9. Kapitel - Lernen durch Dienen

Swamijis guru, Swami Sivananda, legte großen Wert auf Karma Yoga, den Yoga des selbstlosen Dienens für die Menschheit. Er lehrte, dass das der beste Weg sei, das Herz zu öffnen und negative Eigenschaften zu beseitigen. Swamiji lernte viele wichtige Lektionen, indem er beobachtete, wie Swami Sivananda Karma Yoga nutzte, um den Menschen bei ihrem spirituellen Wachstum zu helfen.

Eine Frau aus Bombay schrieb dem Meister folgenden Brief: „Ich möchte eine Wohltätigkeitsveranstaltung organisieren, einen besonderen indischen Tanz, um Geld für den Sivananda ashram zu sammeln, den ashram des Meisters in Rishikesh. Soll ich das Programm so durchführen, Geld in Bombay sammeln und es Ihnen dann schicken?
Ich möchte Ihren Segen, Ihren Rat und Ihre Erlaubnis.“ Der Meister bekam den Brief, schaute ihn an und rief mir zu:

„Vishnu Swamiji, hole Param Swamiji her.“ Swamiji Param war der älteste Schüler, der erste Swami, der zum Meister gekommen war, als er in seiner Anfangszeit noch in Swargashram intensiv praktizierte. Wir riefen Paramanandaji aus seinem Büro herbei. Der Meister gab ihm den Brief. „Paramamandaji, bitte beantworte diesen Brief. Es geht um eine Wohltätigkeitsveranstaltung.“

Swami Paramanandaji war ein bisschen so etwas wie ein geschäftstüchtiger Swami. Der Meister hatte keine Ahnung von solchen Sachen, wer gut war in geschäftlichen Angelegenheiten, wer ein Schlitzohr war, wem man vertrauen konnte usw. Daher gab er den Brief Paramanandaji, der ihn nur kurz anschaute. Er kannte diese Dame sehr gut. Sie war nicht wirklich jemand, dem man vertrauen konnte. Sie sammelte vielleicht Geld im Namen des Meisters, ohne es ihm zu schicken oder sie schickte nur ein wenig und behielt den Rest. Man wusste nicht wirklich, was sie tun würde. Also, was sollte er tun? Sie war schon mehrmals im ashram gewesen und der Meister wusste, dass Paramanandaji sie nicht leiden konnte.

Seht ihr die Schönheit des Meisters? Er wusste, dass Paramanandaji diese Dame nicht mochte. Also gab er ihm ihren Brief. Es gab so viele andere Swamis, denen er den Brief hätte geben können, aber er gab ihn keinem anderen. Er rief Paramanandaji und sagte zu ihm: „Du beantwortest diesen Brief.“ Und das war’s. Er sagte nichts weiter.

Paramanandaji nahm diesen und andere Briefe und ging in sein Büro, um sie zu lesen. Er beantwortete den Brief mit folgenden Worten: „Mein Segen ist Ihnen gewiss, machen Sie weiter und organisieren Sie diese Veranstaltung.“ Aber er wusste, dass sie eventuell nicht ehrlich mit unserem ashramumgehen würde. Also hätte er eigentlich nicht zustimmen sollen. Angenommen, er hätte abgelehnt und gesagt: „Bitte sagen Sie das Programm ab. Machen Sie es nicht, es ist im Moment nicht nötig.“ Aber wenn er das geschrieben hätte, dann hätte der Meister denken können, dass er sie nicht leiden kann. Also, was sollte er tun? Er war in einem Dilemma; wenn er zustimmte, war es schlecht, wenn er ablehnte, war es auch schlecht.

