Göttliches Wissen

  1. In den Upanishaden (Gattung heiliger indischer Schriften) – der ewigen Quelle höchster Weisheit – findet sich göttliches Wissen.
  2. Die Upanishaden sind der Atem des Ewigen. Sie sind Enthüllungen. Daher inspirieren sie auf alle Zeit.
  3. Die Upanishaden stellen den Lebensatem Indiens dar. Sie sind direkte Offenbarungen, die transzendent und ewig sind.
  4. Die Upanishaden werfen einen Lichtstrom auf den Weg der Erkenntnis und führen den Aspiranten zur höchsten Sprosse auf der Leiter von Jnana (Wissen, Weisheit).
  5. Der Vedanta (Ende der Veden, Philosophie des Absoluten) der Upanishaden ist eine lebendige Religion.
  6. Vedanta ist selbst ein Lebenssystem. Es repräsentiert die grundlegende Basis, auf der allein eine universelle Religion oder ein „universeller Glaubensverband“ errichtet werden kann.
  7. Die Brihadaranyaka Upanishad ist die älteste der existierenden Upanishaden. Sie enthält zahlreiche Schätze spirituellen Wissens.
  8. Vedanta ist die Kraft, die Indien bis zu diesem Tag hin erhält.
  9. Vedanta ist eine nicht-dualistische Philosophie. Sie lehrt, dass Brahman, die letzte Realität jenseits des physischen Universums, eins ohne ein Zweites ist.
  10. Erhebe die Fackel der Weisheit der Upanishaden und schreite vorwärts zum Königreich der Unsterblichkeit und der ewigen Wonne. Die Upanishaden-Philosophie ist der einzige Trost im Leben.
  11. Die Wissenschaft erledigt die Arbeit, Phänomene zu klassifizieren, zu analysieren und zu erklären, doch Brahma Vidya, die Wissenschaft des Selbst, lehrt, wie man die Phänomene transzendiert und Unsterblichkeit erlangt.
  12. Die heiligen Upanishaden sind nicht die Produkte von individuellem Geist und Intellekt. Sie sind Offenbarungen.
  13. Die Upanishaden bilden den abschließenden Teil der Veden und werden daher Vedanta bzw. das Ende der Veden genannt.
  14. Die hohen Upanishaden enthalten die Essenz der vedischen Lehren.
  15. Die Upanishaden sind der Dreh- und Angelpunkt der hinduistischen Kultur.
  16. Erkenne, dass du die unendliche, unveränderliche, alles durchdringende Seele, der Atman, bist.
  17. Atman ist reines Bewusstsein, Selbstentzücken und Selbsterkenntnis.
  18. Essentiell bist du reine Seele. Begehren, Schwäche, Unvollkommenheit und Schmerz berühren dich nicht. Du bist weder der Körper noch der Geist.
  19. Die äußere Erscheinung ist durchdrungen von der Realität, Brahman.
  20. Die Quelle von allem ist Gott, d. h. Brahman (das Absolute).

Anweisungen und Autogramm:

„Du möchtest ein Autogramm haben? Komm, warum zögerst du?“ Der Meister erlöste Kamala Tuli aus ihrem schüchternen Schweigen. Überrascht lächelte sie nur und nickte: „Ja.“„Zuerst dachte ich, dass das Ding in deiner Hand eine Geldbörse sei, doch als ich deine Beschämung bemerkte, dachte ich, es muss sich um ein Autogrammbuch handeln. Gib es mir.“ Als ihm das Buch gegeben wurde, betrachtete es der Meister mit der Bewunderung eines Kindes. Doch es befanden sich keine Autogramme darin!„Swamiji, ich wollte, dass du als erster in dieses Buch schreibst.“Still schrieb der Meister:

„Srimathi Kamala Tuli,
Diene, liebe, gib.
 Mache Kirtan und Japa-Yoga. Kontrolliere den Ärger durch Geduld und Vergeben.
Siehe Gott überall. Meditiere. Verwirkliche Gott.
Mögest Du wie Mira (Heilige und mystische Dichterin), Radha (Gefährtin von Krishna) und Sita (Gattin Ramas) glänzen!
Möge Gott Dich mit Gesundheit, einem langen Leben, Frieden und Freiheit segnen! – Sivananda.“

Eine ganze Seite spiritueller Anweisungen als Antwort auf die Bitte einer Schülerin nach einem bloßen Autogramm.

Rettung durch Gottes Gnade:

„Es ist ein Wunder, wie sie alle gerettet wurden. Allein der Anblick des Wracks ist genug, um einen verrückt werden zu lassen. Der bloße Gedanke an den Unfall ist genug, um die Passagiere zu töten. Sie wurden nur durch Vishwanaths (der Herr des Weltalls; Name für Shiva) Gnade gerettet.
Wäre der Unfall mitten im Dschungel geschehen, wäre die Chance sehr gering gewesen, dass sie gerettet würden. Stattdessen wurden sie alle zu Füßen von Vishwanath gegeschleudert, wo sie erste Hilfe, Tee und die notwendige Versorgung erhalten konnten.“
So pries der Meister die Gnade und die Macht von Vishwanath, während die Opfer eines schlimmen Busunfalls, der sich genau neben der Apotheke des Ashrams ereignet hatte, fleißig von den Bewohnern versorgt wurden.

