Mit dieser Meditationstechnik aus dem Bhakti Yoga, dem Yoga der Hingabe, kannst du eine Beziehung zu Gott, zur Tiefe deiner Seele, zu einer höheren Intelligenz, zu einer abstrakten höheren Wirklichkeit –wie auch immer du es nennen willst – aufbauen.
In unserer westlichen Kultur ist das Gottesbild fast immer dualistisch: Hier bin ich und irgendwo anders, in weiter Ferne oder im Himmel, ist Gott. Das „Göttliche“ in der Mystik aller Religionen, Kulturen und Traditionen ist non-dualistisch. Es ist die Essenz und Quelle von allem und daher in allem – auch in dir! – erfahrbar, erlebbar.
Du brauchst nicht an Gott zu glauben, um mit dieser Technik zu meditieren. Probiere sie einfach aus, lasse dich darauf ein und schau, was geschieht, was du erfährst. Wenn du merkst, dass sie dir gar nicht liegt, bist du vielleicht eher ein Typ für eine abstrakte Meditation.
In dieser Meditation verbindest du die Kombinierte Mantrameditation, die du aus der 6. Kurseinheit schon kennst, mit der tiefen Sehnsucht, über die Meditation und das Mantra das Göttliche, eine höhere Wirklichkeit, zu erfahren.
Der Ablauf ist wie immer in mehreren Stufen:
1) Einstimmung mit Mantra
2) Asana, die Sitzhaltung
3) Pranayama, bewusste Atmung und Vorstellung von Licht
4) Pratyahara, Einstimmung durch Überlegen, Gebet, Bitte
5) Dharana, die eigentliche Konzentrationstechnik in mehreren Schritten mit Bewusstseinslenkung:
6) Dhyana, Absorption, Stille, Verbundenheit.
ca. 15-20 Minuten Übungspraxis
1) Beginne zur Einstimmung mit Om und dem Rama-Mantra. Du kannst es laut singen oder rezitieren oder auch geistig ein paar Mal wiederholen:
Om Om Om
Shri Ram Jaya Ram, Jaya Jay Ram Om
Shri Ram Jay Ram Jay Jay Ram
Rama heißt wörtlich „derjenige, der sich freut“.
Shri ist eine ehrerbietige Anrede.
Jaya heißt wörtlich „Sieg, siegend“: Möge es überall erfahrbar sein.
Shri Ram Jay Ram bedeutet also: Ehrerbietung an die Freude; mögen alle Wesen Freude erfahren.
2) Sitze gerade und aufrecht, so dass du die nächsten 15-20 Minuten ruhig und entspannt sitzen kannst. Hände entweder gefaltet oder auf den Knien oder Oberschenkeln. Wenn die Hände auf Knien oder Oberschenkeln sind zeigen die Handflächen entweder nach unten oder nach oben, Daumen und Zeigefinger berühren sich.
Wirbelsäule aufgerichtet, Brustkorb nach vorne gewölbt, Schulterblätter nach hinten und unten. Nacken lang, Kiefergelenke entspannt. Sanftes Lächeln, Augen entspannt.
3) Atme ein paar Mal bewusst und tief in den Bauch ein und aus. Beim Einatmen geht der Bauch sanft hinaus; beim Ausatmen atme ganz aus, der Bauch geht hinein. Atme sanft ein, der Bauch geht etwas hinaus; atme vollständig aus, der Bauch geht hinein. Atme so ein paar Mal.
Mit der Einatmung nimmst du dankbar Licht und Positivität auf. Mit der Ausatmung lasse ganz los, vertraue dich dem Fluss des Atems und des Lebens an.
Werde dir bewusst: Auch im Atem ist das Göttliche spürbar. Luft strömt ein, Luft strömt aus - über die Luft bist du verbunden mit der Atmosphäre, die dich umgibt. Über die Luft bist du verbunden mit allen Geschöpfen. Über die Luft nimmst du auf, über die Luft gibst du wieder ab.
