Göttliche Erkenntnis


Bhakti

Bhakti

Bhakti heißt in Gott sein. Bhakti ist das Fließen von Hingabe wie das Fließen eines Flusses. Bhakti ist Kontiunität von Hingabe, so wie Öl kontinuierlich aus einem Gefäß in ein anderes fließt. Bhakti ist das Angezogensein des Jivas vom Herrn, so wie die Nadel vom Magnet angezogen wird.

Bhakti ist Liebe um der Liebe willen. Der Gläubige will Gott und nur Gott. Es liegt darin keine selbstsüchtige Erwartung. Es gibt auch keine Angst. Hat der Sohn Angst vor seinem Vater, der Richter ist? Hat die Ehefrau Angst vor ihrem Gatten? So hat auch der Gläubige nicht die mindeste Furcht vor Gott. Die Angst vor Vergeltung verschwindet in ihm. Er spürt, glaubt, denkt und stellt sich vor, daß sein Ishtam ein Ozean von Liebe oder Prem ist.

Bhakti verändert den Menschen zur Göttlichkeit. Sie infiziert den Gläubigen mit göttlicher Prem. Sie gibt ihm ewige Befriedigung. Sie macht ihn vollkommen. Sie lenkt den Geist von Sinnesobjekten weg. Sie läßt ihn in Gott frohlocken. Emotionale Erregung ist nicht Hingabe an Gott. Hingabe ist reine Liebe. Fanatismus ist keine Hingabe. Er ist Wahnsinn. Er ist bloße Erregung.

Bhakti ist nicht nur Emotionalität, sondern das Einstimmen sowohl des Willens als auch des Denkvermögens auf das Göttliche. Sie ist höchste Liebe zu Gott. Sie erblüht später zu Jñana. Sie führt zu Unsterblichkeit und Gottverwirklichung.

Bhakti steht jedem offen.

Bhakti kann unter allen Umständen und von jedem gleichermaßen praktiziert werden. Lernen, strenge Bußübungen, Studium der Veden und ein brillianter Verstand sind nicht nötig, um Bhakti oder Hingabe zu erlangen. Es bedarf hingegen des ständigen und lebendigen Denkens an Gott gepaart mit Glauben. Daher steht der Pfad von Bhakti jedem offen.

Nishada stammte aus einer niedrigen Kaste; Sabari war eine einfache Frau vom Lande; Dhruva war ein ungebildeter Junge; Vidura und Sudama waren sehr arm; Vibhishana war ein häßlicher Rakshasa; Hanuman war ein Affe; Jatayu war ein Vogel; Gajendra war ein Elefant; die Gopis von Vrindavan waren nicht in die vedischen Riten eingeweiht; aber sie alle erreichten Gottverwirklichung aufgrund ihrer Hingabe und Selbstaufgabe.

Der einfachste Weg zu Gott

Bhakti ist einfacher als irgendein anderer Weg der Annäherung an Gott. In Jñana und Yoga besteht das Risiko, daß man fällt. Auf dem Pfad der Hingabe gibt es kein Risiko, da der Gläubige volle Unterstützung und Hilfe von Gott erhält.

Menschen, die den Weg von Jñana und Yoga beschreiten, sind der Gefahr ausgesetzt, stolz auf ihre Kräfte und ihre Weisheit zu sein. Bhaktas sind bescheiden. Bescheidenheit ist die Grundlage für Bhakti Yoga.

Jñana Yoga ist der Yoga der Weisheit. Es ist der Weg der Analyse und Verneinung. Es ist der Pfad der endlosen Negation. Das ist ein sehr schwieriger Weg.

Raja Yoga ist auch schwierig. Es ist als wollte man die Wellen des Ozeans glätten. Man muß alle Gedankenwellen zum Stillstand bringen. Karma Yoga ist auch schwierig. Es ist wie das Erklimmung des höchsten Gipfels. Man braucht enorme Willenskraft. Nur Bhakti Yoga ist einfach. Gott streckt seine Hände aus, um Dich aus dem Sumpf von Samsara zu erheben. Du mußt seine Hand fest ergreifen. Aber eines ist dabei absolut wesentlich. Du darfst keinen anderen Gedanken haben als den an Gott und Gott allein.

