immer über sie meditiert werden. Diejenigen, die all die äußeren und inneren Kumbhakas und anderen Praktiken verstanden und sorgfältig ausgeführt haben, werden niemals wiedergeboren.

“All die acht Verfahren, die bisher erläutert wurden, sind geeignet, um Moksha zu erzielen. Sie sollten sowohl am Tag als auch in der Nacht geübt werden. Diejenigen, die mit diesen Praktiken ständig verbunden sind und ihren Geist kontrollieren, werden im Laufe der Zeit das Nirvana erlangen. Solchen Übenden wird es niemals nach materiellen Vergnügungen dürsten. Sie werden immer in sich selbst ruhen, ob sie gehen, stehen, wachen, träumen oder schlafen.

Prana,  das nach außen geflossen ist, wird erneut im Herzen absorbiert nachdem es 12 Fingerbreit zurückgelaufen ist. Ähnlich wird Apana im Herzen absorbiert, nachdem es aus dem Herzen geflossen und 12 Fingerbreit zu ihm zurückgelaufen ist. Apana, das dem Mond entspricht, wird den gesamten Körper während seines Durchgangs kühlen. Das Prana jedoch, das der Sonne entspricht, wird im Körper Hitze erzeugen und alles im Körper verdauen. Wird man jemals noch Schmerzen bekommen, der den höchsten Zustand erreicht hat, wo die Kalas (die Strahlen) des Apana (dem Mond) von Prana (der Sonne) überschwemmt werden? Wird jemand wiedergeboren werden, der diesen mächtigen Wohnsitz erreicht hat, wenn die Kalas des Sonnen-Pranas verschlungen werden von Apana, dem Mond? Diese werden augenblicklich die sieben Geburten von denjenigen verhindern, welche den neutralen Zustand erreichen, in welchem sie sehen, wie Apana Vayu zu Prana wird und auch umgekehrt. Ich lobpreise das Chidatma, welches im Zwischenzustand ist, in dem Prana und Apana ineinander absorbiert werden. Ich meditiere unaufhörlich über jenes  Chidatma, das im Akasha ist, unmittelbar vor dem Ende meiner Nase, wo sowohl Prana als auch Apana erlöschen. Es liegt an der Kontrolle des Pranas,  daß ich das höchste und unbefleckte Tattwa (Element, Wahrheit) jenseits des Leidens erlangt habe. ” (Yoga Vashishtha)  

Kontrolle des Atems

Der erste wichtige Schritt ist Asana, Kontrolle über den Körper, zu bekommen. Die nächste Übung ist Pranayama. Auf eine korrekte Stellung kann nicht verzichtet werden, es ist die Voraussetzung für erfolgreiches Praktizieren von Pranayama. Eine leichte und bequeme Stellung ist eine Asana. Die Stellung, die für den längsten Zeitraum bequem bleibt, ist am besten. Brust, Nacken und Kopf müssen in einer vertikalen Linie sein. Du solltest den Körper weder nach vorne noch seitwärts, d.h. nach rechts oder links beugen. Du solltest nicht krumm sitzen. Der Körper sollte nicht zusammensinken. Durch regelmäßige Übung wird man die Stellung von selbst beherrschen. Dicke Menschen werden es schwierig finden, die Padmasana (Lotusstellung) einzunehmen. Sie können in SukhAsana (leichte Stellung, Schneidersitz) oder in Siddhasana (vollendete Stellung) sitzen. Du brauchst mit den Pranayamaübungen nicht zu warten, bis Du volle Meisterschaft über die Asana erlangt hast. Übe die Asana gleichzeitig mit Pranayama. Im Laufe der Zeit wirst Du Vollendung in beiden erlangen. Pranayama kann auch aufrecht auf dem Stuhl sitzend geübt werden.

In der Bhagavad Gita, dem unsterblichen Gesang Krishnas, findest Du eine schöne Beschreibung der Sitzhaltung für Pranayama und Meditation (Kapitel 6, Verse 11, 12 und 13):

“An einem reinen Ort, auf einem besonderen, festen Sitz, der weder zu hoch noch zu niedrig ist und aus Schichten von übereinandergelegtem Tuch, einer Tierhaut und Kusha-Gras besteht, mit einpünktigem Geist, mit Herrschaft über das Denken und die Sinne, möge er sich auf diesen Sitz niederlassen und Yoga üben, um sein niederes Selbst zu reinigen. Er halte seinen Körper unbewegt, Kopf und Nacken gerade und ruhig, den Blick auf die Nasenspitze (oder den Punkt zwischen den Augen) gerichtet, ohne herumzusehen.”

Pranayama ist die Kontrolle des Pranas und der vitalen Kräfte des Körpers. Es ist die Kontrolle des Atems. Pranayama beginnt mit der Zügelung des Atems, um so Kontrolle über die Lebensströme oder vitalen inneren Kräfte zu haben. Mit anderen Worten: Pranayama ist die vollendete Beherrschung der Lebensströme durch Kontrolle des Atems. Atem ist die äußerliche Manifestation des grobstofflichen Pranas.  Die Gewohnheit, richtig zu atmen, muß durch regelmäßige Übung von Pranayama gefestigt werden. Bei gewöhnlichen, weltlichen Menschen ist die Atmung unregelmäßig.
Wenn Du das Prana beherrschst, kannst Du alle Kräfte des Universums beherrschen. Der Yogi kann auch die allgegenwärtige, sich manifestierende Kraft beherrschen, aus  der alle Energien hervorgehen, wie z.B. Magnetismus, Elektrizität, Schwerkraft, Kohäsion, Nervenströme, vitale Kräfte oder Gedankenschwingungen, also tatsächlich alle Kräfte des physischen und geistigen Universums.
Wenn jemand den Atem oder das Prana beherrscht, beherrscht er auch den Geist. Wer Kontrolle über seinen Geist hat, hat auch Kontrolle über seinen Atem. Wenn sich eines von beiden einstellt, stellt sich auch das andere ein. Wenn beide, Geist und Prana beherrscht werden, erreicht man Befreiung aus dem Kreislauf von Geburt und Tod und erlangt Unsterblichkeit. Es gibt eine enge Beziehung zwischen Geist, Prana und dem Samen. Wenn man die Energie des Samens beherrscht, sind auch Geist und Prana unter Kontrolle. Wer die Energie seines Samens beherrscht, hat auch sein Prana und seinen Geist unter Kontrolle.
Wer Pranayama übt, wird einen guten Appetit, Heiterkeit, eine ansehnliche Gestalt, Stärke, Mut, Enthusiasmus, ein hohes Maß an Gesundheit, Energie und Vitalität sowie eine gute Konzentration des Geistes haben. Pranayama eignet sich auch sehr gut für westliche Menschen. Ein Yogi mißt die Spanne seines Lebens nicht in Jahren sondern in der Zahl seiner Atemzüge. Die Vitalkapazität ist die größtmögliche Luftmenge, die man nach der tiefstmöglichen Ausatmung einatmen kann. Ein Mensch nimmt 15 Atemzüge in der Minute. Die gesamte Anzahl von Atemzügen pro Tag beträgt 21.600.  

Arten des Pranayama

“Bahya-abhyantar-stambha-vritti-desaa-kalaSankhyabhih paridrishto deergha-sukshmah”Yoga Sutra des Patanjali (Kapitel 2, Sutra 50)

“Pranayama ist Einatmung, Ausatmung oder Anhalten des Atems. Es wird durch Ort, Zeit und Dauer reguliert und fortschreitend verlängert und verfeinert.”

Die Ausatmung ist Rechaka, die erste Art des Pranayamas. Einatmung ist die zweite Art und wird Puraka (Einatmen) genannt. Wenn der Atem angehalten wird, ist dies Kumbhaka (Anhalten), die dritte Art. Kumbhaka ist das Zurückhalten des Atems. Kumbhaka verlängert das Leben, vermehrt die innere spirituelle Kraft, Stärke und Vitalität. Wenn Du den Atem für eine Minute anhälst, wird diese Minute Deiner Lebenszeit hinzugefügt. Yogis besiegen den Yama, den Gott des Todes, indem sie den Atem zum Brahmarandhra (Fontanelle) an der Spitze des Kopfes hochführen und ihn dort halten. So erobern sie den Tod. Chang Dev lebte durch die Übung von Pranayama Eintausendvierhundert Jahre. Jede der Bewegungen im Pranayama, nämlich Rechaka (Ausatmen), Puraka (Einatmen) und Kumbhaka (Anhalten), wird durch Ort, Zeit und Anzahl gesteuert. Ort bezeichnet das innere oder äußere des Körpers, die spezielle Länge oder Breite und ob das Prana in einem bestimmten Teil des Körpers gehalten wird. Die Dauer der Aus- bzw. Einatmung ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Die Länge des Atems variiert entsprechend dem vorherrschenden Tattwa (Element). Die Länge des Atems beträgt 12, 16, 4, 8 bzw. 0  Fingerbreit, entsprechend den Tattwas Prithivi, Apas, Tejas, Vayu oder Akasha (Erde, Wasser, Feuer, Luft oder Äther). Dies ist während der Ausatmung äußerlich und während der Einatmung innerlich.

Die Zeitdauer wird im allgemeinen in Matras gezählt, was einer Sekunde entspricht. Das Matra ist ein Maß. Mit Zeit ist auch gemeint, wie lange das Prana in einem bestimmten Zentrum oder Teil fixiert werden sollte.
Anzahl bezieht sich auf die Zahl der Wiederholungen mit der das Pranayama ausgeführt wird. Der Yoga-Schüler sollte die Zahl der Pranayamas in einer Sitzung auf 80 steigern. Er sollte jeweils morgens, mittags, nachmittags und abends üben, insgesamt 320 Pranayamas. Die Wirkung oder Frucht von Pranayama ist Udghata, die Erweckung der schlafenden Kundalini. Das Hauptziel von Pranayama ist, das Prana mit dem Apana zu vereinigen und das zusammengeführte Pranayama langsam hoch zum Kopf zu bringen.

Kundalini ist die Quelle für alle okkulten Kräfte. Entsprechend der Zeitdauer, die es geübt wird, ist das Pranayama kurz oder lang. Genauso wie Wasser, das auf eine heiße Pfanne geschüttet wird, nach allen Seiten hin verdampft, genauso hält die Luft unter starker Anstrengung des Anhaltens (Kumbhaka) an und bleibt im Inneren.
Vachaspati schreibt: “Der erste Versuch (Udgatha) wird mit 36 Matras (Zähleinheiten) gemessen, was sanft ist. Das Doppelte im zweiten Versuch, was mittel ist. Das ganze dreifach ist intensiv. Dies ist Pranayama nach Zahlen gemessen.”

Der Ort der Ausatmung liegt im Bereich von 12 Angulas (Fingerbreit) von der Nasenspitze. Dies kann man mit einem Stück Schilf oder Stoff nachprüfen. Der Ort der Einatmung reicht vom Kopf bis hinunter zu den Fußsohlen. Man kann sich dessen vergewissern durch ein kribbelndes Gefühl ähnlich dem der Berührung einer Ameise. Der Zeitraum des Kumbhakas besteht aus den äußeren und inneren Räumen von Ein- und Ausatmung zusammengenommen, da die Funktionen des Atems bei Ein- und Ausatmung angehalten werden können. Dessen kann man sich vergewissern durch das Ausbleiben der oben aufgeführten Anzeichen, in Verbindung mit Ein- und Ausatmung.

Die Angaben zu den drei Arten der Atemregulierung bzgl. Zeit, Raum und Anzahl sind optional. Es ist nicht so zu verstehen, daß sie zusammen praktiziert werden sollten. In vielen Smritis kann man lesen, daß die einzige erwähnte Spezifikation in bezug auf die Kontrolle des Atems die der Zeit ist.
Die vierte Atemart hält das Prana durch Ausrichtung auf ein äußeres oder inneres Objekt zurück. “Bahyabhyantaravishayakshepi chaturthah ” (Yoga Sutras, Kapitel II, 51)

Die dritte Art von Pranayama, die in Satz 50 der Yoga Sutras beschrieben ist, wird nur bis zum Erreichen des ersten Udghata praktiziert. Das vierte Pranayama wird weiter fortgeführt. Es befaßt sich mit der Fixierung des Pranas in den verschiedenen  Chakras (Padmas, Lotus) und dem langsamen, schrittweisen Hochziehen zum letzten Lotus im Kopf, wo vollendeter Samadhi eintritt. Dies ist im Innern. Äußerlich zieht es die Länge des Atems in Betracht in Übereinstimmung mit dem vorherrschenden Tattwa (Element). Das Prana kann sowohl innen wie außen beschrieben werden.

