Das Geheimnis der Katha Upanishad

 

Vortrag 1

Om Saha navavatu;

Saha nau bhunaktu;

Saha viryam karavavahai;

Tejasvi navadhitamastu;

Ma vidvishavahai:

Om Santih; Santih; Santih

 

Om! Möge Er uns beide (den Lehrer und das Gelehrte) beschützen. Mögen wir uns beide des Schutzes erfreuen. Mögen wir uns beide anstrengen, die wahre Bedeutung der Schrift zu finden. Mögen wir niemals miteinander streiten. Lass dreifachen Frieden vorherrschen. Om. Friede! Friede! Friede!

Es war der Wunsch vieler Sucher, die in jenem Jahr an der Sadhana Woche zu dieser heiligen Gelegenheit teilnahmen, einen kurzen Abriss der ausge-legten Grundlagen der Vedischen Schriften zu erhalten, die als Katha Upanishad bekannt ist. Der Grund so vieler Sadhakas, die von weit her an diesen heiligen Ort am Fuße der Himalajas kamen, lag darin, das Geheimnis des Lebens kennen zu lernen, und einen Zugang zu den Mysterien zu erhalten, in das unser Leben verwickelt zu sein scheint. Das Ziel und die Mission des Besuches dieses heiligen Ortes war natürlich, so wie es sein sollte, die Auflösung oder die Öffnung der Verwicklung der Persönlichkeit, die Verstrickung des Lebens, und die Rückkehr mit einer neueren Art von Erleuchtung über das, was man ist, und das, was uns einbindet oder worin man verwickelt ist.

Unser Leben selbst ist das Studienobjekt in der Katha Upanishad. Unser Leben ist ein wundervolles Muster verschiedener Netzwerke, die von einem Experten aller Dinge geschickt verknüpft sind, sodass man nicht so einfach oder klar verstehen kann, wie es oder warum es gemacht wurde. Häufig betrachten wir, wie wir Menschen nun mal sind, das Leben als etwas Selbstverständliches, so als wäre es ein offenes Buch. Wir betrachten unser Leben als eine klare Erscheinung, wie Tageslicht, und gehen unseren Tagesgeschäften unter dem Motto nach, als wären die Dinge vollkommen klar und wir müssten einfach auf Grund unserer Gedanken handeln, die im Verstand entstehen. Dieses ist eine unglücklich Annahme auf Seiten des Menschen. Das Lebensumfeld liegt vor uns ausgebreitet, doch hat es keine ebenmäßige Oberfläche, so wie wir sie uns vorstellen.

In alter Zeit sagte man, dass sich die Menschen die Erde oder die Welt als flache Scheibe vorgestellt hätten; die Sonne ging auf und wieder unter und erleuchtete, ohne zu wissen, dass die Erde rund wie ein Ball oder etwas Ähnliches war, eine vollkommen flache Oberfläche der Erde. Man nahm auch an, dass sich die Sonne um die Erde drehte, dass sie kleiner als die Erde wäre, ohne zu wis-sen, dass die Rotation des planetarischen Systems eine hoch komplizierte Verstrickung von Mächten und Kräften ist, die nicht einfach bloß auf die Sonne oder die Planeten, wie die Erde, reduzierbar ist. Heutzutage weiß man von der Astronomie, der Wissenschaft über die Existenz und die Bewegung der Planeten und des Sternensystems, dass es sich vielmehr um eine hoch komplizierte Struktur von Kräften als von Dingen handelt. Wir missverstehen ebenfalls auf Grund unserer oberflächlichen Wahrnehmung sichtbare Objekte, die wir mit unseren Sinnen erfassen, und sehen als wahr an, was sie zu sein scheinen, stürmen wie Narren voran, wo selbst Engel sich fürchten zu handeln. Die Folge davon ist, dass wir in den Fängen unbekannter Mächte und Kräfte gefangen sind. So wie die Affen, die mit Hilfe von Netzen gefangen werden, indem man sie mit verstreuter Nahrung in ihren Gedanken ablenkt, scheint der Macher der Dinge vor uns Muster auszubreiten, die wir als Welt bezeichnen, und die wir als einen Himmel der Freude für unsere Sinne missverstehen; doch, wenn wir uns dort hineinstürzen, sind wir gefangen, und dann kommt unsere Reue zu spät.

