„Hanuman Yoga für Fitness“ im Lichte der Sportwissenschaft

08.09.2009
Yoga macht fit und hält gesund. Diese einfache Formel mag für den Yoga Praktizierenden banal klingen, spürt er doch durch seine Praxis die wohltuenden Wirkungen der Yogaübungen. Die Wissenschaft aber will so etwas genauer wissen und fragt nach den messbaren Wirkzusammenhängen und gibt auch dem Laien konkrete Ergebnisse an die Hand. Angeregt durch den Fitnessboom allerorts, stellte Yoga Vidya Gründer Sukadev Volker Bretz die Übungsreihe „Hanuman Yoga für Fitness“ zusammen, die speziell auf Herz-Kreislaufaktivität, Motorik und Muskelaufbau abzielt. Hanuman ist der Sohn des vedischen Gottes Waju, der ihm auch die Kraft für Wirbelstürme und die Fähigkeiten zu fliegen schenkte. Der sportliche Diener Ramas ist in dem vedischen Epos Ramayana in einem Schritt von Indien nach Sri Lanka gesprungen. Unter der Leitung von Franz Wegener, Uni Magdeburg, Institut für Sportwissenschaften wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes im Auftrag von Yoga-Vidya und dem BYV (Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer) „Hanuman Yoga für Fitness“ sportwissenschaftlich überprüft. Die Ergebnisse wurden im November 2007 auf dem Yoga Kongress vorgestellt. Was wollten wir herausfinden und wie haben wir geforscht?Der Ausgangspunkt der Studie ist die Fragestellung, ob „Hanuman Yoga für Fitness“ nachhaltige positive Wirkungen auf die Gesundheit des Bewegungssystems und die Lebensführung beschwerdefreier Erwachsener hat und somit für die Primärprävention geeignet ist. Denn Erkrankungen des Bewegungsapparates sind für die Gesellschaft die teuersten Erkrankungen und sie sind ursächlich für die häufigsten Krankentage und Hauptgrund für den vorzeitigen Berufsausstieg.Für die Studie wurden Erwachsene im Alter von 30 bis 50 ausgewählt und in zwei Gruppen eingeteilt: Eine Gruppe hat die Yoga–Serie „Hanuman Yoga für Fitness“ regelmäßig praktiziert und eine Kontrollgruppe hat weiterlebt wie bisher. Vor und nach der Übungsreihe wurden verschiedene Tests für Beweglichkeit, Kondition, Koordination und soziale Einbindung gemacht, um Vergleichswerte zu haben. Nach den Prätests wurde die Yoga Reihe über 10 Wochen gestartet. Das heißt, es wurde einmal die Woche über 90 Minuten die Yoga Vidya Fitnessreihe mit der Yoga Gruppe durchgeführt.Was macht „Hanuman Yoga für Fitness“ so sportlich?„Hanuman Yoga für Fitness“ berücksichtigt alle Aspekte des sportlichen Trainings. So wird der Sonnengruss über 15 bis 20 Minuten pulsgesteuert durchgeführt. Beim Sonnengruss werden alle Chakras und Großmuskeln angesprochen, Vorwärts-und Rückwärtsbeugen sind enthalten, der ganze Körper wird stimuliert. Über die hochfrequentierte Durchführung der Übungsreihe Sonnengruss sollen zum Beispiel Ausdauereffekte erzielt werden. Darüber hinaus wird ein Muskeltraining angeboten, in dem Asanas (Körperstellungen) ausgewählt werden, die gezielt bestimmte Muskeln ansprechen. Diese Asanas werden im „Hanuman Yoga für Fitness“ länger als gewohnt gehalten. Desweiteren wurden Übungen aufgenommen, die gezielt auf die Koordinationsfähigkeit und Flexibilität abzielen. Nicht zuletzt kommen Entspannungstechniken hinzu, die bei keiner Yoga-Reihe fehlen dürfen, da Yoga im Wesentlichen auf dem Wechselwirkungsprinizip basiert: Dehnung – Streckung - Beugung, Spannung – Entspannung.Verschiedene sportmedizinische Tests als Ausgangspunkt1.    Beweglichkeit der Wirbelsäule vor und nach der YogareiheNach dem Schobertest wurde bei den Probanden die Dehnung im Lendenwirbelbereich bei der Vorwärtsbeuge gemessen (in cm, siehe Schaubild). Nach den zehn Wochen Yogaübung lässt sich eine signifikante Verbesserung der Wirbelsäulenflexiblität nicht feststellen, was aufgrund des kurzen Testraums auch nicht anders zu erwarten war.Eine signifikante Veränderung lässt sich aber durch die Übungen im Bereich der Muskeln der Oberschenkelrückseite feststellen (ischiokrurale Muskelgruppe). Die Flexibiltät dieser Muskeln ist wesentlich für die Dehnbarkeit in der Vorwärtsbeuge und unmittelbare Prävention gegen den Flachrücken. 2.    