Besonders wichtig ist es, Vata-Übersteuerung von Kundalini-Erweckung zu unterscheiden, da man mit ersterer ganz anders umgehen sollte. Viele Menschen kommen in unsere Yoga-Vidya-Seminarhäuser und bitten um Hilfe bei angeblicher Kundalini-Erweckung. Oft waren die Betreffenden schon bei diversen Lehrern. Häufig handelt es sich dabei um Menschen, bei denen sich dann eine massive Vata-Übersteuerung herausstellt.
Ayurveda unterscheidet drei Bio-Energien (Doshas), die in allen Menschen die körperlichen und geistigen Prozesse steuern, nämlich Vata, Pitta und Kapha. Jeder Mensch hat diese drei Doshas in sich. In manchen Menschen überwiegt eines der drei, bei manchen sind zwei dieser Doshas gleich stark, aber stärker als das dritte, bei wieder anderen sind alle drei Doshas gleich stark. Es gibt viele sehr gute Ayurveda-Bücher, die diese Zusammenhänge sehr genau erklären. Ich will mich bei der Beschreibung auf das Notwendigste beschränken.
Gewöhnliche Dosha-Störungen werden nicht mit Kundalini-Erweckungserfahrungen verwechselt. Es ist jedoch möglich, dass insbesondere Vata und Pitta sehr stark übersteuert werden, mit einer Prana-Erweckung einhergehen und dann für Kundalini-Erweckungen gehalten werden.
Bei Vata-Übersteuerung kann der Betroffene wie bei der Prana-Aktivierung Energieschwingungen spüren. Er kann Elektrizität in seinem ganzen Körper empfinden. Der Körper kann in Bewegung geraten. Innere Bilder können entstehen, Visionen, innere Klänge, eventuell sogar Stimmen. Die Unterschiede zu einer Kundalini-Erweckung sind:
Wenn jemand mit Kundalini-Erweckung vor mir steht, spüre ich eine starke Kraft, eine Freude, ein Strahlen von diesem Menschen ausgehen. Wenn dagegen jemand vor mir ist, der diese starke Vata-Übersteuerung hat, spüre ich Unruhe, Energiemangel. Das Gesicht ist oft blass, kraftlos, eben ermüdet.
Bei Vata-Übersteuerung helfen am besten die Ratschläge aus dem Ayurveda:
Darüber hinaus kennt die Ayurveda-Medizin spezielle Kräuter, Öle und Ernährungsratschläge, die normalerweise recht schnell zumindest den massivsten Vata-Überschuss überwinden helfen.
Für die spirituelle Praxis gilt Folgendes: Eine sanfte Praxis kann fortgesetzt werden. Am besten jeden Tag zur gleichen Zeit. Ein Übermaß an Meditation sollte vermieden werden. Einmal 20 Minuten am Tag ist in Ordnung. Es sollte eine Technik gewählt werden, die ruhig und freudig stimmt und keine Energieschübe auslöst.
Ungünstig ist, wenn der Mensch keine Arbeit hat oder krankgeschrieben wird, weil dann der Tagesablauf nicht klar strukturiert ist. Gut wäre, wenn dann eine einfache erdende Tätigkeit ausgeübt werden kann, manuelle Gartenarbeit, Geschirr spülen, Wohnung sauber machen oder Ähnliches. Menschliche Wärme und Zuwendung sind sehr hilfreich. Bei durch Vata entstandenen Energiephänomenen sollte man dem Menschen nicht zu lange „seine Ruhe lassen“, selbst wenn er darum bittet. Liebe wirkt bei Vata-Störungen Wunder.
Zum Schluss noch ein wichtiger Hinweis: Manche Vata-übersteuerte Menschen hatten ursprünglich eine „normale“ Prana-Aktivierung oder gar Kundalini-Erweckung. Weil sie aber damit nichts anfangen konnten, haben sie es mit der Angst zu tun bekommen. Möglicherweise haben andere ihnen Angst eingeflößt nach dem Motto: „Da musst du aufpassen! Das kann die Kundalini sein. Da kannst du in der Psychiatrie landen.“ Die Angst kann dann eine ursprünglich gute und freudige Energie in eine Vata Übersteuerung verwandelt haben.