Jeder ist in dieses Netzwerk der Dinge, das man Welt nennt, von Anbeginn der Schöpfung bis zum heutigen Tage gefangen, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass zukünftige Generationen nicht so sehr gefangen sein werden. Der Lebensplan ist zu unserem Vergnügen oder Missvergnügen nicht nur auf die Objekte der Freude beschränkt. Die Existenz ist ein außerordentlich gut durchdachter Plan äußerer ebenso wie innerer Verstrickungen. Je mehr wir uns mit dem Mysterium und der Struktur dieser Verstrickungen befassen, desto mehr bewundern wir die Weisheit des Machers dieser Dinge. Es ist keine einfache Struktur. Es ist kein kleiner Erdball, den wir Planet nennen, und auf dessen Oberfläche wir bloß wie die Ameisen herumkriechen. Die Welt, unser Leben, ist viel feiner und weit mehr in die verschiedenen Wege verstrickt, als unsere Intelligenz uns erlauben kann zu verstehen.

Dies Mysterium ist Gegenstand der Katha Upanishad, die gewöhnlich als das Mysterium des Todes und des Lebens bezeichnet wird. Nun, wenn wir es genau verstehen, bedeutet dies ein und dieselbe Sache. Leben und Tod sind identisch. Es sind zwei Aspekte von ein und demselben stattfindenden Ereignis. Das Mysterium des Lebens oder das Mysterium des Todes, wie man zu sagen pflegt, ist das Geheimnis der Katha Upanishad; Seite an Seite sind sie auch eine Offenbarung des Mysteriums der ganzen Existenz, dem Mysterium von dir, von mir und dem Mysterium von jedem anderen, dem Mysterium deiner Taten, Aktionen und Reaktionen, dem Mysterium der Konsequenzen, dessen, was man tut, erleidet und dessen man sich erfreut, dem Mysterium Gottes selbst.

Wir sollten, während der wenigen vor uns liegenden Tage versuchen, ein tief greifendes Verständnis dieser sehr interessanten Upanishad zu bekommen, - Upanishad, was so viel wie geheimes Wissen oder die Weisheit des Lebens bedeutet, - und versuchen, in unseren Seelen gesegnet zu sein, sodass unser Sprechen sowohl als auch unser Zuhören eine Kontemplation einer bestimmten Form wird, zu einer wahrhaften Meditation, durch die unsere Seelen, und ich bete und hoffe es, zu einem höheren Wissen und einer höheren Erfahrung emporgehoben werden.

Die Katha Upanishad ist eine der esoterischen Anhänge zu einem Abschnitt der Veden, die als Brahmanas bekannt sind. Jede einzelne Veda hat eine besondere Brahmana, und sie hat auch eine abschließende Ausführung, die als Upanishad bekannt ist. Die Katha Upanishad ist eine solche esoterische, mystische, spirituelle Ausführung zu einer Brahmana der Krishna-Yajur-Veda. Diese Upanishad enthält die Weisheit des ganzen Menschenlebens, das in eine Geschichte über einen Wirklichkeitssucher, der als Nachiketas bekannt ist, eingebunden ist. Dies ist die Geschichte eines großen Suchers, - Nachiketas genannt -, die davon berichtet, wie dieser junge Bursche nach der höchsten Wirklichkeit des Lebens suchte und durch die Arbeit mit mysteriösen Mächten einen Zugang dazu bekam.

