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Yoga Artikel | Yoga Vidya Journal  | Nr. 6 Herbst 2001

       

 

Yoga Vidya Journal Ausgabe 6                  Oktober 2001

Herausgegeben vom Bund der Yoga Vidya Lehrer 
 
 

Vorwort/Editorial

 
Liebe Leserinnen und Leser,liebe Yogis und Yoginis,

immer wieder werde ich von Schülern gefragt, ob ich denn als Yogalehrer auch schon mal in Indien gewesen sei und ernte meist ungläubiges Staunen, wenn ich das verneine. Oft entsteht daraus ein Gespräch über die Universalität von Wissen und Weisheit, und dass wir dort, wo wir gerade sind, uns am richtigen Ort befinden. Aber dennoch kann ich nicht leugnen, dass die Wurzeln des Yoga, so wie er heute überliefert ist, in Indien liegen und dass es sicher ein wunderbares Erlebnis ist, diese, mit ein wenig Glück und Ausdauer, in Indien wiederzufinden.
Susanne Oberheidtmann hat sich auf eine solche – innere wie äussere – Reise begeben und einen beeindruckenden Reisebericht zusammengestellt, der auch die vielen Unwägbarkeiten nicht unerwähnt lässt und den Eindruck hinterlässt, das eine Indienreise, gerade für Yogapraktizierende, auch eine Reise in die innere Welt sein kann...
Das Interesse an Kundalini-Yoga nimmt stetig zu. Und es ist interessant, was in der Yogawelt und auf dem "spirituellen Jahrmarkt" so alles unter dieser Bezeichnung angeboten wird. Einen sehr authentischen Kundalini-Yoga kann man u.a. in den Yoga Vidya Zentren kennenlernen. Sukadev schildert in seinem Bericht die Grund-lagen und Möglichkeiten der Ausübung des Kundalini-Yoga, so wie er von Swami Vishnu-Devananda gelehrt wurde. Hierbei handelt es sich um einen Bereicht, den Sukadev für die bundesweit erscheinende "Yoga Aktuell" verfasst hat und den wir gerne auch im Yoga Vidya Journal veröffentlichen.
Allen Autoren und Autorinnen, die ihren Beitrag zum Gelingen der neuen Ausgabe geleistet haben, möchte ich an dieser Stelle herzlichst danken. Leider kommt es immer wieder vor, dass Beiträge nicht mit dem Namen des Verfassers bzw. der Verfasserin versehen sind und dass im langen Prozess der Journal-Entstehung zum Schluss niemand mehr weiß, von wem der namenlose Beitrag stammt. So geschehen mit dem "Liebesbrief aus Indien". Der Beitrag hat uns aber so gut gefallen, dass wir nicht auf seine Veröffentlichung verzichten wollten... Der oder die AutorIn möge sich also noch einmal bei uns melden. Und ansonsten wie immer der Aufruf zur Mitarbeit. Wir freuen uns über jeden Bericht, jedes Gedicht oder sonstigen im Geiste des Yoga stehenden Beitrag und hoffen auf zahlreiche Zusendun-gen.

Viel Freude beim Lesen wünscht Euch
Nataraj Matthias Geis
Redaktion


Inhaltsverzeichnis:
 

  • Sukadev Bretz:ich schreibe diese Neuigkeiten aus meiner Klausur
  • Neuigkeiten vom BYV
  • Neuigkeiten aus dem Haus Yoga Vidya
  • Neuigkeiten aus den Yoga Vidya Zentren
  • Internet-Seite www.yoga-vidya.de
  • Initiative für den Weltfrieden
  • Eine Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya
  • Ich lebe...Von Hanspeter Sperzel
  • RETREAT von Christine Schibura
  • Gedichte
  • Mein Leben von H.K.
  • Die Praktiken des Kundalini-Yoga von Sukadev Bretz
  • Bhagavad Gita von Haripriya-Deepa Malavalli 
  • Liebesbrief aus Indien

  • Neuigkeiten von Yoga Vidya (Stand: 31. Oktober 2001)



     
     

    Liebe Yoga-Freundin, lieber Yoga-Freund,

    ich schreibe diese Neuigkeiten aus meiner Klausur: Seit 15. September mache ich intensive spirituelle Praktiken, bin die meiste Zeit in Mauna (Schweigen), fühle tiefe spirituelle Wonne und starke Verbundenheit im Kosmischen. Ich bin sehr dankbar, daß ich die Gelegenheit dazu habe. Herzlichen Dank allen Yoga Vidya Mitarbeitern, die sich dafür sehr engagieren. Wie Du vielleicht weißt, sind wir seit über einem Jahr auf der Suche nach einem größeren Seminarhaus. Und bevor diese neue Aufgabe auf uns zu kommt, fühlte ich, daß ich zuerst meine spirituellen Batterien neu aufladen müßte, und meine Verbundenheit im Kosmischen vertiefen müßte. So war diese Zeit der Klausur schon lange geplant. Ich bin dabei im Haus Yoga Vidya, mache die Praktiken in meinem kleinen Meditationsraum oder in der freien Natur. Ich habe hier einige starke Kraftplätze gefunden, die ich fast als „Heilige Orte“ bezeichnen will. Meine Klausur wird unterbrochen werden durch den Kongreß, an dem ich teilhaben werde und abschließen, entweder wenn die offiziellen Verträge für das neue Seminarhaus unterzeichnet sind, oder spätestens am 15. Dezember.
    Eines wird mir täglich von Neuem klar: Überbewußtsein, Erfahrung des Göttlichen, ist nicht etwas in ferner Zukunft. Es ist, wie Patanjali im ersten Wort seines bekannten Yoga-Sutra sagt, „Atha“, „jetzt“. Wir sollten unser Glück nicht verschieben, nicht denken „in 10 Jahren“, sondern erkennen: Sowie ich im „Jetzt“ abin, bin ich in der Wonne, bin ich im Göttlichen, „bin ich“. Zwar ist es auch richtig, Geduld zu haben: Karma ist auszuarbeiten, spirituelle Energie (Prana) ist anzusammeln, der Geist ist zu schulen und das Unterbewußtsein umzustrukturieren, und dies braucht seine Zeit. Trotzdem: „Atha - jetzt“ können wir einen Strahl von Licht erfahren. „Atha - jetzt“ ist Gottes Gegenwart erfahrbar. Und wir sollten immer wieder innehalten und ganz in dieses „Atha - jetzt“ eintauchen. Und ganz schnell kann Gereiztheit, Unruhe, Depression etc. verschwinden. Ein Baum, der Himmel, sogar das Brummen den PCs - alles kann zur Offenbarung werden.

    Obgleich mein Geist momentan eher zu solchen Gedankenflügen neigt, werde ich mich jetzt zur Ordnung rufen und doch über Neuigkeiten schreiben...

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    Neuigkeiten vom BYV
    Der Yoga Vidya Kongreß 2001 16.-18.11. verspricht ganz besonders großartig zu werden. Vielen Dank an Amba (Anna Popiel-Hoffmann) für die Organisation!
    Die Yogakurs-Krankenkassenfinanzierung hat sich wieder geändert: Die meisten Krankenkassen wollen jetzt eine 2-jährige Yogalehrer Ausbildung von anerkannten Instituten (wir gehören dazu) PLUS universitäre Ausbildung im Bereich des Päda-gogisch-/Psychologischen. Genauere Details kann Dir gerne Suguna Langer (Tel. 02685-8002-0 Email:Suguna@yoga-vidya.de) geben. In den Kursen unserer Yoga Vidya Zentren spielt die Krankenkassenfinanzierung aber so gut wie keine Rolle.
    Die Mitgliederzahl des Bundes der Yoga Vidya Lehrer steigt und steigt. Seit letztem Jahr sind viele neue Mitglieder dazugekommen, sodaß wir jetzt fast 400 Mitglieder haben.
    Yoga Vidya Kooperations-Zentren
    Unser neues Konzept „Yoga Vidya Kooperations-Zentren“ hat sich schon sehr be-währt. Schon 8 neue Yogaschulen sind entstanden: 

  • Yoga-Vidya Center Ganga Kegel, Herrnsheimer Hauptstrasse 54b, 67550 Worms Herrnsheim ,Tel.: 06241 / 267312, Mobil: 0179 / 6238617, E-Mail: worms@yoga-vidya.de 
  • Yoga Vidya Zentrum Augsburg, Helmschmiedstrasse 3, 86154 Augsburg, Tel.: 0821/522889 oder 605926, E-Mail:Augsburg@Yoga-Vidya.de 
  • Yoga Vidya Center Silke Füllbier, Marienköpfchen 26, 56651 Oberzissen , Tel. 026 36 - 97 05 25, Kto-Nr 8514002 Blz 577 513 10, Kreissparkasse Ahrweiler, E-Mail:oberzissen@yoga-vidya.de 
  • Yoga Vidya Zentrum Möhnesee, Renate Jobmann, Bahnhofstr. 12, 59519 Möhne-see-Wamel, Telefon: 02924 /810818, E-Mail: moehnesee@yoga-vidya.de 
  • Yoga-Vidya Center Cottbus Ines Noack-Schmidt, Karl-Liebknecht-Str.9 (gegenüber Galeria Kaufhof), 03046 Cottbus, Tel. 0355-4948728, Fax 01212 - 520170154, E-Mail: Cottbus@Yoga-Vidya.de 
  • Yoga-Vidya Center Ursula Krause, Geraer Str. 49, 04600 Altenburg, Tel. 03447-896906/C.:03447 895333
  • Yoga Vidya Center Rajeshwari Waibel, Dörflistrasse 30 CH-8057 Zürich-Oerlikon Tel. ++41-1-845 16 66 Fax: ++41-1 845 19 69 E-Mail: info@yoga-vidya-center.ch, Homepage: www-yoga-vidya-center.ch
  • Yoga-Vidya Zentrum Saar, Claudia Zingraf, Daarler Villa, Saargemünder Straße 19, 66119 Saarbrücken, E-Mail: saar@yoga-vidya.de, internet www.hathayoga.de

  • Besonders stolz sind wir auf das Züricher Center, welches das erste Yoga Vidya Center außerhalb Deutschlands ist.
    Unser Ziel ist es, in ein paar Jahren in jeder Gegend in Deutschland und vielleicht auch den umliegenden Ländern ein Yoga Vidya Zentrum zu haben. Yoga wird in-zwischen überall unterrichtet: Volkshochschulen, Fitness-Studions, Reha-Kliniken, Großfirmen, Kirchengemeinden, etc. Und weil das Interesse an Yoga immer mehr zunimmt, werden auch dafür weiterhin mehr Yogalehrer/innen gebraucht. Aber was noch dringender gebraucht wird, sind echte Yoga-Zentren, in denen die Tiefe des Yoga erfahren und die Gesamtheit des Yoga unterrichtet werden kann, in denen sich eine spirituelle Energie aufbauen kann, die Lichtpunkte von Frieden und Kraft werden. Das Interesse ist da, wie die z.T. sehr großartigen Eröffnungen dieser Zentren gezeigt haben. Was jetzt gebraucht wird, sind Menschen, die den Mut haben, ein eigenes Yoga Vidya Zentrum zu eröffnen. Der Yoga Vidya e.V. leistet dabei vielfältige Formen der Hilfestellung. Wenn Du interessiert bist, nimm bitte Kontakt auf mit Padmakshi Berger (Tel. 02685-8002-30 oder 8002-0, Email padmakshi@yoga-vidya.de)

    Umstrukturierungen im Yoga Vidya e.V.
    Im Zuge meiner Klausur haben wir einige organisatorische Veränderungen vorgenommen: Keshava Schütz ist jetzt Ashramleiter im Haus Yoga Vidya, und soll es auch bleiben nach dem Ende meiner Klausur. Manohara Wahl, Leiter des Yoga Vidya Centers Köln, ist Koordinator der vereinseigenen Yoga Vidya Zentren, und Padmakshi Berger ist Koordinatorin der Yoga Vidya Kooperationszentren. So hoffe ich, auch nach der Klausur von den bisherigen administrativen Tätigkeiten weitestgehend befreit zu sein, und mich mehr dem Unterrichten, dem Schreiben von Büchern und Artikeln, spiritueller Unterweisung sowie dem Aufbau des größeren Ashrams widmen zu können.

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    Neuigkeiten aus dem Haus Yoga Vidya
    Das Haus Yoga Vidya hat sich dieses Jahr weiter entwickelt. Nach der Beseitigung der Brandschäden strahlt das Büro in neuem Glanz. Ein zusätzliche Badezimmer im 1. Stock des Gästehauses wurde eingerichtet. Einige Renovierungsarbeiten in den Gästezimmern wurden in Angriff genommen. 
    Wegen der weiter steigenden Gästezahl und die wachsende Zahl der zu betreuenden Yoga Vidya Zentren haben wir das Team gegenüber letztem Jahr um 5 Vollzeit-Mitarbeiter auf 29 erweitert. Das Haus platzt aus allen Nähten - sicherlich eine sehr intensive und energetische Zeit. Wir hoffen, in den nächsten Monaten das zweite Seminarhaus zu eröffnen, welches dann der Hauptsitz von Yoga Vidya werden soll.
    Unser Bauantrag zur Erweiterung des Hauses ist genehmigt worden. Nächstes Jahr werden wir voraussichtlich anstelle des ehemaligen Eßzeltes einen gemütlichen Speisesaal errichten mit einem weiteren Büroraum, Platz für eine oder 2 Telefonzellen für Gästetelefone, weiteren WCs und in einem Stockwerk darüber Zimmer für Mitarbeiter. Wir haben auch die Genehmigung, das Gästehaus um ein Stockwerk zu erhöhen und einen weiteren Yogaraum vor dem Gästehaus zu errichten. Dies soll aber erst in ein paar Jahren in Angriff genommen werden. Du siehst: Das Haus Yoga Vidya im Naturparadies Rhein-Westerwald bleibt nicht nur trotz Verlagerung des Hauptsitzes weiter bestehen, sondern es wird weiter ausgebaut. Für unsere Gäste wird dieser starke Kraftplatz noch mehr zu einem Hort von Ruhe, Erholung, Inspiration und Energie werden.
    Über die Suche nach dem größeren Seminarhaus schreibe ich lieber nicht zu viel. Vielleicht hat sich da schon etwas entschieden, wenn Du dieses Journal in den Händen hast. Nur so weit: In den letzten Monaten haben wir über 2000 Angebote erhalten, Dieter Hehn hat sich mehrere Dutzend Häuser angeschaut, z.Z. dieses Artikels (31.10.) sind wir in engeren Verhandlungen bzgl. 4 Standorten (Nieder-sachsen, Oberhessen, Vogelsberg, Thüringer Wald). Das ursprüngliche Projekt „Yoga-Dorf“ hatte sich im Frühjahr verschoben, da nicht genügend Interessenten zum Einzug bereit waren. Daher soll zuerst das größere Seminarhaus errichtet werden, und in ein paar Jahren kann eventuell das Yoga-Dorf-Initiative drum herum entstehen.
     

    Neuigkeiten aus den Yoga Vidya Zentren
    Das neue Yoga-Vidya Zentrum in Mainz hatte einen fulminanten Beginn: Über 500 Gäste bei der Einweihung am 3. Oktober, insgesamt über 2000 Besucher in den ersten 2 Wochen. Es ist das größte Yoga Vidya Zentrum und ist fast wie ein Ashram: Vier Aspirant/innen wohnen dort (neben den Zentrumsleitern Gopi und Atmaram Bretz sind dies Madhava und Allan), es ist Platz für weitere Interessenten. Eine ganze Reihe von erfahrenen Yogalehrer/innen unterrichtet dort. Neben den Kursen, offenen Stunden und Yogalehrer-Ausbildungen finden täglich morgens und abends Meditation und Mantra-Singen statt. Es ist sogar möglich, dort zu übernachten und an Wochenendseminaren teilzunehmen. In kurzer Zeit hat das Zentrum eine sehr starke spirituelle Ausstrahlung und Heilenergie bekommen.
    Auch das im Januar eröffnete Yoga Vidya Zentrum in Essen hat sich recht schnell recht gut etabliert. Maharani und Savitri leisten sehr gute Arbeit.
    Das Kölner Yoga Vidya Zentrum hat einen beständigen Auftrieb. Manohara leitet das Zentrum, assistiert von Alex.
    In Frankfurt heißt der neue Zentrumsleiter Gopala, unterstützt von Daniele, Britta und vielen ehrenamtlichen Yogalehrer/innen und Helfer/innen.Das Koblenzer Center wird weiterhin von Rafaela mit viel Liebe und Hingabe geleitet.
     

    Internet-Seite www.yoga-vidya.de
    Wußtest Du schon, daß
    - die Yoga Vidya Website ein Hort an Informationen zum Thema Yoga mit inzwischen über 7000 (!) Dateien ist
    - unser monatlicher Newsletter über 4000 Abonnenten hat (abonnieren: www.yoga-vidya.de/ newsletter.htm)
    - wir mit über 1000000 Seitenzugriffen Europas meist besuchte Yoga Internetseite haben
    - falls Du irgendetwas über Yoga suchst, Du nur den Begriff in unsere eigene Suchmaschine einzugeben brauchst
    - wir 2 Yoga - Foren haben, auf denen Du Dich mit anderen Yoga Interessenten austauschen kannst. Diese Yoga-Foren sind meines Wissens Deutschlands beliebteste Foren
    - Du auf einer „Fragen zum Yoga“-Seite vielfältigste Ratschläge bekommen kannst
    - auf den Seiten ein umfangreiches Sanskrit-Lexikon ist
    - Du sogar Mantras hören kannst
    - es einen täglichen Newsletter gibt mit täglichen Inspirationen aus der Feder von Swami Sivananda
    - auch die einzelnen Yoga Vidya Zentren eigene Newsletter herausgeben
    - Du hier frühere Ausgaben des Yoga Vidya Journals finden kannst, ebenso wie zahlreiche Bücher

    Wir würden gerne diese Seiten erweitern und suchen dafür insbesondere
    - Erfahrungsberichte: Wie bin ich zum Yoga gekommen?
    Oder: Wie hat Yoga mein Leben verändert
    - Artikel über Asanas, Pranayama und Entspannungstechniken
    - Alle möglichen anderen Artikel, Photos etc.
    Falls Du also einen PC besitzt, schreibe etwas! Monatlich 100000 Besucher sind sehr dankbar dafür!

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    Initiative für den Weltfrieden
    Die Ereignisse seit dem 11. September haben das subjektive Gefühl von Sicherheit erschüttert. Sie zeigen, daß Krieg, Vernichtung und Bedrohungen nicht nur in Ländern der 3. Welt und auf dem Balkan zu finden sind, sondern auch uns in unserer scheinbar so sicheren Welt jederzeit heimsuchen können. 
    Swami Vishnudevananda (1927-1993), der Meister, in dessen Tradition wir stehen, hatte in den Siebziger und Achtziger Jahren vielfach vor Terroristen - Attacken größeren Ausmaßes gewarnt. Er hatte in einem Vortrag, den ich Anfang der Achtziger Jahre selbst gehört habe, gesagt: "Terroristen brauchen bloß ein Flugzeug zu entführen und auf das World Trade Center zu lenken. Und im Nu werden 10000 Menschen tot sein". Swami Vishnudevananda, der spürte, daß Frieden und Menschlichkeit auch im 21. Jahrhundert nicht automatisch kommen würde, empfahl gegen Haß, Krieg und Terror: 

    (1) täglich Friedensgebete: Jeder sollte jeden Tag mindestens 1 Minute lang Ge-danken von Licht, Liebe und Frieden in die Welt schicken. Im Haus Yoga Vidya singen wir jeden Tag von 19 -20 Uhr 1 Stunde lang das Mantra "Om Namo Naraya-naya" für den Weltfrieden. In allen Yoga Vidya Zentren werden alle Yoga-Stunden und Meditationen mit Friedensgebeten begonnen und beschlossen. Es wäre schön, wenn alle Leser dieses Yoga Vidya Journals jeden Tag Gedanken oder Gebete des Friedens ausschicken, sei es mit dem Mantra "Om Namo Narayanaya",sei es in dem sie mehrmals geistig wiederholen "Möge Friede auf Erden sein". Haß gebiert Haß. Und nach der YogaLehre steigt dieser Haß in die Gedankenwelt (Akasha Chronik) auf und bildet machtvolle schwarze Gedanken Wolken. Diese Gedankenwolken regnen dann in Form von Kriegen, Terror-Anschlägen und Leid. Je mehr Menschen Gedanken des Friedens ausschicken, um so stärker kann die Kraft des Hasses gemildert werden. Laßt uns lichte Gedankenwolken des Friedens und der Liebe erzeugen 

    (2) intensive Praxis von Yoga und Meditation: Wenn man durch intensive Praxis zu seinem unsterblichen Wesenskern gelangt, braucht man keine Angst zu haben vor was auch immer uns noch bevorsteht.

