Wie Narada Demut lernte

Der Rishi (Seher, Weiser) Narada war Stolz auf seine Kunstfertigkeit im Spiel der Vina (Saiteninstrument). Krishna wollte diesen Fehler beseitigen. Einst waren viele begabte Musiker in der Durbar (Empfangshalle im Palast) von Krishna, dem Herrn. Hanuman (Heerführer der Affen) und Narada waren ebenfalls anwesend. Krishna bat daraufhin Narada auf der Vina (Saiteninstrument) zu spielen und Naradas Vortrag war entzückend. Jeder bewunderte die musikalische Begabung des großen Rishi und alle außer dem Gott Krishna bewegten ihren Kopf in Verzückung. Am Ende der Vorstellung bat Krishna Sri Hanuman „ Oh Führer der Affen, was hältst Du von der Musik Naradas?“ Narada Rishi fasste dies als große Beleidigung auf und ließ beschämt seinen Kopf hängen. Krishna fragte: „Oh Rishi, warum schaust du so niedergeschlagen?“ Narada schwieg einige Minuten und antwortete dann: „Oh verehrungswürdiger Herr, mein Gott! Viele begabte Musiker sind hier anwesend. Dennoch hast Du mich der Lächerlichkeit preisgegeben, indem Du einen Affen, der nicht das allergeringste von Musik versteht, nach seiner Meinung zu meiner Musik fragtest. Ich bin in der Tat zutiefst getroffen.“ Krishna sagte darauf „Lieber Narada, sei nicht gekränkt. Bitte, gib deine Vina dem Affenführer. Lasst uns erst hören, ob er etwas von der Kunst des Spielens versteht oder nicht.“

Narada war noch unangenehmer berührt und murmelte etwas. Krishna fragte: „Oh Narada, was flüsterst du da? Sprich deine Gedanken deutlich aus.“ Narada antwortete: „Dies ist ein sehr empfindliches Instrument. Es ist mir sehr lieb. Es ist mir so lieb wie das Leben selbst. Er ist ein Affe. Er wird mein Instrument völlig ruinieren.“ Krishna meinte darauf: „Habe keine Angst, geliebter Rishi. Gib sie ihm. Er ist verantwortlich für deine Vina.“ Narada reichte zögerlich dem Affenführer die Vina. Sri Hanuman war nicht im Geringsten von den beleidigenden Worten des Rishi getroffen. Er war ein Weiser von äußerst ausgeglichenem Wesen und großer Disziplin. Daraufhin sagte der Herr, „Oh Affenführer, lasst uns deine bezaubernde Musik hören.“ Hanuman begann mit tiefster Inbrunst Ram-Nam (der Name Rama) zu singen und spielte dazu auf der Vina. Es übertraf sogar Naradas Musik. Die Zuhörer waren höchst erfreut. Die Musik Hanumans ließ sogar die Steine schmelzen. Alle lobten ihn. Auch Narada gesellte sich zu ihnen. Krishna sagte dann zu Narada: „Oh Rishi, es gut dass auch du die Musik des Affenführers schätzt. Es war in der Tat erstaunlich.“

Beschämt ließ Narada den Kopf hängen und fiel dem Gott mit den Worten zu Füßen: „Oh Krishna, mein Gott, bitte vergib mir. Wie kann ich die Verdienste der anderen beurteilen? Nur Du bist Allwissend. Denn Du bist der wahre Richter.“ Narada wollte sein Instrument wieder nehmen stellte aber fest, dass er die Vina nicht vom Boden heben konnte. Er sagte zu Krishna: „Krishna, mein Gott, ich kann meine Vina nicht vom Boden heben. Der Affe hat mir einen Streich gespielt. Lass mich meine Vina wieder haben.“ Krishna sagte: „Oh Narada, lass auch die anderen versuchen sie zu heben.“ Jeder versuchte sich daran, aber vergebens. Der Gott Krishna fragte die anderen Musiker wieso die Vina wohl festklebe. Ein sehr erfahrener Musiker meinte daraufhin: „Der Stein auf dem die Vina stand ist durch die Musik des Affenführers geschmolzen und so sank sie etwas ein; als die Musik aufhörte wurde der Stein wieder hart und die Vina blieb darin stecken.“ Darauf sagte Krishna: „Oh Rishi Narada! singe und bringe den Stein zum Schmelzen dann nimm dir deine Vina wieder.“ Narada setzte sich und sang und sang und gab sein Allerbestes, aber seine Bemühungen waren vergeblich. Da bat Krishna Hanuman wieder zu singen und die Vina zu spielen. Der Stein schmolz in wenigen Minuten. Narada nahm seine Vina zurück. Da stellte Narada fest, dass Krishna sich diesen Plan ausgedacht hatte, um seinen Stolz zu dämpfen.

Da erfuhr er, dass der Affenführer kein geringerer war als Sri Hanuman. Er umarmte Sri Hanuman herzlich und entschuldigte sich für sein schlechtes Benehmen. So war Naradas Stolz auf seine Musik bezwungen und er ward ein besserer Mensch. Manchmal macht sich Krishna lustig über seine Schüler. Aber: Stolz ist der größte Nachteil des Menschen. Er ist ein unheilvolles Übel und sehr schwer auszumerzen. Selbst die besten Menschen fallen ihm zum Opfer. Er verdirbt das was wir geleistet haben. So wie ein schönes Bild durch einen hässlichen schwarzen Fleck verunstaltet wird, so verdirbt Stolz unser Leben völlig, egal wie groß auch unsere Leistungen und Errungenschaften sein mögen. Gebt den Stolz auf und ersetzt ihn durch Demut und Sadhana.