Die Geschichte, die den Hintergrund dieser Ausführungen der Upanishad bildet, - nur um einen Umriss davon zu geben -, ist so etwas wie dies hier: Es war einmal ein Heiliger namens Vajasravasa, auch als Gautama bekannt. Er gab ein Yajna oder Opfer, Vishvajit genannt, ein Yajna oder ein Opfer, durch das er beabsichtige, den Himmel der Götter zu erreichen. Dieses Opfer war von einer sehr eigentümlichen Natur, das von dem Bedürftigen verlangte, dass er alles verschenkte, was er besaß, und was ihm lieb und teuer war. Dies Vishvajit Opfer, als Sarvavedasa Yajna bekannt, wurde von Gautama oder Vajasravasa, dem Heiligen, dargebracht. In diesem Yajna, durch dessen Ausübung er danach trachtete, sich der Vergnügen des Himmels der Götter zu erfreuen, gab er in Nächstenliebe als Wohltäter alles weg, was er besaß. All seinen Besitz gab er zu wohltätigen Zwecken weg, welchen Wert dieser Besitz auch immer hatte, denn das war die Anforderung des Yajna. Alles wurde hingegeben, gegeben und gegeben, nichts blieb übrig. Er begann jeden Tag damit, all seinen Besitz in Nächstenliebe wegzugeben. Dieser große Heilige, - als Vajasravasa bekannt, - hatte auch einen Sohn, - vielleicht der einzige Sohn, Nachiketas genannt. Dieser ungebildete Junge, vielleicht ungeschult, einfach, rein, beobachtete dieses wun-dervolle rituelle Treiben des Vishvajit-Opfers von seinem Vater, der darin fortfuhr alles wegzugeben - ‘alle Dinge gehen weg.’ Alles Wertvolle des Heiligen wurde weggeben. In jenen Tagen wurde Vieh als ein großer Wert betrachtet. Der Wert des Viehs wurde als wirklicher Wert betrachtet. All die Unmengen von Vieh, die dem Heiligen gehörten, wurden in Wohltätigkeit weggegeben, doch es war ein Unglück für die empfindliche Seele des armen Burschen Nachi-ketas, als er erkannte, dass das Vieh halb verhungert war. Es waren nur Skelette. Solche Kühe wurden wohltätigen Zwecken zugeführt; Kühe, die zum letzten Mal ihr Wasser getrunken hatten, die zum letzten Mal ihr Gras gefressen hatten, die nicht mehr kalben konnten, die ohne jede Körperkraft und wackelig auf ihren Beinen waren. ‘Oh! Solche Wohltaten machte mein Vater!’ Der Junge hatte keinen Mumm zu sprechen, doch irgendetwas trieb ihn, seine Gefühle auszudrücken. Der sensible Bursche sprach aus innerem Herzen und schrie auf seinen Vater ein: „Vater, du gibst alles her, was dir gehört. Ich bin dein Sohn. Vielleicht gehöre ich auch zu dir. An wen willst du mich in deiner Wohltätigkeit geben? Denn mit diesem Opfer, würdest du alles opfern, was dir gehört, und insofern gehört ein Sohn auch irgendwie zum Besitz des Vaters, zweifellos denkst du daran, mich ebenfalls fortzugeben. An wen willst du mich weggeben?“ Der Vater dachte nicht daran, seinen Sohn - in wohltätiger Gesinnung - an irgendjemanden zu geben. Es wäre das Letzte, was er sich vorstellen könnte. Der Vater stellte sich den Worten seines Sohnes gegenüber taub. Er sagte nichts. Der Sohn stellte die Frage ein zweites Mal. „An wen willst du mich geben, Vater?“ Er sagte nichts. Er wurde zornig: ‘Oh! Dieser Junge ist mit dieser Frage trotzig und impertinent.’ Als der Junge zum dritten Mal die selbe Frage stellte, antwortete der Vater: ‘Du gehst zur Hölle.’ Dieses sagen wir normalerweise, wenn wir wütend sind. Und er sagte: „Ich gebe dich dem Tod.“ Er war ärgerlich. ‘Oh! Ich sehe! Du gibst mich an den Tod.’ Der Junge fuhr fort zu denken, ‘was soll der Tod mit mir anstellen, hat Yama den Vorsitz über dem Tod? Ich werde zu IHM geschickt. Was soll Yama, der Gott des Todes, mit mir anstellen? Ich verstehe das nicht.