Durch allmähliche Beherrschung der einleitenden drei Arten von Pranayama, setzt die vierte Art ein. In der dritten Art von Pranayama wird der räumliche Bereich der Atmung außer Acht gelassen. Das Anhalten des Atems tritt durch eine einzelne Anstrengung auf und wird dann nach Raum, Zeit und Anzahl gemessen und wird so Dirgha (lang) und Sukshma (subtil, feinstofflich). In der vierten Art jedoch werden die Zeiträume der Ausatmung und Einatmung ermittelt. Die verschiedenen Zustände werden nach und nach beherrscht. Die vierte Art wird nicht sofort durch eine einzelne Anstrengung praktiziert wie die dritte. Andererseits erreicht sie verschiedene Grade der Vollendung, wenn sie ausgeführt wird. Wenn eine Stufe beherrscht wird, wird die nächste Stufe aufgenommen und geübt. Der dritten Art gehen keine Abmessungen voraus und sie wird durch eine einzelne Anstrengung herbeigeführt. Der vierten gehen jedoch die Kenntnisse um die Maße voraus und sie wird nur durch großes Bemühen erreicht. Die Bedingungen bezüglich Zeit, Raum und Anzahl sind auch auf dieses Pranayama anwendbar. Besondere okkulte Kräfte entwickeln sich von selbst mit jeder Stufe des Fortschritts.  

Drei Arten von Pranayama

Es gibt drei Typen von Pranayama, nämlich Adhama, Madhyama und Uttama (Unteres, Mittleres und Höchstes). Das Adhama Pranayama besteht aus 12 Matras (Zähleinheiten), Madhyama besteht aus 24 Matras und Uttama nimmt die Zeit von 32 Matras ein. Dies gilt für  Puraka (Einatmen). Das Verhältnis zwischen Puraka (Einatmen), Kumbhaka (Anhalten) und Rechaka (Ausatmen) ist 1:4:2. Puraka ist Einatmung. Kumbhaka ist das Anhalten. Rechaka ist Ausatmung. Wenn Du 12 Matras einatmest, sollte die Dauer von Kumbhaka (Anhalten) 48 Matras betragen. Die Zeit für Rechaka (Ausatmen) beträgt dann 24 Matras. Das ist  Adhama Pranayama. Diese Regel gilt für alle Pranayama-Arten. Praktiziere zunächst für einen Monat Adhama Pranayama. Praktiziere dann für drei Monate Madhyama, anschließend sollte mit der Uttama Art begonnen werden.

Grüße Deinen Guru und Sri Ganesha, sobald Du in der Asana sitzt. Der Zeitpunkt für Abhyasa ist der frühe Morgen um 4 oder 10 Uhr, abends um 16 Uhr und nachts um 22 oder 0 Uhr. Wenn Du vorankommen willst, solltest Du täglich 320 Runden Pranayama ausüben.

Sagarbha Pranayama geht einher mitJapa (Wiederholung) eines Mantras, z.B. Gayatri oder OM. Es ist 100 Mal wirkungsvoller als das Agarbha Pranayama, das einfach ist und nicht von Japa begleitet wird. Pranayama Siddhi (Vollkommenheit) hängt von der Intensität der Bemühungen ab. Ein besonders enthusiastischer Schüler  mit Parama Utsaha, Sahasa und Dridhata (Eifer, Heiterkeit und Zähigkeit), kann innerhalb von 6 Monaten Vollendung herbeiführen; während ein nachlässiger Schüler mit Tandri und Alasya (Schläfrigkeit und Faulheit) selbst nach 8 oder 10 Jahren keine Verbesserung finden wird. Harre aus mit Geduld, Vertrauen, Zuversicht, Erwartung, Interesse und Aufmerksamkeit. Du bist dazu bestimmt Erfolg zu haben. Nil desperandum - verzweifle niemals.  

Das vedantische Kumbhaka

Man sollte Pranayama ohne Ablenkung und mit ruhigem Geist üben. Der Übende sollte sich einzig auf Brahman verlassen; dies ist das höchste Ziel des Lebens. Man sagt, dass das Zurückziehen von allen äußeren Objekten Rechaka (Ausatmen) sei. Das Aufnehmen des spirituellen Wissens der Shastras sei Puraka (Einatmen) und das sich-daran-halten sei Kumbhaka (Anhalten). Man wird unabhängig, wenn man seinen Chitta (Geist) auf diese Weise trainiert. Hierüber gibt es keinen Zweifel. Durch Kumbhaka sollte der Geist immer angehoben werden und durch Kumbhaka alleine sollte er sich dem Innern zuwenden. Die Beherrschung von Kumbhaka kann nur durch die Übung von Kumbhaka erfolgen. Im Innern von Kumbhaka ist Parama Shiva. Zuerst entsteht in seinem Brahmagranthiein Loch oder ein Durchgang, der durchdrungen wird. Anschließend geht es durch Vishnugranthiund dann durch Rudragranthi. Daraufhin erlangt der Yogi Befreiung durch religiöse Zeremonien, in verschiedenen Geburten ausgeführt, durch die Gnade des Gurus und Devatas (Gottes) sowie durch die Übung des Yogas.  

Pranayama für Nadi-Shuddhi

Vayu (Lebensenergie) kann nicht in die Nadis eintreten, wenn sie voller Unreinheiten sind. Daher sollten sie zu allererst gereinigt und dann Pranayama geübt werden. Die Nadis werden durch zwei Prozesse gereinigt, nämlich, Samanu und Nirmanu. Samanu entspricht einem geistigen Prozeß, bei dem Bija Mantras wiederholt werden. Nirmanu entspricht einer physischen Reinigung oder den Shatkarmas (sechs Reinigungsprozesse im Hatha Yoga).

1. Sitze in Padmasana. Meditiere über das Bijakshara (Samenmantra) von Vayu (Luftelement), Yam, das von rauchiger Farbe ist. Atme durch das linke Nasenloch ein. Wiederhole das Bijakshara 16 Mal. Dies ist Puraka (Einatmen). Halte den Atem an, bis Du das Bija 64 Mal wiederholt hast. Dies ist Kumbhaka (Anhalten). Atme dann sehr sehr langsam durch das rechte Nasenloch aus, bis Du das Bijakshara 32 Mal wiederholt hast. Dies ist Rechaka (Ausatmen).

2. Der Nabel ist der Sitz von Agnitattwa(das Feuerelement). Meditiere über dieses Agnitattwa. Ziehe die Luft durch das rechte Nasenloch ein, während Du 16 Mal das Agni Bija, Ram, wiederholst. Halte den Atem an, bis Du das Bija 64 Mal wiederholt hast. Atme dann langsam durch das linke Nasenloch aus, bis Du das Bija geistig 32 Mal wiederholt hast.

3. Fixiere den Blick auf die Nasenspitze. Atme durch das linke Nasenloch ein und wiederhole das  Chandra (Mond) Bija, Tham, 16 Mal. Halte den Atem an, bis Du das Bija 64 Mal wiederholt hast. Stell Dir vor, daß der Nektar, der aus dem Mond herausfließt, durch alle Gefäße Deines Körpers strömt und sie reinigt. Atme dann langsam durch das rechte Nasenloch aus, bis Du das Prithivi Bija (Lam) 32 Mal wiederholt hast.

Durch die Übung der oben dargestellten drei Arten von Pranayama werden die Nadisgründlich gereinigt. Sitze dabei in Deiner normalen Stellung.

Mantra während Pranayama

Das Mantra für die Wiederholung während des Pranayamas ist in der Ishwara Gita niedergelegt: “Wenn der Aspirant, seinen Atem anhaltend, das Gayatri dreifach, am Anfang auch zusammen mit den Vyahritis, den Siras am Ende und das Pranava jeweils einmal an beiden Enden wiederholt, so nennt man dies Kontrolle des Atems”.

Yogi Yajnavalkya andererseits erklärt folgendermaßen: “Um den aufwärtsgerichteten Atem und den abwärts gerichteten Atem zu beherrschen, soll der Atem mit dem Mantra OM als Maßeinheit kontrolliert werden.”

Die Wiederholung des Pranava alleine, ist für Paramahamsa Sannyasins (die höchste Klasse von Sannyasins) gedacht. Es ist in den Smritis (Schriften) dargelegt worden, daß gewöhnliche Kontemplation durch Einatmung und durch andere Phasen der Atemkontrolle (im Bereich des Nabels, Herz und Stirn, in Bezug auf die Formen von Brahma, Vishnu bzw. Shiva) geübt werden soll. Für den Paramahamsa jedoch wurde Brahman als das alleinige Objekt der Kontemplation dargelegt. “Der selbstbeherrschte Asket soll mit Hilfe des Pranava über das höchste Brahman nachsinnen” erklärt die Shruti (Schrift).

Übung Nr. 1

Sitze in Padamasana. Schließe Deine Augen. Konzentriere Dich auf Trikuti (den Raum zwischen den beiden Augenbrauen). Schließe das rechte Nasenloch mit Deinem Daumen. Atme langsam und so lange wie Du bequem kannst durch das linke Nasenloch ein. Atme dann sehr, sehr langsam durch das gleiche Nasenloch aus. 12 x wiederholen entspricht einer Runde.
Atme dann durch Verschließen des linken Nasenlochs mit Ring- und kleinem Finger der rechten Hand durch das rechte Nasenloch ein und durch das gleiche Nasenloch sehr langsam aus. 12 x wiederholen entspricht einer Runde.
Die Ein- und Ausatmung sollte geräuschlos sein. Wiederhole während der Übung Dein Ishta Mantra. In der zweiten Woche zwei und in der dritten Woche drei Runden   üben. Mach eine Pause von zwei Minuten wenn eine Runde vorüber ist. Falls Du nach Abschluß einer Runde einige normale Atemzüge tätigst, wird Dir dies genügend Ruhe geben, um für die nächste Runde frisch zu sein. In dieser Übung gibt es kein Kumbhaka (Anhalten). Du kannst die Zahl der Runden entsprechend Deiner Stärke und Deiner Fähigkeit steigern.

Übung Nr. 2

Atme langsam und ruhig durch beide Nasenlöcher ein. Den Atem nicht anhalten, langsam ausatmen. Eine Runde besteht aus 12 Wiederholungen. Entsprechend Deiner Fähigkeit, Stärke und Zeit kannst Du zwei oder drei Runden praktizieren.

Übung Nr. 3

Setze Dich in Deinen Sitz (Asana). Schließe das rechte Nasenloch mit Deinem rechten Daumen. Atme dann langsam durch das linke Nasenloch ein. Schließe das linke Nasenloch mit Ringfinger und kleinem Finger der rechten Hand und öffne das rechte Nasenloch durch Entfernen des rechten Daumens. Atme sehr langsam durch das rechte Nasenloch aus. Zieh dann die Luft durch das rechte Nasenloch ein, solange wie Du bequem kannst und atme durch das linke Nasenloch aus, indem Du Ringfinger und kleinen Finger der rechten Hand entfernst. In diesem Pranayama gibt es kein Kumbhaka (Anhalten). 12 x wiederholen entspricht einer Runde.

Übung Nr. 4

OmMeditiere darüber, daß der eine Buchstabe, das höchste Licht - Pranava , OM - der Ursprung oder die Quelle der drei Buchstaben A, U und M ist. Atme die Luft durch Ida (das linke Nasenloch) über die Zeitspanne von 16 Matras (Sekunden) ein, meditiere während dieser Zeit über den Buchstaben A; halte die Luft für die Zeit von 64 Matras an, meditiere während der Zeit über den Buchstaben U; atme durch das rechte Nasenloch für die Zeit von 32 Matras aus und meditiere während dieser Zeit über den Buchstaben M. Übe dies immer wieder in der oben genannten Reihenfolge. Beginne mit 2 oder 3 Wiederholungen und steigere Dich allmählich auf 20 oder 30, entsprechend Deiner Fähigkeit und Stärke. Halte am Anfang den Rhythmus 1:4:2 ein. Steigere das Verhältnis allmählich auf 16:64:32.

Tiefenatmung

Jeder tiefe Atemzug besteht aus einer vollständigen Einatmung durch die Nase und einer ebenso tiefen und gleichmäßigen Ausatmung durch die Nase.
Atme so langsam wie Du kannst ein. Atme so langsam wie Du kannst aus. Beachte während der Einatmung die folgenden Regeln:

1. Steh auf. Halte die Hände an den Hüften, die Ellbogen zeigen nach außen, jedoch nicht nach hinten gezwungen. Stehe bequem.

2. Strecke den Brustkorb gerade nach oben. Drücke die Hüftknochen mit den Händen nach unten. Durch diesen Vorgang wird ein Vakuum erzeugt und die Luft wird von alleine einströmen.

