Vers 35

Vidhikaanum Udambai Vidaa Vinaiyeen
Gadhikaana Malarkkazhal Enru Arulvaai
Madhivaanudhal Valliyai Alladhupin
Thudhiyaa Viradhaa Surabhoopathiye


Von solchen Handlungen bin ich, dass ich nicht diesen Karma

erfahrenden Körper aufgebe, Um Mukti zu erlangen, wann wirst Du mir Deine Lotus-Füße gewähren?
Außer Valli, mit einem Gesicht, das wie der Mond strahlt,
Niemanden sonst zu preisen ist Dein Gelübde, O Herr des Himmels!


„O Herr von Devaloka! O Skanda, dessen Schwur (göttliches Versprechen) es
ist, niemand außer Valli zu preisen, deren Stirn wie der Mond leuchtet! Ich bin
von solchen Karmas, dass ich nicht (die Verhaftung an) diesen Karma erfahrenden Körper loslasse. Wann wirst Du mir Deine Lotus-Füße gewähren,
damit ich Befreiung erlangen kann?“

Erklärung:

Karmas werden in drei Gruppen eingeteilt: Sanchita, Prarabdha und Agami. Die akkumulierten Wirkungen der Handlungen aller vergangenen Leben sind das Sanchita Karma, das der Jiva von Geburt zu Geburt trägt. Bis das Sanchita Karma vollständig erschöpft ist, gibt es kein Heil für den Jiva. Ein Teil des Sanchita Karmas wird herausgenommen und in einer bestimmten Inkarnation des Jivas ausgearbeitet. Dieser Teil wird dann Prarabdha Karma genannt. Während der Jiva so sein Prarabdha Karma durch einen bestimmten Körper ausarbeitet, führt er neue Handlungen aus, die Agami Karma genannt werden und die der Waagschale seines Sanchita Karmas hinzugefügt werden. Das Sanchita Karma eines Individuums kann man mit einem Girokonto ver gleichen, von dem das Prarabdha Karma abgezogen und das Agami Karma eingezahlt wird. Während der gegenwärtige Körper eine bestimmte Menge des Sanchita Karmas ausarbeitet, fügt es ihm auch wieder etwas hinzu. Dieser Körper ist gleichzeitig ein Produkt von Prarabdha und eine Ursache für Agami. Es scheint deshalb unmöglich, vom Kreislauf der Wiedergeburten befreit zu werden, weil das Sanchita sich niemals erschöpft.

Natürlich erhebt sich die Frage: „Gibt es keinen Ausweg?“ Normalerweise ist es für den Menschen nicht möglich, aus diesem Teufelskreis herauszukommen. Darum sagt Arunagiri: „Ich habe solche Karmas, dass ich meine Anhaftung an den Körper nicht aufgeben kann.“ Der Körper ist dazu da, die Erfahrungen zu durchleben, die aus früherem Karma resultieren und so das Sanchita allmählich aufzubrauchen. Es sollten keine frischen Karmas hinzugefügt werden, obwohl es normalerweise unmöglich ist, das zu vermeiden, wegen der Identifikation des Jivas mit dem Körper und der daraus folgenden Vorstellung, der Handelnde und der Genießende zu sein. Als Gegenmittel wird Karma-Yoga empfohlen. Als Instrument in den Händen Gottes zu arbeiten, ohne Erwartung der Früchte seiner Arbeit, ist die Essenz des Karma-Yoga.

Echtes Karma-Yoga, was an sich für einen Menschen schon schwierig genug ist, stellt sicher, dass die jetzigen Handlungen keine Reaktionen (in Form künftiger Karmas) hervorrufen. Aber selbst wenn es einem gelänge dies erfolgreich zu machen, würde man damit nur das vergangene Karma ausarbeiten, ohne dem Speicher des Sanchita frisches Karma hinzuzufügen. Selbst dann hätte man noch soviel Sanchita Karma, dass es zu weiteren Geburten führt. Aber die Schriften und Heiligen werden niemals müde zu betonen, dass es der Zweck des menschlichen Lebens ist, Gottesverwirklichung zu erlangen, nicht in einem zukünftigen Leben, sondern jetzt in diesem Leben. Swami Sivanandaji sagt: „Das Ziel des Lebens ist Gottesverwirklichung. Erreiche dies in diesem Leben, nein, in dieser Sekunde!“ Wie soll man das machen, ist die Frage. Es gibt nur einen Weg. Gott muss „seine Lotus-Füße gewähren“, sagt Arunagiri. Gott, Gottes Lotus-Füße, Gnade, Göttliches Bewusstsein, Selbst, Weisheit – das bedeutet alles dasselbe. Das Gewähren der Lotus-Füße ist eine äußere Handlung, die symbolisch für eine innere Transformation in unserem Bewusstsein steht. Sie ist die Dämmerung der Weisheit, das Feuer des Wissens, das Karmas zu Asche verbrennt.

