Vorbereitungen

Ich möchte hier einige Vorbereitungen nennen, die für mich erforderlich waren. Die erste Vorbereitung ist eine richtige Einstellung zum Leben. Das heißt – fliehe nicht mehr vor der Wirklichkeit! Höre auf, oberflächlich zu leben und dich mit Nichtigkeiten zu befassen. Es gibt Millionen solcher Menschen, und sie finden nie etwas wirklich der Mühe wert. Sei gewillt, dem Leben frontal gegenüberzutreten, verlasse die Oberfläche des Lebens und gehe in die Tiefe, wo Wahrheit und Wirklichkeit zu finden sind. Und das wollen wir jetzt hier tun.

Da ist zum Beispiel die Aufgabe, eine sinnvolle Einstellung zu den Problemen, die dir das Leben vorsetzen mag, zu finden. Wenn du nur das ganze Bild sehen könntest, wenn du nur die ganze Geschichte kennen würdest, dann wärest du in der Lage zu sehen, daß du niemals auf ein Problem triffst, das nicht einem Zweck in deinem Leben dient, das nicht zu deinem inneren Wachstum beitragen kann. Wenn du das erkennst, so wirst du Probleme als verborgene Gelegenheiten wahrnehmen. Wenn du dich Problemen nicht stellst, wirst du nur so dahintreiben im Leben und kein inneres Wachstum erreichen. Erst durch das Lösen von Problemen im Einklang mit dem höchsten Licht, das wir haben, können wir dieses innere Wachstum erreichen. Probleme der Gemeinschaft müssen von uns gemeinsam gelöst werden, und keiner findet inneren Frieden, der es versäumt, seinen Teil zur Lösung von Problemen der Gemeinschaft, wie weltweite Abrüstung und Weltfrieden, beizutragen. Deshalb laßt uns immer gemeinsam über diese Probleme nachdenken, gemeinsam darüber sprechen und gemeinschaftlich auf ihre Lösung hinarbeiten.

Bei der zweiten Vorbereitung handelt es sich darum, unser Leben mit den Gesetzen, die dieses Universum regieren, in Einklang zu bringen. Geschaffen sind nicht nur die Welt und die Geschöpfe, sondern auch die Gesetze, die sie regieren. Sie betreffen sowohl den physischen als auch den psychischen Bereich und bestimmen das menschliche Verhalten. In dem Maß, wie wir dies zu verstehen lernen und unser Leben mit diesen Gesetzen in Einklang bringen, wird unser Leben harmonisch sein. Wenn wir diese Gesetze mißachten, bereiten wir uns Schwierigkeiten durch unseren Ungehorsam. Wir selbst sind unsere schlimmsten Feinde. Wenn wir durch Unwissenheit aus dieser Harmonie fallen, leiden wir etwas; wenn wir es aber besser wissen und doch noch nicht in Harmonie leben, dann leiden wir sehr stark. Leiden bringt uns zum Gehorsam.
Ich habe erkannt, daß es einige wohlbekannte aber wenig verstandene und kaum praktizierte Gesetze gibt, nach denen wir leben müssen, wenn wir inneren und äußeren Frieden finden wollen. Hierzu gehört, daß das Böse nur durch Gutes überwunden werden kann, daß der Zweck niemals die Mittel heiligt und daß jene, die lieblos handeln, sich selbst verletzen.
Diese Gesetze sind für alle menschlichen Wesen die gleichen und müssen befolgt werden, bevor sich Harmonie durchsetzen kann.

So nahm ich ein sehr interessantes Projekt in Angriff, nämlich alle die guten Dinge, an die ich glaubte, zu leben. Ich verwirrte mich nicht dadurch, daß ich versuchte, sie alle auf einmal zu bewältigen, sondern vielmehr, wenn ich eine Gewohnheit hatte, von der ich wußte, daß ich sie nicht haben sollte, legte ich sie ab. Das war immer ein schnelles Ablegen. Das ist der leichte Weg. Sich allmählich zu ändern, dauert lange und ist sehr schwer. Wenn ich etwas versäumte, von dem ich wußte, es mußte getan werden, so nahm ich das in Angriff. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Leben den Glauben einholte, aber natürlich geht es, und wenn ich heute etwas glaube, so lebe ich es. Andernfalls wäre es vollkommen bedeutungslos. Je mehr ich im Einklang mit dem höchsten Licht, das ich besaß, lebte, desto mehr Licht wurde mir gegeben, und desto offener wurde ich für mehr Licht, wenn ich das lebte, das mir schon zuteil geworden war.

