Das Yoga System

Dharana oder die Konzentration

Nun kommt Yoga zu seinem wesentlichen Kern, und jetzt beginnt die letzte Schlacht des Yogi, die sein Schicksal entscheidet. Dieses ist die Stufe des Dharana oder die Konzentration des ganzen eigenen psychischen Seins (Chitta). Der immer währende Fluss des Dharana wird als Dhyana oder Meditation bezeichnet. Wenn Dharana der Tropfen ist, dann ist Dhyana der Fluss. Viele Konzentrationen bilden eine Meditation. Qualitativ unterscheiden sie sich nicht, doch funktionell gibt es einen Unterschied. In seinem Buch „Konzentration und Meditation“ ist Swami Sivananda sehr ausführlich darauf eingegangen.

Verschiedene Schulen haben unterschiedliche Methoden der Konzentration. Die Buddhisten haben ihre eigenen Methode, die Jains kennen wiederum andere. Das orthodoxe System in Indien hat ebenfalls eigene verschiedene Methoden. Die Art der Konzentration wird in gewisser Weise durch den Meditierenden und durch dessen Samskaras oder dessen psychischen Eindrücken bestimmt. Das ausgewählte Ziel wird zusätzlich durch das Innere des jeweiligen Schülers gesteuert. Wenn der Schüler in Dharana eintritt, weiß er etwas über seine persönliche Struktur. Er wird zum Beobachter seiner Selbst und zum Objekt seiner Studien.

Die Dharana-Praxis wurde bereits in Verbindung mit Pratyahara erklärt. Der Grund für das Bemühen um die geistige Konzentration ist derselbe, wie in der Pratyahara-Praxis. Sie ist von psychologischer Notwendigkeit mit einem tiefen philosophischen Hintergrund. Solange das ‚Warum‘ der Konzentration nicht ausreichend beantwortet wurde, wird man keine Zufriedenheit erlangen und man kann sie auch nicht vollen Herzens praktizieren. Viele Schüler wünschen die Konzentrationspraxis. Wenn man sie nach dem ‚Warum‘ fragt, haben sie keine richtige Antwort parat. Es sollte erst Klarheit herrschen, denn dieses ist die Quelle der Überzeugung, und ohne innere Überzeugung fehlt das Ideal. Die Konzentration ist das Kanalisieren der Chitta oder der psychischen Struktur innerhalb des universalen Seins. Dieses Ziel kann über viele Stufen in kleinen Schritten vom Endlichen zum Unendlichen erreicht werden.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass Kummer und Sorgen Hindernisse in der Yogapraxis sind. Auf Grund dieser Tatsache hat Patanjali diesen gegensteuernden Kräften viel Bedeutung beigemessen. Unglücklicherweise ist unser Leben immer von Sorgen begleitet, und wenn wir nach jemanden suchen würden, der frei von Sorgen ist, würden wir wahrscheinlich niemanden finden. Yoga kann nicht zum Erfolg führen, wenn wir uns bei dem, was immer wir auch tun, wie von Hunden gehetzt fühlen. Bevor irgendwelche Versuche in Pratyahara, Dharana oder Dhyana gemacht werden, ist es notwendig, sich diesen quälenden Kräften der Welt zu entziehen. Und ein Schüler muss aus seiner Situation heraus in der Lage sein zu erkennen, was es heißt, den Geist im Gleichgewicht zu halten; denn diese Balance ist Yoga. Nur wenn wir auf Grund irgendwelcher Umstände aus dem Gleichgewicht geraten, treten Kummer und Sorgen auf. Und doch sind die ersten Stufen im Yoga nicht Pratyahara oder Dharana, sondern ein psychologisches Entwirren oder eine Inventur, wie es in der Geschäftswelt heißt, und ein bilanzieren der inneren Welt. Man muss herausfinden, wo man steht. Wie könnte man sich konzentrieren oder meditieren, wenn Schmerzen an den Lebenskräften zehren? Viele Probleme kommen durch wirtschaftliche Situationen, soziale oder familiäre, gesundheitliche oder psychische Umstände an die Oberfläche. Diese Aspekte müssen in die Betrachtung mit einbezogen werden. Wird ein Schüler, der über jemanden sehr verärgert ist, in der Lage sein, sich hinzusetzen und zu konzentrieren? Nein, denn sein Geist muss sich bereits mit etwas Anderem auseinander setzen, und ist darum nicht bereit sich zu konzentrieren. Er hat bereits etwas zu tun, denn er ist damit beschäftigt, sich mit der gegenwärtigen Situation zu versöhnen. Yoga ist ein positiver Zustand, der sich von allen Gefühlsempfindungen des Tages unterscheidet. Auf dem Yogaweg ist nichts Negatives vorhanden, weder im Geist noch in den Vorstellungen. Bedenken bzgl. Yoga entstehen auf Grund des Wunsches, seine Bedeutung richtig zu verstehen. Alle Qualen müssen ins rechte Licht gesetzt werden. Wie soll dies mit den persönlichen Problemen geschehen? Diese Probleme bedürfen einer individuell Betrachtung, denn die Antwort ist von Mensch zu Mensch verschieden. Genauso, wie ein Arzt seine Patienten individuell und nicht kollektiv behandeln kann. Jede Frage muss individuell beantwortet werden, es sei denn, alle Fragen haben einen ähnlichen Charakter.

