Das Geheimnis der Rechtschaffenheit

Das Leben erteilt allen ständig wertvolle Lektionen. In jedem Augenblick deiner Existenz auf dieser Erde wirst du gelehrt, aber du bist so unaufmerksam, dass du die Lektionen sofort wieder vergisst. Ohne die geringste Empörung oder Aufregung erteilt Mutter Prakriti (Natur) immer wieder neue Lektionen und lässt uns neue Lebenserfahrungen machen. Sie ist eine unermüdliche Lehrerin und wenn du die Erinnerung an frühere Erfahrungen sorgfältig beibehältst, wirst du niemals einen Fehler zweimal machen oder vom richtigen Pfad abkommen. Wenn du aber diese Lektionen schätzt und die Erinnerung an vergangene Erfahrungen in Ehren hältst, wirst du weise und in deiner Weisheit und Größe sicher aufgehoben sein.

Dara war ein bescheidener Schäfer im Lande Persien. Er war von niedriger Geburt und äußerst arm, aber er verfügte über tiefe Weisheit. Er besaß einen scharfen Verstand und erkannte die Natur der Menschen und Dinge. Eines Tages erfuhr der Schah von Persien von Daras Weisheit und Verstand und nahm ihn in seinen Dienst. Bald wurde Dara der engste Berater des Schahs und stieg als treuer Premierminister zur höchsten Position auf. Aber die anderen Adligen waren eifersüchtig und warteten ungeduldig auf eine passende Gelegenheit, um Schande über ihn zu bringen und ihn von der hohen Stellung zu stürzen. Der Schah jedoch hatte unbegrenztes Vertrauen in Dara und schickte ihn als Statthalter in eine der wichtigsten Provinzen eines großen Königreichs.

Während der Abwesenheit von Dara berichteten die feindseligen und eifersüchtigen Adligen dem Schah viele unerfreuliche Dinge. Sie beschuldigten ihn der Korruption und sagten dem Schah er habe große Reichtümer angehäuft, indem er sich unrechtmäßig königliche Einnahmen angeeignet habe. Er würde auch seine unrechtmäßig erworbenen Schätze immer in einer gesicherten Truhe mit sich führen. Wo er auch hin ging, nähme er die Truhe auf dem Rücken eines Kamels mit. Er öffne sie nur des Nachts in seinem Zelt. Er habe sich noch nie von seiner Truhe getrennt und sie auch noch nie vor Zeugen geöffnet. So lautete die schwere Anschuldigung. Aber der Schah hatte blindes Vertrauen in Dara. Die Edelleute bestanden jedoch darauf, dass Dara untersucht und bloß gestellt würde und setztem dem Shah sehr zu. Schließlich besuchte der Schah Dara überraschend eines Nachts und sagte ohne jede Umschweife, als er das Zelt betrat: „Oh Dara, mein treuer Freund! Zeige mir doch bitte den Inhalt jener Truhe. Ich bin so neugierig, was darin ist.“ Zögernd gehorchte Dara dem königlichen Befehl, schloss langsam die Truhe auf, hob den Deckel und öffnete sie ganz. Und siehe! Vor den erstaunten Blicken der Umstehenden zeigte sich ein alter Hirtenmantel aus einfachem Stoff, verstaubt und vom Alter zerfleddert.

Sonst war nichts in der Truhe – keine Juwelen, kein Gold, Silber, Messing noch nicht mal eine einzige Kupfermünze. Verwirrt blickte der Schah blickte den schweigenden Dara an, während dieser erklärte: „Königlicher Schah, du weißt nun, was ich all die Jahre so streng behütet habe. Diesen Hirtenmantel habe ich in den Tagen, ehe du mich gefunden hast und mir deine königliche Gunst erwiesen hast, getragen. Stellung, Prestige und Macht sind für einen unvorsichtigen Menschen gefährlich. Sie heben dich zwar hoch hinaus, aber sie ziehen dich auch hinab in den Staub. Wohlstand und Fülle, Autorität und Respekt, verdrehen einem gerne den Kopf und führen dich sehr schnell vom geraden Weg. Nur der ist sicher, der sich ständig daran erinnert, wo und was er war, ehe das Glück ihm lachte und Gott ihn auszeichnete.

Nur diese Erinnerung lässt ihn bescheiden, ehrlich und einfach bleiben. Königlicher Herr, obwohl ich, Dara durch deine Gunst äußerlich erster Berater und ein mächtiger Statthalter bin, so bin ich bis heute in Wirklichkeit nur ein einfacher Schäfer – bescheiden, arm und unbestechlich. Und er bittet den Herrn seinen göttlichen Meister, ständig um eins, dass er so bleibe.“ Oh ihr Aspiranten und Sucher! Lernt diese große Lektion von dem weisen Dara. Vergesst nie was ihr wirklich in eurem Herzen seid. Lasst euch nicht von äußeren Veränderungen und Wechselfällen des Glücks den Kopf verdrehen und in Täuschung und Unaufrichtigkeit stürzen. Haltet die Lektionen des Lebens in Ehren, so wie Dara seinen bescheidenen Mantel in Ehren hielt. Vergesst nie die Lektionen des Lebens und bleibt unberührt von vorübergehenden Erscheinungen. So wie Dara nie seinen Ursprung als Hirte vergessen hatte, so denkt an euren wahren atmaischen Ursprung. Lasst euch nicht von dem vorübergehenden weltlichen Egoismus beeinflussen. Möge Gott euch mit ständig lebendiger Erkundung in die Natur des Selbst und einem ständigen Bewusstsein eurer angeborenen atmaischen Herrlichkeit segnen!