4) Jetzt stimme dich darauf ein, dass du mit dieser Meditation eine Beziehung zum Göttlichen, zu einer höheren Wirklichkeit aufnehmen willst.
Mache dir bewusst: Neben den vielen anderen positiven Wirkungen auf verschiedenen Ebenen ist Meditation auch ein Weg, um Zugang zu finden zu einer höheren Wirklichkeit.
Überlege dir: Was bedeutet für dich persönlich „eine höhere Wirklichkeit“? - Vielleicht nennst du sie „das Göttliche“, „Gott“ oder „göttliche Mutter“, „höheres Selbst“ oder „innere Stimme“, „kosmische Energie“, „kosmische Intelligenz“ oder „Weltenseele“.
Wenn du möchtest, wiederhole innerlich ein Gebet, zum Beispiel: „Lieber Gott (liebe göttliche Mutter, liebe kosmische Intelligenz, liebes höheres Selbst), lasse mich dich in dieser Meditation spüren. Ich bitte um Führung.“ Oder: „Möge ich in dieser Meditation die Verbindung zu einer höheren Wirklichkeit erfahren.“ Oder eine andere Formulierung, die dir zusagt und die für dich stimmig ist.
5) Jetzt wiederhole ein Mantra mit der Vorstellung, dass das Mantra eine Anrufung dieser höheren Wirklichkeit ist und eine Verbindung dazu herstellt.
Du kannst das Mantra Om Namah Shivaya verwenden - Ehrerbietung an die Liebe und Güte. Oder Om Namo Narayanaya - Ehrerbietung an die höhere Wirklichkeit, die in allen Wesen ist und sich um alle Wesen kümmert. Oder einfach Om, welches Ausdruck ist der allumfassenden Wirklichkeit, der göttlichen Kraft in allem. Oder Om Shri Durgayai Namaha, wenn du gerne einen weiblichen Aspekt verehrst und Gott als göttliche Mutter oder als kosmische Energie, kosmische Intelligenz, siehst.
Entscheide dich für eines dieser Mantras und wiederhole es geistig während der weiteren Meditation.
6) Finde jetzt deinen Konzentrationspunkt für diese Meditation. Du kannst dich entweder
Wiederhole also jetzt entweder das Mantra im Herzen mit der tiefen Sehnsucht, Gott als Liebe und Freude zu erfahren. Oder wiederhole das Mantra in der Stirngegend in der tiefen Sehnsucht, Gott zu erfahren in der Intuition, in höherer Erkenntnis, in sanftem Pulsieren, in Ausdehnung und Führung.
Oder wiederhole das Mantra in der Scheitelgegend oder darüber mit der Bitte, Gott zu spüren als Segen, als Licht, als Führung von oben.
Wiederhole das Mantra im von dir gewählten Konzentrationspunkt/Chakra in der tiefen Sehnsucht, das Göttliche JETZT zu erfahren. Vielleicht spürst du die göttliche Wirklichkeit. Vielleicht spürst du sie nicht sofort. Dann wiederhole einfach das Mantra ganz entspannt im Chakra.
Meditiere so etwa 10-12 Minuten in der Stille.
7) Bleibe noch ein paar Momente lang ruhig sitzen und vertiefe langsam wieder den Atem. Du kannst dabei ein Gebet sprechen in eigenen Worten, mit der Bitte, das Göttliche, die göttliche Wirklichkeit, immer wieder erfahren zu können und geführt zu sein.
Mit der Bitte, dass du hinter allem dieses göttliche Wirken spüren kannst. Mit der Bitte, dass du alles, was auch immer du tust, Gott darbringen kannst. Oder in deinen eigenen Worten, was sich jetzt für dich stimmig anfühlt.
Dann atme ein für Om, atme aus und chante.
Om Om Om
Kayena vacha manasendriyair va
buddhyatmanava prakriteh svabhavat
karomi yad yat sakalam parasmai
Narayanayeti samarpayami
Was auch immer ich tue durch Körper, Sprache, Denken und Sinnesorgane
Intellekt, Gemüt, die Eigenart meiner Natur
mit meinem ganzen Sein
all das übergebe ich dem Höchsten, bringe es ganz dir dar.
