Heilige Schriften unserer Tradition

Anhang 4 zur Satzung Yoga Vidya e.V. - Fassung vom 8.8.2023

svādhyāyād-iṣṭa-devatā saṁprayogaḥ

Studium der Heiligen Schriften (Svādhyāya) führt zur Vereinigung mit Gott (yogasūtra II 44)

Unsere wesentlichen Glaubensgrundsätze beziehen sich auf die Veden, die die Ursprünge des Brahmanismus (1500-500 v.u.Z.) im sog. Hinduismus repräsentieren und weiterer bedeutender Schriften, die in der Epoche des „klassischen Hinduismus“ (500 v. bis 1000 n.u.Z.) entstanden.

Die heiligen Schriften sind Wahrheit in kurzen Versen zusammengefasst und werden durch Kommentarwerke großer Yogameister in verschiedener Weise, angepasst an die Kultur, die Herausforderungen der Zeit und die gesellschaftlichen Gegebenheiten interpretiert. Wir orientieren uns an Kommentaren von Adishankaracharya, Swami Sivananda, Swami Krishnananda, Sukadev Bretz.

Zu den wichtigsten Heiligen Schriften bei Yoga Vidya gehören:

 

Die Veden (Veda)

Der Veda gilt als die unumstößliche Wahrheit im sog. Hinduismus in all seinen unterschiedlichen Ausprägungen. Wir finden im Veda Hymnen an Gottheiten, Erklärung von Ritualen und später entstandene, Erkenntnis und Erlösung bringende Offenbarungen, die Upanishaden (die auch Vedanta, 'Ende des Wissens') genannt werden. Veda hat vier Teile. Zum einen gibt es vier Vedas, Rig Veda, Yajur Veda, Sama Veda und Atharva Veda. Und jeder der vier Vedas hat wiederum vier Teile. Da gibt es die Samhitas, die Hymnen, es gibt die Aranyakas, die Erläuterungen, die Brahmanas, die weitergehenden Ausführungen für die Brahmanen, und es gibt die Upanishads.
Die rituellen Teile des Veda fließen insbesondere in die Ausgestaltung unserer Rituale und Satsangs (Gottesdienste) ein. Veda-Mantras nehmen in der Rezitation bei Yoga Vidya einen breiten Raum ein.

 

Die 3 Säulen des Advaitavedanta

Upanishaden (Upaniṣad)

Die Upanishaden sind der offenbarte metaphysisch-philosophische Teil der Veden. Sie legen die Heilslehre des monistischen Advaitavedanta dar und enthalten auch zahlreiche Anweisungen und Anleitungen zur Verwirklichung dieser Einheit, u.a. auch die sog. Vidyas, Meditationstechniken. Den Upanishaden zufolge gibt es nichts mehr zu wissen, wenn das Brahman (das Absolute) als einzige Wirklichkeit, die Gewissheit über den Sinn der menschlichen Existenz in der Welt, erkannt und verwirklicht wurde. Gottverwirklichung (d.h., Verwirklichung des höchsten Göttlichen, Parabrahman) ist das Ziel des Lebens. Der Inhalt wurde Rishis (Weisen) in tiefen Meditationen offenbart. Sie gehören zu den spätvedischen Texten. Von Adishankarcharya liegen uns Kommentare unter anderem vor zu Chandogya, Kena, Aitareya, Taittiriya, Bṛhadaraṇyaka, Isha, Shvetashvatara, Katha, Muṇḍaka, Mandukya und Prashna Upanishad. Die Grundlagen dazu werden in Ausbildungen und im Satsang vermittelt und in verschiedenen Studienkreisen sowie in Weiterbildungen vertieft.

 

Bhagavad Gita (Bhagavadgītā)

Bhagavad Gita (Gesang Gottes) ist wohl weltweit der bekannteste Text Indiens und eine der zentralen heiligen Schriften (Shastra) im Hinduismus und Teil des indischen Nationalepos Mahabharata. Hindus betrachten die Lehren der Bhagavad-Gita traditionell als Quintessenz der Veden. Als religiöses Lehrgedicht enthält sie Elemente verschiedener Denkschulen Indiens auf der Grundlage der Veden, der Upanishaden, des orthodoxen Brahmanismus und des Yoga-Denksystems. Das Werk als poetisches Lehrgedicht besteht aus 18 Kapiteln und 700 Versen (Shlokas). Sie wurde von Krishna offenbart und ist ein Zwiegespräch zwischen Krishna, dem Lehrer/Manifestation Gottes, und Arjuna, dem Schüler. Die Zeit der Entstehung ist wie bei den meisten indischen Werken unklar. Als frühesten Zeitpunkt nimmt die philologische Forschung das 3.Jh.v.Chr. an, als spätesten das 2.Jh.n.Chr.

