Entspannungs-Kursleiter-Ausbildung bei Yoga Vidya

03.09.2010
„Entspann Dich doch mal!“ – wer hat das nicht schon mal gehört? Und doch ist das für uns im Alltag oft schwerer als man denken könnte. Wie lernt man dieses „Loslassen“? Yoga bietet unterschiedliche Wege für die Vielfalt unserer Persönlichkeiten.

Stress – Was passiert mit uns?

Wenn man sich mit dem Thema Entspannung beschäftigt, ist man zu Beginn oft auf der anderen Seite davon. Körper und Geist sind angespannt. Denn in unserem Alltag müssen wir Leistung bringen. Immer wieder, immer mehr, und das laugt uns aus. Es geht in mehreren Stufen vor sich. Nehmen wir im Alltag, ob im Arbeits- oder Privatleben etwas als Gefahr wahr, bereitet sich der Organismus auf „Flucht“ oder „Kampf“ vor. Es kommt zur Ausschüttung von Adrenalin und anderen Stresshormonen. Das ist zunächst eine gute Sache, denn das sympathische Nervensystem wird angeregt. Die Muskelanspannung steigt, Herzschlag und Blutdruck beschleunigen sich, der Atem wird schneller. Wir sind bereit mehr Leistung zu bringen. So war es auch schon bei den Höhlenmenschen. In Zeiten von Belastung passt sich der Körper kurzfristig an die größeren Aufgaben an. Die Höhlenmenschen hatten allerdings einen Vorteil: Ihr Leben war etwas einfacher strukturiert als das des Homo Sapiens im 21. Jahrhundert.

Wer heute von der Arbeit nach Hause kommt trägt oft noch Sorgen mit sich herum. Im Idealfall könnte man am Ende des Tages loslassen und das parasymphatische Nervensystem übernehmen lassen, das für die regenerierenden Aktivitäten im Organismus, wie z.B. Verdauungs- und Reparaturprozesse im Körper zuständig ist. Leider gelingt uns das mit den gängigen Methoden meist nicht. Fernseher und Internet füttern uns mit weiterem Input. Unsicherheiten im Beruf oder der Familie rauben die Gelegenheit „abzuschalten“. Die Folge: Die Verspannungen lassen nicht nach sondern verfestigen sich. Dauernde Muskel-Verspannungen werden zu Muskel-Schmerzen. Falsche Atemgewohnheiten stellen sich ein, und klassischerweise die berühmten Probleme im Schulter- und Nackenbereich oder Schmerzen im unteren Rücken. Man wird leichter reizbar – und plötzlich wird einem alles zuviel. Ein verspannter Teufelskreis, denn durch die Konzentration auf die Probleme sinkt in der Regel die Fähigkeit kreative Lösungen zu finden. Organische Probleme stellen sich ein; Magengeschwüre, Verstopfung, Migräne, die schlimmstenfalls chronisch werden können. Nicht selten kommt es heute zum „Burn-Out“, zum Zusammenbruch. Oft werden Menschen erst dann wach – und beginnen, einen neuen Weg zu suchen.

Der Entspannungs-Impuls

Die Nachfrage nach „Yoga für den Rücken“ und den verschiedensten Therapie-Angeboten ist enorm. Dabei könnten viele der modernen Symptome und chronische Krankheiten vermieden werden, wenn wir wieder lernen unserem Körper ein „Entwarnungs-Signal“ zu geben. Der „Relaxations Response“ führt zur Ausschüttung von Glückshormonen, sowie Serotonin und anderer Hirn-Botenstoffe, die für Glücksgefühle verantwortlich sind. Stresshormone werden reduziert, die Immunabwehr gestärkt und Reparaturprozesse kommen wieder in Gang. Sogar Knochenbrüche heilen schneller, wenn man entspannt ist. Aber wie erreicht man das?
„Es wird immer wichtiger das gesunde Wechselspiel zwischen Aktion und Ruhe bewusst zu kultivieren“, sagt Daricha Zaremba, Leiter von Ausbildungen zum Entspannungskursleiter in Bad Meinberg.

Am Anfang steht zunächst die Kenntnis der physiologischen Entspannungsgesetze. Denn oft müssen Teilnehmer von Entspannungskursen erst wieder von Grund auf lernen, die Anspannung in ihrem Körper „los zu lassen“. Wie kann man dem Körper das Signal dazu geben? Ein Weg ist das aktive Anspannen von Teilen der Muskulatur. Ein Muskel der mindestens 5 Sekunden lang fest angespannt wird, kann anschließend gut entspannen. Eine andere Variante: die passive Dehnung. Hält man dies für mindestens 10 Sekunden, kommt es in der betreffenden Muskelpartie zu tiefer Entspannung. Und letztlich: Die Bewusstheit selbst. Werden Teile des Körpers geistig bewusst gemacht – d.h. die Achtsamkeit wandert dort hin – kommt es ebenfalls zum Phänomen der Entspannung. Es wird schnell deutlich wie gut eine Hatha-Yoga Praxis – mit dem Wechselspiel von Anspannung, Dehnung und Bewusstmachung nahezu aller Muskelpartien des Körpers dazu geeignet ist.