Es muss nicht betont werden, dass ein Guru erforderlich ist, und dass man in der Lage sein sollte, die Sinne und insbesondere den Drang nach sexueller Betätigung zu kontrollieren. Der Schüler darf nicht nach weltlichen Dingen drängen und gleichzeitig nach Glückseligkeit im Yoga streben. Wenn man sich auf den Yogapfad begibt, deutet dies darauf hin, dass man in den Augen der Sinnenwelt Verluste erleidet. Der Schüler sollte entscheiden, was er will. Möchte er Bequemlichkeit, Lob und Ruhm ernten oder möchte er sich ehrlich auf den Weg der Selbstbeschränkung und der Konzentration des Geistes begeben? Ein Versuch im Yoga kann mit Hunger, Hitze, Kälte und dem richtigen Platz im Leben zu einem früheren Zeitpunkt probiert werden. Für einen Schüler ist nichts Anderes notwendig, als die Wünsche zu minimieren. Wenn man sich Yoga zuwendet, dann muss man ehrlich damit umgehen. Bei Yoga oder bei irgendwelchen Experimenten um Wunder hört der Spaß auf. Das ganze Sein und nicht nur ein Teil des Schülers geht zum Yoga. Darum ist eine Selbstanalyse von größter Bedeutung, und nur der Schüler selbst kann letztendlich die Antworten geben, denn diese Fragen und Antworten sind derart persönlich, dass sie sich auf das eigene Denken beziehen, und nur er selbst kann dies beantworten. Viele unser Probleme kommen nicht von unserem äußeren Umfeld, sondern von unseren eigenen Gedanken. Wir haben bestimmte Erwartungen. Doch nichts geschieht. Was machen wir dann? Können wir die Welt verändern? Wenn wir versuchen, die äußeren Bedingungen zu ändern, werden wir häufig genug enttäuscht, denn die Welt ist nicht nur außerhalb von uns selbst. Wir müssen uns entweder selbst in die Welt einbringen oder umgekehrt. Viele haben es mit der ersten Alternative versucht und sind kläglich gescheitert, um dann dorthin zurückzukehren, woher sie gekommen waren. Wir müssen zuerst lernen zu leben; sonst werden wir zu Verlierern und niemand wird auf unser Gejammer hören. Dieses ist der Weg der Selbstanalyse, wobei der Schüler seine gegenwärtige Situation verstehen lernt. Die Analyse der körperlichen und sozialen Beziehungen sollte auch auf die moralischen und spirituellen Fragen übertragen werden, denn nur dann kann Konzentration und Meditation des Geistes stattfinden. Es sollte ein Gleichgewicht der Kräfte nicht auf der sozialen und wirtschaftlichen Ebene vorherrschen, sondern auch im Geist und in der Seele. Man sollte mit der Schöpfung Gottes zufrieden sein. An dieser Stelle sollte der Schüler aufrichtig erfreut sein, und allein diese Freude ist eine Form der Konzentration. Da die Konzentration des Geistes viel mit der inneren Zufriedenheit zu tun hat, kann keine Konzentration stattfinden, wenn man sich unglücklich fühlt. Jemand der unglücklich ist, kann kein Yogaschüler sein. Wir wenden uns nicht Yoga zu, weil uns die Menschen in der Welt nicht mögen, sondern weil uns Yoga etwas Substanzielles und Positives gibt.

