Das erste Buch

Obwohl es ihm an Essen und entsprechenden Möglichkeiten fehlte, schaffte es Swamiji, ein immenses Arbeitspensum zu bewältigen. Er empfing Patienten, unterrichtete Studenten, indem er ihnen Notizen diktierte, schrieb Artikel für Zeitungen und beantwortete während seiner „Interviewstunde“ Fragen von Pilgern.

Indem er so arbeitete, konnte er zu einigen Journalen und Magazinen, wie z.B.: Kalyan, Bhakti, Parloki, Sankirtan, Vision, Lokopakari, Peace, Meher Gazette, Santi, The Student, etc. beitragen.

Noch besser war allerdings, dass es ihm gelang, ein Buch zu schreiben und es 1929 veröffentlichen zu lassen. Dieses Buch war Practice of Yoga – Band 1. Es war sein erstes Buch. Er hatte keine Schreibmaschine, auch kein Papier und nicht einmal genug Geld, um welches zu kaufen; und selbst wenn er ein wenig Geld gehabt hätte, gab es in der Nähe auch kein Geschäft, in dem er Notizheft und Papier hätte kaufen können. Unter seiner Anleitung starteten viele Sadhus einen „Suchangriff“ in Rishikesh und durchforsteten die Müllhalden aller Orte im Umkreis, um kleine Papierstückchen oder Umschläge zu finden. Unbenutztes Papier und die Innenseiten der Umschläge wurden zu Notizbüchern zusammengeheftet. Er hatte keine Laterne, sondern benutzte ein leeres Tintenfässchen, füllte es mit Kerosin und drehte einen Docht aus einigen Stofffäden. Mit diesem Licht arbeitete er bis tief in die Nacht. Er hatte keinen Assistenten, der eine Kopie für ihn angefertigt hätte. Trotzdem entstand ein Werk von beeindruckendem Umfang.

Anfangs kannte Swamiji keine Verleger, aber er hatte eine eigene, neue Art, seine frühen Aufsätze zur Veröffentlichung zu bringen. Sobald er einen inspirierenden Aufsatz in seinem selbstgebastelten „Notizheft“ geschrieben hatte, schickte er ihn an den „Postamtsvorsitzenden in Madras“ (oder Lucknow oder Kalkutta etc.), mit dem Vermerk: „Das sind Gedanken, die mir gestern eingefallen sind. Ich finde, dass sie sehr inspirierend sind. Drucken Sie doch bitte kleine Heftchen davon. Sie dürfen sie vertreiben. Drucken Sie, so viele sie wollen, aber schicken Sie mir bitte 100 Kopien zu.“ Ein Postamtsvorsitzender schickte ihm die 100 Kopien mit dem Kommentar zu: „Ich bewundere Ihr Vertrauen!“ Als er weithin bekannter wurde, kamen die Verleger zu ihm.

Die ersten Schüler

Es war zu jener Zeit, dass Swamiji seine ersten Schüer in Sannyas einführte. Der erste war Swami Satchidananda. Es lassen sich heute nicht mehr viele Informationen über diesen edlen Swami finden, obwohl wir wissen, dass er bei Swami Sivananda lebte, als ihn Swami Paramanandaji 1932 besuchte.

Paramanandaji schrieb an Swamiji, als er in Madras bei der Eisenbahn beschäftigt war und Swamiji im Swarg Ashram. Er fühlte sich sehr inspiriert von Swamijis erstem Buch, Practice of Yoga. Er wollte Swami Sivananda sehen und wenn möglich, bei ihm bleiben und ihn als direkter Schüler unterstützen. Einige Briefe Swami Sivanandas als Antwort an Paramanandaji geben einen tiefen Einblick. Der erste stammt vom 29. August 1930. Hier ein Auszug:

„Du bist ein Mann mit spirituellen Samskaras (Eindrücken im Unterbewusstsein). Bilde sie weiter. Perfektioniere sie. Vermehre sie. Komme nicht hierher. Finde irgendwie Einlass in Sri Aurobindo Ghosh’s Ashram in Pondicherry oder in die Ramakrishna Mission. Dort wirst Du Dich entschieden verbessern. Hänge Dich an jeden davon wie ein Blutsauger. Einfacher jugendlicher Enthusiasmus wird nicht ausreichen; einfach nur Gefühle reichen nicht aus auf dem spirituellen Pfad. Es ist kein rosiger Pfad, er ist voll von Dornen, Skorpionen und Schlangen. Der Pfad ist zerklüftet, voller Tiefen und extremer Härten, aber einfach zu gehen für einen Mann mit der festen Entschlossenheit: ,Ich muss ihn gehen oder ich werde mein Leben verwirken.’ Ein großer Durst nach Wissen ist nötig. Schreibe ein Tagebuch über den spirituellen Fortschritt. Zeichne alles auf. Sende mir zukünftig Briefmarken für meine Antwort.“

Dies ist in Swamijis charakteristischem Stil. Der zweite Brief vom 3. Oktober 1930, zeigt, dass der edle zukünftige Schüler in seinem Wunsch standhaft war und beinhaltet darum viele praktische Ratschläge: Spare so viel Geld wie möglich. Lege es 5 Jahre lang z.B. in Postanleihen an. Das wird gute Zinsen bringen. Heutzutage braucht man Geld, sogar als Sannyasin, da es den Menschen im Berufs- und Familienleben oft an Sympathien mangelt. Gehe in die Ramakrishna Mission in Mylapore. Entwickle zwei Hauptzentren für Dein Vergnügen: Studium und Meditation. Trenne Dich von allen äußeren scheinbaren Quellen des Vergnügens.

Der dritte Brief, vom 12. Dezember 1930, zeigt, dass der Schüler beschlossen hatte, den Meister zu treffen. Daher enthält er klare Instruktionen, um ihn bei seiner Ankunft in Rishikesh anzuleiten; und Swamiji bestand immer noch auf seine „Relativierungstaktik“:

Bitte bleibe für einige Tage im Swarg Ashram. Du wirst ohne Zweifel die Einsamkeit und die spirituellen Schwingungen genießen. Bleibe bei Swami Satchidanandaji. Nenne ihm meinen Namen. Er wird Dich beherbergen. Er wird Dir weiter helfen. Dort ist ein weiterer Swami Balananda in Kutir 31. Er wird Dir helfen bis ich komme. Bitte ermittle meine Adresse mit Hilfe des Postvorstehers in Rishikesh. Und teile mir mit, wie es um Deine Anreise steht. Das wäre nett. Habe auch Darshan (Treffen, „Sicht eines Heiligen“) mit Swami Adwaitanandaji und Tapovan Swamiji. Beide sind gute Sannyasins. Gehe in den Brahmapuri Wald und triff Swami Purushottamanandaji. Sie alle sind enge Freunde von mir. Noch etwas... höre bitte gut zu... sei nicht eilig, die Welt zu verlassen. Die Welt ist ein Schau platz zur Entwicklung verschiedener sattviger (reiner) Qualitäten. Die Welt ist der beste Lehrmeister für solche, die davon profitieren wollen. Bleibe noch einige Zeit länger dort. Ziehe Deinen Gewinn daraus und erfreue dich eines tugendhaften Lebens. Vairagya (Leidenschaftslosigkeit) entsteht aus Bhoga (Genießen). Dann wird sie stark, dauerhaft und intensiv. Heirate nicht. Dies ist ein anderer Punkt. Die Welt ist keine Hölle. Es ist alles Ananda (Seligkeit), wenn das Ego und Raga-Dvesha (Vorlieben und Abneigungen) absterben. Verändere deine mentale Einstellung. Komm und sieh all diese heiligen Orte und Menschen. Das wird Dich inspirieren. Aber verlasse die Welt nicht so schnell. Der spirituelle Pfad ist nicht im Geringsten rosig. Er ist voller Dornen.“

