Mysterium und Kontolle des Geistes

Auszüge aus dem Buch "Mind - Its Myteries and Control" von Swami Sivananda

11. Kapitel

Üble VRITTIS4 und ihre Auslöschung

KAMA31, KRODHA59, LOBHA60, MOHA61, MADA62, MATSARYA63, DARPA64, DAMBHA65, ASUYA66, IRSHYA67, AHAMKARA68, RAGA8, DVESHA8 usw. sind einige der üblen VRITTIS4. Wenn die Lust besiegt worden ist, werden die Hilfswaffen namens Wut und Habsucht usw. unwirksam. Wenn die Lust, die Quelle aller Freuden, verschwindet, werden alle weltlichen Fesseln, die mit dem Geistorgan verknotet sind, verschwinden. Die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau ist vorwiegend körperlicher, selbstsüchtiger, kurzlebiger und wechselhafter Natur. In einem JNANA-YOGI71 ist das sexuelle Verlangen gänzlich ausgelöscht. In einem spirituell Strebenden ist es gut kontrolliert. Wenn dieses sexuelle Verlangen in einem Haushälter nicht beherrscht wird, richtet es großen Schaden an, da er diesem Trieb nicht widerstehen kann und ihm aufgrund seines schwachen Willens und seiner Unentschlossenheit ausgeliefert ist. Sei sehr sorgfältig und im Kampf mit den Leidenschaften wachsam. Es ist wesentlich einfacher, den wachen und bewussten Geist als den unterbewussten zu kontrollieren. Achte auf die Arbeitsweise und das Verhalten des Geistorganes im Traumzustand. Im Traum wird gestohlen und Ehebruch begangen. Die Seximpulse, Neigungen, verborgenen Absichten und alle niederen, instinktiven Wünsche sind im Unterbewusstsein eingepflanzt und verwurzelt. Beschäftige deshalb den Geist stets mit spirituellen Dingen und halte von allem, was Deine Leidenschaften entfachen könnte, größtmöglichen Abstand. Nur dann wirst Du ungefährdet und sicher sein. Lebe nicht mit Haushältern und Menschen zusammen, die das Gebot der Enthaltsamkeit nicht beachten. Prüfe am Anfang Deiner spirituellen Laufbahn nicht leichtfertig Deine Widerstandskraft und begib Dich nicht leichtfertig in gefährdende Gesellschaften, um damit Deinen Mut gegenüber der Sünde und der Unreinheit unter Beweis zu stellen. Dadurch würdest Du einen schwerwiegenden Fehler begehen und Dich unnötig selbst gefährden.
Ein rascher Rückfall in alte Gewohnheiten und schlummernde Verlangen wäre die Folge. Ein kleines Feuer (der spirituellen Inbrunst) ist schnell durch einen Haufen Staub ausgelöscht. Das Geistorgan neigt stark zur Nachahmung. Wenn sich ein Anfänger z.B. unter reiche Leute mischt, wird sein Geist bald deren luxuriöse Gewohnheiten annehmen und bestimmte schädliche Gewohnheiten werden sich ins Unterbewusstsein einnisten. Es ist äußerst schwierig, im Alter ab 40 Jahren alte, störende Gewohnheiten abzulegen, und neue, gesunde aufzubauen. Aus dem Bett der Samskaras und Vasanas steigt die Vorstellung in Form von Erinnerung auf, woraus Anhaftung resultiert. Zusammen mit der Vorstellung offenbaren sich auch Gefühl und Trieb, die sich stets gemeinsam zeigen. Ihnen folgt die sexuelle Berieselung des ganzen Systems, indem sich Erregung und windschnelles Entflammen über das Geistorgan auf den ganzen Körper ausbreitet, - genauso wie siedendes Wasser an die Oberfläche des Topfes aufsteigt. Wenn man sehr wachsam ist, kann man bereits die sich andeutende Vorstellung im Keim ersticken, doch es genügt nicht, nur das sexuelle Verlangen und dessen Triebkraft zu beseitigen, sondern man muss auch von dem sexuell anziehenden Objekt Abstand nehmen. Vergegenwärtige Dir stets die Wonne, Kraft und das Wissen, das dem spirituellen Leben innewohnt. Leidenschaft ist eine feindliche Kraft, die Dich von Deinem wahren Ziel wegzieht. Reine Vernunft ist eine hervorragende Kraft zur inneren Erweiterung und Verwandlung in die Dir innewohnende Göttlichkeit. Nimm leichte und reine Nahrung, wie z.B. Milch, Früchte usw. zu Dir. Reine Nahrung ergibt einen reinen Geist, sagen die Weisen. Leidenschaftliche junge Männer und Frauen sollten gelegentlich fasten, das wird ihnen höchst nützlich sein.