Om Shantih Shantih Shantih
Om Frieden Frieden Frieden
ca. 7-10 Minuten Übungspraxis oder kürzer
Sitze ruhig und gerade. Wirbelsäule aufgerichtet, Brustkorb nach vorne gewölbt, Schultern nach hinten und unten, Nacken lang. Kiefergelenke entspannt, Augen entspannt. Bitte Körper und Geist, während der nächsten Minuten ruhig und entspannt zu sein.
Atme ein paar Mal tief in den Bauch ein und aus und sei dir des Wunders des Atems bewusst. Über den Atem verbindest du dich mit der Atmosphäre, der ganzen Erde und mit allen Lebewesen. Mit dem Atem verbindest du dich mit der Tiefe deines Wesens.
Sprich dabei ein Gebet, zum Beispiel: „Lieber Gott, liebe göttliche Mutter, liebe höhere Wirklichkeit, lasse mich dich spüren, lasse mich dich erfahren in dieser Meditation.“ (In deinen eigenen Worten, so wie es für dich stimmig ist.)
Jetzt wiederhole ein Mantra im Bewusstsein, dass das Mantra auch eine Anrufung des Göttlichen ist und eine Verbindung zum Göttlichen herstellen kann.
Du kannst ein Mantra wie Om Namah Shivaya, Om Namo Narayanaya, Om Shri Durgayai Namah wiederholen oder einfach Om oder ein Mantra, das du aus anderen Kontexten kennst.
Wiederhole das Mantra und spüre dabei in dein Herz oder den Punkt zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn oder den Raum oberhalb des Kopfes. Wiederhole das Mantra in dem von dir gewählten Chakra als deinem Konzentrationspunkt, mit der tiefen Sehnsucht, jetzt das Göttliche, die Göttliche Mutter, eine höhere Wirklichkeit zu erfahren.
Wiederhole das Mantra mit tiefer Konzentration, Hingabe, Vertrauen und Sehnsucht und dann lasse los. Spüre und sei offen.
Meditiere so etwa 5 Minuten in der Stille.
Vertiefe wieder deinen Atem. Sprich innerlich ein Gebet und/oder bitte um Führung.
Om Shantih
Meditation auf das Göttliche mit schrittweiser Konzentration auf die Haupt-Chakras, abwechselnd mit Mantra und Stille ohne Mantra
Alternative Anleitung ab Schritt 6 der obigen Grund-Variante: Statt einen Konzentrationspunkt für die ganze Meditation zu wählen, gehe schrittweise durch die Haupt-Chakras hindurch mit dem Mantra und deiner Konzentration, dann lasse das Mantra wegfallen und gehe in die wortlose Stille.
6a) Wiederhole zunächst das Mantra im Herzen. Wiederhole das Mantra und spüre tief in dein Herz hinein. Versuche dabei, das Göttliche besonders zu spüren als Freude, als Liebe, als Tiefe deiner Seele im Herzen.
1 - 2 Minuten
Dann lasse für ein paar Augenblicke das Mantra wegfallen und gehe in der wortlosen Stille in die Tiefe deines Herzens. Spüre und erfahre dort das Göttliche als Liebe und Freude.
1 - 2 Minuten
Bleibe entweder in dieser gedanken- und wortlosen Stille in der Tiefe deines Herzens, oder wiederhole das Mantra erneut ein paar Mal und dann gehe wieder in die Stille. Spüre das Göttliche mit oder ohne Mantra tief in deinem Herzen als Liebe, als Freude, als Stimme deiner Seele.
1 - 2 Minuten
6b) Jetzt konzentriere dich auf den Punkt zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn. Wiederhole das Mantra dort in der tiefen Sehnsucht und Bitte um Führung durch das Göttliche und um Zugang zur Intuition.