Paramanandaji hatte offensichtlich beschlossen, dem Programm zu folgen, das Swamiji ihm empfohlen hatte. Der nächste Brief von Swamiji vom 17. Januar 1931 gibt uns einen Einblick in die tiefe göttliche Liebe, die der Meister für seinen zukünftigen ruhmreichen Schüler hegte und zeigt die Ungeduld auf seiner Seite, der Schüler möge gut vorbereitet sein für die Aufgaben, die vor ihm lagen:

„Deine Hingabe an Gott und die Religion wird Dich ohne Zweifel vom Morast der Welt erheben. Möge Gott Dir spirituelle Stärke und Kraft zur Erreichung Deines Lebensziels, der Gottesverwirklichung, verleihen. Trete in die Ramakrishna Mission ein. Du wirst dort sehr wachsen. Ich verspreche und versichere es Dir. Verbringe einige Jahre in der Mission. Du kannst hierher zu Besuch kommen, aber nicht, um ständig zu bleiben. Schau genau hin, bevor Du springst. Denke nach. Wäge ab. Gib die Arbeit nicht auf. Du wirst es später bereuen. Lerne, soviel Du kannst. Du musst viel lernen. Sei nicht in Eile. Jugendlicher Elan und Enthusiasmus allein sind vielleicht nicht hilfreich. Dies ist ein mühsamer, risikoreicher Pfad.“

Der Schüler akzeptierte nach reiflicher Überlegung die Instruktionen des Gurus – innerlich hatte er bereits die Schülerschaft angetreten – und trat daher in die Ramakrishna Mission ein. Hier ist der Brief, den Swamiji 1931 schrieb, um Paramanandaji zu gratulieren und ihm viel Glück in seinem spirituellen Unterfangen
zu wünschen: „Ich bin von einem langen Kailash-Ausflug zurückgekommen. Ich habe, wie erwartet, Deinen freundlichen Brief erhalten. Ich gratuliere Dir zu Deinem verwegenen, spirituellen Abenteuer. Es spricht sehr für Dich. Du hast etwas sehr Gutes daran getan, in die Ramakrishna Mission einzutreten. Möge Gott Dir spirituelle Stärke verleihen und doppelte Kraft in Deinen Bemühungen, Brahman (das Absolute) zu erreichen. Du hast alle weltlichen Bande zerschnitten. Nun kannst Du ungestört Deinem Weg folgen. Gehe in die Mission und diene all Deinen Älteren respektvoll und aufrichtig und ohne eigene Interessen zu verfolgen.“

Und dann, als würde er voraussehen, dass Paramanandaji ihn bald besuchen würde, gab ihm Swamiji ein paar goldene Ratschläge, die ihm dabei helfen würden, aus sich einen guten Mönch zu machen: „Sprich um jeden Preis die Wahrheit. Die Wahrheit zu sagen kann niemandem Schaden zufügen. Sie gibt Dir spirituelle Kraft. Wahrheit kann nur dadurch erreicht werden, dass man Wahrheit spricht. Kontrolliere Ärger, indem Du Geduld entwickelst, kosmische Liebe, Dienen und Mitgefühl. Du musst Sanftheit kultivieren, Großmut und Mut. Sechs Stunden Studieren und sechs Stunden Meditationsübungen etc. müssen ohne Unterbrechung ineinander übergehen. Vergiss die Vergangenheit. Lebe in der soliden Gegenwart. Gib jede Art überspannter Erwartungen auf. Selbst wenn die Leute Dich verfolgen, Dich hassen und verspotten, bleibe ruhig. Schlage nicht zurück. Lies täglich die Bergpredigt, bevor Du mit der Arbeit beginnst. Ich zitiere eine Stelle. Wenn Du dich einmal am Tag daran erinnerst, wird sie Dir moksha (Befreiung) geben. Praktiziere sie um jeden Preis zu jeder Zeit: „Liebe Deine Feinde. Segne, die Dich verfluchen. Tue Gutes denen, die Dich hassen und bete für jene, die Dich verachten und verfolgen.“ Die Praxis ist schwierig, aber möglich und notwendig.“

Swami Paramanandaji kam nach Rishikesh. Er erzählte von seiner Erfahrung während der ersten Tage im Ashram: „Eines Tages betrat ich Swami Sivananda’s Kutir. Er hieß mich mit großer Freude willkommen. Ohne etwas Bestimmtes zu erwarten, bat ich ihn um spirituelle Unterweisung. Er fragte mich: „Weißt Du, wie man Namaskar (ehrerbietig grüßen) gegenüber Älteren und Sadhus praktiziert?“ Ich fühlte mich eingeschüchtert. Dann gab er eine praktische Demonstration, indem er flach auf den Boden niederfiel.

Ich fühlte mich, als wäre das allmächtige Himalaya-Gebirge zu Boden gestürzt! Dann folgten glühende Worte: „Junge Aspiranten sind oft egoistisch, arrogant und rücksichtslos. Sie wissen sich nicht zu verneigen. Sie haben keine Kontrolle über die Sinne. Sie streben nach dem Nirvana und nach Siddhis ohne entsprechende Vorbereitung. Dienen, dienen, dienen, den Mahatmas und kranken Menschen, ist das Einzige, was wahrhaftig ein reines Herz und schnellen spirituellen Fortschritt bringen kann. Trage Wasser von Kutir zu Kutir und kümmere Dich um Kranke mit der richtigen inneren Einstellung. Massiere die Beine der Kranken. Wasche ihre Kleider. Stehst Du um 4 Uhr morgens auf? Wie viele Mantrawiederholungen machst Du täglich? Wie lange schweigst du täglich? Wieso lachst Du laut und verschwendest Deine Energie und Zeit mit Geschwätz? Wo ist da Zeit für Witze? Zeig mir Deine tägliche Routine und wie Du Deine 24 Stunden verbringst.“ Ich war sprachlos. Ich stand da wie zu einer Statue erstarrt, unfähig zu atmen. Am Ende, nach dem Namaskar (Verneigung), verließ ich seine Hütte und dachte ernsthaft über die Fragen nach. Ich schrieb sie auf ein Stück Papier. Dieses erste Donnerwetter eines Mahatma (Meister) öffnete mir die Augen. Ich wartete voller Bedacht Möglichkeiten ab, ihm zuzusehen und mehr zu lernen.

Nachdem Swamiji ihn ernsthaft vor einer vorzeitigen Weltentsagung gewarnt hatte, blieb Paramanandaji, auch noch nachdem er Swamiji im Swarg Ashram getroffen hatte, ein Brahmachari (Novize; jemand der sich an das Gelübde der Enthaltsamkeit hält). Wie es die Regel war, versorgten die Kshetras nur Sannyasins mit Mahlzeiten. Aber Swamiji, der großen Einfluss hatte, erwirkte, dass man dem weißgewandeten jungen Mann als Ausnahme Essen brachte. Nach einer Weile brachte man ihm wieder kein Essen mehr und Swamiji musste noch einmal zu den Kshetras gehen und darum bitten, dass sein Schüler weiter Essen bekam. Auf diese Weise vergingen 6Monate und, wie es Paramanandaji selbst in seiner Biographie Sivananda: Apostel des Friedens und der Liebe sagt, „Swamiji mußte zwanzig Mal zu den Kshetras gehen.“

Zu jener Zeit wurden drei junge Männer von Swamiji ausgebildet – Prakash Chaitanya, Vivek Chaitanya und Paramananda – sowie auch ein sehr gelehrter Mann, der mit seiner Familie in der Nähe wohnte. Paramananda versuchte, den gelehrten Mann dazu zu bringen, sich der kleinen Schülerschaft anzuschliessen. „Wenn Du Sannyas (Mönchsweihe) nimmst“, sagte der Mann, „werde ich auch Sannyas nehmen.“ Paramananda war einverstanden.