Also schrieb er 2 kleine Karten. Auf der einen stand: „Mein Segen ist mit Ihnen, bitte machen Sie weiter.“ Auf der anderen stand: „Ich glaube nicht, es ist nicht die richtige Zeit.“ Er tippte beide Karten – eine Karte mit Ja und eine mit Nein – und brachte sie dem Meister zur Unterschrift. Er legte sie auf seinen Schreibtisch, so dass dieser auswählen konnte, welche er wollte. Auf diese Weise hatte er nicht die Verantwortung. Und was tat der Meister? Er sah Paramanandaji an und betrachtete beide Karten. Er nahm seinen Stift, unterschrieb beide Karten, gab sie Paramanandaji zurück und fragte: „Willst Du beide Karten abschicken?“

So prüfte der Meister seine Schüler und testete ihre Reaktionen. Jeder von uns hat ein anderes Temperament und eine andere Denkweise, verschiedene spirituelle Entwicklung und Stärken. Es sind nicht alle gleich, wenn sie zum Meister kommen. Und der Meister musste sich um sie kümmern. Das Leben war nicht leicht. Nun kann ich zurückblicken und erkenne das. Damals konnte ich nicht sehen, wieviel Kampf und Ärger er zu überstehen hatte, weil ich einfach nur ein Jugendlicher war. Die meisten Meschen dort so wie Paramanandaji usw. waren erwachsen und der Meister musste sich auf alle Arten von Schülern einstellen, sich auseinandersetzen und sich anpassen. Das ist nicht leicht. Heute kann ich das sehen, damals nicht. Nun habe ich mich selbst diesen Problemen zu stellen.

Swamiji legte immer größten Wert auf selbstlosen Dienst. Er sagte, dass nicht daran zu denken sei, den ganzen Tag nur zu meditieren und Asanas zu praktizieren, man müsse andere Dinge tun, um die Zeit sinnvoll zu füllen. Er erzählte oft die Geschichte, wie er Sivanandas Ashram verlassen hatte, um am Ganges zu sitzen und allein in der Wildnis zu meditieren. Nach einigen Tagen intensiver Meditation wurde er ruhelos. Er konnte nicht den ganzen Tag meditieren und es endete damit, dass er Stunden damit zubrachte, Steine übers Wasser hüpfen zu lassen, nur um die Zeit zu füllen. Er realisierte schnell, dass er etwas Nützliches mit seiner Zeit tun sollte und kehrte zum Ashram und dem Leben des aktiven Dienstes zurück. Wie sein guru vor ihm machte Swamiji selbstlosen Dienst zu einem der Grundsteine seiner Lehre.

Jeder konnte Dienst leisten, überall und jederzeit. Es gibt unzählige Möglichkeiten, anderen zu dienen. Nicht nur die Tat, auch der Zustand des Geistes bei der Umsetzung war von Bedeutung. Man musste lernen, anderen ohne die Erwartung einer Belohnung zu dienen. Die Arbeit so gut wie möglich und in dem Gefühl, dass jede Handlung Gottesverehrung ist, tun.

Swamiji ließ einen oft etwas tun, was einem oberflächlich betrachtet als eine schlechte Idee erschien, jedenfalls von unserem begrenzten Standpunkt aus gesehen. Es war das Beste, nicht zu diskutieren; er hatte immer seine Gründe, die sehr viel wichtiger waren als unsere.

*Schüler:

Bevor ich zum Yogaretreat nach Nassau ging, war ich im Bootsgeschäft tätig gewesen. Daher wurde mir die Verantwortung für die Instandhaltung der Boote übertragen. Eines Tages beauftragte Swamiji uns damit, eines der Hausboote (Ananda Kutir) aus dem Wasser zu holen, den Boden zu säubern, nötige Reparaturen vorzunehmen und mit Unterwasserfarbe anzustreichen.

Ich hielt das für eine Zeit- und Geldverschwendung, da der Bootsrumpf aus Kunststoff war und daher auch nach langem Aufenthalt im Wasser nichts passieren konnte. Außerdem war es nicht nötig, den Rumpf zu säubern, da Algenbewuchs gewöhnlich nur entfernt werden musste, damit das Boot leichter durchs Wasser gleiten kann. Dieses Boot aber fuhr nie irgendwohin, es war dauerhaft am Dock befestigt. Ich kannte mich in diesen Dingen aus. Ich wusste, was Zeit- und Geldverschwendung war und was nicht.