 

In der Yoga Vidya Tradition und in der Tradition des Yoga Vedanta von Swami Sivananda ist die Bhagavad Gita insbesondere wegweisend für den integralen Yoga:

  • Für Jnana Yoga, den Yoga der Erkenntnis
  • Für Karma Yoga, den Yoga des selbstlosen Dienens
  • Für Bhakti Yoga, den Yoga der Hingabe und Gottesverehrung

Es finden sich auch Ausführungen zum Yoga der Meditation, der Ethik und Selbstdisziplin, die dem Raja Yoga zuordenbar wären.

Sie ist eine Anleitung für ein ganzheitliches spirituelles Leben und wie man über Handeln, Reflexion und Hingabe auch und gerade im Alltag zu höchster Transzendenz und Gottverwirklichung kommen kann. Das Studium der Bhagavad Gita ist unerlässlich für jede/n ernsthafte/n spirituelle/n Aspiranten/Aspirantin der Yoga Vidya/Yoga Vedanta Tradition und daher auch Bestandteil der Aus- und Weiterbildungen. Regelmäßige Rezitationen und Lesungen der Bhagavad Gita finden statt.


Brahma Sutra (Brahmasūtra)

Brahma Sutra ist ein grundlegendes Werk der Vedanta-Lehre und eine Systematisierung der Lehren der Upanishaden. Es ist ein Leitfaden in strenger Versform (Sutra) um zerstreute Einzelverse verschiedener Texte in einem System, einem philosophischen Zusammenhang zusammenzubringen.

Das Brahma-Sutra besteht aus 555 Aphorismen, die in vier Kapiteln von je vier Abschnitten angeordnet sind. Als Verfasser gilt der Weise Vedavyasa Badarayana. Die Entstehungszeit ist unklar.

 

Die Yoga-Werke

Yoga Sutra (Yogasūtra von Patañjali)

Das Yoga Sutra ist das Standardwerk des Yoga. Es legt insbesondere das Philosophiesystem des Yoga auf der Grundlage der Samkhya-Philosophie dar. Es wurde von Patanjali verfasst, der vermutlich im 2. Jh.n.Chr. (oder zwischen 200 v.Chr. und 400 n.Chr.) lebte.

Es ist ein zentrales Werk im Rajayoga und gibt theoretische und praktische Anleitung, wie wir über die Beherrschung und Lenkung von Gedanken, Psyche und Emotionen den Geist zur Ruhe bringen können. Ist der Geist still geworden, ohne konkrete Inhalte, ist die Ich-Identifikation überwunden und die Einheit mit dem absoluten Bewusstsein verwirklicht. Das Yoga Sutra enthält wertvolle Anleitungen für konkrete Praktiken, Ethik, Meditationstechniken und Beschreibung der Samadhi-Zustände (des Überbewusstseins). Das Studium des Yoga Sutra ist unerlässlich für jede/n ernsthaften spirituellen Aspiranten der Yoga Vidya/Yoga Vedanta Tradition und daher auch Bestandteil der Aus- und Weiterbildungen. Grundlage des Studiums in unserer Tradition sind insbesondere die Kommentare von Swami Sivananda und Sukadev Bretz.

 

Die Hatha Yoga Pradipika (Haṭhapradīpikā von Svātmārāma)

Die Hathapradipika ist die grundlegende Schrift des Hatha Yoga. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts von Svatmarama geschrieben. Auch hier wechselte die genaue Datierung in der Vergangenheit mehrfach. Die Pradipika hat 4 Kapitel. Sie enthält Beschreibungen und Anleitungen für die Yoga-Praxis (für Körper- und Atemübungen) als Mittel, um mit einem gesunden Körper und einem gereinigten, durchlässigen Energiesystem zu höherer Erfahrung und Transzendenz zu gelangen. Das letzte Kapitel ist der Meditation und Samadhi (dem überbewussten Zustand) gewidmet.

