Vers 14

Kaivaai KadhirVel Murugan Kazhalpetru
Uivaai Manane Ozhivaai Ozhivaai
Meivaai Vizhinaasi Yodum Seviyaam
Aivaai Vazhi Sellum Avaavinaiye


Murugan mit dem strahlenden Vel in der Hand – Seine Füsse erreiche
Und sei gerettet, o Geist! Gib auf, gib bald auf
Die Begierden, die durch die vier und einen Sinne laufen:
Der Körper, Mund, Augen, Nase und Ohr, zusätzlich.


„O Geist! Gib auf, gib auf die Begierden, die sich durch die fünf Sinnesorgane
des Körpers (Haut), Mund, Augen, Nase und Ohren (zum Genuss der Gegenstände der Welt) projizieren; Erlange die Lotus-Füße Murugans mit dem
strahlenden Vel in der Hand und sei gerettet (d.h. erlange Erlösung).

Erklärung:

Wünsche, sagt Arunagiri, stehen dem Erlangen von Anubhuti (Gottesverwirklichung), spiritueller Erfahrung, im Wege. Sie zerstreuen die Persönlichkeit in verschiedene Richtungen und zerstören inneren Frieden und Glück. Wünsche sind das größte Hindernis auf dem Weg zur Befreiung. Darum die Ermahnung an den Geist, Begierden aufzugeben. Die Notwendigkeit dafür ist so groß, dass Arunagiri zweimal wiederholt „Gib auf, o Geist, gib auf Begierden, die sich durch die Sinne projizieren.“ Die Begründung, warum Wünsche Hindernisse sind und aufgegeben werden müssen, ist in dem Vers so verdeckt angedeutet, dass sie kaum wahrgenommen wird. Wünsche aktivieren die Sinne und regen diese an, projizieren sich durch die Sinne und externalisieren somit das Bewusst sein. Das ist das Verderben für die spirituelle Suche. Die Tendenz der Wünsche, die innere Persönlichkeit (das Bewusstsein) zu externalisieren, um Kontakt mit der Welt draußen zu haben und nicht zuzulassen, dass sie in sich selbst ruht, ist die Ursache unseres Unglücks. Das Ruhen des Bewusstseins, heißt es, ist in sich selbst wahres Glück, was jeder von uns andeutungsweise täglich im Tiefschlaf erfährt. Im Tiefschlaf gibt es keine Gegenstände, keinen Kontakt mit ihnen, kein sinnliches oder mentales Funktionieren und doch ist man so glücklich.

Man sehnt sich nach Schlaf aufgrund des Glücks, das er gibt. Man mag körperliche Leiden oder mentale Sorgen haben, sie verschwinden im Schlaf. Schlaf gibt das nötige Glück und den Trost, die man von keiner anderen Quelle bekommen kann. Woher kommt das? Jenseits des Körpers, jenseits der Sinne, jenseits des Denkens ist das Selbst, reines Bewusstsein (Atman oder Gott), das eine Verkörperung von Glückseligkeit ist. Wenn sich der Geist durch die Sinne projiziert, geht er von seiner Quelle weg und wird so des Glücks beraubt. Wenn er zu seiner Quelle zurückkehrt, genießt er den Segen des Selbst. Im Schlaf gibt es einen dünnen Schleier der Unwissenheit, der das Verschmelzen des Geistes mit dem Selbst verhindert und darum erfährt man den Segen passiv und kehrt wieder in das alte Unglück zurück.

Aber in spiritueller Vereinigung oder Verwirklichung wird der Schleier ein für allemal zerrissen, man erfährt wirkliches Glück, das Ziel allen Sadhanas, worauf dieser Vers den Geist lenkt. Warum sollten Wünsche aufgegeben werden, um spirituelle Erfahrungen zu suchen? Warum sollte man nicht die Wonne des Selbst und auch Sinnesfreuden haben? Nun, es ist nichts Schlechtes dabei! Aber die Frage ist, ob es möglich ist. Nein. Die beiden können aus offensichtlichen Gründen nicht zusammenkommen. Sie sind diametral entgegengesetzt und können nicht koexistieren, so wie Dunkelheit und Licht oder Tag und Nacht nicht gleichzeitig sein können.

Wenn wir nicht beides haben können, können wir dann nicht die Erfüllung unserer Wünsche haben und zufrieden sein? Nein; es geht nicht, weil Wünsche nie wirklich erfüllt werden können. Das ist die einheitliche Aussage der Schriften und auch die Erfahrung aller Menschen. Sinnesgenuss verstärkt den Wunsch nach weiterem Genuss, wie Ghee (geschmolzene Butter), das ins Feuer gegossen wird, dieses aufflammen und nach mehr verlangen lässt. Es gibt niemanden, dessen Wünsche durch Genuss erfüllt wurden und der sagen könnte, dass er keine weiteren Wünsche mehr hat. Man strebt nach immer neuer Erfüllung von Begierden, verbunden mit Mängeln und unrechtem Handeln. Also können die Wünsche weder erfüllt werden, noch ist diese Erfüllung begehrenswert. Noch können diese Wünsche lange unterdrückt werden.