Ein ausgemachter Betrüger:

„Was sind 600 Rupien gegen die Evolution einer einzigen individuellen Seele? Es wird mir nicht Leid tun, wenn der Kommissionär nicht einmal einen Pie für die Bücher zahlt, die wir ihm schicken und die 600 Rupien wert sind. Was wird er mit den Büchern machen? Sie sind nicht essbar. Vielleicht verkauft er sie für ein Anna (ehemalige indische Kupfermünze, 1/16 Rupie) pro Stück auf dem Moore Market in Madras oder er verschenkt sie sogar. Auf jeden Fall werden sie herumgehen. Wenigstens die Augen eines Menschen werden geöffnet werden und er wird beginnen, Japa zu machen. Ich werde zufrieden sein. Gott wird uns Geld geben, wenn Er es für angemessen hält. Warum sollten wir dies für einen Verlust halten?“
Der Meister machte diese Bemerkung anlässlich des Falles eines Buchhändlers, der in Kommission Bücher im Wert von 600 Rupien erhalten hatte und sich seit 6 Jahren nicht einmal die Mühe gemacht hatte, die Divine Life Society über seinen Aufenthaltsort auf dem Laufenden zu halten. Die besagte Person besaß gar keinen Laden!
Als ihm die Nachricht überbracht wurde, sagte der Meister mit einem Augenzwinkern und einem Lächeln: „So seid ihr von diesem ausgemachten Betrüger an der Nase herumgeführt worden! Es ist erstaunlich, wie ihr einem Fremden eine so große Anzahl Bücher in Kommission gegeben habt!“
„Swamiji, vorher hatte er Bücher im Wert von 20 Rupien gekauft.“
„Ja, er kaufte Bücher im Wert von 20 Rupien, schickte euch dann einen netten Brief mit seinem schönen großen Briefkopf darauf, bestellte Bücher im Wert von 600 Rupien und verduftete dann! Er ist ein ausgemachter Betrüger!“
Alle lachten und sagten „Ja, Swamiji.“
„Es gab einen ähnlichen Fall in Singapur. Ein Mann machte einen großen Laden auf. Er hatte eine Sekretärin, ein großes Büro usw. und ein boomendes Geschäft. Er lieh Geld von den Nachbarn. Eines Tages war er mit dem ganzen Geld verschwunden – und machte damit einen Laden in Saigon auf!“
Alle schienen sich nun mit dem Gedanken versöhnt zu haben, dass sie alle, einschließlich des Meisters, betrogen worden waren. Der Meister, der ihre Gedanken las, sagte: „Wir haben keinen Verlust erlitten!“

Lernt und seid wachsam:

„Ich kam aus meiner Hütte. Ein Pferdewagen stand auf der Straße. Ein Sadhu (Entsagter) und ein Bhakta (Praktizierender des Bhakti-Yoga) hatten einen heißen Wortwechsel mit dem Kutscher. Der Sadhu war ein sehr gelehrter Pandit. Plötzlich begann der Bhakta, dem Kutscher seinen Regenschirm in die Rippen zu stoßen. Der Sadhu sprang auf den Wagen und fing an, den Kutscher zu treten.
„Die Macht von Maya, der Illusion, ist mysteriös. Die vergangenen Eindrücke des Geistes sind sehr machtvoll. Dieser Sadhu hat wenigstens 25 Jahre Entsagung praktiziert. Er ist alt und gelehrt, doch diese Spuren des Bösen verlassen ihn nicht. Wir sollten uns dies eine Lektion sein lassen und äußerst wachsam sein“, sprach der Meister und betrat das Büro.

Trost durch den Meister:

Ein Mann mit gebrochenem Herzen kam ins Büro. Er war aufgrund einer Reihe von Niederlagen von der Welt angewidert und suchte Trost.
Der Stift fiel aus der Hand des Meisters. Die Brille verschwand in ihrem Etui. Er führte den jungen Mann aus dem Büro heraus und setzte sich mit ihm draußen auf eine Bank.
„Wiederhole nun den Namen Gottes mit mir.“
Er machte mit dem Besucher Kirtan, danach sangen sie Om. Die Auswirkung auf den jungen Mann war wundersam. Er gewann seine Haltung zurück.
Der Meister bat ihn, am Ufer des Ganges Mantras zu wiederholen (Japa).

Das Geheimnis des Überflusses:

„Nehmt Sannyas, die Entsagung, dann werdet ihr erhalten, was immer ihr braucht. Das ist das Geheimnis der Entsagung. Wenn ihr Geld braucht, müsst ihr zu eurer Bank rennen. Wenn ich Geld brauche, kommt jemand herein und bietet es mir mit Ehrerbietung dar und mit Liebe und Respekt. Manche bringen Süßigkeiten, andere Fackeln, Medikamente und so weiter. Entsagt allem Begehren, dann wird Gott immer in euch wohnen und für euch sorgen“, sagte der Meister zu Srimathi Liliane und Annapurna aus Amerika.

Wahre Entsagung:

„Weder zu wollen noch aufzugeben – das sollte die Einstellung eines Vedantin, eines Schülers der Vedanta-Philosophie sein. Er sollte nicht sagen: ‚Ich habe das Essen von Salz aufgegeben, ich habe das Essen von Zucker aufgegeben.’ Nein, nicht einmal: ‚Ich habe die Welt aufgegeben.’ Er sollte unbeteiligt sein. Er sollte in seiner eigenen essentiellen, Göttlichen Natur ruhen und die Einheit der Existenz erkennen. Er sollte immer nur Brahman (das Absolute) in allem und überall sehen“, sagte der Meister, als ihm ein Swami ruhig eine Schachtel Süßigkeiten – das Geschenk eines Besuchers – auf den Tisch stellte und wieder ging. In solchen Fällen bekam der Überbringer für gewöhnlich den ersten und größten Anteil des Geschenks. Der junge Schüler, der völlig wunschlos war, wollte das anscheinend nicht.

Sannyas-Aroma:

„M. möchte Sannyas, die Entsagung“, bemerkte der Meister, während er den Brief eines Schülers las, der sich auf einer Pilgerfahrt nach Uttarakhand befand.
Es trat Stille ein und niemand sprach mehr. Der Meister verließ das Büro.
Am Nachmittag brachte er dieses Gedicht als einen überraschenden Kommentar zu seinem Ausspruch am Morgen mit:
„Bequemes Sannyas wird Dir nicht helfen;
Sannyas ist aus härterem Holz geschnitzt;
Es verlangt Ausdauer, Entsagung und Leidenschaftslosigkeit;
Du hast Betelblätter und Nüsse nicht hinter Dir gelassen,
Rauchen, Tee, Liebe für Getreide und Zeitunglesen,
Ungezwungener Umgang mit Familien und Berufstätigen;
Du bist durchtränkt von weltlichen Ambitionen.
Die Leute sollten etwas Sannyas in Dir sehen,
Eine Art von Sannyas-Aroma sollte von Dir ausströmen,
Was ist sonst der Nutzen Deines Sannyas?
Ist es um Respekt zu erhalten oder um mit dem Namaskar gegrüßt zu werden?
Dann betrügst Du Dich selbst und andere obendrein.
Stutze zunächst den Geist zurecht, indem Du Wünsche zerstörst;
Gib Deinem Herz zuerst Farben.
Das ist wahres Sannyas.“

