Yoga und die Chakras

15.03.2011
Allein das Wort hat für viele Menschen einen bedeutungsvollen, manchmal sogar einen leicht einschüchternden Klang. Chakra – im Sanskrit wörtlich Rad oder Kreis bedeutend – als Bezeichnung für die subtilen Energiezentren in unserem Wesen. Wenn jemand gegenüber einem „nicht-Eingeweihten“ das Wort benutzt, kommt daher oft eine Aura des Geheimnisvollen. Und beim Gegenüber stellt sich manchmal das Gefühl ein, davon nichts zu verstehen oder dazu keinen Zugang finden zu können. „Das kann ich sowieso nicht wirklich wahrnehmen“, sagen sich viele, aus übertriebenem Respekt oder ängstlicher Ablehnung. Und doch ist es eines der praktischsten Systeme überhaupt, um den Entwicklungsweg des Menschen, und damit das Wachstum unserer Persönlichkeit zu betrachten und zu unterstützen. Und das auf überraschend einfache Weise.

In unterschiedlichen Traditionen gibt es viele verschiedene Darstellungsweisen des Systems der Energiezentren. Teilweise scheinen diese sogar widersprüchlich zu sein. Ist das Herz-Zentrum von blauer oder grüner Farbe. Und müsste es nicht eigentlich Rosa sein? Wie viele Chakras gibt es überhaupt? Im Yoga konzentriert sich die Betrachtung auf sieben Haupt-Energiezentren, die entlang der Wirbelsäule liegen. Und allein die Betrachtung der Namensgebung im Sanskrit hilft zu verstehen, wie unser Leben im Alltag von Grund auf zu meistern ist. Denn die Entwicklung unseres Lebens kann nur so voranschreiten, wie wir für jede grundlegende Stufe sorgen. Es gibt keine Erleuchtung ohne Herz. Und kein Herz, ohne Wurzeln.


Muladhara Chakra – Das Wurzel-Zentrum

•  mula = Wurzel, Basis, Anfang
•  dharana = Erde, aufnehmen, fließen, unterstützen

Ein stabiles Wurzelchakra zu haben bedeutet, sich gut um seine Wurzeln zu kümmern. Das Muladhara Chakra liegt am unteren Ende der Wirbelsäule, und repräsentiert das Element der Erde. Von hier aus beginnt die Energie des Menschen nach oben zu fließen, und dabei immer feinstofflicher zu werden. Das kann jedoch nur geschehen, wenn wir tatsächlich gut auf unsere Wurzeln, unsere Stabilität, unsere Erdung Acht geben. Und das ist im 21. Jahrhundert bereits eine der schwierigsten Aufgaben. Wie viel Zeit nehmen wir uns im Informationszeitalter, uns um gute Ernährung zu bemühen, um regelmäßige Mahlzeiten und einen gesunden Schlaf? Unser Umgang mit unserem Körper ist die Grundlage für alle weiteren Begegnungen mit unserer Umwelt.

Swadhisthana Chakra – Das Sakral-Zentrum

•  swa = Selbst, eigenes, relativ
•  dhisthana = Ort, zeigen, hinweisen

Das Sakralchakra ist der Ort wo unser Selbst ruht. Von hier aus begeben wir uns in das Spiel und in den Fluss des Lebens. Fließen können mit dem Moment, wie das Wasser, ist eine Fähigkeit die wir kultivieren können. Es ist klar, dass das erst beginnen kann, wenn wir eine stabile Basis haben, von der aus wir uns zeigen können. Wenn wir uns sicher und geborgen fühlen, dann haben wir auch die Möglichkeit unsere Gefühle wahrzunehmen und anderen zu zeigen. Das manifestiert sich in spielerischer Lebensfreude, und kulminiert in der sexuellen Begegnung zwischen Mann und Frau, der Polarität des Lebens. Denn auch wir verkörpern jeweils einen Anteil dieser Polarität. Ein gesunder Beckenraum ist Ausdruck eines genährten Sakralchakras.