    (3) Friedvoll sein in den Beziehungen zu anderen Menschen, insbesondere gegenüber Andersgläubigen, Angehörigen anderer Religionen, Nationen und Völker 

    (4) Sich engagieren für den Frieden. Swami Vishnudevananda setzte sogar sein Leben aufs Spiel, indem er 1983 für den Frieden in einem Ultra-Leichtflugzeug von West- nach Ostberlin flog und Anfang der Siebziger Jahre von Israel nach Ägypten über den Suez-Kanal. Jetzt können wir insbesondere an Friedens-Märschen, -Gottesdiensten, und -Gedenkminuten teilnehmen. 

    (5) Weitergeben der Weisheit von Yoga und Meditation: Vor der Tatsache, daß die Menschen heute gegenüber früher undenkbare Möglichkeiten haben, andere zu vernichten, und sogar das Leben auf dem Planeten auslöschen können, ist die Weitergabe des spirituellen Wissens vordringliche Aufgabe geworden. Wenn eine ausreichend große Minderheit dazu veranlaßt werden kann, Frieden in sich zu finden und zum Kanal göttlichen Lichtes zu werden, kann dies das Bewußtsein der Mehrheit verändern. 

    In dieser Situation wollen wir uns daher noch mehr engagieren, spirituelles Wissen wie auch Techniken zur Erlangung von innerem Frieden weiter zu geben. Ich glaube, dies ist das dringendste Gebot der Stunde. Vielleicht gibt es einen Grund, warum gerade in diese Zeit dieser Katastrophe unsere Bemühungen fallen, ein größeres Yoga Seminarhaus zu finden. Es ist zwar bisher immer noch daran gescheitert, daß wir bisher noch nicht ausreichend finanzielle Mittel gefunden haben. Aber vielleicht wird uns die Kosmische Intelligenz gerade jetzt in dieser Situation die Mittel dafür zur Verfügung stellen. 

    Wir hoffen und beten, daß solche Terroranschläge nicht wiederholt werden, und beten auch für das afghanische Volk. 
    Loka Samasta Sukhino Bhavantu - 
    Mögen alle Wesen Glück und Harmonie erfahren. 

    Om Shanti Shanti Shanti 
    Frieden Frieden Frieden

    Herzlichst 
    Sukadev Bretz 
    und Dein Yoga Vidya Team 

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    DEM HIMMEL SO NAH.....
    Eine Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya

    von Susanne Oberheidtmann

    Eine Tagesreise von Delhi entfernt liegt der kleine Sivanandaashram nahe bei Uttar Kashi, einer kleinen Stadt im Himalaya. Er wurde 1993 von Swami Vishnu Devananda gegründet und liegt wunderschön in einem Tal direkt am Ganges. Der ideale Ort für mich, wie ich dachte und machte mich auf die lange Reise

    Anreise: 

    Um es gleich vorweg zu sagen, die ersten zwei Tage war ich nicht gerade vom Glück verfolgt. Nach einem sehr entspannenden Flug wartete ich nachts in Delhi am Flughafen vergeblich auf die Leute vom Delhi Sivananda Zentrum, die mich und Swami Mahedevananda, der Leiter des Ashrams in Kerala, abholen sollten (natürlich nur den Swami, ich war nur zufällig auf dem Flieger). Oder besser gesagt, wir sollten auf dem gleichen Flieger sein, was aber nicht der Fall war. Also packte ich meine Sachen und strebte gen Taxistand. Gleich darauf lieferte ich mir eine handfeste Feilscherei mit einem Taxifahrer, der einen lächerlich hohen Preis verlangte. Nachdem wir uns geeinigt hatten, ging es in die dunkle Nacht hinaus und nach einer Weile wurde mir doch etwas mulmig. Der Fahrer hielt x-mal an, um nach dem Weg zu fragen. Es war stockdunkel, kaum jemand auf der Straße und es war alles andere als vertrauenserweckend. Endlich kam ich gegen 2.00 Uhr morgens im Zentrum an, klingelte die Bewohner aus dem Bett...und erfuhr, daß ich bereits gestern erwartet worden war! Ein kleines Mißverständnis. Na ja, um 6.00 Uhr sollte es weiter gehen nach Haridwar per Zug, nur hatte man mir jetzt kein Ticket besorgt, da ich ja nicht erschienen war... Dennoch schloß ich mich nach 1 1/2 Stunden Schlaf den anderen (Swami und Begleitung) an, wir fuhren zum Bahnhof... um zu erfahren, daß der Zug zum Bersten voll war und ich keine Chance auf ein Ticket hatte. Also mußte ich zurück ins Zentrum, nicht gerade begeistert. Nach etwas Schlaf fuhr ich dann wieder zum Bahnhof, um mir ein Ticket für den anderen Tag zu organisieren... um zu erfahren, daß die nächsten Tage alle Züge wegen Ferien in Indien ausgebucht waren, die Busse streikten und überhaupt ganz Indien auf den Beinen war. Ich war bedient. Sollte es das schon gewesen sein? Ich überlegte ernsthaft, ob es nicht sinnvoller war, meinen Kram zu packen und wieder nach Hause zu fliegen. Vielleicht sollte es nicht sein. Aber ich wollte unbedingt nach Uttar Kashi, ins Sivanandazentrum am Fuße des Himalaya, da hatte ich mich so drauf gefreut. Also entschied ich spontan, meine Urlaubskasse zu plündern und für einen horrenden Preis ein Auto nebst Fahrer bis Haridwar zu mieten. Von dort sollte ich dann von Sundar, dem Leiter des Ashrams, der bei Swamis Begleitern dabei war, oder von einem Karmayogi abgeholt werden.
    Ich verbrachte also noch ein paar Stunden in Delhi (mehr brauche ich da auch nicht), genoß das leckere Essen im Zentrum, die Yogastunde und abends eine Puja! Das Zentrum in Delhi ist neu und sehr schön, mit einem großen Yogaraum und einer Dachterrasse.
    Abends legte ich mich auf meine Matratze in der Hoffnung, daß der nächste Tag etwas erfolgreicher als bisher verlaufen würde. 
     

    2. Tag

    Morgens geht es los, das Taxi ist sogar fast pünktlich. Fünf  Stunden völlig chaotischer Verkehr, ständiges Gehupe, Abgasgestank, Schlaglöcher, sengende Hitze. Rechts und links der Straße das typische Indienbild, buntes Treiben, Müllberge, viel Armut und Dreck, herumliegende Kühe, aber auch lachende, spielende Kinder, wunderschön gekleidete Frauen und geschmückte Hindutempel.
    Manchmal, wenn der Verkehr wieder besonders brenzlig wird und ein Laster in vollem Tempo frontal auf uns zukommt, schließe ich einfach die Augen und schicke ein OM NAMAH SHIVAYA zum Himmel, aber irgendwie gelingt es dem Fahrer tatsächlich, uns sicher nach Haridwar zu bringen. Dort habe ich ein ‚blind date‘. Jemand vom Ashram wird mich am Bahnhof abholen, und wir werden uns daran erkennen, daß wir beide Sivananda-T-Shirts tragen. Und siehe da, nach einigen Minuten Wartezeit kommen zwei strahlende junge Männer auf mich zu. Sie verladen meinen Rucksack und mich auf die Rückbank eines Jeeps und weiter geht’s. Von dort aus sollen es noch ca. zwei Stunden Fahrzeit sein, dachte ich jedenfalls. Als einer von beiden auf meine Frage, wann wir denn ankommen, strahlend „six o’clock“ sagt, dachte ich, er macht einen Scherz, es ist gerade 13 Uhr! Leider ist es keiner, es sollten noch 5,5 Stunden Jeepfahrt vor mir liegen! 
    Wir fahren am heiligen Platz am Ganges in Haridwar vorbei, wo jeden Tag bei Sonnenauf und untergang ein Arati abgehalten und schwimmende Kerzen in den Fluß gesetzt werden. Rishikesh sehe ich nur kurz, dann geht es hinauf in die Berge. Der Jeep rast in einem halsbrecherischen Tempo die Serpentinen entlang, in jeder Kurve laut hupend. Der Straßenrand ist nicht befestigt, wenn ich rechts aus dem Auto schaue, geht es in die Tiefe. Unten fließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande, wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze.
    Die Landschaft ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer, klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht so gewohnt.
    Als wir endlich ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung, daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben? Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf.
     

    3. Tag

    Um fünf Uhr morgens geht die Glocke. Ich schäle mich aus dem Bett und gehe zum Satsang. Bald ist es hell und endlich sehe ich den Ashram im Sonnenlicht! Es ist ein sehr kleines Gelände mitten im Tal,  hübsch angelegt mit Blumenkästen und einer kleinen Wiese. Der Ganges fließt direkt vorbei, auf der anderen Seite bewaldete Berge. Eine Brücke aus Holz führt zur anderen Seite, auf der einige wenige Häuser zu sehen sind. Die Zimmer sind klein, aber o.k.  Die Meditationshalle ist sehr klein, es wird gerade eine größere gebaut. Es gibt zwei Warmwasseranschlüsse, der Rest ist kalt. Geduscht wird nach indischer Methode mit Eimern, die mit heißem Wasser gefüllt werden, Toilettenpapier gibt's keins. Für mich mal wieder eine Premiere, nur die linke Hand zu benutzen, nach einigen Tagen völlig nebensächlich. Mit anderen Worten, alles sehr einfach und nichts für Luxusgewöhnte! 
    Es gibt eine überdachte Terrasse, auf der die Yogastunden abgehalten werden, was mir gut gefällt, da man direkt auf den Ganges schauen kann.
    Meine Stimmung steigt von Stunde zu Stunde. Seltsamerweise bin ich trotz wenig Schlaf nicht sehr müde. Nach dem Satsang, der dem in Oberlahr ähnelt (zusätzlich gibt es noch ein sehr schönes Gangesarati), gibt es Chai, den köstlichen indischen Tee (mittlerweile mein Grundnahrungsmittel), dann die Asanastunde. Da heute Sonntag ist, fällt Karmayoga und die Yogastunde am Nachmittag aus. Sonntags kommen die Menschen aus den Bergdörfern in den Ashram und bekommen hier kostenlos Medizin. Die Asanastunde dauert zwei Stunden und gefällt mir gut. Es tut mir so gut, mich mal wieder zu bewegen und zu dehnen, Himalayaluft strömt durch meine Adern und gibt mir neue Kraft. Gelehrt wird die klassische Rishikeshreihe, jeweils zwei Stunden morgens und nachmittags, nach einer Woche steht mir der Sinn mal nach etwas Abwechslung, dennoch merke ich von Tag zu Tag meine Fortschritte. 
    Anschließend wird gegessen. Wir sitzen auf der Terrasse in zwei Reihen gegenüber auf ausgerollten Teppichen, je einen großen Teller, eine Schüssel und einen Becher vor uns. Zwei Inder gehen mit Eimern herum und füllen Reis, Dhal und Gemüse auf Teller und Schüssel. Besteck gibt es keins, gegessen wird mit den Fingern der rechten Hand. Mal wieder eine Premiere und ziemlich ungewohnt. Das Essen incl. Chapatis ist köstlich.
    Wir sind ca. 10 Gäste und 10 Ashrambewohner, ein angenehm kleiner Kreis und total international. Amerikaner, Kanadier, Deutsche, Franzosen, alles dabei. Der Ashram hat Kapazität für ca. 15-20 Gäste, was ich sehr schön finde, da ich keine Freundin von yogischen Massenveranstaltungen bin. Man kommt schnell ins Gespräch, nach einigen Tagen ist es wie in einer Familie. Mit einigen habe ich bis heute Kontakt, was sehr für die Intensität und die Vertrautheit spricht, die dort herrscht.
    Nach dem Essen fahren wir die 8 km nach Uttar Kashi, d.h. wir halten einen alten Lastwagen an, der uns auf der Ladefläche mitnimmt. Wir sechs haben viel Spaß, die rasante Fahrweise und den Abgrund in die Schlucht übersehe ich geflissentlich.
    Danach schlendern wir durch die kleinen, typisch indischen Straßen, "shoppen" ein wenig und trinken Chai in den kleinen indischen Teeshops.
    Zurück im Ashram beschließen wir, ein kleines Bad im Ganges zu nehmen. Aber das Wasser ist so kalt, daß es nur für Füße und Gesicht reicht. Sunda, unser Ashram"chef", versichert mir aber, daß auch das schon zur Sündenreinigung reicht. Na also...
    Das Wasser des Ganges ist klar und grün, wie ein Wildbach in den Schweizer Bergen mit ziemlich starker Strömung. Kaum zu glauben, daß das der gleiche Fluß ist, den ich sonst kenne, völlig dreckig und sehr breit. Ich lasse das Wasser über meine Füße laufen mit dem Wissen, daß es heiliges Wasser ist. Beim Gangesarati morgens und abends wenden wir uns dem Ganges zu und singen ein Mantra für Ganga, was ich sehr schön finde. Der Ganges hier wird natürlich wie überall in Indien sehr verehrt, immerhin ist die Quelle nicht weit und damit das Wasser besonders heilig. Es kann Einbildung sein, aber ich fühle mich danach wirklich etwas gereinigter, auch von innen, angefüllt mit neuer Kraft. Der Depri von gestern ist wie weggeblasen, ich fühle mich sehr wohl an diesem Ort mit Menschen, die das Gleiche wollen wie ich, einige Zeit diese spirituelle Umgebung auf sich wirken zu lassen und Yoga zu praktizieren. Und daß diese Gegend voller energetischer Schwingungen ist, merke selbst ich als geborene Skeptikerin, die erst mal alles hinterfragt, sofort. Welch ein Geschenk! 
    Nach dem Abendessen ist eine Pause bis zur Meditation. Ich sitze auf meiner kleinen Terrasse vor meinem Zimmer und schaue auf den Ganges, der immer mehr in der Dunkelheit verschwindet. Fledermäuse fliegen haarscharf an meinem Kopf vorbei und auch über fehlende Insekten kann ich mich nicht beklagen, es kreucht und fleucht überall (ich schaue besser nicht genau hin...).
    In meinem Zimmer bleibe ich weitgehend verschont, außer einer dicken Spinne, die in der Holzdecke wohnt und ab und zu direkt über meinem Bett Namaste sagt. Ich vereinbare mit ihr einen Sicherheitsabstand, an den sie sich auch strikt hält, also darf sie bleiben. Es gibt kaum Moskitos und was mich am meisten freut, keine Kakerlaken! Wahrscheinlich ist es ihnen dort oben zu kalt, denn besonders morgens ist ein dicker Pulli und Socken angesagt! Aber sobald die Sonne kommt, wird es wunderbar warm.
    Jetzt bin ich sehr froh, daß ich hier bin, und ich freue mich auf die nächsten Tage.
    Einige sind krank, besonders Erkältung und Magenprobleme, was aber nicht vom Essen kommt, denn das ist absolut o.k. Manche trinken das Wasser direkt aus der Leitung und das ist auch bei frischem Gangeswasser absolut schlecht für westliche Mägen! Ich verteile meine mitgebrachte Medizin und hoffe, daß ich verschont bleibe.

    4. Tag

    Der Tag verläuft friedlich. Der Zeitplan ist wie in Oberlahr, allerdings wird bereits um 5 Uhr aufgestanden, dann von 5.30-7.00 Uhr Satsang, 7.30 Uhr Yoga, 10 Uhr Lunch, 11 Uhr Karmayoga, 13.30 Uhr Tee, 16.00-17.45 Uhr Yoga, 18 Uhr Abendessen, 19.30 Uhr Satsang, 21.30 Uhr Licht aus.
    In den Pausen relaxe ich, genieße die Natur, sitze am Ganges, lese, erzähle mit den Mityogis. Fast vier Stunden Yoga am Tag ist mir ein bißchen viel, mal sehen, wie es mir die nächsten Tage damit ergehen wird. 
    Am Mittag kommen Kinder aus den Nachbardörfern, um uns zu besuchen und zu begrüßen. Sie sind überhaupt nicht scheu, lachen und winken und rufen ununterbrochen das unvermeidliche "Namaste". Allerdings begehe ich den Fehler, ihnen ein paar Kekse zu geben und schon habe ich einen ganzen Schwung auf der Terrasse. Suksmita, Mitarbeiterin im Ashram, rät mir dringend davon ab, da ich sie dann nicht mehr loswerde für die nächsten zwei Wochen. 
    Jennifer, eine Kanadierin, und Suksmita bearbeiten mich, ein Drei-Tages-Trekking zur Gangesquelle mitzumachen, aber ich scheue noch davor zurück.
    Meine Stimmung ist immer noch gut, außer ein paar Müdigkeitsaussetzer, aber das schiebe ich auf den Jetlag.

    6. Tag

    Heute morgen gibt es anstatt Satsang eine Gehmeditation. 1 1/4 Stunde am Gan-ges entlang in das kommende Tageslicht hinein und über einer Brücke zurück auf der anderen Seite, die Luft ist klar und frisch, der Tag beginnt. Schweine- und Kuh-hirten kreuzen unseren Weg, die einzelnen kleinen Berghäuser erwachen zum Leben. Unser Sunda wird von jedem begrüßt, hier kennt jeder jeden. Die Kinder falten die Hände vor der Brust, lachen und grüßen "Namaste", selbst die kleinsten. Es ist so friedlich hier, obwohl die Armut aus allen Ecken zu schreien scheint. Aber die Leute scheinen mit sich zufrieden. Die Kinder haben kein Spielzeug und laufen in völlig alten Sachen herum, aber ihre Augen strahlen und sie scheinen glücklich.
    Nach dem Yoga beschließe ich, in die "Stadt" nach Uttar Kashi zu fahren, um einige Besorgungen zu machen. Auf den 8 km dahin halten regelmäßig Jeeps, die man anhalten muß. Auf der Hinfahrt kein Problem. Ich sitze völlig zusammengequetscht mit 13! Indern in einem Jeep, in den normalerweise höchstens sechs oder sieben passen.
    Auf der Rückfahrt habe ich weniger Glück. Schwer bepackt muß ich fast den gan-zen Weg zu Fuß gehen. Die Landschaft ist wunderschön, aber es ist sehr heiß. Erschöpft komme ich im Ashram an, bekomme Chai und Apfelkompott zur Stärkung und auf gehts gleich zum Yoga! Obwohl ich heute viel gemacht habe und eigentlich normalerweise völlig fertig sein müßte, bin ich voller Energie. Dieser Platz ist so energetisch, die Luft scheint zu vibrieren.
    Ich lese Mother Ganga von Swami Sivananda und halte meine Füße in das heilige Wasser des Ganges. Welche Lektüre wäre wohl geeigneter? Ich bin dankbar, daß ich an diesem Platz sein darf, singe das Ganga Mantra und verneige mich.