Alle Praktiken der Asanas (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Mudras und Bandhas (Energieereweckungs- und Lenkungstechniken) gehen auf die Hatha Yoga Pradipika und weitere Hatha Yoga Schriften zurück.

 

Werke von Shankaracharya und Swami Sivananda

Viveka Chudamani (Viveka-cūḍāmaṇi)

Das "Kleinod (Chudamani) der Unterscheidungskraft (Viveka). Shankara will uns in diesem Werk zeigen, wie man mit Viveka – Unterscheidungskraft zum Höchsten kommt. Eben zur Gottverwirklichung. Es beinhaltet die Darlegung der wichtigsten Voraussetzungen eines spirituellen Aspiranten auf dem Weg des Advaitavedanta:

  • Viveka, Unterscheidungskraft
  • Vairagya, Nicht-Anhaften, Wunschlosigkeit
  • Shatsampad, Gelassenheit und Ruhe des Geistes
  • Mumukshutva, Sehnsucht nach Befreiung

u.a.

Viveka Chudamani wird in einer Intensiv-Weiterbildung eingehend behandelt, während die essentiellen Teile bereits in den Yogalehrer Ausbildungen und Sevaka Grundausbildung vermittelt werden.

 

Werke von Swami Sivananda

Swami Sivananda hat mehr als 200 Bücher verfasst zum gesamten Spektrum des integralen Yoga und gelebter Spiritualität. Das reicht von Themen zu physischer und psychischer Gesundheit, Hygiene, Hatha Yoga Übungen etc. über hoch-religiös-philosophische Werke zu Yoga Vedanta bis zu Kommentaren zu den heiligen Schriften Upanishaden, Bhagavad Gita, Yoga Sutra. Seine Werke berühren unmittelbar durch die darin enthaltene spirituelle Kraft des Meisters. So sind sie eine Inspiration, Ermutigung und direkte Anweisung für die spirituelle Praxis. Genannt seien hier auszugsweise: „Sadhana“, „Inspiration und Weisheit“ und „Samadhi Yoga“. Aus den Büchern wird in den Satsangs (Gottesdiensten) vorgelesen. Viele wurden vom Yoga Vidya Verlag ins Deutsche übersetzt. Sevakas erhalten die Bücher zur Aufnahme und zu den Geburtstagen. Alle Mitglieder des Vereins sind angehalten die Bücher von Swami Sivananda zu lesen.

 

Weitere Orientierung gebende Werke

Veröffentlichungen des Yoga Vidya Verlags, u.a. „Karma und Reinkarnation“, „Yoga Vidya – Entstehung – Entwicklung - Leben im Ashram“. In Werken wie „Vedanta-Meditation und Jnana Yoga“, „Mantra-Meditation“ sind wesentliche Teile der Lehre und deren Umsetzung und Interpretation in der Yoga Vidya Tradition dargelegt, ebenso im Yogalehrer-Handbuch.

 

Beispiele für Kernsätze aus den heiligen Schriften

auf denen die Yoga Vidya Lehre beruht und die maßgeblich im Alltag umgesetzt werden sollen:

Aus den Upaniṣad:

अहं ब्रह्मास्मि

aham brahmāsmi (Ich bin Brahman)

(Bṛhadāraṇyaka Upaniṣad)

तत्त्वमसि

tat tvam asi (Das bist du)

(Chāndogya Upaniṣad)

अयमात्मा ब्रह्म

ayam ātmā brahma (Dieses Selbst ist Brahman)

(Māṇḍūkya Upaniṣad)

सत्यं ज्ञानमनन्तं ब्रह्म 

satyam jnānam anantam brahma (Wahrheit, Wissen, Unendlichkeit ist Brahman)

(Taittirīya Upaniṣad)

एकं सद्विप्रा बहुधा वदन्ति

ekam sat viprā bahudhā vadanti (Die Wahrheit ist eine, die Weisen sprechen davon auf verschiedene Weise)

(Ṛgveda)

