Reinigungen

Dann entdeckte ich, daß verschiedene Arten der Reinigung von mir verlangt wurden. Die erste ist ganz einfach: Es ist die Reinigung des Körpers. Sie hatte mit meinen körperlichen Lebensgewohnheiten zu tun. Ich aß damals all diese üblichen Nahrungsmittel. Mir schaudert wenn ich daran denke, was ich alles in diesen Tempel des Geistes hineingestopft habe.
Als ich sehr jung war, habe ich mich um meinen körperlichen Tempel überhaupt nicht gekümmert; das kam erst später. Es vergingen noch fünf Jahre, nachdem ich vollkommene Bereitschaft gespürt hatte, mein Leben zu geben, bis ich begann, mich um meinen körperlichen Tempel zu kümmern – fünf Jahre! Nun esse ich vor allem Obst, Nüsse, Gemüse, ganze Körner (vorzugsweise aus biodynamischem Anbau) und vielleicht etwas Milch und Käse. Davon lebe und laufe ich.
Es gab eine Zeit, in der ich diese Koffein-Angewohnheit hatte. Ich stand am Morgen auf, und das erste, was ich tat, war, eine Tasse Kaffee zu trinken. Eines Morgens, als ich gerade meine Tasse Kaffee getrunken hatte, setzte ich mich auf, schaute die Kaffeetasse an und sagte, „Davon bist Du abhängig, um morgens in Gang zu kommen! Ich will kein Sklave des Koffeins mehr sein. Das muß jetzt sofort aufhören!“ Und das tat es. Ich habe keinen Kaffee mehr angerührt. Einige Tage lang fehlte er mir, aber ich bin stärker als eine Tasse Kaffee!

Ich erkannte langsam, daß ich meine Lebensregel mißachtete,
die besagt: Niemand soll etwas für mich tun, das ich selbst für mich nicht tun möchte. Nun, ich würde kein Lebewesen töten – nicht einmal ein Hühnchen oder einen Fisch – und deshalb hörte ich sofort auf, Fleisch zu essen.
Ich habe nun seit vielen Jahren kein Fleisch mehr gegessen, weder Fleisch noch Fisch noch Geflügel. Inzwischen habe ich erfahren, daß der Genuß von Fleisch schädlich für die Gesundheit ist, aber damals habe ich nur meine Liebe zu den Mitmenschen auf alle Lebewesen ausgedehnt und somit aufgehört, sie zu verletzen und sie zu essen.
Damals wußte ich nicht, daß das Essen von Fleisch schädlich für den Geist war. Ich wußte nur, daß ich es nicht länger tun konnte, weil es einer meiner Lebensregeln widersprach. Etwas später erfuhr ich dann von einem Arzt, daß der Genuß von Fleisch giftige Rückstände im Körper zurückläßt, was mich ebenfalls zum Vegetarier hätte werden lassen. Ich meine, daß man vorbeugen muß, da der Körper der Tempel des Geistes ist.

Dann erfuhr ich von einem Gymnasiallehrer, der über dieses Thema ein Buch geschrieben hat, daß man zur Züchtung von Schlachttieren ein Vielfaches von dem Land braucht, das zur Anpflanzung von Früchten oder Gemüse oder Getreide nötig wäre. Da ich will, daß so viel wie möglich von Gottes Kindern zu essen haben, würde auch das mich zum Vegetarier machen.
Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir noch nicht gelernt haben, uns gegenseitig nicht mehr zu töten. Das ist unsere gegenwärtige Lektion – zu lernen, uns gegenseitig nicht zu töten, Teilen zu lernen und das Töten des Menschen durch den Menschen zu beenden. Das Nicht-Töten jeglichen Lebewesens liegt noch in etwas fernerer Zukunft, obwohl die unter uns, die es besser wissen, gemäß ihrem höchsten Licht leben müssen.
Als ich erkannte, daß weißes Mehl und weißer Zucker schlecht für die Gesundheit sind, aß ich sie nicht mehr. Als ich erkannte, daß scharf gewürzte Speisen schädlich sind, verzichtete ich darauf. Als ich erkannte, daß aufbereitete Lebensmittel Substanzen enthalten, die ungesund für den Körper sind, aß ich sie nicht mehr. Sogar das Wasser aus der Leitung ist meist ein chemischer Cocktail. Ich empfehle abgefülltes oder destilliertes Wasser.

