Liebe Leserinnen
und Leser,liebe Yogis und Yoginis,
immer wieder
werde ich von Schülern gefragt, ob ich denn als Yogalehrer auch
schon mal in Indien gewesen sei und ernte meist ungläubiges Staunen,
wenn ich das verneine. Oft entsteht daraus ein Gespräch über
die Universalität von Wissen und Weisheit, und dass wir dort, wo
wir gerade sind, uns am richtigen Ort befinden. Aber dennoch kann ich
nicht leugnen, dass die Wurzeln des Yoga, so wie er heute überliefert
ist, in Indien liegen und dass es sicher ein wunderbares Erlebnis ist,
diese, mit ein wenig Glück und Ausdauer, in Indien wiederzufinden.
Susanne Oberheidtmann
hat sich auf eine solche – innere wie äussere – Reise begeben und
einen beeindruckenden Reisebericht zusammengestellt, der auch die vielen
Unwägbarkeiten nicht unerwähnt lässt und den Eindruck
hinterlässt, das eine Indienreise, gerade für Yogapraktizierende,
auch eine Reise in die innere Welt sein kann...
Das Interesse
an Kundalini-Yoga nimmt stetig zu. Und es ist interessant, was in der
Yogawelt und auf dem "spirituellen Jahrmarkt" so alles unter dieser
Bezeichnung angeboten wird. Einen sehr authentischen Kundalini-Yoga
kann man u.a. in den Yoga Vidya Zentren kennenlernen. Sukadev schildert
in seinem Bericht die Grund-lagen und Möglichkeiten der Ausübung
des Kundalini-Yoga, so wie er von Swami Vishnu-Devananda gelehrt wurde.
Hierbei handelt es sich um einen Bereicht, den Sukadev für die
bundesweit erscheinende "Yoga Aktuell" verfasst hat und den wir gerne
auch im Yoga Vidya Journal veröffentlichen.
Allen Autoren
und Autorinnen, die ihren Beitrag zum Gelingen der neuen Ausgabe geleistet
haben, möchte ich an dieser Stelle herzlichst danken. Leider kommt
es immer wieder vor, dass Beiträge nicht mit dem Namen des Verfassers
bzw. der Verfasserin versehen sind und dass im langen Prozess der Journal-Entstehung
zum Schluss niemand mehr weiß, von wem der namenlose Beitrag stammt.
So geschehen mit dem "Liebesbrief aus Indien". Der Beitrag hat uns aber
so gut gefallen, dass wir nicht auf seine Veröffentlichung verzichten
wollten... Der oder die AutorIn möge sich also noch einmal bei
uns melden. Und ansonsten wie immer der Aufruf zur Mitarbeit. Wir freuen
uns über jeden Bericht, jedes Gedicht oder sonstigen im Geiste
des Yoga stehenden Beitrag und hoffen auf zahlreiche Zusendun-gen.
Viel Freude
beim Lesen wünscht Euch
Nataraj Matthias
Geis
Redaktion
Inhaltsverzeichnis:
Sukadev
Bretz:ich schreibe diese Neuigkeiten aus meiner Klausur
Neuigkeiten
vom BYV
Neuigkeiten
aus dem Haus Yoga Vidya
Neuigkeiten
aus den Yoga Vidya Zentren
Internet-Seite
www.yoga-vidya.de
Initiative
für den Weltfrieden
Eine
Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya
Ich
lebe...Von Hanspeter Sperzel
RETREAT
von Christine Schibura
Gedichte
Mein
Leben von H.K.