Aber Swamiji bestand darauf. Je mehr ich argumentierte, desto resoluter bestand er darauf, dass dieses Boot überholt werden sollte. Also wurde es hineingeholt. Was wir fanden, war etwas, dass niemand, egal wie viel Marineerfahrung er hatte, ahnen konnte. Nachdem wir es aus dem Wasser geholt hatten, sahen wir, dass Jahre vorher der Vorbesitzer in den Kunststoff einen hölzernen Kiel eingebaut hatte, damit das Boot sich unter Kraft besser manövrieren ließ. Über die Jahre hinweg war der Kiel von Meereswürmern stark angegriffen worden und die Bolzen, die den Kiel am Rumpf hielten, waren fast zerfressen. In einem Jahr oder so wären die Bolzen so locker gewesen, dass der Kiel ein wenig gesun ken und so Wasser durch die Bolzenlöcher in den Rumpf eingedrungen wäre. Das Boot wäre gesunken.

Swamiji konnte das offensichtlich weder auf Verstandes- noch auf Erfahrungsebene wissen. Er war auf einer höheren, intuitiven Ebene tätig und zeigte uns, wie wir unserer inneren Stimme folgen sollten.

Bharata, Nassau, Bahamas

Irgendwann um 1985 herum, nachdem ich die Yogalehrer-Ausbildung absolviert hatte, hielt ich mich in Grass Valley in Kalifornien auf, wo Swamiji einen Workshop gab. Ich hatte schon öfter mit ihm in rechtlichen Angelegenheiten für die Organisation zusammen gearbeitet, so dass er mich ein wenig kannte. Er pflegte zu sagen, dass Juristen eines der merkwürdigsten karmas zu bearbeiten hätten. Ich denke, er schenkte mir ein wenig besondere Aufmerksam keit, gerade weil ich Jurist war. Er wusste, dass ich versuchte, ein spirituelleres Leben zu führen, obwohl ich zur selben Zeit durch die Jauchegrube von Lügen usw. ging, was Juristen offenbar notwendigerweise in ihrem Beruf tun müssen. Er hatte wirklich mystisches Wissen darüber, wie merkwürdig es in jeglicher spiritueller Hinsicht ist, Rechtsanwalt zu sein.

Im Laufe des Seminars auf der Farm nahm er mich zur Seite, um mit mir und dem Leiter der Farm über die Farm und Grundbesitzrecht zu sprechen. Das Haupthaus mit 1.600 Hektar Land und die 800 Hektar, auf denen Swamijis Haus und der Durgatempel standen, waren durch das 800 Hektar große Land des Nachbarn voneinander getrennt. Über Jahre hinweg waren die Schüler über das Land des Nachbarn marschiert. Es gab sogar einen Trampelpfad.

Swamiji beauftragte mich, das Durchgangsrecht der Schüler für die Organisation zu schützen, da sie es über 10 Jahre hinweg ohne Protest oder Behinderung getan hätten. Als ich ihm sagte, dass das nicht möglich sei, ohne die Rechte formell vom Besitzer zu erwerben und dies offiziell im Grundstücksregister eintragen zu lassen, entgegnete er mir, dass das falsch sei und ich es mir genauer anschauen sollte. Ich würde nie mit Swamiji diskutieren, aber ich wusste, dass ich Recht hatte. Bei meinen Nachforschungen stieß ich auf eine Reihe bisher unbekannter Fälle in Kalifornien, die genau das beinhalteten, was Swamiji für möglich hielt; nämlich ein Recht durch Verjährung. Er hatte grundsätzlich Recht und ich hatte grundsätzlich Unrecht. Allerdings war in diesem Fall per Gesetz die Zahlung der Grundsteuer für die letzten 5 Jahre und ein Zivilprozeß notwendig, um diese Rechte offiziell eintragen lassen zu können.