Das wäre so, als wollte man eine mächtige Quelle unter Kontrolle halten, die sofort in ihre ursprüngliche Position zurückkommen würde, in dem Moment wo der Druck ein wenig nachgelassen wird, und wir wissen, dass nicht immer Druck ausgeübt werden kann, aufgrund unserer eigenen Schwäche. Eine Kraft kann nicht kontrolliert werden, ohne dass sie anderswo eingesetzt wird. Wenn das Wasser eines Flusses durch einen großen Damm aufgestaut wird, muss es in andere Richtungen aufgeteilt und genutzt werden, ansonsten wird der Damm schnell von der Kraft des Wassers fortgewaschen werden.

Darum können Begierden weder endgültig erfüllt noch für immer kontrolliert werden. Sie müssen entweder aufgegeben oder sublimiert werden. Aber obwohl man das alles weiß, sind Wünsche nicht leicht loszuwerden. Sie verlassen uns nicht einfach so, nur weil wir sagen „geht weg“. Sie schreien nach Befriedigung. Warum? Eine kleine Untersuchung der Natur von Wünschen ist notwendig, um dies zu verstehen. Wir müssen ein wenig tiefer gehen und den Grund für die Existenz von Wünschen herausfinden, was ein Wunsch ist oder warum es überhaupt Wünsche gibt.

Eine tiefere Analyse zeigt, dass Wünsche nicht vom Körper kommen oder von den Sinnen oder selbst vom Geist, sondern diese sind alle nur Ausdruckskanäle einer Kraft, die Begierde genannt wird. Diese Kraft stammt letztendlich vom Atman, der dem Körper innewohnt. Der Jivatman, der sich sozusagen selbst von Gott abgetrennt hat, sehnt sich nach der Wiedervereinigung mit seiner Quelle. Obwohl dieses ruhelose Streben des Jiva sich mit Gott zu vereinigen echt und lobenswert ist, drückt es sich als Wünsche aus, wenn es fehlgeleitet wird, durch eine nach außen gerichtete Tendenz, mit den äußeren Objekten durch den Geist und die Sinne in Kontakt zu kommen.

Es braucht daher nur eine Neuausrichtung, eine Hinwendung nach innen. Wie ein Mensch, der sich vom Zentrum wegbewegt hat und dorthin zurückgelangen will, nur seine Schritte zurückverfolgen muss und nicht weitergehen darf, muss sich die Seelenkraft (Wunsch genannt, wenn sie sich durch die Sinne ausdrückt) von ihren Wanderungen in der Sinneswelt abwenden und sich in die Quelle, den Atman, zurückziehen; dieser Prozess wird Sublimation der Wünsche genannt. Sie darf nicht weiter durch die veräußerlichende Aktivität durch die Sinne nach außen streben. Darum die Anweisung an den Geist, auf das Projizieren der Wünsche durch die Sinne zu verzichten.

Die Wünsche, die sich über die fünf Straßen (der Sinne) nach außen projizieren, müssen aufgegeben werden, das ist die Anweisung des Heiligen. Arunagiris Anweisung ist umfassend. Es ist nicht nur die Beherrschung eines Sinnes. Die Beherrschung von diesem oder jenem Sinn alleine ist nicht ausreichend, denn wenn ein Sinn kontrolliert wird, dringt die Energie durch einen anderen nach außen dringen, weil Wünsche, wie wir vorhin gesehen haben, eine Kraft sind, die versuchen, sich wo immer es möglich ist auszudrücken – durch diesen Sinn, wenn das nicht möglich ist durch einen zweiten, einen dritten usw. Darum wird eine umfassende Bewahrung der Energie empfohlen.

Wenn ein Sinn unbeherrscht bleibt, wird er einen Riesenlärm machen und dauernd Chaos verursachen. Nur wenn die Energie vollständig bewahrt wird, kann sie für den höheren Zweck der Meditation auf Gott verwendet werden. Arunagiri begnügt sich nicht damit zu sagen: „O Geist, gib die Begierden auf “, sondern zeigt ihm auch, wie er sich retten kann, nämlich indem er die Füße Gottes erreicht. Dies ist wiederum eine vollständige Anweisung. Der Geist, der die Wünsche aufgeben will, muss etwas anderes haben, an das er sich halten kann. Wenn der Geist einen Gegenstand loslässt, wird er an einen anderen denken, weil es seine natürliche Tendenz, sein Dharma, seine Aufgabe ist.

