Loslassen

Der letzte Teil befaßt sich mit dem Loslassen. Wenn du einmal die wichtigste Art des Loslassens erreicht hast, so hast du inneren Frieden gefunden, denn das ist das Loslassen des Eigenwillens.
Du kannst daran arbeiten, dein niedriges Selbst zu unterwerfen, indem du alle schlechten Dinge, zu denen du dich motiviert fühlen magst, unterläßt – nicht indem du sie unterdrückst, sondern indem du sie transformierst, so daß dein höheres Selbst dein Leben übernehmen kann. Wenn du dich motiviert fühlst, etwas Ungutes zu tun oder zu sagen, dann kannst du immer an etwas Gutes denken. Du wendest dich bewußt um und setzt die gleiche Energie statt dessen dazu ein, etwas Gutes zu tun oder zu sagen. Es funktioniert!

Das Zweite ist das Aufgeben des Gefühls der Eigenständigkeit. Zunächst fühlen wir uns sehr abgesondert und beurteilen alles in Beziehung auf uns, als ob wir das Zentrum des Universums wären. Selbst wenn wir es verstandesmäßig besser wissen, beurteilen wir die Dinge immer noch auf diese Weise. In Wirklichkeit sind wir natürlich alle Zellen im Körper der Menschheit. Wir sind nicht getrennt von unseren Mitmenschen. Es ist alles eine Einheit. Nur von diesem höheren Standpunkt aus kannst du wissen, was es heißt, deinen Nächsten wie dich selbst zu lieben. Von diesem höheren Standpunkt aus gibt es nur noch einen realistischen Weg, der zum Ziel führt – für das Wohl aller zu arbeiten. Solange du für dein selbstsüchtiges kleines Ich arbeitest, bist du nur eine Zelle gegen all die anderen Zellen, und du bist fern der Harmonie. Aber sobald du anfängst, für das Wohl aller zu arbeiten, findest du dich im Einklang mit all deinen Mitmenschen. Siehst du, das ist der leichte, harmonische Weg zu leben.
Dann gibt es noch eine dritte Art von Loslassen, und das ist das Loslassen aller Bindungen. Niemand ist wirklich frei, solange er immer noch an materiellen Dingen hängt, an Örtlichkeiten oder an Menschen. Materielle Güter müssen richtig bewertet werden. Sie sind da zum Gebrauch. Es ist ganz richtig, sie zu benützen, dafür sind sie da. Aber wenn sie ihre Nützlichkeit erschöpft haben, sei bereit, sie loszulassen, und gib sie vielleicht jemandem, der sie wirklich braucht. Alles, was du nicht loslassen kannst, wenn es seinen Nutzen verloren hat, besitzt dich, und in diesem materialistischen Zeitalter werden ganz schön viele von uns von ihrem Besitz besessen. Wir sind nicht frei.

Ich habe mich als befreit betrachtet, lange bevor das zur Mode wurde. Zuerst befreite ich mich von Gewohnheiten, die eine entkräftende Wirkung haben. Dann legte ich meine streitsüchtigen, aggressiven Gedanken ab. Ich befreite mich auch von allem unnötigen Besitz. Das, glaube ich, ist wirkliches Freiwerden.
Es gibt noch eine andere Art von Besitzstreben. Du besitzt keinen anderen Menschen, ganz gleich, wie nahe dieser andere dir steht. Kein Mann besitzt seine Frau. Keine Frau besitzt ihren Mann. Keine Eltern besitzen ihre Kinder. Wenn wir glauben, Menschen zu besitzen, so neigen wir dazu, deren Leben in die Hand zu nehmen, und daraus entwickelt sich eine äußerst unharmonische Situation. Erst wenn wir einsehen, daß wir sie nicht besitzen, daß sie im Einklang mit ihren eigenen inneren Motivationen leben müssen, hören wir auf mit dem Versuch, ihr Leben für sie zu führen. Dann entdecken wir, daß wir mit ihnen in Harmonie leben können. Alles, was du festhalten willst, wird dich festhalten - und wenn du Freiheit willst, mußt du Freiheit gewähren.

