Geschichten über Gewaltlosigkeit

Eines Tages saß ich nachdenklich an einem alten Fort. Ich fragte mich, was es den Menschen wohl zu erzählen hätte, wenn es sprechen könnte, und ich schrieb diesen Aufsatz:

Ein altes Fort erzählt:

Als ich gebaut wurde, wurde viel Zeit und Geld für mich aufgebracht, weil man dachte, daß ich die Stadt gegen alle Eindringlinge verteidigen würde. Nun stehe ich verlassen da. Es ist ja auch leicht zu erkennen, daß ich veraltet bin. Aber ich bin nicht das einzige Verteidigungswerkzeug, das veraltet ist. Sogar die allermodernsten sind heute veraltet, obwohl ihr euch in eurer Angst und eurer Verwirrung immer noch an ihnen festklammert. Aber während ihr in eurer Unreife eure Zeit und euer Vermögen für sie verschwendet, wißt ihr in euren Herzen, daß sie euch gegen gar nichts verteidigen können. Ihr wißt, daß ihr scheinbar schutzlos, einem neuen Zeitalter gegenübersteht, während die Atombombe euch sagt: „Schließt Frieden oder geht zugrunde!“ Aber seid ihr wirklich schutzlos, weil eure ganze Verteidigung zerbröckelt ist, wie es ihr bestimmt war? Habt ihr den Schutz vergessen, der nicht zerbröckeln kann, den Schutz, der im Gehorsam gegenüber den höheren Gesetzen liegt? All die Zeiten hindurch haben euch eure besten Lehren und eure besten Persönlichkeiten gesagt, daß das Böse nur durch das Gute überwunden werden kann, und die Erfahrung hat euch gezeigt, daß ihr nur dann Freunde gewinnen könnt, wenn ihr freundlich seid. Wann werdet ihr endlich weise genug sein, den Weg der Zerstörung zu verlassen und euch dem zeitlosen und unveränderlichen Schutz zuwenden? Menschen dieser Erde, die Entscheidung liegt vor euch! Ihr könnt euch immer noch für das Leben entscheiden, aber ihr müßt es schnell tun!

Dies seltsame Geschöpf, genannt Mensch

Ein Außenstehender könnte dieses seltsame Geschöpf, genannt Mensch, vielleicht so sehen:
Ein Wesen aus einer anderen Welt parkte sein Raumschiff an einem abgelegenen Ort. Am nächsten Morgen kam er an einem Militärstützpunkt vorbei, wo er Männer sah, die an komischen Stangen befestigte Messer in Strohsäcke stachen. „Was ist das?“ fragte er einen uniformierten jungen Burschen. „Bajonettübungen“, antwortete dieser. „Wir üben mit Attrappen. Wir müssen lernen, wie man mit dem Bajonett einen Menschen tötet. Natürlich töten wir nicht viele Menschen mit einem Bajonett. Wir töten die meisten mit Bomben.“ „Aber warum wollt ihr das Töten von Menschen lernen?“ rief das Wesen bestürzt aus. „Wir wollen es ja nicht“, sagte der junge Bursche verbittert. „Man schickt uns gegen unseren Willen hierher, und wir wissen nicht, was wir dagegen tun sollen.“
An jenem Nachmittag ging das Wesen durch eine große Stadt. Es bemerkte eine Menschenmenge, die sich an einem öffentlichen Platz versammelt hatte, um die Auszeichnung eines uniformierten jungen Mannes mit einer Medaille zu sehen. „Warum wird er mit einer Medaille ausgezeichnet?“ fragte das Wesen. „Weil er hundert Menschen in einer Schlacht getötet hat“, sagte der Mann neben ihm. Das Wesen schaute mit Abscheu auf den jungen Mann, der hundert Menschen getötet hatte, und ging weiter.

In einem anderen Stadtteil hörte das Wesen, wie im Radio laut die baldige Hinrichtung eines Mannes verkündet wurde.
„Warum soll er getötet werden?“ fragte das Wesen. „Weil er zwei Menschen getötet hat“, sagte der Mann neben ihm. Verwirrt ging das Wesen davon.
An jenem Abend, nachdem es die ganze Angelegenheit überdacht hatte, öffnete es sein Notizbuch und schrieb: „Es scheint, daß alle jungen Männer gezwungen werden, zu lernen, wie man Menschen am besten tötet. Jenen, denen es gelingt, sehr viele Menschen zu töten, werden mit einer Medaille ausgezeichnet. Jene, die sich als schlechte Totschläger herausstellen und nur wenige Menschen töten konnten, werden mit dem Tode bestraft.“
Das Wesen schüttelte traurig den Kopf und fügte den Nachsatz an: „Es scheint, daß dieses seltsame Geschöpf, genannt Mensch, sich sehr schnell selbst ausrotten wird.“