Ich weiß genug, um meinen Körper richtig zu ernähren und habe eine ausgezeichnete Gesundheit. Ich genieße mein Essen, aber ich esse, um zu leben. Ich lebe nicht, um zu essen, wie manche Leute, und ich weiß, wann ich zu essen aufhören muß. Ich bin kein Sklave des Essens.
Ein Mensch kann auch nach einem ausgiebigen Mahl noch hungrig sein, wenn er das Falsche gegessen hat. Tatsächlich kann man auch dann an Unterernährung leiden, wenn man sich ständig mit falschem Essen überißt.
Du kannst eine gesunde Diät beginnen, indem du dich nur an gutes, gesundes Essen hältst. Iß langsam und kaue das Essen gut, wie ich es mache. Dann mache das Essen zu einer sehr nebensächlichen Sache in deinem Leben, indem du dein Leben so sehr mit sinnvollen Dingen ausfüllst, daß du kaum noch Zeit findest, über das Essen nachzudenken.
In meinen Eß- und Schlafgewohnheiten ist mein Kontakt zur Natur so nah wie möglich. Jeden Tag habe ich soviel wie nur möglich
frische Luft und Sonnenschein und Kontakt zur Natur. Ich möchte viel im Freien leben und Teil der Landschaft sein. Ruhe und Körperübungen sind wichtig. Ich bin nicht jemand, der keinen Schlaf braucht. Wenn möglich, gehe ich in der Abenddämmerung zu Bett und schlafe acht Stunden. Das Laufen ist meine Gymnastik, dazu schwinge ich noch meine Arme, was die Gymnastik vervollständigt.

Man möchte denken, daß die Reinigung des Körpers das erste Gebiet ist, auf dem der Mensch gewillt ist zu arbeiten, aber ich habe die Erfahrung gemacht, daß es oft das letzte ist – weil dies ja bedeuten könnte, einige unserer schlechten Angewohnheiten abzulegen, und es gibt nichts, an das wir uns beharrlicher klammern.
Dann gibt es eine zweite Reinigung: die Reinigung der Gedanken. Wenn du erkennen könntest, wie mächtig deine Gedanken sind, würdest du keinen negativen Gedanken mehr denken. Die Gedanken können eine große Kraft für das Gute sein, wenn sie positiv ausgerichtet sind, und sie können – und tun es auch – dich körperlich krankmachen, wenn sie negativ sind. Ich esse kein „junkfood“*, und ich denke keine „junk“-Gedanken! Laß dir sagen, „junk“-Gedanken können dich sogar noch schneller kaputtmachen als „junk“-Nahrung. Vor „junk“-Gedanken mußt du dich in acht nehmen.
Laß mich dir eine Geschichte erzählen, von einem Mann, der sehr stark von negativen Gedanken beeinflußt war. Als ich ihn kennenlernte, war er fünfundsechzig Jahre alt und zeigte Symptome einer sogenannten chronischen körperlichen Krankheit. Als ich mich mit ihm unterhielt, fiel mir eine gewisse Bitterkeit in seinem Leben auf. Jedoch konnte ich nicht gleich sagen, was es war, denn ich sah, daß er gut mit seiner Frau, seinen erwachsenen Kindern und den Leuten in seiner Gemeinschaft zurecht kam. Aber die Bitterkeit war trotzdem da. Ich fand heraus, daß er Bitterkeit gegen seinen lange verstorbenen Vater hegte, weil dieser seinen Bruder hatte ausbilden lassen und ihn nicht. Er war ein sehr verstandgesteuerter Mensch, und so sprach ich ausführlich mit ihm darüber. Als er, der älteste Sohn, eine Ausbildung bekommen sollte, hatte sein Vater einfach nicht genügend Geld dafür. Zu jener Zeit war die Familie sehr arm. Nach ihm kamen drei Schwestern, und ich glaube, sie erhielten ebenfalls keine Ausbildung. Sein Bruder war das jüngste Kind, und zu dieser Zeit besaß sein Vater mehr Geld und konnte ihm eine Ausbildung bezahlen. Es war nicht so, daß er seinem Bruder die Ausbildung mißgönnte, er meinte nur, er hätte auch eine bekommen sollen. Als er mit dem Verstand einsah, daß sein Vater sein Bestes für beide Söhne getan hatte, konnte er die Bitterkeit aus seinem Herzen vertreiben. Diese sogenannte chronische Krankheit wurde immer schwächer; bald besserte sich sein Zustand, bis er schließlich ganz gesund wurde.

Wenn du auch nur die kleinste Bitterkeit gegen jemanden hegst oder irgendwelche unfreundliche Gedanken, welcher Art auch immer, mußt du sie sofort loswerden. Sie verletzen nur dich selbst. Es reicht nicht, nur das Richtige zu tun und zu sagen – du mußt auch das Richtige denken, bevor dein Leben harmonisch werden kann.
Während der Zeit der Vorbereitung identifizierte ich mich nicht ganz mit meinem eigentlichen Ich, das ich gerade erst kennenlernte. Ich war sehr nachsichtig gegenüber anderen, das war kein Problem, aber mir selbst gegenüber war ich sehr unnachsichtig. Wenn ich etwas nicht hundertprozentig richtig machte, so sagte ich zu mir: „Du solltest es besser wissen.“ Eines Tages, als ich meine Haare vor dem Spiegel kämmte, schaute ich mich an und sagte: „Du eingebildetes Ding! Warum glaubst du, klüger sein zu müssen, wo Du doch jedem anderen gegenüber nachsichtig bist, wenn er es nicht besser weiß. Du bist um kein Haar besser als sie.“
Du mußt lernen, dir selbst genauso leicht zu vergeben, wie du anderen vergibst. Dann konzentriere dich auf den nächsten Schritt und verwende all die Energie, mit der du dich bisher selbst verurteilt hast, darauf, dich zu bessern. Danach bin ich wirklich weitergekommen, denn es gibt nur einen Menschen, den du ändern kannst, und das bist du selbst. Wenn du dich selbst geändert hast, dann kannst du vielleicht bei anderen den Wunsch wecken, sich zu ändern.
Es dauerte eine ganze Weile, bis das Leben den Glauben einholte, aber schließlich war es soweit. Als es soweit war, begann eine Entwicklung ohne Ende. Je mehr ich nach meinen höchsten Einsichten lebte, desto mehr wurde mir gegeben.