Vergebliche Diskussion:

Ein sehr gelehrter alter Pandit kam an und fragte auf Hindi: „Was ist göttliches Leben, Swamiji?“
„Ahimsa (Gewaltlosigkeit), Satyam (Aufrichtigkeit) und Brahmacharya (Schülerschaft als Lebensstufe auf dem Pfad zur Erkenntnis) einzuhalten; Japa-Yoga, Meditation und Kirtan zu praktizieren; die Upanishaden und die Bhagavad Gita zu studieren; allen zu dienen, alle zu lieben – das ist göttliches Leben.“
„Wie kann man den wandernden Geist kontrollieren?“
„Durch Leidenschaftslosigkeit und Übung.“
„Wie kann man Leidenschaftslosigkeit entwickeln?“
 – Stille –
„Ich habe den Eindruck, dass du mit Hindi nicht sehr vertraut bist, Swamiji. Soll ich Englisch sprechen?“
 – Stille –
Nachdem der Pandit abrupt aufgestanden und gegangen war, sagte der Meister: „Vergebliche Diskussion! Sie werden niemals in ihrem Leben etwas tun. Sie fragen jeden, den sie treffen ein paar theoretische Fragen. So werden sie weiter und weiter fragen. Wenn wir auch weiterhin antworten, wird eine Diskussion aufkommen, dann eine hitzige Debatte und scharfe Worte. ‚Du bist ein Dummkopf, du weißt nichts!’ Es ist eine Zeitverschwendung, mit ihnen zu sprechen. Kennen sie etwa die einfachen Praktiken von Japa-Yoga, Kirtan, dem Studium der Schriften, Gottes Gnade usw. nicht? Sie werden sie niemals praktizieren, noch werden sie sich irgend jemandem mit Gefühl und Respekt nähern.“

Die Kraft von Gayatri:

Harichandani war für 3 oder 4 Tage im Ashram gewesen. Er kam täglich ins Büro, verneigte sich vor dem Meister und setzte sich hin. An diesem Morgen wartete er geduldig und fand den Meister alleine im Büro vor. Er verbeugte sich.
„Swamiji, ich habe einen kleinen Zweifel. Ich habe von einem sehr mächtigen Mantra von Devi Shodashakshari gehört. Man sagt, es erfüllt schnell Wünsche. Kannst du mich in dieses Mantra einweihen?“
„Bitte laufe nicht diesen Mantras hinterher. Es ist sehr viel sicherer, mit dem Gayatri Mantra weiterzumachen. Es ist das beste aller Mantras. Es wird dir die Befreiung schenken. Bitte wiederhole es weiterhin.“
„Ja, Swamiji, ich habe das Gayatri Mantra in den letzten 3 Monate täglich 1.008 x wiederholt. Aber ich möchte Erfolg im Leben. Werde ich den vom Gayatri Mantra bekommen?“
„Erwarte nicht, dieses oder jenes glückliche Ereignis durch Mantra-Wiederholung zu erhalten. Praktiziere es, ohne einen Preis zu begehren. Dann wirst du alles bekommen. Erwartest du, jeden Tag einen Scheck zu bekommen?“
Harichandani war über diese Antwort überrascht.
„Wie lange muss man zur Schule gehen, um einen Abschlusstitel zu bekommen?“
„10 Jahre, Swamiji.“
„Wieviel länger solltest du dann studieren, um Gottes unendliche Gnade zu erhalten. Wiederhole das Gayatri Mantra dein ganzes Leben lang. Erwarte nichts davon, dann wirst du alles erhalten.“

Gottes Prüfungen:

Ein Sadhu (Weiser) aus Rishikesh besuchte den Meister und erzählte ihm ausführlich von einem Streit zwischen dem Mahant (Ashramleiter) eines Ashrams und einem reichen Bhakta, der nahe dem Ashram des ersten ebenfalls einen Ashram gegründet hatte. Der Streit war wegen eines kleinen Stücks Land entfacht. Die Haltung des Bhakta zeigte deutlich seinen Neid auf die Beliebtheit des Mahant unter seinen Schülern.
„Geld, Ruhm und Lust sind große Prüfungen“, sagte der Meister. „Ein Sannyasin (Entsagter) oder ein Schüler mit einem eigenen Haus können sich selbst als groß und heilig ansehen, doch wenn diese Prüfungen auftreten, unterwerfen sie sich ihnen wie ein Lamm einem Leoparden. Heiligkeit besteht in konstanter Wachsamkeit und dem Überwinden der Hürden aus Geld, Ruhm und Lust, wenn sie von Maya, der Illusion im Veränderlichen, aufgestellt werden.
Große Heilige aus Südindien wurden merkwürdigen harten Prüfungen unterworfen. Maya versuchte, einen Heiligen auf Abwege zu führen. Auf welchen Gegenstand auch immer er seinen Fuß setzte, verwandelte sich dieser in einen Diamant. Apsara-Mädchen (Gattung himmlischer Wesen von überirdischer Schönheit) wurden geschickt, um ihn zu bedienen. Doch der Heilige blieb unbewegt. Erst dann konnte er das Göttliche verwirklichen.“

Die Liebe des Meisters zum Dienst:

Rai Bahadur Sharmaji, der Sekretär des Armenhauses von Kalikamliwala, traf ein. Der Meister begrüßte ihn mit einem vom Herzen kommenden Lachen und respektvollem Pranam (ehrfürchtige Begrüßung). Der Besucher wurde mit Obst und Milch bewirtet.
„Swamiji, ich habe eine Bitte.“
„Ich stehe immer zu deinen Diensten.“
„Würdest du freundlicherweise die Position eines ehrenamtlichen Beraters für das Armenhaus annehmen? Wir alle fühlen, dass das Armenhaus und die Sadhus (Weise) aus Rishikesh großen Nutzen von deinen Ratschlägen haben würden. Du bist der einzige Sannyasin (Entsagter), der uns raten kann.“
Der Meister fiel in Stille. Rai Bahadur bat ihn erneut und mit Nachdruck.
„Ja, Maharaj, gewiss werde ich euch als Berater dienen.“
Nachdem Rai Bahadur gegangen war, sagte der Meister: „Zuerst wollte ich die Stellung nicht annehmen. Doch dann dachte ich, dass dies eine Gelegenheit sein könnte, die Gott mir anbietet, um den Sadhus zu dienen. Ich werde keine Gelegenheit zu dienen ausschlagen. Deshalb habe ich angenommen. Und er hat sich auch sehr gefreut.“