    7. Tag

    Mittlerweile bin ich von meinen Ashramaufenthalten, Retreats und Workshops gewohnt, daß es auch Krisentage gibt, bei mir ca. nach einer Woche. Heute ist es soweit. Ich bin müde und gereizt, sehne mich nach meinem gewohnten Frühstück, fühle mich in der Yogastunde völlig steif. Nichts geht. Beim Wäschewaschen zerre ich mir die Schulter, kann mich kaum noch bewegen. Es reicht. Ich gehe zum Fluß und schaue in das klare, grüne Wasser, wie es vorbeirauscht. Ein Fisch springt heraus und taucht wieder unter. Das Rauschen des Wassers und die Schönheit der Natur stimmen mich ruhiger und friedlicher.

    Ich habe beschlossen, mit auf das Trekking zu gehen. Schließlich kann ich mir nicht die Quelle des Ganges entgehen lassen!
    Die Meditation gestern abend war eine neue Erfahrung. Ich mag diese Abendmeditationen sehr. Die Luft ist voller Gezirpe der Grillen und Vogelstimmen, das Rauschen des Ganges, der ideale Meditationsrahmen. Ich sehe glasklare Bilder vor mir, einen See, einen Wald, einen Felsen. Illusion oder Vision? Egal, es ist eine sehr tiefe Erfahrung.
    Wir sind mittlerweile nur noch sieben Gäste. Zusammen mit den Ashrambewohnern ca. fünfzehn, eine große Familie. Und so geht es auch zu, sehr persönlich und familiär. Jeder hilft jedem irgendwie weiter und bei Suksmitas ansteckender Fröh-lichkeit bleibt niemand lange traurig.

    8. Tag

    Heute morgen sind wir vor Sonnenaufgang zu dem Felsen gegangen, wo Swami Vishnus Körper im Ganges beigesetzt wurde (Novemver 1993). Er ist nur ein paar Meter vom Ashram entfernt. Welch ein spiritueller Platz zur Meditation und zum Satsang! Es wird langsam hell, das Leben um uns herum erwacht. Zwei junge Frauen kommen zu Fuß und baden im Ganges, der ca. 8 Grad kalt ist, während ich eingehüllt in Decke und Sweatshirt sitze! Ich komme mir ziemlich verweichlicht vor. Auf der anderen Uferseite erscheint eine ganze Affenfamilie und scheint uns beim Singen zu beobachten. Ich beschließe, so oft wie möglich an diesen Platz zu gehen, um zu meditieren. Die aufgehende Sonne spiegelt sich rötlich in den kleinen Kumuluswolken, die wie Wattebäusche am Himmel hängen. Auf der anderen Seite steht ein winziges Haus oder eher ein Verschlag, notdürftig mit Blech überdacht. Rinder stehen davor, ein kleiner Junge serviert ihnen ihr Heufrühstück. Ein kleines Feuer wird vor der Behausung angezündet, der Junge holt mit einem Blecheimer Wasser aus dem Ganges. Ich fühle mich um Jahrhunderte zurückversetzt.

    Nach dem Essen fahren wir nach Uttar Kashi, um ein paar Sachen für den Trek zu besorgen, Schals und Mützen. Es soll sehr kalt sein da oben, immerhin 4000 Meter hoch. Wir trinken Chai und probieren in einer Bäckerei sämtliche Leckereien, daß mir abends hundeübel ist...

    Abends findet eine Puja statt. Es ist das Fest der Navatrari, welches acht Tage dauert und am Abend mit einer Puja beendet wird. Ich weiß nicht, wie oft ich OM PRAHA SHAKTI NAMAHA singe und dabei Reis ins Feuer werfe, aber insgesamt sind es fast 1,5 Stunden. 

    9. Tag

    Die Süßigkeiten liegen mir immer noch im Magen, doch die Homa, die um sechs Uhr morgens draußen stattfindet, hat anscheinend soviel heilende Energie, daß es mir bald wieder gut geht. Heute ist es sehr heiß, die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind schon gewaltig. Morgens bei der Meditation sitze ich hier mit Decke und Sweatshirt, mittags ist es in der Sonne nicht auszuhalten. Ich bin gespannt auf unser Trekking, übermorgen geht's los.
     

    11. Tag

    Heute morgen sind wir um 11 Uhr nach dem Lunch gestartet. Erst geht es nach Gangotri, wo wir in Swami Vishnus Höhle übernachten wollen. Wir sind alle mächtig gespannt und auch ein bißchen aufgeregt. Immerhin soll es auf über 4000 m Höhe gehen! Gangotri liegt ca. 3000 m hoch, das ist auch ein Grund, warum wir dort übernachten werden, um uns an die Höhe zu gewöhnen.
    Es geht vier Stunden per Jeep, die Serpentinen hoch und runter, durch die tiefe Schlucht des Ganges. Die Szenerie ist fantastisch und trotz der Enge (wir sind zu zwölft in einem Jeep!) sind wir alle gut drauf.
    Um 16.30 Uhr erreichen wir Gangotri, ein kleines Dorf, malerisch in der Gangesschlucht liegend. Zu Swamis Höhle sind es ca. 15 Minuten zu Fuß durch die "Hauptstraße", wo rechts und links kleine Stände alles mögliche anbieten. Es ist deutlich kälter hier und die Luft merklich dünner. In Swamis Höhle erwartet uns Panditji, der seit Jahren hier lebt und Swami Vishnu bis zu seinem Tod gedient hat. Der winzige Ashram besteht aus einem Vorraum, ein Raum im ersten Stock und der eigentlichen Höhle, wo Swami Vishnu lange Zeit gelebt und Sadhana praktiziert hat. Sie liegt dicht am rauschenden Ganges und ist ein wirklich heiliger, spiritueller Platz. Es gibt kein warmes Wasser und keinen Strom, gekocht wird draußen auf einer kleinen Feuerstelle. Wir müssen uns mit dem Essen beeilen, da es sonst stockdunkel wird. Manu und B.J., unsere indischen Begleiter zaubern schnell ein köstliches Kichari herbei. Es wird nicht ganz dunkel, wir haben fast Vollmond und die Schlucht ist in helles Mondlicht getaucht. Die Luft ist klirrend und klar. Unser Abendsatsang findet natürlich in Vishnus Höhle statt. Sie ist nicht sehr groß, wir elf passen gerade hinein. Vor dem kleinen, in den Felsen gehauenen Altar steht sein Bett, das er benutzt hat. 
    Die Meditation ist sehr intensiv, man spürt diese spirituelle Energie in der Luft, die Swami Vishnu hinterlassen hat, alles scheint zu vibrieren. Die Atmosphäre ist schwierig mit Worten zu beschreiben, es ist eines meiner spirituellsten Erlebnisse bisher.

    Wir gehen früh zu Bett, die nächsten Tage werden trotz aller Energie anstrengend. Mein Magen ist nicht ganz fit, Ken hat Höhenprobleme. Wir hoffen auf Besserung.

    12. Tag

    Der Tag beginnt wie üblich mit Satsang, wieder in Swamis Höhle. Nach einem kräftigen Frühstück geht's dann los. Wir nehmen nur das Nötigste mit, immerhin wollen wir die nächsten zwei Tage 36 km bis 4000m Höhe bewältigen. Heute gehen wir bis zu einem Ashram bis 4 km vor Gomuk, der Quelle des Ganges, um dann morgen sehr früh direkt bis zur Quelle und den ganzen Weg wieder zurück zu wandern, ca. 22 km. Ich bin noch nie so weit gewandert in zwei Tagen und frage mich ernsthaft, ob ich das schaffe. 
    Aber es geht leichter, als ich dachte. Das Wetter ist gut, der Wind bläst kräftig, die Berglandschaft ist wunderschön und wir halten regelmäßig zum Chai und Keksen. Wir überqueren kleine Bäche, die von den Felsen herunterstürzen, wandern an steil abfallenden Wänden entlang (auch für nicht ganz Schwindelfreie wie mich machbar) und halten immer wieder kurz an, um die Berge und die wilde Landschaft um uns herum zu betrachten. Nach sieben Stunden erreichen wir unser Ziel. Da der Ashram fast komplett belegt ist, erhalten wir mit Mühe und Not noch einen Verschlag, in dem wir wie die Ölsardinen nebeneinander liegen. Da es sehr kalt ist (-5 Grad), haben wir alles an, was wir mithaben. Trotz der Kälte und aller Einfachheit ist die Stimmung gut. Wir singen Schlaflieder in unterschiedlichen Sprachen und versuchen, zumindest etwas Schlaf zu bekommen.
    Es ist uns nicht gelungen. Kaum einer hat ein Auge zugetan, entweder aufgrund der Kälte oder der Höhe (ich hatte die ganze Nacht Herzklopfen). Vor Sonnenaufgang machen wir uns auf in den eiskalten Morgen Richtung Gomuk. Nach vier recht beschwerlichen Kilometern über Stock und Stein haben wir es geschafft. Aus meterhohen Felsen, die sich bei näherem Hinschauen als reines Eis entpuppen, kommt sie herausgeströmt, die Quelle des Ganges. Ehrfürchtig stehen wir davor und betrachten schweigend das sprudelnde Wasser. Wieviele Menschen in Indien würden alles darum geben, jetzt hier zu stehen. Der Höhepunkt steht uns natürlich noch bevor, ein Bad im Gangeswasser, um uns von allen Sünden zu befreien! Jedoch zögern wir, immerhin ist es höchstens 5 Grad in der Luft, das Wasser um den Gefrierpunkt. Aber da hilft nichts, Sachen runter, kurz mit einem Schrei ins Wasser, geschafft! Vorsichtshalber lasse ich es fotographisch festhalten, das glaubt mir zu Hause sonst kein Mensch! Zähneklappernd hüpfen wir herum, um uns wieder aufzuwärmen, selbst die Aussicht auf einen eventuellen Schnupfen kann uns dieses Erlebnis nicht verderben. Wir bedanken uns bei Mutter Ganga und machen uns auf den langen Rückweg. 18 km hoch und runter liegen noch vor uns. Die letzten sind dann wirklich anstrengend. Wir sind alle froh, als wir wieder in Swamis Höhle in Gangotri sind.
    Nach dem Essen gehen ein paar von uns noch zur Puja in den Tempel von Gangotri. Was für ein Abschluß eines unbeschreiblichen Tages!

    13. Tag

    Wieder schlecht geschlafen trotz der körperlichen Anstrengung. Um 5.30 Uhr geht's zurück nach Sivananda Kurtir. Die Wackelei auf dem Jeep nervt mich heute etwas, ich bin totmüde und möchte endlich mal wieder heiß duschen. Auch die Szenerie im aufkommenden Tageslicht kann mich heute nicht beeindrucken. Glücklicherweise halten wir in Gangagni an heißen Quellen, in die ich mich nur zu gerne fallen lasse. Danach gibt's meinen geliebten Chai und ein paar Snacks. Jetzt bin ich gestärkt und kann den Tag wieder mit alter Frische beginnen. 
    Um 11 Uhr sind wir wieder zu "Hause", werden mit einem Lunch erwartet und fallen alle totmüde in die Betten.
    Am Nachmittag lasse ich alles noch einmal in Gedanken an mir vorüberziehen. Die Eindrücke der letzten Tage waren fast zuviel. Ich muß alles erst noch verarbeiten. 
    Sunda lobt uns am Abend, daß wir wirklich eine tolle Gruppe waren, die sich gegenseitig unterstützt und viel Energie gegeben hat.
    Ich habe soviel Glück gehabt, daß ich mit dabei sein durfte, denn dieses Trekking findet nur einmal im Jahr statt! Ich kann immer noch nicht glauben, daß ich tatsächlich in der Quelle des Ganges gebadet habe. Beim Satsang abends danke ich allen Göttern für diese Zeit hier.

    14.-16. Tag

    Ausruhen ist angesagt, Asanastunden, Satsang, mit Leuten reden, alleine sein. Heute habe ich zum ersten Mal Lust auf ein Vollkornbrot und frischen Salat, komisch.
    Einige Leute verabschieden sich, es tut mir leid, wir waren eine richtige kleine Familie.
    Ich freue mich auf Rishikesh, bin gespannt, wie die letzten Tage meiner Reise sich gestalten werden.

    19.-21. Tag

    Sehr früh stehen wir auf, um den 5.30 Uhr Bus nach Rishikesh zu bekommen. Ich verabschiede mich von allen (außer vier Frauen, die mit mir kommen). Manu, unser Fahrer, und B.J., der junge Inder, der immer überall mithilft, fahren uns zur Bushaltestelle und winken zum Abschied. Ich bin ein bißchen traurig. Die Fahrt über lasse ich die Landschaft noch einmal auf mich wirken, die Schluchten, die Berge, der blaue Himmel. Anita und Mandala fahren weiter nach Dharamsalam, Kim wird mich nach Rishikesh begleiten. 
    In Rishikesh besorge ich mir erst mal ein Zugticket nach Delhi, diesmal ohne Probleme. Die kommen dann bei der Zimmersuche. Nix zu machen, alles voll, außer die letzten Löcher. Kim weiß Gott sei Dank eine Ecke etwas außerhalb namens Laxman Jula, wo wir dann endlich etwas finden. Wir sind total kaputt, Chai muntert uns etwas auf.
    Wir laufen etwas durch die Gegend und finden ein kleines Cafè, das frisches braunes Brot hat! Wir essen soviel davon, bis uns fast schlecht wird.
    Ich finde den Sivananda Ashram und beschließe, am nächsten Tag mir richtig Zeit dafür zu nehmen. Aber wie immer kommt es anders.
    Rishikesh gefällt mir recht gut, jedenfalls der Teil mit den Ashrams rechts und links vom Ganges, der Rest ist mir zu laut und zu schmutzig. Ich bin an die Ruhe und den Frieden der Berge gewohnt, der Lärm und die Hektik nerven. Abends essen wir in der Nähe unserer Bleibe in einem kleinen Restaurant, wo man zusehen kann, wie alles frisch zubereitet wird. Das Essen ist köstlich, wir essen und essen, sehr unyogisch. Aber es ist einfach zu gut! Dann bummeln wir noch etwas durch die kleinen Straßen, die Atmosphäre hier etwas abseits vom Rummel ist sehr viel angenehmer als in Rishikesh selbst.
    Am anderen Tag schauen wir uns Rishikesh etwas genauer an, konsultieren einen ayurvedischen Arzt für unsere Wehwehchen, bummeln durch die Straßen und mein Rucksack füllt sich bedenklich mit Souvenirs...
    Für den Ashram ist es zu spät geworden, also werde ich den nächsten Tag nutzen, um dort eine Weile zu sein. Kim wird früh wieder nach Uttar Kashi zurückfahren, mein Zug nach Delhi geht erst abends.
    Ich gönne mir noch eine ayurvedische Massage und dann beenden wir den Tag wieder in dem gestrigen Restaurant und schwelgen wieder in indischen Köstlichkeiten. Als wir wieder in unser Zimmer kommen, bin ich so todmüde, daß mich noch nicht mal mehr die Kakerlaken im Bad stören.
    Am nächsten Tag frühstücken wir noch einmal richtig in unserem Stammcafè, dann verabschieden wir uns. Kim schenkt mir ein kleines Tagebuch mit einer wunderschönen Widmung, wir sind den Tränen nahe. Wir haben soviel Schönes erlebt und kennen uns eigentlich kaum!
    Ich schultere meinen Rucksack und gehe zum Sivananda Ashram. Es ist ruhig und friedlich hier, nicht dieses laute Chaos. Ich gehe zum Sivanandaschrein, lasse mich nieder und überlasse mich diesen Schwingungen, die im Raum herrschen. Es ist gerade eine Puja, ich habe Glück. Nur meine Meditation ist etwas schwierig, leider können die anwesenden Inder auch an dieser heiligen Stätte ihre Reinigungsgeräusche nicht unterdrücken, was ich als äußerst störend empfinde. Dennoch bin ich klar im Geist und bin glücklich, daß ich hier sitze. Danach gehe ich in die Ramahalle, in der ständig jemand sitzt und Hare Rama singt. Es heißt, was man sich hier wünscht, geht in Erfüllung. Ich bekomme etwas Prasad und versuche zu meditieren. Natürlich wünsche ich mir auch was...
    Draußen setze ich mich an den Sivanandagedenkstein in den Schatten und bin froh, dem Trubel auf der Straße entkommen zu sein. Ich habe die Befürchtung, daß Rishikesh in einigen Jahren nicht mehr das sein wird, was es war, eine heilige Stadt, ein Ort der Spiritualität. Es wird viel gebaut und es wird viel Plunder angeboten. Geld macht sich breit. Ich hoffe sehr, daß ich mich irre und die spirituelle Atmosphäre erhalten bleibt. Nach einiger Zeit ziehe ich mich wieder in mein Cafè zurück, um auf meinen Bus zu warten, der mich nach Haridwar zum Bahnhof bringen wird.

    Jetzt sitze ich hier und versuche, die ganzen Eindrücke und Bilder der letzten Wochen an mir nochmal vorbeiziehen zu lassen. Ich werde wohl einige Zeit brauchen, um alles zu verarbeiten, ich habe soviel erlebt. Ich bin an den Orten gewesen, wo Swami Sivananda und Swami Vishnu Devananda gelebt und meditiert haben, ich habe Asanas, Pranayama und Satsang praktiziert, die Schönheit des Himalaya erlebt, viele nette Menschen kennengelernt und im Ashram gelebt. Diese Fülle mit allen Höhen und Tiefen läßt sich kaum in diesen Zeilen wiedergeben, es kann nur ein flüchtiger Eindruck entstehen, aber es war die aufregendste und spirituellste Reise meines Lebens. 