ॐ पूर्णमदः पूर्णमिदम् पूर्णात् पूर्णमुदच्यते|
पूर्णस्य पूर्णमादाय पूर्णमेवावशिष्यते

oṃ pūrṇamadaḥ pūrṇamidam pūrṇāt pūrṇamudacyate /

pūrṇasya pūrṇamādāya pūrṇamevāvaśiṣyate //

(Dieses ist vollständig, jenes ist vollständig. Wenn man das Vollständige vom Vollständigen wegnimmt, bleibt das Vollständige übrig)

(Īśā Upaniṣad)

सर्वं खल्विदं ब्रह्म

sarvaṃ khalvidaṃ brahma (Alles ist Brahman)

(Chāndogya Upaniṣad)

असतो मा सद्गमय

तमसो मा ज्योतिर्गमय

मृत्योर्माऽमृतं गमय

asato mā sad gamaya'

tamaso mā jyotir gamaya /

mṛtyor māmṛtaṅ gamaya //

(Führe mich vom Unwirklichen zum Wirklichen, von der Dunkelheit zum Licht, vom Tod zur Unsterblichkeit)

Dies betont das Ziel unserer spirituellen Praxis und das Streben nach Befreiung / Realisierung des höchsten Bewusstseins.

(Bṛhadāraṇyaka Upaniṣad)

Aus dem Viveka-cūḍāmaṇivon Ādi Śaṃkarācārya:

„Die Welt, die durch Unwissenheit geschaffen wurde, existiert aufgrund der Wahrnehmung, aber das Selbst, das jenseits der Wahrnehmung liegt, ist die wahre Natur der Dinge."

"Derjenige, der seinen Geist durch Nachdenken und Kontemplation gereinigt hat, erkennt, dass Brahman das einzige wirkliche Prinzip ist und dass alles andere eine Illusion ist."

"Die wahre Natur des Selbst ist Bewusstsein und Glückseligkeit. Wenn der Geist ruhig und still ist, wird das Selbst erkannt."

Der Körper ist vergänglich, die Sinne sind vergänglich, die Gedanken sind vergänglich. Nur das Selbst, das unsterblich und unvergänglich ist, bleibt."

Die Weisheit, die das Selbst erkennt, führt zur Befreiung von Leid und Sorgen. Diejenigen, die das Selbst erkannt haben, erfahren unendliche Glückseligkeit."

„Die Wahrheit kann nur durch direkte Erfahrung erkannt werden. Diejenigen, die die Wahrheit erkannt haben, werden von Furcht und Leiden befreit sein."

„Das wahre Selbst ist jenseits aller Dualität. Es gibt weder Geburt noch Tod, weder Vergänglichkeit noch Veränderung. Es ist unveränderlich, unendlich und ewig."

"Die wahre Natur des Selbst kann nicht durch Bücher oder Worte vermittelt werden. Es kann nur durch direkte Erfahrung erkannt werden."

"Das höchste Ziel des menschlichen Lebens ist die Erkenntnis des Selbst. Wer das Selbst erkennt, wird frei von allen Bindungen und erfährt unendliche Glückseligkeit."

"Das Selbst ist das einzige wirkliche Prinzip. Alles andere ist vergänglich und illusorisch. Wer das Selbst erkennt, wird von allen Illusionen befreit sein."

Aus Brahma-sūtra von Vedavyāsa:

Hier heißt es u. a.:

oṁ athāto brahma jijñāsā oṁ (Kap. 1.1.1.)

(Jetzt, in der menschlichen Lebensform, ist die Zeit gekommen, das Absolute zu erforschen)

Dieser Ausspruch betont die Bedeutung der Sehnsucht nach Erkenntnis von Brahman, dem höchsten Bewusstsein oder absoluten Sein. Letztlich ist das menschliche Leben dazu bestimmt, nach Gott zu streben. Es drückt die Idee aus, dass der Mensch nach dem Erreichen bestimmter Lebensziele, wie Dharma (rechte Handlung), Artha (Materieller Wohlstand) und Kāma (Freuden), nach Mokṣa (der höchsten spirituellen Wahrheit, nämlich Brahman) streben soll. Das Zitat ermutigt uns als spirituell Strebende und Wahrheitssucher, uns mit dem Wissen über Brahman als ultimative Realität auseinanderzusetzen, es schrittweise in der täglichen Praxis umzusetzen, um letztendlich Mokṣa (Befreiung) von der Unwissenheit und den Banden des Karma zu erlangen.