’Diese Verwünschung des Vaters über dem Sohn, der Fluch, mit dem er ihn belegte, zog offensichtlich die Seele aus dem Körper des Jungen. Wenn wir zwischen den Zeilen der Upanishad lesen, starb er, wie es schien. Der Junge ging zu Yamas Heimstatt, um nach dem zu suchen, worum ihn der Vater scheinbar geschickt hatte. Yama schien nicht zu Hause zu sein. Der Gast stand draußen vor dem Tor des Palastes des Gottes des Todes, Yama, doch der Meister war nicht in seinem Haus. Er war irgendwohin ausgegangen. Niemand wusste, was mit ihm geschehen oder wohin er gegangen war. Einen Tag und eine Nacht gingen vorüber, der zweite Tag und die zweite Nacht gingen vorüber, der dritte Tag und die dritte Nacht gingen vorüber. Der Junge stand dort ohne Wasser und ohne Nahrung. Nichts kann schlimmer für einen Menschen sein, als seinen Gast halb verhungert vor seiner Haustür stehen zu lassen. Man sagt, dass es für den Hausherrn eine wahrhafte Verwünschung wäre, wenn ein Gast halb verhungert vor seiner Haustür stünde. Alle Tugenden würden dem Hausherrn durch den halb verhungerten vor der Haustür stehenden Gast genommen.

Yama kehrte am Ende des dritten Tages zurück. Er hörte, dass ein Sterblicher gekommen war, um IHN aus irgendeinem Grunde zu suchen, und seit drei Tagen und Nächten hungerte. ‘Oh! Es tut mir Leid!’ sagt Yama und eilt nach draußen. ‘Oh! Großer Heiliger! Wie kann ich dir dienen? Du hast hier drei Tage lang gewartet. Hast du während dieser drei Tage irgendetwas gegessen? Was hast du am ersten Tag gegessen, was am zweiten, und was hast du am dritten Tag gegessen, mein liebes Kind?’ ‘Ich habe am ersten Tag deine Nachkommenschaft gegessen.’ ‘Was hast du am zweiten Tag gegessen?’ ‘Ich habe all dein Vieh und Besitz gegessen.’ ‘Was hast du am dritten Tag gegessen?’ ‘All deine guten Taten.’ ‘Oh! Schrecklich! Das ist furchtbar.’ Yama holte aus dem Inneren seines Hauses sofort heiliges Wasser herbei, das Purna-Kumbha, welches nur ehrenwerten Gästen geopfert wird, wusch ihm die Füße und ließ es sich ihn bequem machen. ‘Bitte entschuldige, dass ich drei Tage und Nächte fort war. Darf ich den Grund deines Besuches erfahren? Kann ich dir irgendwie dienlich sein? Du musstest drei Tage lang hungern. Du kannst mich um drei Gefälligkeiten bitten. Mein liebes Kind, als Belohnung für die Pein, die ich dir in nachlässiger Weise, drei Tag und Nächte lang bereitet habe, als ich dich habe am Eingang habe verhungern lassen, gewähre ich dir drei Gefälligkeiten (Wünsche).

‘Nun gut! Du möchtest, dass ich mir die erste Gefälligkeit auswähle. Kann mein Vater mich, wenn ich in die Welt zurückkehre, ohne irgendwelchen Groll wieder erkennen.’ ‘Ja! Gewährt,’ sagte Yama. ‘Wenn du in die Welt zurückkehrst, wird der Vater dich wieder erkennen und dich in Zuneigung und nicht mit Wut oder Zorn empfangen.’ ‘Bitte um eine andere Gefälligkeit.’ ‘Erzähle mir von dem Mysterium des Universalen Feuers, aus dem die ganze Welt erschaffen wurde.’ ‘Ja! Gewährt!’, und eine kunstvolle Vorstellung des Opfers des Universalen Feuers, - Vaishvanara genannt, - wurde erläutert. ‘Nun, mein liebes Kind, ist noch eine Gefälligkeit übrig. Du kannst mich auch um die dritte Gefälligkeit bitten.’ ‘Ah! Es gibt da eine Sache. Darf ich fragen? Man sagt, dass es eine Seele gibt. Einige sagen, dass es so ist, andere wiederum sagen, es sei nicht so. Einige sagen sie wurde geboren, andere sagen sie stirbt. Einige sagen, sie wurde nicht geboren; andere sagen, sie sei unsterblich. Falls es so ist, was geschieht mir ihr, wenn ins Jenseits geht?’ ‘Kind! Stelle nicht diese Frage. Bitte um etwas anderes. Bitte um das längste Leben, um das größte denkbare Vergnügen, um die Führerschaft aller drei Welten, was du möchtest, - du erhältst es. Stelle diese Frage nicht. Befrage mich nicht über die Seele und all das; ob sie existiert, ob nicht, was geschieht, und all das. Bitte schweig’ darüber. Alles, was möglich war, was selbst den Göttern nicht zur Verfügung steht, wird dir geschenkt. Vergnügen, wo die Menschheit nicht einmal von zu träumen wagt, steht dir durch meine Gnade zur Verfügung. Freuden der Himmelswesen, die in den sieben Himmeln darüber leben, stehen dir zur Verfügung. Du kannst leben, unberührt von Krankheit, Alterung und Ermüdung, so lange das Universum bestehen wird. Du bist der Herrscher der drei Welten. Bist du jetzt zufrieden? Doch stelle diese Frage nicht.

