Yoga Geschichten

Ein König, sein Minister und die Räuber

Es war einmal ein König, der hatte einen Minister und dieser vertrat die Philosophie: „Alles, was auch immer geschieht, geschieht zum Besten.“ Natürlich war der Minister bei seinem König sehr angesehen, denn es ist wohltuend, einen positiv denkenden Menschen um sich zu haben, vor allem, wenn man ein Land regieren muss.

Eines Tages ritten der König und sein Minister auf die Jagd. Mitten im Wald zerteilte plötzlich ein Keiler das Gebüsch. Der König riss seinen Bogen von der Schulter und einen Pfeil aus dem Köcher. Er spannte die Waffe, aber da verrutschte ihm der Pfeil am Holz und die Sehne schnellte los und trennte ihm einen kleinen Finger von der Hand. Schmerz verspürte er im ersten Moment nicht, doch die Wunde blutete stark und ein Glied von ihm lag auf der Erde. Der König lamentierte und wehklagte.

Da sagte sein Minister: „Oh königliche Hoheit, nehmt den Unfall nicht so tragisch, Ihr wisst doch, alles geschieht immer zum Besten.“ Nun, es gibt Momente, da hält man besser den Mund.

Wütend schrie der König: „Ich werde dir zeigen, was zu deinem Besten ist!“ Er befahl, den Minister augenblicklich in den Kerker zu werfen. Und das geschah auch augenblicklich.

Der König hatte einen guten Arzt, vielleicht einen ayurvedischen, denn zwei Wochen später war die Wunde verheilt. Da packte den König erneut das Jagdfieber, und er ritt wiederum aus, doch diesmal in einen anderen Wald. In diesem verirrte er sich.

Und plötzlich umzingelte ihn eine Räuberbande. Die Räuber suchten gerade einen Menschen als Opfer für ihre Dämonenverehrung. Da kam ihnen der König gerade recht. Sie nahmen den König gefangen, fesselten ihm die Hände auf dem Rücken und brachten ihn zu ihrem Versteck. Am Abend sollte er geopfert werden. In einem Ritual wurde er gewaschen, angemalt und musste weiße Kleidung anziehen.

Dann kniete der König mit gebundenen Händen vor dem Priester, der dumpfe Worte murmelte.

Schließlich hob der Priester das Schwert, um dem König den Kopf abzuschlagen. Doch da sah er, dass an der einen Hand des Königs ein Finger fehlte. Der König war nicht mehr vollkommen! Nach ihren Vorschriften durfte aber ihren Dämonen kein unvollkommener Mensch geopfert werden. Und da sie an dem König die Reinigungsriten bereits vollzogen hatten, durften sie ihn auch nicht in anderer Weise umbringen. Die Räuber verbanden dem König die Augen und führten ihn zum Rand des Waldes. Dort ließen sie ihn frei. Der König eilte zurück in sein Schloss. Als erstes lief er zum Kerker und öffnete mit eigener Hand die schwere Tür.

Zu seinem Minister sagte er: „Verzeih, du hattest Recht. Es war tatsächlich zu meinem Besten gewesen, dass ich bei dem Jagdunfall den kleinen Finger verloren habe; das hat mir das Leben gerettet.“ Und der König erzählte dem Minister sein gefährliches Abenteuer, das so übel hätte enden können.

Zum Schluss jedoch fragte er, verschmitzt lächelnd: „Nun, mein kluger Minister, sage mir aber einmal, warum es für dich das Beste war, dass du von mir eingekerkert wurdest?“

„Oh königliche Hoheit“, sagte der Minister und lächelte ebenfalls, „wenn Ihr mich nicht in den Kerker geworfen hättet, dann wäre ich während der Jagd bei Euch gewesen. Und da mein Orientierungssinn auch nicht gut ist, hätte ich mich mit Euch zusammen verirrt, die Räuber hätten uns also beide gefangen genommen. Nachdem sie dann festgestellt hätten, dass Ihr nicht vollkommen seid, hätten sie mich geopfert. Darum, oh königliche Hoheit, danke ich Euch, dass Ihr mich ins Gefängnis geworfen habt.“