Die
Praktiken des Kundalini-Yoga von Sukadev Bretz
Bhagavad
Gita von Haripriya-Deepa Malavalli
Liebesbrief
aus Indien
Neuigkeiten von Yoga Vidya
(Stand: 31. Oktober 2001)
Liebe
Yoga-Freundin, lieber Yoga-Freund,
ich schreibe
diese Neuigkeiten aus meiner Klausur: Seit
15. September mache ich intensive spirituelle Praktiken, bin die meiste
Zeit in Mauna (Schweigen), fühle tiefe spirituelle Wonne und starke
Verbundenheit im Kosmischen. Ich bin sehr dankbar, daß ich die
Gelegenheit dazu habe. Herzlichen Dank allen Yoga Vidya Mitarbeitern,
die sich dafür sehr engagieren. Wie Du vielleicht weißt,
sind wir seit über einem Jahr auf der Suche nach einem größeren
Seminarhaus. Und bevor diese neue Aufgabe auf uns zu kommt, fühlte
ich, daß ich zuerst meine spirituellen Batterien neu aufladen
müßte, und meine Verbundenheit im Kosmischen vertiefen müßte.
So war diese Zeit der Klausur schon lange geplant. Ich bin dabei im
Haus Yoga Vidya, mache die Praktiken in meinem kleinen Meditationsraum
oder in der freien Natur. Ich habe hier einige starke Kraftplätze
gefunden, die ich fast als „Heilige Orte“ bezeichnen will. Meine Klausur
wird unterbrochen werden durch den Kongreß, an dem ich teilhaben
werde und abschließen, entweder wenn die offiziellen Verträge
für das neue Seminarhaus unterzeichnet sind, oder spätestens
am 15. Dezember.
Eines wird mir
täglich von Neuem klar: Überbewußtsein, Erfahrung des
Göttlichen, ist nicht etwas in ferner Zukunft. Es ist, wie Patanjali
im ersten Wort seines bekannten Yoga-Sutra sagt, „Atha“, „jetzt“. Wir
sollten unser Glück nicht verschieben, nicht denken „in 10 Jahren“,
sondern erkennen: Sowie ich im „Jetzt“ abin, bin ich in der Wonne, bin
ich im Göttlichen, „bin ich“. Zwar ist es auch richtig, Geduld
zu haben: Karma ist auszuarbeiten, spirituelle Energie (Prana) ist anzusammeln,
der Geist ist zu schulen und das Unterbewußtsein umzustrukturieren,
und dies braucht seine Zeit. Trotzdem: „Atha - jetzt“ können wir
einen Strahl von Licht erfahren. „Atha - jetzt“ ist Gottes Gegenwart
erfahrbar. Und wir sollten immer wieder innehalten und ganz in dieses
„Atha - jetzt“ eintauchen. Und ganz schnell kann Gereiztheit, Unruhe,
Depression etc. verschwinden. Ein Baum, der Himmel, sogar das Brummen
den PCs - alles kann zur Offenbarung werden.
Obgleich mein
Geist momentan eher zu solchen Gedankenflügen neigt, werde ich
mich jetzt zur Ordnung rufen und doch über Neuigkeiten schreiben...
zum
Inhaltsverzeichnis
Neuigkeiten
vom BYV
Der Yoga Vidya
Kongreß 2001 16.-18.11. verspricht ganz besonders großartig
zu werden. Vielen Dank an Amba (Anna Popiel-Hoffmann) für die Organisation!
Die Yogakurs-Krankenkassenfinanzierung
hat sich wieder geändert: Die meisten Krankenkassen wollen jetzt
eine 2-jährige Yogalehrer Ausbildung von anerkannten Instituten
(wir gehören dazu) PLUS universitäre Ausbildung im Bereich
des Päda-gogisch-/Psychologischen. Genauere Details kann Dir gerne
Suguna Langer (Tel. 02685-8002-0 Email:Suguna@yoga-vidya.de)
geben. In den Kursen unserer Yoga Vidya Zentren spielt die Krankenkassenfinanzierung
aber so gut wie keine Rolle.
Die Mitgliederzahl
des Bundes der Yoga Vidya Lehrer steigt und steigt. Seit letztem Jahr
sind viele neue Mitglieder dazugekommen, sodaß wir jetzt fast
400 Mitglieder haben.
Yoga Vidya Kooperations-Zentren
Unser neues Konzept
„Yoga Vidya Kooperations-Zentren“ hat sich schon sehr be-währt.