’Nachiketas war aus einem anderem Holz geschnitzt. Er war kein gewöhnlicher Junge. ‘Warum soll ich diese Frage nicht stellen? Was gibt es damit für ein Problem? Du gibst mir all diese Wunder, die du beschrieben hast, doch du willst mir diese einfache Frage nicht beantworten.’ ‘Selbst die Götter sind nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. Nicht einmal alle Himmelswesen aus den sieben Himmeln zusammengenommen können diese von dir gestellte Frage beantworten. Darum, Kind, bitte quäle mich nicht mit dieser Frage. Schweig’, - ich habe den Fehler begangen dir zu sagen, dass du mich um drei Gefälligkeiten bitten kannst, und jetzt versetzt du mich in diese unangenehme Situation mit einer Frage, die ich nicht beantworten kann, und auf die ich nicht vorbereitet bin. Du solltest diese Frage nicht stellen. Nimm irgendetwas anderes. Ich bin bereit, es dir zu geben. Bitte entschuldige mich. Belaste mich nicht mit dieser Frage.’ ‘du sagtest, oh mein Gott, dass selbst die Götter diese Frage nicht beantworten können, was vielleicht bedeuten kann, dass du die Antwort auf diese Frage kennst, und dass du mich mit all dem Glanz der sterblichen Welt, dem längsten Leben und all das, davon abbringen willst. Doch, was bedeutet das längste Leben in dieser Ewigkeit? Was ist das Leben des ganzen Universums in dieser Ewigkeit der Existenz? Du hast von der Freude aller Götter gesprochen, - doch, was sind Freuden, außer juckende Sinne? Was sind diese Vergnügungen? - Methoden, um die Energie der Sinne fortzutragen? Du willst mich mit diesen Vergnügungen abspeisen und nicht meine Frage beantworten, wobei du sagst, dass selbst die Götter es nicht verstehen könnten. Du möchtest mich zum Herrscher des Universums machen, - so lange dieses besteht, - doch was geschieht mit mir, wenn es aufhört zu existieren? Wenn das Universum stirbt, verschwindet und sich auflöst, was geschieht dann mit diesem Herrscher? Er verschwindet ebenfalls! Nimm all deine Vergnügen, deine Angebote, Musik und Tanz, den Streitwagen, das Vieh, die Genüsse, das lange Leben und die Führerschaft der Welten zurück. Oh Herr! Nimm all diese Geschenke, die du mir angeboten hast zurück. Ich bin dankbar; doch Nachiketas wird sich solange nicht von hier fortbewegen, bis diese Frage, die er drei Mal gestellt hat, beantwortet wurden.