Ich schickte Swamiji einen Bericht über meine Nachforschungsergebnisse, in dem ich die Meinung vertrat, dass es nicht ratsam sei, dieses Recht einzuklagen, da dies zu Spannungen zwischen den Einheimischen von Grass Valley und der Farm führen könnte. Swamiji schickte mir eine Nachricht zurück, dass er 100% mit mir übereinstimme. Nach diesem Ereignis hatte ich das Gefühl, dass Swamiji mir und meinem Rat in allen Angelegenheiten vertraute. Irgendwie hatte ich seine Achtung gewonnen. Und seit diesem Ereignis wusste ich, dass Swamiji wirklich ein höheres Wissen besaß, ein außergewöhnlich mystisches Verständnis der Dinge, das wir Sterblichen nie ganz erfassen konnten. Wie sonst konnte ein spiritueller Mensch aus Indien solch ein spezifisches Wissen über Grundstücksrecht in Kalifornien haben?

Larry Allman

Karma Yoga zu praktizieren, bedeutete, dass du dich auch dem guru ergeben musstest, da er dich oft mit Dingen beauftragte, die du normalerweise nicht tun wolltest oder die dir keinen Spaß machten.

Nachdem ich 6 Monate im Yoga Camp in Val Morin gearbeitet hatte, wurde ich ins Zentrum nach London geschickt. Am Tag vor meiner Abreise gab es einen wunderschönen langen satsang und ich war ein wenig traurig darüber, dass ich Swamiji nicht mehr sehen sollte. Swamiji war sehr krank und zog sich mehr und mehr zurück. Zu dieser Zeit wurden Mitarbeiter gesucht, die sich um ihn kümmern sollten. Ich wollte Swamiji vorschlagen, in Kanada zu bleiben und ihm zu dienen.

Nach dem satsang zögerte ich, ihn zu fragen, da so viele Menschen um ihn herum standen. Ich rief laut „Swamiji“, aber niemand hörte mich. Ich war sogar etwas eifersüchtig auf all die Swamis und die Menschen um ihn herum, da außer ihnen niemand in Swami Vishnus Nähe kam. Der Rollstuhl wurde bereits Richtung Ausgang geschoben.

Gerade als ich das Gefühl hatte, ein Niemand und ein Nichts zu sein und dass es für mich nicht möglich war, Swamiji auch nur eine einzige Frage zu stellen, beauftragte er Swami Kartikeyanda, seinen Rollstuhl Richtung Halle zu drehen und fragte: „Was will Sadasiva?“ Mein ganzer Körper erzitterte für einen Moment. „Er spricht zu mir!“, dachte ich. Dann fragte ich: „Kann ich bei Dir bleiben und Dir dienen?“ Swamiji antwortete sanft, aber bestimmt: „Indem Du der Menschheit dienst, dienst Du mir!“

Swami Sadasivananda

Eines Tages kehrte ich von einem Bootsausflug nach Nassau in den ashram zurück und befestigte das Boot sicher am Dock, zumindest glaubte ich das. Das nächste, woran ich mich erinnere, war, dass mich jemand fragte, ob ich im Bootsdienst sei und als ich mit ja antwortete, hieß es: „Swamiji will Dich sehen.“ Sie hätten auch sagen können: „Das Exekutionskommando erwartet Dich.“ Als ich am Steg erschien, war Swamiji bereits mit zwei älteren Mitarbeitern dort und erklärte ihnen lautstark, wie er das Boot gefunden hatte, nur an einem Ende befestigt. Er sah mich noch nicht einmal an, als er plötzlich noch andere falsche Dinge beim Vertäuen und der Sicherung am Dock fand. Er brüllte die älteren Mitarbeiter an, ins Wasser zu gehen und alles in Ordnung zu bringen. Sie machten es sofort. Ich fühlte mich sehr unwohl, da ich die ganze Sache verbockt hatte, aber nichts von dem Zorn abbekam.

An diesem Abend bei der Meditation erzählte Swamiji dieses Vorkommnis und wie er sich selbst anschließend überprüft hatte. Mit Erstaunen in der Stimme und im Blick erzählte er, wie seine Schüler sofort ohne Nachzudenken seinem Befehl gehorcht hätten und in den Nassauer Hafen gesprungen seien, um alles sicher zu vertäuen. „Welch eine Hingabe!“, rief er aus. Er sagte, dass noch nicht einmal in Indien solche Hingabe zu finden sei. Er habe keinerlei Kontrolle über diese Schüler. Wenn sie wollten, könnten sie ohne weiteres sagen: „Bye-bye Swamiji“ und gehen. Aber sie waren geblieben.