Psychologische Zufriedenheit, hervorgerufen durch Selbstanalyse, ist eine große Hilfe für die Konzentration. Manchmal wird man durch zu viele Gedanken in der Konzentration gestört, wobei diese Gedanken nichts mit dem Yogaziel zu tun haben. Doch Patanjali sagt, dass man lernen muss, auch mit diesen gegensätzlichen Gedanken und Gefühlen (Pratipaksha-Bhavana) fertig zu werden. Es dient dazu, auch die gegensätzlichen Kräfte zu akzeptieren. Wenn ein bestimmtes Sinnesorgan Schwierigkeiten macht, sollte sich der Schüler ganz speziell mit den übrigen Organen beschäftigen, um die Energien zu verlagern, wobei das erkrankte Organ entlastet wird. Wenn man sich durch sexuelle Gedanken belästigt fühlt, sollte man an Hanuman oder Bhishma denken. Lass den Geist sich damit beschäftigen, wie Hanuman seine Kräfte sammelt, seinen Charakter und seine Schönheit herausputzt, oder lass den Geist an die Tapferkeit des Helden Bhishma denken und meditiere darüber. Das Verlangen wird auf Grund von höheren Gedanken, mit denen sich der Geist auseinander setzt, langsam verschwinden. Wenn jemand krankhaft ärgerlich ist, sollte er an Buddha denken. Was für eine ruhende Persönlichkeit, welch noble Haltung, Freundlichkeit, Sympathie, Nüchternheit, die durch äußere Ereignisse unangreifbar ist, ein wahrhaft versöhnliches Verständnis und welch eine Zuneigung hat Buddha. Dann verschwindet der Ärger von allein. Wenn Ärger den Geist überflutet, kommen solch noblen Gedanken nicht in den Sinn. Doch die tägliche Praxis wird im Geist Samskaras (Engramme) erzeugen, die mit der Zeit diese negativen Gedanken verhindern werden; und selbst wenn diese negativen Gedanken aufkommen sollten, werden sie nicht machtvoll genug sein, um den inneren Frieden zu stören. Dieses ist die Methode des ‚Auswechseln‘ mit Hilfe der Psychoanalyse.

Die drei Methoden, mit denen sich der Geist normalerweise beschäftigt, sind Verdrängung, Ersetzung und Läuterung (innere Erhebung/Vergeistigung). Die Läuterung ist der richtige Weg, doch kann man ihn offensichtlich nicht immer beschreiten. Die Menschen verdrängen ihre Wünsche auf Grund gesellschaftlicher Tabus ins Unterbewusstsein, doch später verursachen sie Komplikationen. Verdrängen ist kein Allheilmittel. Wenn man die eigenen Wünsche nicht erfüllen kann, schluckt man sie hinunter, was auf längere Zeit zu Komplikationen führen kann, die in verschiedenste Krankheiten münden. Die Stimmungen der Menschen sind nichts weiter als gelegentliche Ausbrüche unterdrückter Gefühle und Verhaltensweisen. Das Unterdrücken wird von Patanjali nicht empfohlen, obwohl er Ersetzung als einen Mittelweg zur Läuterung durch Yoga vorschlägt.

