Vers 7

Keduvaai Manane Gadhikel Karavaadhu
Iduvaai Vadivel Iraithaal Ninaivaai
Suduvaai Neduvedhanai Thool Padave
Viduvaai Viduvaai Vinai Yaavaiyume


Die Mittel zur Befreiung höre, o elendiger Geist!
Gib uneingeschränkt, denke an die Füße von Vel-Murugan;
So zerschlage dieses langgezogene Elend in Stücke,
Und werde bald von allen Karmas befreit.

„O Geist, du musst leiden (weil du die unwirklichen, flüchtigen Dinge der Welt für wirklich hältst)! Jetzt höre diese Mittel, um Befreiung zu erlangen: Gib wohltätig, ohne etwas zurückzuhalten; (und) meditiere über die Lotus-Füße Gottes, der den scharfen Vel hat! (Indem du dies tust) verbrenne das lang bestehende Unglück von Geburt und Tod zu Asche; und werde bald von allen Karmas befreit.“

Erklärung:

Der Geist ist die Ursache von Bindung und Befreiung. Eine richtige Belehrung hierüber ist darum notwendig. Darum die Anweisung an den Geist.

Der unwissende Geist hält die flüchtigen Gegenstände der Welt für etwas Wirkliches, rennt ihnen hinterher, verstrickt sich in ihnen und leidet am Schluss elendiglich. Dies ist Vishaya- Chintana, das Denken an Gegenstände, was die Ursache der Bindung ist. Die Bhagavad Gita warnt uns vor der zerstörerischen Wirkung des Denkens an äußere Objekte. Denken führt zur Anhaftung an Gegenstände, aus Anhaftung entsteht Begierde, aus Begierde entsteht Zorn, aus Zorn Täuschung, aus Täuschung Gedächtnisverlust und aus Gedächtnisverlust Zerstörung der Unterscheidungsfähigkeit und schließlich geht das Individuum mit dem Verlust der Unterscheidungsfähigkeit unter.

Also muss die Krankheit an der Wurzel selbst geheilt werden. Es sollte dem Geist nicht erlaubt werden, bei den Gegenständen zu verweilen. Es wird darum geraten, wohltätig alles wegzugeben, was man besitzt. Und wie soll es gegeben werden? Nicht mit einem Gefühl von Reue oder Groll, sondern mit Liebe zu Gott, d.h. indem man nicht an den weggegebenen Gegenstand denkt, sondern an Gott. Das heißt Bhagavat-Chintana, Atma-Chintana oder Brahma-Chintana und ist ein Gegengift für Vishaya-Chintana. Wenn alles wohltätig verschenkt wird, sollte es keinen Gedanken an den gegebenen Gegenstand geben, sondern man sollte an Gott denken. Wie? Man sollte an Gott als den Geber, die Gabe, den Empfangen - den und selbst den Akt des Gebens denken. Alles ist Gott und alles gehört Gott. Derjenige, der gibt und das, was gegeben wird, sind genauso Schöpfungen Gottes wie derjenige, der empfängt. Alle sind Glieder des einen universellen Wesens Gottes. Eine Übung, um sich darin zu festigen, ist „Brahma-Karma-Samadhi“, wie es in Vers 24 des 4. Kapitels der Bhagavad Gita erklärt wird. Das ist das Feuer des Wissens, das den endlosen Prozess von Geburt und Tod zu Asche verbrennt. Wo kann es eine individualistische Existenz (Jivatava) geben, wenn alles als Gott, Brahman, das Absolute, wahrgenommen wird, als ein ungeteilter Ozean der Existenz, in dem der Geber und das Gegebene nichts als Wellen sind, die für sich keine vom Ozean unabhängige Existenz haben. Karmas, sagt Arunagiri, sind die Ursache unseres gegenwärtigen Leidens und auch der niemals endenden Kette des Samsara, wovon unser gegenwärtiges Leben nur ein Glied ist. Er verschreibt auch das Heilmittel hierfür, nämlich Wohltätigkeit und Meditation über Gott – Wohltätigkeit um die Karmas wegzuwaschen und Meditation, um Geburt und Tod zu beenden.