Swami Paramananda erzählte:
Ich war sehr geschwätzig, sogar in jungen Jahren. Ich zog daher natürlich eine Menge junger Männer zum Reden an. Als ich zu den Kshetra ging, um unser Biksha (Essen, Bettelgabe) zu holen und mich dafür anstellte, ging ich völlig darin auf, mit allen zu reden. Swamiji sah das. Eines Tages rief er mich zu sich und mahnte mich zur Ordnung. Er sagte: „Du bist ein Sannyasin. Wenn Du zur Kshetra gehst, sehe ich Dich ständig unnütz reden. Als Sannyasin solltest Du deinen Kopf bedecken, Dich abseits der Menge halten, Dein Bhiksha schnell nehmen, ohne dass es jemandes Aufmerksamkeit auf sich zieht und ständig in Arbeit vertieft sein. Das ist Sadhana.“ Swamiji warnte mich vor dieser Redeangewohnheit, die ich sogar hier im Ashram hatte. Ich saß oft im Zimmer hinter dem von Swami Sivananda und gab dem anderen Mann, der bei mir war, Anweisungen zur Arbeit im Ashram. Swamiji mochte nicht einmal diese Art von Reden; er verwies mich einige Male darauf, nicht zu reden, sondern mentales Japa zu praktizieren, während ich arbeitete.

Einige Jahre, nachdem ich Swami Sivananda zum ersten Mal getroffen hatte, schrieb ich ein Buch unter dem Pseudonym „Ananda“. Es wurde zwei Jahre später in Madras veröffentlicht. (Heute ist kein Exemplar mehr aufzufinden, abgesehen von zwei Kopien in der Sri Ramashram Bibliothek in Muni-ki-Reti. Ich selbst weiß nicht, was mit dem Rest der Kopien geschehen ist.)

In diesem Buch schilderte ich die Beziehung zwischen Guru und Schüler; wie sich der Schüler in Gegenwart des Gurus benehmen sollte und viele andere Punkte von praktischer Wichtigkeit für einen Neuling auf dem spirituellen Weg. Ich erwähnte auch die verschiedenen Ashrams, in denen ich zuvor gewesen war, deren Leiter, und gleichzeitig beschrieb ich die einzigartige Natur Swami Sivanandas und seiner Einrichtung, die mich faszinierten. Swami Sivananda erhielt ebenfalls ein Exemplar und schrieb zurück: „Wundervoll, exzellent!“ Ich bereitete die Manuskripte zum zweiten Teil des Buches vor (der erste endete mit der Bemerkung, es gäbe einen fortsetzenden zweiten Teil, der bald veröffentlicht würde). Alles war bereit – Druckerpresse und Papier, etc. Plötzlich erhielt ich einen Brief von Swamiji, in dem es tatsächlich hieß: „Dein Buch ist sehr schlecht. Verkaufe es niemandem. Verschenke es nicht einmal. Drucke keinen zweiten Teil.“ Ich war wie vom Blitz getroffen. ‘Was? Erst vor kurzem noch hat Swamiji mir seine Wertschätzung für das Buch ausgesprochen und jetzt verurteilt er es’ dachte ich. Von Madras aus schrieb ich Swamiji und bat ihn, mich darüber aufzuklären, was er meinte. Hier seine Antwort: „Ein Mahatma So-und-so hat mir geschrieben, Dein Buch sei ein furchtbarer Angriff, der sich direkt gegen ihn und seine Einrichtung richte. Dein Buch hat meinen Freund beleidigt. Es hat ihn verletzt. Darum unterbrich den Verkauf und verzichte auf den zweiten Teil.“ Seht, wie groß sein Herz ist! Wieviel Güte und Freundlichkeit! Swamiji mochte das Buch so sehr, fand aber, es sollte nicht veröffentlicht werden, weil jemand sich davon getroffen fühlte.“ Beleidige niemanden. Verletze nicht die Gefühle anderer“, das ist es, was er predigt. Das ist es, was ich an diesem Tag von ihm gelernt habe.“

Unter seinen frühen Schülern waren einige, die älter waren als Swamiji selbst. Die folgenden zwei Anekdoten, die Swami Paramanandaji in seinem Buch Life and Sayings of Siva (Leben und Lehren von Siva) von 1934 erzählt, sind aufschlussreich: Swami Jnananandaji, 70 Jahre alt, ein Schüler und Jnani aus Andhra ist ein Mann mit einem sehr reinen Herzen. Wenn er etwas wissen will, schicken ihn alle zu Swamiji. Er sagt dann immer: „Ich habe Angst, Swamiji gegenüberzutreten. Wie könnte ich zu ihm gehen und ihn fragen?“ Menschen mit korruptem Herzen, selbstsüchtigen Interessen und arroganter Natur können seinen Ruhm nicht erfassen. Die spirituelle Größe Swami Sivanandas können nur forgeschrittene Menschen wie Jnanananda begreifen.

Swami Vidyanandaji, 60 Jahre alt, ein Bengali, war sehr schwach und krank und konnte fast gar nicht mehr laufen. Einmal bat er Swami Sivananda, ihn zu segnen. Swamiji sagte einfach zu ihm: „Es wird Dir gut gehen.“ Eine Woche später war er völlig gesund und konnte bald laufen. Immer wenn ich ihn traf, sagte er: „Wenn ich den Namen Sivananda ausspreche ist mir nichts unmöglich.“ Schon Swamijis bloßer Name erfüllt alles mit neuer Energie und Hoffnung und löst alle Schwierigkeiten auf.

Vor dem Hintergrund seine Mission weiter fortzuführen, wählte Swamiji seine Schüler mit viel Bedacht aus. Er suchte belesene Gelehrte, tüchtige Arbeiter, Schüler und auch ältere Männer mit einer gewissen Würde. Jeder wurde nach seinen besonderen Talenten ausgesucht. Zum Beispiel wurde von niemandem die Erledigung einer bestimmten Arbeit erwartet, außer von den Arbeitern. Es gab andere, die zu keiner der oben genannten Kategorien gehörten. Sie dienten einem hochmysthischen Zweck und waren nur dazu da, die guten Eigenschaften von Swamiji selbst und seinen Schülern auf die Probe zu stellen. Natürlich bekamen sie von Swamiji die Möglichkeit zu lernen und sich zu entwickeln. Einer von ihnen war ein alter Mann, der zu Swamiji in den Swarg Ashram kam. Er legte einen dramatischen Erstauftritt hin und sagte zu Swamiji: „Ich hatte letzte Nacht einen Traum, in dem ich meinen Guru sah; er bat mich, Dich in Sannyas einzuführen. Wähle ein Datum und ich werde Dir eine ordentliche Weihung geben.“ Swamiji klärte ihn darüber auf, dass er bereits eine Einweihung von Swami Viswanandaji Maharaj erhalten hatte. Einige Tage später kam derselbe alte Mann und bat Swamiji, ihn in Sannyasa einzuführen. Da er kein echter Sannyasin war, hatten die Kshetra es abgelehnt, ihm Essen zu geben! Das Wunder an der Sache war, dass Swamiji ihn nicht zurückwies oder auslachte, sondern ihm die gewünschte Einweihung gab. Allem Anschein nach war sein mitfühlendes Herz von großem Mitleid ergriffen – der Mann brauchte die passende Kleidung, um zu seinem Essen zu kommen!