Es gibt noch eine dritte Vorbereitung. Sie hat mit etwas zu tun, das einzigartig ist für jedes menschliche Leben, denn jeder von uns nimmt einen bestimmten Platz im Weltgefüge ein, und es gibt keine zwei Menschen, die genau die gleiche Rolle in Gottes Plan spielen. Es gibt eine Führung, die aus dem Inneren kommt, für jeden, der bereit ist zu hören. Durch diese Führung wird sich jeder zu einer bestimmten Rolle im Gesamtzusammenhang hingezogen fühlen.
Gottes Gesetze können von innen her erfahren werden, aber sie können auch von außen her gelernt werden, da alle großen religiösen Lehrer darüber gesprochen haben. Gottes Führung aber kann nur von innen her erfahren werden.

Wir müssen für Gottes Führung offenbleiben. Gottes Führung läßt uns nie die göttlichen Gesetze brechen, und wenn solch eine negative Verführung über uns kommt, so können wir sicher sein, daß sie nicht von Gott ist. Es ist unsere Aufgabe, unser Leben unerschütterlich in Harmonie mit den göttlichen Gesetzen zu halten, die für uns alle gleich sind. Nur insoweit wir in Einklang mit den göttlichen Gesetzen leben, sind wir für das Gute zugänglich.
Wenn ihr in diese Welt kommt, so sind euch eure Aufgaben im göttlichen Plan schon gestellt. Sie müssen nur erkannt und gelebt werden. Wenn du noch nicht weißt, wohin du gehörst, so schlage ich vor, du versuchst, in aufmerksamer Stille zu suchen. Ich wanderte gewöhnlich durch die Schönheiten der Natur, einfach aufmerksam und still, und dann kamen mir wunderbare Einsichten.
Ihr beginnt euren Teil im Weltgefüge auszufüllen, wenn ihr all die guten Dinge tut, zu denen ihr euch motiviert fühlt, auch wenn es anfangs nur sehr kleine gute Dinge sind. Gebt diesen Vorrang gegenüber all den Oberflächlichkeiten, die gewöhnlich das menschliche Leben vollstopfen.

Jeden Morgen dachte ich an Gott und überlegte mir, wie ich an diesem Tag Gottes Kindern dienen könnte. Ich betrachtete jede Situation, in die ich geriet, um herauszufinden, ob es etwas gab, das ich beitragen konnte, um zu dienen. Ich tat jeden Tag soviel Gutes wie ich konnte, ohne zu vergessen, wie wichtig ein nettes Wort oder ein freundliches Lächeln sein können. Ich betete, wenn mir etwas zu schwierig erschien, als daß ich es hätte bewältigen können -und richtige Gebete führen zu richtigem Handeln.
Ich war von einer so überschäumenden Begeisterung erfüllt, anderen zu helfen, daß man mir vorwerfen konnte, durch meinen Einsatz für die Probleme anderer, diese in ihrer spirituellen Entwicklung zu behindern, die durch das Lösen von Problemen ja erst vorankommt. Bald erkannte ich, daß ich gute Werke 'übriglassen' mußte, die andere tun konnten und durch die andere gesegnet werden konnten.