Lies keine Romane und schwülstigen Erzählungen und vermeide es, über sexuelle Dinge zu sprechen. Meide ebenso die Gesellschaft sex-verhafteter Menschen. Ein wahrer Brahmacharin besitzt eine wunderbare Gedankenkraft. Wenn sich jemand den Kräften seiner niederen Natur beständig enthält und fest in seinem Keuschheitsgebot verweilt, wird seine zurückgehaltene Samenkraft ins Gehirn gelenkt und dort als OJAS-SHAKTI97, d.h. als spirituelle Kraft gespeichert. Der entsagende, der das Stadium der Umwandlung der Samenkraft erreicht hat, wird feststellen, dass ihn die sexuellen Wünsche nicht länger stören. Wer fest im Zölibat lebt, besitzt selbst im hohen Alter noch ein scharfes und aktuelles Gedächtnis.
Wut und Ärger haben ihren Wohnsitz im so genannten Astralkörper. Ihre Anwesenheit und Ausbruch zerstören das Gehirn, das Nervensystem und das Blut. Sobald sich eine Wutwelle im Geistorgan erhebt, beginnt das Prana zu schwingen und starke Aufregung zu verursachen. Das Blut „kocht“ und viele giftige Substanzen gelangen in den Blutkreislauf. Wer an einen Feind denkt, wird wütend; deshalb „liebe Deine Feinde“. Selbst, wenn man das Gefühl der Belästigung vergessen hat, lauert es in schlafender Form im Geistorgan. Wenn derselbe Eifersuchtsgedanke häufig gedacht wird, hält seine Wirkung entsprechend länger an. Wiederholte Wutempfindungen steigern den Hass. Wut wiederum verdunkelt das Verständnis. Mit einem wutentbrannten Geist kann man weder ein Buchkapitel richtig verstehen, noch irgend etwas klar durchdenken. Nur mit einem kühlen Kopf kann man Briefe schreiben. Wer sich von Wutanfällen beherrschen lässt, verliert die Lebensschlacht. Wer sich leicht ablenken lässt, wird seine täglichen Pflichten und Erledigungen nicht ordentlich erledigen können.
Es gibt drei Wege, um die Wut- und Lustgedanken zu beseitigen:
1. durch Willenskraft, was viel Energie benötigt;
2. durch den Einsatz von Gegengedanken im Sinne von Reinheit und Liebe, was recht einfach zu handhaben ist, und
3. durch das beständige Leben in der Wahrheit oder Gott, was die vollkommenste Methode ist, in der alle Vrittis vollständig ausgelöscht werden.
Beherrsche die Leidenschaften, und die Wut wird als Folgeerscheinung ebenfalls unterliegen. Wenn sich jemand darüber ärgert, nicht wie gewohnt seine Milch zu erhalten, sollte er sich selbst fragen, ob er nicht Sklave seiner Milchgewohnheit geworden ist. Der Ärger wird sich schnell verflüchtigen und auch in anderen Fällen nicht mehr aufsteigen, wenn man sorgsam und wachsam ist.
Vergib demjenigen, der Dir Schaden zugefügt hat. Erachte Kritik als Segen und entwickle durch selbstlosen Dienst Universelle Liebe, Nächstenliebe und Selbsthingabe. Wenn Wut und Ärger unterworfen sind, verschwinden Stolz, Grobheit und Neid von selbst; Gebet und Hingabe entwurzeln den Ärger. Solltest Du ärgerlich werden, dann wechsle sofort den Ort und gehe spazieren; wiederhole 108 mal das heilige Mantra „OM SHANTIH“.
Wenn sich Ärger zeigen will, dann schweige; sei still und sprich kein einziges böses oder abstoßendes Wort mehr. Sobald sich Erregung im Geist erhebt, musst Du Dir Selbstverzicht in Form eines Fasttages auferlegen. Ein wirklich beherrschter Mensch ist in seinem Verhalten ruhig. Seine Ruhe und Ausgeglichenheit ist leicht bemerkbar, da er seine Pflichten hervorragend erledigt. Sein allgemeines Verhalten und sein Sprechen sind ebenfalls beherrscht und ruhig. Er ist stets freundlich, spricht angenehm, hat einen offenen Gesichtsausdruck und ist stets grußbereit. Ruhe sollte in allen drei Bewusstheitszuständen Dein Begleiter sein. Du musst den Trick kennen, Deinen Geist immer ausgeglichen und abgestimmt zu haben.
Schließe Deine Augen und versenke dich tief in die Göttliche Quelle. Fühle Seine Gegenwart und erinnere dich stets an Ihn. Wiederhole selbst während der Arbeit Seinen Namen. Meditiere frühmorgens vor der Begegnung mit den Menschen. Erhebe dich über die tausend Dinge, die Dich leicht im Tagesverlauf verwirren können.
Hass und Boshaftigkeit sind zwei beträchtliche Leidenschaften, die dermaßen tief im Körper-Geistsystem verwurzelt sind, dass sie nur schwer entfernt werden können. Stolz ist weniger schrecklich als Hass und Boshaftigkeit. Voreingenommenheit oder unbegründete Abneigung und Intoleranz sind unerwünschte Vrittis im Geistorgan. Voreingenommenheit lässt das Geistorgan und das Gehirn verhärten und ist eine Art geistiges Leiden. Sei stets offen und in Deinen Ansichten umfassend. Intoleranz ist Engstirnigkeit, die aus einseitigen Überzeugungen, Glaubenshaltung und Ansichten entspringt. Ein toleranter Mensch hat ein weites Herz. Toleranz führt zu anhaltendem Frieden.
Überheblichkeit ist von überbordender Natur. Es ist Hochmut, der sich in abwertender Behandlung anderer offenbart. Hochmut ist eine überhebliche Geringschätzung und eine brutale Frechheit. Solange Hass, Voreingenommenheit, Eifersucht, Wut Wollust usw. im Geist verweilen, ist kein Samadhi oder Gottvereinigung möglich. Wer andere liebt, liebt sich letztlich selbst. Wer einem armen Menschen in seiner Not hilft, hilft sich damit selbst, denn nichts anderes als das eigene Selbst ist im Universum zu erhalten. Derjenige, der andere verletzt, hasst und missbraucht, der verletzt, hasst und misshandelt sich selbst. Er schaufelt sich damit sein eigenes Grab.