oṁanāvṛttiḥ śabdādanāvṛttiḥ śabdāt oṁ (Kap. 4.4.22)

(Befreiung kommt nur durch das Wissen von Brahman)

 

Aus Bhagavadgītā (Gesang Gottes):

Sie enthält eine Vielzahl von Zitaten, die für viele Gläubige und besonders auch für unsere Yoga Vidya Sevaka Gemeinschaft eine bedeutende spirituelle Bedeutung haben. Hier steht der Dialog zwischen Kṛṣṇa (Inkarnation Gottes) und Arjuna auf dem Schlachtfeld von Kurukṣetra im Mittelpunkt, wobei es um ethische und philosophische Grundsätze des Vedānta geht, letztlich ist es aber die Auseinandersetzung jedes einzelnen Menschen mit dem täglichen Leben, den inneren und äußeren Herausforderungen/Kämpfen und deren Meisterung:

 

vidyā-vinaya-saṃpanne brāhmaṇe gavi hastini /
śuni caiva śva-pāke ca paṇḍitāḥ sama-darśinaḥ // 5.18 //

(Höchstes Wissen ist die Erkenntnis, dass Gott in allen Wesen gegenwärtig ist. Dann verfällt man nicht mehr in Irrtum und Täuschung.)

karmaṇy evādhikāras te mā phaleṣu kadācana /

mā karma-phala-hetur bhūr mā te saṅgo ʼstv akarmaṇi // 2.47 //

(Handele uneigennützig, ohne an den Früchten deiner Handlung zu haften. Lass dich nicht vom Erfolg oder Misserfolg beeinflussen. So wirst du wahrhaftig handeln und nicht anhaftend sein.)

 

yat karoṣi yad aśnāsi yaj juhoṣi dadāsi yat /
yat tapasyasi kaunteya tat kuruṣva mad-arpaṇam // 9.27 //

(Denn wer in dieser Welt unermüdlich Gutes tut, ohne dabei irgendwelche Ansprüche zu erheben, kommt sicher zur höchsten Vollendung.)

yoga-sthaḥ kuru karmāṇi saṅgaṃ tyaktvā dhanañjaya /
siddhy-asiddhyoḥ samo bhūtvā samatvaṃ yoga ucyate // 2.48 //

(Sei immer im Yoga, o Arjuna. Verwurzle dich fest in ihm und führe deine Pflicht aus, ohne an den Früchten deiner Handlungen zu hängen. So wirst du frei von Bindungen sein.)

vidyā-vinaya-saṃpanne brāhmaṇe gavi hastini /
śuni caiva śva-pāke ca paṇḍitāḥ sama-darśinaḥ // 5.18 //

(Die Weisen sehen mit gleichem Auge einen Brahmanen, einen Elefanten, einen Hund und einen Ausgestoßenen.)

Diese Zitate betonen die Wichtigkeit von uneigennützigem Handeln, spiritueller Disziplin und dem Bewusstsein der Einheit allen Seins. Sie sind Ausdruck der Vedanta-Philosophie und haben einen starken Einfluss – nicht nur auf die hinduistische Spiritualität und Philosophie – sondern auch auf unser Denken, Leben und Handeln im Ashram.

Ein Beispielauszug für die ethische Werten, wie sie in der Bhagavadgītā gelehrt werden, die als Ideal für spirituellen Fortschritt wegweisend sind.

icchā dveṣaḥ sukhaṃ duḥkhaṃ saṅghātaś cetanā dhṛtiḥ /
etat kṣetraṃ samāsena sa-vikāram udāhṛtam // 13:7 //

amānitvam adambhitvam ahiṃsā kṣāntir ārjavam /
ācāryopāsanaṃ śaucaṃ sthairyam ātma-vinigrahaḥ // 13:8 //

indriyārtheṣu vairāgyam anahaṅkāra eva ca /
janma-mṛtyu-jarā-vyādhi- duḥkha-doṣānudarśanam // 13:9 //

asaktir anabhiṣvaṅgaḥ putra-dāra-gṛhādiṣu /
nityaṃ ca sama-cittatvam iṣṭāniṣṭopapattiṣu // 13:10 //

mayi cānanya-yogena bhaktir avyabhicāriṇī /
vivikta-deśa-sevitvam aratir jana-saṃsadi // 13:11 //