Einpünktigkeit der Hingabe

Das Kind denkt nur an die Mutter. Ein leidenschaftlich liebender Ehemann denkt nur an seine Frau. Ein habgieriger Mensch denkt nur an sein Geld. So sollte auch der Gläubige in seinem Herzen nur das Bild seines Ishtam haben. Dann kann er leicht den Darshan Gottes erhalten.

Objekte sind die Feinde Gottes. Söhne, Frau, Eigentum, Vieh, Häuser, Freunde und Verwandte sind Feinde Gottes. Man muß diesen Objekten völlig gleichgültig gegenüberstehen.

Du darfst nicht zu viel an den Körper und seine Bedürfnisse denken. Gedanken an den Körper, Gedanken an Nahrung und Gedanken an Frau und Kinder lassen Dich Gott vergessen. Du kannst keine göttlichen Gedanken haben, wenn Du Gedanken an Anatma Dinge hast. Wenn der Gläubige manchmal Gott liebt und manchmal auch Frau, Sohn, Geld, Haus, Vieh und Eigentum, ist er ein Vyabhicharini Bhakta. Die Liebe ist geteilt. Ein kleiner Teil des Geistes gehört Gott. Der Rest gehört der Familie und dem Besitz.

Der Herr wird nur dann Sklave des Bhakta, wenn letzterer sich vollkommen und bereitwillig hingegeben hat. Der Herr ist sehr grausam und unterzieht den Gläubigen strengen Proben und Prüfungen. Er hörte so lange nicht auf die Worte Draupadis, so lange sie ihre eigene Stärke und Spuren von Ichdenken beibehielt. Als sie laut mit vollkommener Aufrichtigkeit und totaler Verzweiflung rief: »Oh Dwarakanath, mein Geliebter! Komm mir zu Hilfe«, rannte Er an den Ort des Geschehens, und sie hatte ausreichend Sarituch, um ihre Unschuld zu retten.

Im allgemeinen verbleiben im Aspiranten, bewußt oder unbewußt, wissentlich oder nicht, Wünsche, die er befriedigen möchte. Er will nicht ganz und gar mit seinen Wünschen brechen. Deswegen wird die Hingabe nicht vollkommen und bedingungslos. Deshalb senkt sich die Gnade des Herrn nicht auf ihn. Wenn auch nur ein Atom von Wunsch oder Ich denken vorhanden ist, gibt es keine Möglichkeit für göttliche Gnade.

Hingabe und Wunsch

Der Wunsch steht dem Anwachsen von Hingabe im Weg. Die Hingabe an den Herrn wächst, wenn man weltlichen Wünschen entsagt.

Entsagung ist die Quintessenz hingebungsvoller Liebe. Göttliche Liebe trägt kein Element des Wunsches in sich.

Hingabe kann nicht neben irgendeiner Form von Wunsch bestehen, nicht einmal neben dem Wunsch nach Befreiung.

Der Gläubige will nur Gott allein und Ihm dienen. Der Gläubige liebt Gott und dient Ihm und Seiner Schöpfung. Er bemüht sich nicht mehr bewußt um Mukti, aber Gott sendet dem, der an Ihn glaubt, Mukti unaufgefordert.

Die Pflege von Frömmigkeit

Manche Menschen fragen: »Wie können wir Gott lieben, den wir nie gesehen haben?« Lebe in der Gesellschaft von Heiligen. Höre die Lilas Gottes. Lies die heiligen Schriften. Verehre Ihn zuerst in Seinen verschiedenen Formen, die in der Welt offenbar sind. Verehre jedes Bild von Gott oder dem Guru. Wiederhole Seinen Namen. Singe Seinen Ruhm.

Verbringe ein Jahr in Ayodhya oder Vrindavan, Chitrakuta oder Pandharpur, Benares oder Ananda Kutir. Du wirst Liebe zu Gott entwickeln.