Dieser neue Schüler kam eines Tages zu Swamiji und sagte: „Ich weiß alles über Vedanta; also gib mir den Titel eines Vedanta Kesari (Löwe des Vedanta).“ Swamiji erklärte in seiner kindlichen Einfachheit sofort: „Ja, ja: Du bist Vedanta Kesari.“ Dieser wundervolle Swami zog von dannen und erklärte, Swamiji hätte ihn als „Löwen der Vedanta“ anerkannt. Ein paar Tage später sagte er überraschenderweise zu Swami Paramanandaji: „Swami Sivananda weiß nichts über Vedanta. Ich aber weiß alles darüber. Verlasse ihn und werde mein Schüler.“ Paramanandaji sagte, dass Swami Sivananda wusste, dass Brahmananda schlecht von ihm sprach, aber trotzdem darauf bestand, dass sie den alten Mann bedienten und ihm weiter den Titel eines Vedanta Kesari gaben, den er ihm zugesprochen hatte.

Sogar zu Anfang seiner Mission war er nicht kleinlich darin, ob seine Mitarbeiter oder Schüler ihm absolut treu ergeben waren oder nicht. Er führte auch Schüler anderer Meister in Sannyas ein und ließ seine eigenen Sannyasin-Schüler anderen Mahatmas und Heiligen dienen. So besuchte zum Beispiel H.H. Omkariji vom Shanti Ashram den Swarg Ashram und bat Swamiji, ihm für einige Zeit Paramanandajis Dienste auszuleihen. Swamiji erklärte sich sofort einverstanden, obwohl Paramanandaji zu jener Zeit sein einziger Assistent war. In einem der Briefe, die Paramanandaji im Shanti Ashram erhielt, gab Swamiji ihm folgende Anweisung: „Als erstes wirf Dich jeden Morgen zu Füßen von Schwester Sushila, Swami Omkarji und aller Insassen des Ashrams, sogar vor den Straßenkehrern.“

Swami Atmananda war ein Schüler von Mataji Omkareshawari. Sie schickte Atmananda zu Swami Sivananda für die Sannyas-Weihe. Swami Sivananda weihte ihn bereitwillig in den heiligen Orden ein. Er forderte niemals von seinen Schülern, dass sie nur ihm alleine dienen sollten. Er weihte sie ein, sobald er ihren Eifer spürte, in den heiligen Orden einzutreten. Sie hatten die Freiheit, mit ihm zu leben und ihm zu dienen oder zu gehen. Auf jeden Fall aber war Swami Atmanandaji eine Bereicherung für Swamijis Mission, vor allem in den Jahren in denen sie entstand. Er begleitete Swamiji während seiner Pilgerreisen und half ihm bei seiner Arbeit.

Später wurde Swami Pramananda nach Madras geschickt, um an Swamijis Büchern zu arbeiten. Swamiji wollte, dass seine Schüler so ausstrahlten wie er selbst. Das lässt sich auch wunderbar aus den Briefen an Swami Paramanandaji herauslesen, in denen er detaillierte Anweisungen darüber gibt, auf welche Art der Schüler sich verhalten sollte, um die spirituelle Botschaft zu verbreiten. Bedachtsamkeit in allem war eine seiner wichtigsten Charaktereigenschaften.

Ein Brief vom 4. März 1933 liest sich wie folgt:
Ich wünsche, dass Ihr Euch an die Schulleiter aller Hochschulen in Madras und den Vororten wendet, Vorträge zu Brahmacharya (Schülerschaft; Enthaltsamkeit) gebt sowie Asanas und Pranayama vorführt. Lehrt Bhastrika, Sitali und maßvolle Wechselatmung mit Atemanhalten. Ihr werdet einen wundervollen Dienst leisten. Ihr könnt meinen Artikel über Brahmacharya vorlesen. Lest langsam mit Nachdruck, gebt Kraft und Feuer in Euere Gesten, während Ihr das Publikum anseht. Wenn Ihr den Aufsatz für zu langatmig haltet, lasst die mittleren ein oder zwei Seiten aus. Versagt nicht in dieser Arbeit. Ich habe genau dasselbe während meiner Reisen in neun Schulen gemacht. Veranstaltet abends Bhajans oder Kirtans an verschiedenen Orten. Was ihr auf Lager habt, ist auf jeden Fall genug. Lest am Morgen oder Abend meine Artikel vor und erklärt sie. Haltet eine kleine, ausgesuchte Versammlung ab. Schließt sie, indem ihr Eure Botschaft in einigen Worten zusammenfasst und OM wiederholt. Führt diese drei Dinge durch und schickt mir gelegentlich einen kurzen Bericht Eurer Aktivitäten. Bringt keine falsche Entschuldigungen hervor. Seid nicht schüchtern. Gebt Medizin aus. Mentholöl kann bei Kopfweh auf den Kopf aufgetragen werden. Ein Tropfen gemischt mit einer Unze Wasser ergibt Pfefferminzwasser, das wie Chloridwasser die Verdauung anregt und gegen Blähungen usw. hilft. Ihr könnt auch 20 ml Kardamomtinktur nehmen. Reibt Mentholöl auf Körperstellen, die von Nervenleiden (Neuralgie) betroffen sind.“

In seinem Brief vom 6. März gab Swamiji weitere Anweisungen:
„Ich möchte, dass ihr diese Dinge mit Tatkraft umsetzt. Werdet starke Organisatoren. Gründet mit Freunden, die spirituell eingestellt sind eine „Yoga-Gesellschaft“, eine „Vedantische Gesellschaft“ und einen „SankirtanVerein“. Sät den Samen jetzt, er wird sprießen, blühen und Früchte tragen. Für den Moment kann das Ganze in einem Privatraum stattfinden. Selbst wenn fünf Mitglieder sich regelmäßig treffen, wird es genügen. Baut auch eine „philosophische Bücherei“ auf. Druckt einige Briefköpfe, Formulare und Prospekte für den Verein und die Gesellschaft. Stellt eine Informationswand auf. Die Ziele und Aufgaben der Gesellschaft sind:

(1) Die Erlangung der Selbstverwirklichung
(2) Die Förderung von universeller Liebe und Brüderlichkeit
(3) Die Verbreitung von spirituellem Wissen

Ich werde Euch meine Prospekte, Flugblätter und Bücher schicken.“

Zum Abschluss ist hier einer der inspirierendsten Briefe von Swami Sivananda vom 8. März 1933:

„Meditiere regelmäßig und systematisch, mache Japa (Mantrawieder holung) und lies täglich in den Schriften. Denke nicht: „Ich werde lernen, sobald ich alleine in Uttarkashi bin.“ Das ist falsch. Das ist
Idiotie. Du musst tägliche Routine haben. Dieses Morgen wird nie kommen. Schmiede das Eisen, solange es heiß ist. Nutze die Winde, wenn sie Dir in die Segel blasen. Konzentriere Dich. Meditiere. Bleibe für ein paar Stunden alleine. Sei höflich. Sei niemals arrogant. Sei tolerant und geduldig. Setze diese Tugenden um, wenn du arbeitest und sprichst. Achte auf jeden Gedanken. Es gibt kein Spiel. Du hast ein verantwortungsvolles Gewand angelegt. Fühlst du das? Bettle nicht. Erbitte nichts im Geiste des Bettelns. Führe. Alles wird kommen. Die ganze Welt ist Dein Zuhause. Fühle es. Schicke mir Berichte über Eure organisierte Arbeit. Methode und Disziplin sind nötig. Habe vorbehalts losen Glauben an Dein inneres Selbst und Gott. Hinterfrage Deine Motivationen. Zerstöre eigennützige Motivationen. Zerstöre jede Art niedriger Gesinnung. Werde reinherzig bei jeder Handlung. Kämpfe nicht um belanglose Kleinigkeiten. Die Regeneration der niederen Natur ist das Wichtigste.

