Brahma

Vor Beginn der Schöpfung gab es nur Brahman - das Unendliche, das Ewige, das Absolute. Dieses Unendliche, Sat-Chid-Ananda genannt, das was war, ist und wird sein. Dieses Unendliche wird als unendlicher Ozean dargestellt. So wie in einem Ozean alles im Ozean ist, so sind im Ozean alle Wellen und alle Bewegungen.

Auf diesem unendlichen Ozean manifestierte sich Adishesha, die ursprüngliche Weltenschlange, Symbol für alles, was entstehen kann. Auf ihr ruhte Vishnu, der Allgegenwärtige. Aus Vishnus Nabel entsprang ein Lotus, Padma, Lakshmi, die Lotusgeborene. Aus diesem Lotus kam Brahma, der Schöpfer. Brahma machte Pranayama, er meisterte das Prana, und so kam die schöpferische Energie ins Universum.

Brahma ging in tiefe Meditation. Und in der Meditation schuf er diese manifeste Welt. Die Welt ist letztlich eine Manifestation von Brahmas Gedanken - die Welt, ein Traum Gottes.

Bedeutung der Symbolik von Brahma

Brahma wird sitzend auf einem Lotos dargestellt - dieser repräsentiert Lakshmi und damit Vishnu. Er sitzt in einer kreuzbeinigen Sitzhaltung, manchmal sogar in Padmasana, dem Lotus-Sitz. Dies steht für Meditation. Er hat vier Köpfe - Symbol für die vier Himmelsrichtungen, Symbol dafür, dass Gott in alle Richtungen schaut. Er hat meist vier Arme und Hände - Symbol für die 4 Grundkräfte:

  • In der linken oberen Hand hat er die Veden, die uralten Schriften. Dies symbolisiert Weisheit und die Naturgesetze. Brahma gilt, wie sein weiblicher Aspekt Saraswati, als Gott der Wissenschaften.
  • In der rechten oberen Hand hält er eine Lotusblüte. Dies ist ein Symbol für die schöpferische Kraft von Brahma: Alle schöpferischen Kräfte kommen von Brahma.
  • In der rechten unteren Hand trägt er eine Japa Mala, den Rosenkranz für Gebet und Meditation. Brahma gilt auch als der Weltenlehrer, der Guru. Insbesondere ist Brahma Schutzherr der Mantra-Rezitation, der Veda-Rezitation und der Meditation.
  • In der linken unteren Hand trägt er die Bettelschale, den Kamandalu. Selbst Brahma, der Schöpfer, ist ein Bettler: Alle Kraft kommt von Vishnu bzw. von Brahman. Alles, was er geben kann, hat er selbst erhalten. Nichts auf dieser Welt ist beständig, alles ist vergänglich. Sogar der Schöpfer selbst kann daran nichts ändern. Der Bettelnapf steht auch dafür, dass wir alle wie Bettler sind, von Gott vorübergehend das erhalten, was wir brauchen. Wir sollten es weitergeben, egal wie arm oder reich wir sind. Letztlich gehört uns nichts.

Oft findet man auf den Bildern von Brahma einen Schwan, Hamsa genannt. Dieser wird auch als weiße Wildgans bezeichnet. Hamsa repräsentiert die unendliche und reine Freiheit.

Verehrung von Brahma

Die Verehrung von Brahma ist heutzutage nicht besonders verbreitet in Indien. Es gibt nur wenige Brahma Tempel (unter anderem in Pushkar). Es scheint, dass Brahma in der Zeit der Veden vor einigen tausend Jahren mehr Verehrung erfahren hat.

Recht viele Veda Hymnen sind an Brahma gerichtet. Heutzutage wird Brahma mehr in seinen weiblichen Aspekten verehrt, nämlich Saraswati und Gayatri. Letztlich wird damit ausgedrückt, dass die schöpferische Energie eher weiblich ist.

Brahma, Vishnu und Shiva

Manchmal findet man Brahma, Vishnu und Shiva zusammen dargestellt. Manchmal ist Vishnu in der Mitte und am größten. Hier wird Vishnu besonders verehrt. Manchmal ist Shiva in der Mitte und Vishnu und Brahma rechts und links von Shiva. So stellen die Shaivas die Trimurtis dar, also die drei Verkörperungen der Wahrheit.