    OM NAMAH SHIVAJA 

    Informationen über Sivananda Yoga München
    Oder www.sivanandayoga.org/netala.htm

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    Ich lebe...
    Von Hanspeter Sperzel

    Wie oft habe ich schon darüber nachgedacht, was diese Worte wohl bedeuten mögen: ich lebe..., und in der Profanität dieser Aussage, die meist zunächst ein mitleidiges Lächeln hervorbringt, das aber dann schnell gefriert, wenn die Dimensionen offenbar werden, die diesen zwei Worten innewohnen, gelangt das Denken in einen Knoten, der dem ebenbürtig ist, den einst Alexander mit dem Schwert zerschlug. Wir wissen wenig über das, was wir Leben nennen, außer, dass es angefüllt sei mit Freud und Leid, mit Wachsein und Schlaf, oder wie auch immer die Gegensätze heißen mögen, die gerne von uns dem Leben so achtlos zugeschrieben werden und die wir oft so fraglos akzeptieren. Und doch greift hier die Lösung nicht, die den Gordischen Knoten einst ereilte, denn das Leben zu zerschlagen bedeutet auch, die Lösung der Frage zu zerschlagen, die sich hinter den Worten ”ich lebe” verbirgt. Das Seltsame an diesem Rätsel ist die Rückbezüglichkeit, in der das Lebendige sich selbst als ”lebendig” erkennt, und das ist etwa so, wie wenn das Rote sich als ”rot”, das Blinde sich als ”blind” und das Taube sich als ”taub” erkennt, gibt es doch kein Anderes, das dem Blinden erklärt, wie die Welt aussieht oder die dem Tauben begreiflich macht, was ein Ton sei, und wer einmal versucht hat, rot zu erklären, wird das Wunder erkennen, das diesem Satz ”ich lebe” innewohnt.
    Seit mehreren tausend Jahren schon zerbrechen sich Gelehrte aller Kulturen den Kopf über dieses Wunder. Und außer der Ergänzung ”also bin ich” scheint nur wenig sinnvolles diesen Worten hinzuzufügen zu sein. Und selbst diese Erweiterung hilft dem Fragenden keinen Millimeter weiter, denn ”ich bin” ist genauso gordisch wie ”ich lebe”. Und wie immer wir auch unsere Gedanken ordnen, welche Grundeinstellung wir auch immer dem Denken und dem Handeln zugrunde legen, immer wieder enden wir bei diesen Worten und kein Weg führt über sie hinaus. Zahllos sind die Versuche, mittels ”ich bin (nicht) dies” oder ”ich bin (nicht) das” der Unausweichlichkeit zu entgehen, und obwohl ich dann diesem ”dies” oder ”das” tausend Eigenschaften und Seinsweisen zuschreiben kann, die dem Denkenden dann zu Schlussfolgerung und Handlung nötigen, bleibt alles doch nur Spekulation oder blinder Glaube. Zum Denken brauche ich ein Zweites, brauche ich ein ”Duo”, denn der Beginn des Denkens bildet ein ”wenn ..., dann ...”, und dann erst schreitet es fort mit ”...also ...”. Wir nennen es Dualität, was soviel heißt wie ”aus zwei mach’ drei, und aus drei mach’ viele”. Aber dieses Zweite ist aus ”ich bin” nicht abzuleiten, und so bleibt letztlich nur die schon angedeuteten Umwege über Spekulation oder Glaube.
    Aber es gibt einen weiteren Gedanken, nicht so offensichtlich zwar, der aber bei näherem Hinsehen schnell eine Möglichkeit öffnet, zu diesem Zweiten zu kommen, und der ohne Annahme und Zuweisung auskommt. Das Zauberwort dieser Möglichkeit ist Vertrauen, und dieser Gedanke gründet sich auf die Beobachtung und Schau der langen Reihe von Begebenheiten, die wir dem Leben so selbstverständlich zuschreiben. Betrachten wir diese Reihe unvoreingenommen und ohne Scheu, so verwerfen wir schnell die Annahme, hier Auslese und Zufälle am Werk zu sehen. Zu folgerichtig und zu gezielt ist diese Reihe abgelaufen, zu schnell, um ohne einen Plan ausgekommen zu sein. Kein Spieler, auch nicht der Verrückteste, würde eine Wette darüber abschließen, dass sich aus einer Spore, einem Keim der einfachsten Art jemals durch Zufall ein Wesen sich entwickeln könne, das dem Menschen ähnlich oder ebenbürtig sei. Und wenn es einen Plan geben muss, und wenn dieser Plan bis zum heutigen Tag funktioniert hat, recht und schlecht zwar, aber funktioniert, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, dass er nicht auch weiterführend funktionieren sollte, recht und schlecht zwar, aber weiterführend. Und dieser Gedanke bedarf und verdient unser Vertrauen, und dieses ist es, was das Licht des Zweiten bildet, das wir brauchen, um im Dunkeln unseren Weg zu finden. Zugegeben, auch hier ist Spekulation im Spiel, aber die Chance ist doch erträglich größer, als wenn wir aus der unendlichen Vielfalt des Seins eine Wahl treffen müssen.
    Dieses Vertrauen kann für den Einzelnen die Grundlage sein, das Leben seiner selbst zu gestalten. Aber mehr noch als dies hat der Plan des Lebens dieses Vertrauen hervorgebracht, hat letztlich den Gedanken ermöglicht, dieses so zu sehen, und die Frage drängt sich auf, ob dieses Vertrauen nicht gebraucht wird, ja sogar notwendig ist, um den Plan weiterzuführen. Und bevor wir uns Gedanken darüber machen, wo diese Reise hingehen könnte und wieweit wir wohl kommen werden in diesem Leben, wäre es da nicht erst einmal sinnvoll, die Mittel für die Fahrkarte zu erwerben, die eine Weiterfahrt erst ermöglicht. Unsere bisherige Entwicklung hat uns aufgrund von Instinkt und Anpassung mehr automatisch zu dem Punkt geführt, den wir Bewusstsein nennen, und die weitere Entwicklung kann folgerichtig nur auf diesem aufbauen. Und im Bewusstsein unserer Selbst ist es der Wille, der uns weiter führt, und dieser Wille bedarf gerade des Vertrauens in das Leben und in uns selbst, denn der Weg der Evolution führt ins Neue und Unbekannte und führt somit auch durch das Tor der Angst und Fremdheit, die diesen beiden innewohnen.
    Selbstvertrauen und Vertrauen in das Leben sind der Schlüssel zu der Tür des Aufgangs, und dieser Aufgang führt in ein Neues und in ein Unbekanntes, dessen Dimension sich uns verschließt, ja verschließen muss, denn Neues kann nicht aus Altem entstehen, und das, worüber wir Wissen angehäuft haben, ist alt. Neues kann nur auf Altem aufbauen, und weil das Alte das Fundament ist, sollten wir es fest und stabil gestalten, es erkunden und seine Schwächen ausmerzen, damit das Neue sich sicher und dauerhaft auf und aus dem Altem entwickeln kann. Hier ist Geduld gefragt, Mühe und Sorgfalt notwendig, und ein langer Atem, um nicht auf halben Wege zu resignieren oder gar vorschnell auf unsicherem Grund ein wackeliges Haus zu bauen. 
    Sorgfalt und Mühe sind wichtig, um zu dem Ziel zu gelangen, dass uns das Leben stellt, aber ohne Vertrauen gibt es kein Ziel. Und dieses Ziel kann für unser Denken und Wahrnehmen immer nur der überschaubare nächste Schritt sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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    RETREAT

    von Christine Schibura
     
     

    Was bleibt, wenn ich machen kann, was ich will?

    Was werde ich tun ohne das Müssen, gegeben sonst aus
    meinem persönlichen Alltag mit den erforderlichen Pflichten?

    Wozu etwas tun mit dem Wissen um Vergänglichkeit,
    Wandel im Kreislauf des Lebens, wie im All?

    Alles geht weiter - ohne mich!
    Das war immer so, denn es, das Leben, lebt weiter
    und weiter - also ich auch?

    Was ändert sich "ohne mein Tun" sonst im vorgegebenen und selbstgewählten Aufgabenkreis?

    Warum bin ich hier auf Erden?
    So ist es eben, gewachsen mit Hilfe vieler Umstände.

    Akzeptanz beinhaltet das Ja zum Sein,
    aber Atem ermöglicht es.
    Und wer, was bestimmt die Summe meiner Atemzüge?
    Sind sie abhängig von meinem Verhalten?

    Jeder Atemzug ist vergänglich!
    Auch im Retreat. Wozu dann ein Retreat?
     

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    Gedichte
     
     

    Kleines Blatt
    mit eigener Form,
    verloren ist sein Grün,
    leuchtet nun in seinem Gelb,
                   grüne Blätter sind mit ihm 
    1989

    Tag und Nacht sind beides Schalen
    mit Gedankenlast beladen,
    Taten formen Kreis mit Farben,
              schmelzen in sich selbst zum Licht. 
       1991

    Wenn der Fluss überquert wurde,
        schwimmst Du nicht mehr im Strom 
        8.3.1997
     




    Fürchte Dich nicht! 

    von Gisela Sievers 
    aus dem Gedichtband "Ein Weiser deine Zügel hält"
    von Gisela Sievers
    erschienen im Verlag Frieling & Partner GmbH, Berlin, Tel. 030 -76 69 99 -0 
    ISBN 3-8280-0582-9 

    Mit Leichtigkeit gehe ich durch den heutigen Tag,
    voller Sonne im Herzen - wie ich es mag.
    Mit großem Anteil am menschlichen Gescheh'n,
    wie soll diese Welt nur weiterbesteh'n?
    Den Bauch voller Liebe für ein neues Leben,
    möge der liebe Gott uns Menschen vergeben.
    Eine neue Daseinsform wächst jetzt in mir,
    ein großes Tor öffnet sich - geradewegs, oh Herr, zu dir.
    Zeigt mir den Weg ins Licht, in die Freiheit zurück,
    ein neues Hoffen - ein ganz kleines Stück.
    Der heutige Tag - ein Beginn ins "Neue Leben",
    ein winziger Einblick in die Zukunft in unser Erstreben.
    Ohne Angst um Hab und Gut,
    für dieses "Leben" einsetzen unseren ganzen Mut.
    Belohnung ist die Erfüllung aller Wünsche, allem menschlichen Denken,
    der liebe Herrgott wird uns tausendfach beschenken.
    Wir bekommen wieder unsere Gefühle zurück,
    Gefühle von Liebe und Geborgenheit, von unsagbarem Glück.
    Wir werden erkennen, daß dieses wahrer Reichtum ist,
    den wir so viele Jahre haben vermißt,
    denn Reichtum, wie wir ihn haben gesehen,
    ist im Sinne der Schöpfung nicht zu verstehen.
    Der Reichtum, der uns Glück bringen sollt',
    brachte nur Brutalität - von Gott Vater nicht gewollt.
    Für uns war es nur ein Statussymbol,
    entfernte uns weit vom körperlichen Wohl.
    Dieser Reichtum, erzeugt durch menschlichen Verstand,
    uns immer weiter entfernte vom göttlichen Band,
    vom göttlichen Band der Nächstenliebe,
    gab es nur noch Gewalt und unmenschliche Hiebe.
    Hiebe, die eine jede Seele erstarren ließ vor Leid, so grausam und freudlos ist die-se Zeit.
    Wir entfernten uns so weit von Gott, unserm Vater,
    denn nur das Ego war unser Berater.
    Vorbei war unser christliches Denken,
    vorbei auch unser liebevolles Schenken.
    Mein ganzer Körper sehnt sich nach Liebe zurück,
    in die göttliche Einheit - das menschliche Glück.
    Dort wird Reichtum nach Liebe bemessen,
    nach tiefen menschlichen Gefühlen, die wir einst mal besessen,
    denn unser Reichtum auf Erden ist nur eine Sucht,
    ein Unglücklichsein - eine innere Flucht.
    Genau in diesem Moment - als ich so dachte,
    durchströmte mich Liebe, als wenn jemand die Tür aufmachte,
    dann waren so liebevolle, göttliche Gefühle in mir,
    ein Anklopfen an mein Herz: "Fürchte dich nicht, ich bin doch bei dir!"
    Sofort machte sich das Gefühl von Hoffnung wieder breit,
    und ich bin wieder mal bereit,
    meine ganze Kraft in den göttlichen Plan zu investieren,
    ich fühlte der liebe Gott wird siegen und niemals verlieren,
    denn, 
    Wo "ER" ist, ist das Licht,
    Fürchte Dich nicht! 


     


    Vom Frohsinn getragen

    von Gisela Sievers 
    aus dem Gedichtband "Ein Weiser deine Zügel hält"
    von Gisela Sievers
    erschienen im Verlag Frieling & Partner GmbH, Berlin, Tel. 030-76 69 99-0 
    ISBN 3-8280-0582-9 

    Schwingend in die Luft - vom Frohsinn getragen,
    auf Engelsflügeln - einfach sich fühlen, wie in Kindertagen.
    Einfach die innere und äußere Freiheit genießen,
    einfach die Gedanken unkontrolliert wieder lassen fließen,
    einfach das Göttliche in mir leben,
    und sich einfach der Führung hinzugebn. 
    Mich geben, wie ich nun einmal bin,
    das hätte endlich wieder einen Sinn! 
    Fort mit den Schranken aus meinem Leben,
    wieder diesem Kind in mir die Freiheit geben. 
    Die Freude leben - das unbegrenzte Glück,
    ich hole es mir zurück! 
    Um mich herum alles in Licht einhüllen,
    und mich wieder mit Gottes Liebe auffüllen.
    Ich möchte fühlen, verstehen, wie er,
    nur darum ist mein Weg so schwer.
    Schwer, bis die Erkenntnis meine Seele erreicht,
    nur darum ist der Weg holprig und nicht leicht,
    Oft denke ich an das Kind in mir sehr,
    das spielerisch erreicht viel, viel mehr,
    das nicht lange überlegt, sondern Tatendrang spürt,
    sein Ziel fröhlich erreicht - es wird ja geführt,
    geführt durch Vertrauen und festen Glauben ganz allein,
    auch, wenn es stolpert - es kann sich trotzdem immer wieder freu'n.
    Es denkt nicht lange nach, was ist geschehen,
    es versucht es noch einmal - es wird seine Prüfung besteh'n.
    Lachend hat es diese Lehre erkannt,
    ließ sich von seinen Gefühlen lenken - nicht aber von seinem Verstand.
    Das Kind spürt diese göttliche Führung ganz genau,
    sind wir Erwachsenen, wir Allwissenden wirklich so schlau?
    Wir sollten unsere Kinder häufiger als große Lehrmeister seh'n,
    wir würden so manches im Leben besser versteh'n.
    Schau doch, wie dein Kind fröhlich in die Welt hinausschreitet,
    wie es voller Hoffnung seine Arme ausbreitet,
    schau, was es dir durch seinen Liebreiz gibt,
    ist es nicht Beweis genug - es wird beschützt und auch geliebt.
    Darum lege deine Zweifel an den Schöpfer schnell beiseite,
    nutze deine Zeit - dich lieber auf einen lichtvolleren Weg vorbereite.
    Gib deine Zustimmung zum göttlichen Plan,
    begreife - Christus nur für uns die Leiden auf sich nahm.
    Er wird kommen zur richtigen Zeit,
    er allein weiß - jetzt ist es soweit,
    uns seine Hilfe zu geben - ohne lange nachzudenken, 
    "Sollten wir nicht in Demut ihm unser ganzes Vertrauen schenken?" 


     

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    Mein Leben
    von H.K.

    Als Kind erfuhr ich, wie wahrscheinlich die meisten hier im Lande, die ersten spirituellen und westlich yogischen Praktiken hautnah von meinen Eltern. Mir war natürlich nicht klar, daß diese streng katholische Prägung auf mein späteres Leben einen großen Einfluss haben sollte. Mit 14 war mir dann klar, dass mein Weg ein anderer sein würde als ein katholischer Priester oder so, und Papst wollte ich schon gar nicht werden. Meine Interessen lagen dann, nach frühkindlichen Chor-, Musik- und Messdienererfahrungen, beim Fußballspielen, Ausgehen, Spaßhaben und Du weißt schon... . Ich erfuhr schon in früher Kindheit - mit 3 Jahren brach bei mir eine starke Neurodermitis aus -, dass das Leben Leiden bedeutet. So quälten mich schon früh Gedanken wie: Warum und wieso das alles, und warum ich?! Diese Gedanken ließen mich eigentlich nie wieder richtig los und sie begleiteten mein weiteres Leben auch zu der Zeit, als ich mich dann in den späteren Jahren von der Krankheit weitgehenst befreien konnte und mein Leben nach der schwierigen Teenager-Zeit anfing, richtig interessant und "erfolgreich" zu werden. Mit Anfang 20 ging ich dann vom Lande in die große Stadt, nach Düsseldorf, wo ich ca.12 Jahre verweilte und mein Leben so richtig genießen konnte. Beruflich ( Vertreter für Textilien und später selbstständig als Handelsvertreter und Einzel-/Großhändler) lief alles wunderbar und die tiefen Fragen nach Sinn und Unsinn lösten sich immer mehr auf. Doch in der Bibel stand schon geschrieben: "Nach 7 fetten Jahren folgen 7 dürre Jahre." Die Zeit war nun reif für mich, auch die andere Seite kennen zu lernen. Durch eine Vielzahl von schicksalshaften Ereignissen in kürzester Zeit mußte ich nun erleben, dass die eigentlichen Freuden des Leben dauerhaft nicht im weltlichen Leben zu finden sind. Extreme Schwankungen von Freud und Leid mußte ich nun erfahren und meine geschäftlichen Aktivitäten wurden mit äußerster Brutalität zum Bremsen gebracht.

    Dies war die Zeit, als ich mich erst einmal für ein Jahr zurück aufs Land verzog und mich gedanklich wieder mehr und mehr mit den eigentlichen Werten beschäftigte. Mir war klar, dass dies ein Wendepunkt in meinem zukünftigen Leben bedeuten und ich von nun an alles anders machen würde. Durch die Ruhe und Stille erfuhr ich sehr viel Erkenntnis und fing an, mein Leben direkt in neue Bahnen zu leiten, bzw. leiten zu lassen. Ich las Bücher wie "Schicksal als Chance", "Erfolg durch positives Denken", "Die Autobiografie eines Yogi", "Willst Du gesund sein? Vergiß den Kochtopf!"(daraufhin wurde ich direkt Rohköstler und machte meine Ausbildung als Gesundheitspraktiker) und letztendlich, als ich wieder zurück nach Düsseldorf kam und ich in eine Art WG in ein sehr spirituelles Haus zog, die Bücher von Sai Baba, die mich so weit inspirierten und "erleuchteten", dass mich der innere Drang nicht mehr los ließ, diesen "Mann" kennen zu lernen; drei Monate später saß ich dann bei Ihm im Mandir (Tempel) zu seinen Füßen und ich fühlte mich noch nie so frei und glücklich! Ich blieb insgesamt drei Monate in Indien und lernte noch weitere Ashrams (Wohnsitz von spirituellen Meistern) kennen, wie den Ashram von Amma, Aurobindo und der Mutter, Ramana Maharashi und ein paar weniger bekannter Meister. Der Besuch bei Baba war letztendlich der Höhepunkt und der "offizielle" Wendepunkt meiner Karriere.

    Als ich dann wieder zurück nach Deutschland kam, bekam ich recht schnell einen anderen Job von Baba, der mir ermöglichte, nur 4 Stunden am Tag bei vollem Gehalt von zu Hause aus zu arbeiten. So hatte ich viel Zeit, spirituelle Bücher zu lesen, viel zu meditieren und natürlich meine Ernährung und mein Studium in Ruhe zu festigen. Ich bekam alles, was ich zu dem Zeitpunkt brauchte. Ich erkannte, dass nicht ich der Handelnde war, sondern Er. Ich vertraute immer mehr auf die göttliche Führung und es funktionierte. Jetzt fragst Du Dich wahrscheinlich, wie ich nun Yogalehrer im Haus Yoga Vidya wurde? Ganz einfach!

    Ich war auf der Eso-Messe in Köln als Besucher und kam so zu der Broschüre von Yoga Vidya in Verbindung mit einem Preisausschreiben (1. Preis: 1 Woche im Se-minarhaus im Westerwald im Wert von 680,- DM). Ich meldete mich dann erst Wochen später zur Yogalehrerausbildung an und verlor gleichzeitig meinen Job (PC-Firma machte pleite) und meinen Wohnsitz (Vermieterin kündigte mir aus unerklärlichen Gründen) und so bewarb ich mich im Ashram, bei Shivakami, als Mitarbeiter bzw. Karma-Yogi für ein halbes Jahr und bekam von ihr die Zustimmung, in der Zeit meine Yogalehrerausbildung ohne Kostenaufwand  machen zu können, wozu ich natürlich freudenstrahlend einwilligte. Als ich dann am 24. April glücklich den Ashram betrat, um meinen Dienst anzutreten, überreichte mir Mahadev, ein anderer Mitarbeiter, den 1. Preis der Eso-Messe und sagte: "Wir haben versucht dir dieses Schreiben per Post zukommen zu lassen, doch ist es von der Post mit dem Vermerk "Unbekannt verzogen"  heute zurückgeschickt worden!."

    So ist es nunmal, das Leben. Am Schluß hat Er uns alle. 

    OM NAMAH SHIVAYA

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    Sukadev Bretz
    Die Praktiken des Kundalini-Yoga

    Ich will hier über Kundalini-Yoga-Praxis schreiben. Dies ist ein Widerspruch in sich: Denn Praxis heißt ja, Du übst und praktizierst. Kundalini-Yoga musst Du üben, nur so kannst Du herausfinden, was er ist und wie er auf Dich wirkt. In den zahlreichen Kundalini-Yoga-Seminaren und Workshops, die ich gebe, ist der größte Teil Praxis. So hat auch Swami Sivananda, der Meister, in dessen Tradition ich stehe, gerne gesagt: „Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie.“ Einmal hat ihn ein Schüler daraufhin gefragt: „Warum hast du dann über 200 Bücher geschrieben?“ Swami Sivananda antwortete: „Manche Menschen brauchen Tonnen von Theorie, um zu einem Gramm Praxis angeregt zu werden.“ – In diesem Sinne möchte ich gerne etwas über die Praxis schreiben und so vielleicht die eine oder andere Lese-rin und den einen oder anderen Leser zum Praktizieren oder zum Intensivieren der eigenen Übung zu motivieren.