Wiederhole das Mantra im Punkt zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn. Stelle dir vor, dass du mit dem Mantra Kontakt aufnimmst zum Göttlichen. Sei es mit dem Gefühl und der Vorstellung, dass du dich über dich Stirn nach vorne und oben ausdehnst, oder dass göttliches Licht und Segen von vorne und oben in dich hineinströmen.
Vielleicht siehst du ein inneres Licht oder spürst ein sanftes Pulsieren und du stellst dir dabei vor, dass sich das Göttliche in diesem Licht oder Pulsieren manifestiert.
1 - 2 Minuten
Dann lasse für ein paar Augenblicke das Mantra wegfallen und spüre in der wortlosen Stille das Göttliche im Dritten Auge oder weit vor der Stirn oder in der Mitte des Kopfes. Spüre dort die göttliche Wirklichkeit als wortlose Stille, als Intuition oder als Licht. Oder bitte darum, sie zu spüren und zu erfahren.
1 - 2 Minuten
Bleibe weiter mit deinem Bewusstsein im Punkt zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn, entweder in der Stille oder wiederhole das Mantra. Du kannst auch wechseln: Ein paar Mal entspannt das Mantra wiederholen, dann wieder in die Stille gehen und darum bitten, die göttliche Wirklichkeit jetzt zu erfahren.
Wiederhole abwechselnd ein paar Mal entspannt das Mantra und genieße dann die Stille. Sei dabei ganz offen, neugierig und aufmerksam, voller Erwartung: Ist es jetzt möglich, eine höhere Wirklichkeit zu erfahren?
1 - 2 Minuten
6c) Jetzt bringe dein Bewusstsein hoch zur Scheitelgegend, in den Raum oberhalb des Kopfes, das Sahasrara Chakra. Wiederhole das Mantra dort. Du kannst dir dabei auch ein Licht vorstellen oberhalb des Scheitels - sei es, dass du selbst ein Licht nach oben hin ausstrahlst, oder dass von oben Licht in dich hineinströmt.
Du kannst dir dabei vorstellen, dass du so Kontakt aufnimmst mit dem Göttlichen von oben und fühlen (oder darum bitten), dass Gnade und Segen von oben in dich hineinströmen. Wiederhole das Mantra, bitte mit dem Mantra darum, dich ganz zu öffnen für göttliche Kraft, göttlichen Segen, göttliches Licht; in der tiefen Sehnsucht, das Göttliche zu erfahren; mit großer Offenheit, das Göttliche wirken zu lassen.
Wiederhole das Mantra, richte deine Aufmerksamkeit nach oben, spüre, fühle, sieh das Licht oberhalb deines Scheitels. Oder gehe dort in die wort- und gedankenlose Stille.
Meditiere so etwa 5 Minuten in der Stille.
7) Vertiefe langsam wieder den Atem, sprich innerlich ein Gebet wie:
„Lieber Gott, liebe göttliche Wirklichkeit, lasse mich dich spüren.“
„Bitte führe mich, zeige mir was meine Aufgabe ist.“
Oder ein Gebet deiner Wahl, in deinen eigenen Worten.
Schließe die Meditation mit Om und Mantra.
Om Om Om
Asato ma sad gamaya
tamaso ma jyotir gamaya
mrityor maamritam gamaya
Führe mich vom Unwirklichen zum Wirklichen
von der Dunkelheit zum Licht
von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit.
Om Shantih Shantih Shantih
Om Frieden Frieden Frieden
Die Meditation, die du eben geübt hast, ist eine Technik aus dem Bhakti Yoga, dem Yoga der Hingabe und der Gottesverehrung. Bhakti Yoga ist einer sechs Haupt-Yoga-Wege.
Im Bhakti Yoga sind Gottesverehrung, Hingabe, Vertrauen, Loslassen ganz zentral. Dabei stellt sich natürlich die Frage: Was ist Gott? - Gott ist nicht wirklich in Worten beschreibbar, auch wenn wir Menschen versuchen, das, was nicht auszudrücken ist, irgendwie doch in Worte zu fassen.