Der Konzentrationspunkt kann außerhalb, innerhalb oder im Universalen sein. Der Schüler kann dabei an etwas Äußeres, Inneres oder an keines von beiden, sondern an etwas Unsichtbares denken. Jeder dieser Gedanken kann zum Zweck der Konzentration gewählt werden. Zu Anfang kann man sich auf etwas Äußeres konzentrieren. Die Konzentration auf etwas Inneres ist die Mittelstufe und der Gedanke an das Universale wird als die letzte Stufe angesehen. Man beginnt mit dem Äußeren, geht zum Inneren und erreicht das Universale. Wir sehen die äußere Welt und denken immer daran, weil wir sie als real ansehen. Dieser Gedanke kann nicht einfach ignoriert werden, denn die Wirklichkeit kann nicht ignoriert werden. Wenn der Geist die Wirklichkeit in der Welt wahrnimmt, kann sie nicht im Stich gelassen werden, denn die Wirklichkeit unterscheidet sich nicht von uns selbst. Wenn sich der Geist anderweitig beschäftigt, was er als real ansieht, so glauben wir in unserem Geist künstlich eine Konzentration zu erzeugen. So werden wir natürlich scheitern. Darum muss der Schüler, bevor er mit der Konzentration beginnt, durch die Praxis der Yamas und Niyamas ein richtiges Verständnis für die Welt und die Gesellschaft bekommen. Wenn der Schüler mit sich und der Welt nicht im Reinen ist, kann er kein Yoga in ihr praktizieren. Patanjali empfiehlt die Yama und Niyamas, um Frieden mit sich und der Welt zu erreichen. Asanas und Pranayama sind dazu da, um Frieden und Harmonie mit den Muskeln, dem Nervensystem und der Lebensenergie zu schaffen. Pratyahara bringt Frieden mit dem Geist. Yoga ist eine Wissenschaft des Friedens. Unsere äußere Welt haben wir durch die Yamas in Ordnung gebracht, und wir haben ein Verständnis für uns selbst durch die Niyamas und durch Vichara oder Selbstanalyse bekommen. Wir haben auch eine gewisse Kontrolle über die Muskeln durch Asanas, über die Nerven und Prana durch Pranayama erreicht. Wir haben durch Pratyahara in uns Kompromisse erzielt, indem wir uns direkt auf unsere Problemfelder konzentriert haben.

Worauf sollte man sich konzentrieren? Zu Anfang sollte sich der Konzentrationspunkt außerhalb befinden, sodass die Konzentration leichter fällt, denn der Geist neigt dazu, nach draußen zu wandern. Doch dies heißt nicht, dass man dem unendlich nachgeben muss. Man sollte dem Geist natürlich eine gewisse Freiheit gewähren, doch sollte dies in einem begrenzten Rahmen geschehen. Die geistigen Aktivitäten sollten schrittweise eingeschränkt werden. Der Geist bewegt sich in einem immer weiter eingeschränkten Rahmen. Der Rahmen der geistigen Aktivitäten wird in dem Sinne immer enger, wie der Grad der Konzentration zunimmt. Am Anfang, kann sich der Schüler auf jeden x-beliebigen Punkt konzentrieren. Es wird ein großer Spielraum zugestanden, so wie bei einem Kind oder Wildtier in der Trainingsphase. Satsanga und Svadhyaya sind zum Beispiel Methoden, die man zur Einschränkung der geistigen Aktivitäten anwenden kann. Anstatt irgendwelcher Freizeitaktivitäten nachzugehen, geht man zum Satsanga oder besucht heilige Plätze oder einen Schrein. Anstatt wahllos alle Sorten der Literatur in sich reinzuziehen, liest man philosophische und erhebende Schriften. All dies trägt dazu bei, um den Geist in seinen Aktivitäten weiter einzuschränken. Anstatt mit irgendwelchen Leuten zu klönen, werden die Gespräche auf das Notwendige beschränkt. Die lange Leitung wird gekappt. Der Radius wird eingeschränkt. Diese Praxis ist der Anfang eines wahren religiösen Lebens. Wenn man ein eher religiöses als ein weltliches Leben lebt, möchte man im Yoga den Spielraum des Geistes bald noch weiter einschränken. Und es kommt der Zeitpunkt, wo man sich lieber an einem Platz zu einem spirituellen Leben niederlassen möchte als noch länger heilige Plätze zu besuchen, und damit hat man seinen Geist weiter eingeschränkt. Wenn man sich an einem bestimmten Platz niedergelassen hat, erarbeitet man sich ein tägliches Programm, wo es keinen Programmpunkt ohne Yoga gibt. Manchmal hat man noch Punkte dabei, die jedoch nur indirekt mit Yoga zu tun haben, doch werden auch diese schrittweise integriert, sodass nichts ohne Yoga übrig bleibt. Das ganze Tagesprogramm ist auf Yoga ausgerichtet und bestimmt fortan das Leben. Das, was sich der Schüler als tägliches Programm auserwählt hat, sollte aneinander gereiht an vielen Tagen sein ganzes Leben ausfüllen. Das tägliche Programm sollte darum mit seinem Lebensprogramm übereinstimmen. Der Schüler sollte sich nicht mehr mit etwas beschäftigen wollen, was außerhalb der Spiritualität liegt. In seinem täglichen Programm sollten bestimmte Dinge wie das Studium von Schriften eine Rolle spielen, die man so lange nicht außer Acht lassen darf, bis der Geist von ihnen durchdrungen ist und es keinen Bedarf mehr dafür gibt. Das Studium der heiligen Schriften (Svadhyaya) ist notwendig, weil man sich damit für höhere Gedanken öffnet und den Charakter verfeinert. Parallel dazu sollte Zuflucht in Japa (Wiederholung) von Mantra (mystische Formel) gesucht werden. Japa ist direkt mit Dhyana verbunden. Svadhyaya, Japa und Dhyana sind direkt miteinander verbunden. Sie sind wichtig und bilden einen vollkommenen Yogakursus. Japa ist eine intensivere Sadhana als Svadhyaya und Dhyana ist intensiver als Japa.