3. Halte die Nasenlöcher weit geöffnet. Benutze die Nase nicht wie eine Saugpumpe. Sie sollten ein passiver Durchgang sowohl für die eingeatmete als auch für die ausgeatmete Luft sein. Erinnere dich, daß korrekte Atmung geräuschlos ist.

4. Strecke den gesamten oberen Teil des Rumpfes.

5. Wölbe die obere Brust in eine unverkrampfte Haltung. Halte den Bauch natürlich entspannt.

6. Beuge den Kopf nicht zu weit nach hinten. Ziehe den Bauch nicht ein. Ziehe die Schultern nicht nach   oben.

Beachte während der Ausatmung sorgfältig folgende Regeln:

1. Laß die Rippen und den gesamten oberen Teil des Rumpfes allmählich nach unten sinken.

2. Ziehe die unteren Rippen und den Bauch langsam nach innen.

3. Beuge den Körper nicht zu weit nach vorne. Eine Wölbung des Brustkorbs sollte vermieden werden. Halte Kopf, Nacken und den Rumpf in einer geraden Linie. Ziehe den Brustkorb zusammen. Atme die Luft nicht durch den Mund aus. Atme sehr langsam und geräuschlos aus.

4. Die Ausatmung findet durch Entspannung der Muskeln statt, die bei der Einatmung angespannt wurden. Der Brustkorb fällt durch sein Eigengewicht nach unten und man stößt die Luft durch die Nase aus.

5. Halte am Anfang den Atem nach der Einatmung nicht an. Nach der Einatmung erfolgt augenblicklich die Ausatmung. Wenn Du fortgeschritten bist, kannst Du entsprechend Deiner Fähigkeit den Atem langsam von 5 Sekunden bis zu einer Minute anhalten.

6. Wenn eine Runde der Tiefenatmung vorüber ist, kannst Du eine kurze Atempause machen, dabei normal atmen. Beginne dann mit der zweiten Runde. Stehe während der Pause ruhig und in einer bequemen Stellung, mit den Händen auf den Hüften. Die Anzahl der Runden kann individuell (entsprechend der Fähigkeit) festgelegt werden. 3 oder 4 Runden ausführen, jede Woche um eine Runde steigern. Die Tiefenatmung ist nur eine Spielart des Pranayamas.

Kapalabhati

Kapala’ ist ein Sanskrit-Wort; es bedeutet Schädel. ‘Bhati’ bedeutet scheinen. Der Ausdruck Kapalabhati bezeichnet eine Übung, die den Schädel zum Scheinen bringt. Diese Kriya reinigt den Schädel. Sie ist eine der Shat-Karmas (sechs Reinigungsübungen im Hatha Yoga).

Sitze in Padmasana (Lotussitz). Halte die Hände auf den Knien. Schließe die Augen. Führe Puraka (Einatmen) und Rechaka (Ausatmen) schnell und kraftvoll aus. Bei dieser Übung beginnt man zu schwitzen. Denjenigen, die in Kapalabhati sehr erfahren sind, fällt Bhastrika sehr leicht. In diesem Pranayama gibt es kein Kumbhaka (Anhalten). Rechaka (Ausatmen) spielt die dominierende Rolle. Puraka (Einatmen) ist sanft, langsam und lang (Dirgha). Rechaka (Ausatmen) sollte jedoch schnell und forciert ausgeführt werden, durch Kontraktion der Bauchmuskeln mit einem nach hinten gerichteten Schub. Entspanne während des Purakas (Einatmen) Deine Bauchmuskeln. Der Kopf sollte nicht gebeugt und die Wirbelsäule nicht gekrümmt sein. Kopf und Rumpf sollten aufgerichtet sein. Plötzliche Ausstöße des Atems folgen aufeinander wie in Bhastrika. Zu Beginn kannst Du mit einer Ausatmung pro Sekunde starten. Allmählich kannst Du dann zwei Ausatmungen pro Sekunde machen. Morgens mit einer Runde von 10 Ausatmungen starten. In der zweiten Woche eine Runde am Abend praktizieren. In der dritten Woche zwei Runden am Morgen und zwei Runden am Abend ausführen. Steigere Dich jede Woche allmählich und vorsichtig um jeweils 10 Ausatmungen pro Runde, bis Du 120 Ausatmungen pro Runde erreichst.

Die Übung reinigt das Atmungssystem und die nasalen Atemwege. Es beseitigt Verkrampfungen der Bronchien. Als Folge verschafft es Abhilfe bei Asthma und kann diese Krankheit im Laufe der Zeit auch heilen. Die Lungenspitzen werden gründlich mit Sauerstoff versorgt. So können sie keine Brutstätten für Tuberkulose-Bakterien bieten. Schwindsucht wird durch diese Übung geheilt. Die Lungen werden beachtlich entwickelt. Kohlendioxid wird in großem Ausmaß vermindert. Unreinheiten des Blutes werden ausgesondert. Gewebe und Zellen absorbieren eine große Menge von Sauerstoff. Der Übende bleibt gesund. Das Herz funktioniert ordentlich. Der Kreislauf und die Atmung werden angeregt.  

Das äußere Kumbhaka (Bahya)

Atme durch das linke Nasenloch ein, bis Du 3 x OM abgezählt hast. Atme anschließend sofort die Luft  ohne anzuhalten durch das rechte Nasenloch aus, während Du 6 x OM wiederholst. Halte nach dem Ausatmen die Luft an, bis Du 12 x OM abgezählt hast. Ziehe dann die Luft durch das rechte Nasenloch ein, atme durch das linke aus, wobei Du die gleiche Zahl von OMs für Einatmung, Ausatmung und  Anhalten verwendest wie zuvor. Mache sechs Wiederholungen am Morgen und sechs am Abend. Steigere allmählich die Zahl der Runden und die Zeit des Kumbhakas (der Anhaltung). Man sollte sich dabei nicht selbst unter Druck setzen.

Leichtes, angenehmes Pranayama (Sukha Purvaka)

Setze Dich in Deinem Meditationsraum in Padmasana oder Siddhasanavor das Bild einer Ishta Devata (führenden Gottheit). Schließe das rechte Nasenloch mit dem rechten Daumen. Ziehe die Luft sehr langsam durch das linke Nasenloch ein. Schließe dann das linke Nasenloch mit dem kleinen Finger und dem Ringfinger der rechten Hand. Halte die Luft solange an, wie es bequem geht. Atme dann sehr langsam durch das rechte Nasenloch aus, nachdem Du den Daumen beiseite genommen hast. Nun ist der halbe Vorgang abgeschlossen. Ziehe dann die Luft durch das rechte Nasenloch ein. Halte die Luft wie zuvor an und atme durch das linke Nasenloch sehr langsam aus. Diese sechs Teilschritte zusammengenommen bilden ein Pranayama. 20 x morgens und abends wiederholen, die Anzahl allmählich steigern. Habe die Bhava (geistige Einstellung), daß alle Daivi Shampat (göttlichen Eigenschaften), z.B. Barmherzigkeit, Liebe, Vergebung, Shantih, Freude etc. mit der Luft in Dich eindringen und alle Asuri Shampat (teuflischen Eigenschaften) wie sinnliche Begierde, Zorn, Habgier u.s.w. mit der ausgeatmeten Luft ausgestoßen werden. Wiederhole geistig OM oder Gayatri während Puraka (Einatmen), Kumbhaka (Anhalten) und Rechaka (Ausatmen). Intensiv praktizierende Sadhakas können täglich 320 Kumbhakas in vier Sitzungen ausführen, mit jeweils 80 Wiederholungen pro Sitzung.

Dieses Pranayama beseitigt alle Krankheiten, reinigt die Nadis, stärkt den Geist in Konzentration, verbessert die Verdauung, vermehrt das Verdauungsfeuer und den Appetit, hilft Brahmacharya einzuhalten und erweckt die Kundalini, die im Muladhara Chakra schläft. Die Reinigung der Nadis erfolgt sehr rasch. Du kannst auch Levitation (Schweben über dem Boden) erfahren.

Pranayama für das Erwecken der Kundalini

Konzentriere Dich beim Praktizieren der folgenden Übung auf das Muladhara Chakra am unteren Ende der Wirbelsäule; es ist von dreieckiger Form und ist der Sitz der Kundalini Shakti. Schließe mit Deinem rechten Daumen das rechte Nasenloch. Atme durch das linke Nasenloch ein, bis Du 3 x OM langsam gezählt hast. Stell Dir vor, dass Du das Prana mit der Luft aus der Atmosphäre hineinziehst. Schließe dann das linke Nasenloch mit kleinem Finger und Ringfinger der rechten Hand. Halte dann den Atem für 12 x OM an. Schicke den Energiestrom die Wirbelsäule hinunter, direkt zum dreieckigen Lotus, zum MuladChakrahara . Stell Dir vor, daß der Nervenstrom gegen den Lotus stößt und die Kundalini erweckt. Atme dann langsam durch das rechte Nasenloch aus, wobei Du 6 x OM abzählst. Wiederhole den Prozeß wie oben aufgeführt beginnend mit dem rechten Nasenloch, benutze die gleichen Zeiteinheiten,  Vorstellungen und Empfindungen. Dieses Pranayama wird die Kundalini rasch erwecken. 3 x morgens und abends wiederholen. Steigere die Zahl der Wiederholungen und die Zeitdauer allmählich, entsprechend Deiner Stärke und Deinen Fähigkeiten. Bei diesem Pranayama ist die Konzentration auf das Muladhara Chakra der entscheidende Punkt. Die Kundalini wird rasch erweckt werden, wenn ein hohes Maß an Konzentration besteht und das Pranayama regelmäßig praktiziert wird.

Pranayama während der Meditation

In Konzentration und Meditation stellt sich Pranayama von selbst ein. Der Atem wird langsamer und langsamer. Wir praktizieren dieses Pranayama täglich unbewußt. Wenn Du eine aufregende Geschichte liest oder ein mathematisches Problem löst, ist Dein Geist sehr stark von dem jeweiligen Gegenstand absorbiert. Wenn Du Deinen Atem in solchen Situationen genau beobachtest, wirst Du feststellen, daß der Atem sehr langsam geworden ist. Wenn Du eine tragische Geschichte im Theater oder im Kino siehst, wenn Du eine traurige oder eine erfreuliche Nachricht hörst, wenn Du Tränen vergießt, sei es aus Freude oder Trauer, oder in Lachen ausbrichst, verlangsamt sich der Atem, Pranayama kommt von selbst. An diesen Beispielen läßt sich gut erkennen, daß die Atmung sich verlangsamt oder stoppt, wenn der Geist tief auf irgendeinen Gegenstand konzentriert ist. Pranayama wird automatisch ausgeführt. Geist und Prana sind sehr eng miteinander verbunden. Wenn Du Deine Aufmerksamkeit bei solchen Gelegenheiten auf den Atem richtest, wird er seinen normalen Zustand wiedergewinnen. Pranayama stellt sich von selbst bei solchen ein, die tief in der Ausführung von Japa, Dhyana oder Brahma-Vichara (Nachforschung nach dem Atman) versunken sind.

Prana, Geist und Virya (Fortpflanzungsenergie) stehen in einer Sambandha (Verbindung). Wenn Du den Atem kontrollieren kannst, werden Prana und Virya von selbst beherrscht. Wenn Du das Prana kontrollieren kannst, sind Geist und Virya von selbst beherrscht. Wenn Virya beherrscht wird, durch das Verweilen als Akhanda Brahmachari, d.h. 12 Jahre wird kein Tropfen Samen abgegeben, sind Geist und Prana von selbst beherrscht. Genauso wie es eine Verbindung zwischen Wind und Feuer (Licht) gibt , genauso gibt es auch eine Verbindung zwischen Prana und Geist. Der Wind entfacht das Feuer. Prana entfacht den Geist. Wenn kein Wind da ist, werden Feuer und Licht ruhig. Hatha Yogis nähern sich Brahman durch die Kontrolle des Pranas. Raja Yogis nähern sich Brahman durch die Kontrolle des Geistes. Beim Pranayama brauchst Du die Nasenlöcher nicht zu verschließen. Schließe einfach nur die Augen, wenn Du in einer sitzenden Stellung übst. Vergiß den Körper und konzentriere Dich. Falls Du dies beim Gehen übst, spüre einfach genau die Bewegung der Luft, die ein und ausgeatmet wird.  