Verbindungen, die man in diesem Leben eingeht, müssen nicht unbedingt das ganze Leben lang dauern. Ständig müssen wir uns von irgend etwas trennen, und solange das in Liebe geschieht, vermeidet man nicht nur spirituelles Unrecht, sondern es mag die spirituelle Entwicklung sogar fördern.
Wir müssen für den Platz, wo wir verweilen, dankbar sein und ihn genießen können – und dennoch ohne Bedauern weitergehen, wenn wir anderswohin gerufen werden. In unserer spirituellen Entwicklung wird oft von uns verlangt, uns loszureißen und viele Kapitel in unserem Leben abzuschließen, bis wir nicht länger an materielle Güter gebunden sind und alle Menschen lieben können, ohne uns an sie zu klammern.
Nun zum letzten Punkt: Das Aufgeben aller negativen Gefühle. Ich will nur ein negatives Gefühl nennen, das die liebenswürdigsten Menschen immer noch nicht aufgeben können, und dieses negative Gefühl ist die Sorge. Damit meine ich nun nicht Interesse, das dich motiviert, alles Notwendige in einer Situation zu tun. Mit Sorge meine ich ein nutzloses hin- und herwenden von Dingen, die wir nicht ändern können.

Eine letzte Bemerkung über negative Gefühle, die mir einmal sehr geholfen hat und die auch anderen geholfen hat: nichts, was von außen kommt – kein Ding und kein Mensch, der von außen an mich herantritt – kann mich innerlich, seelisch verletzen. Ich erkannte, daß ich seelisch nur von meinen eigenen falschen Aktionen verletzt werden konnte, über die ich die Kontrolle habe; durch meine eigenen falschen Reaktionen – sie sind kompliziert, aber ich habe auch sie unter Kontrolle – oder durch mein eigenes Nicht-Handeln in gewissen Situationen, wie der gegenwärtige Weltlage, die Handlungen von mir verlangt. Wie frei fühlte ich mich, als ich all das erkannt hatte! Ich hörte sofort auf, mir selbst Schmerz zuzufügen. Nun könnte mir einer das Schlimmste antun, und ich würde tiefes Mitgefühl für diese aus der Harmonie geratene Person empfinden, für diesen psychisch kranken Menschen, der fähig ist, Schlechtes zu vollbringen. Ich würde mich sicherlich nicht selbst verletzen durch falsche Reaktionen wie Bitterkeit oder Ärger. Du hast volle Kontrolle darüber, ob du dich seelisch verletzen läßt oder nicht, und jederzeit kannst du aufhören, dich selbst zu verletzen.

Das waren meine Schritte zum inneren Frieden, die ich mit euch besprechen wollte. Daran ist nichts Neues. Es ist die universelle Wahrheit. Ich habe über diese Dinge nur in meiner eigenen Alltagssprache geredet, in Begriffen meiner persönlichen Erfahrung damit. Die Gesetze, die dieses Universum regieren, bringen Gutes, sobald wir ihnen gehorchen, und alles, was im Widerspruch zu diesen Gesetzen steht, ist nur von kurzer Dauer. Es trägt in sich selbst den Keim der eigenen Zerstörung. Das Gute in jedem menschlichen Leben macht es uns jederzeit möglich, diesen Gesetzen zu gehorchen. Wir haben hierin unseren freien Willen, und es liegt deshalb an uns, wie bald wir gehorchen und so Harmonie sowohl in uns selbst als auch innerhalb unserer Welt finden.
Während dieser spirituellen Wachstumsperiode wollte ich wissen, was Gott für mich bestimmt hatte und danach handeln. Spirituelles Wachstum ist nicht so einfach zu erwerben, aber es ist sicher die Anstrengung wert. Es braucht Zeit, wie jedes Wachstum. Man sollte sich an kleinen Erfolgen freuen und nicht ungeduldig werden, da Ungeduld das Wachstum hemmt.

Der Weg des allmählichen Loslassens von Dingen, die spirituellem Fortschritt im Wege stehen, ist schwer, denn die Belohnung erfolgt erst dann, wenn man vollständig losgelassen hat. Der Weg des schnellen Loslassens ist einfach, denn der Segen folgt unmittelbar. Wenn Gott dein Leben erfüllt, fließen Gottes Gaben über und segnen alle, die du berührst.
Für mich war es ein Entkommen aus einer künstlichen Scheinwelt in den Reichtum der Wirklichkeit. Der Welt mag es scheinen, als hätte ich viel aufgegeben. Was ich aufgegeben habe, sind belastender Besitz, sinnloses Vergeuden von Zeit, die Beschäftigung mit etwas, das ich nicht tun sollte und das Unterlassen dessen, das ich tun sollte. Mir schien es aber, als hätte ich viel gewonnen – sogar die unbezahlbaren Schätze Gesundheit und Glück.