’Dies ist die Einleitung zu der Upanishad. Hier beginnt jetzt wirklich die Upanishad. Der Grund für dieses große Opfer Vajasravasa Gautama’s, sich der Vergnügen des Himmels zu erfreuen, liegt in der äußerlichen Vielzahl der Taten der Menschheit. Die Upanishad ist, wie ich erwähnte, eine Ausführung über das Geheimnis des gesamten Lebens des Menschen, das Geheimnis deines Lebens, das Geheimnis meines Lebens und das Geheimnis des Lebens aller gesegneter Dinge. Vajasravasa repräsentiert Menschliches, so wie in der Bhagavadgita, wo man von Arjuna sagt, dass er die Menschheit repräsentiert. Die Ausführung dieses Vishvajit-Opfers durch Vajasravasa Gautama entspricht der Ausführung der Taten der Menschheit als Ganzes. Der Mensch handelt, um sich an den Folgen seiner Handlungen zu erfreuen. Warum arbeitet man von morgens bis abends auf den verschiedenen Ebenen seiner Pflichten? Um sich selbst von den Spannungen des Lebens zu befreien, sich daran zu erfreuen, dass in der Folge die Spannungen aufhören, und um sich so lange wie möglich an diesem Vergnügen zu erfreuen. Man arbeitet in dieser Welt, um sich in eine Lage zu versetzen, wo es nicht mehr nötig ist zu arbeiten, sondern, wo man sich nur noch an den Folgen der Handlungen erfreut.

Doch welche Vorstellung hat man von Glück und Freude? Welche Vorstellung hat man von Glück, als Folge der Handlungen seines Lebens? Es ist genau dieselbe Vorstellung, die Vajasravasa hatte. ‘Ich werde in den Himmel kommen, mit den Göttern sein und mich des Lebens erfreuen.’ Doch, was versteht man unter, ‘sich des Lebens erfreuen’? Kann man beschreiben, was genau ‘sich des Lebens zu erfreuen’ bedeutet? Gibt es irgendeine Idee, eine Ahnung davon, was Freude bedeutet? Wenn man zur Beantwortung dieser Frage gezwungen wird, sagt man vielleicht: „Logisch und wissenschaftlich kann ich nichts darüber sagen, doch es scheint so, als ob Freude für mich bedeutet, im Besitz aller wünschenswerten Dinge in der Welt zu sein. Ja! Dieser Besitz bedeutet möglicherweise für mich, Glück zu empfinden. Die größte Anhäufung physischer Werte, die größte Anhäufung Freude bringender Beziehungen und vielleicht das längste Leben mit diesem Körper, um mit diesen Objekten in Verbindung zu treten und sie zu besitzen, - was sonst könnte mir Freude bereiten?“ Dies war Vajasravasa Gautama’s und ebenso unsere Vorstellung. Der Mensch bleibt immer Mensch. Er wird sich niemals ändern. Was der Mensch bei der Erschaffung der Welt war, ist er auch noch heute. Er wurde aus demselben Holz geschnitzt. Er wird sich niemals ändern. Man könnte jeden Menschen abschleifen, man würde innen dieselbe Substanz finden. Er mag primitiv oder ein so genannter gebildeter Mensch der modernen Kultur sein. Sie bestehen alle aus der selben Substanz, dem selben Stoff. Sie haben die selben Schwächen und ihre Wünsche sind von gleicher Art. Darum ist das, was Vajasravasa Gautama dachte, dasselbe, was auch wir heutzutage denken, und sein Schicksal wird auch unser Schicksal sein.

Doch, wir haben einen Drang in uns, der uns in eine andere Richtung drängt, und der von diesem äußerlichen Zwang hin zur Freude an den Objekten der Sinne getrennt ist. Dieses etwas Seltsame in uns ist Nachiketas, der Sohn Vajasravasa Gautama’s, der Nachkomme des Heiligen, ist das Gewissen des Heiligen, der die Gefühle seines Herzens aussprach. In der mystischen Terminologie der Upanishad spricht der Nachkomme Gautama’s in der Sprache seines Sohnes Nachiketas. Während wir den Freuden des Lebens, einer Führerschaft, Autorität, dem Prestige, der Macht und was nicht sonst noch nachjagen, haben wir auch eine subtile Stimme, die gelegentlich in uns spricht und uns dann sozusagen quält, uns manchmal mit seinen Bedürfnissen ärgert und uns etwas Anderes, als das, was wir denken, zuflüstert: ‘Willst du dich an den Vergnügen der Welt erfreuen? Willst du allein aus diesem Grunde deine Taten und Handlungen ausführen?’ Von welcher Art sind die Handlungen, die wir ausführen? Sie sind im Kern selbstsüchtig. Sie sind weitgehend auf unsere körperliche Persönlichkeit bezogen. Obwohl wir viel von dem gehört haben, was als selbstlose Handlung bekannt ist, ist es für unsere körperliche Individualität etwas ziemlich Fremdes.