Pranayama beim Gehen

Gehe mit aufgerichtetem Kopf, die Schultern zurück, den Brustkorb ausgedehnt. Atme langsam durch beide Nasenlöcher ein und zähle geistig 3 x OM, ein OM bei jedem Schritt. Halte dann den Atem an, bis Du 12 x OM gezählt hast. Atme dann langsam durch beide Nasenlöcher aus, bis Du 6 x OM gezählt hast. Wenn Du es schwierig findest, mit jedem Schritt ein OM zu zählen, zähle die OMs ohne Beziehung zu den Schritten ab.
Beim Gehen kann auch Kapalabhati ausgeführt werden. Menschen, die sehr beschäftigt sind, können die oben beschriebene Übung morgens und abends beim Gehen praktizieren. Dabei werden zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Es ist sehr angenehm, Pranayama beim Gehen im Freien zu üben, wenn eine sanfte und angenehme Brise weht. Du wirst rasch in einem beträchtlichen Maß gestärkt und belebt sein. Übe, spüre und erkenne den wohltuenden Einfluß dieser Art von Pranayama. Solche, die flink gehen und dabei geistig oder verbal OM wiederholen, üben natürliches Pranayama ohne Anstrengung.  

Pranayama in Shavasana

Lege Dich möglichst bequem auf einer Decke auf den Rücken. Lege die Arme neben dem Körper auf den Boden, Handflächen nach oben. Halte die Beine ausgestreckt, Füße etwa 50 cm weit auseinander, Zehen fallen nach außen. Entspanne alle Muskeln und Nerven. Diejenigen, die sehr schwach sind, können in dieser Stellung Pranayama üben, während sie auf dem Boden oder im Bett liegen. Zieh den Atem langsam durch beide Nasenlöcher ein, ohne ein Geräusch zu machen. Halte den Atem solange an, wie es angenehm ist. Atme dann langsam durch beide Nasenlöcher aus. Wiederhole diesen Vorgang 12 x am Morgen und 12 x am Abend. Singe geistig OM während der Übung. Wenn Du möchtest, kannst Du auch in irgendeiner anderen leichten und bequemen Stellung üben. Dies ist eine kombinierte Übung aus Asana, Pranayama, Meditation und Ruhe. Sie spendet sowohl dem Körper als auch dem Geist Erholung. Sie gibt Erleichterung, Behaglichkeit und Ruhe und ist auch für ältere Menschen sehr gut geeignet.  

Rhythmisches Atmen

Die Atmung von Männern und Frauen ist sehr ungleichmäßig. Bei der Ausatmung geht das Prana um 16 Fingerbreit nach außen und bei der Einatmung nur 12 Fingerbreit nach innen, so daß 4 Fingerbreit verloren gehen. Wenn Du jedoch wie in der Ausatmung in einem Ausmaß von 16 Fingerbreit einatmest, wirst Du eine rhythmische Atmung haben. Dann wird sich die Energie der Kundalini erheben.  Durch die rhythmische Atmung wirst Du Dich sehr gut erholen. Du kannst das in der Medulla Oblongata gelegene Atemzentrum und auch andere Nerven kontrollieren, da das Atemzentrum eine Art Kontrollwirkung auf andere Nerven hat. Wer ruhige Nerven hat, hat auch einen ruhigen Geist.

Wenn das Ausmaß von Ein- und Ausatmung gleich ist, hast Du eine rhythmische Atmung. Falls Du beim Einatmen 6 x OM zählst, zähle auch beim Ausatmen 6 x OM. Dies ist Ein- und Ausatmen in gleichmäßiger Weise. Es harmonisiert den physischen Körper, den Geist und die Indriyas, die ermüdeten Nerven werden beruhigt. Du wirst völlige Ruhe und innere Stille erfahren. All die aufschäumenden Emotionen und aufwogenden Impulse werden sich beruhigen.

Es gibt noch eine weitere Art des rhythmischen Atems. Atme langsam durch beide Nasenlöcher für 4 x OM ein.; halte den Atem für 8 x OM an (inneres Kumbhaka); atme langsam durch beide Nasenlöcher für 4 x OM aus und halte den Atem ausgeatmet für 8 x OM an (äußeres Kumbhaka).

Wiederhole den obigen Vorgang einige Male entsprechend Deiner Stärke und Deinen Fähigkeiten. Mit einiger Übung kannst Du allmählich die Dauer der Einatmung und Ausatmung auf 8 x OM und die Perioden des Anhaltens auf 16 x OM steigern. Versuche jedoch niemals die Zeiten zu steigern, bevor Du Dir nicht sicher bist, daß Du die Energie und Stärke dazu hast. Du mußt bei der Übung Freude und Vergnügen erfahren. Du solltest keine übermäßige Anstrengung verspüren. Sei sehr aufmerksam darauf bedacht, den Rhythmus beizubehalten. Erinnere Dich, daß der Rhythmus wichtiger ist, als die Länge des Atems. Du mußt den Rhythmus in Deinem gesamten Körper spüren. Übung wird Dich vollkommen machen. Geduld und Ausdauer sind erforderlich.  

Surya Bheda

Sitze in Padmasana oder Siddhasana. Schließe die Augen. Halte das linke Nasenloch mit kleinem Finger und Ringfinger der rechten Hand verschlossen. Atme langsam und ohne dabei ein Geräusch zu machen solange durch das rechte Nasenloch ein, wie Du bequem kannst. Verschließe dann das rechte Nasenloch mit Deinem rechten Daumen und halte den Atem an, das Kinn gegen die Brust pressend (Jalandhara Bandha). Halte den Atem an, bis der Schweiß von den Fingerspitzen und den Haarwurzeln (Haarfollikel) ausströmt. Diesen Punkt kannst Du nicht am Beginn der Übung erreichen. Du wirst die Dauer von Kumbhaka (Atem anhalten) allmählich steigern müssen. Dies ist der begrenzende Faktor bei der Übung von Surya Bheda Kumbhaka. Atme dann sehr langsam durch das linke Nasenloch aus, ohne irgendein  Geräusch zu machen. Verschließe dabei das rechte Nasenloch mit dem Daumen. Wiederhole geistig OM mit Bhava (der Bedeutung bewußt) während der Einatmung, des Anhaltens und der Ausatmung. Atme nach der Reinigung des Schädels aus, indem Du das Prana nach oben zwingst.

Dieses Pranayama sollte wieder und wieder ausgeführt werden, da es das Gehirn reinigt, die Darmflora verbessert und Krankheiten heilt, die aus einem Übermaß an Vata (“Wind”, einer der 3 ayurvedischen Grundprinzipien) entstehen. Surya Bheda beseitigt die vier verschiedenen Übel, die durch Vata verursacht werden, und heilt Rheumatismus. Es heilt Rhinitis (Schnupfen), Cephalalgia und verschiedene Formen von Nervenleiden. Nebenhöhlenentzündungen werden beseitigt. Es zerstört Zerfall und Tod, erweckt die Kundalini Shakti und steigert das körperliche Feuer.  

Ujjayi

Sitze in Padmasana oder Siddhasana. Schließe den Mund. Atme langsam durch beide Nasenlöcher ruhig und gleichmäßig ein, bis der Atem den Raum von der Kehle bis zum Herzen füllt. Erzeuge beim Einatmen durch das Zusammenziehen der Kehle ein sanftes Geräusch.

Den Atem anhalten, solange es bequem ist, durch das linke Nasenloch ausatmen, in dem Du das rechte Nasenloch mit Deinem rechten Daumen verschließt. Bei der Einatmung den Brustkorb ausdehnen. Während der Einatmung wird durch den teilweisen Verschluß der Kehle ein besonderer Klang erzeugt. Der Klang, der während der Einatmung entsteht, sollte sanft, gleichförmig und kontinuierlich sein. Dieses Kumbhaka kann auch im Stehen und Gehen praktiziert werden. Anstatt durch das linke Nasenloch auszuatmen, kannst Du auch langsam durch beide Nasenlöcher ausatmen.

Wärme im Kopf wird dadurch beseitigt. Der Übende wird sehr schön. Das Magenfeuer wird angefacht. Es beseitigt alle Übel im Körper und in den 3 Dhatus, heilt Jalodara (Wassersucht des Bauchs oder Ascites), Schleim in der Kehle, Asthma, Schwindsucht und alle Arten von Lungenkrankheiten werden geheilt. Herzkrankheiten und alle Krankheiten, die aus mangelhafter Einatmung von Sauerstoff entstehen, werden geheilt. Alle Arbeiten werden mit Ujjayi Pranayama vollendet. Der Übende wird niemals von Erkrankungen des Schleims (Kapha), der Nerven, Blähungen, Dysenterie, vergrößerter Milz, Schwindsucht, Husten oder Fieber angegriffen. Praktiziere Ujjayi, um Zerfall und Tod zu zerstören. Geräusch zu machen. Verschließe dabei das rechte Nasenloch mit dem Daumen. Wiederhole geistig OM mit Bhava (der Bedeutung bewußt) während der Einatmung, des Anhaltens und der Ausatmung. Atme nach der Reinigung des Schädels aus, indem Du das Prana nach oben zwingst.

Sitkari

Falte die Zunge so, daß die Spitze der Zunge den oberen Gaumen berührt und zieh die Luft durch den Mund die Zunge entlang mit einem zischenden Geräusch ein (etwa wie Si Si Si Si Si). Halte den Atem solange an, wie Du kannst, atme dann langsam durch beide Nasenlöcher aus. Du kannst auch die beiden Zahnreihen geschlossen halten und dann die Luft durch den Mund wie zuvor einatmen. Die Übung steigert die Schönheit des Übenden und die Stärke seines Körpers. Sie beseitigt Hunger, Durst, Trägheit und Schlaf. Seine Stärke wird so wie von Indra (König der Götter) sein. Er wird zum Herrscher der Yogis. Er ist in der Lage, Dinge zu tun und Dinge rückgängig zu machen. Er wird zu einem unabhängigen Monarchen. Er wird unbesiegbar. Kein Unrecht wird ihn berühren. Übe dies, wenn Du durstig bist. Du wirst von dem Durst sofort befreit werden.

Sitali

Strecke die Zunge ein wenig aus. Falte die Zunge wie eine Röhre zusammen. Zieh die Luft mit dem Zischlaut Si durch den Mund ein. Halte den Atem an, solange es bequem ist. Atme dann langsam durch beide Nasenlöcher aus. Übe dies täglich am Morgen 15 bis 30 Mal. Du kannst dies entweder in Padmasana, Siddhasana, Vajrasana ausführen oder auch beim Gehen und Stehen.

Dieses Pranayama reinigt das Blut. Es stillt Durst und mildert Hunger. Es kühlt das System. Es heilt Gulma (chronische Dyspepsie bzw. Verdauungsschwäche), Plieha (Entzündungen bei verschiedenen chronischen Krankheiten), Fieber, Schwindsucht, Verdauungsstörungen, Störungen des Pitta, des Schleims (Kapha), Vergiftungen, Schlangenbisse etc. Wenn Du im Urwald oder an einem Platz bist, wo es kein Wasser gibt und Du Dich durstig fühlst, praktiziere dieses Pranayama. Du wirst augenblicklich vom Durst befreit. Wer dieses Pranayama regelmäßig praktiziert, wird von dem Biss von Schlangen und Skorpionen unberührt bleiben. Sitali Kumbhaka ist eine Imitation der Atmung einer Schlange. Der Übende bekommt die Stärke, seine Haut abzustreifen und Mangel an Luft, Wasser und Nahrung auszuhalten. Er wird immun gegen alle Arten von Entzündungen und Fieber.  

Bhastrika

In Sanskrit bedeutet Bhastrika Blasebalg. Das charakteristische Merkmal von Bhastrika ist die rasche Folge von forcierten Ausatmungen (Ausstoßen der Luft). So wie ein Schmied seinen Blasebalg rasch auf und ab bewegt, so solltest Du Deinen Atem rasch bewegen.
Sitze in Padmasana, halte Rumpf, Nacken und Kopf aufrecht. Schließe den Mund. Atme als nächstes zehnmal rasch ein und aus wie der Blasebalg des Schmieds. Bauch und Brust dabei gleichmäßig ausdehnen und zusammenziehen. Wenn Du dieses Pranayama übst, entsteht ein zischender Klang. Der Übende sollte mit einer raschen Folge von Ausatmungen beginnen. Wenn die für eine Runde erforderliche Anzahl von Wiederholungen, sagen wir zehn, beendet ist, folgt auf das letzte Ausstoßen die tiefstmögliche Einatmung. Der Atem wird dann angehalten, solange es möglich ist. Dann wird sehr langsam und tiefstmöglich ausgeatmet. Das Ende dieser tiefen Ausatmung schließt eine Runde Bhastrika ab. Mache nach einer Runde eine kurze Pause von einigen normalen Atemzügen. Dies wird Dir Erleichterung verschaffen und Dich für die zweite Runde vorbereiten. Du kannst täglich 3 Runden am Morgen ausführen. Wenn Du willst, kannst Du auch drei weitere Runden am Abend praktizieren. Beschäftigte Menschen, die keine Zeit haben, drei Runden Bhastrika zu machen, können wenigstens eine Runde machen. Auch dies wird gesund halten.