    Ich glaube, dass Kundalini-Yoga in unserer materialistisch und auf Erlebnis ausge-richteten Kultur noch einen sehr großen Stellenwert bekommen wird. Denn es ist ein spirituelles System, in dem Du praktizierst und Wirkungen selbst erfahren kannst. Du brauchst nicht zu glauben – Du kannst üben und erleben. Und wenn Du einmal erfahren hast, wirklich erfahren hast, bist Du fest verankert auf dem spirituellen Weg. 
     

    Was ist Kundalini-Yoga?

    Kundalini ist eine religionsübergreifende klassische Tradition, die zwar aus dem Hinduismus kommt, aber auch Sikhismus, Jainismus und Sufismus befruchtet hat und als Teil der tantrischen Tradition in den tibetanischen Buddhismus eingegangen ist. Kundalini-Yoga, der Yoga der Energie, ist eine systematische Wissenschaft, ein Weg, den es erwiesenermaßen seit Jahrhunderten, wahrscheinlich schon seit Jahrtausenden gibt. Und der in Büchern nur kryptisch dargelegt ist. Der größte Teil der Aussagen und Techniken wird bis heute mündlich weitergegeben. Und dafür gibt es natürlich gute Gründe. 

    Die Kundalini-Yoga-Meister sagen, daß im Menschen ein riesiges Potential an Fähigkeiten, Talenten, Möglichkeiten latent vorhanden ist. Demnach ist der Mensch absolutes, reines Bewußtsein – Shiva oder Parama Shiva genannt – und verfügt über die gesamte kosmische Urenergie, die als Shakti bezeichnet wird. Diese kosmische Urenergie hat das Leben zur Entfaltung gebracht und sie wirkt weiter in der kontinuierlichen Evolution der gesamten Schöpfung. Es ist diese Urenergie, welche aus der Mineralwelt die Pflanzen hat entstehen lassen, aus den Pflanzen die Tiere, aus den Tieren den Menschen. Es ist diese Energie, die den Menschen ruhelos werden lässt, den Menschen suchen lässt, nach etwas Höherem streben lässt. Es ist diese Energie schließlich, die dem Menschen verhilft, das Höchste, die Einheit mit dem Absoluten, zu erreichen.

    Diese Kundalini-Energie gilt im Menschen als schlafend (Kundalini bedeutet „die Aufgerollte“ – symbolisch für eine schlafende Schlange). Sie kann in verschiedenen Stufen schrittweise erwachen. Und ein erstes Zeichen für dieses Erwachen ist es, wenn Du Dir die Frage stellst: „Wer bin ich?“ Woher komme ich?“ „Wohin gehe ich?“ „Was ist der Zweck des Lebens?“. Und je stärker die Kundalini erwacht, desto mehr treibt sie uns dazu, nicht nur bei dieser Frage stehenzubleiben, sondern etwas zu tun, spirituell zu suchen, zu praktizieren.

    Kundalini ist die Kraft hinter Genies, hinter großartigen Begabungen wie Leonardo da Vinci, Mozart, Goethe, Newton, Einstein und vielen anderen, hinter allen großen charismatischen Persönlichkeiten. Letztlich ist Kundalini die Energie hinter jeder spirituellen Erfahrung und die evolutionäre Energie hinter der ganzen Menschheit. 

    Grundsätzlich kannst Du die Kundalini durch jede Art von spiritueller Erfahrung und Praxis erwecken. Der spezielle Weg des Kundalini-Yoga bietet jedoch Techniken für eine systematische Vorbereitung, Reinigung und Stärkung des gesamten Körper-Geist-Systems sowie die Erweckung und Lenkung der Energien. 
     

    Voraussetzungen und konkrete Techniken

    Dazu gehören konkret einige prinzipielle Voraussetzungen sowie Übungen aus fünf Spezialbereichen des Yoga.

    Die grundlegenden Voraussetzungen sind: 

  •  das theoretische Wissen über die Shiva-Shakti-Philosophie als Hintergrund und Bezugsrahmen (Jnana-Yoga). 
  •  Hingabe an Gott bzw. die Kosmische Energie, im klassischen Tantra die Verehrung der göttlichen Mutter (Bhakti-Yoga) 
  •  Ethische Disziplin, die Schulung des Charakters und der Persönlichkeit, die Einhaltung von Yamas und Niyamas (Raja-Yoga) 
  •  Reinigung des Herzens durch selbstlosen Dienst am Nächsten, an Gott und am spirituellen Lehrer (Karma Yoga)

  • Die Praktiken des Kundalini-Yoga im engeren Sinn lassen sich einteilen in:

  •  Hatha-Yoga
  •  Mantra-Yoga
  •  Nada-Yoga
  •  Yantra-Yoga
  •  Laya-Yoga

  • Diese fünf Techniken werden in der klassischen Tradition geübt, um die Energien zu aktivieren, zu erhöhen, gezielt zu lenken und zu harmonisieren. 
     

    Hatha-Yoga

    Hatha-Yoga, der Yoga der Körperschulung, ist im Westen sicher am verbreitetsten. Hatha-Yoga umfaßt seinerseits wieder verschiedene Praktiken. 
    Eine grundlegende Voraussetzung sind auch hier die Yamas und Niyamas, die ethische Einstellung und geistige Schulung. Ebenso sind im Hatha-Yoga Meditationstechniken enthalten. Ein Viertel der Hatha Yoga Pradipika, des Grundlagentextes über Hatha-Yoga, spricht über Meditations-techniken. 

    Und natürlich gehören zum Hatha-Yoga die Asanas, die Körperstellungen sowie Pranayama, die Atemübungen, zusammen mit Bandhas (Verschlüssen) und Mudras („Siegel“, Körperhaltung). Asanas haben verschiedene Funktionen. Eine davon ist die Energieerweckung, die in der Tradition, aus der ich komme, vor allem durch langes Halten der Stellungen erreicht wird. Langes Halten der Stellungen führt zu Erfahrungen jenseits des Körperbewußtseins. Du gelangst auf eine ganz andere Ebene. Asanas können Dich vom Irdisch-Materiellen lösen, in höhere Bewußtsteinzustände hineinführen. Umgekehrt helfen sie Dir aber auch, einen transzendentalen Aspekt in das Körperlich-Materielle hineinzubringen. 

    Pranayama ist neben der Meditation die Schlüsseltechnik, mit der Du an Deinen Energien arbeiten kannst. Es gibt vorbereitende, reinigende, energieerweckende, kühlende und harmonisierende Atemübungen. Fortgeschrittenes Pranayama ist immer verbunden mit Bandhas, bestimmten Verschlüssen, die Du richtig lernen mußt und setzen können mußt. So fließt die Energie, die Du erweckst, nicht weg, sondern reinigt stattdessen die Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezent-ren).

    Ein wichtiger Aspekt im Hatha-Yoga sind auch die Kriyas. Das Wort Kriya an sich heißt einfach Handlung und es bedeutet in verschiedenen Yogasystemen jeweils etwas anderes. Im Hatha Yoga sind die Kriyas die Reinigungstechniken: Augen-, Nasen-, Magen-, Darmreinigung, Reinigung der Atemwege. Mit den Kriyas kannst Du den Körper rein und stark machen, so daß die immer stärker werdende Energie frei und ohne Blockaden fließt und der Prozeß der Energieerweckung harmonisch verlaufen kann. 

    Mantra-Yoga

    Mantras sind klassische Sanskritsilben und worte, in denen die Urenergie des Klangs, ihre ursprüngliche Bedeutung, unmittelbar enthalten ist. Durch Wiederholung des Mantras entfaltet sich diese im Klang eingeschlossene Energie. Das verbreitetste ist Om. Es gibt auch komplexere Mantras wie Om Namah Shivaya oder Om Namo Narayana, die jeweils einen besonderen Aspekt der kosmischen Energie beinhalten. 

    Man unterscheidet verschiedene Arten von Mantras. 
    Es gibt zum einen die sogenannten Moksha-Mantras (Moksha = Befreiung). Diese Moksha-Mantrags vermögen bei genügend langer Wiederholung Deinen Körper, Deine Lebensenergie, Deine Emotionen, Deine Gedanken und Deinen Intellekt zu transformieren. Schließlich wird Dein Bewußtsein nicht mehr von Körper und Geist begrenzt, sondern ruht in sich selbst. Du erreichst Samadhi, den überbewußten Zustand. Du erfährst Sat Chid Ananda – grenzenloses, unbegrenztes Sein, Wissen und Glückseligkeit. 
    Eine andere Form von Mantras sind die Mantras der Chakras, die sogenannten Bija-Mantras. Mittels dieser Mantras kannst Du die Energiezentren gezielt und systematisch aktivieren, öffnen. 
    Du kannst also mit Mantras Energien verändern. Allgemein bekannt ist ja, daß Musik die Stimmung verändert, heilend, beruhigend oder aktivierend wirken kann. Musik ist eine Weise, auf Energien einzuwirken. Und ein Mantra ist eine ganz spezifische Weise, Energien zu erwecken und zu lenken. Mantras stellen auch eine persönliche Beziehung her zu einem bestimmten Aspekt der kosmischen Energie oder zu einem bestimmten Lehrer. Wenn die Kundalini-Energie tatsächlich aktiv wird, hast Du über das Mantra Halt und Führung. Mittels des Mantras kannst Du Kontakt aufnehmen zu Gott oder/und zu Deinem spirituellen Lehrer. 

    Nada-Yoga

    Nada Yoga ist der Yoga des Klanges. Im Unterschied zum Mantra-Yoga, wo die Wirkung auf der Wiederholung eines Sanskritwortes beruht, ist Nada-Yoga die Arbeit mit dem Klang an sich. Die klassische indische Musik zum Beispiel ist eigentlich keine Unterhaltungsmusik, sondern sie dient dazu,  Energieerfahrungen zu bekommen. 
    Der äußere Nada-Yoga besteht aus einer bestimmten Art von Musik, von Klängen.
    Der innere Nada-Yoga manifestiert sich zum Beispiel in Form von Anahata-Klängen, inneren Klängen, die Du vielleicht manchmal in tiefer Meditation oder in einem hochenergetisierten Raum hören kannst. 

    Yantra-Yoga

    Yantra-Yoga arbeitet mit Bildern, Farben und Formen. Die bekanntesten Yantras sind die Darstellungen der Chakras. Sie haben Farben, Gestalt, Symbole. All das kann man meditativ auf sich wirken lassen. Über die Wahrnehmung dieser Yantras kannst Du die Energie und den Bewußtseinsinhalt des entsprechenden Chakras aktivieren.
     

    Laya-Yoga

    Laya-Yoga wird in verschiedensten Traditionen unterschiedlich erklärt. In manchen Traditionen ist Laya-Yoga gleichbedeutend mit Kundalini-Yoga. In dem Sinne, wie ich ihn jetzt interpretiere, ist Laya-Yoga eine Weise, das Bewußtsein auf Energie an sich zu konzentrieren. Ein Beispiel einer Laya-Yoga-Technik: Während der Meditation löse alle Bilder und Worte auf. Werde Dir nur des Gefühls bzw. der Essenz des Gedankens an sich bewußt. Dann löse diese Empfindung in reine Energie auf. So erfährst Du die Urenergie hinter allen Gedanken und Emotionen, Shakti. Und Shakti führt Dich zur Erfahrung von Shiva, reinem Bewußtsein.
     

    Stufenweises systematisches Entwickeln und Entfalten

    Kundalini-Yoga bedeutet nicht die sofortige Erweckung der Kundalini. Das ist nicht möglich und auch nicht wünschenswert - genauso wenig, wie Bhakti-Yoga mit sofortiger grenzenloser Hingabe zum Göttlichen anfängt oder Jnana-Yoga mit der vollkommenen Erkenntnis der Einheit oder Raja-Yoga mit der vollständigen Herr-schaft über den Geist. Du solltest im Kundalini-Yoga mittels der oben beschriebe-nen Techniken schrittweise und systematisch vorgehen. 

    • Der erste Schritt ist die Erhöhung von Prana, der Lebensenergie, die notwendig ist, um überhaupt Kraft für weitergehende Aktivitäten zu haben. Der Hatha Yoga, der ja ein Teil des Kundalini-Yoga-Systems ist, ist eine wichtige Grundlage, um Dein Körper-Geist-System zu harmonisieren, zu energetisieren und zu stärken für das größere Maß an Energie, das Du im Laufe der Praxis er-weckst. 

    • Ein nächster Schritt ist die Reinigung, Shodhana: Reinigung Deiner Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezentren), auch die Reinigung Deines Körpers, Gefühlslebens und Geistes. Wenn das System rein ist, kann die Energie frei fließen.

    • Parallel zur Reinigung muß auch Stärkung erfolgen. Denn wenn Energie aktiviert wird, müssen die Systeme, durch die sie fließt, auch stark sein – ähnlich wie für Starkstrom normale Stromleitungen nicht ausreichen. Der Körper muß in der Lage sein, ein Mehr an Energie auszuhalten. Eine gewisse emotionelle Festigkeit und intellektuelle Klarheit sind ebenfalls wichtig.

    • Als nächstes folgt die Stufe der spirituellen Erfahrungen: Wahrnehmungen der feinstofflichen Ebenen, Astralerfahrungen und erste Vorbereitungserfahrungen wie Hitze, Wärme, Strom in der Wirbelsäule, Durcheinandergeschüttelt wer-den, Spüren der Chakras, usw. 

    • Darauf folgen die Erweckungserfahrungen, die das Leben des Aspiranten zunächst einmal gründlich durcheinanderbringen können – nicht notwendigerweise müssen, aber können. Diese Erfahrungen können anfangs heftig und machtvoll, oft auch bedrohlich und dunkel sein – das ist der Kali-Aspekt. Später sind sie eher als schützende, mütterliche Durga-Energie spürbar. Dann folgt der Lakshmi-Aspekt in Form einer Erweckung verschiedener Fähigkeiten und Möglichkeiten, zum Beispiel als Imagination, Inspiration, Intuition. Und schließlich kommt der Saraswati-Aspekt als intuitive Erkenntnis und Weisheit, unmittelbares Wissen. Um diesen Prozeß gut und sicher durchgehen zu können, ist kompetente Anleitung natürlich sehr wichtig.
     

    Formen der Kundalini-Erweckung

    Die Erweckung der Kundalini kann verschiedene Formen annehmen. Sie kann langsam, scheinbar unmerklich erfolgen. In diesem Fall äußert sie sich in einer allmählichen Veränderung und Erweiterung von Fähigkeiten und Bewußtsein. Sie kann sich allein auf geistiger Ebene manifestieren. Aber sie kann auch dramatisch erfolgen, wie in den oben beschriebenen typischen Phänomenen: eine Hitze, ein Glühen in der Wirbelsäule, ein Erzittern, ein automatisches Einnehmen von Yogastellungen, Pranayamas, Mudras. Sie kann sich manifestieren in Wahrnehmungen subtiler Welten, Reduzierung des Schlafbedürfnisses, starker Energieempfindung, so, als stünde man ständig unter Hochspannung und in einem Gefühl unendlicher Wonne. 
     

    Ratschläge und Maßnahmen bei Spontanerweckungen
    Für den Fall von Spontanerweckungen gibt es zwei einfache Ratschläge. 
    1. Habe Mut und Vertrauen
    2. Versuche nicht, diese Energie zu stoppen, sondern laß sie fließen und das tun, was nötig ist

    Die Kundalini-Kraft ist kein außer Kontrolle geratenes Atomkraftwerk oder eine unkontrollierte Energie, die uns umbringt oder Schaden zufügt. Sie ist im Gegenteil die höchste schöpferische Kraft im Universum, die sich in unserem Mikrokosmos entfaltet, eine intelligente, göttliche Energie, die erwacht, die Dich transformieren will, die Dich Deine unbegrenzten Möglichkeiten und Fähigkeiten ausschöpfen lassen will. Deshalb ist es ganz wichtig, diese Dinge, wenn sie einmal in Gang gekommen sind, geschehen zu lassen und dieses Erlebnis als besondere Gnade anzusehen, als eine große Chance in unserer persönlichen Entwicklung und Evolu-tion. 
    Du brauchst Mut, Dich darauf einzulassen und das Vertrauen, daß es auf längere Sicht das Richtige und etwas sehr Positives ist. 
    Es mag sein, daß manche in der intensiven Phase einige Tage nicht ganz zu ihrem normalen Leben fähig sind. Aber es gibt auch andere Ereignisse im Leben, die einen zeitweise unfähig machen, normal im Leben zu agieren, wie etwa eine schwere Krankheit oder Liebeskummer ... 

    Wichtig in der intensiven Phase ist es, reinigende und erdende Praktiken zu machen und die energieerhöhenden Praktiken zu reduzieren. Zu den Reinigungstechniken gehören zum Beispiel die Wechselatmung sowie die Mantra-Meditation. Zu den erdenden Techniken zählen die Asanas. 
    Daneben gibt es kühlende Praktiken, mit denen die sogenannte Mondenergie aktiviert wird, so daß die erhitzende Kundalini-Energie harmonisiert und in positive, schöpferische Bahnen gelenkt wird. Dazu gehören zum Beispiel Sitali, Sitkari, (bestimmte Atemtechniken), einfache Variationen der Kechari-Mudra und verschiedene andere Techniken. 
    Ein unabdingbarer Aspekt ist auch eine Ernährung nach strikt sattwigen (reinen) Gesichtspunkten, das heißt im wesentlichen ohne Fleisch, Fisch, Eier, Zwiebeln, Knoblauch. Alkohol, Kaffee und Rauchen sind absolut tabu. 

    Ich möchte hier ausdrücklich betonen und eindringlich darauf hinweisen, daß die Einhaltung dieser und einiger anderer Regeln bei intensiver Übung von Kundalini-Yoga-Praktiken unabdingbar ist. Das entscheidet darüber, ob das Ganze als eher wonnevoll und schön oder eher als unangenehm erlebt wird. 
    Bei Spontanerweckungen ist diese Energie normalerweise einige Wochen bis ein paar Monate sehr aktiv. Danach harmonisiert sie sich wieder. Zur Ernüchterung vieler findet man sich dann allmählich wieder im Alltag wieder, statt Stufe für Stufe direkt zur Erleuchtung und Selbstverwirklichung zu kommen! Aber etwas im Bewußtsein ist dauerhaft anders geworden, etwas im Bezug zur Welt hat sich geändert und ganz sicher wird man mehr Energie und mehr Kraft haben, um an anderen Aspekten seines Wesens und seiner Persönlichkeit zu arbeiten. 
     

    Kundalini-Yoga – ein sicherer, erprobter Weg
    Kundalini Yoga ist der Weg der systematischen Erweckung. Korrekt unter kompetenter Anleitung und unter Beachtung bestimmter Regeln und Vorsichtsmaßnahmen ausgeführt ist er ein sicherer Weg. Aber Du mußt Dich schon an das Klassische halten. Du darfst nicht intensive Praktiken machen und dabei die Ernährungsregeln mißachten oder etwas weglassen, was vielleicht von entscheidender Bedeutung ist. Aber wenn Du es mit Disziplin und ganzheitlich machst, ist es ein sicherer Weg. Die Wirkungen sind bekannt, die Gefahren sind bekannt, etwaige Erfahrungen sind bekannt und welche Gegenmaßnahmen man gegebenenfalls einleiten kann, ist auch bekannt. 
    Kundalini Yoga ist sicher ein fortgeschrittener Aspekt des Yoga. Er ist ein inneres Abenteuer, der das Leben verändern kann – ohne gleich aus jedem ein Genie zu machen. Aber er kann für Dich ein Schlüssel sein für geistige Ausstrahlung, für Lebensenergie, zum Transzendieren von Grenzen, vor allem selbstgesetzten Grenzen. Er kann Dein Bewußtsein erweitern, Dein ganzes Leben und Sein bereichern und Dich schließlich schrittweise auch zur Verwirklichung führen. 

