Jihwa Pariksha – die ayurvedische Zungendiagnose

Was deine Zunge dir über deinen Gesundheitszustand verrät: Die Zungenuntersuchung ist im Ayurveda eine der wichtigsten Diagnosemethoden. Sie gibt nicht nur Aufschluss darüber ob die Doshas (VataPitta und Kapha) im Gleichgewicht sind, sondern auch darüber, welches Dosha gerade erhöht ist und in welchem Zustand unsere inneren Organe sind.

Bei der Zungendiagnose werden die Farbe der Zunge, Belag, Feuchtigkeit, Geschmackssinn und die äußere Beschaffenheit untersucht. Dabei zeigt der Belag an – je nach dem wo er sich auf der Zunge befindet – welches Organ betroffen ist.

Die Zungendiagnose erfordert – wie die Pulsdiagnose – viel Übung und Erfahrung. Ein/e Therapeut/in muss über viele Jahre hinweg zahlreiche Menschen und ihre Zungen, sowie auch die eigene Zunge, untersuchen, um eine sichere Diagnose stellen zu können. 

Deswegen sind die folgenden Beobachtungen und Deutungen als Anhaltspunkte zu sehen. Solltest du ein Ungleichgewicht oder eine Störung feststellen, lass dich von einem/einer erfahrenen Ayurvedaärztin/ -arzt oder Heilpraktiker/in untersuchen.

Beobachtungen und Deutungen

Eine gesunde Zunge ist blassrosa, hat eine glatte Oberfläche ohne Risse oder Furchen, ist feucht, ohne Schleim und hat einen dünnen hellen Belag.

Ist die Zunge trocken, rau und kühl bei Berührung und hat einen rötlichen bis braunen Belag, liegt eine Vata-Störung vor. Die Zunge zittert beim Herausstrecken und die hauptsächlich wahrgenommenen Geschmäcker ist herb und süß.

Eine dunkelrote oder gelbliche Zunge, die sich sehr weich anfühlt und eher glatt aussieht, deutet auf eine Pitta-Störung hin. Die vorherrschenden Geschmäcker sind bitter und scharf.

Ist Kapha gestört zeigt sich das durch eine klebrige, feuchte und raue Zunge, die einen weißlichen Belag hat. Es wird viel Speichel produziert und es herrscht ein süßer oder salziger Geschmack.

Wenn die Zunge dunkel, trocken und rau ist, wie mit Dornen übersät zu sein scheint und einen dicken gelben Belag hat, sind alle drei Doshas gestört.

Glänzt die Zunge und sieht aus, als wäre sie mit Ghee überzogen, liegt eine Verdauungsstörung vor. Ist sie bläulich verfärbt, deutet das auf eine Erkrankung der Atemwege hin. Eine blasse Zunge kann auf einen anämischen Zustand hinweisen.

Belag im hinteren Zungenabschnitt bedeutet, dass sich Giftstoffe (Ama) im Dickdarm angesammelt haben. Ist der Belag im mittleren Abschnitt, befinden sich die Toxine in Magen und Dünndarm.

Bei einer Störung der Nährstoffaufnahme ist die Zunge etwas geschwollen und es entstehen Zahnabdrücke an den Rändern.

Manche Zungen zeigen eine deutliche Furche in der Mitte. Diese steht für die Wirbelsäule. Der hintere Bereich der Zunge ist mit dem unteren Rücken verbunden, der mittlere mit der Brustwirbelsäule und der vordere Teil mit der Halswirbelsäule. Eine Krümmung der Mittellinie zeigt Schmerzen oder Probleme in diesem Bereich an.

Hat eine Zunge viele Risse, liegt eine chronische Vata-Störung vor. Kann die Zunge beim Herausstrecken nicht still gehalten werden und ist permanent am Zittern, zeigt dies tief sitzende Ängste an. Wenn ein Mensch stirbt, wird seine Zunge schwarz, sehr rau und schrumpft.

Ahhhhh. Ähhhhh. Bääääääh. OM.

Du kannst deine Zunge jeden Morgen vor dem Zähneputzen betrachten und so wertvolle Hinweise über deinen Gesundheitszustand bekommen. Du wirst feststellen, dass deine Zunge nicht jeden Tag gleich aussieht.

Am Anfang wirst du eine Weile brauchen, um alle Bereiche deiner Zunge genau zu betrachten. Dabei kann das Herausstrecken über einen längeren Zeitraum anstrengend werden. Da die Zunge ein Muskel ist, wird sie durch die Anstrengung rot und ermüdet. Gönne deiner Zunge also alle paar Sekunden eine Pause und strecke sie dann erneut heraus.

Wenn dir starke Beläge zeigen, dass sich Abfallstoffe (Ama) in den Verdauungsorganen angesammelt haben, könnte es sein, dass du gestern Abend zu spät oder zu schwer gegessen hast. Der Körper ist mit der Verarbeitung noch nicht fertig geworden.

Mit diesem Wissen kannst du dich nun beispielsweise dazu entscheiden, dein Frühstück durch ein Glas heißes Ingwerwasser ersetzen und so deinem Körper die Möglichkeit geben, Ama abzubauen und sich zu reinigen, bevor die nächste Mahlzeit kommt.

Nach der Zungenuntersuchung kannst du deine Zunge mit einem Zungenschaber oder einem Löffel reinigen. Mache dies am besten vor dem Zähneputzen, damit die Zahnbürste nicht mit dem Zungenbelag, der viele Bakterien enthalten kann, in Berührung kommt.

Dabei schabst du mehrere Male von hinten nach vorne. Achte darauf, dass du die Zunge dabei nicht verletzt. Durch die Zungenreinigung entfernst du viele Giftstoffe und Krankheitskeime und regst dein Verdauungsfeuer an.

Viel Spaß beim Zunge-Rausstrecken!

Quellen:

Ein Artikel von Gauri Reich. 

Gauri Reich ist Yogalehrerin (BYV), Ayurveda Gesundheitsberaterin (BYVG), Yoga Personal Trainerin, Inner Flow Vinyasa Teacher und Diplom Betriebswirtin. Gauri praktiziert Yoga seit 2011.

Nach ihrer Yogalehrer Ausbildung lebte sie fast 2 Jahre im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg. Ihr Yogaunterricht basiert auf dem Yoga nach Swami Sivananda, der mal durch fließende Elemente aus dem Vinyasa, mal durch exate Ausrichtungsprinzipien aus dem Iyengar Yoga und mal durch ganz viel Bhakti und Mantras ergänzt wird.

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