Bhastrika ist eine mächtige Übung. Bhastrika stellt eine Kombination aus Kapalabhati und Ujjayi dar. Nachdem Du Kapalabhati und Ujjayi geübt hast, kannst Du mit Bhastrika beginnen, es wird Dir dann sehr leicht fallen.

Einige können solange üben, bis sie müde werden. Du wirst stark schwitzen. Wenn Dich Schwindelgefühle überfallen, breche die Übung ab und atme einige Atemzüge normal weiter. Setze die Übung fort, wenn das Schwindelgefühl vorbei ist. Im Winter kann Bhastrika sowohl am Morgen als auch am Abend ausgeführt werden. Wenn es im Sommer sehr heiß ist, solltest Du Bhastrika nur morgens machen.

Bhastrika lindert Halsentzündungen, steigert das Verdauungsfeuer, beseitigt das Übermaß an Schleim, heilt Krankheiten der Nase und des Brustkorbs, heilt Asthma, Schwindsucht etc. Es regt den Appetit an. Es bricht die drei Granthis (Knoten, Unreinheiten, Blockaden), nämlich, Brahma Granthi, Vishnu Granthi und Rudra Granthi. Es beseitigt Schleim, der der Riegel oder das Hindernis ist zur Tür an der Öffnung des BrahmaNadi (Sushumna). Es befähigt einen, um die Kundalini zu wissen. Es heilt alle Krankheiten, die aus einem Übermaß an Wind (Vata), Galle (Pitta) und Schleim (Kapha) entstehen. Es gibt dem Körper Wärme. Wenn Du in einer kalten Region nicht ausreichend Kleidung hast, um Dich vor der Kälte zu schützen, kannst Du dieses Pranayama üben und rasch ausreichend Wärme im Körper erzeugen. Es reinigt die Nadis beträchtlich. Es ist das nützlichste aller Kumbhakas. Bhastrika Kumbhaka sollte insbesondere praktiziert werden, da es das Prana befähigt, die drei Granthis (Knoten bzw. Blockaden) zu durchbrechen, die fest in der Sushumna liegen. Es erweckt rasch die Kundalini. Der Übende wird niemals an irgendeiner Krankheit leiden.

Die Zahl der Ausatmungen und der Runden sollten durch die Stärke und Fähigkeiten des Übenden festgelegt werden. Du darfst nicht ins Extreme gehen. Einige Schüler können sechs Runden machen, andere auch zwölf Runden.

Du kannst Bhastrika auch mit einer kleinen Änderung am Ende üben. Nachdem Du zwölfmal rasch ein- und ausgeatmet hast, atme durch das rechte Nasenloch ein, halte den Atem solange an, wie Du bequem kannst. Atme dann durch das linke Nasenloch aus. Atme durch das linke Nasenloch ein, halte wie zuvor den Atem an und atme dann durch das rechte Nasenloch aus.
Wiederhole während der gesamten Übung geistig OM mit Bhava (mit Gewahrsein der Bedeutung).
Es gibt eine Variation von Bhastrika, bei der nur ein Nasenloch für die Atmung benutzt wird, in einer weiteren Variation werden die Nasenlöcher abwechselnd für die Ein- und Ausatmung verwendet.
Diejenigen, die Bhastrika lange und intensiv üben möchten, sollten von Kitchidi leben, und am Morgen, bevor sie mit der Übung beginnen, einen Einlauf nehmen oder Bhasti praktizieren.  

Bhramari

Sitze in Padmasana oder Siddhasana. Atme rasch durch beide Nasenlöcher ein und mache dabei das Geräusch von Bhramara, der Biene, und atme rasch mit einem Summton durch beide Nasenlöcher aus.
Du kannst den Vorgang fortführen bis der Körper schweißgebadet ist. Atme am Ende durch beide Nasenlöcher ein, halte den Atem an, solange Du bequem kannst. Atme dann durch beide Nasenlöcher langsam aus. Die Freude, die der Übende bei der Ausführung dieses Kumbhaka erhält, ist unbegrenzt und unbeschreiblich. Da die Blutzirkulation beschleunigt wird, steigt am Anfang die Körpertemperatur. Am Ende wird die Körperwärme durch Schwitzen wieder vermindert. Durch Erfolg in diesem BhramariKumbhaka erlangt der Yogaschüler Erfolg im Samadhi.  

Murchha

Sitze in Deiner Asana und atme ein. Halte den Atem an. Mache Jalandhara Bandha, indem Du das Kinn gegen die Brust preßt. Halte den Atem an, bis Du glaubst, in Ohnmacht zu fallen und atme dann langsam aus. Dies ist Murchha Kumbhaka, da es den Geist von den Sinnen trennt und Glück schenkt. Diese Übung ist jedoch nur für wenige Schüler geeignet.  

Plavini

Die Übung dieses Pranayamas verlangt Geschicklichkeit vom Schüler. Wer dieses Plavini praktiziert, kann Jalastambha machen und für lange Zeit auf dem Wasser treiben. Herr ‘S’, ein Yogaschüler, kann am Stück zwölf Stunden auf dem Wasser treiben. Wer dieses Pranayama übt, kann von Luft leben und für einige Tage auf Nahrung verzichten. Der Schüler trinkt tatsächlich Luft langsam wie Wasser und schickt sie zum Magen. Der Magen wird ein wenig aufgeblasen. Wenn Du auf den Magen klopfst, sobald er mit Luft gefüllt ist, wirst Du einen besonderen Klang wie den einer Pauke hören. Allmähliches Üben ist notwendig. Es ist erforderlich dieses Pranayama mit jemandem zu üben, der Erfahrung damit hat. Der Schüler kann die gesamte Luft durch Rülpsen aus dem Magen ausstoßen.  

Kevala Kumbhaka

Es gibt zwei Arten von Kumbhaka, nämlich Sahita und Kevala. Das Pranayama, welches mit der Ein- und Ausatmung verbunden ist wird als Sahita bezeichnet. Das Pranayama ohne Ein- und Ausatmung wird Kevala (alleine, natürlich, absolut) genannt. Wenn Du Meisterschaft in Sahita erlangt hast, dann kannst Du Kevala versuchen. Wenn sich während der Übung das Kumbhaka an vielen Stellen ohne Ausatmung und Einatmung manifestiert und es nach Ort, Zeit und Anzahl ungeregelt ist, dann wird dieses Kumbhaka als absolut und rein (Kevala Kumbhaka) bezeichnet, die vierte Form der Atemkontrolle. Kräfte, wie das Durchstreifen der Astralwelt, folgt dieser letzten Form des Pranayamas. In der Vashishta Samhita wird gesagt: “Wenn jemand den Atem mit Leichtigkeit anhält, nachdem er die Ein- und Ausatmung eingestellt hat, ist es absolutes (Kevala) Kumbhaka.” Bei diesem Pranayama wird der Atem plötzlich und ohne Puraka (Einatmen) und Rechaka (Ausatmen) angehalten. Der Schüler kann durch dieses Kumbhaka seinen Atem solange anhalten, wie er möchte. Er erlangt den Zustand des Raja Yogas (vollkommene Kontrolle des Geistes). Durch Kevala Kumbhaka erhebt sich das Wissen um die Kundalini. Die Kundalini ist erweckt und die Sushumna frei von allen Hindernissen. Er erlangt Vollendung im Hatha Yoga. Du kannst dieses Kumbhaka dreimal am Tag praktizieren. Wer Pranayama und Kevala beherrscht, ist der wahre Yogi. Wer Erfolg in diesem Kevala Kumbhaka erlangt hat, kann in den drei Welten alles zustande bringen. Ruhm, Verehrung und Hochachtung solch erhabenen Seelen! Dieses Kumbhaka heilt alle Krankheiten und fördert Langlebigkeit.  

Pranisches Heilen

Solche, die Pranayama praktizieren, können ihr Prana zur Heilung schwerer Krankheiten weitergeben. Sie können sich auch selbst zu jeder Zeit in einem Moment durch die Übung von Kumbhaka (Anhalten) mit Prana wiederaufladen. Denke niemals, daß Dein Prana, wenn Du es an andere weiterverteilst, für Dich verloren ist. Je mehr Du gibst, desto mehr wird aus der kosmischen Quelle (Hiranyagarbha) in Dich hineinfließen. Das ist ein Naturgesetz. Werde nicht zu einem Geizhals. Wenn Du einen rheumatischen Patienten kennst, massiere ihm sanft mit Deinen Händen die Beine. Während Du massierst, mache Kumbhaka (Anhalten), verbinde Dich selbst mit Hiranyagarbha (dem kosmischen Prana) und stelle Dir vor, daß die kosmische Energie durch Deine Hände in die Beine des Patienten fließt. Der Patient wird sofort Wärme, Erleichterung und Stärke verspüren. Du kannst Kopfschmerzen, Darmkoliken oder andere Krankheiten durch Massage und Deine magnetische Berührung heilen. Wenn Du die Leber, Milz, Magen, ein anderes Organ oder irgendeine Körperregion oder massierst, kannst Du zu den Zellen sprechen und ihnen Anweisungen geben. “Oh Zellen! Führt eure Funktionen richtig aus. Ich befehle euch, es so und so zu machen.” Sie werden Deinen Anweisungen folgen. Auch sie sind mit unterbewußter Intelligenz ausgestattet. Wiederhole OM, während Du Dein Prana auf andere überträgst. Versuche es einige Male. Du wirst dabei immer sicherer werden. Du kannst auch Skorpionstiche heilen. Massiere das Bein sanft und löse das Gift auf.

Du kannst eine außergewöhnliche Konzentrationskraft, einen starken Willen, eine perfekte Gesundheit und einen starken Körper erlangen, wenn Du regelmäßig Pranayama praktizierst. Du wirst die Kraft des Pranas bewußt zu kranken Körperteilen schicken können. Angenommen, Du hast eine träge Leber. Sitze in Padmasana. Schließe Deine Augen. Atme ruhig ein, bis Du 3 x OM gezählt hast. Halte dann den Atem an, bis Du 6 x OM gezählt hast. Lenke das Prana zur Region der Leber. Konzentriere dort Deinen Geist. Halte Deine Konzentration in diesem Bereich. Stell Dir vor, daß das Prana alle Gewebe und Zellen der Leberlappen durchdringt und dort seine heilende, regenerierende und aufbauende Arbeit verrichtet. Vertrauen, Vorstellungskraft, Aufmerksamkeit und Interesse spielen eine sehr wichtige Rolle bei der Pranaheilung. Atme dann langsam aus. Stelle Dir während der Ausatmung vor, daß die krankhaften Verunreinigungen abgesondert werden. Wiederhole diesen Vorgang 12 Mal am Morgen und 12 Mal am Abend. Die Trägheit der Leber wird in wenigen Tagen verschwinden. Dies ist eine hochwirksame Behandlung ohne Medikamente. Du kannst während des Pranayamas das Prana zu jedem beliebigen Körperteil bringen und jede Art von Krankheit heilen. Versuche ein- oder zweimal, Dich selbst zu heilen. Du wirst dadurch in Deinen Überzeugungen bestärkt werden. Warum weinst Du wie jemand, der um Ghee (geschmolzene Butter) weint, wenn er Butter in den Händen hält? Warum jammerst Du bei Krankheiten, wenn Du ein preiswertes, leistungsfähiges, leicht verfügbares Mittel, das Prana,  jederzeit zu Deiner Verfügung  hast. Verwende es klug. Wenn Du in Deiner Konzentration und Deinen Praktiken voranschreitest, kannst Du viele Krankheiten durch bloße Berührung heilen. In fortgeschrittenen Stufen, werden viele Krankheiten durch bloßen Willen geheilt. 

Fernheilung

Dies ist auch als Behandlung in Abwesenheit bekannt. Du kannst Dein Prana zu Deinem Freund/Freundin übertragen, der/die an einem anderen Ort lebt. Er sollte eine empfängliche geistige Einstellung haben. Du mußt Dich zu dem Menschen, den Du mit dieser Fernheilungsmethode heilst, selbst en rapport fühlen (in direkter Beziehung und in Sympathie).