All die Taten unseres täglichen Lebens sind weitgehend mit unseren persönlichen Vergnügen verbunden, die als egoistische Freuden bekannt sind. Da die Freuden brüchig, kurzlebig und von einem Anfang und einem Ende geprägt sind, sind auch die Handlungen entsprechend, die diese Freuden erzeugen. Sie haben irgendwann angefangen und sie werden auch irgendwann aufhören. Ähnlich sind auch die Früchte, die aus diesen Handlungen hervorgehen, von sterblicher Natur. Unser Verlangen sollte niemals durch die brüchigen, trockenen und augenblicklichen Objekte der Welt gestillt werden.

Manchmal findet bei bestimmten Personen an nahezu jedem Tag von innen her ein Aufrütteln der Persönlichkeit statt, was uns sagt, dass wir nicht vollkommen das sind, was wir zu sein scheinen. Wir sind nicht Herr oder Frau Soundso, die wir jetzt sind. Wir sind nicht Boss oder Untergebener, die wir scheinbar sind. Wir sind nicht der Mann, die Frau oder das Kind, so wie uns die Leute ansprechen. Wir scheinen im Besitz von Etwas zu sein, was sich von all jenen Dingen unterscheidet, welche als die höchsten Werte irdischer Existenz gelten. Jenes Etwas macht uns ruhelos und scheint von innen her, häufig zu uns zu sprechen. Wenn wir in unserer täglichen Existenz generell ruhelos sind, liegt es daran, dass wir uns von unserer Herkunft ein klein wenig von dem unterscheiden, was wir in unserer tatsächlichen Existenz ausmachen. Wenn unsere Persönlichkeit und unsere gesellschaftliche Stellung in der Welt problemlos wäre, dann würde es auch keine Schwierigkeiten im Leben geben. Unser Unglück, unsere Sorgen, welche Art von Sorgen auch immer, unsere Unsicherheiten, von welcher Art sie auch immer sein mögen, sind aus der Substanz geboren, aus der wir selbst im tiefsten Winkel unseres Seins erschaffen wurden, und die zur Oberfläche hochkocht, um den Zugang zur Oberfläche des Bewusstseins zu erringen. Doch wir ersticken deren Worte, wir verschweigen sie und verwünschen sie zu Tode, wie Vajasravasa Gautama es gegenüber seinem Sohn tat. ‘Du fängst immer wieder an zu sprechen: Geh’ zur Hölle!’ Dies ist es, was wir unserem Gewissen erzählen. Wenn uns unser subtiles Gewissen gelegentlich einen weisen Rat gibt: ‘Freund! Du bist auf dem Holzweg’, verschweigst du es, schneidest ihm die Kehle durch, verwünschst es zur Hölle. ‘Sprich nicht wieder’, sagen wir zu ihm und machen es stumpf, und es schreit in uns. Unsere wahre Natur weint in uns: ‘Oh! Welches Schicksal habe ich?’ In unserer Persönlichkeit gibt es Schichten, worüber es eine wunderschöne Beschreibung in dieser Upanishad gibt, - worüber wir an den weiteren Tagen sprechen werden.