Innere Schlangen:

Der Meister befand sich auf dem Rückweg vom Tempel. Als er am Yajnashala (Opferstätte) vorbeikam, grüßte ihn Sivadayalji.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte der Meister in der für ihn typischen Weise.
„Ja, Swamiji, aber es war eine Schlange im Raum, deshalb waren alle gestern in Aufregung“, sagte Sivadayalji.
„Du hast vor diesem kleinen Geschöpf Angst? Siehe nach innen. Gehe in die Introspektive. Es gibt zahllose Kobras wie Vernarrtheit, Lust, Ärger usw. in dir. Sie beißen dich jeden Tag. Dennoch gefällt es dir, sie zu füttern. Der Geist ist die größte und giftigste Kobra. Gedanken-Wellen sind ihre Verkleidung. Beseitige sie.“

Wahre Stille:

„Om Namo Narayanaya, Swamiji!“, begrüßte der Meister einen Neuankömmling. Doch dieser neue Swami wollte den Mund nicht öffnen!
„In Ordnung, du bist ein Mouni Baba (Schweigender). Lieber Swamiji, gib diese Art von sinnlosem Mouna Sadhana (Schweigen als spirituelle Übung) auf. Mouna ist es, Mäßigkeit beim Sprechen walten zu lassen. Du solltest ein wenig sprechen und mit Milde sprechen. Du ziehst nicht den richtigen Nutzen aus einer guten Fähigkeit und verpasst so die Möglichkeit, spirituelle Themen mit anderen zu diskutieren und dabei zu lernen. Du hast auch viele Gelegenheiten versäumt, Seinen Kindern einen Dienst zu erweisen. Ein tröstendes Wort oder eine Botschaft, ein freundlicher Gruß – wie viel Freude kann man anderen damit bereiten! Das ist ein großer Verlust. Gib dieses Mouna nun auf.“
Dann wandte sich der Meister zu den anwesenden Schülern und fuhr fort: „Manche dieser Leute wissen nicht, wieso sie schweigen. Irgend jemand hat es gemacht und sie haben begonnen, ihn zu imitieren. Sie weigern sich zu sprechen, doch verschwenden mehrere Stunden damit, anderen verständlich zu machen, was sie in wenigen Minuten übermitteln könnten. Sie sprechen nicht mit ihrem Mund, doch ihr Geist spricht ständig sinnlos vor sich hin. Die Kontrolle des Sprechens ist die wahre Stille. Mäßigung beim Sprechen ist Stille. Doch diese Art von vollständigem physischen Mouna ist nichts als eine Laune.“

Suppenpeter und Meckerliesen:

Zum Ende des Satsang bot der Prasad-Verteiler dem Meister Gelegenheit, einige interessante Bemerkungen zu machen.
Zuerst bemerkte er, dass das Prasad (Opfergabe) sehr schön zubereitet worden war und lud jemanden ein, sich noch einmal zu bedienen. Sivanarayanji nahm gerade etwas Prasad für einen Ashrambewohner mit, der nicht am Satsang teilnehmen konnte.
„Für wen?“, erkundigte sich der Meister. „Ist es für Sridhara Swamiji?“
Und dies führte zu einer erhellenden Rede.
„Es wird dich sehr erstaunen“, sagte der Meister zu einem Besucher. „Sridhara Swamiji hat einen Babymagen entwickelt. Er isst sehr wenig. Er kann nicht mehr verdauen. In seinem Fall liegt das an einem schlechten Gesundheitszustand. Doch es gibt einige, die ihren ganzen Geist auf Essen-Sadhana konzentrieren. Ihr ganzes Leben lang denken sie darüber nach, welches Essen sattwig (rein nach der Yoga-Lehre) ist und welches rajassig (feurig aktiv) und so weiter. Manche vermeiden Chillies. Sie können nicht einmal leicht scharfe Speisen zu sich nehmen; ihre Gesundheit wird davon gestört. Sie werden zu Suppenpetern und Meckerliesen. Ihre Systeme werden auf diese Weise extrem empfindlich. Selbst eine minimale Abweichung von der Routine verdirbt ihren Gesundheitszustand.
Man sollte nicht so sein. Ich finde es notwendig, dass ein Sannyasin (Entsagter) einen starken Magen hat! Er sollte in der Lage sein, zu essen, was er bekommt, ohne auf diesem oder jenem Essen zu bestehen. Manchmal kann das Almosen nur aus Süßigkeiten bestehen, mal aus roti (Brot) und dhal (Linsengericht), mal aus Reis und sambhar voller Chillies.
Zu viel Essen-Sadhana schafft auch Egoismus. ‚Ich habe Zucker aufgegeben, ich habe Salz aufgegeben, ich esse nur noch Neem-Blätter und rohes Gemüse.’ Auf diese Weise ist der Mensch nur noch mit Ideen davon angefüllt, was er hinter sich gelassen hat und was er noch isst. Essen ist schließlich ein notwendiges Übel. Die Hauptsache ist es, Gott zu erkennen. Das vergisst man allzu leicht.
Es gibt viele solcher Launen unter den Aspiranten. Manche tragen nur einen Lendenschurz. Pranavanandaji läuft nackt in den Dörfern umher. Der Zustand der Nacktheit ist schwer zu erzielen. Es ist nicht die äußerliche sondern die innere geistige Nacktheit, die erstrebenswert ist.
Es gab einen Avadhut (unbekleideter Entsagter) Swami K. Er pflegte im Winter im Ganges zu stehen und im Sommer auf dem heißen Sand. Er schlief nur auf Gras. Einmal nahm Pandit Malaviyaji ihn mit nach Mussurie. Dort fragte der Swami nach einem Grasbett. Es konnte nur unter großen Schwierigkeiten beschafft werden.
Diese Sadhanas haben keinen wirklichen Wert. Zweifelsohne sind solche Beschränkungen für eine gewisse Zeit notwendig, doch Extreme sollten immer vermieden werden. Das Ziel sollte nicht aus den Augen verloren werden.“