Dharana, Dhyana und Samadhi werden als der innere und wahre Yoga betrachtet, wohingegen alles Andere zusätzliche Extras sind. Yama, Niyama, Asana, Pranayama und Pratyahara bilden den äußeren Yoga (Bahiranga), während Dharana, Dhyana und Samadhi den inneren Yoga umfassen (Antaranga). Der innere Yoga ist die reine Aktivität des Geistes (Antahkarana), unabhängig von den Sinnen. Während die Sinne im Pratyahara eine Rolle spielen, so sind sie im Dharana nicht mehr länger wirksam. Wir sind beinahe an dem innersten Punkt der Persönlichkeit angekommen, wobei die äußeren Aktivitäten und die Beziehungen aufgegeben wurden. Der Geist ist mächtig geworden, denn er verschwendet keine Energien mehr durch die Aktivitäten der Sinne. Die meisten Leute beklagen die Schwäche des Geistes und des Willens, weil sehr viel Energie durch die Kanäle der Sinne versickern. Die Sinne neigen zur Verschwendung der zentralen Energie im menschlichen System, und solange diese Energieverschwendung nicht unterbunden wird, wird auch der Wille schwach bleiben, und darum wird so viel Wert auf die Kontrolle der Sinne gelegt.

Der Geist, der in sich selbst Energie konserviert, wird mächtiger als es zunächst seinen Anschein hat. Er ist jetzt für die letzten Yogastufen bereit, - Konzentration und Meditation. Er hat kennt keine Probleme mehr, denn er hat all seine äußeren bedrohlichen Verbindungen durch das Zurückziehen nach innen durchtrennt. Jetzt beginnt die Konzentration.

Trotz aller Bemühungen des Schülers, kommt die Konzentration nicht plötzlich. Der Geist hat die Angewohnheit, sich in einer Vielfalt zu bewegen. Um ihn von dieser Vielfalt weg auf einen Punkt zu bringen, bedarf es großer Anstrengungen. Der Geist akzeptiert dies nicht. Zu Anfang reagiert er widerwillig und späterhin ergeben sich Schwierigkeiten bei der Konzentration überhaupt. Doch wenn die Praxis von richtiger Selbstanalyse und einem richtigen Verstehen begleitet wird, wird der Geist in der Lage sein, einerseits den Hintergrund zu erkennen und andererseits erkennen, was von ihm erwartet wird. Der Geist ist nur schwer in der Lage, unlogische Konstrukte anzunehmen. Bevor man sich ein Programm ausarbeitet, sollte man daran denken, dass der Geist nur methodische und logische Gedankengänge leicht erfassen kann. Er mag nur Systematik, Symmetrie, Harmonie, Schönheit, Ordnung usw. Er mag kein Durcheinander, denn er wurde in einem Ordnungssystem erschaffen. Ohne jeglichen Hintergrund, mag man auch keine spontane Handlungen. Die Funktionsweise des Geistes unterliegt einer Logik. Man sollte sich nicht auf Dinge stürzen und voreilige Schlüsse ziehen. Viele leiden darunter, denn sie sind nicht in der Lage, alle Sichtweise in ihre Beurteilungen einzubeziehen. Nicht alle Menschen beurteilen alle Seiten einer Medaille, und dieses führt zu einem Unwohlsein des Geistes. Ein Programm, das man ständig anpassen muss, ist kein wohl durchdachtes Programm. Lass keine Notwendigkeit zur Änderung für eine Entscheidung aufkommen. Lass es gut durchdacht sein, auch wenn die Ausarbeitung viele Tage in Anspruch nimmt. Lass auch eine Schönheit im Denken sein, denn in der äußeren Welt existiert auch Schönheit. Je logischer man sich verhält, desto glücklicher wird man. Es ist jedoch notwendig, den Boden mit einer sorgfältigen Analyse der Situation der eigenen Persönlichkeit vorzubereiten. ‚Ich möchte Gott‘, sollte nicht die plötzliche Antwort des Schülers sein, wenn er über sein Ziel befragt wird. Man kann solange nicht nach Gott verlangen, wie man keine Vorstellungen davon hat, was Gott bedeutet. Viele Menschen haben die Vorstellung, dass man sich bei dem Wunsch nach Gott darauf vorbereitet, einer großen und mächtigen Person zu begegnen. Einige wollen nach Gott suchen, um zu einer großen Autorität zu werden, um über Andere Einfluss zu gewinnen und um ihr Wissen zur Schau zu stellen. Wenn Gott Vollkommenheit ist, so ist es überraschend, dass ER eine Persönlichkeit wie ein Mensch sein sollte.