Der Jiva ist eine eigenartige Mischung aus zwei Elementen – Purusha und Prakriti; das Licht des Bewusstseins, der Geist, die Sinne usw. Purusha ist reines Bewusstsein ohne Aktivität und Prakriti ist Aktivität ohne Bewusstsein. Im Jiva gibt es eine gegenseitige Übertragung von Eigenschaften des einen auf das andere und als Folge davon empfindet sich das Bewusstsein, der, als der Handelnde und der Genießende, während Gemüt und Körper mit Bewusstsein ausgestattet scheinen. Das Jiva-Bewusstsein kann sich mit dem Geist und dem Körper identifizieren und sich als den Erfahrenden vergangenen Karmas und den Schöpfer neuen Karmas betrachten; oder es kann sich mit dem reinen Bewusstsein, dem höheren Selbst identifizieren und von den drei Arten von Karma unberührt bleiben. Der Jiva hat sich viele Geburten lang mit dem Körper identifiziert, so dass diese falsche Identifikation fast natürlich für ihn geworden ist und er seine wirkliche Identität vergessen hat. Wenn die Füße Gottes gewährt werden, wenn Weisheit dämmert, wenn der Jiva zu seinem ursprünglichen Zustand reinen Bewusstseins erweckt wird, wenn Gottes Gnade herabsteigt, dann identifiziert sich der Purusha nicht länger mit Prakriti und der Mensch ist aus der Umklammerung des Karmas befreit. Wann und wie dies geschieht, ist natürlich ein Geheimnis. Gottes Gnade ist der einzige Weg. Eine inbrünstige Sehnsucht, ernsthaftes Gebet, Hingabe an Gott mit ganzer Seele ist der Weg. Darum dieses Gebet von Arunagiri an Gott, seine Lotus- Füße zu gewähren, um Befreiung zu erlangen.

Die Frage ist jetzt, was passiert mit dem Prarabdha Karma, das schon begonnen hat zu wirken? Normalerweise arbeitet der Körper das Prarabdha aus und gleichzeitig häuft er Agami Karma an; der Kreislauf von Geburt und Tod ist endlos. Der Karma-Yogi erschöpft sein Prarabdha, er schafft kein Agami, aber lässt sein Sanchita unberührt. Er muss noch öfter wiedergeboren werden, um sein Sanchita zu leeren und Befreiung zu erlangen. Aber der Jnani, der sich mit dem reinen Bewusstsein identifiziert hat, bleibt von den drei Arten von Karmas unberührt. Für den Betrachter mag es so aussehen, als würde er sein Prarabdha Karma erleiden, aber nicht für ihn selbst.

Wer als reines Bewusstsein verbleibt, welchen Körper kann er als seinen eigenen betrachten und welchen als den von anderen? Dieser Körper, den die Betrachter für seinen halten, ist für ihn so gut wie jeder andere Körper. Tatsächlich gibt es für ihn überhaupt keine Körper oder Materie, sondern nur Bewusstsein, das überall fließt, da er zu einem anderen Reich der Wirklichkeit gehört. Genauso wie wenn man aus einem Traum erwacht, sich die Traum-Bank, der Traum-Kontostand, Kredit, Schulden und die vielfältigen Transaktionen des Traumes zusammen mit dem Traumsubjekt auflösen und in das einheitliche Wachbewusstsein transzendiert werden, so wird das gesamte phänomenale Spiel der Karmas und des Subjektes, das die Karmas erfährt, in Gottesbewusstsein transzendiert. Sie gehören zu zwei unterschiedlichen Ebenen der Wirklichkeit und die Gesetze des einen Bereichs sind in dem anderen nicht gültig.

Lord Skanda tötete Surapadma, befreite die Devas von seiner Tyrannei und setzte sie wieder in ihren ursprünglichen Positionen in Devaloka ein. Darum ist er der Herr der Devas und von Indraloka.

Valli Devi leuchtet mit einer strahlenden Stirn aufgrund ihrer einpünktigen Hingabe an Gott. Von Kindheit an hatte sie intensive Liebe für Murugan und dachte immer an Ihn, Seine göttlichen Lilas, Seinen Ruhm etc. Ihr Geist war immer in Gott aufgegangen und sie war entschlossen, nur Lord Skanda zu heiraten. Erfreut über ihre ernsthafte Sehnsucht, ihn zu erreichen, ging Murugan zu den Feldern, wo Valli war. Er lobte sie, testete ihre Hingabe und nahm sie schließlich als Seine Gemahlin an. Er pries Valli aufgrund ihrer vollständigen Hingabe an ihn. Dies ist Sein Vrata (Gelübde), Seine Grundhaltung.

Valli Devi repräsentiert den Jiva, der sich nach Vereinigung mit Gott sehnt. Die Haltung Gottes, niemanden sonst außer Valli zu preisen, heißt, er versucht ernsthaft strebenden Seelen zu helfen, die alles Äußere ablehnen und sich ausschließlich Gott hingeben. An diesen Skanda geht Arunagiris Gebet, ihm Seine Lotus-Füße zu gewähren.

*

Der Sadhaka möchte jetzt selbst das wenige Prarabdha Karma loswerden, das ihn von jener höchsten Erfahrung zurück zur normalen Welterfahrung gebracht hat (Vers 31), ebenso wie sein Sanchita und Agami Karma, die ihm weitere Wiedergeburten bringen könnten. Er betet daher zu Gott, ihm Seine Lotus- Füße, also Befreiung zu gewähren. Dass er Gott anruft, dessen einziges Vrata (Gelübde) es ist, sehnsüchtige Seelen anzunehmen, wie im Falle von Valli Devi, zeigt, dass sein Streben nach Befreiung vom Samsara sehr intensiv ist.