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    Bhagavad Gita 

    von Haripriya-Deepa Malavalli 

    Das epische Werk Bhagavad Gita oder der “Gesang Gottes” wurde vom Weisen Vyasa empfangen und später schriftlich niedergelegt. Die Gita ist eine Art didakti-sches Gedicht 1, ein langes Lied das aus 700 Versen besteht. Dem jetzigen Stand historischer Kenntnisse zufolge, ist die Gita wahrscheinlich im 4. bis 3. Jahrhundert v. u. Z. entstanden und im 2. Jahrhundert u. Z. in den Epos Mahabharata eingefügt worden. 2

    Die Gita richtet sich in besonderem Maße an Menschen, die Spiritualität praktizieren, da jedes Kapitel praktische Hinweise und Methoden zur Erlangung inneren Friedens und Harmonie 
    gibt. Desweiteren verhilft uns die Gita bei der Überwindung unserer weltlichen Verhaftungen und zeigt Wege zur Verbesserung unseres Umgangs mit uns selbst, mit unseren Mitmenschen und mit der Welt auf. Die Gita richtet sich an alle Menschen, ganz gleich, ob sie in einem Kloster, in einer Familie oder irgendwo in der Welt leben. Bildlich gesprochen ist die Gita eine Art Boot, das einen Menschen aus der Dunkelheit der Abhängigkeit in das Licht der Freiheit führt. 

    Die Welt wird in der Gita als Karmakshethra bezeichnet. Ein Feld der Aktivität, wo man bestimmte Aufgaben erfüllt, ohne nach den Früchten zu trachten, da ein solches Verlangen das Ego meist übermäßig entwickelt und Umstände, wie die der Abhängkeit, der Unfreiheit und schließlich der Unzufriedenheit und der Täuschung erzeugt. Dadurch entwickeln sich oftmals (schlechte) Gewohnheiten Vasanas, die sich im Einzelnen festsetzen und die er immer wieder ausgeführt ohne sie meist zu bemerken. Er weiß dann nicht, was er sich selbst antut oder er kommt trotz seiner Bewußtwerdung nicht davon los. Der Einzelne indentifiziert sich lediglich mit seinem Äußeren also mit dem Körper oder mit dem Materiellen, was die Preisgabe oder die Blockierung seiner eigentlichen göttlichen Selbstverwirklichung bedeutet. 

    Arjuna, die Hauptfigur ist Jivi das Individuum. Der Körper ist der Wagen, der Lehrer im Wagen ist Krishna, Gott oder das göttliche Selbst, von dem die Inspiration oder die Intelligenz (Brahman) ausgeht, der die Fragen des Individuums beantwortet und seinen Geist erhellt so etwa wie es in der Gayathri Mantra heißt: (…) “Dhiyoyona Prachodayath”…( O Gott, erwecke die in mir wohnende Unterscheidungskraft). 3 

    Die 100 Kaurava-Brüder repräsentieren das Dämonische, die 5 Pandava-Brüder stehen für das Positive. Während die einen Asad oder das Negative bzw. die Unwahrhaftig darstellen, sind die anderen Sad oder positiv bzw. wahrhaftig. Damit entsteht der ewige Kampf zwischen Gut und Böse. 4 

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    Das Phänomen der Täuschung ist ein globales Problem, das jeder Mensch erlebt. So auch Arjuna, ein Mensch, der über viel Weisheit und Geschicklichkeit verfügt. Er verliert seine Nerven, kann nicht mehr kämpfen, da er seine eigenen Brüder töten muß. Er identifiziert sich mit dem Körper und glaubt, daß der Körper das höhere Selbst Atman darstellt. Hierbei lehrt die Gita die Kunst im Meer der Täuschung zu schwimmen und dieses schließlich zu überqueren. Beispielsweise erklärt Krishna bezüglich dem Gefühl der Traurigkeit hinsichtlich der Tötung der Kauravas, daß niemand sie töten könne, obschon sie einen sterblichen Körper besitzen, aber dennoch wie alle Wesen, unsterblich sind. Er führt an, daß der Weise weder über die Lebendigen noch über die Toten trauert. Denn man trauert auch nicht über die Tatsache, daß sich unser Körper aufgrund des Wachstumsprozeßes verändert: Kind, Jugendlicher, junger Erwachsener, reifer Erwachsener, alter Mensch. Man kann sich an Erlebnisse aus den verschiedenen Lebensjahren erinnern, obwohl man sich stark verändert hat. Man ist der oder die gleiche Person geblieben und doch ist man ganz anders geworden. So bleibt das Atman unverändert in dem sich verändernden Körper. Der, der dies erkennt, ist der wahre Jnani, so Krishna. Man muß die Veränderungen akzeptieren und sie durchleben, denn Freude und Trauer sind wie Tag und Nacht. Sie haben mit dem Körper zu tun, aber sie berühren die Seele nicht. Die Erkenntnis dieser Realität führt schließlich zur Befreiung, Moksha. 

    Die Gita beginnt mit den Versen (…)”Dharmakshetra, Kurukshetra…”. Somit wird der Beginn des Epos mit dem entscheidenden Begriff Dharma zum Ausdruck gebracht, da Dharma der Welt der Täuschung Kurukshetra überlegen ist. Im letzten Vers des 18. Kapitels lesen wir “Yathra Yogeshwarah Krishno”. 1 Yogeshwarah steht für Dharma und in diesem Kontext sagt die Gita: Erkenne Dharma und praktiziere es, da es deiner göttlichen Natur entspricht. Somit ist die Gita unter anderem ein Werk zum Thema Dharma mit all seinen Aspekten. Es ist allerdings wichtig, daß jeder Mensch sein eigenes Dharma oder Swadharma erkennt, entwickelt und auslebt. Dabei ist natürlich zu beachten, daß man auch anderen den Raum zugesteht, den sie für ihre dharmische Entwicklung brauchen. In diesem Kontext spricht Krishna über die Einhaltung bestimmter moralischer Grundsätze. Es ist sicherlich nicht einfach zu entscheiden, welche Handlung moralisch legitim ist oder nicht. Besonders wenn man spirituelle Grundsätze mit privaten und öffentlichen Interessen zu vereinen versucht. 

    Krishna sagt in diesem Zusammenhang, daß wir alle göttlich bzw Gott sind, und daß man sich diese Realität immer wieder vergegenwärtigen muß, um sich auf sein göttliches Selbst einzustimmen, die innere Stimme wahrzunehmen und aus dieser Perspektive heraus sein Denken und Handeln auszuführen. In bezug auf Arjuna, der seinen Mut verloren hat, bedeutet die totale Ausrichtung auf Krishna, daß er dadurch Gefühlen wie Angst, Unsicherheit und Mutlosigkeit keinen Raum mehr läßt. Die Darstellung der Mutlosigkeit Arjunas schafft den Boden für die Auseinanderset-zung mit dem Yoga der Erkenntnis Sankhya Yoga. Bis zur 11. Strophe des 2. Kapitels wird Arjunas Problem exemplifiziert. Danach bricht Arjuna in sich zusammen und bittet Krishna um Rat und Führung. Es fällt Arjuna nicht leicht in den Kampf zu gehen, da die andere Partei mit ihm verwandt ist und ihm in der Vergangenheit auch Gutes getan hatte. 
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    1. : Sri Sathya Sai Baba: Geeta Vahini, Bangalore 1966, 
    Außerdem ist er auch nicht daran interessiert durch Krieg Macht und Ruhm zu erlangen. Krishna  macht jedoch Arjuna darauf aufmerksam, daß sich beide Parteien dazu entschlossen hätten, in den Krieg zu gehen und daß es nun keine Möglichkeit für einen Rückzug aus dem Krieg gäbe, zumal auch Arjuna aus bestimmten, berechtigten Gründen in den Krieg gezogen sei, sich von Göttern wie Indra kosmische Pfeile geben ließ, um den Krieg zu gewinnen. Nun sei er dazu verpflichtet, seiner Soldatenkaste Kshatriya gerecht zu werden. Denn der Krieg ist nicht aus heiterem Himmel zustande gekommen, vielmehr haben viele kleine Formen der Gewalt diesen Krieg ausgelöst. 
    Allmählich erkennt Arjuna die Bedeutung des Kampfes und ist bereit zu kämpfen, jedoch weniger um weltliche Macht zu erlangen, als vielmehr um spirituell voranzukommen. Ab diesem Zeitpunkt ist Krishna der Guru Arjunas, der seinerseits Krishnas Schüler wird. 
    Arjuna erkennt, daß sein Mut und seine Ratlosigkeit ein Produkt seines Egos sind und daß dies auch die Ursache für weiteres Unheil bedeutet. Er übergibt sein Urteilsvermögen Krishna und wird dadurch Krishnas Instrument, das heißt er handelt aus der göttlichen Perspektive heraus. Somit ist nicht er der Handelnde, sondern Krishna. 
    Ihm wird klar, daß er einerseits gegen seine Verwandten Krieg führen muß, wenn diese großes Unrecht begangen haben und andererseits für die Wiederherstellung von Dharma und Prema kämpfen muß. Hiebei erkennt er auch seine eigenen Fehler, besonders das Spiel seines Egos. Jedoch durch das Eingestehen seiner eigenen Fehler öffnet er sich für die höhere Erkenntnis und aus dieser demütigen Haltung heraus, kann er sich Krishna hingeben oder Ihm vollkommen vertrauen. Arjunas Unsicherheit steht symbolisch für die Angst und die innere Schwäche im Menschen. Diese Schwächen sind nicht schlimm, solange wir ehrlich und dazu bereit sind, sie zu bekämpfen und uns voller Demut den Beistand von Menschen oder Gurus ersuchen, die diese Seinzustände bereits überwunden haben und den Weg der Erkenntnis gegangen sind. Denn sie kennen den Weg ganz genau und verfügen daher über die genauesten Kenntnisse bezüglich möglicher Gefahren auf dem Weg. Sie wissen, wie man die Hindernisse umgeht oder sie beseitigt. Demgegenüber sind Menschen, die glauben alles bereits zu wissen, die wirklich Dummen, die letzendlich an ihrem eigenen Hochmut zerbrechen. 
    Der Kriegsschauplatz ist zwar der Ort des Geschehens in der Gita, aber dieser Kampf ist meines Erachtens symbolisch zu verstehen: Es geht weniger darum andere auszuschalten oder zu bekämpfen, als vielmehr den inneren Kampf, den man mit sich selbst austrägt, zu vollziehen. Demnach ist der Krieger in uns angesprochen, der mit Weisheit, Liebe und Gottesvertrauen das Ungute in sich selbst bekämpft und die innere Harmonie wiederherstellt. Gewaltlosigkeit Ahimsa, rechtes Handeln Dharma und bedingungslose, universelle Liebe Prema sind die Eigenschaften, die uns sicher an das Ziel des Yoga bringen und uns mit Gott vereinen. __________________________________________________________________
    Quellen: 
    Swami Sivananda: Bhagavadgita, englische Ausgabe, II Kapitel, Rishikesh, Indien
    Sathya Sai .Baba : Geetha Vahini, erstes und zweites Kapitel, Bangalore, Indien 1966., 
    Klaus Mylius: Geschichte der Literatur im alten Indien, Leipzig 1983, 

    Eine Wolke erscheint...
    Von Hanspeter Sperzel

    Gerade zieht eine dicke Regenwolke über unseren Himmel, und ich fühle mich, als ob diese Wolke mich verschließt, mir nicht gestattet, mit der Welt um mich her im Austausch zu paktieren. Es staut sich in mir, und meine Schädeldecke scheint sich zu wölben wie ein Deckel eines Topfes, der, festgehalten von stählernen Klammern, dem Druck des brodelnden Dampfes nur langsam nachgibt. Es ist feucht und schwül, und der ständige Wechsel vom Licht der Sonne, wenn sie durch die Wolken bricht, und der Düsternis dieser Wolke, die ein Durchbrechen des Lichts verhindert, reizt die Augen, lässt sie ständig tränig feucht erscheinen.

    Wie das Wetter draußen, so erlebe ich auch mein Gemüt. Die dunkle Wolke treibt auch hier ihr Spiel, lässt mich erschauern und erzittern. Es ist ungemütlich und anstrengend, diesem Wechsel unterworfen zu sein, zu vielfältig und hintergründig sind die Gedanken, alles staut sich auf, als wäre ein Abfluss verstopft. Und doch verweigert sich etwas in mir einer der Lösungen, die sich aufdrängen und sich ständig in den Vordergrund schieben, die rufen: was soll‘s, es ist doch eh egal... und es kommt doch anders, als man denkt..., und was willst du eigentlich, du bist doch..., und du musst Geduld haben..., und was sonst noch... Denn nichts ist ganz so egal, genauso, wie nichts so überaus wichtig ist, und ich fühle eine Sättigung darüber, für und wider immerzu gegeneinander aufzurechnen. Es sollte doch ganz einfach sein, und ich höre und lese dies so oft, dass ich schon lange nicht mehr weiß, wo mir dies zum erstenmal begegnete. Alles ist gut, so wie es ist, heißt es da, und dein Problem beruht nur auf der Tatsache, das du ein Problem siehst, wo kein Problem ist. Höre auf, das Problem zu denken, und dein Problem verflüchtigt sich wie der Gedanke, der es schuf. Das klingt paradox, und gerade daher erscheint es richtig zu sein, denn wenn die Realität nicht mehr helfen kann, erscheint das Paradoxe als sein Gegenüber doch der Lösung näher. Und doch, auch dieser Ansatz erscheint letztlich so falsch, wie er nur sein kann, denn er ver-schiebt alles nur ins andere Extrem, schüttet das Bad aus samt dem Kinde darin.

    Was wäre eigentlich, wenn alle Ansätze zur Lösung falsch sind, es den richtigen Ansatz nicht gibt, und wenn daher genau das Falsche zu tun, immer wieder und immer wieder, erst zu der Einsicht führt, die das Problem, oder besser noch jedes Problem, für immer verbannt. Ist die Einsicht vielleicht die Erkenntnis der Unvollkommenheit und Bedingtheit des Lebens? Ist dieser sich ständig wiederholende Irrtum dem Menschsein eingegeben? Ist dies vielleicht die Lektion, die es hier und heute zu lernen gibt?. Und wenn dies so wäre, sollte dann nicht die Einstellung eines Kindes, das laufen lernt, das Vorbild hierfür sein: Lachen, wenn es steht, und weinen, wenn es fällt? Und ist Gleichmut dann nicht eine Krankheit, die Erkenntnis zu verbergen sucht, weil diese Leichtigkeit und Anstrengung, Lachen und Weinen, Freude und Leid, und letztlich alle Gegensätze einschließt?

    Die Wolkendecke lichtet sich, und draußen kommt die Helligkeit der Sonne zum Überwiegen. Und auch der Druck im Kopf scheint, mit etwas Verzögerung zwar, der Helligkeit zu weichen. Ist es nicht seltsam und staunenswert, das eine vorüberziehende Wolke am Himmel das Gemüt derart verdunkeln kann, und das zwei so unterschiedliche Wesenheiten so eindeutig partizipieren. Und wenn dies so ist, wie fest und verschweißt mögen dann die vielen anderen Dinge sein, die zu unterscheiden wir gewohnt sind; und wie groß wird unsere Geduld und unser Ausharren sein müssen, um dieses letztlich zu ergründen? Ich fühle mich klein und schwach, und doch erscheint dieses mir mehr und mehr in aller Klarheit: Die große Kraft des Ganzen sollte auch mich durchfließen können, so wie diese Wolke, die, als sie mein Gemüt erschütterte, mich durchfloss!

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    Liebesbrief aus Indien
    Anonymus

    Liebe ist alles, und alles ist Liebe. Es gibt nur Liebe und nichts außer Liebe. Alles ist Liebe, und es ist einzig und alleine Liebe. Nur Liebe ist, und alles was ist, ist Liebe. Auch Ausnahmen sind Liebe. Auch Zweifel sind Liebe. Und alles andere ist auch Liebe. Wir können es auch anders nennen, und es bleibt doch was es ist: Liebe.
     

    Teil I
    Liebe ist die Stärke, die Kraft und die Macht, welche unser Potential entfalten und zum Ausdruck bringen kann. Nichts sonst in der Welt ist so unbedingt frei, offen und wirksam. Echte Liebe ist wahre Stärke. Es hat zu tun mit bedingungsloser Akzeptanz und tiefem Respekt, mit Hingabe und mit Offenheit von Herz und Geist. Und es hat zu tun mit Demut, das Eingestehen unserer eigenen Unzulänglichkeit und unserer Unfähigkeit, die Existenz zu verstehen und die Einsicht, das Leben nicht kontrollieren zu können und aufzuhören, es zu versuchen. Aber dennoch darauf zu vertrauen. Durch Liebe erkennen wir die Weisheit in allem, was uns diese unermeßliche Existenz entgegenbringt. In Liebe dient alles unserem Wohle, unserem Wachstum, unserer Selbsterkenntnis.

    Das ist ein Juwel, den ich in Indien fand. Dort fand ich ihn in meinem eigenen Herzen. Er muß in jedem Herzen zu Hause sein, auch in Deinem!

    Liebesfähigkeit dieser Art liegt in unserer Natur. Sie frei zu lassen bedeutet Mitgefühl mit anderen zu entwickeln, wo sie ihre eigene Liebesfähigkeit nicht erkennen oder anerkennen, und mit uns selbst.

    Echte Zufriedenheit, vollkommen und absolut in Frieden zu sein mit dem Leben und der Welt, so wie sie sind. Mit allem zufrieden zu sein, genau so wie es ist! Nichts außer Liebe kann diese Befriedigung, die einzig echte und wahre, weil dauerhafte Befriedigung, erlangen. Alles in der Welt ist von geringer Dauer. Wenn wir genau beobachten, von überhaupt keiner Dauer. Nur in der Liebe ist Erfüllung von Dauer zu finden. 
    Und hier ist nicht von romantischer, emotionaler "Gefühlsduselei" die Rede. Son-dern von unendlicher Offenheit und Weite, von bedingungsloser Freiheit, von ewiger Verbundenheit, vollkommener Einigkeit im vollständigen Leben.

    In Liebe lebt sich das Leben frei, offen und friedvoll, ohne Zwang oder Druck, aber mit Kraft und Ausdauer, mit Lust, aber ohne Erwartung, mit Schmerz, aber ohne Leid. Nur in Liebe ist Freiheit, und nur in Freiheit kann Leben lebendig sein. Liebe bringt Reichtum und Größe, die von Dauer sind, und Gelassenheit, die auch in der materiellen Welt Früchte hervorbringt. Schmackhaft und bekömmlich, nicht verdorben.
    Diese Liebe, die ich in Indien fand, ist nur in unserem eigenen Herzen zu entdecken. Nichts und niemand kann sie uns geben. Nichts und niemand kann sie uns jemals nehmen. Gib ihr Deine Aufmerksamkeit. Paß gut darauf auf, und folge ihrer leisen Stimme. Es ist die Stimme unserer ureigenen Natur. Das ist Hingabe.
    Diese Liebe im eigenen Herzen findet Resonanz und bedeutet Verbundenheit mit allen Herzen und mit allem im eigenen Herzen. Sie ist die Grundlage, der Inhalt, die Form, die Quelle, der Atem, die Frucht des Lebens, der gesamten Existenz. Sie ist Wahrheit, die einzige, die zu finden ist und die tiefste, die zu beobachten ist. 
    Wer kann sie leugnen? Wer kann sie jemals ganz ergründen?
    Wie könnten wir das Grenzenlose je erfassen?

    So bleibt mir nichts mehr übrig, als Dich zu lieben und tief in meinem Herzen zu umarmen.