Manipura Chakra – Das Nabel-Zentrum

•  mani = Juwel, leuchten, edel, wertvoll
•  pura = Stadt, Ort

Das Nabel- oder Solarplexus-Chakra gilt als die „Stadt der Juwelen“. Es ist unser vitales Zentrum, von dem aus wir leuchtend unsere Energie strahlen lassen wie eine Sonne. Nachdem wir im Sakralchakra unser Selbst, unseren Anteil an der Schöpfung, berührt und angenommen haben, lernen wir mit der Konzentration auf unseren Bauch, uns selbst zu schätzen und bekommen ein Gefühl für unseren Selbstwert. Wir präsentieren uns, und sind in der Lage zu führen und zu transformieren, mit der Elementarenergie des Feuers. Ein gesunder Selbstwert erlaubt uns auch gesunde Grenzen zu setzen und die Grenzen anderer zu respektieren. Ein gutes Bauchgefühl zu haben versetzt uns in die Lage, unsere Ziele zu erreichen.

Anahata Chakra – Das Herz-Zentrum

•  ana = Atem
•  hatha = Kraft

Die Kraft unseres Atems sitzt in der Brust, in unserem Herzen. Und keine Kraft ist so stark wie die Herzenskraft. Diese Kraft wird gestärkt durch einen gesunden Selbstwert aus dem Bauch. Erst dann kommen wir in die Lage bedingungslos zu lieben, ohne bedürftig zu sein. In emotional schwierigen Momenten hilft uns das Element der Luft, wenn wir tief ein- und ausatmen. Das aktiviert automatisch unseren Herzraum, und unsere Liebesfähigkeit hilft uns Situationen anzunehmen wie sie sind. Im Körper manifestiert sich ein gesundes Herz als stabiles Immunsystem, das mit den Herausforderungen der Umwelt umgehen kann. Somit verkörpert das Herzchakra unsere Fähigkeit zur Hingabe.

Vishuddha Chakra – Das Kehl-Zentrum

•  vishuddha = sehr rein

Das Element des Raumes trägt den Klang, mit dem wir mit unserer Umwelt in Kontakt sind. Wenn wir die Fähigkeit zur Hingabe erlernt haben, sind wir in der Lage respektvoll und wertschätzend mit anderen zu kommunizieren. Auf diese Weise laden wir auch unser Gegenüber ein, sich selbst als gesund und ganz wahr zu nehmen. Indem wir darauf verzichten andere anzuklagen, und stattdessen unseren Partnern zeigen dass wir sie für voll nehmen, vergrößern wir den Raum in dem spirituelle Entwicklung möglich wird.

Ajna Chakra – Das Stirn-Zentrum

•  a- = als Vorsilbe benutzt bedeutet es das Gegenteil, frei von…
•  jna- = Wissen, Erkenntnis, Erfahrung (also ajna = frei von Vor-Wissen)

Das Ajna Chakra steht für die reine Wahrnehmung, frei von Einfärbung durch Erfahrungen oder vergangene Eindrücke. Wenn unser Verstand klar ist, kann sich unser intuitives Wissen frei entfalten. Konzentrieren wir uns in der Meditation auf den Punkt zwischen den Augenbrauen, dann stehen wir in Kontakt zu unseren inneren Welten. Das funktioniert umso stärker, je klarer wir uns in unserer Kommunikation mit der Aussenwelt gezeigt haben. Je mehr Liebe wir unserer Umwelt zeigen, desto erfüllender wird der Kontakt mit unserer Innenwelt, und wir erfahren auf diese Weise oft Dinge die ausserhalb unserer sinnlichen Wahrnehmung der grundlegenden Elemente liegen.

Sahasrara Chakra – Das Kronen-Zentrum

•  sahas = Macht, Festigkeit, Stärke...
•  sahasra = Tausend

Über unserem Scheitel sitzt unsere Verbindung zum Zustand der Einheit. Dabei ist tausendfache Stärke noch untertrieben, denn hier löst sich alles Messbare auf, und auch die subtilste Form der Energie existiert nicht mehr als eigenständiges Objekt. Stattdessen gibt es nur noch Verbundenheit,mit allem was ist.

Der Entwicklungsweg ist vollständig, wenn wir alle unsere Energiezentren genährt und zur Blüte gebracht haben. Daher helfen Techniken die sich nur auf ein Chakra konzentrieren langfristig oft nicht wirklich weiter, weil sie in vielen Fällen nicht berücksichtigen, dass immer eine Basis geschaffen werden muss, von der aus man sich weiterentwickeln kann. Im besten Fall sorgt man zunächst gut für seine Wurzeln indem man sich um seinen Körper und seine Grundbedürfnisse kümmert. Dann ist Raum die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu leben, und so sich selbst in der Welt zu zeigen und durchzusetzen. Wenn man so präsent geworden ist, kann man Liebe schenken anstatt sie zu fordern, und durch die eigene liebevolle Kommunikation auch andere Menschen bereichern. Wenn wir uns so um die Aussenwelt gekümmert haben, dann wird der Weg nach Innen offen, und das ebnet uns den Weg zur Verbindung mit dem Göttlichen. Purer Freude im Leben.