Dayanadajis Lehren:

Ein Bewunderer der Arya Samaj war eingetroffen. Er drückte sein Missfallen aus über Karma Kanda, den Pfad der Handlung.
„Ja, dort in den Städten habt ihr eine Form von Karma, hier gibt es eine andere Form. Dort führt es zu Bindung, hier ist es selbstlos und frei, eine Form des Karmas, die einen aus der Knechtschaft der Maya befreit. Dies ist das Sannyas Karma Kanda. Der Unterschied liegt in der Haltung, doch das ist tatsächlich ein Ozean des Unterschieds“,  sagte der Meister.
„Swamiji“, sagte der Besucher, „ich möchte einige Anweisungen über Konzentration.“
„Du glaubst auch nicht an Namen und Formen? Konzentration ohne Namen und Formen ist nicht für alle leicht möglich. Der Geist möchte etwas haben, an dem er sich festhalten kann. In den Anfangsstadien kann er sich nicht an etwas Abstraktem oder an einer Idee festhalten. Man sollte zumindest die Form des ‚Om’ verwenden.
Dieser Antagonismus gegenüber Namen und Formen ist die Erfindung einzelner Menschen, die Swami Dayanandajis Lehren nicht richtig verstanden haben. Er selbst hat das Singen von Gottes Namen nicht verdammt. Er war auf einer hohen Entwicklungsstufe und befasste sich nur mit den grundlegenden vedischen Wahrheiten. Er hat Name und Form nicht kategorisch abgelehnt. Er hat es nur versäumt, sie zu erwähnen. Die Leute sollten versuchen, ihn im rechten Licht zu verstehen, anstatt ihre eigenen Sichtweisen in seine erhabenen Lehren hineinzulesen.
Lies mein Buch ‚Konzentration und Meditation’. Es wird deine Zweifel beseitigen. Es enthält eine Lösung zu wirklich jedem Problem, das einem Aspiranten während seiner Übung der Konzentration und Meditation begegnen kann. Wenn du es zu Ende gelesen hast, wirst du feststellen, dass du keine Zweifel mehr hast. Falls du immer noch welche haben solltest, dann komm zu mir. Ich werde dir das Thema erklären.“

Die Schlagfertigkeit des Meisters:

Ein Besucher hatte großes Lob für die Art und Weise, wie der Meister den Ashram organisierte. „Swamiji, es sollte mehr Hütten und Räume für Gäste geben.“
„Ja, ich würde auch gerne viel mehr Räume bauen“, kam die prompte Erwiderung des Meisters, „aber das Geld dafür steckt noch in deiner Tasche!“

Die Demut des Meisters:

Thakur Prasad und seine Familie gehörten den eher orthodoxen Kreisen an. Die ganze Familie wollte den Darshan des Meisters haben, bevor sie ihre Mahlzeiten einnahmen. Thakur brachte dem Meister diese Bitte vor.
Der Meister war den ganzen Morgen beschäftigt gewesen und war danach zu seiner Hütte gegangen. Aber auf einmal erinnerte er sich an sein Versprechen und ging sofort zu Thakur Prasadjis Hütte.
Als er dort ankam, stellte er fest, dass Thakur Prasadji fortgegangen war. Daher wartete er, bis der Schüler zurückkehrte. Er betrachtete sein Warten nicht als Zeitverschwendung, noch hielt er es für unter seiner Würde. Er nutzte die Zeit sehr gut, indem er die Kinder dazu brachte, den Namen Gottes zu singen und sie einige Kirtan Dwanis (Melodien für das Mantra-Singen) lehrte, gefolgt von einem liebreizenden Vortrag für diese „kleinen Suchenden“.

Liebe für alle:

Da es regnete, wurde der Abendsatsang verlängert und das Ganga Arati verschoben. Daher bat der Meister die Töchter von Srimathi Liliane, kleine Vorträge zu halten.
Ein örtlicher Bewohner von Rishikesh fühlte sich ein wenig beleidigt, weil seinen Kindern nicht auch die Gelegenheit gegeben wurde, beim Satsang zu sprechen. Er kritisierte auch gerne die Ashram-Aktivitäten.
Aber die Geduld und die Liebe des Meisters kennt keine Grenzen. Er nimmt nicht einmal eine gleichgültige Haltung gegenüber denen ein, die an ihm oder der Institution herumnörgeln und ihn bekritteln. Er schenkt auch diesen Menschen seine Liebe.
Am nächsten Tag waren die ersten Programmpunkte Vorträge von den Kindern dieses Mannes. Und der Meister gab ihnen 10 Rupien als ein Zeichen seiner Liebe und Anerkennung.

Führe ein spirituelles Tagebuch:

Sarala Deviji war eine sehr ernsthafte Aspirantin und ein Bhakta reinen Herzens. „Swamiji, bitte nenne mir eine Methode, um den Geist zu beherrschen. Es scheint, als würden wir niemals in der Lage sein, ihn zu beherrschen.“
Ihr Mann sah nur zu.
„Macht Japa. Seid regelmäßig in eurem Sadhana. Macht auch Kirtan, denn nur durch Übung werdet ihr imstande sein, den Geist zu beherrschen. Auch solltet ihr ein spirituelles Tagebuch führen, was ihr aber zur Zeit nicht tut.“
„Ich führe ein solches Tagebuch, Swamiji.“
Das Gesicht des Meisters hellte sich auf.
„Aber ich schäme mich, es dir zu schicken, weil mein Sadhana sehr unregelmäßig ist.“
„Wie wenig du auch praktizierst und wie unregelmäßig auch immer, du solltest mir das Tagebuch schicken. Nur dann wird es dir einen Anreiz geben, regelmäßig im täglichen Sadhana zu sein und schnellen Fortschritt zu machen.“