Die erste Vortragsreise

„Man kann ohne Religion nicht leben. Man kann nicht ohne den Namen Gottes leben. Nimm Zuflucht zu seinem süßen Namen. Lebe in Brahman. Diese Welt ist nur ein unbeständiger Ort. Harre in Deinem Sadhana (spirituelle Übung) aus. Führe ein Leben selbstlosen Dienstes, voller Entsagung, Nicht-Anhaftung und Meditation. Halte Dich an die großen Weisen und ihre Schriften. Meditiere. Frage „Wer bin ich?“ Die Unwissenheit wird vergehen. Das Wissen um die Wahrheit wird dämmern. Klettere beständig weiter und erreiche den Gipfel des Wissens durch die Intensivierung Deines Nicht-Anhaftens und die Übung von intensivem Sadhana.“ Dies war der Kern des Vortrags, den Swamiji in Sitapur hielt, wohin er am 20. November 1932 bei seiner ersten bedeutenden, dynamischen, spirituellen Erweckungskampagne reiste. Er wurde von Swami Atmananda begleitet, der Kirtans sang etc. und von Swami Swarupananda, der seine Lesungen ins Hindi übersetzte.

Swamijis brennendster Wunsch war, den Namen Gottes in jedem Winkel Indiens widerhallen zu lassen. Er hatte den Nektar des göttlichen Namens gekostet und seine wunderbare, Leben transformierende Kraft erfahren. Er wollte mit allen diese Freude und Herrlichkeit teilen. Er hatte Gott geschaut und wollte anderen den Weg zeigen. Er war bereit, in intensiven, dynamischen, spirituellen Dienst einzutauchen.

Innerhalb einer Woche war die gesamte Atmosphäre von Sitapur von den Schwingungen des Namens Gottes erfüllt. Die Menschen hörten ihm zu Tausenden zu, weil sie wußten, dass dort ein Mann war, der nichts in der Welt sein eigen nannte und dennoch glücklicher und erfüllter von Frieden war, mit mehr Energie und Enthusiasmus als die Reichsten unter ihnen. Sie wollten sein Geheimnis erfahren; und er war auch bereit und voller Eifer, es ihnen zu schenken. Er sang, er tanzte, seine Kirtans rührten die Zuhörer, sein himmlischer Tanz versetzte sie in eine andere Welt. Sie hatten niemals etwas Ähnliches erlebt.

In den Pausen zwischen zwei Sankirtan-Veranstaltungen hielt er kurze Vorträge, in denen er großen Nachdruck auf selbstlosen Dienst, Wohltätigkeit und Reinheit legte. Manchmal zog er auch Vedanta heran, um die Seelen zu erheben. Seine Worte kamen direkt aus den Tiefen seines Herzens. Sie hatten eine unglaubliche Kraft. Man konnte das am Beispiel eines Jungen sehen. Er hatte in der Schule Swamijis Vortrag gehört. Am nächsten Morgen fand sein Vater einen Brief anstelle des Sohnes! Er las darin: „Vater. Dies ist mein letzter Gruß an Dich. Ich begebe mich auf die Suche nach meinem wirklichen Vater, dem Herrn, der in meinem Herzen wohnt. Ich bin bewegt von der Lesung Swami Sivanandas. Meine Augen sind nun offen, dies ist meine wahre Pflicht. Selbstverwirklichung ist meine höchste Pflicht.“

Dieser Mann mit seiner geheimnisvollen Macht über die Menschen war selbst auf eine eigene Art und Weise geheimnisvoll. Eines Tages, als er in Sitapur war, hatte er das dringende Bedürfnis, sich zurückzuziehen und zu meditieren. Er verließ den Ort, ohne jemandem Bescheid zu sagen und lief eine lange Strecke aus der Stadt hinaus, bis er an eine verfallene Hütte kam. Dort setzte er sich nieder und meditierte den ganzen Tag.

Sitapur war erst der Anfang. Von dort aus wurde er nach Lakshmipur, Meerut, Lucknow, Monghyr und in den Shanti Ashram in Totapalli Hills eingeladen. An all diesen Orten hatte er ein ähnliches Programm. Am frühen Morgen – 4 Uhr bis 6 Uhr – gab es Kirtan. Dann zog die ganze Gruppe durch verschiedene Stadtteile und sang dabei zwei Stunden lang Mantras. In Monghyr fuhr die Gruppe einige Stunden lang singend in einem LKW von Gasse zu Gasse und deckte fast die ganze Stadt und die Nachbarschaft ab. Nach einer Woche derartiger Kirtangesänge war die ganze Stadt aufgeladen mit spirituellen Schwingungen. Die Menschen in der Stadt wurden über die bevorstehenden Veranstaltungen informiert und nahmen zahlreich teil. Swamiji sang sieben Tage lang an verschiedenen Orten mit geübten Gruppen von Kirtansängern. Am Abschlusstag wurde an viele Bedürftige Essen ausgegeben.

Die Programme fanden an verschiedenen Orten statt – in Pilgergaststätten, Tempeln und Schulen etc. Es gab riesige Versammlungen in jeder Stadt, bei denen manchmal bis zu 10.000 Menschen zusammenkamen. Wenn er einen bestimmten Kirtan sang – Agada-bhum – standen Tausende auf und tanzten. Er sang philosophische Lieder auf Englisch, die Europäer genauso anzogen wie gebildete Inder. Eine andere spezielle Besonderheit war das Kirtan-Singen. Dafür holte Swamiji ind. Regierungsbeamte aus dem Publikum, um von der Bühne aus Kirtan anzuleiten, anschließend Lehrer, Ärzte, Studenten, Frauen und Mädchen. Das war neu und sorgte für viel Enthusiasmus. Anfangs zögerten alle und waren schüchtern, bald merkten sie aber, wieviel sie daraus gewannen. Nach ein paar Monaten waren sie überzeugte Kirtansänger und bauten Gruppen in unter schied lichen Städten auf.

Swamiji schöpfte alle Möglichkeiten aufs Beste aus. Er sang öffentlich Kirtans, während er auf einem Elefanten ritt, im Zug, auf Bahnsteigen und in den Straßen und Gassen, wo er auf große Menschenmengen traf. Daneben hielt er kurze Lesungen ab und führte Yoga-Übungen und Pranayama vor, verteilte Flugblätter seiner Twenty Important Spiritual Instructions (Zwanzig wichtige spirituelle Leitsätze) und Importance of Brahmacharya (Bedeutung von Brahmacharya). Er forderte die Menschen auf Mantras zu schreiben. Er leitete öffentlich Mantra-Schreiben an, an dem viele Aspiranten bewegungslos dasaßen und Mantras schrieben. Er vergab Preise an diejenigen, welche die größte Anzahl von leserlichen Mantras geschrieben hatten. Zur Ermutigung schenkte er nicht nur dem Gewinner spirituelle Bücher, sondern auch anderen. Seine Bewunderer brachten ihm viele Früchte, die gleich vor Ort ans Publikum verteilt wurden.

Jedes Jahr reiste er ein, zwei Wochen im Punjab und Bikar. Seine Organisatoren stellten jedesmal ein straffes Programm zusammen. Während solcher Touren bat er seine Schüler aus dem Swarg Ashram und den Postvorsteher von Rishikesh, ihm keine Briefe nachzusenden. Er erledigte keine Korrespondenz während seiner Tour,
sondern konzentrierte sich völlig auf die dynamische Wissensverbreitung.