    Teil II
    Die Schwierigkeiten des Lebens kann die Liebe nicht beseitigen. Sie weiß nichts davon. Denn die Welt ist nichts als vorüberziehende Erfahrung, und die Liebe ist ewiges zu Hause, unberührbar, unveränderlich. Nicht romantisch, aber wahrhaftig und echt. Kein Gedanken- und Gefühlsgespinst, sondern klar, frei, offen, direkt, einfach.

    Das ist keine Poesie und keine Philosophie. Das ist, was ich sehe, genau so, nicht anders. Es ist keine Vorstellung, Phantasie oder Träumerei, nichts ausgedachtes, keine Schwärmerei und kein Trost, sondern meine einfache direkte Erfahrung, genau so, nicht anders.

    Zu dieser Liebe braucht es nichts, und wir finden alles in ihr. Mut, Stärke, Klarheit, Weisheit, Ausdauer, Frieden, Freiheit, ... Sie gibt alles und verlangt nichts. Sie bes-tätigt, akzeptiert, toleriert, respektiert alles und erwartet nichts. Wir können sie igno-rieren, verleugnen, anzweifeln. Aber wir können uns ihr nicht entziehen. Sie ist unser Atem, unser Herzschlag. Sie ist, was wir sind. 

    Liebe die Liebe und lebe das Leben. Liebe das Leben und lebe die Liebe.

    Diese Liebe fragt, was kann ich geben?, was kann ich für andere tun?, nicht was kann ich bekommen und wie sind mir andere von Nutzen. Das ist die Grundlage für gesunde, reiche Beziehungen in Frieden und Freiheit. Das ist die Basis für ein er-fülltes glückliches Leben, alleine und gemeinsam.

    Mit diesem Brief schicke ich Dir all meine Liebe mit all ihren Qualitäten und all ihren Möglichkeiten, die ich in meinem Herzen finde und zu denen wir fähig sind. Möge sie in Deinem Herzen Anklang finden, und mögen wir gemeinsam über uns hinaus wachsen zu unserer wahren Größe. 

    Und das ist keine persönliche Angelegenheit.
     

    Teil III
    Diese Liebe kennt keine Anhaftung, keine Identität, keinen Haß, keine Vergeltung, keine Fehler, keinen Mangel, keine Not, keine Angst, kein Gegenüber. Sie grenzt nichts aus, grenzt nichts ab und grenzt nichts ein.
    Diese Liebe sieht die Dinge so, wie sie wirklich sind und ist in vollkommenem Frieden mit allem, so wie es ist.
    Diese Liebe nimmt keine Trennung vor. Sie läßt alle Unterschiede in Schönheit erstrahlen. Sie schließt nichts aus. In ihr ist alles eines, ein Ganzes, vollkommen und ewig so.
    Diese Liebe kennt keine Meinung, keine Werte und keine Urteile. Sie ist immer frei und offen. Ohne Grenzen, ohne Beschränkung, ohne Bindung, ohne Vorliebe, ohne Reservierung, ohne Abneigung, stellt sie immer die reine vollständige Wahrheit dar.
    Diese Liebe hält nichts fest, sie weiß alles in sich. Sie kennt keinen Verlust und keinen Gewinn. Sie sucht nichts zu verändern und nichts zu bewahren, sie weiß alles in feiner Ordnung. Sie sucht nichts zu erreichen, sie weiß sich vollständig und vollkommen. Sie sucht nicht etwas oder jemand zu sein und nicht zu werden, sie ist bereits alles.

    Diese Liebe gibt sich selbst. Sie gibt sich selbst an sich selbst in sich selbst, um ihrer selbst willen. Das ist ihre Natur. Das ist unsere Natur. So kommt es mir vor. Darin sehe ich mich frei. Darin kann ich in Frieden sein mit allem und jedem. Darin finde ich mich erfüllt. Darin erkenne ich echt und wahrhaftig mich selbst über alle Begrenzungen von Körper und Person, Gedanken und Gefühlen, Verstand und Intellekt, Vernunft und Vorstellung hinaus. Das kann ich nicht begreifen und nicht verstehen, und ich kann es nicht leugnen und nicht ignorieren. Wie sollte es anders sein, außer noch weiter, noch offener, noch freier, noch klarer, noch tiefer, noch direkter, noch einfacher?! 
    Diese Liebe ist nur für sich selbst da, und das bedeutet für alles, was da ist. Denn diese Liebe ist alles, was ist. Sie bedarf keiner Zustimmung. Der Wahrheit ist es egal, ob wir sie erkennen und anerkennen. Sie ist und bleibt immer was sie ist. Lassen wir uns darauf ein und sind frei, oder wir leben sonst wie wir wollen, und wir sind auch frei. Erkennen wir unsere Freiheit, die Wahrheit und die Liebe, und er-kennen wir sie an, oder ignorieren wir sie. Das ändert nichts an der Freiheit oder der Wahrheit oder der Liebe. Es macht nur den Unterschied zwischen Glück und Leid.

    Liebe das Leben und lebe die Liebe. Glück oder Leid für uns und andere, für die Welt und das ganze Universum. Wir haben die Wahl. 
    Liebe! Liebe! Liebe! Und lebe, lebe, lebe wohl, glücklich und frei, gesund und in Frieden.
     

    Teil IV
    Liebe, unendlich weit, sie ist nicht zu erfassen.
    Liebe, bedingungslos frei, sie nicht zu begreifen.
    Liebe, unbegrenzt offen, sie unterscheidet nicht.
    Liebe, ewig und absolut gültig, sie ist nicht zu beschreiben. 
    Liebe, ohne Regeln, sie ist nicht zu verstehen.
    Liebe, ohne Form, sie birgt unendlich viele Möglichkeiten.
    Liebe, ohne Zeit, sie trägt nichts nach und erwartet nichts.
    Liebe, ohne Raum alles umfassend, alles durchdringend, sie ist allgegenwärtig.
    Liebe, überall unsichtbar, sie stellt alles dar.

    Leiden muß, wer das vergißt.

    Ich liebe Dich, ich liebe mich, ich liebe das Leben, ich liebe die Welt, ich liebe! Ich lebe!
    Ich lebe, ich liebe! Liebe.

    Tun wir, was wir wollen oder müssen, aber vergessen wir nicht, dabei zu lieben. Vergessen wir nur die Liebe nicht.

    Die Liebe weiß, daß alles vorüber geht, daß nicht auch nur ein einziges "Etwas", von dem man sagen könnte, es wäre etwas, auch nur einen einzigen "Moment", über den man sagen könnte, er hätte eine gewisse Dauer und daß er somit ein echter Moment wäre, daß nicht auch nur irgend etwas in diesem Sinne verweilt. Die Liebe weiß, nicht etwas und auch nichts anderes ist beständig.
    Die Liebe ist unveränderlich und unvergänglich. Doch auch von ihr kann man nicht sagen, daß sie etwas ist, noch kann man ihre Qualität in Zeit oder Raum ermessen oder angeben. Diese Liebe scheint mir das einzige, was wirklich existiert, wenn man überhaupt von Existenz sprechen kann, ohne die Liebe zu beschneiden. Denn sie kennt keinen Anfang und kein Ende und kein auffindbares Dasein in Zeit oder Raum. Sie ist das einzige, weil sie alles beinhaltet, durchdringt, bewirkt und ausmacht, was in der Existenz erscheint.

    Sowenig wie ein Wassertropfen den Ozean, können wir die Liebe fassen mit unserem kleinen Verstand und Vorstellungsvermögen. Und doch können wir soviel wissen und erkennen, wie der Tropfen die Qualitäten des Wassers kennt, ohne den Ozean zu begreifen.

    Liebe ist nicht etwas. Und indem wir den Namen "Liebe" geben, beginnen wir zu glauben, daß es etwas sei, nämlich Liebe. Aber das, worüber ich hier schreibe, ist nicht etwas und doch ist es da. Es ist da, aber nicht zu orten, nicht zu benennen, nicht zu begreifen, nicht zu erfassen, nicht zu beschreiben. Es ist sogar das einzige, von dem man sagen kann, es ist wirklich da, hier und überall, jetzt und immer.

    Hören wir einfach auf zu glauben, wir hätten tatsächlich auch nur eine Ahnung von dem, was wahr ist, oder daß wir es wirklich kontrollieren könnten. Und geben wir auch den Gedanken auf, daß wir etwas anderes oder getrenntes wären von allen und allem, was anders erscheint. Hören wir einfach auf damit und lassen sein, was wirklich ist, so wie es tatsächlich ist. Lassen wir kommen, was kommt und gehen, was geht. Lassen wir alles an seinem Platz, dort wo es wirklich ist, das Vergangene in der Vergangenheit, das Zukünftige in der Zukunft. Und bestehen wir, indem wir tun ,was zu tun ist, jetzt und hier. 

    Wie man es auch sieht, was man glaubt oder nicht glaubt, will oder nicht will, mag oder nicht mag, befürwortet oder ablehnt, es ändert nichts an dem, was ist und wie es ist. 
    Erkennen wir das und lieben wir!
     

    Teil V
    Wenn einer kämpfen will, möge er seine falschen und beschränkten Sichtweisen bekämpfen, seine irrigen Meinungen und verwirrten Launen, seine Unwissenheit und Selbstwichtigkeit, seine Einbildungen und Selbstbilder, seine Irrtümer und Selbsttäuschung, seine Überheblichkeit und seinen Größenwahn, seinen Minderwertigkeitskomplex und Zweifel, seine Angst und seinen Widerstand.
    Da lohnt es sich zu kämpfen, wenn einer die Wahrheit sehen will. Ansonsten möge der Mensch auf großes Leiden gefaßt sein. Enttäuschte Erwartungen und Irrtümer können als Unglück oder als Befreiung von Täuschung, Verwirrung und Beschränkung empfunden werden. Retten wir uns und befreien damit alle Wesen. Nutzen wir unsere Möglichkeit, klar zu sehen, vergessen wir unsere Person und sehen wir zu, was wir für uns als Ganzes tun können, wie wir uns als große universelle Einheit dienen können. Das befriedigt, das erfüllt.Es ist nämlich ein großer Irrtum, anzunehmen, wir seien getrennt von anderen und der Welt. Das finde ich in meiner direkten Erfahrung in meinem Herzen, wenn ich nur einen Moment, welcher eine Ewigkeit andauern möge, den Glauben aufgebe, bereits Bescheid zu wissen. Diese Demut bringt die Wahrheit rein und vollständig zu Bewußtsein.

    Als Empfehlung und Herzens Geschenk, schauen wir in unserer eigenen Erfahrung nach, überprüfen und untersuchen wir, was hier geschrieben steht. Überzeugen wir uns selbst. Erst dann erkennen wir unsere wahre Freiheit und was damit verbunden ist. Schenken wir uns diese Freiheit. Nur wir können sie uns geben. Gewinnen wir unser Glück aus eigener Erfahrung und Überzeugung. Dehnen wir unser Herz aus, so daß wir selbst immer in unserem Herzen leben, alles aus unserem Herzen betrachten und uns in unserem Herzen erkennen, als uns selbst. Das ist Lieben. Nutzen wir unsere Möglichkeit zur klarsten, tiefsten, feinsten und vollständigen Erkenntnis und unsere Fähigkeit, danach zu leben.
    In Liebe und Respekt mit ganzer Anerkennung, in Verbundenheit und Freiheit, begegne ich Dir mit diesem Brief. Möge das Unfaßbare Dich erfüllen mit allem, was Dich zufrieden, gesund, glücklich und ... sein läßt.
    Und weil die Wort leer sind, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Bedeutung, die sie zu vermitteln suchen.
    Weil auf das Leben immer Verlaß ist! 
     

    Teil VI
    Ist es nicht total verrückt und entartet, daß in unseren modernen Zeiten und Gesellschaften das am schwersten zu sein scheint, was im Grunde das natürlichste, gewöhnlichste und einfachste ist? Nämlich in Gemeinschaft und Familie zusammen zu leben, Nachkommen gesund und liebevoll aufzuziehen und die Weisheit aus der Erfahrung des Lebens zu übermitteln. Überall in der Natur im ganzen Universum passiert genau das praktisch von alleine. Nur der moderne, zivilisierte, gelehrte, geordnete, materiell und technisch reiche Mensch, der soviel erreicht und bewegt, scheint nicht in der Lage, den einfachsten und natürlichsten Bereich des Lebens zu meistern: Friedlich und liebevoll in Gemeinschaft füreinander zu leben. Ist das nicht erstaunlich? Oder täusche ich mich?

    Dabei ist Lieben so einfach! Es erfordert keine besondere Anstrengung oder Voraussetzung. Im Gegenteil: Lieben erleichtert uns von der Last und Anstrengung, Unterschiede zu machen, zu urteilen und zu werten, es befreit uns von den Mühen, zu kontrollieren, zu manipulieren, zu trennen und auszuschließen. Lieben bedeutet, alles sein zu lassen wie es ist und sich selbst noch dazu zu geben. Das Leben richtet sich selbst auf natürliche gesunde Weise aus. Wo ist unser Vertrauen, unsere Zuversicht? 
    Wir verlangen nach Sicherheit, mehr und mehr. Doch es scheint, je mehr sogenannte Sicherheit wir erreichen, desto größer wird unsere Angst vor dem echten Leben, vor der direkten Erfahrung des Lebens, und desto schwächer wird unsere Bereitschaft, zu vertrauen und uns einzulassen auf die Natur des Daseins.

    In welche Richtung wollen wir Leben?
    Je mehr wir uns von anderen abgrenzen, durch Meinungen, Urteile, Wertungen, Politik, Wirtschaft, Rüstung, Macht, Reichtum, Überheblichkeit, Fanatismus, Faschismus, Egoismus, "...ismus", oder sonst wie, desto größer wird unsere Angst vor jenen, die uns gegenüber zu stehen scheinen. Wir kreieren damit eine eingebildete Trennung von der eigentlichen Natur der Dinge, nämlich von Verbundenheit, Ganzheit, Einheit ohne Ausnahme.
    In diesen Kämpfen für Abgrenzung und Ausschließung, für Sicherheit und Kontrolle, scheint alles so wichtig. Und wir sind oft nicht einmal in der Lage, friedlich und liebevoll mit der eigenen Familie zu leben und für auch nur einen Menschen, unsere Kinder, oder eine Sache des echten vollen Lebens, oder für die Liebe, nach der wir uns sehnen, einzustehen. Wir sind nicht bereit! Wir ignorieren, verleugnen und lehnen diese Aussicht ab. Wir wollen uns nicht eingestehen, wieviel Leid wir mit dieser sturen, ablehnenden Verschlossenheit für uns und andere verursachen.
    Wollen wir nicht unsere Bereitschaft, gesund und natürlich zu Leben, neu beleben und kultivieren, uns so weit wie möglich öffnen und frei sein im Geist und im Herzen? Darin sehe ich echte Stärke, auf die ein Mensch stolz sein kann, ohne jemandem zu schaden. Weil er somit alles und jeden in sein Herz aufnimmt und allem mit Mitgefühl, Verständnis, Anerkennung und Wohlwollen begegnet. 
    Seien wir stark für die Liebe! Rüsten wir uns für den Frieden. Entwickeln wir Freundschaft. Stärken wir unser Vertrauen in das Leben, es hat uns schließlich hervorgebracht. Widerstehen wir unseren wirren, leeren Gedanken und Gefühlen. Erkennen wir unsere wahre Natur. Stärken wir unsere Überzeugung von der Weisheit unseres Herzens. Folgen wir der Stimme der Liebe.Das ist echte Stärke, für die es sich zu leben lohnt, und wofür zu sterben keinen Tod bedeutet.
     

    Teil VII
    Je eigenständiger und unabhängiger wir uns vorkommen, desto mehr sind wir verloren in Empfindungen von Angst und Unsicherheit. 
    Echte Eigenverantwortung erkennt die eigene Schwäche und Verletzlichkeit an, genau wie die totale Abhängigkeit vom Rest des Universums. Echte Stärke weiß, wie schwach sie ist. Echte Größe weiß, wie klein sie ist. Echte Freiheit weiß, wie verbindlich sie ist. Echtes Wissen weiß, wie gering es ist. Echte Liebe weiß, wie bedingungslos sie ist. Echte Weisheit weiß nichts.
    Liebe oder Leid. Lieben oder leiden, das scheint mir die einzige echte Wahl zu sein, die wir treffen können. Warum? Weil die Dinge nun einmal so sind, wie sie sind, oder zumindest so erscheinen, wie sie erscheinen, oder wir sie so sehen, wie wir sie sehen, deshalb können wir uns entscheiden, entweder zu lieben oder zu leiden.
    Unsere Erfahrung, die Wahrnehmung des Lebens, können wir im wesentlichen nicht kontrollieren. Wir können nur Einfluß nehmen auf oberflächliche Variationen. Darüber hinaus können wir jedoch klar sehen, was diese Existenz wirklich ist, und wir können die Wahrheit darüber anerkennen und uns ihr fügen.

    Auch wenn wir in unserem individuellen, persönlichen Dasein laufend Entscheidungen treffen und bestimmte Erfahrungen erreichen und andere vermeiden wollen, bekommen wir immer das, was uns das Leben zuführt. Mit oder ohne unser Einverständnis, mit oder ohne unseren Willen, mit oder ohne unsere Entscheidung. Hier kann von Kontrolle, Wahl, Sicherheit, ... wohl kaum die Rede sein. Da können wir uns nur etwas einbilden.
    Die Entscheidung für die Liebe bedeutet, alles was das Leben bringt bedingungslos zu akzeptieren, freiwillig anzuerkennen, anzunehmen und vorübergehen zu lassen. Denn das ist die Natur der Dinge: Sie gehen vorüber.

    Die Entscheidung für das Leid ist die Verweigerung gegenüber dem Leben. Das bedeutet Selbsttäuschung und die Illusion, das Leben kontrollieren und festhalten zu können. Es ist die Verleumdung der Wahrheit. Es bedeutet Trennung, Isolation und den Kampf, diese Vorstellung aufrecht zu erhalten.
    Anerkennung und das Eingeständnis der tatsächlichen Verbundenheit mit allem und jedem, und der persönlichen Belanglosigkeit, sind das demütige Zeugnis einer Entscheidung für die Liebe.
    Das Leben in uns, die Weisheit in uns, die Intelligenz in uns sind das Leben, die Weisheit und die Intelligenz in allen Wesen.Mögen Taten aus Liebe und Mitgefühl das menschliche Handeln bestimmen, in einer Geisteshaltung von Offenheit, Toleranz und Verbundenheit.

    Beleben wir unser Potential durch Übung. Dabei geht es nicht darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, weder körperlich, noch geistig, noch emotional, noch in der Welt. Sondern es geht um Öffnung und Befreiung unserer Möglichkeiten und Er-kenntnisfähigkeit.

    Liebe macht es möglich.

    Teil VIII
    Liebe ist weit offen, wie der unendliche Weltenraum. Liebe ist leer, wie der unendliche Raum. Sie ist unbegreiflich und unbeschreiblich. In ihr ist alles möglich.
    Weiten wir unsere Sicht, sehen wir mit den Augen der Liebe, und wir finden kein Hindernis zwischen uns und dem offenen, freien, klaren, endlos weiten Raum. Weiten und klären wir unsere Sicht, dann, mit den Augen der reinen Liebe, sehen wir alles in Erscheinung treten und wieder vergehen.
    In der Liebe, in unserem Erfahrungsraum, in uns, finden wir mit dieser Sicht nichts, was von Dauer ist. Nicht einmal uns selbst können wir finden als etwas, das da bestehen würde. Was, außer der Liebe, ist also überhaupt wirklich? Außer diesem leeren, unermeßlichen Raum, was können wir als tatsächlich vorhanden benennen, das nicht bereits, bevor wir es zur Sprache bringen, vergangen ist? Gibt es etwas außer Liebe? Wie sehr sind wir getäuscht?