Zu denken ist die Funktion des Geistes. Wenn also der Geist dazu gebracht wird, den Wunsch nach einer Art von Gegenständen aufzugeben, wird er Anhaftung an eine andere Art haben, weil er nicht anders kann als zu denken, was ebenso schlecht ist. Wenn also der Geist alle Wünsche nach allen Objekten aufgeben soll, muss er an etwas anderes denken, dessen Charakter dem der Gegenstände unähnlich ist. Es wird ihm darum geraten, an Gott zu denken. Wie unterscheidet sich jetzt der Gedanke an Gott von dem an ein Objekt? Gott ist kein Objekt. Während Objekte partikularisierte Existenz sind, ist Gott universale Existenz.

An Gott zu denken heißt darum, an das Universale zu denken, was sofort allem Denken an Teile ein Ende setzt, weil es für das Univer sale nichts Äußeres gibt. Das Universale schließt alle Teile mit ein und transzendiert sie. Der Gedanke an Gott ist daher ein Gegenmittel für die Gedanken an Objekte; ersterer wird Bhagavat-Chintana genannt und letzterer Vishaya-Chintana; der erstere führt zu Befreiung, der letztere zu Bindung und Unglück. Nicht nur, dass der Geist nicht anders kann als zu denken, er kann auch nicht an mehr als eine Sache gleichzeitig denken.

Dieses Geheimnis müssen Suchende verstehen und richtig anwenden. Der Geist kann entweder an Gott denken und so gerettet werden oder er kann an Gegenstände denken und in endlosem Unglück landen. Darum gilt der Geist als Ursache sowohl von Befrei ung wie auch von Bindung. Der Geist ist seiner Natur nach unstet. Er kann nicht lange Zeit konzentriert bei einer Sache bleiben; selbst nicht einmal eine Minute lang kann er sich ganz auf ein Ding fixieren. So unstet ist der Geist, und der einzige Weg ihn zu festigen, ist, ihn dazu zu bringen, an Gott zu denken. Um den Geist davon zu entwöhnen, bei den Gegenständen zu weilen, muss man ihm etwas Attraktiveres, Angenehmeres und Absorbierenderes geben; das Beste ist Gott selbst.

Darum rät der Heilige dem Geist, Zuflucht zu den Lotus-Füßen von Lord Murugan zu nehmen, der den strahlenden Vel in der Hand hält. Er spricht vom Vel als dem strahlenden Vel. Er ist das Symbol des reinen Bewusstseins und in den höheren Stufen der Meditation auf Skanda bleibt, so sagen Menschen mit Erfahrung, nur der Vel zurück, der Weisheit und reine Intelligenz repräsentiert. Intelligenz muss vom Intellekt unterschieden werden, der ein endliches Instrument ist, ein Mittel des Ausdrucks der Intelligenz.

Der Vel ist Intelligenz selbst und wird auch als Shakti-Vel und Jnana-Vel bezeichnet. Der Vel wird oft mit Murugan identifiziert. Darum ist Denken an oder Meditation auf Murugan gleichbedeutend mit Meditation auf den Vel, reine Intelligenz, das innerste Selbst, die alle reines Bewusstsein sind. Die Sinnesenergien, die nach innen gezogen werden, indem man die Wünsche aufgibt, liefern die benötigte Energie, damit sich der Geist auf das innere Selbst (Murugan) konzentrieren kann. Und das ist der Weg der Erlösung, die Arunagiri dem Geist empfiehlt.

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Nach seiner Rückkehr zu seinem ursprünglichen Bewusstseinszustand von diesem zeitlich begrenzten spirituellen Bewusstsein, das ihm vom Guru „gegeben“ wurde, strebt der Sadhaka jetzt danach, diese Erfahrung durch Sadhana zu „erreichen“. Darum die Anweisung an den Geist alle Wünsche aufzugeben und Zuflucht bei Gott zu suchen. Hier geht es nicht um Wünsche nach diesem oder jenem Gegenstand noch nach bestimmten Dingen, sondern um den Wunsch an sich; d.h. der Geist sehnt sich danach, sich irgendwie durch einen Sinneskanal zu projizieren und mit Objekten in Kontakt zu kommen. Deshalb die Anweisung, alle fünf Sinne zu beherrschen und alle Wünsche aufzugeben, weil sie versuchen, sich durch den Sinn zu veräußerlichen, der vielleicht schwach ist. Der Geist muss dann auf Gott, das innere Selbst, fixiert werden. Wenn man dann die Füße Gottes erlangt, nimmt die Maya Reißaus.