Goraksha Shataka - Version 2

 

Vers 24: Anahata Chakra

 

Die Individualseele wandert solange (im Daseinswandel) umher, wie sie in dem zwölfspeichigen großen Energiezentrum, das frei von Verdienst und Schuld ist, die (eigene) Wirklichkeit nicht findet.


    द्वादशारे महाचक्रे पुण्यपापविवर्जिते |
    तावज्जीवो भ्रमत्येव यावत्तत्त्वं न विन्दति || २४ ||


    dvādaśāre mahā-cakre puṇya-pāpa-vivarjite |
    tāvaj jīvo bhramaty eva yāvat tattvaṃ na vindati || 24 ||

    dvadashare maha-cakre punya-papa-vivarjite |
    tavaj jivo bhramaty eva yavat tattvam na vindati || 24 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

    dvādaśāre : in dem zwölfspeichigen (Dvadashara)
    mahā-cakre : großen Energiewirbel, Energiezentrum ("großem Rad", Mahachakra)
    puṇya-pāpa-vivarjite : frei (Vivarjita) von Verdienst (Punya) und Schuld (Papa)
    tāvat : solange (Tavat)
    jīvaḥ : das Leben, das Lebensprinzip, die Individualseele (Jiva)
    bhramati : wandert, irrt umher (bhram)
    eva : nur (Eva)
    yāvat : wie (Yavat)
    tattvam : das Selbst, die Wirklichkeit ("Sosein", Tattva)
    na : nicht (Na)
    vindati : sie findet (vid)

Anmerkungen: Dieser Vers wird mit einer minimalen Lesart (evam statt eva) in der Yogachudamani Upanishad (13cd-14ab) überliefert. Die Anzahl 12 der "Speichen" des "großen Rades" sowie die Stellung dieses Verses im Text zeigen, dass hier vom Herzzentrum bzw. Anahata Chakra die Rede ist.

Der Kommentator Upanishad Brahma Yogin erklärt, dass die Individualseele (Jiva), die ihren Sitz (Asana) im Herzen (Hrid) hat, nur solange (Avadhi) existiert (Sat) und im Kreislauf (Mandala) des Daseinswandel (Samsara) herumirrt, wie in ihr Unwissenheit (Ajnana) über das eigene Selbst (Sva) herrscht: svājñānāvadhi jīvo hṛd-āsanaḥ san saṃsāra-maṇḍale paribhramati.