Du kannst durch Briefwechsel mit Deinen Patienten eine genaue Zeit verabreden. Du kannst z.B. schreiben: “Sei um 4 Uhr morgens bereit. Schließe Deine Augen. Ich werde mein Prana übertragen.” Sag geistig zu dem Patienten: “Ich übertrage Dir Deinen Bedarf an Prana, der vitalen Kraft.” Mache Kumbhaka (Anhalten), wenn Du das Prana sendest. Habe die geistige Vorstellung, daß das Prana mit der Ausatmung Deinen Geist verläßt, durch den Raum fließt und in das System des Patienten eintritt. Das Prana bewegt sich unsichtbar wie die drahtlosen Radiowellen und leuchtet wie Blitze durch den Raum. Das Prana, das durch die Gedanken des Heilers gefärbt ist, wird nach außen projiziert. Du kannst Dich selbst durch das Praktizieren von Kumbhaka mit Prana wiederaufladen. Dies erfordert lange, beständige und regelmäßige Übung.  

Entspannung

Die Entspannung der Körpermuskulatur bringt Körper und Geist Ruhe. Die Anspannung der Muskeln wird beseitigt. Menschen, welche die Wissenschaft der Entspannung beherrschen, verschwenden niemals Energie. Sie können gut meditieren. Nimm einige tiefe Atemzüge und lege Dich dann flach auf den Rücken in Shavasana(Rückenentspannungslage). Entspanne alle Muskeln des Körpers vom Kopf bis zu den Füßen. Rolle Dich auf eine Seite und entspanne so gründlich wie Du kannst, die Muskeln dabei lockerlassen. Rolle Dich auf die andere Seite und entspanne. Dies wird bereits natürlicherweise von jedem während des Schlafes gemacht. Es gibt verschiedene Entspannungsübungen für die speziellen Muskeln der einzelnen Körperpartien. Du kannst den Kopf entspannen, die Schultern, die Arme, die Unterarme, die Handgelenke etc. Yogis wissen über Entspannung genau Bescheid. Wenn Du diese verschiedenen Übungen praktizierst, mußt Du ein geistiges Bild von Ruhe und Stärke haben.  

Entspannung des Geistes

Geistiges Gleichgewicht und Ruhe kann durch die Überwindung von Sorge und Ärger hergestellt werden. Eigentlich steht hinter beiden Furcht. Nichts ist durch Sorge und Ärger gewonnen, sondern im Gegenteil, durch diese beiden Arten niederer Emotionen wird viel Energie vergeudet. Wenn sich ein Mensch viel sorgt und reizbar ist, dann ist er in der Tat ein sehr schwacher Mensch. Sei achtsam und überlegt. Alle unnötigen Sorgen können vermieden werden. Entspannung der Muskeln wirkt auf den Geist und bringt dem Geist Ruhe. Entspannung im Geist bringt andererseits auch Ruhe in den Körper. Der Körper ist ein nach den Vorstellungen des Geistes gestalteter Abdruck, zum Vergnügen des Geistes.

Sitze für 15 Minuten in einer entspannten und bequemem Stellung. Schließe Deine Augen. Ziehe den Geist von den äußeren Objekten zurück. Beruhige den Geist. Laß die blubbernden Gedanken schweigen. Denke, daß der Körper eine Kokosnußschale sei und Du völlig verschieden bist von dem Körper. Denke, daß der Körper ein Instrument in Deinen Händen ist. Identifiziere Dich mit dem alles durchdringenden Geist, dem Atman. Stelle Dir vor, daß die gesamte Welt und Dein Körper wie ein Strohhalm in diesem riesigen Ozean des Geistes treiben. Spüre, daß Du in Kontakt stehst zu dem höchsten Sein. Spüre, daß das Leben der gesamten Welt in Dir pulsiert, vibriert und pocht. Spüre, daß der Ozean des Lebens Dich sanft in seinem riesigen Schoß wiegt. Du wirst großen geistigen Frieden, Kraft und Stärke erfahren. Übe und spüre dies.  

Wichtigkeit und Nutzen von Pranayama

“Die täuschenden Vasanas (Wünsche) von Samsara (Kreislauf von Geburt und Tod), die durch viele Leben hindurch entstanden sind, können nur durch sehr lange Yoga-Übung beherrscht werden. Nur durch sorgfältiges Praktizieren erprobter Methoden ist es möglich, den Geist zu kontrollieren.” (Muktikopanishad)

“Wie könnte Jnana (Wissen), das Moksha (Befreiung) bringen kann, sich sicher erheben ohne Yoga? Und auch Yoga wird machtlos in der Aufrechterhaltung von Moksha, wenn es ohne Jnana ist. Daher sollte der Aspirant, beständig beide, Yoga und Jnana, üben, um Befreiung zu erlangen.” (Yogatattwa Upanishad)

“Tatah kshiyate prakasavaranam”- So schwindet der Schleier, der das innere Licht verhüllt (Yoga Sutras Kapitel II, Vers 52). Tamas (Trägheit) und Rajas (Leidenschaft) bilden die Decke oder den Schleier. Dieser Schleier wird durch die Übung von Pranayama beseitigt. Nachdem der Schleier entfernt ist, wird die wahre Natur der Seele erkannt. Chitta (Geist) selbst besteht aus sattwigen (reinen) Partikeln, wird  jedoch von Rajas und Tamas umhüllt, genauso wie Feuer von Rauch umhüllt ist. Es gibt keine reinigendere Handlung als Pranayama. Pranayama gibt Reinheit und das Licht der Erkenntnis leuchtet. Durch den magischen Rundblick des Verlangens, wird die Essenz, die von Natur aus leuchtend ist, verdeckt und Jiva (die individuelle Seele) wird zu den Lastern gelenkt. Dieses Karma des Yogis, welches das Licht verdeckt und ihn an wiederholte Geburten bindet, wird durch die Übung des Pranayamas Stück für Stück abgeschwächt und schließlich zerstört. Nach Vachaspati besteht die Hülle, die das Selbst bedeckt, aus Leiden und Sünden.

Manu sagt: “Laß die Mängel durch Pranayama verbrennen.Vishnu Purana spricht von Pranayama als einem Hilfsmittel des Yogas: “Derjenige, der durch beständige Übung den subtilen inneren Luftstrom als Prana, Lebensenergie, erkannt hat, hat Sicherheit im Pranayama erreicht.“Dharanasu cha yogyata manasah”- “und der Geist wird fähig, sich zu konzentrieren” (Yoga Sutras Kapitel II, Vers 53). Du wirst in der Lage sein, den Geist gut zu konzentrieren, nachdem dieser Schleier von dem Licht entfernt worden ist. Der Geist wird sehr fest sein, wie die Flamme an einem windgeschützten Platz, wenn die störende Energie beseitigt worden ist. Das Wort Pranayama wird manchmal zusammenfassend verwendet für Einatmung, Anhalten und Ausatmen und manchmal für jede dieser Phasen getrennt. Wenn Prana Vayu sich im Akasha Tattwa (Äther-Element) bewegt, wird die Atmung vermindert. Zu diesem Zeitpunkt wird es leicht sein, den Atem anzuhalten. Die Geschwindigkeit des Geistes wird langsam durch Pranayama vermindert. Es wird Vairagya (Verhaftungslosigkeit) herbeiführen.

Wenn Du ein Fingerbreit des Atems im Innern halten kannst, wirst Du die Kräfte der Voraussage erhalten; wenn Du zwei Fingerbreit im Innern halten kannst, wirst Du die Kraft des Gedankenlesens bekommen, bei Zurückhaltung des Atems um drei Fingerbreit Levitation, bei vier Fingerbreit Psychometrie, Hellhörigkeit etc., bei fünf Fingerbreit die Fähigkeit, sich für alle unsichtbar zu bewegen; bei sechs Fingerbreit die Kraft des ‘Kaya Siddhi‘; bei sieben Fingerbreit die Fähigkeit, in den Körper eines anderen Menschen einzutreten (Parakaya Pravesa); bei acht Fingerbreit die Kraft, immer jung zu bleiben; bei neun Fingerbreit die Macht, Devas (Engelswesen) für Dich als Diener arbeiten zu lassen; bei zehn Fingerbreit Anima, Mahima und andere Siddhis; und bei elf Fingerbreit wirst Du Einheit mit Paramatman erlangen. Wenn der Yogi durch große Übung Kumbhaka für volle drei Stunden ausführen kann, kann er auf einem Daumen balancieren. Er erlangt alle Arten von Siddhis. So wie Feuer  den Brennstoff zerstört, so zerstört auch Pranayama die Bündel von Papas (negatives Karma, Sünden). Pratyahara macht den Geist ruhig. Dharana festigt den Geist. Dhyana läßt einen den Körper und die Welt vergessen. Samadhi bringt unendliche Wonne, Erkenntnis, Frieden und Befreiung.

Während des yogischen Samadhi schmilzt die Flamme des Yogagni (Feuer des Yogas im Sonnengeflecht), die sich vom Nabel bis zum Kopf ausdehnt, das Amrita (Nektar) im Brahmarandhra (Schädeldecke). Der Yogi trinkt dies mit Freude und Ekstase. Er kann, indem er ausschließlich diesen yogischen Nektar trinkt, für Monate ohne Nahrung und Getränke verweilen.
Der Körper wird schlank, stark und gesund. Überschüssiges Fett wird abgebaut. Sein Gesicht leuchtet. Die Augen funkeln wie Diamanten. Der Übende wird immer attraktiver. Die Stimme wird schön, klar und melodisch. Die Klänge des inneren Anahata (innerer Klang) können darin vernommen werden. Er wird in Brahmacharya (Fähigkeit, enthaltsam zu leben) gefestigt. Die Geschlechtsenergie wird fest und ruhig. Das Jathar-agni (Verdauungsfeuer) wird vermehrt. Der Schüler wird so vollendet in Brahmacharya, daß sein Geist nicht schwankt, selbst wenn eine Fee versucht, ihn zu umarmen. Der Appetit wird groß. Die Nadis werden gereinigt. Vikshepawird beseitigt, und der Geist wird einpünktig. Rajas und Tamaswerden zerstört. Der Geist ist für Dharana und Dhyana vorbereitet. Die Ausscheidungen werden kärglich. Beständiges Üben erhebt das innere spirituelle Licht, das Glück und den Frieden des Geistes. Es macht ihn zu einem Urdhvaretho-Yogi (einer, der seine Energien sublimieren kann). Fortgeschrittene Schüler werden all die oben erwähnten Siddhis erlangen.

Der Geist eines Menschen kann dazu gebracht werden, die gewöhnliche Erfahrung zu transzendieren, um auf einer höheren Ebene als die der Vernunft zu existieren. Diese ist als der überbewußte Zustand bekannt und geht über die Grenze der Konzentration hinaus. Seinem Anlitz offenbart sich unmittelbar die Wahrheit, die das gewöhnliche Bewußtsein nicht begreifen kann. Das sollte durch richtiges und regelmäßiges Üben und durch Beeinflussung der subtilen Kräfte des Körpers geschehen, um dem Geist einen nach oben gerichteten Schub in höhere Regionen zu geben. Wenn der Geist in den überbewußten Zustand der Erkenntnis erhoben wird, beginnt er von dortaus zu handeln und erfährt höhere Wahrheiten und höheres Wissen. Von dieser Art ist das letzte Ziel des Yogas, das durch die Übung von Pranayama erlangt werden kann. Die Kontrolle des schwingenden Pranas bedeutet für einen Yogi das Entzünden der Flamme des höchsten Wissens, die Selbstverwirklichung.  

Besondere Anweisungen

1. Gehe am frühen Morgen zunächst Deinen dringenden Bedürfnissen nach, setze Dich dann hin für Deine Yoga-Praktiken. Übe Pranayama in einem trockenen und gut belüfteten Raum. Pranayama erfordert tiefe Konzentration und Aufmerksamkeit. Es ist am besten, die Übung in einer ruhigen Sitzhaltung auszuführen. Lasse niemanden in Deine Nähe, damit Dein Geist nicht abgelenkt wird.

2. Bevor Du Dich zum Pranayama hinsetzt, reinige Deine Nasenöffnungen gut. Vor den Übungen kannst Du eine kleine Menge Fruchtsaft, Wasser oder eine kleine Tasse Milch trinken. Wenn die Pranayamaübungen beendet sind, kannst Du nach 10 Minuten eine Tasse Milch trinken oder ein leichtes Essen zu Dir nehmen.

3. Sollte es im Sommer abends sehr heiß sein, solltest Du nur am Morgen üben. Wenn Du Hitze im Gehirn oder Kopf verspürst, solltest Du den Kopf mit Amla Öl oder Butter einreiben, bevor Du Dein Bad nimmst. Nimm Misri Sherbat, in dem Du Kandiszucker in Wasser auflöst. Dies hat eine kühlende Wirkung. Praktiziere auch Sitali Pranayama. Die Hitze wird Dir dann nichts ausmachen.