(Demut, Bescheidenheit, Sanftmut, Nachsicht, Geradlinigkeit, Ehrerbietung an die großen Meister, Reinheit, Beständigkeit, Selbstbeherrschung, Nichtanhaften und auch das Fehlen von Überheblichkeit, das Erkennen von (oder das Nachdenken über) Leid in Geburt, Tod, Alter, Krankheit und Schmerz,

Nichtanhaftung, Nichtidentifikation des Selbst mit Familie, Heim und allem anderen und ständige Gelassenheit, gleichviel ob das Erwünschte oder Unerwünschte eintritt, Beständigkeit der Selbsterkenntnis und Wahrnehmung des Zieles wahren Wissens – das wird Wissen genannt, und das, was dem entgegensteht, ist Unwissenheit.) [1]

 

Aus Yogasūtras von Patañjali:

atha yoga-anuśāsanam // 1.1 //

(Jetzt beginnt die Unterweisung im Yoga.)

yogaś-citta-vṛtti-nirodhaḥ // 1.2 //

(Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist.)

tadā draṣṭuḥ svarūpe-vasthānam // 1.3 //

(Dann ruht der Sehende in seinem eigenen Wesen.)

abhyāsa-vairāgya-ābhyāṁ tan-nirodhaḥ // 1.12 //

(Durch Übung und Nichtanhaftung wird das Gedankenfluktuieren zur Ruhe gebracht.)

heyaṁ duḥkham-anāgatam // 2.16 //

(Vermeide das zukünftige Leid.)

sthira-sukham-āsanam // 2.46 //

(Das Asana sollte stabil und angenehm sein.)

Diese Zitate betonen die Wichtigkeit von Geistestraining, Praxis, Achtsamkeit, Ausdauer, Stabilität und Nicht-Anhaftung und sind deshalb bedeutsam für die Yogapraxis innerhalb unserer spirituellen Gemeinschaft.

Aus Haṭha-pradīpikā von Svātmārāma:

Sie ist eine wichtige Schrift des Haṭhayoga, dem körperorientierten Zweig des Yoga.  Dieses Werk betont die Bedeutung der Reinigung des Körpers, Es beschreibt Āsana, Prāṇāyāma, Mudrā, Bandha u.v.m., um den physischen Körper gesund zu halten und zum Überbewusstsein zu kommen:

pīṭhāni kumbhakāś citrā divyāni karaṇāni ca
sarvāṇy api haṭhābhyāse rāja-yoga-phalāvadhi
// 1.70 //

Übe Körperstellungen, Atemübungen, mudrās und alle haṭha-yoga-Techniken bis zur Frucht des rāja-yoga, die spirituelle Vollkommenheit.

cale vāte calaṁ cittaṁ niścale niścalaṁ bhavet
yogī sthāṇutvam āpnoti tato vāyuṁ nirodhayet //2.2.

Wenn der Atem  unruhig ist, wird auch der Geist unruhig. Wenn der Atem ruhig ist, wird auch der Geist stabil. Daher erreiche durch Herrschaft über den Atem Nirodha, tiefe Meditation.

ṣaṭ-karma-nirgata-sthaulya-kapha-doṣa-malādikaḥ
prāṇāyāmaṁ tataḥ kuryād anāyāsena sidhyati 
// 2.36 //

Wenn man prāṇāyāma praktiziert, nachdem man durch die sechs Reinigungstechniken von Übergewicht, einem Übermaß an kapha und anderen Unreinheiten geheilt ist, stellt sich der Erfolg mühelos ein.

Diese Zitate betonen die Wichtigkeit von Āsana, Prāṇāyāma, Mudrā, Bandha, Dhyāna (Meditation), Kriyā (Reinigungstechniken) und der Auswahl der richtigen Nahrung für den Erfolg im Haṭhayoga. Sie sind Ausdruck der Haṭhayoga-Philosophie und haben einen starken Einfluss auf die Yoga-Praxis und Philosophie gehabt.

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[1]     Sivananda, Swami: Shrimad Bhagavad Gita, Lautersheim 1998, S. 265-268.