Alles muß getan werden, um das Gefühl von Bhakti zu erwecken. Halte den Pujaraum sauber. Schmücke den Raum. Verwende Räucherstäbchen. Zünde eine Lampe an. Halte den Sitzplatz sauber. Nimm ein Bad. Trage saubere Kleidung. Trage Vibhuti oder Bhasma und Kumkum auf die Stirn auf. Trage die Rudraksha- oder Tulsimala. All das wirkt günstig auf den Geist und erhebt ihn. All das erzeugt Frömmigkeit. Es hilft, das nötige Bhava oder Gefühl zu erzeugen, um die Gottheit, die verehrt werden soll, anzurufen. Der Geist wird sich dann leicht konzentrieren.

Die Praxis von rechtem Verhalten, Satsang, Japa, Smarana, Kirtan, Gebet, Gottesdienst, der Dienst an Heiligen, der Aufenthalt an Wallfahrtsorten, der Dienst an Armen und Kranken mit göttlichem Bhava, die Einhaltung der Varnashrama Pflichten, das Opfern aller Handlungen und deren Früchte an den Herrn, das Gefühl, Gott ist in allen Wesen gegenwärtig, das Sichverneigen vor dem Bild und vor Heiligen, der Verzicht auf weltliche Freuden und weltlichen Reichtum, Wohltätigkeit, Mäßigung und Gelübde, das Praktizieren von Ahimsa, Satyam und Brahmacharya - all das wird Dir helfen, Bhakti zu entwickeln.

Bhavas im Bhakti Yoga

Es gibt sechs verschiedene Bhavas im Bhakti. Im Santa Bhava ist der Gläubige Santa, friedvoll. Er hüpft nicht und tanzt nicht. Er ist nicht hochgradig emotional. Sein Herz ist voller Liebe und Freude. Bhishma war ein Santa Bhakta.

Shri Hanuman war ein Dasya Bhakta. Er hatte Dasya Bhava. Er diente Gott Rama mit ganzem Herzen. Er wollte seinen Meister in jeder erdenklichen Weise erfreuen. Er fand Freude und Glück im Dienst an seinem Meister.

Im Sakhya Bhava, ist Gott der Freund des Gläubigen. Arjuna hatte dieses Bhava Shri Krishna gegenüber. Der Gläubige bewegt sich mit Gott auf gleicher Ebene. Arjuna und Krishna pflegten wie enge Freunde zusammenzusitzen, zu essen, zu reden und zu gehen.

In Vatsalya Bhava sieht der Gläubige Gott als sein Kind. Yasoda hatte dieses Bhava zu Shri Krishna. In diesem Bhava ist keine Furcht, denn Gott ist das Kindlein. Der Gläubige dient Gott und füttert und umsorgt Ihn, wie eine Mutter es mit ihrem Kind tut.

Das fünfte Bhava ist Sakhya Bhava. Es wird auch Gopi Bhava genannt. Die Gopis führten Radha und Krishna zusammen, als sie getrennt waren. Sie identifizierten sich mit Radha und Krishna und frohlockten in der Wonne, die aus deren Vereinigung kam.

Das letzte ist Madhurya Bhava oder Kanta Bhava. Dies ist die höchste Form von Bhakti. Dies war die Beziehung zwischen Radha und Krishna. Dies ist Atmasamarpana. Liebender und Geliebte werden eins. Der Gläubige und Gott fühlen sich als eins und halten trotzdem eine Getrenntheit aufrecht, um die Wonne des Liebesspiels miteinander zu erfahren. Dies ist Einheit in Getrenntheit und Getrenntheit in Einheit. Die Beziehung ist die von Ehemann und Gattin. Jayadeva, Mira und Andal hatten dieses Bhava.

Apara Bhakti und Para Bhakti

Es gibt zwei Arten von Bhakti, Apara Bhakti und Para Bhakti. Apara Bhakti ist niedriges Bhakti. In Apara Bhakti ist der Gläubige Anfänger. Er führt Rituale und Zeremonien aus. Sein Herz ist nicht offen. Er gehört einer Sekte an. Er schmäht andere Bhaktas, die andere Devatas verehren.