Gott ist nur erfahrbar. In der Bibel, im Alten Testament, findet sich folgerichtig die Aussage: „Mache dir kein Bildnis von Gott…“ (2. Buch Mose, Kap. 20, 1-6; 5. Buch Mose, Kap. 4, 15-19).
Sich kein Bild von Gott zu machen heißt, sich keine zu konkrete Vorstellung von Gott zu machen, denn damit begrenzt du das Göttliche auf die menschliche Ebene. Aber du kannst dir überlegen und dir eine Vorstellung davon machen, wie du Gott erfahren könntest, wie du Kontakt aufnehmen könntest zu einer höheren Wirklichkeit.
Die indische Sichtweise und Philosophie geht sogar noch weiter: Weil Gott in Wahrheit ohne Form ist, weil Gott in Wahrheit nicht vorstellbar ist durch den menschlichen Geist, kann Gott von jedem Menschen in jeder Form individuell wahrgenommen, erfahren, „kontaktiert“ und „verehrt“ werden.
Die Form und die Weise der Annäherung ist ein Instrument, ein Hilfsmittel. Durch die Fokussierung, die Sehnsucht und das Bemühen wird sich eine höhere Wirklichkeit offenbaren, intuitiv erfahrbar, „geschaut“ werden können.
Du kannst dich zum Beispiel an eine höhere Wirklichkeit wenden als göttliche Mutter, göttlicher Vater, göttlicher Freund, als lieber Gott, als kosmische Energie, kosmische Intelligenz, höheres Selbst oder abstrakt als Licht oder ohne irgendeine Vorstellung.
Du kannst dir überlegen: Auf welche Weise könnte ich Gott wahrnehmen? Wie oder worüber könnte ich mich ergriffen fühlen, eine höhere Wirklichkeit hinter dem offensichtlich Wahrnehmbaren erahnen? Was ist meine Beziehung zu Gott?
Manche sehen Gott am stärksten in der Natur. Wenn du spazieren gehst, den Himmel anschaust, nach oben blickst, spürst du: Da ist etwas. Wenn du vor einem Baum stehen bleibst und eine Weile nur den Baum ansiehst, vom Herzen her zu dem Baum hin spürst, merkst du vielleicht: Ja, über diesen Baum spricht Gott zu mir.
Oder wenn du die Erde spürst, die Erde berührst, die Erde fühlst mit deinen Händen, deinem Herzen, mit deinem ganzen Wesen, dann spürst du Mutter Erde nicht einfach nur als Materie, sondern als Lebendigkeit, Verbundenheit, Liebe, als intelligenten Organismus.
Wenn du überlegt hast, wie dein persönlicher Bezug zu einer höheren Wirklichkeit beschaffen sein könnte, kannst du die Bhakti Yoga Techniken anwenden, um einen Kontakt zu Gott herzustellen oder zu vertiefen, Einheit und Verbindung zu erfahren.
Bhakti Yoga ist religionsneutral. Es gibt eine göttliche Wirklichkeit, die sich auf die unterschiedlichsten Weisen ausdrückt und zu der Menschen unterschiedlicher Prägung einen anderen Zugang haben – sei es über eine konkrete Religion oder einen neutralen Zugang. Dein Gottesbild mag enger oder weiter sein, strenger oder spielerischer, du magst atheistisch sein – vom Standpunkt des Bhakti Yoga spielt das keine Rolle.
Eine Leitlinie bzw. Anregungen, wie du Hingabe und Vertrauen entwickeln und deine Beziehung zu einer höheren Wirklichkeit aufbauen oder vertiefen kannst, sind die neun Hauptpraktiken des Bhakti Yoga. Auch wenn du nicht an eine höhere Wirklichkeit glaubst, die Idee dich aber interessiert und doch irgendwie berührt, kannst du die Bhakti-Praktiken einfach mal ausprobieren und schauen, wie sich das auswirkt.
