Goraksha Shataka

 

Vers 50: Ernährungsrichtlinien für intensive Pranayamapraxis

 

Es wird empfohlen, sich mit dem durch die Anstrengung (des Pranayama) entstandenen Schweiß die Glieder einzureiben. Während (der so praktizierende Yogi) Scharfes, Saures und Salziges meidet, soll er Nahrung zu sich nehmen, die mit Milch(produkten) zubereitet ist.


    अङ्गानां मर्दनं शस्तं श्रमसञ्जातवारिणा |
    कट्वम्ललवणत्यागी क्षीरभोजनमाचरेत् || ५० ||


    aṅgānāṃ mardanaṃ śastaṃ śrama-sañjāta-vāriṇā |
    kaṭv-amla-lavaṇa-tyāgī kṣīra-bhojanam ācaret || 50 ||

    anganam mardanam shastam shrama-sanjata-varina |
    katv-amla-lavana-tyagi kshira-bhojanam acharet || 50 ||


Wort-für-Wort-Übersetzung

    aṅgānām : der Glieder (Anga)
    mardanam : das Einreiben (Mardana)
    śastam : wird empfohlen (Shasta)
    śrama-sañjāta-vāriṇā : mit dem durch die Anstrengung (Shrama) entstandenen (Sanjata) Schweiß ("Wasser", Vari)
    kaṭv-amla-lavaṇa-tyāgī : (während er) Scharfes (Katu), Saures (Amla) und Salziges (Lavana) meidet ("aufgibt", Tyagin)
    kṣīra-bhojanam : (mit) Milchprodukten ("Milch" zubereitete, Kshira) Nahrung (Bhojana)
    ācaret : verzehre er (ā + car)

Anmerkungen: In der Hatha Yoga Pradipika (2.13-14) wird das hier in aller Kürze Gesagte noch weiter ausgeführt:

    jalena śrama-jātena gātra-mardanam ācaret |
    dṛḍhatā laghutā caiva tena gātrasya jāyate || 2.13 ||

"(Der Yogi) soll seinen Körper (Gatra) mit dem durch die Anstrengung (Shrama) entstandenen Schweiß ("Wasser", Jala) einreiben. Dadurch entsteht Festigkeit (Dridhata) und ebenso Leichtigkeit (Laghuta) des Körpers." (HYP 2.13)

    abhyāsa-kāle prathame śastaṃ kṣīrājya-bhojanam |
    tato'bhyāse dṛḍhī-bhūte na tādṛṅ-niyama-grahaḥ || 2.14 ||

"In der ersten Zeit (Kala) des Praktizierens (Abhyasa) wird Milch (Kshira) und geklärte Butter (Ajya) als Nahrung (Bhojana) empfohlen. Später, wenn die Übungspraxis sich gefestigt hat, ist das Festhalten (Graha) an einer solchen Beschränkung (Niyama) nicht mehr erforderlich." (HYP 2.14)

Brahmananda, der Kommentator der HYP, erklärt das Kompositum kṣīrājya-bhojanam als "Nahrung, die mit Milch und geklärter Butter (Ghrita) zubereitet wurde". Die Verwendung von (Kuh-)Milchprodukten ist aus ayurvedischer Sicht vor allem mit der kühlenden (Shita) Wirkung (Virya) derselben zu erklären, um die oben erwähnte, bei intensiver Pranayamapraxis entstehende Erhitzung des Körpers abzumildern. So erklärt sich auch der Verzicht auf Scharfes, Saures und Salziges, da diese drei Geschmacksrichtungen (Rasa) allesamt erhitzend (Ushna) wirken. Süßes (Madhura), das wiederum kühlend wirkt, ist dagegen zuträglich (vgl. HYP 1.66).

Brahmananda erklärt kaṭu, was wörtlich "scharf" bedeutet, interessanterweise mit "bitter", indem er hierfür die Bittergurke (Karavellka, Momordica charantia) als Beispiel anführt (ad HYP 1.61). Die bittere Geschmacksrichtung gilt aus ayurvedischer Sicht jedoch als kühlend.

Eine ausführlichere Auflistung von Nahrungsmitteln und Zubereitungsarten, die ein Yogi zu meiden hat, findet sich in Hatha Yoga Pradipika (1.61-62), empfohlene Nahrungsmittel werden wiederum in Hatha Yoga Pradipika (1.65-66) aufgezählt.