„Wohltätigkeit überdeckt eine Vielzahl von Sünden“, sagt Jesus Christus. Wir begehen Sünden aufgrund von Wünschen, Gier usw., die unser Herz einengen. Wohltätigkeit ist ein Gegenmittel für diese Krankheit. Sie weitet das Herz und füllt es mit Mitgefühl und Liebe für den Leidenden. Ein Mensch von wohltätiger Natur hat ein großes Herz. Er kann die Leiden anderer fühlen. Wohltätigkeit macht daher das Herz feucht und weich, bereit für das Erblühen der Lotus-Füße Gottes im eigenen Herzen, worum im vorigen Vers gebetet wurde. So reinigt Wohltätigkeit das Herz und bereitet es vor. Dabei an Gott zu denken ermöglicht das Einpflanzen seiner Lotus-Füße in das bestellte, kultivierte Herz. Wohltätigkeit und Meditation führen so zur Befreiung.

Wohltätigkeit ist ein breiter Begriff. Es heißt nicht nur, ein wenig des eigenen Wohlstands mit anderen zu teilen oder ihnen zu geben. Man kann (und muss) in seinen Gedanken und Gefühlen wohltätig sein, in seinen Ansichten und Haltungen. Man kann seinen Reichtum, Wissen, Fähigkeiten oder Weisheit verschenken. Weisheit zu geben, Jnana-Dana, wird als die höchste Form der Wohltätigkeit betrachtet, denn während die Wirkung anderer Formen von Wohltätigkeit nicht lange anhält, führt Jnana-Dana zu dauerhaftem Guten.

Jede Form von Wohltätigkeit beinhaltet jedoch die Aufgabe von eigenem Vergnügen – mag es physisch, psychologisch oder egozentrisch sein. Ist dieses Element des Opfers nicht darin enthalten, verliert die Wohltätigkeit ihre ganze Bedeutung. Die verschiedenen Arten von Wohltätigkeit oder Opfer sind dafür gedacht, als Mittel und Vorbereitung für das letzte Opfer, das Opfer der Meditation über Gott, zu dienen, worin die eigene Individualität der Universalität geopfert wird. Darum soll man alles was man hat in Wohltätigkeit hingeben–seinen Wohlstand, seine Fähigkeiten und Talente, das Ego und schließlich sich selbst an Gott–so weit, dass nichts übrig bleibt, was das Eigene oder man selbst genannt werden kann. Es ist ein Geben ohne Rückhalt. Kein Besitz bleibt übrig, und auch die Individualität bleibt nicht übrig.

Darum gab sich Arunagiri nicht damit zufrieden zu sagen „gib in Wohltätigkeit“, sondern hat ausdrücklich „ohne Rückhalt“ hinzugefügt. Nichts darf zurückgehalten oder übrig gelassen werden. Wenn also alle Besitztümer in Wohltätigkeit weggegeben werden und mit dem Meisterstreich der Meditation auf Gott die eigene Individualität der Universalen Existenz Gottes geopfert wird, dann zerbrechen die Fesseln des Karma und der Prozess des Samsara kommt zu einem Ende. Arunagiri empfiehlt daher Wohltätigkeit und Meditation als Mittel, um Karmas zu zerstören und das Leben die Seelenwanderung zu transzendieren. Wohltätigkeit ist (materiell) äußerliches Opfer und Meditation (spirituell) ist inneres Opfer, wobei Erstere zu Letzterem führt und darauf vorbereitet. Dies ist eine praktische Anweisung, um das „alles beendende und mich verlierende Gute“ zu erreichen, auf das sich Vers 2 bezog. Dort ist es ein Gott dargebrachtes Gebet, und hier ist es eine dem Geist gegebene Anweisung; dort das Ziel, hier die Mittel. Wie schön werden Wahrheiten von dem Heiligen dargelegt!

*

Zusätzlich dazu, die Gnade Gottes wie im vorherigen Vers anzurufen, weist der Aspirant nun seinen Geist an, in Wohltätigkeit zu geben und über die Füße Gottes zu meditieren–Wohltätigkeit, damit das harte Herz weich wird und Meditation für das Erblühen der Lotus-Füße im Herzen, das so weich geworden ist–die kombinierte.