Swami Swyamananda

Oft war die Aufgabe an sich völlig unwichtig. Swamiji benutzte hauptsächlich die gestellte Aufgabe, um dir beizubringen, in einer bestimmten Art zu denken und um dich auf größere Verantwortung vorzubereiten. Er bestand immer darauf, dass man alles, was man machte, wirklich so gut machte, wie man konnte. Er akzeptierte keine Entschuldigung, wenn etwas schlecht oder schlampig gemacht wurde.

Swamijis Dynamik kannte keine Grenzen. Er wollte buchstäblich immer alles sofort erledigt haben. Er wollte noch nicht einmal bis zum nächsten Tag warten, egal zu welcher Uhrzeit er etwas verlangte. Etwas Interessantes ereignete sich 1980 im Kibbutz zu Beginn der 1. Yogalehrer-Ausbildung in Israel.

Die Leiterin des Zentrums in München war für 10 Tage zu dieser ersten Ausbildung eingeladen worden. Natürlich änderten sich die Pläne wie eigentlich fast immer bei Swamiji. An einem Freitagabend, nach dem Beginn des jüdi schen Sabbats, beauftragte Swamiji mich, sofort einen Flug nach Indien für sie zu buchen. Ich erklärte ihm, dass am Sabbat alle Geschäfte geschlossen seien und die Wahrscheinlichkeit, am nächsten Tag einen Flug nach Indien zu bekommen, äußerst gering sei. Außerdem wusste ich, dass die Beziehungen zwischen Indien und Israel nicht sehr gut waren, so dass es nicht viele Flüge gab. Aber natürlich bestand er darauf, dass ich es versuchte.

Nicht nur, dass alle Geschäfte bis Sonntagmorgen geschlossen waren, es gab auch nur ein einziges Telefon, für das ich auch noch spezielle Münzen brauchte, von denen ich nur wenige hatte. Der Kibbutz war in Negev, meilenweit von Tel Aviv entfernt. Aber ich konnte zu Swamiji nicht nein sagen, also rief ich unsere Reisebüromitarbeiterin zu Hause an (glücklicherweise war sie eine unserer Yogaschülerinnen und verstand die Eile). Aber es gab nicht einen einzigen Flug an diesem Tag und sowieso nur einen pro Woche. Was war mit Transferflügen z.B. über die Türkei? Keine Chance. Also musste ich Swamiji diese Nachrichten mitteilen. Er war erst zufrieden, nachdem ich gründlichst nachgeforscht hatte.

Swami Padmapadananda

Im Herbst 1991 reiste Swamiji nach Indien. Ich hatte gerade damit begonnen, ihn während der Nacht zu betreuen, daher reiste ich mit. Zu dieser Zeit war Swamiji noch immer sehr stark, obwohl er sich oft nicht wohl fühlte. Er nutzte seine ganze Energie, uns geistige Disziplin und Achtsamkeit bei unseren Handlungen beizubringen.

Auf dieser Reise wurde mir die Verantwortung für einen Teil des Geldes übertragen, das wir für die Reise brauchten. Ich verstaute einen Teil des Geldes in meiner Geldbörse, die ich um die Taille trug, den Rest legte ich in einen kleinen Rucksack, den ich überallhin mitnahm. Swamiji hatte mich mehrfach gewarnt: „Wenn Du den Rucksack verlierst, schicke ich Dich zurück nach Kanada.“ Ich sagte sehr selbstsicher: „Nein, Swamiji, ich verliere ihn bestimmt nicht.“