1. Shravanah: Hören oder Lesen von Geschichten über Gott und die Heiligen
2. Kirtana: Singen spiritueller Lieder
3. Vandana: Verneigen
4. Pada Sevana: Einen Altar haben, Symbole für Gott haben
5. Smarana: Dich an Gott erinnern, Gott vergegenwärtigen
6. Archana: Rituale zur Verehrung Gottes
7. Dasya: Kultivierung des Gefühls, Gottes Diener zu sein; nicht aus der Ich-Identifikation, aus dem Ego heraus zu handeln
8. Sakhya: Kultivierung des Gefühls von Gott als Freund
9. Atmanivedana: Vollkommene Hingabe an Gott. Das eigene Selbst mit Gott verschmelzen.
Was kann das für dich im praktischen Leben, in der praktischen Umsetzung bedeuten?
bedeutet zum Beispiel Geschichten erzählen, hören, lesen über verschiedene Aspekte Gottes und Heilige. Im Christentum bedeutet es zum Beispiel die Bibel zu lesen. Im Alten und Neuen Testament liest du über das Wirken Gottes, von Jesus, über die Apostel, die Propheten, und vielleicht liest du auch Biografien christlicher Heiliger und Mystiker/Mystikerinnen.
Gerade im evangelischen Christentum, insbesondere im lutherischen Christentum, ist das Lesen der Bibel eine der wichtigsten Praktiken. Über spirituelle Lektüre verbindest du dich mit Gott. Es richtet deinen Geist neu aus. Du spürst darüber eine Verbindung zu Gott. Du spürst göttliche Gnade und Segen.
Ebenso kannst du Schriften anderer Traditionen lesen, wie die Bhagavad Gita oder die Upanishaden als Beispiele indischer Schriften, den Koran, den Talmud, und natürlich über Heilige und Meister/Meisterinnen aller Traditionen. Es gibt zum Beispiel Biografien über Swami Sivananda wie „Swami Sivananda - ein moderner Heiliger“ oder „Swami Sivanandas Botschaft vom Göttlichen Leben“ oder „Sivananda Yoga“.
Es gibt Biografien über Paramahamsa Yogananda wie die „Autobiografie eines Yogi“, von Ramana Maharishi, Mutter Theresa, Krishnamurti, Sri Aurobindo oder Anandamayi Ma, Teresa von Avila und viele andere. Wenn du über sie liest, merkst du, sie haben ihr Leben auf Gott ausgerichtet, sie haben Gott erfahren und über die Einstimmung darauf kannst auch du eine höhere Wirklichkeit erahnen und erfahren.
bedeutet, spirituelle Lieder zu singen wie Mantras oder Lieder aus anderen Traditionen. Besonders vor der Meditation ist es hilfreich, sich mit einem Mantra einzustimmen. Du kannst Mantras singen oder hören – zum Beispiel CDs oder Audios im Internet, oder indem du gemeinsam mit anderen singst, zum Beispiel in einem Satsang (Sat-Sanga = Gemeinschaft mit anderen, Gemeinschaft mit Sat = Wahrheit), in einem Yogazentrum oder Ashram. Das verbindet, gibt dir zusätzliche Energie und öffnet das Herz.
wörtlich: sich verneigen. Ehrerbietung haben. Innerlich Ehrfurcht haben vor der Großartigkeit der Schöpfung. Du kannst das einfach nur als eine innere Einstellung kultivieren oder dich innerlich oder sogar äußerlich verneigen als Symbol für diese Verehrung, diese Ehrfurcht.
In Indien ist es sogar üblich, andere mit „Namaste“ und vor der Brust zusammen gelegten Händen zu grüßen und eine Verneigung anzudeuten oder sich sogar ganz bis zum Boden zu verneigen.
Du kannst üben, Gott tagsüber zum Beispiel in der Schönheit oder in Alltagsgegenständen zu sehen und dich innerlich oder symbolisch davor verneigen. Zum Beispiel wenn du eine Blume - eine Rose, eine Orchidee, eine Zimmerpflanze – siehst und dir in Ehrerbietung ihrer Schönheit und des Wunders der Schöpfung bewusst wirst. Oder wenn du einen Baum anschaust, ihn auf dich wirken lässt und das Göttliche darin fühlen kannst.