Während seiner Vortragsreisen ließ er niemals zu, dass ihn jemand dem Publikum ankündigte. Es gab keinen Vorsitzenden, der die Veranstaltungen leitete. Er brach mit allen Formalitäten. Obwohl er der Vorsitzende der Konferenz war, saß er im Publikum. Er begrüßte alle Gäste und bedankte sich am Ende bei allen anwesenden Personen, ließ aber niemals zu, dass jemand ihm dankte.

Obwohl Swami Sivananda ein einfaches Leben führte und in Rishikesh gewöhnlich Roti (trockenes Brot) aß, hatte er das Bedürfnis nach kräftigender Nahrung und Früchten, wenn er auf Tour war und Tag und Nacht intensiv arbeitete. Deswegen bat er die Organisationen, ihn und seine Schüler mit Keksen und Früchten zu versorgen. Er hatte meist etwas Brot oder Kekse in der Tasche, weil ihm die Arbeit an wechselnden Orten keine Zeit für Pausen und Mahlzeiten ließ. Seine Schüler, die ihn auf den Touren begleiteten, pflegten zu sagen: „Es ist ein Vergnügen mit Swamiji zu reisen, weil man so gut von ihm behandelt wird.“ Er teilte alles mit ihnen, was er hatte, kümmerte sich sehr um ihr Wohlergehen und machte sie berühmt und bekannt.

Bevor er zu solchen Konferenzen aufbrach, nahm er genug Geld für ein Rückfahrtticket mit. Er wollte niemals Geld von den Organisatoren der Veranstaltungen für seine Ausgaben, sondern bat sie, viele Faltblätter und Informationsschriften in verschiedenen Sprachen zu drucken, um sie während der Konferenz in Umlauf zu bringen. Viele dieser Faltblätter mit spirituellen Instruktionen wurden so gedruckt und kostenlos verteilt.

Die erste Sankirtan-Konferenz der Provinz Punjab wurde 1935 in Lahore abgehalten. Ein Ergebnis dieser Konferenz waren Beschlüsse und Vorsätze zu systematischem Sadhana, um formelle Richtlinien zur spirituellen Praxis zu geben.
Unter der Leitung von Ganga Saran Varma wurde Qilla Guzzar Sankirtan Mandal in Lahore zum Dreh- und Angelpunkt all dieser Sankirtan Aktivitäten. Die großen Bemühungen Varmas ermöglichten es, das The Divine Life Magazine in Lahore zu gründen. Während dieser Tage war es für alle ein außergewöhnlicher Anblick, die „Ganga Nivas“ immer mit Summen von Sankirtan und Aktivitäten der Divine Life Society beschäftigt zu sehen. Es war wirklich eine spirituelle Fabrik, die von Swamiji organisiert worden war.

Die nächste Konferenz war sogar noch wundervoller und ereignisreicher. Bei dieser Sitzung der Lahore Sankirtan hatten die Teil nehmer das große Glück, zu erleben, wie Swami Sivananda während des Kirtansingens in Samadhi (Zustand des Überbewusstseins) fiel. Er stand aufrecht und blickte mit Sambhavi Mudra (mit nach innen gerichtetem Geist) auf die riesige Menschenmenge vor ihm. Göttliche Strahlen der Offenbahrung gingen von ihm aus. Damit verwandelte er die gesamte Menge; es kam Ekstase auf, Gesang, manche weinten oder verloren sogar das Bewusstsein. Ein siebenjähriges Kind trat zeitweise in ekstatische Zustände ein und ein Mädchen rief die Gottheit von Ludhiana an, während es singend und tanzend jegliches physisches Bewusstsein verlor und erst wieder zum Normalbewusstsein zurückkam, als Swamiji das Treffen mit- einer lauten Wiederholung von „Jaya Jaya Sita Ram“ beendete. Während dieser ersten Vortragsreisen hatte Swamiji für gewöhnlich eine Tasche mit Medikamenten und eine Tasche mit spirituellen Flugblättern dabei. Die Tasche war ein Miniaturladen. Sie beinhaltete ein Messer, eine Schere, Binden, Streichhölzer, eine Kerze, Süßigkeiten für Kinder, Tabletten, Puder, Briefpapier, einen roten Stift und andere Dinge, die für den Dienst vor Ort nötig sind. Er war so veranlagt, dass er bemerkte, was ein Mensch braucht, noch bevor dieser es ausgedrückt hatte; und wenn eine Bitte an ihn erging, konnte er nicht ruhen, bevor sie nicht erfüllt war; so wurde sie hier und jetzt umgesetzt. Diese Pflichterfüllung ließ keinen Aufschub zu.

Manches Mal wurde er von Anhängern eingeladen, Sankirtan zu praktizieren, wenn es ihm nicht gut ging und er Fieber hatte, das jeden anderen im Bett gehalten hätte. Swamiji ignorierte das Fieber und stand sofort auf. Selbst wenn er aus Überlastung vom Zugreisen und dem unregelmäßigen Essen an Durchfall litt, konnte er zu einer Bitte um ein Kirtan nicht „Nein“ sagen. Zur Bestürzung seiner Schüler bat er um einen Betttopf, den man in einem Vorraum bereitstellen sollte, betrat mit Gummiunterhosen die Bühne im Saal und gab seinen bewegenden Kirtan. Das brennende Verlangen andere zu bereichern und zu erfreuen, trieb ihn in all seinen Handlungen. Man könnte es Leichtsinn nennen, aber in der Regel war er sehr bedacht auf seine Gesundheit. Allerdings hielt er Opfer für notwendig, wenn die Situation es erforderte. Alle seine Handlungen bekräftigten seinen starken Glauben an die Doktrin „für Andere leben“.

Nichts entmutigte ihn, nichts bestürzte ihn. Er lebte in Gott und ER war immer bei ihm. Wenn er durch die menschenreichen Straßen von Lucknow, Lahore oder Kalkutta ging, sah er nicht, was auf den Straßen vor sich ging. Seine Gedanken waren bei der Arbeit, aber er verlor dabei nicht seinen Zustand des Sahaja Nirvikalpa Samadhi (natürlicher nicht-dualer Zustand des Brahmischen Bewusstseins). Es machte ihm nichts aus, wenn Menschen manchmal unhöflich waren. Wenn die Organisatoren nicht zu seinem Unterhalt beitrugen, nahm er sein eigenes Geld, ohne sich zu beschweren. Es war einzig wichtig, den Namen Gottes zu verbreiten.

Am 5. April 1949 besuchte ein Professor aus Kashmir, der nach Indien immigriert war, mit seiner Familie den Ashram. Swamiji erkannte ihn sofort als jemanden, der ihm während seiner Kirtan-Tour in Kashmir aufgefallen war. Der Professor sagte: „Swamiji! Wir erinnern uns alle an Dein berühmtes Agada Bhum Lied und Deinen Tanz! Trotz allem, was inzwischen passiert ist seit jenen friedvollen, erfüllten Tagen des Wohlergehens, ist die Erinnerung in uns noch frisch an die eifrigen Massen von Männern, Frauen und Kindern, die ganze Tage lang dasaßen und Deinem die Seele berührenden Kirtan lauschten. Ich war damals noch ein kleiner Junge, aber ich habe die lebendigste Erinnerung an diese eine Sache in meinem Leben.“

Der Vater des Professors fügte hinzu: „Und diese Versammlungen, Swamiji! In meinem ganzen Leben in Kashmir habe ich nie wieder solche Massen von Menschen aufeinander treffen sehen. Nicht unter Zehntausend jeden Tag – es sah aus wie ein Meer von Köpfen, die zum Klang Deiner Kirtans wie Wellen auf- und abwogten. Es war ein Anblick für die Götter!“ Sie erzählten ihre Erfahrungen mit Tränen der Liebe und Ekstase in den Augen. Es war, als singe und tanze Swamiji auch in jenem Moment vor ihrem inneren Auge.