Anfangs half ich den Menschen auf ganz einfache Weise, mit Botengängen, Gartenarbeit und Vorlesen. Ich verbrachte einige Zeit in Wohnungen bei älteren Menschen und bei solchen, die sich von einer Krankheit erholten und half ihnen bei der Überwindung ihrer verschiedenen Leiden. Ich arbeitete mit Problemkindern, mit psychisch gestörten und mit körperlich und geistig Behinderten. Meine Motive waren lauter, und oft hatte meine Arbeit positive Auswirkungen. Ich benutzte, was ich spirituelle Therapie nenne: Ich fand heraus, was die Menschen, mit denen ich arbeitete, an guten Dingen tun wollten und half ihnen, sie zu tun. Es gab einige, die sich zu sehr an mich klammerten, so daß ich mich bemühen mußte, diese Bindung zu lösen.
Mein Mangel an Sachkenntnis wurde durch die Liebe, die ich anderen entgegenbrachte, mehr als ausgeglichen. Wenn Liebe euer Leben erfüllt, verschwinden alle Grenzen. Die Medizin, die diese kranke Welt so nötig hat, ist Liebe.
Ich arbeitete auch hin und wieder ehrenamtlich für das Hilfskomitee amerikanischer Freunde*, die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit** und den Versöhnungsbund*** – über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren.

Es gibt Leute, die wissen, aber nicht handeln. Das ist sehr traurig. In diesem materialistischen Zeitalter haben wir einen so verkehrten Maßstab, um Erfolg zu messen. Wir messen ihn in Dollar und materiellen Dingen. Aber Glück und innerer Friede haben damit nichts zu tun. Wenn du weißt und nicht handelst, so bist du wirklich eine sehr unglückliche Person.
Es gibt noch eine vierte Vorbereitung. Das ist die Vereinfachung des Lebens, um inneres und äußeres – psychisches und materielles – Wohlbefinden in deinem Leben in Einklang zu bringen. Das wurde mir sehr leicht gemacht. Gleich nachdem ich mein Leben dem Dienen gewidmet hatte, fühlte ich, daß ich nicht länger mehr annehmen konnte als ich brauchte, während andere in der Welt weniger haben als sie brauchen. Das brachte mich dazu, mein Leben auf das wirklich Notwendige zu beschränken. Ich dachte, es wäre schwer. Ich dachte, es würde eine harte Zeit mitsichbringen, aber ich irrte mich. Statt Mühsal fand ich ein wundervolles Gefühl des Friedens und der Freude, und die Überzeugung, daß unnötiger Besitz nur unnötige Last ist.

Während dieser Zeit konnte ich mit zehn Dollar in der Woche auskommen, und zwar teilte ich meine Ausgaben in zwei Kategorien ein. Ich gab $ 6.50 für Essen und sonstige Kleinigkeiten aus und $ 3.50 für Unterkunft.
Nun will ich damit nicht sagen, daß die Bedürfnisse alle gleich sind. Deine Bedürfnisse mögen viel größer sein als meine. Wenn du z. B. eine Familie hast, so brauchst du die Geborgenheit eines Zuhauses für deine Kinder. Aber ich glaube, daß alles, was über den Bedarf hinausgeht – und Bedarf schließt manchmal auch Dinge jenseits des physischen Bedarfs ein – daß alles, was darüber hinausgeht, zur Last werden kann. Wenn du es erst hast, mußt du dich auch darum kümmern!
Es liegt eine große Freiheit in der Einfachheit des Lebens, und nachdem ich anfing, das zu erkennen, fand ich den Einklang in meinem Leben zwischen innerem und äußerem Wohlbefinden. Hierzu ist viel zu sagen, nicht nur was das individuelle Leben angeht, sondern auch das Leben einer Gesellschaft. Denn weil wir als Welt uns in solchem Maß von diesem Einklang entfernt haben, uns so extrem auf die materielle Ebene ausgerichtet haben, sind wir fähig, bei einer Entdeckung wie der der Kernenergie, sie in eine Bombe umzusetzen und sie zum Töten von Menschen einzusetzen! Der Grund liegt darin, daß unser inneres Wohlbefinden so weit hinter unserem äußeren Wohlbefinden zurückgeblieben ist. Die notwendige Suche liegt in Zukunft im inneren, spirituellen Bereich, damit wir diese beiden Seiten ins Gleichgewicht bringen können, damit wir das äußere Wohlbefinden, das wir erreicht haben, auch gut zu nutzen lernen.

***) American Friends Service Committee
***) Women’s International League for Peace and Freedom
***) Fellowship of Reconciliation