Du kannst dich symbolisch verneigen, diesen Bezug zu Gott wahrnehmen und so das Gefühl von Ehrerbietung in dir wachsen lassen. Das macht das Leben mystischer und magischer, macht es schön, voller Freude, und schenkt dir inmitten des Alltags Momente der Freude und Erhabenheit.
Vandana heißt also, das Göttliche mit Respekt zu spüren - in der Schöpfung, in jedem Menschen, in allem Sein. Vandana kann auch bedeuten, deinen Partner/deine Partnerin anzuschauen, die Liebe und Verbindung zu spüren und dankbar dafür zu sein. Oder dein Kind anzuschauen und es von Herzen her zu spüren, mit Freude, Liebe und Dankbarkeit.
einen Altar zu haben, zum Beispiel mit Figuren, Skulpturen, Bildern oder anderen Symbolen, die für Gott stehen. Du kannst dir einen besonders gestalteten Platz einrichten mit einer Atmosphäre, die dir ein Gefühl von Erhabenheit vermittelt. Dort fällt es dir dann auch leichter, Abstand vom Alltag zu gewinnen.
Du kannst den Platz wie einen christlichen Altar gestalten oder mit einer Mischung von Symbolen verschiedener Religionen und Kulturen, wie zum Beispiel einem Buddha, einem Ganesha, einem Krishna, einem Om-Zeichen, einer Maria und einem Jesus, einem Kreuz, einem Halbmond, einem Bergkristall oder Rosenquarz, mit Pflanzen, einer Kerze, Räucherstäbchen usw.
Seva heißt auch Dienst, also deinen besonderen Platz auch zu pflegen. Zum Beispiel eine Kerze oder ein Räucherstäbchen anzünden oder frische Blumen hinstellen. All das hilft dir, ein Gefühl der göttlichen Gegenwart zu entwickeln.
sind Rituale zur Verehrung Gottes. Rituale gibt es in unterschiedlicher Form in den verschiedensten Religionen und auch religionsübergreifend. Im Bhakti Yoga ist eine einfache und neutrale Form des Rituals, das du auch leicht selbst machen kannst, die Arati-Lichtzeremonie:
Du zündest eine Kerze oder eine Öllampe an und schwenkst sie ein paar Mal mit der rechten Hand im Uhrzeigersinn vor dem Altar. Wenn du es ausführlicher machen willst, kannst du dabei auch Arati-Mantras rezitieren, welche eine Anrufung von Licht sind.
Andere etwas komplexere Rituale sind Puja (Zeremonie mit symbolischen Handlungen und Rezitationen) und Homa (Feuerritual). Sie können in einer einfachen, mittleren oder sehr komplexen Version ausgeführt werden.
Du kannst auch dein eigenes Ritual entwickeln und pflegen. Zum Beispiel dich vor deinem Altar verneigen, wenn du morgens aufwachst oder bevor du abends schlafen gehst. Oder zum Himmel schauen, zu den Sternen oder zur Sonne.
All das trägt bei zu einer neuen Bewusstheit und Qualität deines Lebens über das rein Materielle hinaus.
Erinnern. Alle Techniken des Bhakti Yoga helfen dir, dich an Gott, an eine höhere Wirklichkeit, zu erinnern. Im engeren Sinn bedeutet Smarana auch, ein Gebet zu sprechen. Einfache neutrale Gebete, die du ausprobieren kannst, wenn du möchtest, sind zum Beispiel:
„Gott, wenn es dich gibt, lasse mich dich erfahren.“ „Wenn es dich gibt, lasse mich dich spüren.“
Wenn du ein konkretes Anliegen hast: „O Gott, wenn es dich gibt, so möchte ich dir sagen…“
Wenn du Vertrauen entwickeln willst oder nicht weiter weißt: „O Gott, wenn es dich gibt, bitte führe mich (oder: hilf mir).“
Sage in deinen eigenen Worten, so, wie es dir stimmig erscheint, was du auf dem Herzen hast. Bitte darum, dass Er/Sie/Es dir zeigt, was zu tun ist. Oder bedanke dich für etwas. Oder erzähle Ihm/Ihr, was du heute erlebt hast.