Erschaffe Dir keine Feinde. Bewahre in Deinem Geist keine feindlichen Gedanken gegenüber irgend jemanden, der sich Dir gegenüber falsch verhalten haben mag. Diene denen, die Dich hassen und teile mit ihnen, was du hast. Man sollte zwischen einem Dieb und einem ehrlichen Menschen unterscheiden, und dennoch den Dieb lieben. Wenn man bedenkt, dass ein Dieb ein zukünftiger Heiliger ist, in dem alle göttlichen Eigenschaften in einer samengleichen Form verborgen liegen, wird man jedermann lieben können. Es ist letztlich nur eine Frage der Zeit, wie lange ein Rohling oder Dieb in seiner evolutionären Entwicklung benötigt, um tugendhaft zu sein.
Geduld ist die höchste Tugend. Nichts kann Geduld und Ausdauer übertreffen. Jemand mit großer Ausdauer ist wahrhaftig ein göttliches Wesen. Es gibt in diesem relativen Universum nichts absolut Richtiges oder Falsches. In allem ist ein Körnchen Wahrheit. Ein Mensch mit umfassender Ansicht ist frei von Misstrauen, Vorurteilen, Voreingenommenheit und Intoleranz; er befindet sich im Einklang mit allem. Erinnerung und Vorausschau sind zwei üble Vrittis für den spirituell Strebenden; nicht aber für weltlich gesinnte Menschen. Plane nicht voraus, Du überfütterst damit Deinen Geist und verursachst Ruhelosigkeit. Erwarte nichts und vergiss alles hinsichtlich dieser Welt. Erinnere Dich an Gott und Gott allein. Alles in dieser Welt ist wie im Traum; die Welt selbst ist ein langer Traum. Klammere dich nicht an Hoffnungen, dann werden sich auch keine unnötigen Enttäuschungen einstellen.
Die trügerische Täuschung ist eine starke Waffe MAYA’s47. Sie ruft die Idee hervor, dass etwas ‘mein’ ist, - ‘meine’ Frau, ‘mein’ Sohn, ‘mein’ Haus usw.. Diese Idee erzeugt eine verblendete Liebe und Anhaftung zum Körper der Ehefrau, dem Sohn und irgendwelchem Eigentum. Das Geistorgan ist grundsätzlich von glitzernden Lichtstrahlen, von Schönheit, Intelligenz, Farben und angenehmen Klängen angezogen. Lass Dich von all diesen betörenden Dingen nicht täuschen; erforsche Dein Inneres.
Stolz ist das Gefühl der Überlegenheit über andere. Man kann zwischen neun Arten unterscheiden: körperlicher, intellektueller, moralischer, psychischer und spiritueller Stolz, Stolz einer edlen Geburt, von Macht, Besitz, Schönheit und Staatsgewalt. Befreie Dich durch VIVEKA10 vom Stolz. Arroganz ist eine Form Stolz. Eitelkeit ist eine Form von übertriebenem Stolz. Ein eitler Mensch wirkt aufgeblasen, obwohl er tatsächlich nichts besitzt. Scheinheiligkeit ist Heuchelei, die den wahren Charakter zu verbergen versucht. Scheinheiligkeit, Falschheit, Betrug, Geiz und Gier sind eng miteinander verwandt.
Eifersucht ist eine Form von beständiger Wut. Verleumden, Verklagen, Verspotten, ungerechtfertigt Kritisieren, Nörgeln, Schmähen, Klatschen und Tratschen, Sensationsgier, Beklagen, Herumkritteln usw. sind alles Ausläufer von Eifersucht und einer Art Haß, die beide beseitigt werden sollten.
Spott dient der verhöhnenden Kritik. Mit Scherzen zu hänseln, quält und verunsichert man jemanden. Mit höhnischem Grinsen oder Naserümpfen zeigt man Verachtung. Ärgerliches Hochziehen der Augenbrauen deutet auf Missbilligung hin. Höhnisches Lachen und Gesichter schneiden dient zum Spott anderer. Mit Spott versucht man jemanden lächerlich zu machen, und der Belustigung anderer preiszugeben. Ein Witz ist stets eine versteckte Verletzung. All diese Dinge sind im Umgang mit anderen zu vermeiden, da sie zum Abbruch von Freundschaften, zu erhitzten Gemütern und einer Art Feindschaft führen.
Worte müssen sanft sein und die Argumente fest und stichhaltig. Harsche Worte verursachen Missstimmung. Ein einziges harsches Wort wird eine langjährige Freundschaft innerhalb einer Minute zerstören, da Wort und Klang gewaltige Kräfte haben. Wer immer nur auf die Fehler anderer schaut, macht sich durch das beständige Fehlersuchen, diese Fehler selbst zu eigen. Schaue deshalb immer nur auf die Sonnenseite eines Menschen. Übersehe seine Fehler, dann wird die Abneigung und der Hass verschwinden und die Liebe zunehmen.
Es gibt drei Wege, die Eifersucht zu vernichten:

1. Sich vor Augen halten, dass die gesamte Welt mit ihren Vergnügungen, Reichtum und Luxus eine einzige Täuschung ist, und sich fragen: „Was gewinne ich mit meiner Eifersucht auf andere?“
2. Fühle universale Brüderschaft und empfinde innerlich, dass alles, was den anderen gehört, auch Dir gehört. Du wirst jeden als Deinen Bruder oder Freund lieben.
3. Dehne Deine Empfindungen nach überallhin aus und denke, dass es nichts anderes gibt als Âtman, Dein eigenes Selbst.

Furcht ist ein großer Fluch der Menschheit. Das negative Denken ist Dein schlimmster Feind, der alle nur erdenklichen Formen annimmt, z.B. Todesfurcht, Furcht vor Erkrankung und vor öffentlicher Kritik, Furcht vor dem Verlust des Eigentums, Geldes usw.. Die geistige Vorstellungskraft verstärkt die Furcht. Die Anhaftung an den Körper ist die Ursache für alle Furcht. Derjenige, der die Furcht besiegt hat, hat alles besiegt und ist Meister über sein Denkorgan. Entwickle die positive Tugend des Mutes, und Furcht wird sich auflösen.
Zweifel ist ein großer Quälgeist für das Denkorgan. Er schafft sich eine eigene geistige Welt und belästigt immer wieder einen Menschen. Nachdem ein Zweifel beseitigt wurde, steht schon der nächste vor der Tür. Durchtrenne den Knoten des Zweifels mit dem Schwert der Weisheit. Sorgenvolle und furchtbeladene Gedanken sind furchterregende Kräfte in uns. Sie vergiften die wahre Lebensquelle und zerstören die Harmonie, die Leistungsfähigkeit, die Lebendigkeit und Stärke des Menschen, wohingegen Gedanken der Freude und Fröhlichkeit, die Tatkraft enorm vermehren und die Geisteskraft gewaltig anwachsen lassen.
Welche Yogatechnik Du auch immer praktizierst, sei es KARMA-YOGA69, BHAKTI-YOGA70, RAJA-YOGA35 oder JNANA-YOGA112, - Dein Geist muss frei von Eifersucht, Haß, Anhaftung, Stolz und Egoismus sein; außerdem müssen die Sinnesorgane beherrscht werden. Was bewirkt schon KARMA-YOGA69, wenn jemand keine Selbstbeherrschung hat und egoistisch ist? Wer alles nur für sich begehrt, bequem ist und seine Wünsche nicht verringern mag, wie kann so ein Mensch etwas für andere übrig haben? Die Vereinigung mit dem Kosmos, mit Gott, ist allein durch Liebe, selbstlosen Dienst und unangehaftetes Teilen mit anderen möglich. Wie lässt sich ein böser Gedanke vermeiden? Indem man ihn vergisst. Wie kann man ihn vergessen? Indem man ihn nicht noch einmal aufgreift. Wie man sich vor dem wiederholten Denken dieses Gedankens schützen? Indem man an etwas Interessanteres denkt. Übergehe solche Gedanken, lass sie außer acht!