Ein Gläubiger vom Para Bhakti Typ umfaßt alles und schließt alles mit ein. Er besitzt kosmische Liebe oder Visvaprem. Die ganze Welt ist für ihn Brindavan. Er besucht keine Tempel zum Gottesdienst. Er fühlt, daß die Welt eine Manifestation Gottes ist und alle Bewegungen und Aktivitäten Sein Lila. Er empfindet nicht Ghrina, Ekel, vor Fäkalien und Schmutz, dem Chandala, dem Straßenkehrer, dem Bettler, der Prostituierten oder dem Dieb. Er sagt: »Ich sehe meinen süßen Gott überall. Hari spielt die Rolle der Prostituierten, des Diebes, des Schurken oder des Straßenkehrers !« Seine erhabene innere Einstellung ist allumfassend und alles einschließend. Man kann es mit Worten nicht ausdrücken. Man muß es fühlen. Mira, Gouranga, Hafiz, Tulsidas, Kabir, Ramdas - sie alle erfreuten sich dieses Zustandes.

Namdev sagte zum Hund: »Oh Vittala, mein Lieber, in Gestalt eines Hundes, lauf nicht mit dem trockenen Brot weg. Es wird deinem zarten Hals schaden. Bitte laß mich noch etwas Ghee (Butter) auf das Brot geben.« Er rannte mit einer Tasse voll Ghee zu dem Hund. Shri Ramakrishna Paramahamsa verbeugte sich vor einem unberührbaren Mädchen: »Oh Mutter Kali ! Ich sehe Dich in diesem Mädchen.« Eknath, ein Maharashtrian Bhakta, gab dem Dieb freiwillig auch seinen Ring, als jener in sein Haus kam: »Oh Dieb! Nimm auch diesen Ring. Deine Pflicht ist es, Dinge zu stehlen. Du bist Krishna. Halte dieses Lila aufrecht.« Hast Du den hohen Zustand dieser erhabenen Bhaktas verstanden, die einen neuen Blickwinkel haben? Der Tag wird auch für Dich kommen. Bemühe dich. Kämpfe.

Para Bhakti und Jñana

Para Bhakti ist nichts anderes als Jnana. Para Bhakti und Jñana sind eins. Shri Shankara, ein Kevala-Advaita-Jnani, war ein großer Bhakta von Gott Hari, Hara und Devi. Shri Ramakrishna Paramahamsa betete zu Kali und erhielt Jñana von Swami Totapuri, seinem Advaita Guru. Appayya Dikshitar, ein berühmter Jnani aus Südindien, war ergebener Bhakta von Gott Shiva.

Para Bhakti und Jñana sind eins. Der einzige leichte Unterschied ist: ein Bhakta gebraucht sein Gefühl; ein Jnani gebraucht seinen Willen und seinen Verstand. Bhakti beginnt mit Liebe und Jñana mit Denken und Selbstanalyse. Beide enden gleichermaßen in der Vereinigung mit dem Göttlichen.

Ein Gläubiger zieht sich zusammen. Ein Vedantin weitet sich aus. Jener zieht sich zusammen und geht durch Selbstaufgabe in den Herrn ein. Dieser weitet sich aus und wird eins mit Brahman durch Bemühen und Identifikation.

Die Frucht von Bhakti ist Jñana. Jñana macht Bhakti stärker. Selbst Jnanis wie Shankara, Madhusudana und Suka Deva wandten sich nach ihrer Verwirklichung Bhakti zu, um die Süße der liebenden Beziehung zu Gott zu genießen.

Wissen und Weisheit werden durch die Praxis von Bhaki Yoga von selbst entstehen. Bhakti ist der angenehme, glatte, direkte Weg zu Gott. Bhakti ist süß am Anfang, in der Mitte und am Ende. Sie bringt höchste, unvergängliche Wonne.

Entzünde göttliche Liebe in deinem Herzen, denn das ist der unmittelbare Weg in das Reich Gottes. Bete zum Herrn. Singe Seinen Ruhm. Wiederhole Seinen Namen. Werde ein Mittler Seiner Gnade.

Suche Seinen Willen. Tue Seinen Willen. Unterwirf Dich Seinem Willen. Du wirst eins werden mit dem kosmischen Willen.

Gib Dich dem Herrn hin. Er wird dein Wagenlenker auf dem Schlachtfeld des Lebens werden. Er wird deinen Wagen gut lenken. Du wirst das Ziel erreichen, das Reich unsterblicher Wonne.