4. Vermeide strengstens ein zuviel an Reden, Essen, Schlafen, Zusammensein mit Freunden und Anstrengung.
“Für den, der zuviel isst, o Freund, doch auch für den, der gar nichts isst,Schlafen und Wachen übertreibt, für diesen ist der Yoga nichts.” (Bhagavad Gita VI-16)
Iss ein wenig Ghee mit Reis, wenn Du Deine Mahlzeiten zu Dir nimmst. Dies wird die Eingeweide schmieren und Vayu (Luft) ermöglichen, sich frei nach unten zu bewegen.

5. “Mitaharam vina yastu yogarambham tu karayet, Nanaroga bhavettasya kinchid yogo na sidhyati”. Wenn man Yoga-Praktiken ausführt, ohne auf die Ernährung zu achten, kann man keinerlei Nutzen daraus ziehen, sondern wird verschiedene Krankheiten bekommen.

6. Völlige sexuelle Enthaltsamkeit für sechs Monate oder ein Jahr wird Dich zweifellos dazu befähigen, raschen Fortschritt in der Praxis und im spirituellen Voranschreiten zu erzielen. Sprich nicht mit Frauen (bzw. Männern). Lache und scherze nicht mit ihnen. Meide ihre Gesellschaft völlig. Ohne Brahmacharya (sexuelle Enthaltsamkeit) und ohne eine spezielle Ernährung wirst Du aus den intensiven fortgeschrittene Yogaübungen keinen maximalen spirituellen Nutzen erhalten. Für die allgemeine Gesundheit kannst Du natürlich in jedem Fall leichte Übungen praktizieren. Dann sind obige Einschränkungen nicht so wichtig.

7. Übe regelmäßig und systematisch. Verpasse keinen Tag. Setze nur mit den Übungen aus, wenn Du ernsthaft krank bist. Einige Menschen verzerren ihre Gesichtsmuskeln, wenn sie Kumbhaka (Atem anhalten) machen. Dies sollte vermieden werden. Es ist ein Anzeichen dafür, daß sie ihre Fähigkeiten überschreiten. Das muß strengstens vermieden werden. Solche Menschen können kein kontrolliertes Rechaka (Ausatmung) und Puraka (Einatmung) haben.

8. Hindernisse im Yoga sind: Schlafen während des Tages, Wachbleiben über Nacht, ein Übermaß an Urin und Kot, das Übel unbekömmlicher Nahrung und geschäftige geistige Aktivität mit Prana. Wenn man krank wird, sollte man dies nicht auf die Yoga-Praktiken zurückführen. Dies ist ein schwerer Fehler.

9. Stehe um 4 Uhr morgens auf. Meditiere oder praktiziere Japa (Wiederholung des Mantras) eine halbe Stunde lang. Mache dann Asanas und Mudras. Nach einer Tiefenentspannung von 15 Minuten kannst Du dann mit Pranayama beginnen. Sportliche Aktivitäten können gut mit den Asanas kombiniert werden. Wenn Du genügend Zeit hast, kannst Du nach Beendigung aller Yogaübungen und der Meditation sportlich aktiv werden. Pranayama kann auch unmittelbar nach dem Aufstehen noch vor Japa und Meditation ausgeführt werden. Es wird Deinen Körper leicht machen und Du wirst die Meditation genießen. Du kannst in der Reihenfolge praktizieren, wie es Deinem Zeitablauf und Deiner Gewohnheit am besten entspricht und für Dich am angenehmsten ist.

10. Ein maximaler Nutzen wird erzielt, wenn Japa (Wiederholung des Mantras) auch bei der Übung der Asanas und des Pranayamas gemacht wird.

11. Es ist am besten, Japa und Meditation früh morgens um 4 Uhr zu beginnen, sobald Du aus dem Bett aufstehst. Zu dieser Zeit ist der Geist sehr ruhig und erfrischt. Du kannst Dich dann gut konzentrieren.

12. Die Mehrheit der Menschen vergeudet ihre wertvolle Zeit am frühen Morgen, in dem sie eine halbe Stunde ihrer Morgentoilette nachgeht und eine weitere mit dem Putzen der Zähne zubringt. Dies ist schlecht. Aspiranten sollten versuchen, ihre Ausscheidungen in 5 Minuten zu verrichten und die Zähne in 5 Minuten zu reinigen. Wenn die Eingeweide verstopft sind, praktiziere nach dem Aufstehen Shalabhasana (Heuschrecke), Bhujangaasana (Kobra) und Dhanurasana (Bogen) 5 Minuten lang sehr intensiv.

13. Mache zuerst Japa und Meditation. Schreite dann mit den Asanas und den Pranayamaübungen fort. Beende die gesamte Übungsrunde mit einer weiteren kurzen Meditation.

14. Wenn man aufsteht, ist man meistens noch etwas schläfrig. Es ist deshalb sinnvoll, für ca. 5 Minuten einige Asanas und ein wenig Pranayama zu machen, um die Schläfrigkeit abzustreifen und sich für die Meditation bereitzumachen. Nach der Übung von Pranayama wird der Geist konzentriert (einpünktig). Pranayama wirkt sich gut auf verschiedene innere Organe und den gesamten Körpers aus.

15. Die klassische Abfolge der Yogaübungen ist wie folgt: Mache zuerst alle Asanas, dann Mudras, anschließend Pranayama und dann Dhyana. Da der frühe Morgen besonders gut für Meditation geeignet ist, kannst Du folgende Reihenfolge einhalten: Japa, Meditation, Asanas, Mudras und Pranayama. Dies ein besserer Weg. Du kannst Dich an die Reihenfolge halten, die für Dich geeignet ist. Mache nach den Asanas eine Tiefenentspannung von 5 Minuten und beginne dann mit Pranayama.

16. Einige Hatha Yoga Bücher untersagen kaltes Baden am frühen Morgen. Der Grund hierfür mag sein, daß man sich erkälten oder irgendein Leiden an den Lungen bekommen könnte, wenn man um 4 Uhr morgens ein kaltes Bad nimmt, besonders an kalten Orten wie Kaschmir, Mussoorie, Darjeeling etc. Für warme Orte gilt diese Beschränkung nicht. Solange es erfrischend und anregend ist, bin ich immer für kalte Bäder, bevor man mit den Yoga-Praktiken beginnt. Es vertreibt Schläfrigkeit. Es regt den Kreislauf an und ist gesund für das Herz. Es stellt sich ein gesunder Strom von Blut zum Gehirn ein.

17. Asanas und Pranayama entfernen alle Arten von Krankheiten, verbessern die Gesundheit, energetisieren die Verdauung, kräftigen die Nerven, strecken die Sushumna Nadi (Energiekanal in der Wirbelsäule), entfernen Rajas und erwecken die Kundalini. Die Übung von Asanas und Pranayama verleihen eine gute Gesundheit und einen ruhigen Geist. Da kein Sadhana (spirituelle Praxis) ohne gute Gesundheit und keine Meditation ohne einen ruhigen Geist möglich ist, hat Hatha Yoga auch für Dhyana (Meditations-) Yogis, Karma Yogis (selbstlos Dienende), Bhaktas (Gottesverehrer) und Vedantins großen Nutzen.

18. Die Erhaltung des Körpers ist ohne Asanas oder irgendeine Art von körperlichen Übungen oder Aktivitäten unmöglich. Selbst ein orthodoxer (strenger) Vedantin (der den Yoga des Wissens praktiziert) ist ein unbewußter Hatha Yogi. Er praktiziert täglich irgendeine Art von Asana (im Sinne von Sitzhaltung). Auch praktiziert er unbewußt Pranayama, da während der Meditation Pranayama von selbst kommt.

19. Immer wenn Du Dich unbehaglich, deprimiert oder entmutigt fühlst, übe Pranayama. Du wirst sofort mit neuer Lebenskraft, Energie und Stärke erfüllt sein. Du wirst erhaben, erneuert und von Freude erfüllt sein. Bevor Du beginnst, einen Aufsatz, Artikel oder eine Arbeit zu schreiben, mache zuerst Pranayama. Du wirst schöne Ideen hervorbringen und es wird ein inspirierendes, machtvolles und originelles Werk werden.

20. Sei regelmäßig in Deiner Praxis. Regelmäßigkeit ist besonders wichtig, wenn man den maximalen Nutzen aus den Asanas und Pranayama ziehen möchte. Diejenigen, die nur ab und zu praktizieren, werden nicht viel Nutzen erzielen. Gewöhnlich praktizieren Leute am Anfang zwei Monate lang mit großem Enthusiasmus und lassen dann in ihrer Praxis nach. Dies ist ein Fehler. Sie wollen immer einen Yoga-Lehrer  an ihrer Seite und haben nicht die Willenskraft, allein zu praktizieren. Sie haben eine verweichlichte Mentalität. Sie sind faul, schlaff und träge.

21. Die meisten Menschen wollen sich nicht durch selbstlosen Dienst von Mala (Unreinheit) und von Vikshepa (Unruhe des Geistes) durch Yoga-Praktiken befreien. Sie möchten sofort die Kundalini erwecken und Brahmakara Vritti (Erkenntnis: Ich bin Brahman (Das Absolute)) hervorrufen. Sie werden auf dem spirituellen Weg stolpern und fallen. Diejenigen, die versuchen die Kundalini durch Asanas und Pranayama zu erwecken, sollten Reinheit in Gedanken, Wort und Tat haben. Sie sollten geistig und physisch Brahmacharya haben. Nur dann können sie die Wohltaten der Erweckung der Kundalini genießen.

22. Säe den Samen der Spiritualität in Deiner Jugend. Vergeude keinen Virya (sexuelle Energie). Diszipliniere die Indriyas (Sinne) und den Geist. Mache Sadhana. Wenn Du alt wirst, wird es für Dich schwierig, irgendein strenges Sadhana zu praktizieren. Übe darum bereits als Teenager. Du wirst in kurzer Zeit die besonderen Nutzen erkennen, die Du aus bestimmten Arten von Sadhana (spirituelle Praxis) ziehen kannst.

23. Wenn Du in Deinen spirituellen Praktiken voranschreitest, mußt Du strenges Mauna (Gelübde der Stille, Schweigen) durchgehend 24 Stunden lang einhalten. Dies muß für einige Monate fortgesetzt werden. Jeder sollte entsprechend seinem Temperament, Fähigkeiten, Bedürfnissen und wie es für ihn angenehm ist, eine Folge von einigen Übungen in Asanas, Pranayama und Meditation wählen.

24. Es ist für einen Menschen gut möglich, sich in sexueller Enthaltsamkeit zu üben, obwohl es verschiedene Arten von Versuchungen und Ablenkungen gibt. Ein wohlgeordnetes Leben, Studium der Schriften, Satsang (Zusammensein mit Weisen), Japa(Mantrawiederholung), Dhyana (Meditation), Pranayama (Atemübungen), sattwige (reine) und maßvolle Ernährung, tägliche Innenschau und Erforschung, Selbst-Analyse und Selbst-Korrektur, Sadachara (richtiges Verhalten), Übung von Yama, Niyama (yogische Ethik), physischer und verbaler Tapas (Askese), all dies wird den langen Weg zum Erreichen des Ziels pflastern. Viele Leute haben einen unregelmäßigen, unrechtschaffenen, unmäßigen, unreligiösen und undisziplinierten Lebensstil. Darum leiden sie und versagen im Erreichen des Ziels des Lebens. So wie der Elefant Sand auf seinen eigenen Kopf wirft, so bringen sie wegen ihrer Torheit Schwierigkeiten und Nöte über ihre eigenen Köpfe.

25. Wackle nicht unnötig mit dem Körper. Durch häufiges Schütteln des Körpers wird auch der Geist gestört. Strecke auch den Körper nicht ständig. Wenn Du Pranayama, Japa und Meditation machst, sollte die Asana ruhig und fest wie ein Fels sein.

26. Du mußt Deiner Gesundheit und Konstitution entsprechend herausfinden, was für eine Art von Ernährung und welches spezielle Pranayama Dir genau helfen wird. Nur  dann kannst Du sicher in Deinem Sadhana voranschreiten. Lese zuerst alle Anweisungen zu den verschiedenen Übungen in diesem Buch von Anfang bis Ende durch. Verstehe klar die Technik. Wenn Du irgendwelche Zweifel hast, bitte einfach irgendeinen Yogalehrer oder fortgeschrittenen Yogaschüler, sie Dir vorzumachen, und übe sie dann selbst. Dies ist die sicherste Methode. Du darfst nicht zufällig irgendeine Übung auswählen und anfangen, sie in einer falschen Art und Weise auszuführen.

