Als Kind galt ich als hyperaktiv und schwierig. Auch hatte ich seit meiner Jugend Rückenschmerzen, meine Haltung war ausgesprochen schlecht und so war es auch kein Wunder. (Wenn ich jetzt Fotos von mir aus dieser Zeit ansehe, erschrecke ich selbst – ein nahezu rechtwinkliger Buckel zierte meine Rückseite). Mein sitzender Beruf tat sein übriges – ich hatte ständig Beschwerden, auch sportliche Betätigung änderte daran nicht viel. Überhaupt fand ich in meinem technischen Beruf weder Sinn noch Freude sondern hauptsächlich Frust und so wollte ich eine Familie gründen. Die Beschwerden nahmen mit meiner ersten Schwangerschaft zu. Zu dieser Zeit meldete ich mich für einen Geburtsvorbereitungskurs an.
Zu einem Yogakurs wäre ich nicht freiwillig gegangen, denn meine Erinnerungen an einen Kurs mit Autogenem Training für Kinder waren unangenehm. Erst nach 2 Probestunden erklärte die Kursleiterin, ihre Methode sei Yoga. Die Übungen taten mir und auch dem Baby gut und so blieb ich trotz anfänglicher Bedenken und begann sogar mich auf die Yogastunde zu freuen. Trotz fortgeschrittener Schwangerschaft wurden meine Rückenbeschwerden besser. Nach der Geburt ging ich weiterhin zu meiner Geburtsvorbereiterin, nun in der Rückbildungskurs. Es folgten 2 weitere Schwangerschaften durch die Yoga mich begleitete. Mit drei kleinen Kindern war ich gut beschäftigt und die Yogapraxis hatte ich wieder aufgegeben.
Ständig ein oder zwei Kinder auf dem Arm, kamen auch meine altbekannten Rückenschmerzen ziemlich schnell wieder, heftiger als je zuvor. Also erinnerte ich mich daran, wie gut mir die Kurse geholfen hatten und da ich auch wieder sehr unruhig, stressgeplagt und unkoordiniert-chaotisch wurde, musste ich etwas ändern und so beschloss ich, mich wieder zum Yoga (jetzt kein Schwangerschaftsyoga mehr) anzumelden. Wiederum halfen mir die Übungen zumindest etwas ruhiger zu werden und auch die Schmerzen wurden besser – leider nur dann, wenn ich auch zuhause geübt hatte. Was mir im Schwangerschaftsyoga Spaß gemacht hatte, war mir jetzt zu „langweilig“ - so wurde ich wieder nachlässig und der Schmerz kam wieder – ich begann wieder zu üben und der Schmerz wurde besser. Das war meine Motivation.
Es dauerte sehr lange, bis ich zu einer regelmäßigen Übung kam, eigentlich erst, als mein Geist den Widerstand aufgab und sich aufs achtsame Hineinspüren einlassen konnte, der Drang zu zappeln gab sich nur sehr langsam – zumindest während des Yoga. Sogar meine Haltung verbesserte sich, ich konnte mich gerade halten! Nicht nur das, auch meine Augen wurden besser, die Brille wurde dünner, mittlerweile benötige ich sie nur noch zum Lesen von Kleingedrucktem.
Während meine Kinder klein waren, konnte ich stundenweise bei Organisationen wie der Vereinigung Integrationsförderung und der Nachbarschaftshilfe aushelfen.
Die Arbeit mit behinderten und älteren Mitbürgern machte mir Spaß und so entschied ich mich dazu, eine Umschulung zur Altenpflegerin anzustreben und wendete mich deswegen an das zuständige Arbeitsamt. Es wurde eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet, um zu prüfen, ob ich für den Beruf geeignet bin. Als erstes wurde eine Röntgenaufnahme gemacht und daraufhin wurde mir erklärt, ich sei für eine Arbeit bei der ich heben müsse völlig ungeeignet. Ich habe einen sogen. Morbus Scheuermann, d.h. schon während der Jugend sind die Wirbelkörper eingefallen, so dass sich Dreieckswirbel gebildet haben. Ich entgegnete, dass ich doch vorher auch schon während meiner Tätigkeiten bei der Vereinigung Integrationsförderung gehoben hätte und dass ich seit Jahren Yoga übe und deswegen keinerlei Beschwerden mehr hätte. Die Antwort der Ärztin war, mir könne es gar nicht gut gehen bei diesem Röntgenbild. Ich konnte sie nicht davon überzeugen, dass ich durch die Yogaübungen genauso belastbar sei wie jeder andere auch. Über die Ablehnung meiner Umschulung war ich zu diesem Zeitpunkt natürlich enttäuscht.
Nach einigen Fortgeschrittenenkursen wollte ich gerne tiefer einsteigen und so beschloss ich, die Yogalehrerausbildung zu machen. Zum Unterrichten kam ich auch ungeplant, ich brauchte einen Tritt und den bekam ich. Das Yogaunterrichten bereitete mir viel Freude, aber immer wieder kamen Teilnehmer auf mich zu, die gesundheitliche Einschränkungen und Probleme mit der Ausführung der Yogaübungen hatten, so entschloss ich mich, die Yogatherapie Ausbildung zu absolvieren.
Tatsache ist, dass ich nur bei regelmäßigem Üben ohne Beschwerden bin, wenn ich nachlässig werde und die Übungen über mehrere Tage aussetze, kommen meine altbekannten Rückenschmerzen wieder und verstärken sich mit jedem verlorenem Tag. Im Nachhinein muss ich meinem „schlechten“ Rücken und meiner inneren Unruhe dankbar sein, beides hielt mich über lange Strecken am Üben, auch wenn ich keine Lust dazu hatte. Inzwischen ist mir das Üben nicht nur eine Selbstverständlichkeit geworden, sondern sogar zu einem Bedürfnis, ein Tag ohne Yogaüben ist kein vollständiger Tag. Auch durch die damalige Ablehnung meiner Umschulung habe ich zu einer erfüllenden und sinnvollen Tätigkeit dem Yogaunterrichten gefunden. Mein Leben verlief bisher immer in einem Wechsel von auf und ab, das wird wohl auch zukünftig so sein, aber ich habe gelernt, besser damit umzugehen, sehe viele Dinge gelassener, kann durch die Meditation Abstand dazu gewinnen.
Das Wichtigste ist jedoch, dass ich dank Yoga und ganz besonders durch die Einweihung in ein Mantra einen neuen Zugang zu meiner ganz eigenen Spiritualität unabhängig von allen Dogmen gewonnen habe. Mein Vertrauen in die göttliche Führung wächst auch weiterhin und in Situationen, in denen ich der Meinung war, nur so kann es weitergehen – und dann kommt es doch völlig anders, verliere ich nicht mehr den Boden unter den Füßen und gerate in Panik, sondern nach den ersten Schreckmomenten finde ich schnell wieder Halt und kann immer häufiger die positiven Seiten daran erkennen. Dafür bin ich dankbar.
Om Shanti
Savitri Sabine Kellerhals