Wirkliche spirituelle Praxis:

„Swamiji, ich benötige deinen Segen. Ich denke daran, heute nach Benares zu gehen“, sagte Ramachandra Iyer, der eine kleine Meinungsverschiedenheit mit ein paar anderen Arbeitern im Ashram gehabt hatte und sich dazu entschieden hatte, fortzugehen.
„Geliebter Ram, setz dich. Ziehe keine voreiligen Schlüsse. Denke zweimal nach, bevor du handelst. Nun sage mir, aus welchem Grund bist du hierher gekommen?“
„Ich bin gekommen, um Sadhana zu machen und Gott zu verwirklichen, Swamiji.“
„Weißt du, was Sadhana ist?“
„Ich habe in deinen Büchern gelesen, Swamiji, dass Sadhana aus Selbstbeherrschung, Japa, Kirtan und Dienen besteht.“
„Hast du einen Moment über die Angelegenheit nachgedacht? Ist deine Handlung, den Ashram zu verlassen und nach Benares zu gehen im Einklang mit deinem eigenen Entschluss, Sadhana auszuführen und Gott zu verwirklichen?“
– Stille.  –
„Sadhana bedeutet, wie du selbst richtig gesagt hast, Selbstbeherrschung. Selbstbeherrschung bedeutet, unter allen Umständen das geistige Gleichgewicht zu bewahren. Eine kleine Bemerkung von jemandem hat dich sehr aufgeregt; du bist nicht in der Lage, ein kleines hartes Wort zu ertragen.“
„Aber Swamiji, solche Dinge stören meinen Seelenfrieden. Ich möchte gerne Frieden haben.“
„Kannst du diesen Frieden nur in Benares bekommen? Wenn du hier keinen Frieden bekommst, wirst du ihn nirgendwo sonst bekommen. Der Frieden ist in deinem Inneren. Denke noch einmal darüber nach. Bleibe noch 3 Tage hier. Dann komm wieder und sage mir, ob du immer noch nach Benares gehen möchtest.“
– Stille. –
„Kannst du dir vorstellen, wie du dich in 3 Tagen fühlen wirst? Geliebter Ramachandraji, die ganze Sache wird dir wie ein Traum erscheinen. Du wirst verstehen, dass die beleidigenden Worte nur Schwingungen in der Luft waren. Jetzt bist du aufgeregt. Diese Aufregung macht dich blind. Du bist nicht imstande, zu unterscheiden und vernünftig zu denken. Wenn sich dein Geist abkühlt, wirst du sicherlich deinen Fehler einsehen.“
Ramachandra Iyer war tief in Gedanken versunken.
„Wo sonst kannst du so eine spirituelle Atmosphäre bekommen? Es gibt hier den Tempel. Du kannst morgens und abends am Gottesdienst teilnehmen und ganz heißes Kitchadie Prasad bekommen. Es gibt die Bhajan-Halle, in der du täglich einige Stunden lang ununterbrochen Kirtan singen kannst. Selbst wenn du nur ein paar Minuten in der Bhajan-Halle sitzt, wirst du dich erhoben fühlen. Baden im Ganges, gutes Essen, Tee, Milch und Obst – oh, es ist ein Segen, hier zu leben! Wenn du weggehst und leidest, wirst du die Schwierigkeiten des weltlichen Lebens erkennen.
Mein lieber Ramji, jeden Tag schreiben mir so viele Menschen, dass sie nicht mehr in der Welt leben können und in den Ashram ziehen möchten, nachdem sie ihre Berufstätigkeit aufgegeben haben. Gott selbst sorgt für uns. Der ganze Ort ist seit Urzeiten von den Friedensschwingungen der Weisen und Heiligen erfüllt. Daher sind wir immer zufrieden und friedlich. Dies ist der beste Ort für dein Sadhana. Warum denkst du daran, hierhin und dorthin zu rennen? Ohji, gib diesen Gedanken auf.“
Ramachandra Iyer verneigte sich vor dem Meister. Er hatte sich entschieden, zu bleiben. Er  war wie verwandelt!

Die Gelassenheit des Meisters:

Nachdem ein paar Stunden vergangen waren, musste sich der Meister mit einem anderen Fall auseinander setzen. Swami X., ein alter Schüler, der ein paar Jahre zuvor vom Meister Sannyas angenommen hatte und der seinen eigenen Kreis von Schülern hatte, wurde wegen eines belanglosen Vorfalls ein wenig ärgerlich und dachte daran, zu seinen Schülern zurückzukehren. Er kam, um sich vom Meister zu verabschieden.
„Om Namo Narayanaya, Swamiji Maharaj! Ich möchte heute zurückgehen“, sagte er und erklärte kurz, was vorgefallen war.
„Aber was wissen diese kleinen Jungs schon? Du bist ein alter Sannyasin. Du bist ein Stützpfeiler dieser Gesellschaft. Die Mission braucht altgediente Sadhus wie dich. Nun habe ich lauter kleine Jungen. Es muss ein paar ältere Mahatmas wie dich geben. Nur wenn du hier bleibst, wird die Einrichtung respektabel sein“, so argumentierte der Meister für ein Weilchen.
„In Ordnung, wenn du es möchtest, kannst du gehen.“
Danach vergaß der Meister die ganze Angelegenheit.