Schon 8 neue Yogaschulen sind entstanden:
Yoga-Vidya Center
Ganga Kegel, Herrnsheimer Hauptstrasse
54b, 67550 Worms Herrnsheim ,Tel.: 06241 / 267312, Mobil: 0179 / 6238617,
E-Mail: worms@yoga-vidya.de
Yoga Vidya Zentrum
Augsburg, Helmschmiedstrasse 3, 86154
Augsburg, Tel.: 0821/522889 oder 605926, E-Mail:Augsburg@Yoga-Vidya.de
Yoga Vidya Center
Silke Füllbier, Marienköpfchen
26, 56651 Oberzissen , Tel. 026 36 - 97 05 25, Kto-Nr 8514002 Blz
577 513 10, Kreissparkasse Ahrweiler, E-Mail:oberzissen@yoga-vidya.de
Yoga Vidya Zentrum
Möhnesee, Renate Jobmann, Bahnhofstr.
12, 59519 Möhne-see-Wamel, Telefon: 02924 /810818, E-Mail: moehnesee@yoga-vidya.de
Yoga-Vidya Center
Cottbus Ines Noack-Schmidt, Karl-Liebknecht-Str.9
(gegenüber Galeria Kaufhof), 03046 Cottbus, Tel. 0355-4948728,
Fax 01212 - 520170154, E-Mail: Cottbus@Yoga-Vidya.de
Yoga-Vidya Center
Ursula Krause, Geraer Str. 49, 04600
Altenburg, Tel. 03447-896906/C.:03447 895333
Yoga Vidya Center
Rajeshwari Waibel, Dörflistrasse
30 CH-8057 Zürich-Oerlikon Tel. ++41-1-845 16 66 Fax: ++41-1
845 19 69 E-Mail: info@yoga-vidya-center.ch,
Homepage: www-yoga-vidya-center.ch
Yoga-Vidya Zentrum
Saar, Claudia Zingraf, Daarler Villa,
Saargemünder Straße 19, 66119 Saarbrücken, E-Mail: saar@yoga-vidya.de, internet www.hathayoga.de
Besonders stolz
sind wir auf das Züricher Center, welches das erste Yoga Vidya
Center außerhalb Deutschlands ist.
Unser Ziel ist
es, in ein paar Jahren in jeder Gegend in Deutschland und vielleicht
auch den umliegenden Ländern ein Yoga Vidya Zentrum zu haben. Yoga
wird in-zwischen überall unterrichtet: Volkshochschulen, Fitness-Studions,
Reha-Kliniken, Großfirmen, Kirchengemeinden, etc. Und weil das
Interesse an Yoga immer mehr zunimmt, werden auch dafür weiterhin
mehr Yogalehrer/innen gebraucht. Aber was noch dringender gebraucht
wird, sind echte Yoga-Zentren, in denen die Tiefe des Yoga erfahren
und die Gesamtheit des Yoga unterrichtet werden kann, in denen sich
eine spirituelle Energie aufbauen kann, die Lichtpunkte von Frieden
und Kraft werden. Das Interesse ist da, wie die z.T. sehr großartigen
Eröffnungen dieser Zentren gezeigt haben. Was jetzt gebraucht wird,
sind Menschen, die den Mut haben, ein eigenes Yoga Vidya Zentrum zu
eröffnen. Der Yoga Vidya e.V. leistet dabei vielfältige Formen
der Hilfestellung. Wenn Du interessiert bist, nimm bitte Kontakt auf
mit Padmakshi Berger (Tel. 02685-8002-30 oder 8002-0, Email padmakshi@yoga-vidya.de)
Umstrukturierungen
im Yoga Vidya e.V.