Das kannst du auch ausprobieren, wenn du nicht an Gott glaubst, aber die Möglichkeit nicht ganz ausschließt, dass es vielleicht doch eine höhere Wirklichkeit geben könnte und dass du in der Lage sein könntest, mit diesem Göttlichen Kontakt aufzunehmen.
Du kannst dich auch auf andere Weise an eine höhere Wirklichkeit erinnern (Smarana), nämlich indem du versuchst, in allen Ereignissen, Menschen und Wesen, mit denen du in Kontakt kommst eine Manifestation Gottes zu sehen. So kannst du dich auch mitten in deinem normalen Alltag immer wieder an etwas Höheres erinnern.
das Gefühl zu kultivieren, Gottes Diener/Dienerin zu sein. Überantworte Gott dein Tun – damit vermischen sich Gebet, Erinnern und Dienen.
Manchmal brauchst du Geduld, um Gott zu dienen. Manchmal musst du mutig sein, Dinge in Angriff nehmen und dich durchsetzen. Du kannst alles vertrauensvoll Gott darbringen. Auf diese Weise kannst du die Ereignisse des Tages loslassen und einer höheren Kraft anvertrauen. Das kann eine sehr heilsame, entlastende und Stress reduzierende Wirkung haben.
Freundschaft zu Gott erfahren. Mit einem Freund/einer Freundin bist du vertraut. Du kannst zu Gott als einem Freund/einer Freundin sprechen, eine freundschaftliche Gegenwart aufbauen, dich von Gott umarmt fühlen. Du bist nicht allein; da ist immer eine Präsenz da, an die du dich wenden kannst, die dich versteht, der du alles anvertrauen kannst.
Als Freund/Freundin kannst du auch mit Gott schimpfen, wenn etwas schwierig ist und du nicht weiter weißt oder mit etwas nicht zurechtkommst. Diese Einstellungen führen schließlich zum höchsten Bhakti Yoga, nämlich
vollkommene Hingabe an Gott. Vollkommene Darbringung deiner Selbst an Gott. Atma = Selbst, nivedana = darbringen. Du kannst zum Beispiel sagen: „O Gott, alles was ich bin, bin ich durch dich und in dir; alles was ich tue, tue ich durch dich; alles was ich habe, habe ich von dir. Letztlich: Ich bin du – Ich bin in dir, du bist in mir. Du bist inwendig in mir, du bist überall. Du manifestierst dich in jedem Menschen, in jedem Ereignis, in jeder Aufgabe.“
Schließlich spürst du Gott überall. In dir, außerhalb von dir, überall – das ist Atmanivedana, vollkommene Hingabe, vollkommenes Verschmelzen mit Gott.
Vielleicht berühren dich diese wenigen einführenden Worte zum Bhakti Yoga tief im Herzen. Vielleicht sagt es dir aber auch zunächst wenig bzw. du kannst wenig damit anfangen. Wenn du wenig Bezug zu Gott hast, kann diese Einführung eine Erklärung sein und dein Verständnis dafür wecken, was Gott bzw. Bhakti Yoga für andere Menschen bedeuten kann.
Vielleicht regt es dich auch an, es einfach mal auszuprobieren.
Immer wieder mache den Versuch, Gott/eine höhere Wirklichkeit zu erfahren:
Du kannst überlegen, ob du deine Beziehung zu Gott durch eine dieser Bhakti Praktiken wecken, erneuern oder vertiefen möchtest:
Affirmationen oder Gebete morgens sind eine gute Weise, den Tag mit Liebe, Freude und Herz zu beginnen.
Gott um Führung und Hilfe bitten, zum Beispiel bei einem Problem oder wenn du vor einer Entscheidung stehst
Versuchen, in allem was dir begegnet, Gottes Hand und Führung zu sehen.