Ich habe jetzt über viele Erfahrungen gesprochen, die keine echten Kundalini-Erweckungen sind, die aber oft als „Kundalini-Phänomene“ gedeutet werden.
Es gibt sie aber tatsächlich, die echten Kundalini-Erweckungserfahrungen. Und es gibt sie gar nicht so selten. Wir erleben sie in unseren Yoga-Seminarhäusern bei Teilnehmern unserer Seminare immer wieder. Diese Erfahrungen sind großartig, eine wunderbare Gnade, ein großer Segen. Sie sind nichts, wovor man Angst zu haben braucht. Vielmehr sind sie eine wertvolle Etappe auf dem spirituellen Weg.
Phänomene, die dabei auftreten können, sind:
Die Kundalini ist eine intelligente Kraft. Sie ist die Energie des Universums im Menschen. Sie ist die Manifestation der Göttlichen Mutter im Menschen. Deshalb braucht man auch keine Angst zu haben, dass etwas schiefgehen könnte. Die Göttliche Kraft weiß, was sie tut, wenn sie erwacht.
Für den Fall von Spontanerweckungen gibt es zwei einfache Ratschläge.
1. Habe Mut und Vertrauen
2. Versuche nicht, diese Energie zu stoppen, sondern laß sie fließen und das tun, was nötig ist
Die Kundalini-Kraft ist kein außer Kontrolle geratenes Atomkraftwerk oder eine unkontrollierte Energie, die uns umbringt oder Schaden zufügt. Sie ist im Gegenteil die höchste schöpferische Kraft im Universum, die sich in unserem Mikrokosmos entfaltet, eine intelligente, göttliche Energie, die erwacht, die Dich transformieren will, die Dich Deine unbegrenzten Möglichkeiten und Fähigkeiten ausschöpfen lassen will. Deshalb ist es ganz wichtig, diese Dinge, wenn sie einmal in Gang gekommen sind, geschehen zu lassen und dieses Erlebnis als besondere Gnade anzusehen, als eine große Chance in unserer persönlichen Entwicklung und Evolution. Du brauchst Mut, Dich darauf einzulassen und das Vertrauen, daß es auf längere Sicht das Richtige und etwas sehr Positives ist. Es mag sein, daß manche in der intensiven Phase einige Tage nicht ganz zu ihrem normalen Leben fähig sind. Aber es gibt auch andere Ereignisse im Leben, die einen zeitweise unfähig machen, normal im Leben zu agieren, wie etwa eine schwere Krankheit oder Liebeskummer ... Wichtig in der intensiven Phase ist es, reinigende und erdende Praktiken zu machen und die energieerhöhenden Praktiken zu reduzieren. Zu den Reinigungstechniken gehören zum Beispiel die Wechselatmung sowie die Mantra-Meditation. Zu den erdenden Techniken zählen die Asanas. Daneben gibt es kühlende Praktiken, mit denen die sogenannte Mondenergie aktiviert wird, so daß die erhitzende Kundalini-Energie harmonisiert und in positive, schöpferische Bahnen gelenkt wird. Dazu gehören zum Beispiel Sitali, Sitkari, (bestimmte Atemtechniken), einfache Variationen der Kechari-Mudra und verschiedene andere Techniken. Ein unabdingbarer Aspekt ist auch eine Ernährung nach strikt sattwigen (reinen) Gesichtspunkten, das heißt im wesentlichen ohne Fleisch, Fisch, Eier, Zwiebeln, Knoblauch. Alkohol, Kaffee und Rauchen sind absolut tabu.
Ich möchte hier ausdrücklich betonen und eindringlich darauf hinweisen, daß die Einhaltung dieser und einiger anderer Regeln bei intensiver Übung von Kundalini-Yoga-Praktiken unabdingbar ist. Das entscheidet darüber, ob das Ganze als eher wonnevoll und schön oder eher als unangenehm erlebt wird.
Bei Spontanerweckungen ist diese Energie normalerweise einige Wochen bis ein paar Monate sehr aktiv. Danach harmonisiert sie sich wieder. Zur Ernüchterung vieler findet man sich dann allmählich wieder im Alltag wieder, statt Stufe für Stufe direkt zur Erleuchtung und Selbstverwirklichung zu kommen! Aber etwas im Bewußtsein ist dauerhaft anders geworden, etwas im Bezug zur Welt hat sich geändert und ganz sicher wird man mehr Energie und mehr Kraft haben, um an anderen Aspekten seines Wesens und seiner Persönlichkeit zu arbeiten.
