Sei mutig

Prem Devi und ihr kleiner Sohn Raghuvir hatten das Haus ihrer Vorfahren verlassen, da dort ein Geist schon viele Todesopfer unter Freunden und Verwandten gefordert hatte. Prem Devis Eltern und ihre sechs Brüder waren alle unter dem Teufel umgekommen. Da beschloss sie, es sei das Beste das Haus zu verlassen und sich anderswo, so gut es eben ging, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Jahre später, als der Junge zu einem jungen Mann herangewachsen war, fragte er seine Mutter: „Mutter, wo kommen wir eigentlich her? Meine Freunde haben mich danach gefragt. Sie sagen wir seien aus dem Haus unserer Vorfahren weggelaufen. Stimmt das, Mutter?“ „Ja, das ist wahr, Sohn.“ „Warum bist du dort weggelaufen, Mutter?“ „Acht Menschen waren im Verlauf eines einzigen Monats in dem Haus gestorben. Es ist nicht gut, in einem solchen Haus zu leben. Dort geht ein böser Geist umher.“ „Mutter das ist lange her, sei nicht so feige. Was kann es uns schaden, wenn in unserem Haus Menschen gestorben sind? Komm, lass uns in unser Heim zurückkehren.“

Nach langem Drängen ihres Sohnes kehrten beide schließlich zurück. Aber die Angst wohnte immer im Herzen der Mutter. Jeden Tag stellte sie einen Teil des Essens „für den Geist“ bei Seite. Erst danach, setzten sie sich an den Tisch und aßen. Der junge Mann war jedoch neugierig. Er wollte gerne wissen, was passieren würde, wenn nichts für den Geist beiseite gestellt wurde. Dann, plötzlich bot sich ihm die Gelegenheit. Eines Tages hatte seine Mutter sein Lieblings-Essen gekocht. Er wollte auch den Teil des bösen Geistes haben. Obwohl er ihr heftig zusetzte, erlaubte es seine Mutter nicht. „Aber Mutter, für wen ist dieser Teil denn?“ „Für den Teufel, der all deine Onkel getötet hat.“ „Was! Du stehst hier und fütterst den schrecklichen Geist, der deine eigenen Brüder umgebracht hat? Das ist doch Absurd! Ich werde es nehmen und selber essen.“ „Nein, mein Sohn.“, rief die Mutter in Panik, „der böse Geist könnte auch uns etwas zu leide tun. Lass es sein.“

An diesem Tag war Raghuvir danach äußerst wachsam. Er wollte wissen, was mit der Extra Portion geschehen würde. Als der böse Geist sich dann seine Mahlzeit holen kam, fragte Raghuvir, „Oh Geist! wer bist du?“ Dieser antwortete ihm: „Junger Mann, ich bin der Geist des dritten Vetters deines Großvaters. Dein Großvater und deine Onkel haben mir meinen Besitz geraubt und mir nur ein Armengrab gegönnt, von mir aber war all ihr Reichtum. Daher habe ich sie umgebracht. „So stark bist du?“ „Ja, ich bin sehr mächtig. Ich konnte all deine Verwandten töten, so einfach wie wenn du Ungeziefer umbringst. Ich hätte auch problemlos deine Mutter töten können, aber sie floh. Jetzt gibt sie mir zu essen, daher tue ich euch nichts. Und, höre mir gut zu, ich kann in einem einzigen Augenblick in das Reich der Götter und Geister und zurück fliegen.“

„Bitte, tust du mir einen Gefallen?“ fragte der Junge, „Kannst du mich in das Reich der Götter mitnehmen?“ „Nein, das kann ich nicht.“ „Schade, aber bitte bring den Göttern eine Botschaft von mir.“ „Gut. Und wie lautet sie?“ „Frage die Götter, wie lange ich auf dieser Erde leben werde.“ „In Ordnung“, sagte der Geist seines Groß-Onkels und verschwand. Gleich am nächsten Tag brachte er die Auskunft. „Raghuvir, du wirst sechzig.“ „Oh bitte, noch einen kleinen Gefallen, mein Freund. Frage die Götter bitte, ob sie mich nicht mit fünfzig sterben lassen können, oder, falls das nicht möglich sein sollt, dann sollen sie mich doch gleich hundert Jahre alt werden lassen.“  „Wird gemacht!“, sagte der Geist und ging fort. „Ich habe den Göttern deine Bitte übermittelt“, sagte der Geist am nächsten Morgen. „Es ist nicht möglich dein Leben zu verlängern oder auch nur um einen Tag zu kürzen. Was bestimmt ist, muss zur richtigen Zeit stattfinden.”

Raghuvir hatte diese Antwort bereits erwartet. Daher hatte er alle Köstlichkeiten, die seine Mutter für den Geist bestimmt hatte, aufgegessen. Innerlich jubelte er. In dem Augenblick, in dem er die Antwort erhalten hatte, nahm er ein brennendes Holzscheit aus der Küche und bearbeitete den Teufel ordentlich damit. Er rief:„Verlasse dieses Haus und komme nie wieder!“ Seine Mutter rannte in Panik weinend herbei. Aber er beruhigte seine schreiende Mutter mit den Worten: „Was kann dieser Geist mir denn antun? Er kann mich keinen Tag früher töten, und auch er kann mir nicht mehr Schaden zufügen als mein Karma (Handlung, Gesetz von Ursache und Wirkung) es rechtfertigt. Ich werde alle bösen Geister aus diesem Haus vertreiben. Vertraue mir und fasse Mut. Wir leiden nicht durch die Hand unserer Feinde, auch nicht durch Insektenstiche oder wilde Tiere, noch nicht einmal durch den Zorn von Geistern und Göttern, sondern nur durch unser eigenes vergangenes Karma und unsere Handlungen im jetztigen Leben. Wir brauchen niemanden zu fürchten außer unserem eigenen niedrigen, leidenschaftlichen, irrenden Selbst. Nur Mut Mutter! Lasst uns die Götter anbeten und ein gottgefälliges Leben führen. Dann brauchen wir nichts und niemanden zu fürchten.“