Im Zuge meiner
Klausur haben wir einige organisatorische Veränderungen vorgenommen:
Keshava Schütz ist jetzt Ashramleiter im Haus Yoga Vidya, und soll
es auch bleiben nach dem Ende meiner Klausur. Manohara Wahl, Leiter
des Yoga Vidya Centers Köln, ist Koordinator der vereinseigenen
Yoga Vidya Zentren, und Padmakshi Berger ist Koordinatorin der Yoga
Vidya Kooperationszentren. So hoffe ich, auch nach der Klausur von den
bisherigen administrativen Tätigkeiten weitestgehend befreit zu
sein, und mich mehr dem Unterrichten, dem Schreiben von Büchern
und Artikeln, spiritueller Unterweisung sowie dem Aufbau des größeren
Ashrams widmen zu können.
zum
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Neuigkeiten
aus dem Haus Yoga Vidya
Das Haus Yoga
Vidya hat sich dieses Jahr weiter entwickelt. Nach der Beseitigung der
Brandschäden strahlt das Büro in neuem Glanz. Ein zusätzliche
Badezimmer im 1. Stock des Gästehauses wurde eingerichtet. Einige
Renovierungsarbeiten in den Gästezimmern wurden in Angriff genommen.
Wegen der weiter
steigenden Gästezahl und die wachsende Zahl der zu betreuenden
Yoga Vidya Zentren haben wir das Team gegenüber letztem Jahr um
5 Vollzeit-Mitarbeiter auf 29 erweitert. Das Haus platzt aus allen Nähten
- sicherlich eine sehr intensive und energetische Zeit. Wir hoffen,
in den nächsten Monaten das zweite Seminarhaus zu eröffnen,
welches dann der Hauptsitz von Yoga Vidya werden soll.
Unser Bauantrag
zur Erweiterung des Hauses ist genehmigt worden. Nächstes Jahr
werden wir voraussichtlich anstelle des ehemaligen Eßzeltes einen
gemütlichen Speisesaal errichten mit einem weiteren Büroraum,
Platz für eine oder 2 Telefonzellen für Gästetelefone,
weiteren WCs und in einem Stockwerk darüber Zimmer für Mitarbeiter.
Wir haben auch die Genehmigung, das Gästehaus um ein Stockwerk
zu erhöhen und einen weiteren Yogaraum vor dem Gästehaus zu
errichten. Dies soll aber erst in ein paar Jahren in Angriff genommen
werden. Du siehst: Das Haus Yoga Vidya im Naturparadies Rhein-Westerwald
bleibt nicht nur trotz Verlagerung des Hauptsitzes weiter bestehen,
sondern es wird weiter ausgebaut. Für unsere Gäste wird dieser
starke Kraftplatz noch mehr zu einem Hort von Ruhe, Erholung, Inspiration
und Energie werden.
Über die
Suche nach dem größeren Seminarhaus schreibe ich lieber nicht
zu viel. Vielleicht hat sich da schon etwas entschieden, wenn Du dieses
Journal in den Händen hast. Nur so weit: In den letzten Monaten
haben wir über 2000 Angebote erhalten, Dieter Hehn hat sich mehrere
Dutzend Häuser angeschaut, z.Z. dieses Artikels (31.10.) sind wir
in engeren Verhandlungen bzgl. 4 Standorten (Nieder-sachsen, Oberhessen,
Vogelsberg, Thüringer Wald). Das ursprüngliche Projekt „Yoga-Dorf“
hatte sich im Frühjahr verschoben, da nicht genügend Interessenten
zum Einzug bereit waren. Daher soll zuerst das größere Seminarhaus
errichtet werden, und in ein paar Jahren kann eventuell das Yoga-Dorf-Initiative
drum herum entstehen.