Herr Desraj Sachdev, ein großer Bewunderer von Swami Sivananda, gab einen mitreißenden Bericht von Swamijis Vortragsreisen, als er den Ashram am 17. Januar 1950 besuchte:
„1933 versuchten wir in Rawalpindi eine Sankirtan Konferenz zu organisieren. Es war schwer, die Mittel dafür zusammenzubekommen. Jedoch beschlossen zwei oder drei von uns, ein Monatseinkommen beizutragen, um sie zustande zu bringen. Wir luden Swami Sivananda und andere ein. Swamiji kam und innerhalb eines Tages hatten ihn alle in Rawalpindi ins Herz geschlossen. Am Tag der Konferenz kamen einige junge Leute aus reiner Neugier: „Was kann Sankirtan bewirken?“ Swamiji begann, eine sehr mitreißende Vorlesung auf Englisch zu halten, die von Herrn Swami Swarupananda ins Hindi gedolmetscht wurde. Alle waren tief beeindruckt von seinem Vortrag über Bhakti und Sankirtan. Sofort begann er, „Sunaja sunaja sunaja Krishna; tu gitawala jnana sunaja Krishna“ zu singen. Die gesamte Zuhörerschaft wurde in eine Welt von Glückseligkeit versetzt. Kurz darauf begann Swamiji zu tanzen. Es war ein Schauspiel! Alle tanzten mit ihm mit; sogar jene, die einige Minuten zuvor nicht an Sankirtan geglaubt hatten, tanzten in der Öffentlichkeit. Es war wirklich ein Wunder. Aber er verwies auch auf den gesunden Menschenverstand. Als ein paar seiner Schüler einmal laut ausriefen „Sivananda Maharaj ki jai“, unterbrach er sie und sagte: „Werdet bei nichts emotional, nicht einmal im Gebet und bei Euren Lobpreisungen Gottes. Behaltet absolute Kontrolle über Eure Gefühle. Die Seligkeit des Absoluten kann sich nicht allein durch Tänze und Ausrufe manifestieren.“ Seine Lektionen waren vollkommen. Seine Art zu lehren, war perfekt.

Swamiji war ein echter Mahatma (großer Meister), wie es nur wenige gibt. Er hatte eine göttliche, magnetische Persönlichkeit und konnte die Leute beeinflussen. Niemand sonst konnte das. Wenn Rationalisten sahen, dass solch ein gebildeter und kultivierter Meister wie Swami Sivananda, der mitreißende Vorträge auf Englisch vor riesigem Publikum halten konnte, süße Kirtans sang und ekstatisch tanzte, verebbte sogar ihre Skepsis gegenüber dem Kirtan und sie schlossen sich ihm an.

Reiche Leute umgaben Swamiji in Rawalpindi, aber Swamiji liebte es, sich unter den Ärmsten der Armen zu bewegen. Er mischte sich frei unter die Bettler und Arbeiter und brachte sie dazu Kirtans zu singen. Auch das ist sehr selten. Heutzutage wollen Mahatmas oft nur Geld machen und folgen daher nur der Einladung von Zamindars (Großgrundbesitzern)! Die wichtigste aller Eigenschaften, die ihn einzigartig machte, war, dass er einen makell osen Charakter hatte.

Bei einer Konferenz in Lahore 1933 wurde Swami Sivananda als ein Sannyasin des Kevala Advaita Ordens angekündigt, der Englisch sprach und eine neuartige Weise zur Verbreitung von Sankirtan hatte. Von der allerersten Sitzung an zog die Konferenz Abend für Abend Zehntausende von Anhängern an.

Ganz Lahore war angefüllt mit der heiligen süßen Schwingung des Namens Gottes. Am nächsten Tag kamen Jugendliche aus dem Punjab, die Englisch sprachen und den gelehrten vedantischen Redner auf einer Sankirtan-Bühne singen und tanzen sehen wollten, die bis dahin den Vaishanavas (Anhänger des Vishnu- Bhakti-Kults) gedient hatte. Es war für ganz Punjab ein außergewöhnlicher Anblick, einen Sannyasin eines hohen Ordens zu sehen, der versiert war in der Advaita (Monismus)-Philosophie und gleichzeitig in einer ganz eigenen Weise auf einer Sankirtan-Bühne tanzte und sang. Swamijis philosophische Vortäge über Bhakti, Jnana und Yoga, zusammen mit seinem süßen, die Seele erweichenden, erhebenden Sankirtan, seinen Liedern auf Englisch und in einer Mischung von Sprachen zu verschiedenen Themen zogen die Intelligentia und Aristokratie an, die sonst niemals an einer religiösen Versammlung teilgenommen hätte. Es kamen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten und Religionen. Am ersten Abend schloss sich ein alter Arya Samajist dem Sankirtan von Swamiji an und dieser brachte den alten Mann dazu, auf der Bühne mit ihm zu tanzen. Ihm folgte am nächsten Tag ein moderner junger Mann im Geschäftsanzug, der öffentlich bekannte, er sei nur gekommen, um über einen Sannyasin zu lachen, der sang, tanzte und Englisch sprach. Zur Überraschung aller verwandelte er sich an Ort und Stelle in einen leidenschaftlichen Kirtansänger.

Es war das erste Mal, dass in Lahore eine so große Versammlung mit Menschen verschiedenster Herkunft stattfand. Alte und Junge, Frauen und Kinder, Verheiratete und Ledige sangen und tanzten reihum auf der Bühne. Alle kamen auf einer gemeinsamen Bühne zusammen, blieben bis nach Mitternacht wach und schliefen dann in Zelten, um die goldene Gelegenheit nicht zu verpassen, Swamiji am nächsten Morgen zu Brahma-Muhurta (von 4-6 Uhr morgens) zu hören. Die Punjabi Bhaktas umschwärmten Swamiji wie Bienen. Es war eine Herausforderung für Swamiji, sich einige Minuten freizukämpfen, um etwas auszuruhen. Diejenigen, die gebeten wurden, Swamiji etwas Ruhe zu gönnen, beschwerten sich bei Swamiji persönlich, seine Schüler seien eher wie die Dornen einer Rose und würden ihnen nicht erlauben, seinen Darshan zu haben. Swamiji antwortete lachend, es sei zum Segen der Rose, dass der grundgütige Herr Dornen um sie geschaffen habe.

Swamiji hatte neue Methoden, um einen maximalen Vorteil aus diesen Konferenzen zu ziehen. Anders als andere, die sie leiteten und dann alles darüber vergaßen, nutzte Swamiji sie, um seine Mission aufzubauen. Er erlaubte den Teilnehmern nicht, zu vergessen, was sie gelernt hatten. Er hatte Weitblick, plante die nötigen Schritte gut im Voraus, um dieses Ziel zu erreichen. Die folgenden Briefe zeigen interessante Details bezüglich seiner hervorragenden Methoden und der Umsicht, mit der er den Weg für seine zukünftige Mission bereitete. Diese Briefe wurden alle an Swami Paramanandaji geschrieben, der von Swamiji besonders instruiert worden war, nach Lahore zu gehen, um die Konferenzen im großen Rahmen zu organisieren.