Die Vaishnavas schreiben dieser Trinität die drei Gunas zu:

  • Brahma, der schöpferische Aspekt, repräsentiert Rajas Guna, die kreative Unruhe
  • Shiva repräsentiert den zerstörenden Aspekt, Tamas
  • Vishnu repräsentiert das Gleichgewicht zwischen Schöpfung und Auflösung, Sattva.

Natürlich kann man nicht sagen, dass Shiva tamasig ist. Er repräsentiert aber die Zerstörung alles Relativen.

Letztlich sind Brahma, Vishnu und Shiva in allem präsent:

In einer Kerze wird etwas zerstört (Shiva), nämlich Wachs und Sauerstoff. Es wird etwas geschaffen (Brahma), Wärme und Kohlendioxid und Ruß. Es wird etwas erhalten (Vishnu), das Licht.

Wenn ein Mensch atmet, zerstört er etwas (Shiva), Sauerstoff. Er schafft etwas (Brahma), Kohlendioxid. Er erhält etwas (Vishnu), das Leben. So sind die Trimurtis Ausdruck der gleichen kosmischen Wirklichkeit, Ishwara genannt.

Es gibt viele Hymnen zur Verehrung der drei Murtis. Und es gibt viele Mythen um die drei Murtis. Es gibt sogar einen Avatar, eine Herabkunft Gottes, welche eine Manifestation aller drei Murtis ist. Dies ist Dattatreya, der Trimurti Avatar (Verkörperung aller drei Murtis), der Avadhut genannt wird.

Saraswati, Gemahlin von Brahma

Die schöpferische Kraft von Brahma wird besonders in Saraswati verehrt.

Saraswati hat  4 Hände, welche die schöpferischen Kräfte repräsentieren:

  • In zwei der Hände hält Saraswati die Vina (Musikinstrument), Symbol für die Musik.
  • In einer Hand hält Saraswati ein Buch, Symbol der Wissenschaften, der Poesie, der Literatur und der Bildung.
  • In einer anderen Hand hält Saraswati eine Perlenkette, Symbol für die bildenden Künste wie Malerei, Bildhauerei, Handwerk, aber auch Meditation und Mantrawiederholung.

Saraswati wird meist in einem weißen Sari dargestellt, Symbol der Reinheit. Sie sitzt häufig auf einem Stein - denn Weisheit ist beständig und fest. Ihr Reittier ist Mayura, der Pfau. Sie sitzt meist in wunderschöner Natur - die Welt ist eine Manifestation von Saraswati.

Mehr über Saraswati findest du auf der Saraswati-Seite.

Gayatri, das Göttliche Licht

Als Brahma die Welt schaffen wollte, bat er seine Gemahlin Saraswati, ihm zu helfen. Saraswati weigerte sich, denn sie erkannte, wieviel Leid die Wesen erfahren sollten.

So schuf Brahma Gayatri als seine zweite Gemahlin, damit sie ihm bei der Schöpfung helfen würde. Gayatri wurde zur Schöpfungsgöttin.

Sie wird als vielköpfige Göttin dargestellt. In ihr sind Brahma, Vishnu, Shiva, Durga und Lakshmi. Sie hat viele Arme - denn alles in diesem Universum kommt aus ihr. Ihre Hand ist in Segen erhoben. Ihre Köpfe sind von strahlendem Licht umgeben - letztlich ist Gayatri nur Licht. Sie sitzt auf einem Lotus in einem See.

Ihre Kraft wird im Gayatri-Mantra angerufen:

Om Bhur Bhuvah Swaha
Tat Savitur Varenyam
Bhargo Devasya Dhimahi
Dhiyo Yo Nah Prachodayat

"Wir verehren das Höchste Göttliche Licht, welches die drei Welten geschaffen hat: die physische Welt (Bhur), die Astralwelt (Bhuvar) und die Kausalwelt bzw. Himmelswelt (Swaha). Wir meditieren über diese strahlend Leuchtende. Möge sie unser Verständnis erleuchten, sodass wir zur Wahrheit kommen." 

Meditation zur Anrufung Brahmas: Aham Brahmasmi

Diese Ayam Atma Brahma Mahavakya Meditation ist eine praktische Meditationsanleitung, mit Kurzvortrag am Anfang. "Aham Brahmasmi" bedeutet so viel wie "Ich bin Brahman".

Diese Art der Meditation gehört zu den abstrakteren Vedanta Meditationstechniken." Ayam Atma Brahma Mahavakya Meditation" eine upanishadische Meditation aus dem Inana Yoga.