Neuigkeiten
aus den Yoga Vidya Zentren
Das neue Yoga-Vidya
Zentrum in Mainz hatte einen fulminanten Beginn: Über 500 Gäste
bei der Einweihung am 3. Oktober, insgesamt über 2000 Besucher
in den ersten 2 Wochen. Es ist das größte Yoga Vidya Zentrum
und ist fast wie ein Ashram: Vier Aspirant/innen wohnen dort (neben
den Zentrumsleitern Gopi und Atmaram Bretz sind dies Madhava und Allan),
es ist Platz für weitere Interessenten. Eine ganze Reihe von erfahrenen
Yogalehrer/innen unterrichtet dort. Neben den Kursen, offenen Stunden
und Yogalehrer-Ausbildungen finden täglich morgens und abends Meditation
und Mantra-Singen statt. Es ist sogar möglich, dort zu übernachten
und an Wochenendseminaren teilzunehmen. In kurzer Zeit hat das Zentrum
eine sehr starke spirituelle Ausstrahlung und Heilenergie bekommen.
Auch das im Januar
eröffnete Yoga Vidya Zentrum in Essen hat sich recht schnell recht
gut etabliert. Maharani und Savitri leisten sehr gute Arbeit.
Das Kölner
Yoga Vidya Zentrum hat einen beständigen Auftrieb. Manohara leitet
das Zentrum, assistiert von Alex.
In Frankfurt
heißt der neue Zentrumsleiter Gopala, unterstützt von Daniele,
Britta und vielen ehrenamtlichen Yogalehrer/innen und Helfer/innen.Das
Koblenzer Center wird weiterhin von Rafaela mit viel Liebe und Hingabe
geleitet.
Internet-Seite
www.yoga-vidya.de
Wußtest
Du schon, daß
- die Yoga Vidya
Website ein Hort an Informationen zum Thema Yoga mit inzwischen über
7000 (!) Dateien ist
- unser monatlicher
Newsletter über 4000 Abonnenten hat (abonnieren: www.yoga-vidya.de/
newsletter.htm)
- wir mit über
1000000 Seitenzugriffen Europas meist besuchte Yoga Internetseite haben
- falls Du irgendetwas
über Yoga suchst, Du nur den Begriff in unsere eigene Suchmaschine
einzugeben brauchst
- wir 2 Yoga
- Foren haben, auf denen Du Dich mit anderen Yoga Interessenten austauschen
kannst. Diese Yoga-Foren sind meines Wissens Deutschlands beliebteste
Foren
- Du auf einer
„Fragen zum Yoga“-Seite vielfältigste Ratschläge bekommen
kannst
- auf den Seiten
ein umfangreiches Sanskrit-Lexikon ist
- Du sogar Mantras
hören kannst
- es einen täglichen
Newsletter gibt mit täglichen Inspirationen aus der Feder von Swami
Sivananda
- auch die einzelnen
Yoga Vidya Zentren eigene Newsletter herausgeben
- Du hier frühere
Ausgaben des Yoga Vidya Journals finden kannst, ebenso wie zahlreiche
Bücher
Wir würden
gerne diese Seiten erweitern und suchen dafür insbesondere
- Erfahrungsberichte:
Wie bin ich zum Yoga gekommen?
Oder: Wie hat
Yoga mein Leben verändert
- Artikel über
Asanas, Pranayama und Entspannungstechniken
- Alle möglichen
anderen Artikel, Photos etc.
Falls Du also
einen PC besitzt, schreibe etwas! Monatlich 100000 Besucher sind sehr
dankbar dafür!
zum
Inhaltsverzeichnis
Initiative
für den Weltfrieden
Die Ereignisse
seit dem 11. September haben das subjektive Gefühl von Sicherheit
erschüttert. Sie zeigen, daß Krieg, Vernichtung und Bedrohungen
nicht nur in Ländern der 3. Welt und auf dem Balkan zu finden sind,
sondern auch uns in unserer scheinbar so sicheren Welt jederzeit heimsuchen
können.