Jugendlicher Enthusiasmus:

P.K. Subramanian möchte seine Studien aufgeben und sich dem Ashram anschließen. „Swamiji, neuerdings kann ich meine Lehrbücher nicht mehr studieren. Sobald ich sie aufschlage, denke ich, dass sie es nicht wert sind, studiert zu werden, denn sie enthalten nicht das, was meine hungrige Seele zufrieden stellen würde.“
„Geliebtes Kind, es ist zu früh für dich, der Welt zu entsagen. Außerdem hast du deine Eltern. Du solltest ihnen gut dienen. Verdiene dir deinen Lebensunterhalt auf ehrliche Weise. Arbeite hart und entwickle gleichzeitig das Gefühl, dass du ein Instrument in den Händen Gottes bist. Kultiviere dieses Gefühl. Fahre auch mit deinen Studien fort. Zweifellos wird das Wissen über diese manifeste Welt dir keine Befreiung schenken. Doch es hat seinen eigenen Nutzen. Nichts ist in sich schlecht; worauf es ankommt, ist, wofür ein bestimmter Wissenszweig genutzt wird.
Versuche auch parallel dazu, dein persönliches Sadhana weiter zu führen. Führe meine ‚Zwanzig spirituellen Anweisungen’ aus, so gut du kannst. Führe ein spirituelles Tagebuch und schicke mir jeden Monat eine Kopie. Ich werde dich führen. Behalte immer das Ziel im Auge. Wenn die Zeit dafür gekommen ist, wird dir Gott selbst deine Entsagung erleichtern. Om Namo Narayanaya!“
Als der junge Mann gegangen war, nachdem er sich mit tränenerfüllten Augen verneigt hatte, fügte der Meister hinzu: „So viele junge Männer wollen unbedingt der Welt entsagen.“
„Ja, Swamiji“, sagte ein Besucher, „deine Schriften sind so inspirierend, dass die, die sie lesen, solch ein brennendes Verlangen danach entwickeln, dem Pfad der Entsagung zu folgen, dass sie keinen Geschmack mehr an weltlichen Beschäftigungen oder Studien finden.“
„Das mag sein, aber ich ermutige keinerlei jugendlichen Enthusiasmus. Oft ist dieser ‚Wunsch nach Entsagung’ eine Seifenblase, die nach einiger Zeit platzt und sich in ein luftiges Nichts auflöst! Advaitanandaji pflegte mir die hochinteressante Geschichte seines eigenen Bruders zu erzählen.
Dieser junge Mann fühlte sich auf einmal zum Pfad der Entsagung hingezogen. Er vernachlässigte seine Studien. Er schloss sich in einem Raum ein und wiederholte ständig, dass die Welt falsch sei und andere vedantische Ideen. Er dachte, er besäße völlige Leidenschaftslosigkeit. Seine Familienangehörigen hatten zu gegebener Zeit Erfolg damit, ihn von dieser angenommenen Heiligkeit wegzulocken. Sie taten das mittels einer Frau. Der Mann überlegte es sich anders, heiratete und ist nun Vater mehrerer Kinder.“

Der Durst der Seele:

„Om Namo Narayanaya, Richter Saheb, kommen Sie herein!“, grüßte der Meister. Richter Gauri Prasadji kam herein, verbeugte sich mit großer Hingabe vor dem Meister und überreichte ihm einen Scheck.
„Was ist das?“, fragte der Meister, der ziemlich überrascht war, einen Scheck über 2.000 Rupien zu sehen.
„Swamiji, es ist dafür gedacht, einen Raum in Ihrem Ashram zu bauen. Sehen Sie, folgendes geschah vorgestern Abend, nachdem Sie gekommen waren und Ihren ekstatischen Kirtan in meiner bescheidenen Hütte im Swarg Ashram gesungen hatten: Meine Haushälterin und ich hatten wunderbare Erfahrungen und Visionen; Visionen von Licht – einem unbeschreiblich hellen Licht. Dazu erschien der Haushälterin im Traum meine kürzlich verstorbene Enkeltochter, eine junge Akademikerin, die großes Interesse an Sankirtan gehabt hatte und sagte ihr ganz deutlich: ‚Ich möchte bei meinem Großvater leben. Bitte baue für mich einen Raum in seiner Nähe. Ich bin sehr erfreut, dass ihr heute Swamijis Kirtan in eurem Haus abgehalten habt. Ich bin jetzt sehr glücklich. Aber ich möchte, dass ihr einen Raum für mich baut.’
Ich weiß, dass sie Kirtan mochte. In eurer Bhajan-Halle findet Tag und Nacht der Akhanda Kirtan (ununterbrochener Kirtan) statt. Ich möchte, dass in der Nähe der Bhajan-Halle ein Raum gebaut wird, so dass die Seele des Mädchens dort Frieden finden kann.“
Nachdem Richter Saheb gegangen war, sagte der Meister: „Seht nur, wie der Kosmische Wille wirkt. An jenem Tag wurde sogar der Vorschlag gemacht, dass wir die Idee, den Swarg Ashram zu besuchen, aufgeben sollten, da es regnete. Auch ich hätte zugestimmt, doch ich hatte das Gefühl, wir sollten gehen. Daher sagte ich zu Narayana Swamiji, dass wir unseren Entschluss ausführen sollten, obwohl es regnete. Die Seele dieses Mädchens muss nach Kirtan gedürstet haben und dieser Durst musste wohl gestillt werden.“

Die Verehrung des Meisters:

Welch große Freude hatte der Meister daran, Prasad auszuteilen! Chimanlal Thakore aus Ahmedabad hatte ein großes Paket mit Süßigkeiten geschickt. Als dies angekündigt wurde, sprang der Meister sofort aus dem Büro!
„Bringt das Prasad in Eimern!“, sagte er.
Der Meister und Padmanabhan machten einen Rundgang durch den ganzen Ashram.
„Nur Chimanlal Thakore und Mrs Lall kennen mich in dieser Hinsicht. Jedes Jahr schickt Mrs Lall eine große Ladung Mangos und Chimanlal schickt diese Süßigkeiten. So kann ich jedem nicht nur ein kleines bisschen Prasad geben, sondern zu meiner vollen Zufriedenheit austeilen. Und meine Familie ist groß, daher muss jeder, der Prasad schickt, viel davon schicken.
„Om Namo Narayanaya, Swamiji! Komm her und nimm dieses Prasad.“
„Pa(t)tram (Blatt), pushpam (Blüte), phalam (Frucht), toyam (Wasser)“, sagte der Meister, während er jeden einzelnen begrüßte und Hände voll Prasad austeilte (Anm.: eine Anspielung auf die Bhagavad Gita: „Wenn man Mir [Gott] mit Liebe und Hingabe ein Blatt, eine Blume, eine Frucht oder etwas Wasser darbringt, werde Ich es annehmen.“). Die Hände der Empfänger waren bereits voll, aber der Meister hörte nicht auf.
„Nimm es in diesem Handtuch mit.“
„Aber Swamiji, ich werde krank werden.“
„Oh! Mach dir keine Gedanken, ich werde dir Medizin geben.“
Dann sagte der Meister: „Ich sehe Narayana, Gott, in jedem, dem ich das Prasad gebe. Wenn ich gebe, dann verehre ich in Wirklichkeit Gott. Zu jedem, den ich treffe, sage ich ‚Om Namo Narayanaya’. Das ist Japa. Auf diese Weise wird sogar diese Handlung in eine äußerst wirksame Form von Sadhana (spirituelle Übung) umgewandelt. Auch das Herz wird dadurch entwickelt.