Stabilität der WirbelsäuleDies beeinhaltete Tests der Muskelgruppen, die die Wirbelsäule auf der Rückseite stabil halten und der Muskelgruppen, die sie auf der Vorderseite stabil halten. Fachsprache Rumpfbeuger und Rumpfstrecker.Der Rumpfstrecker wurde getestet (nach Ito): Dabei wird die Zeitspanne gemessen, die die Rückenmuskulatur den Oberkörper in Bauchlage hochhalten kann. Dies wurde vor der Übungsreihe im Prätest mit beiden Gruppen und nach der Übungsreihe im Posttest durchgeführt. Anschließend wurden die Werte verglichen und ausgewertet. Es ließ sich eine hochsignifikante Verbesserung der Rückenstrecker bei den Probanden feststellen. Im Durchschnitt konnten die Teilnehmer den Belastungstest um über eine Minute länger halten (vorher 150 Sekunden nachher 214 Sek). Die Kontrollgruppe hat sich verschlechtert (von 188 Sek auf 177 Sek).Beim Rumpfbeuger wurde die Zeit gemessen, die der Teilnehmer den Oberkörper bei gespannten Bauchmuskeln oben halten konnte. Die Yogagruppe hat sich um eine halbe Minute im Schnitt verbessert (von 131 Sek auf 162 Sek). 3.    AusdauerUm die Ausdauer festzustellen, wurde der Harvard-Step-Test eingesetzt, bei dem die Teilnehmer für maximal fünf Minuten durch vorgegebenen Rhythmus auf eine Bank von 45 cm Höhe auf- und absteigen. Gemessen wird der Puls jeweils eine Minute, zwei Minuten und drei Minuten nach Belastungsende. Darüber wurden Rückschlüsse auf die Erholungs- und Ausdauerfähigkeit möglich.Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Yogagruppe um durchschnittlich 20 Sekunden länger durchgehalten hat. Das Pulsverhalten zeigte dagegen keine signifikanten Verbesserungen.4.    KoordinationZur Feststellung der koordinativen  Fähigkeiten wurden verschiedene Testaufgaben des KGKTs (Karlsruher Gesundheitsorientierter Koordinationstest) benutzt, um die Gleichgewichtsfähigkeit, Antizipationsfähigkeit und die Nutzung der verschiedenen Sinne zu messen. Es gibt zum einen Sinne, über die wir unseren Körper wahrnehmen und Sinne, über die wir die Aussenwelt erfahren. Verbessert hat sich bei der Yogagruppe, die Gleichgewichtsfähigkeit, die ballistische Antizipation/Hand-Auge-Koordination, im Besonderen also die Koordination der Aussensinne. Durch „Hanuman Yoga für Fitness“ kann das Gleichgewicht in nur zehn Wochen merklich verbessert werden, wie die Studie zeigt.Die Verarbeitung von Sinnesdaten wie Sehen und Hören liefern dem Menschen Informationen über seine Umwelt. Vornehmlich diese Sinne sind für die Orientierung des Menschen in der Welt wichtig und zu über 90 Prozent verantwortlich für die äussere Koordination. Die Tests belegen eine eindeutige Verbesserung dieser exterozeptiven Sinne.Die Übungen von „Hanuman Yoga “ für Koordination und Gleichgewicht sind vor allem die Standwaage, der Baum, der Tänzer, Kopf- und Schulterstand. Diese Asanas trainieren bestimmte Muskeln, die unbewusst durch den Gleichgewichtssinn angesprochen werden.5.    Befindlichkeit Durch Befragung wurde ermittelt ob sich die Befindlichkeit durch die Teilnahme an den Yogastunden verbessert hat. Ergebnis dieser Erhebung, die vor und nach jeder Yogastunde durchgeführt wurde, war eine deutliche Verbesserung des körperlichen Befindens, der Stimmung und der Aktivität. Gemessen wurde mit den Polaritätenprofilen von Mathesius (1972), die 24 Begriffspaare zu verschieden Facetten des Befindens vorgeben und auf einer Skala von dem Probanden zu bewerten sind. Beispiel:  „Wie fühlen Sie sich: Stark oder Schwach, passiv oder aktiv, sorglos oder bedrückt“. Der Proband bewertet dies auf einer siebenstufigen Skala.ResüméInsgesamt ist festzuhalten, dass sich der Gesundheitszustand der Yogagruppe besonders im Bereich der Wirbelsäulenstabilität verbessert hat. Auch die Dehnfähigkeit wichtiger Muskelgruppen für den Rücken (Ischiokrurale Muskeln) hat sich signifikant erhöht. Besonders im Alter ist für den Menschen eine gute Erhaltung der Koordination von grösster Bedeutung. Durch „Hanuman Yoga für Fitness“ konnte eine deutliche Verbesserung der Gleichgewichtsfähigkeit und der Nutzung innerer und äusserer Wahrnehmungen erreicht werden.Im Verlauf jeder einzelnen Kursstunde verbesserten sich das körperliche Befinden, die Aktivität und die Stimmung der Teilnehmer aussergewöhnlich stark. Hierbei ist anzumerken, dass ein inneres Wohlbefinden der Ausdruck für Gesundheit ist. „Hanuman Yoga für Fitness“hat somit die körperlichen Effekte kraftorientierter Fitness und die Wohlbefindenseffekte von Yoga. Ein Grossteil der Teilnehmer der Yoga Gruppe ist noch ein halbes Jahr nach Ende der Studie sportlich aktiv gewesen. Die Studie kann unter www.yoga-vidya.de/??? heruntergeladen werdenLiteratur:Jerosch,J. (1999). Sportmedizin (Kompendium) www.gvle.de/kompendium/allgemein/03/03.htmlMathesius (1972). www.fsspoeko.de/download/vordipl/paeda_psycho/Sportpsychologie_Skript.pdfTK-Online (o.D.). www.tk-online.de/tkservice/mug/anatomicus/bauch1.html Text: Sven Weishaupt