Die dritte Reinigung ist die Reinigung der Begierden. Was ist es, das du begehrst? Sind es oberflächliche Dinge, wie Vergnügungen, sind es neue Kleider oder ein neues Haushaltsgerät oder ein Auto? Da du hier bist, um mit den Gesetzen, die das menschliche Verhalten bestimmen, und mit deiner Rolle im Weltengefüge in Einklang zu kommen, sollten deine Wünsche sich auf dieses Ziel ausrichten. Es ist sehr wichtig, daß du deine Wünsche auf ein Ziel ausrichtest, so daß du nur noch das verlangst, was Gott dir bestimmt hat. Du kannst zu dem Punkt kommen, wo du nur noch einen Wunsch hast: Deine Rolle im Weltgefüge zu kennen und auszuüben. Wenn du darüber nachdenkst, gibt es irgend etwas anderes das man wirklich begehren müßte?
Es gibt noch eine weitere Reinigung, und das ist die Reinigung der Motive. Was sind deine Motive für eine Handlung? Wenn es reine Gier oder Selbstsucht oder der Wunsch nach Selbstverherrlichung ist, so würde ich sagen: tue es nicht. Tue nichts, das durch solche Motive veranlaßt ist. Aber so leicht ist das nicht, denn wir handeln meist aus sehr unterschiedlichen Motiven. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der nur schlechte Motive hatte. Vielleicht gibt es so jemanden. Ich bin ihm noch nicht begegnet. Ich begegne nur Menschen mit gemischten Motiven, gute und schlechte Motive durcheinander. Einmal traf ich z. B. einen Geschäftsmann, und er gestand mir, daß seine Motive nicht die höchsten seien, doch auch da waren gute Motive dabei – das Sorgen für seine Familie, etwas Gutes für seine Gemeinschaft zu tun. Gemischte Motive!

Ich spreche zu Gruppen, die die fortschrittlichsten spirituelle ben nichts geschieht. Ihr Motiv ist, inneren Frieden für sich selbst zu gewinnen – was natürlich ein eigennütziges Motiv ist. Mit diesem Motiv wirst du ihn nicht finden. Wenn du inneren Frieden finden willst, muß dein Motiv nach außen gerichtet sein. Das Dienen, natürlich, Dienen. Geben, nicht Nehmen. Deine Motive müssen gut sein, wenn dein Tun positive Wirkungen haben soll. Das Geheimnis des Lebens liegt im Dienen.

Ich kannte einen Mann, der ein guter Architekt war. Es war offensichtlich die richtige Arbeit für ihn, aber er tat sie mit falschen Motiven. Sein Motiv war, möglichst viel Geld zu machen und sich von den Müllers und Meiers abzuheben. Er arbeitete, bis er krank wurde, und es war kurz danach, als ich ihn traf. Ich brachte ihn dazu, kleine Dienste zu verrichten. Ich sprach zu ihm über die Freude des Dienens und wußte, daß er, nachdem er das einmal erfahren hatte, nie mehr in ein rein egozentrisches Leben würde zurückkehren können. Wir korrespondierten ein wenig nach diesem Vorfall. Ein paar Jahre später erkannte ich ihn kaum wieder, als ich bei ihm einkehrte. Er war ein vollkommen veränderter Mensch! Aber er war immer noch Architekt. Er zeichnete gerade an einem Plan und erklärte mir dazu: „Siehst Du, ich gestalte das auf diese Weise, damit es ihre finanziellen Möglichkeiten nicht übersteigt, und dann werde ich das so auf ihr Fleckchen Erde setzen, damit es schön aussieht ...“ Sein Motiv war, den Menschen, für die er Pläne zeichnete, zu dienen. Er war eine strahlende und verwandelte Person. Seine Frau erzählte mir, daß sein Geschäft größer geworden sei, da nun Leute von weit her kämen, um sich von ihm ihr Haus entwerfen zu lassen.
Ich habe einige Leute getroffen, die ihren Beruf wechseln mußten, um ihr Leben zu ändern, aber ich habe viel mehr Leute getroffen, die nur ihre Motive zu ändern brauchten, um ihr Leben zu ändern.

*) Nahrung ohne wertvolle Bestandteile