Selbstsucht:

Ein Besucher hatte es versäumt, am Morgenvortrag teilzunehmen. Er bemerkte den Blick des Meisters und wollte gerade zu einer Entschuldigung ansetzen, als der Meister sagte: „Aber es war nicht dein Fehler.“  In diesem Moment kam Swami X herein, „Swami X hätte nach dir rufen, dich wecken und dich in die Bhajan-Halle mitnehmen sollen. Früher pflegte ich selbst vor jedem Raum „Om“ zu singen, alle zu wecken und sie zum Morgenvortrag zu bringen. Unsere Besucher haben leider die Bombayer Gewohnheit, bis 7 Uhr morgens zu schlafen.“
Indem er sich zu X umdrehte, sprach er: „Du hättest ihn aufwecken sollen, falls nötig durch Wasser ins Gesicht, warten, bis er aufgestanden ist, um ihn dann zur Bhajan-Halle mitzunehmen.
Aber nicht nur das – am gestrigen Abend hättest du die Grundlage für heute legen können. Hättest du ihm gestern über den Morgenvortrag erzählt; über die Vorteile gemeinsamer Meditation, über die Vorträge, die er hören würde und über deren Nutzen, so wäre er mit diesen Gedanken ins Bett gegangen.
Selbstsucht – das ist die Wurzel von alledem! Du möchtest mit deinem eigenen Sadhana fortfahren und hältst diese Art von Dienst für Zeitverschwendung.“

Spirituelle Eitelkeit:

An diesem Morgen hörte der Meister mit seiner typischen Offenheit zu, als Sastriji von seinen Erfahrungen mit anderen Sannyasins erzählte. Über einen Sannyasin sagte er: „Swamiji, dieser Sadhu spricht niemals auch nur ein Wort. Er hat das Gelübde ununterbrochenen Schweigens abgelegt. Nicht nur das, er verlässt niemals seinen Raum.“
Der Meister lachte herzlich.
„Wie kann man ihn dann sehen?“
„Die Menschen, die seinen Darshan empfangen möchten, versammeln sich einer nach dem anderen auf der Veranda seiner Hütte. Wenn er darüber informiert wurde, dass sich auf diese Weise 30 oder 40 Leute angesammelt haben, kommt er ans Fenster seines Raumes, auf der Seite, wo sich die Veranda befindet. Anmutig schiebt er die Jalousie ein wenig beiseite, um den Besuchern Gelegenheit zu geben, einen kleinen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen. Er steht nur für wenige Minuten in dieser Pose. Dann nickt er wieder anmutig mit dem Kopf und lässt die Jalousie fallen.“
„Das ist alles? Und nur dafür machen sich viele Menschen die Mühe, dorthin zu gehen?“
„Ja, Swamiji, und dieser Sadhu lebt schon eine geraume Zeit auf diese Weise und naturgemäß haben seine Schüler über seine Abgeschlossenheit und sein Schweigen viele Geschichten gesponnen und haben ihn zu einem Gott erklärt. Daher denkt die leichtgläubige Öffentlichkeit, dass sein Darshan ausreicht, um ihnen Befreiung zu schenken!“
„Das ist eine Form der spirituellen Geschäftemacherei“, sagte der Meister. „Was schadet es, wenn er herauskommt, mit anderen Menschen spricht und sie tröstet und inspiriert? In kurzer Zeit hat er seinen Egoismus in großem Ausmaß entwickelt. Er kann andere nicht respektieren, er kann nicht vor anderen den Kopf neigen. Er denkt, er sei ein großer Mann. Arroganz, Eitelkeit, Heuchelei und Egoismus der übelsten Art – all diese Dinge schleichen sich nach und nach in ihn ein. Er vergisst sein Ziel und verliert sich in diesem verrückten Geschäft des Erwerbs von Namen und Ruhm. Ich glaube, ich könnte so etwas nie tun.“
„Niemals, Swamiji. So etwas ist deiner Natur völlig fremd“, sagte Sastriji.

Offenheit, eine große Tugend:

Während des Satsangs beschrieb A. den magischen Einfluss, den die Feder und die Persönlichkeit des Meisters in seinem Falle ausgeübt hatten. Er gestand vor einer großen Zuhörerschaft, dass er Wein getrunken und Fleisch gegessen hatte und beinahe einem Mädchen erlegen war. Durch Zufall fielen ihm einige der inspirierenden Werke des Meisters in die Hände, welche ihn dazu brachten, sich völlig dem spirituellen Pfad zuzuwenden. Schon vorher hatte er einmal Blut aus seiner Hand im Feuer dargebracht, mit dem festen Vorsatz, seine schlechten Gewohnheiten aufzugeben. Selbst das hatte nicht ausgereicht, den tief verwurzelten Übeln Einhalt zu gebieten. Dann setzte er sich vor ein Bild des Meisters und betete im Geist um die Kraft, seine schlechten Gewohnheiten zu besiegen. In diesen kurzen erhabenen Momenten wurde das Unmögliche erreicht. Hingabe zu den Lotosfüßen Gottes und des Gurus wurde fest in sein Herz eingepflanzt.
„Diese Offenheit ist eine große Tugend. Sie wird einen Aspiranten viel näher an Gott heranbringen. Was vielen Aspiranten fehlt, ist diese erstklassige Eigenschaft. Ohne Furcht vor Kritik, ohne Scheu, seine Fehler öffentlich zuzugeben, hat A. mutig über seine Vergangenheit gesprochen. Jeder sollte diese göttliche Tugend entwickeln“, sagte der Meister, als er nach dem Satsang ins Büro kam.