Logisches Denken ist eine Möglichkeit, um die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Eine Bestätigung für die Gedankenlogik ist das positive Empfinden als Ergebnis, wenn die Gedanken mit dieser Methode geordnet werden. Man fühlt sich auf Grund der Vollkommenheit durch das logische System im Geist wohl. Logik ist eine Form psychologischer Vollkommenheit, und jede Vollkommenheit bedeutet Freude.

Nachdem man das Lebensprogramm und das tägliche Programm richtig ausgearbeitet hat, muss man die tägliche Sadhana betrachten: ‚Welche Sadhana sollte ich ausüben? ‘ Darüber sollte der Yogaschüler ernsthaft nachsinnen. Wenn man einer Yoga-Lecture gelauscht hat, so heißt das nicht, dass man seinen Weg klar vor Augen hat. Selbst wenn man vielen Unterweisungen zugehört hat, kann es sein, dass man immer noch grundlegende Schwierigkeiten hat, die richtige Auswahl bei der Methode, mit den damit verbundenen Inhalten zu treffen. Wenn man mit der praktischen Anwendung konfrontiert wird, können sich unvorhergesehene Probleme einstellen. Dieses sind individuelle Schwierigkeiten, die nicht bei einer öffentlichen Lecture besprochen werden können. Zunächst ist es notwendig, das eigene Temperament richtig einzuschätzen, und darauf aufbauend, den individuellen Fall zu betrachten. Insoweit, wie jeder Geist in sich besondere Neigungen und ein spezielles Temperament hat, müssen bestimmte Details, auf den individuellen Geist zugeschnitten, bedacht werden. Obwohl es richtig ist, dass die Konzentration der Sinn aller Sadhana ist, so unterscheidet sich die Art der Vorbereitungen für die Konzentration je nach Yogasystem. Konzentration ist eine unpersönliche Handlung des Geistes, weil bei diesem inneren Abenteuer der Geist versucht, seine Persönlichkeit schrittweise abzuschütteln, indem er sich selbst durch die Anforderungen, die das Universum bestimmt, entgegenkommt. Das Individuum, als untrennbarer Teil des Kosmos, kann in keiner Weise und zu keiner Zeit die Loyalität zum kosmischen Organismus leugnen, und für die Konzentration, in der Sprache des Yoga, gilt der gleiche Grundsatz in Bezug auf den Geist, d.h., sie muss als Teil des Geistes mit einer Beziehung zu einer höher stehenden Herrschaft akzeptiert werden, nämlich dem Reich Gottes oder dem Universum.

Patanjali hat in seinen Sutras über Yoga verschiedene Möglichkeiten der Konzentration auf äußere, innere und universale Punkte empfohlen. Eine länger anhaltende und intensivierte Form der Konzentration wird als Meditation bezeichnet.