Psychosen gehören professionell behandelt!

Umgang mit Psychotikern ist nicht einfach. Ich bin kein Psychiater und kein Experte auf diesem Gebiet. Daher vorab zwei wichtige Ratschläge. Erstens: Wer eine echte Psychose hat, braucht professionelle Hilfe von einem Psychiater. Zweitens: Auch wenn in spirituellen Kreisen oft gegen Psychopharmaka gesprochen wird, können sie gerade bei Psychotikern hilfreich sein. Manchmal kann die Aufgabe eines Yoga-Lehrers oder guten Freundes darin bestehen, einen Patienten dazu zu veranlassen, den Ratschlägen seines Psychiaters zu folgen.

Da aber bei Menschen, bei denen die Kundalini erwacht ist, Psychopharmaka ganz bestimmt nicht angebracht sind, gilt es zu differenzieren.

Was ist eine Psychose?

Zunächst: Was ist eine „Psychose“? Im Online-Lexikon Wikipedia (vom November 2006) steht: „Der Begriff Psychose bezeichnet eine Gruppe schwerer psychischer Störungen, die mit einem zeitweiligen weitgehenden Verlust des Realitätsbezugs einhergehen. Im Unterschied zur Neurose erleben die Erkrankten nicht sich selbst, sondern ihre Umwelt als verändert und erlangen zumeist im Akutstadium keine Krankheitseinsicht. Auffällige Symptome sind oft Wahn und Halluzinationen.“ Nach ICD 10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) gilt Folgendes als psychotisch: „Vorkommen von Halluzinationen, wahnhaften Störungen oder bestimmten Formen schweren abnormen Verhaltens, wie schwere Erregungszustände, Überaktivität, ausgeprägte psychomotorische Hemmungen und katatone Störungen (Starre/unmotivierte Bewegungen).“

Die Symptome, die aufgeführt werden, können auch bei Energie- und Kundalini-Erfahrungen auftreten. Aber aus der Definition von Wikipedia werden sofort die Unterschiede zu Kundalini-Erweckungserfahrungen und anderen spirituellen Erfahrungen deutlich. Der Psychotiker ist verstrickt in seine Störung: Er denkt, er sei normal, die anderen dagegen nicht. Jemand mit Kundalini-Erweckung hingegen weiß, dass sich in ihm etwas geändert hat, und er weiß auch, wie sich eine „normale“ Erfahrung anfühlt.

Darüber hinaus gilt:

  • Der Psychotiker spricht ungern über seine Erfahrung. Menschen mit spirituellen Erfahrungen sind typischerweise gerne bereit, ihre Erfahrungen mitzuteilen.
  • Jemand mit spirituellen Erfahrungen kann typischerweise seinen Alltag bewältigen. In der akuten Psychose ist das nur schwer möglich.
  • Bei spirituellen Erfahrungen ist Wärmegefühl sehr typisch, bei Psychosen nicht.
  • Menschen in Psychose wirken stark abwesend und können einem nicht in die Augen schauen. Und wenn sie einem in die Augen schauen, wirken sie stark abwesend oder kalt. Menschen in spirituellen Erfahrungen können zwar auch manchmal geistig abwesend wirken. Wenn sie aber zu sich kommen und einem in die Augen schauen, wirken sie sehr präsent, verstehend und anwesend.
  • Bei Menschen in Psychose ist das Hören von Stimmen sehr typisch, in Kundalini-Erweckung äußerst selten.
  • Und natürlich kommt wieder das Kriterium von Satchitananda: Jemand mit Kundalini-Erweckung erlebt ein erweitertes Seinsgefühl, neues Wissen und tiefe Wonne und Liebe.

Psychotiker gehören in Behandlung

Schwierig im Zusammenhang mit Psychose ist Folgendes: Manchmal bekommt jemand eine psychotische Störung, die mit seiner Yoga-Praxis nichts zu tun hat, erhält aber von seinem Yoga-Lehrer die „Diagnose“, das sei eine „normale“ Energie- oder Reinigungserfahrung. Das behindert oder verzögert dann eine effektive Therapie unnötig.

Kundalini Erweckung darf nicht wie eine Psychose behandelt werden

Manchmal hat umgekehrt jemand eine Kundalini-Erweckung oder spirituelle Trance-Erfahrung und bekommt von einem Psychiater eine psychotische Störung diagnostiziert und Psychopharmaka verordnet. Dies schafft überflüssiges Leiden. Wenn die betreffende Person eine andere Deutung ihrer Erfahrung erhalten hätte, würde sie nach kurzer Zeit voller Freude, Energie und Kreativität sein. Stattdessen ist sie jetzt antriebslos, ruhig gestellt und leidet überflüssigerweise an Nebenwirkungen. In manchen Fällen von Kundalini-Erweckung wirken auch die meisten Psychopharmaka nicht oder falsch und erzeugen sehr viel Leid.

Kundalini Erweckung kann auch mit Psychose verbunden sein

Schwierig wird es, wenn Menschen Kundalini-Erweckung und Psychose gleichzeitig haben. Jemand kann intelligent sein und Magengeschwüre haben. Jemand kann Asthma und eine Glatze haben. Das muss nichts miteinander zu tun haben. So kann auch jemand gleichzeitig eine Psychose und eine Kundalini-Erweckung haben. Ideal wäre hier, einen Psychiater aufzusuchen, der beide Phänomene voneinander unterscheiden und die spirituelle Erfahrung als Ressource in der Therapie nutzbar machen könnte. Leider gibt es solche Psychiater selten.

Ich möchte hier besonders zwei Formen der Psychose herausgreifen, die Gemeinsamkeiten mit Kundalini-Erweckungen haben können:

Schizophrenie (laut Wikipedia): „Wahnvorstellungen, Halluzinationen (üblicherweise akustische Halluzinationen in Form von miteinander sprechenden, Befehle erteilenden, schimpfenden oder die Handlungen des Erkrankten kommentierenden Stimmen, seltener Körperhalluzinationen (die auch als ‚leibnahe’ oder ‚coenesthetische’ Halluzinationen bezeichnet werden) oder Geschmacks-/Geruchshalluzinationen (‚olfaktorische Halluzinationen’).“ Charakteristisch sind dabei auch Ich-Störungen mit dem Verlust von Ich-Grenzen: die Überzeugung, dass andere die eigenen Gedanken lesen können, dass man selbst die Gedanken anderer lesen kann, dass Ereignisse konkrete geheime Botschaften übermitteln und Ähnliches. Auch wenn manches auch bei spirituellen Menschen vorkommt, ist der große Unterschied: Psychotiker sind von der alleinigen Korrektheit ihrer Erfahrung überzeugt. Menschen unter Schizophrenie strahlen auch kaum Energie und Freude aus.

Manie (beziehungsweise manische Phase der Manischen Depression): „Bei Manien zeigen sich ... Größenideen, die bis ins Wahnhafte reichen, Hyperaktivität, Ideenflut, ein Redefluss, völlige Überschätzung der eigenen Möglichkeiten, zum Beispiel Kaufrausch, der gelegentlich massive Schulden hinterlassen kann und so weiter, teilweise auch Streitsucht und schamloses Verhalten“ (Wikipedia). Ein Maniker kann vor Energie strotzen, Freude ausstrahlen, sich eins mit dem Universum fühlen. Er kann aber nicht in die Stille gehen, entspannen, Ruhe genießen, inneren Frieden spüren.