Das Ganze kann in einem Atemzug geschehen. Die sieben Chakras sitzen entlang unserer Wirbelsäule; dem Steißbein, dem Kreuzbein, der Lendenwirbelsäule, der Brustwirbelsäule, der Halswirbelsäule, dem Hinterkopf und der Schädeldecke. Schon während sie diese Worte lesen hat sie das Wahrnehmen der einzelnen Körperteile auf eine kurze Reise vom unteren Ende der Wirbelsäule zum Scheitel geführt. Das funktioniert auch die Vorderseite des Körpers entlang. Vom Scheitel zur Stirn, zum Hals, zum Herzen, zum Bauch, zu den Geschlechtsorganen und wieder zum unteren Ende der Wirbelsäule. Kombinieren Sie das Wandern der Konzentration auf die Chakras mit dem Atem – und sie spüren ohne jede esoterische Grundausbildung oder übersinnliche Fähigkeiten wie sie sich selber stabiler und liebevoller fühlen können.

Sitzen Sie stabil und bequem. Atmen Sie tief durch den Beckenboden ein, atmen Sie durch das Herz aus. Indem Sie durch den Beckenboden einatmen aktivieren Sie das untere Ende ihrer Wirbelsäule und sie vergrößern so automatisch ein inneres Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit für den Moment des Atmens. Der Atem wandert entlang Ihres Sakralzentrums nach oben, ihre Gefühle berührend und postive Emotionen nährend. Aufsteigend zum Solarplexus berühren und stärken Sie mit dem Atem ihren Selbstwert. Mit der Ausatmung durch das Herz stärken Sie Ihre Bewusstheit für Ihre eigene Kraft die Dinge anzunehmen wie sie sind.

Die Entwicklung der Chakras erfolgt in Zyklen zu bestimmten Zeiten des Lebens. Im Hinduismus gibt es das Konzept der vier Lebensstufen, wonach man sich in jungen Jahren vor allem mit dem Spiel und dem Genuss beschäftigt, später Verantwortung übernimmt und seine eigene Familie führt, und in der zweiten Lebenshälfte dann beginnt sich mehr um andere Menschen und die Gemeinschaft zu kümmern um schließlich zum Ende des Lebens alleine in den Wald zu gehen um zu meditieren. Wir können auf die Art und Weise wie wir unser Leben gestalten aber darüber hinaus Einfluss nehmen, auf welche Weise und in welchem Maße wir wachsen.

Das Wissen darüber, wo bestimmte Aspekte unserer Psyche auf der körperlichen Ebene ihre Entsprechung haben kann uns in vielen Lebenslagen helfen. Wenn wir uns in einer bestimmten Situation unsicher fühlen, dann atmen wir bewusst zum unteren Ende der Wirbelsäule. Das bringt Stabilität. Überwältigende Gefühle können durch Konzentration oder Atmung in den Beckenraum harmonisiert werden. Möchten wir uns in einer Besprechung durchsetzen, dann konzentrieren wir uns auf unseren Bauchraum, und lassen unser inneres Feuer leuchten. Mit etwas Übung fällt es dann auch leicht, mehrere Chakras zu kombinieren.

Im Falle einer Besprechung bei der wir angegriffen werden stabilisieren wir uns beispielsweise zunächst durch Atmung zum Beckenboden. Wir lenken die Konzentration weiter nach oben und lassen die überwältigenden Gefühle in einem Augenblick zur Ruhe kommen, und spüren dann unseren Bauch und unsere eigene Kraft. Vielleicht möchten Sie das noch erweitern und die Wahrnehmung in ihr Herz steigen lassen, und Ihr Gegenüber wirklich verstehen und seine Wünsche hinter dem Angriff erkennen? Dann lassen Sie die Konzentration zum Kehlchakra wandern und formulieren eine Antwort die es dem anderen ermöglicht zu sich selbst zu kommen. Mit einem Lächeln schauen Sie zum Punkt zwischen Ihren Augenbrauen und voila! – Eine Lösung an die Sie beide nicht gedacht hatten taucht vor Ihren Augen auf. Probieren Sie heute aus, wie viel schon in Ihnen steckt. Viel Spaß beim Entdecken der Kraft der Chakras.