Viele Wege zur Entspannung

Manche Menschen möchten aber erst einmal „einfach nur entspannen“. Dann kommen die verschiedenen Entspannungsverfahren in Frage, die in Ausbildungen zum Entspannungskursleiter gelehrt werden. Unterschiedliche Menschen brauchen unterschiedliche Techniken. Deshalb werden die verschiedenen Verfahren unterteilt in visuelle Verfahren (z.B. Phantasiereisen), suggestive Verfahren (z. B. Autogenes Training), kinästhetische Verfahren (progressive Muskelentspannung oder Body Scan) und Kombinationen aus diesen, wie z.B. die klassische Yoga-Tiefenentspannung. Teilnehmer solcher Ausbildungen üben all diese Techniken in der Praxis: Indem sie selbst daran teilnehmen – und indem sie diese auch in kleinen Gruppen unterrichten. Das Konzept hat sich in anderen Ausbildungen bewährt; Entspannt lernt man besonders gut, da im Gehirn Alpha-Wellen vorherrschen und die Aufnahmefähigkeit hoch ist. Die Teilnehmer beschäftigen sich also nicht nur mit der Theorie sondern wenden das Unterrichtete gleich in den Lehrproben selbst an – und machen, als „Schüler“ in den Unterrichtsgruppen auch direkt die Erfahrungen.

 „Stress-Management“ lernt man am besten durch das eigene Erleben. Dann bleibt die Individualität des Menschen nicht nur Theorie. Was den einen als Dystress belastet, wird vom anderen noch als positiver Eustress, als freudvolle Herausforderung erlebt. Der Unterschied zwischen beiden Personen: Die interne Reaktion auf die Aufgabe. Und das liegt nur zum Teil in der Natur des Menschen. Es kann auch bewusst gelernt werden. Denn es geht darum, wie Daricha Zaremba betont, „zu erleben, dass Entspannung und Ressourcenmanagement nicht schlappes Herumhängen, nutzloses Planen, oder erschöpfter Schlaf bedeutet, sondern das bewusste Aufbauen und Erhalten von Energiereserven, und das Entwickeln von Achtsamkeit um hinderliche Denk- und Handlungsmuster zu erkennen und in Förderliche zu ändern.“

Die Inneren Antreiber zur Ruhe kommen lassen

Ein grundlegender Weg zu einem entspannten Leben ist daher auch das Untersuchen von geistigen Einstellungen die nicht hilfreich sind. Stattdessen gilt zu überprüfen, wie man mentale Ressourcen aufbauen kann. Auch das Herausfinden von Strategien zur Bewältigung von selbst geschaffenem Druck ist ein wichtiges internes Instrument. Hier trifft Entspannungs-Management auf Raja-Yoga. Jeder weiß, welche geistigen Haltungen wenig erfolgversprechend sind. Schwarzmalerei, ein zu hohes Anspruchsniveau und die berühmten Inneren Antreiber (bekannt aus der Transaktionsanalyse): „Ich muss perfekt sein.“, „Alle müssen mich mögen“, „Ich muss stark sein“. Die Liste ließe sich verlängern. Es ist wichtig, diese Denkmuster zu erkennen, und Alternativen zu finden.

Das Leben wird entspannter durch Engagement und Achtsamkeit. Mit Herz bei der Sache sein, Spaß haben an dem was man im gegenwärtigen Moment tut. Im Yoga führt die Einstellung des Karma-Yoga dazu, bewusst zu erleben, ohne an das Ergebnis der Handlung verhaftet zu sein, und Achtsamkeit in Alltags-Tätigkeiten zu bringen. Dabei lernt man auch in Selbstverantwortung zu sein. Denn häufig finden sich Menschen in Opferrollen wieder und werden zu hilflosen Helfern. „Du bist der Meister Deines Schicksals“ betonen es Veden, christliche Mystiker und moderne Verhaltenstherapeuten. Wenn wir sehen dass wir stets Handlungsalternativen hätten, fällt es uns leichter, uns wirklich für das was wir gerade tun, zu entscheiden. Wir sehen einen Sinn in dem was wir tun, und können unseren Aufgaben mit Liebe nachgehen.

Zu einem neuen Leben finden

Schließlich heißt Stressbewältigung auch Lebensstil-Veränderung. Atem- und Körperübungen z.B. aus dem Hatha-Yoga wollen als tägliche Praxis in den Alltag integriert sein. Denn um Verspannungen abzubauen müssen wir uns bewegen. Auch eine aus ökologischem Anbau stammende vegetarische Ernährung ist Nektar für unser Nervensystem. Vitamine und Mineralien geben freien Radikalen keine Chance mehr. Der Körper dankt es – und der Geist bleibt auch klarer. Essen zu regelmäßigen Zeiten bewusst zu genießen ist ebenfalls Teil des Rituals der Nahrungsaufnahme. Entspannung findet auf vielen Ebenen statt. Je früher wir anfangen, uns Zeit für uns selbst zu nehmen, desto erfüllter kann unser Leben plötzlich wieder sein.