27. Zu allen Übungen habe ich das Mantra OM als Zeiteinheit vorgeschlagen. Du kannst auch Dein persönliches Mantra, Rama, Shiva, Gayatri oder einfach Zahlen als Zeiteinheit verwenden. Gayatri oder OM ist das Beste für Pranayama. Am Anfang mußt Du für Puraka (Einatmen), Kumbhaka und Rechaka (Ausatmen) eine bestimmte Zeiteinheit beachten. Die Zeiteinheit und das richtige Verhältnis kommen von selbst, wenn Du Puraka, Kumbhaka und Rechaka (Ausatmen) machst, solange Du es bequem ausführen kannst. Wenn Du in der Praxis fortgeschritten bist, brauchst Du nicht mehr zu zählen. Du wirst auf natürliche Art und Weise durch die Kraft der Gewohnheit das richtige Verhältnis einhalten.

28. Am Anfang solltest Du einige Tage lang den Rhythmus zählen und so Deine Fortschritte sehen. In den fortgeschrittenen Stufen brauchst Du den Geist nicht mehr durch das Zählen ablenken. Die Lungen werden Dir sagen, wann die erforderliche Zeitspanne erreicht ist.

29. Fahre mit dem Pranayama nicht fort, wenn Du zu erschöpft bist. Während und nach der Übung sollte immer Freude und Heiterkeit im Geist sein. Du solltest völlig belebt und erfrischt aus der Übung kommen. Binde Dich selbst nicht durch zu viele Regeln (Niyamas).

30. Bade nicht unmittelbar nach dem Pranayama. Warte mindestens eine halbe Stunde. Wenn Du während der Übung schwitzt trockne Dich nicht mit einem Handtuch sondern verreibe den Schweiß mit Deinen Händen. Setze den Körper keinen kühlen Luftzügen aus, wenn Du schwitzt.

31. Atme stets sehr langsam ein und aus. Atme lautlos. Nur bei Pranayamas wie Bhastrika, Kapalabhati, Sitali und Sitkari kannst Du ein leichtes und sanftes Geräusch machen.

32. Du kannst keinen Erfolg erwarten, wenn Du nur 2 oder 3 Minuten an einem oder 2 Tagen übst. Du benötigst zu Beginn mindestens 15 Minuten täglicher Praxis. Es hat keinen Sinn, wenn Du jeden Tag von einer Übung zur anderen springst. Du solltest eine bestimmte Übung täglich praktizieren, und sie bis zu einem hohen Grad vervollkommnen. Natürlich kannst Du gelegentlich auch noch andere Übungen neben Deiner täglichen Übung ausführen. Für Deine tägliche Praxis solltest Du Kapalabhati und Wechselatmung üben. Sitali, Sitkari etc.. können gelegentlich geübt werden.

33. Das Puraka (Einatmen) ist als Nisvasa bekannt und Rechaka (Ausatmen) ist bekannt als Uchvasa. Der geistige Prozeß bei Kevala Kumbhaka wird als Sunyaka Form der Atemkontrolle bezeichnet. Anhaltende, systematische Praxis und allmähliche Steigerung von Kumbhaka (Anhalten) ist als Abhyasa Yoga bekannt, das Schlucken von Luft und das Leben ausschließlich von dieser Luft als Vayubhakshana.

34. Der Autor der Shivayoga Dipika beschreibt drei Arten von Pranayama: Prakrita, Vaikrita und KevalaKumbhaka. Wenn das Prana in der Gestalt des Atems bewußt so ein- und ausgeatmet wird, wie dies von selbst geschieht, wird dieses Pranayama Prakrita genannt. Wenn das Prana durch Einatmen, Ausatmen und Anhalten entsprechend der in den Shastras vorgeschriebenen Regeln beherrscht wird, wird es Vaikrita (künstlich) genannt. Bei großartigen Menschen, die über diese beiden Arten der Zurückhaltung des Atems hinausgewachsen sind, erfolgt die plötzliche Beherrschung der vitalen Ströme direkt (ohne Einatmung und Ausatmung) und wird Kevala Kumbhaka genannt. Prakrita Pranayama gehört zum Mantra Yoga. Vaikrita zum Laya Yoga.

35. Wenn weder Ein- noch Ausatmung vorhanden sind und der Körper bewegungslos in einem Zustand verharrt, wird das Kevala Kumbhaka (natürliches Aufhören des Atems) genannt. Dann sieht man Gestalten wie der Blinde, hört Klänge wie der Taube und sieht den Körper als Holz. Dies sind die Eigenschaften von jemandem der Stille erlangt hat.

36. Patanjali legte keine besondere Betonung auf die Ausübung verschiedener Arten von Pranayama. Er erwähnte: “Atme langsam aus, atme dann ein und halte den Atem an. Du wirst einen festen und ruhigen Geist erlangen”. Nur die Hatha Yogis haben das Pranayama zu einer Wissenschaft entwickelt und diverse Übungen erwähnt, die sich für verschiedene Personen eignen.

37. “Breite ein Tiger- oder Antilopenfell oder eine vierfach gefaltete Decke aus. Über dies lege ein weißes Tuch. Setze Dich dann für die Pranayamaübung mit dem Gesicht nach Norden”.

38. Einige praktizieren die Abfolge als Ausatmen, Einatmen und Anhalten, andere als Einatmen, Anhalten und Ausatmen. Die letztere Version ist üblicher. Im Yajnavalkya, finden wir verschiedene Arten der Atemkontrolle in der Reihenfolge von Puraka (Einatmen), Kumbhaka (Anhalten) und Rechaka (Ausatmen); während wir sie im Naradiya Text in der Abfolge von Rechaka (Ausatmen), Puraka (Einatmen) und Kumbhaka (Anhalten) haben. Diese beiden können als Alternativen aufgefaßt werden.

39. Ein Yogi sollte stets Furcht, Zorn, Faulheit, zuviel Schlaf oder Wachen und zuviel Nahrung oder zuviel Fasten vermeiden. Wenn diese Regel jeden Tag streng eingehalten wird, wird ohne Zweifel innerhalb von drei Monaten spirituelle Weisheit von  selbst entstehen, nach vier Monaten sieht er Devas, in fünf Monaten wird er zu einem Brahmanishta, und wahrhaftig in sechs Monaten ist er in der Lage, willentlich Kaivalya zu erreichen. Hieran besteht kein Zweifel.

40. Ein Anfänger sollte für einige Tage nur Puraka (Einatmen) und Rechaka (Ausatmen) ohne jegliches Kumbhaka ausführen. Nimm Dir viel Zeit für Rechaka (Ausatmen). Das Verhältnis von Puraka (Einatmen) zu Rechaka (Ausatmen) ist 1:2.

41. Pranayama in seiner einfachen und vorbereitenden Form kann von jedem in jeder Körperhaltung, sitzend oder gehend, praktiziert werden. Für diejenigen, die entsprechend den vorgeschriebenen speziellen Methoden praktizieren, werden die Übungen rasch Früchte bringen.

42. Steigere allmählich die Dauer des Kumbhakas. Halte in der ersten Woche für 4 Sekunden den Atem an, in der zweiten für 8 Sekunden, in der dritten Woche für 12 Sekunden und so weiter, bis Du die Grenze Deiner Fähigkeit den Atem anzuhalten erreicht hast.

43. Gesunder Menschenverstand (Yukti) sollte Dich in Deiner Praxis leiten. Wenn eine Art von Übung für Dich nicht bekömmlich ist, ändere sie nach gebührender Betrachtung oder Beratung mit Deinem Guru. Dies ist Yukti. Wo Yukti ist, da ist Siddhi, Bhukti und Mukti (Vollendung, Freude, und Befreiung).

44. Du mußt Puraka (Einatmen), Kumbhaka und Rechaka (Ausatmen) so ausführen, dass Du in keiner Phase des Pranayamas ein Gefühl von Erstickung oder Unbehaglichkeit erfährst. Du solltest niemals die Notwendigkeit fühlen, zwischen zwei aufeinanderfolgenden Runden ein paar normale Atemzüge zu nehmen. Die Dauer von Puraka (Einatmen), Kumbhaka (Anhalten) und Rechaka (Ausatmen) muß richtig angepaßt werden. Sei sorgfältig und achtsam. Du wirst Erfolg haben.

45. Du mußt die Phase der Ausatmung nicht unnötig verlängern. Wenn Du die Zeit für Rechaka (Ausatmen) zu sehr verlängerst, wird die folgende Einatmung in einer eiligen Art ausgeführt und der Rhythmus wird gestört. Du mußt Puraka (Einatmen), Rechaka (Ausatmen) und Kumbhaka (Anhalten) sorgfältig regulieren, es muß absolut bequem sein, die gesamte Folge des Pranayamas sollte so ausgeführt werden. Erfahrung und Praxis werden Dich voranbringen. Übung macht den Meister. Sei beständig. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, daß Du am Ende von Kumbhaka eine wirksame Kontrolle über die Lungen haben mußt, um Rechaka (Ausatmen) langsam, fließend und im richtigen Verhältnis zu Puraka (Einatmen) ausführen zu können.

46. Surya Bheda und Ujjayi erzeugen Wärme. Sitkari und Sitali sind kühlend. Bhastrika bewahrt die normale Temperatur. Surya Bheda vernichtet ein Übermaß an Vata, Ujjayi Kapha, Sitkari und Sitali Pitta und Bhastrika alle drei.

47. Surya Bheda und Ujjayi können während des Winters praktiziert werden. Sitkari und Sitali können im Sommer praktiziert werden. Bhastrika kann zu allen Jahreszeiten ausgeführt werden. Solche Personen, deren Körper selbst im Winter heiß ist, können Sitali und Sitkari auch während des Winters praktizieren.

48. Ziel des Lebens ist die Selbstverwirklichung. Dies wird herbeigeführt “durch Beherschung des Körpers und der Sinne, Dienst an einen guten Guru, Hören der Vedantischen Lehren und anhaltende Meditation hierüber” (Niralamba Upanishad). Wenn Du wirklich ernsthaft bist und einen raschen und sicheren Erfolg haben willst, solltest Du regelmäßig und systematisch Asana, Pranayama, Japa , Meditation, Svadhyaya etc.. üben. Du solltest sehr sorgsam in der Aufrechterhaltung von Brahmacharya sein. “Wirksame Mittel zur Kontrolle des Geistes sind das Erwerben von spirituellem Wissen, Gesellschaft mit Weisen, der völlige Verzicht auf alle Vasanas (Wünsche) und die Kontrolle des Pranas” (Muktikopanishad).

49. Ich möchte nochmals betonen, dass Asanas, Pranayama, Japa, Dhyana, Brahmacharya, Satsanga, Einsamkeit, Mauna, Nishkama Karma für den spirituellen Fortschritt alle absolut notwendig sind. Ohne Hatha Yoga wird man im Raja Yoga nur schwerlich Vollendung erlangen. Am Ende von Kumbhaka (Anhalten) solltest Du Deinen Geist von allen Objekten zurückziehen. Durch allmähliche Übung wirst Du im Raja Yoga gefestigt sein.

50. Einige Schüler, die vedantische Schriften studieren, denken, sie seien Jnanis und ignorieren Asanas, Pranayama etc. Sie sollten diese auch praktizieren, bis sie in Shat-Shampat (sechs noble Tugenden) des Sadhana-Chatushtaya (vier Qualifikationen des Jnana Yogaschülers) - Sama, Dama, etc..- und allen anderen vorbereitenden Fähigkeiten des Jnana Yoga vollendet sind.

51. Zögere nicht. Warte nicht darauf, einen Guru zu finden, der an Deiner Seite sitzt und nach Dir schaut. Wenn Du ernsthaft, regelmäßig und systematisch bist und den Regeln und Anweisungen dieses Buches sehr sorgfältig folgst, wird es keinerlei Schwierigkeiten geben. Du wirst unzweifelhaft Erfolg erzielen. Leichte Fehler werden am Anfang auftauchen, aber das macht nichts. Sei nicht unnötig besorgt. Gib die Praxis nicht auf. Du wirst selbst lernen, die Praxis richtig anzupassen. Gesunder Menschenverstand, Instinkt und die innere Stimme der Seele wird Dir auf dem Weg helfen. Alle Hindernisse werden sich am Ende glätten. Beginne die Übung noch in dieser Sekunde im richtigen Ernst und werde ein wahrer Yogi. Om Shantih, Shantih, Shantih!

Verschiedene Mantras und ihre Wirkungen sind in meinem Buch “Japa Yoga” beschrieben.