So wurde es auf der ganzen Reise zu meinem besonderen sadhana, immer nach der Tasche zu schauen. Das war nicht immer eine leichte Aufgabe. Swamiji bewegte sich blitzschnell. Besonders die Augenblicke, wo wir von einem Ort wegfuhren oder irgendwo ankamen, bedurften spezieller Aufmerksamkeit. Swamiji musste von seinem Rollstuhl auf den Rücksitz des Autos gehoben werden. Seit dem Schlaganfall konnte Swamiji nur noch die rechte Körperhälfte bewegen. Es ist also unnötig, zu erwähnen, dass diese Aktion volle Aufmerksamkeit verlangte, um eine Verletzung Swamijis zu vermeiden und es ihm so angenehm wie möglich zu machen. Da ich Swamiji jedesmal sehr nah halten musste, musste ich den Rucksack von meinem Rücken nehmen. Sehr oft, wenn ich meine Arme fest um seinen Rücken nahm und dabei auf seine linke Hand aufpasste, so dass sie nicht irgendwo anschlug, auf seinen Kopf achtete und ihm half, sich umzudrehen und sich zu setzen, sagte Swamiji plötzlich zu mir: „Wo ist Deine Tasche? Pass auf Deine Tasche auf!“ Ich antwortete: „Ja, Swamiji, sie ist bei dem und dem.“

Eines Tages in Gangotri saß Swamiji auf seinem Lieblingsplatz vor seiner Höhle und betrachtete den Fluss. Ich hatte frei und aß auf einer Felsplattform, einige Meter unterhalb der Höhle, zu Abend. Plötzlich hörte ich, wie Swamiji meinen Namen rief. Ich sprang auf, rannte hoch zu ihm und fragte: „Ja, Swamiji?“ Er sah mich an und sagte: „Atmaram, wo ist Deine Tasche?“ Ich war bestürzt. Ich hatte die Tasche direkt neben mir, als ich gegessen hatte, aber als Swamiji mich rief, war ich hierhergestürzt und hatte sie zurückgelassen. Ich erkannte, dass Swamiji mir zeigen wollte, dass mein Geist jederzeit Zeit abgelenkt werden konnte.

Swami Atmaramananda

Eine meiner ersten persönlichen Begegnungen mit Swami Vishnudevananda war im April 1977 vor der Yogalehrer-Ausbildung, die ich bei ihm im Camp machen wollte. Swamiji konzentrierte seine immense Energie auf sein Buch ‚Meditation und Mantras‘. Hier transferierte er seine lebendigen Lektionen und sein unermessliches Wissen in das geschriebene Wort. Er wusste genau, was er sagen wollte, aber nicht genau, wie er es sagen sollte. Zwei seiner Schüler arbeiteten bereits Tag und Nacht mit ihm daran. Als ich sagte, dass ich Schriftstellerei an der Universität studiert hatte, fragte er mich sofort, ob ich mithelfen wolle. In seiner Achtsamkeit auf die Details prüfte Swamiji uns, ob wir auch vollständig verstanden hatten, was er sagte. Er nutzte auch die Gelegenheit, uns logisches Denken zu lehren und uns als Testleser einzusetzen.

Für Swamiji war das Potential eines Menschen wichtig, nicht seine Schwächen. Ein wenig Kenntnisse auf irgendeinem Gebiet reichte aus, um zu einer Aufgabe berufen zu werden.

Srinivasan
Val Morin, PQ, Canada

Karma Yoga beschränkte sich nicht nur auf Mitarbeiter in den ashrams und Yogazentren, sondern bezog sich auf alle Schüler Swamijis, überall. Egal, was du machtest, das Konzept des selbstlosen Dienstes konnte immer angewandt werden.

Ich hatte ziemliche Schwierigkeiten damit, meine betagte Mutter zu versorgen. Swamiji half mir, diese Zeit zu überstehen und spirituell zu wachsen, indem er mir am 17. Dezember 1961 in mein Buch schrieb:

„An Sri Annette, Diene, liebe, gib, reinige Dich, meditiere, verwirkliche. Gott ist Wahrheit. Gott ist Liebe. Denke immer an Gott. Es gibt kein größeres Glück als den Armen, Kranken und Alten zu dienen. Möge Gott Dich segnen.“

Annette Celine Mizne
New York, NY