Ein Brief vom 3. Dezember 1935 liest sich wie folgt: „Bitte mache Dich sofort auf den Weg nach Lahore und organisiere die Veranstaltung auf großartige, wundervolle und philosophische Weise mit Swami Virakthanandaji Maharaj. Du wirst mindestens 5 Minuten lang einen Vortrag auf Englisch und Hindi halten müssen. Singe auch Kirtans und tanze, egal ob der Körper locker ist oder steif und sich nicht bewegen lassen will an diesen kalten Tagen. Wenn Du Schwierigkeiten beim Vortragen hast, lerne einige Punkte auswendig. Wenn Auswendiglernen auch schwierig ist, lies von einem Blatt Papier ab. Wenn Du Deine dumme Widerspenstigkeit zeigst oder zur Schau stellst wie manchmal Gobal Bhai, gibt es keinen anderen Weg für mich, als Dich zu packen und auf die Bühne zu stellen. Gib mir keinen Anlaß zu dieser extremen Vorgehensweise.“

Der Brief vom 13. Dezember enthält detaillierte Instruktionen an die Organisatoren über einige Punkte zu den Programmen: „Sag Chetu Ramji, dass ich nun recht zufrieden mit ihm bin. Durchgehender Kirtan 3 Tage lang auf einer extra Bühne ist unbedingt nötig. Dies ist der einzige effektive Teil der Arbeit – solide und grundlegend. Sankirtan in verschiedenen Zentren, um die ganze Atmosphäre anzuheizen und zu elektrifizieren, ist eine andere Aufgabe, die vor uns liegt. Diese zwei Punkte sind wichtig. Der Ärger mit dem Aufruhr und Sektion 144 ist nichts vor Ram nam. Nichts, wovor man sich fürchten müsste, nicht einmal ein bisschen. Swarupanandajiis Worte sollten ausgeführt werden. Er ist der älteste Ratgeber der Sankirtan Kommission. Wir werden Toast und Butter morgens und abends essen. Wir brauchen keine Süßigkeiten. Morgens am 21. erwarte ich diese Dinge zum Frühstück. Ich denke, auch Du wirst einer der Freunde sein, die im Kreis um mich sein werden. Ein leichter Stuhl für mich und drei Stühle mit Lehnen werden für die Räume gebraucht. Viele freiwillige Helfer werden benötigt, die entsprechend eingewiesen werden müssen. Spendenformulare sollten gedruckt werden, so wie Swarupanandaji es vorgeschlagen hat. Einige Shanti Path (Friedensgesang) sollen gedruckt werden.“

Wie Swamiji seine Schüler ehrte und als Gleiche behandelte wird aus seinen Briefen ersichtlich. Die meisten seiner Briefe unterschrieb er mit „Dein ergebendster Diener – Sivananda“. Er gab dem Schüler niemals das Gefühl, er sei gegenüber dem Guru minderwertig. Er wollte, dass sie Vorträge gaben, Kirtans sangen und tanzten wie er. Sie waren Mitarbeiter, die Gott ihm geschickt hatte und so aß er auch mit ihnen zusammen, wie einer der Briefe weiter oben zeigt. Er teilte mit ihnen die Früchte etc., die ihm von seinen Anhängern geschenkt wurden. Tatsächlich waren sie die ersten, mit denen er immer teilte. Darüber hinaus war er immer mit Eifer dabei, sie so strahlen zu lassen wie sich selbst.

Swarg Ashram Sadhu Sangha

Während seiner Zeit im Swarg Ashram, unterzog sich Swami Sivananda freiwillig jeder Art von physischer Unbequemlichkeit, um zur Selbstverwirklichung zu gelangen. Nicht alle Sadhus (Mönche) sind aus diesem Holz geschnitzt. Es gab viele, die, wie Swami Sivananda ja auch, ein entbehrungsreiches Leben nicht gewohnt waren, die aber auch, anders als er, solche Härten nicht auf sich nehmen wollten.

Der enge Kontakt mit der Gemeinschaft der Sadhus brachte Swami Sivananda zu der Überzeugung, dass genau hier ein Betätigungsfeld für ihn war. Die Sadhus brauchten selbst Führung. Viele von ihnen hatten keine gute spirituelle Führung. Sie hatten ihr zuhause in einem Anfall von Nicht-Anhaftung verlassen, aber keinen guten Guru aufgesucht, der sie auf dem spirituellen Pfad anleitete. Die Entscheidungsträger der Kshetra brauchten auch Rat dabei, zu entscheiden, welchen Bitten der Mönche sie nachgeben sollten und welchen nicht. Kurz gesagt, es gab die Notwendigkeit der Organisation.

Swamiji bot sich für diesen Dienst an. Er wollte damit zweierlei erreichen. Die Mönche selbst würden erfreut darüber sein, dass man sich um sie kümmerte und zweitens, sobald die Sympathie der Mönche ihm sicher war, wäre es nach einiger Zeit einfach, sie zu nützlicheren Handlungen zu bewegen, anstatt ihre Zeit hinter verschlossenen Türen zu verbringen. Diese Überlegungen führten ihn dazu, den Swarg Ashram Sadhu Sangha (Gemeinschaft) zu gründen. Er versicherte den Mönchen, das Management würde in Bezug auf ihre Bedürfnisse kooperativ mitarbeiten. Nachdem er auf diese Weise ihr Vertrauen gewonnen hatte, sprach er mit der Ashramleitung. Die dankbaren Mönche wählten ihn zu ihrem Präsidenten und Leiter. Diese Wahl war gleichermaßen auch der Leitung willkommen, weil man dort davon überzeugt war, dass seine Empfehlungen fair und akzeptabel sein würden.

Der Swarg Ashram Sadhu Sangha wurde am 24. August 1933 gegründet und am 25. Oktober 1933 ordnungsgemäß in Lucknow ins Gesellschaftsregister aufgenommen. Seine Ziele und Aufgaben waren:

  1. Abhilfe zu schaffen bei den Missständen der Sadhus
  2. Medizinische Versorgung für Kranke und Pilger bereitzustellen und sie zu behandeln
  3. Regelmäßige religiöse Treffen abzuhalten, philosophische Themen zu disku tieren, religiöse Gedanken und Erfahrungen unter den Mitgliedern auszutauschen
  4. Abends im Swarg Ashram und außerhalb Kathas (Geschichten) zu erzählen und Kirtans anzubieten, wenn es die Umstände zuließen
  5. Yogastunden unter den eigenen Mitgliedern und für andere abzuhalten
  6. Sadhus in spirituellen Übungen auszubilden und sie danach ins Ausland zu schicken, um im spirituelles Wissen im großen Stil unter die Menschen zu bringen
  7. in Vorlesungen, Büchern, Faltblättern, Pamphleten und Magazinen Hindu-Philosophie zu lehren
  8. All diese Dinge zu tun, weil sie als Beitrag zum spirituellen Gut der Sadhus und zur Verbreitung des spirituellen Wissens insgesamt nötig sind
  9. Ein oder mehrere Ziele umzusetzen, je nachdem, was möglich ist
  10. Andere Zweige dieser Sangha an anderen Orten zu eröffnen, die für Sadhus zugänglich sind, insofern das umsetzbar ist.

Der Sangha trug die Samen der großen weltweiten Einrichtung – der Divine Life Society – die Swamiji sehr bald gründen würde. Unter der Schirmherrschaft der Sangha sorgte Swamiji für eine intensive körperliche und spirituelle Erneuerung der Jugend in Schulen und höheren Schulen, indem er Vorträge an zehn Einrichtungen in den Vereinigten Provinzen, dem heutigen Uttar Pradesh, hielt.