Zu den Schichten unserer Persönlichkeit gibt es entsprechende Schichten des äußeren Kosmos, die zu unterschiedlichen Zeiten ihre eigene Sprache sprechen. Wir gehören nicht ausschließlich zu dieser Erde, da wir andere Schichten in unserer Persönlichkeit haben, die nicht zur Oberfläche der körperlichen Welt gehören können. Wir sind nicht nur soziale Individualisten oder Wesen. Unsere Verwandtschaft besteht nicht nur, wie wir uns gewöhnlich vorstellen, aus Vater und Mutter, Vater und Sohn, Mutter und Sohn, Tochter, Bruder, Schwester, Boss, Untergebener oder dieses und jenes. Wir haben in uns Mysterien, die wir selbst nicht verstehen, und nicht verstehen können. Dieses läuft darauf hinaus zu sagen, dass wir unser eigenes Selbst nicht kennen. Unter den gegenwärtigen Umständen können wir unser eigenes Selbst nicht kennen. Was sich unter unserer eigenen Oberfläche befindet, können wir nicht sagen. Unser Talent, die Fähigkeit des höchsten Charakters, mit dem wir in diesem Leben gesegnet sind, die Intelligenz, die wir besitzen, ist oberflächlich. Wir können nicht unter die Oberfläche schauen. Darum können wir auch nicht die anderen Schichten unserer Persönlichkeit kennen, die wesentlich realer als jene sind, die äußerlich erscheinen. Unglücklicherweise ist für uns jenes, was in unserer eigenen Persönlichkeit unsichtbar ist, realer als das, was von der äußeren Persönlichkeit sichtbar ist. Das wahre ‘ICH’, das wahre ‘DU’, das wahre ‘WIR’ wird von der Intelligenz überschattet, die im Einklang mit den Sinnen arbeitet, - darum ist das, was man von der Welt sieht, nicht die wahre Welt. Wenn man über sich selbst nachdenkt, so denkt man nicht über sein wahres ‘ICH’ nach. Wenn man über seine Beziehungen nachdenkt, die man zu anderen hat, erfasst oder versteht man die wahren Beziehungen nicht, die man zu anderen hat. Die Vorlieben und Neigungen, die Beziehungen zu anderen in Form von Zu- und Abneigungen, sind mit Stumpf und Stiel alles Missverständnisse. All unsere Aktivitäten, als Ergebnis dieser Analyse, sind auch eine genaue Folge eines vollkommenen Missverständnisses des Lebens. Falls sich dieser Zustand fortsetzt, sind wir dafür geschaffen. Falls sich dieses Elend des Missverstehens in uns auf endlose Zeit fortsetzt, können wir nicht sagen, was mit uns geschieht, was uns widerfahren wird.

Jemand, der sich selbst nicht verstehen kann, kann auch andere nicht verstehen, weil das Verstehen eine Fähigkeit ist, die man auf sich selbst beziehen muss, und wenn diese Fähigkeit und dieses Instrument für die Beurteilung anderer Persönlichkeiten in dieser Welt falsch liefe, dann würde die Beziehung zu anderen Menschen ebenfalls auf einem völligen Missverständnis beruhen. Nun! Es läuft wieder darauf hinaus, dass die Welt ebenfalls missverstanden wird. Wenn man sich selbst nicht kennt, kann man auch andere Dinge nicht kennen, und man kann die Welt auch als Ganzes nicht kennen. Auf diese Weise ist die ganze Serie der Lebenserfahrungen ein Haufen Wolken des Missverstehens, ein Haufen voller Sorgen, Kummer auf Kummer verkörpertes Elend in diesem Leben. ‘Anityam asukam lokam’, sagt Bhagavan Shri Krishna. Was ist diese Welt? Wir wissen nicht, wann sie begann und wann sie zuende geht. Sie verändert sich alle Augenblicke, ohne irgendeine Anmerkung uns gegenüber. Darum ist wirklich Elend in dieser Welt, asukam. Warum ist dieses Elend? Weil die Erfahrungen von den Freuden untrennbar sind, und die Schmerzen des Lebens beruhen auf ein Verstehen, das gründlich daneben ist. Äußerlich und innerlich, zur Rechten und zur Linken, in der Spitze und unten, überall leben wir in einer missverstandenen Welt.

Die Katha Upanishad durchbricht dieses Bollwerk der Unwissenheit, durchbohrt den Schleier der Serie dieser Dunkelheit des Missverstehens, in das wir scheinbar gebunden sind und führt uns zum Herzen der Dinge, und setzt uns auf den Thron der himmlischen, unsterblichen Existenz, des ewigen Lebens, unendlicher Zufriedenheit: Diese Upanishad ist wundervoll. Gott soll euch mit diesem Wissen segnen.