Einige der oben beschriebenen Phänomene sind Reinigungserscheinungen und treten nicht auf, wenn an den betreffenden Stellen keine Unreinheiten bestehen. Zu den durch die Kundalini bewirkten Reinigungsphänomenen gehören insbesondere Hitze, Zuckungen, Bewegungen, unwillkürliche Asanas, Weinen und Lachen. Die Kundalini will nach oben steigen. Trifft sie dabei auf Unreinheiten, energetische oder psychische Blockaden, lässt sie den Menschen das tun, was nötig ist, um die Unreinheiten zum Verschwinden zu bringen.
An anderer Stelle hatte ich geschrieben, dass die feinstoffliche Wirbelsäule, die Sushumna, subtilere Kanäle in sich trägt. Je nachdem, durch welchen dieser Kanäle die Kundalini aufsteigt, bringt sie unterschiedliche Phänomene hervor. Man kann diese mit den vier Aspekten der Göttlichen Mutter, Kali, Durga, Lakshmi und Saraswati in Beziehung bringen:
Die meisten Kundalini-Erweckungserfahrungen sind vorübergehend. Sie dauern nach meinen Beobachtungen von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen oder Monaten, manchmal drei bis sechs Monate, selten auch mehrere Jahre. Sie sind eine wichtige und großartige Episode im spirituellen Sein und führen zu entscheidenden Veränderungen im Leben und der Einstellung zum Leben. Man macht in dieser Zeit wichtige Schritte in der Persönlichkeitsentwicklung. Jemand, der vorher schüchtern war, bekommt plötzlich Mut. Jemand, der wegen Missbrauchserfahrungen unfähig war, sich auf eine Beziehung einzulassen, findet die Liebe des Lebens. Jemand, der bisher hauptsächlich am beruflichen Aufstieg interessiert war, entdeckt die Liebe zu seinen Mitmenschen. Jemand, der bisher von Sozialhilfe gelebt hat, findet eine Arbeit und erlebt einen unglaublichen beruflichen Aufstieg. Jemand, der bisher das Gefühl hatte, von allen bevormundet zu werden, findet den Mut, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen, was übrigens am Anfang nicht immer angenehm ist für die, welche die betreffende Person bisher auf verschiedenste Weise unterstützt haben und die Entscheidungen für sie getroffen haben. Meist bleibt der Energielevel dauerhaft höher.
Die Erfahrung als solche ist vorübergehender Natur. Die Erinnerung daran verbleibt jedoch in dem Menschen – denn es war die großartigste und intensivste Zeit im Leben. Das Vertrauen in die Kosmische Liebe und in Gott bleibt bestehen.
Letztlich erkennt der Übende, dass er noch einiges an karmischen Aufgaben zu erledigen hat. Erst wenn diese getan sind, kann die Kundalini wieder von neuem aktiv werden und zum nächsten Durchbruch verhelfen.
Wichtig ist, dass Menschen, die die Kundalini-Erweckung hatten, nicht enttäuscht sind, wenn diese wunderbare Erfahrung aufhört und diese Phase vorbei ist. Oft kommen Menschen danach in eine gewisse Niedergeschlagenheit. Wer einmal dieses unglaubliche Glücksgefühl der Einheit erfahren hat, muss sich erst wieder an den schalen Geschmack der Dualität gewöhnen. Manche Menschen bekommen auch Schuldgefühle und meinen, sie hätten etwas falsch gemacht. Es ist etwas ganz Normales, dass auf die Kundalini-Erweckung wieder „Arbeit im Alltag“ folgt. Und da auch der „Alltag“ letztlich göttlich ist, findet man da nach einer Weile wieder seine Freude. Da man durch die Kundalini-Erfahrung oft seine „Bestimmung“ erfährt, bekommt das ganze Leben einen tieferen Sinn. Beziehungen können intensiver werden. Man lebt das Leben selbstbestimmter oder gottbestimmter und weniger fremdbestimmt.