    Wie wir Liebe sehen können, obwohl sie unsichtbar ist?!? 
    Obwohl ich jetzt schon seit sechs Seiten davon schreibe, ist es mir nicht möglich auch nur annähernd zu beschreiben, was Liebe ist.
    Wir können sie erkennen, ohne sie zu sehen. Wir können sie sehen, ohne sie zu erkennen.
    In Stille und Gelassenheit, mit wacher offener Aufmerksamkeit, offenbart sie sich mit ihren Wundern.

    Nicht was wir denken oder wie wir empfinden ist von Bedeutung. Einzig wie es wirklich ist, ist das was zählt. Denken  und glauben wir, was wir wollen, aber nehmen wir uns die Freiheit und den Mut, auch zu erkennen, wie es wirklich ist, und erkennen wir die Wahrheit an.
    Jeder Mensch hat seine eigenen Augen und seine individuelle Sichtweise. Aber das, was durch die Augen hindurch schaut, ist in allen dasselbe, genau wie das, worauf es schaut, für alle dasselbe ist.
    Wenn wir alles in Ruhe sein lassen, können wir die tiefe, weite, feine, reine, klare, vollständige, einfache, totale Wahrheit erkennen. Das einzige, was wirklich immer da ist, ist leerer, offener, freier Raum ohne Abgrenzungen oder Begrenzungen. Diesen Raum können wir voller Möglichkeiten wissen, von denen wir einen Teil durch unsere Wahrnehmung erfahren. Der Raum selbst, die Leere, ist immer offen für alles, ohne Unterschiede und ausnahmslos. 

    Wir können dieses Phänomen Liebe nennen oder nicht. Es bleibt, was es ist. Und es geht darum, es zu erkennen und anzuerkennen, als das, was es ist. Wenn wir zu unserer reinen vollständigen Natur gelangen wollen. Nur dann. Nur wenn wir in Frieden sein wollen, unerschütterlich glücklich und uns vollständig erfüllt wissen wollen. 
    Die Liebe, wie die Freiheit, kennt keine Regeln. Die Wahrheit kennt keinen Kompromiß.
    Wir lieben, wenn wir sind wie die Liebe. Wir sind frei, wenn wir sind wie die Freiheit. 
    Kompromißlose Offenheit von Geist und Herz ist ein Schlüssel zu Glück und Frieden, Gesundheit und Befriedigung. 
    Bedingungslose Hingabe an die Wahrheit ist ein weiterer Schlüssel zu Vollkommenheit und Erfüllung.
    Eine aufrichtig demütige Haltung dem Leben, der Existenz, dem Dasein, dem Uni-versum gegenüber ist noch ein Schlüssel zu Erkenntnis und Weisheit. 

    Öffnen wir damit die Tore zu unserer wahren Natur, zu uns selbst. Lüften wir damit die Schleier der Unwissenheit, des Irrtums, der Täuschung. Lösen wir damit alle Grenzen, Begrenzungen und jede Trennung auf. Erkennen wir dadurch unsere tatsächliche Einheit, Ganzheit und Vollständigkeit.
    Das schließt ein einfaches und natürliches Leben nicht aus, sondern es besteht darauf, "normal" zu sein und zu leben. Mit Gesetzen und Werten, Ordnung und Moral, Familie und Gesellschaft, Verantwortung und Dienst. Doch alles entspringt unserem eigenen Herzen, ist von unserer Weisheit durchdrungen und wächst in echter, aufrichtiger Freiheit und Liebe. Und es ist von ehrlichem Mitgefühl geprägt.

    Leben wir, wie es uns aus unserem Verständnis richtig erscheint. Tun wir, was zu tun ist. Respektieren wir alles andere. Denken wir immer an die Liebe. Halten wir Geist und Herz offen und frei. Erkennen wir unsere wahre Natur und bleiben uns treu. Vertrauen wir unserer Weisheit und achten wir auf die Wahrheit.
     

    Teil IX
    Planen wir und bleiben wir offen.
    Analysieren wir und bleiben wir offen.
    ... und bleiben wir offen.

    Finden wir heraus, was Offenheit wirklich bedeutet. Das ist das Zauberwort zur Entdeckung von Freiheit und Liebe. Offenheit und Gelassenheit führen zu Weisheit und Mitgefühl und somit zum gesunden Menschsein.
    Bleiben wir losgelöst von Meinungen, Erwartungen, Glaubenssätzen, Vorstellungen, Wünschen, Erfahrungen, Erinnerungen, ..., indem wir sie als das erkennen, was sie wirklich sind: flüchtig, unbeständig, begrenzt, beschränkt, einseitig, mangelhaft, geringfügig, trügerisch, leer, illusorisch. Richten wir unsere Aufmerksamkeit mehr und mehr auf das unbegreifliche aber echte.
    Für Achtsamkeit, Offenheit und Gelassenheit. Werde ein Ritter des Herzens, der Liebe, der Freiheit und der Wahrheit.
    Lasse uns also herausfinden, was Liebe wirklich ist und was sie bedeutet. Lasse uns die wahre Natur der Dinge ergründen und zu echter Erkenntnis gelangen
    Seien wir also bereit, unserer Erkenntnis und Einsicht, dem, wovon wir als wahr, echt und richtig in unserem ganzen Wesen überzeugt sind, im Leben gerecht zu werden, in unserem Denken, unseren Gebeten und unseren Taten.

    Für Frieden, Freiheit und Glück im Herzen, im Geist, im Leben, in der Welt. Für uns und alle Wesen dieser und jeder anderen Existenz, hier, jetzt und in allen Zeiten.

    Teil X
    Vergessen wir nicht das, was wirklich wirklich ist. Das Geheimnis gut gehütet, daß es da nur eines gibt, und der einzelne, alles bewegend, vom Ganzen selbst bewegt ist. 
    Wir sind da, um zu leben und zu atmen. Wir wissen nicht, was der nächste Moment bringt, der nächste Tag, die nächste Situation.
    Der Mensch auf der ewigen Suche nach Halt kann echten Halt, Sicherheit und Stabilität nur in sich selbst finden, in Form von Liebesfähigkeit. Lieben heißt Leben. Entdecken und entwickeln wir unsere Liebesfähigkeit. 
    Es bleibt uns tatsächlich nichts anderes übrig, als zu lieben im reinsten, tiefsten und vollständigen Sinne.
    In der Liebe geht es immer um den Menschen, nicht um eine Sache, ein Konzept oder eine Idee. Es geht um die Wahrheit, um das, was tatsächlich der Fall ist. Und somit geht es um die vorhandene Freiheit, Offenheit und die Möglichkeiten darin, ohne auch nur irgend etwas auszuschließen. Strukturen müssen den Menschen dienen, genau wie Regeln, Konzepte, Techniken. Der Verstand muß also dem Menschen dienen. Wenn es umgekehrt ist trocknet alles darin aus, wird kalt, steif und trübe.

    Wer der Liebe dient, dient der Wahrheit, den Menschen, allen Wesen, dem Leben überall, so wie es wirklich ist in seiner wahren Natur.
    Die Liebe sieht sich selbst und ihre Qualitäten wie Offenheit, Freiheit, Mitgefühl, Möglichkeit, Wahrhaftigkeit, Klarheit, in allem und jedem. 

    Wir können keine Meinung halten und keine Antwort für den Verstand finden. Aber wir können uns demütig, offen, hingebungsvoll, mitfühlend und liebend, bedingungslos, vertrauend einlassen auf das, was ist. Das bedeutet, alles anzunehmen was kommt, wie es kommt und es direkt wieder gehen zu lassen. So sind wir offen für den nächsten Moment.
     

    Teil XI
    Wie wunderbar, wie wunderbar! Nichts scheint mir sinnvoller in unserem Dasein, als dieses zu ergründen.
    Hier ist keine Antwort, sondern lediglich was ich bisher zu Verstande bringen konnte. Überprüfen wir immer wieder, ob und wie es in unserem Herzen Resonanz findet. Ich denke, wir müssen lernen, mit dem Herzen und unserem ganzen Wesen zu verstehen. Meiner Erfahrung nach täuscht uns der Verstand maßlos und ist nur in der Lage, sehr eingeschränkt zu begreifen. Er kann die Wahrheit nicht fassen und nicht erkennen. Unser Wesen ist von Natur aus erleuchtet und wird vom Verstand getrübt und begrenzt. Der Geist ist immer klar und rein, offen und frei, genau wie unser Herz. Beachten wir also unsere Intuition und Weisheit genauer und verlassen uns nicht nur auf unser Verstandeswissen.

    Die Liebe sieht immer gleich aus, denn sie hat keine Form, keinen Inhalt und stellt keine Bedingungen. Was echt ist, kennt keine Veränderung. Was sich verändert hat keine verweilende Wirklichkeit und ist im Grunde nicht existent.
    Unsere wahre Natur ist weiter, größer und offener, als Prinzipien wie Mann und Frau oder andere Konzepte. Und sie ist von Dauer. Wir können sie nicht in Kategorien oder Konzepte zwängen, ohne sie zu beschneiden, zu trüben und zu entstellen. Wir können sie nicht auf Vergängliches, wie Dinge, Personen oder andere Identitäten übertragen. Und dabei ist sie, die reine Natur, nicht getrennt von allen Erscheinungen. Die Wahrheit ist die Täuschung, und die Täuschung ist die Wahrheit.

    Die Frage "Warum?" kann nicht beantwortet werden, weil nichts tatsächlich so ist, wie es erscheint. Aber die Erscheinung ist eine wahre Täuschung, und die Dinge sind auch nicht sonst irgendwie oder anders. Alles ist, wie es ist. Und es ist, wie es ist, weil es ist, wie es ist. Nichts ist von uns oder von einander getrennt. Es gibt nur ein einziges Ganzes, egal wie es erscheint, oder wie wir es sehen oder benennen. Es ist schlicht unbegreiflich und unbeschreiblich. Die Sprache, der Verstand sind viel zu beschränkt, viel zu klein, um auch nur annähernd fassen zu können, was dieses Mysterium der Existenz ist. Und doch ist es ganz einfach. Es ist, was wir sind. Und weil wir es sind, können wir es nicht sehen oder begreifen oder wissen. Wir können es nur sein. Und im reinen Sein, ohne etwas nach außen zu übertragen, können wir uns als das empfinden, was wir sind, ohne länger etwas oder jemand zu sein. So können wir es erkennen, für uns. Doch wir können es nicht mit dem Verstand verstehen, wir können es nicht erklären oder aussprechen. Reines Sein bedeutet Liebe, die alles sein läßt, wie es ist. Ohne Meinung, ohne Urteil, ohne Unterschiede, ohne Einschränkungen, ohne Begrenzungen, alles in sich wissend, nichts als etwas betrachtend, nichts benennend.
    So wie die Wahrheit in der Täuschung ist, weil sie selbst die Täuschung ist. Das heißt, das Eine ist im Vielen, und das Viele ist einzig das Eine, welches als vieles erscheint. Und es erscheint als verschiedenes und von einander getrenntes. So können wir also dieses Eine in allem und jedem erkennen, wenn wir den oberflächlichen, unterschiedlich erscheinenden Formen keine Bedeutung mehr geben. Wenn wir aufhören, daran zu glauben, daß Unterschiede Trennung oder Verschiedenheit bedeuten. Wenn wir aufhören, dem Vergänglichen dauerhafte Bedeutung zu geben. Wenn wir klar sehen und die Ding als das erkennen, was und wie sie wirklich sind. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit immer auf das Eine im anderen richten. 
    Und selbst wenn wir gar nichts anders machen, als bisher, sind wir, was wir sind, immer waren und immer sein werden. Es gibt nichts zu tun, packen wir es an. Gehen wir einfach weiter, immer weiter und weiter und weiter und ....
     

    Teil  XII
    Die Liebe, die wir empfinden für das, was wir am meisten und tiefsten lieben, müssen wir ausdehnen für alles und jeden. Mit dem entsprechenden Verständnis und Mitgefühl, mit derselben Offenheit und Toleranz, mit demselben Respekt und Vertrauen. Wenn wir unsere Kinder bedingungslos und hingebungsvoll lieben können, betrachten wir einfach alle als unsere Kinder, und entwickeln wir dieselbe Liebe für alle. Verstehen wir, daß jeder Fehler macht und sich täuscht. Entwickeln wir Verständnis und Mitgefühl. Vertrauen wir auf die kosmische Ordnung. Alles hat seinen Wert und Sinn, auch wenn wir es nicht verstehen können. Lassen wir uns auf das große Mysterium Leben und Lieben ganz ein, und wir werden erkennen. Seien wir bereit. Lieben wir uns selbst, und wissen wir uns vollständig und in völliger Ordnung. Immer! Weil es nicht anders sein kann. Nichts fehlt, nichts braucht anders zu sein. Seien wir für den Moment ganz da, lassen ihn weiterziehen, und seien wir so für den nächsten Moment wieder ganz offen. Kein Moment bleibt. Jeder Moment vergeht unverzüglich und vollständig. Es ist keine Zeit für irgend etwas anderes. Keine Zeit für Beschwerden, für Grübeleien, für Illusionen. Seien wir offen und be-reit. Öffnen wir uns und unsere Bereitschaft mehr und mehr. Darin werden wir uns begegnen.

    So wie wir das Liebenswerte, das Heilige, das Göttliche, das Unschuldige, in der Natur, in unseren Kindern, in unseren Partnern, in Heiligen und Weisen, in unseren Vorbildern, in Mythen und Sagen, in Helden und noblen Handlungen, oder wo und wie auch immer, sehen und erkennen, so können wir es auch in uns, in jedem und allem sehen. Und wenn wir es nicht sehen können, dann können wir es trotzdem überall als gegenwärtig wissen. Wie könnte es etwas geben, das nicht aus Liebe hervorgeht? 

    Warum nicht einfach offen sein und zugeben, daß die Dinge sind, wie sie sind, ohne sie zu benennen, zu beurteilen, zu trennen und einzuteilen? Ohne eine Idee davon zu haben, wie oder was sie sind. Warum sollen wir unseren "Senf" immer dazu geben, wo sich doch alles wunderbar um sich selbst kümmert? Und nichts braucht eine Bezeichnung, einen Status oder eine Bedeutung, einen Namen oder eine Beschreibung, um da zu sein, und um das zu sein und so zu sein, was und wie es eben ist. Darin liegt die Freiheit, in der alles auch wieder vergeht ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen. Außer in unseren Gedanken, wenn wir uns "eingemischt" haben. Doch von ihrer Natur aus verweilen alle Erscheinungen, Dinge, Situationen, Ereignisse, keinen Moment. Absolut nicht ein einziges Etwas ist von Dauer, weder von großer noch von geringer Dauer. Alles ist von keiner Dauer. Warum sollen wir uns nicht durch diese Wahrheit erleichtern und unsere Ideen aufgeben zu Gunsten der Liebe?

    Alle Erscheinungen belegen und beweisen durch ihren traumhaften, flüchtigen Charakter, durch ihre Veränderlichkeit und Vergänglichkeit, durch ihre Leere an eigenständiger Substanz, daß sie im Grunde von ein und derselben Ganzheit sind. Und darin sind sie in sich immer vollständig.Und wenn man das Verhältnis oder die Beziehung zwischen den Erscheinungen und ihrer Natur benennen will, könnte man es Liebe nennen.

    Wir können es Liebe nennen, wenn wir die eigentliche, wahre Bedeutung nicht aus den Augen verlieren.

    Teil XIII
    Es wird Zeit, daß wir den Begriff "Liebe" wieder erfüllen mit Wahrheit, Klarheit, Reinheit, Echtheit, Einigkeit und Ganzheit, und daß wir das Wort "Liebe" nicht nur gebrauchen, benutzen und mißbrauchen, um unsere Vorlieben auszudrücken. Liebe im vollständigen, reinen Sinn dehnt sich über jegliche Trennung und Gegensätzlichkeit hinaus aus. Sie schließt alles mit ein, ohne Ausnahme. Darin geht es nicht um "Mögen" oder "Nicht-Mögen". Darin gibt es keine Entscheidung, ob etwas liebenswürdig ist oder nicht.
    In echter, vollständiger Liebe ist alles gleich liebenswert, weil es darin nur eines gibt, ein Ganzes, totale Verbundenheit, absolute Einheit. Die Augen der Wahrheit und der Liebe schauen in allen Erscheinungen dasselbe Ganze, dieselbe Natur, denselben Urgrund.Liebe ist kein vorübergehendes oder sich veränderndes Gefühl, und sie ist auch nicht abhängig von unseren Feststellungen oder Vorstellungen, unserem Glauben, unserer Meinung, unserem Urteil, unseren Gedanken. Sie steht für sich selbst und macht sich selbst aus.

    Echte Liebe ist eine Haltung dem Leben mit all seinen Erscheinungen gegenüber. Es ist die Haltung des ewig bestehenden, unveränderlichen, klaren und stillen Urgrunds aller Vorkommnisse.
    Diese Haltung der Liebe drückt sich aus durch unerschütterliche Gelassenheit, unermeßliches Mitgefühl, unerschöpfliche Geduld, ewige Fürsorge, aufrichtiges Wohlwollen, klares und tiefes Verständnis, unbedingte Akzeptanz, neutralen Respekt, grenzenlose Offenheit, einen freien Geist ohne Erwartungen, ausnahmslose Zufriedenheit, lebendige Stille, direktes Handeln, Wahrhaftigkeit, Demut, Integrität, Ergebenheit. 
    Das alles und noch mehr findet in jeder Person, in jedem Wesen und Individuum, eine eigene einmalige Ausdrucksform und Handlungsweise. Welch ein Wunder!

    Viele Menschen ignorieren ihre Liebesfähigkeit. Vielleicht weil sie ein bestimmtes Bild, eine Idee, davon haben, was Liebe ist. Sie verachten damit ihre eigene Natur, welche im Grunde selbst Liebe ist. Diese Menschen mißachten und mißverstehen die Wahrheit der Existenz.
    Machen wir durch unsere eigene Haltung darauf aufmerksam. Es nutzt nichts, die Wahrheit zu beklagen. Und es nutzt auch nichts, sie zu predigen. Wir müssen sie leben! Wir können nur selbst offen und liebend bleiben. Lassen wir uns nicht dazu bewegen, uns selbst in Ignoranz zu verlieren. Nehmen wir die Liebe ernst! Denn Ignoranz bedeutet sicheres Leiden. Mit Ignoranz laden wir zur "Höllenparty" ein. Die Gäste sind Unwissenheit, Überheblichkeit, Gier, Zorn, Haß, Eifersucht, Mißverstehen, Irrglaube, Täuschung, Beschränktheit, und alle anderen Freunde des Leidens und des Übels. 

    Liebe hat keine Vorlieben und schließt nichts aus, hat keine Meinung und beklagt sich nicht. Obwohl die Liebe unserer Natur entspricht, empfinden wir dennoch Vorlieben und Abneigung. Wir sehen uns, wie wir Meinungen bilden und Dinge ablehnen. Die Liebe schließt auch das nicht aus, selbst die "Höllenparty" hat ihren Platz in der Liebe. Alles ist der Liebe Freund, auch Leid und Feinde.
    Für uns kann es nicht darum gehen, etwas abzutöten, auszumerzen, zu verleugnen, zu verneinen, zu erzwingen. Es geht vielmehr darum, klar zu sehen und zu erkennen, wie es wirklich ist und wie wir wirklich sind. Und es geht darum, von da aus, wo wir uns gerade befinden, der Liebe die erste und oberste Wichtigkeit, die meiste Aufmerksamkeit und die größte Bedeutung zu geben. Wie ein mexikanischer Dichter schreibt: "Liebe wen oder was du willst, aber höre nicht auf, zu lieben."
     

    Mögen alle offenen Herzens und offenen Geistes sein. Mögen alle die Liebe in sich erkennen. Mögen alle glücklich sein und durch ihre Haltung eine Atmosphäre von Frieden, Freiheit und Wahrhaftigkeit erzeugen und ausstrahlen. Jetzt und immer!

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