Swami Vishnudevananda
(1927-1993), der Meister, in dessen Tradition wir stehen, hatte in den
Siebziger und Achtziger Jahren vielfach vor Terroristen - Attacken größeren
Ausmaßes gewarnt. Er hatte in einem Vortrag, den ich Anfang der
Achtziger Jahre selbst gehört habe, gesagt: "Terroristen brauchen
bloß ein Flugzeug zu entführen und auf das World Trade Center
zu lenken. Und im Nu werden 10000 Menschen tot sein". Swami Vishnudevananda,
der spürte, daß Frieden und Menschlichkeit auch im 21. Jahrhundert
nicht automatisch kommen würde, empfahl gegen Haß, Krieg
und Terror:
(1) täglich Friedensgebete: Jeder sollte jeden Tag mindestens 1 Minute
lang Ge-danken von Licht, Liebe und Frieden in die Welt schicken. Im
Haus Yoga Vidya singen wir jeden Tag von 19 -20 Uhr 1 Stunde lang das
Mantra "Om Namo Naraya-naya" für den Weltfrieden. In allen Yoga
Vidya Zentren werden alle Yoga-Stunden und Meditationen mit Friedensgebeten
begonnen und beschlossen. Es wäre schön, wenn alle Leser dieses
Yoga Vidya Journals jeden Tag Gedanken oder Gebete des Friedens ausschicken,
sei es mit dem Mantra "Om Namo Narayanaya",sei es in dem sie mehrmals
geistig wiederholen "Möge Friede auf Erden sein". Haß gebiert
Haß. Und nach der YogaLehre steigt dieser Haß in die Gedankenwelt
(Akasha Chronik) auf und bildet machtvolle schwarze Gedanken Wolken.
Diese Gedankenwolken regnen dann in Form von Kriegen, Terror-Anschlägen
und Leid. Je mehr Menschen Gedanken des Friedens ausschicken, um so
stärker kann die Kraft des Hasses gemildert werden. Laßt
uns lichte Gedankenwolken des Friedens und der Liebe erzeugen
(2) intensive Praxis von Yoga und Meditation: Wenn man durch intensive Praxis
zu seinem unsterblichen Wesenskern gelangt, braucht man keine Angst
zu haben vor was auch immer uns noch bevorsteht.
(3) Friedvoll sein in den Beziehungen zu anderen Menschen, insbesondere
gegenüber Andersgläubigen, Angehörigen anderer Religionen,
Nationen und Völker
(4) Sich engagieren für den Frieden. Swami Vishnudevananda setzte sogar
sein Leben aufs Spiel, indem er 1983 für den Frieden in einem Ultra-Leichtflugzeug
von West- nach Ostberlin flog und Anfang der Siebziger Jahre von Israel
nach Ägypten über den Suez-Kanal. Jetzt können wir insbesondere
an Friedens-Märschen, -Gottesdiensten, und -Gedenkminuten teilnehmen.
(5) Weitergeben der Weisheit von Yoga und Meditation: Vor der Tatsache,
daß die Menschen heute gegenüber früher undenkbare Möglichkeiten
haben, andere zu vernichten, und sogar das Leben auf dem Planeten auslöschen
können, ist die Weitergabe des spirituellen Wissens vordringliche
Aufgabe geworden. Wenn eine ausreichend große Minderheit dazu
veranlaßt werden kann, Frieden in sich zu finden und zum Kanal
göttlichen Lichtes zu werden, kann dies das Bewußtsein der
Mehrheit verändern.
In dieser Situation
wollen wir uns daher noch mehr engagieren, spirituelles Wissen wie auch
Techniken zur Erlangung von innerem Frieden weiter zu geben. Ich glaube,
dies ist das dringendste Gebot der Stunde. Vielleicht gibt es einen
Grund, warum gerade in diese Zeit dieser Katastrophe unsere Bemühungen
fallen, ein größeres Yoga Seminarhaus zu finden. Es ist zwar
bisher immer noch daran gescheitert, daß wir bisher noch nicht
ausreichend finanzielle Mittel gefunden haben. Aber vielleicht wird
uns die Kosmische Intelligenz gerade jetzt in dieser Situation die Mittel
dafür zur Verfügung stellen.
Wir hoffen und
beten, daß solche Terroranschläge nicht wiederholt werden,
und beten auch für das afghanische Volk.
Loka Samasta
Sukhino Bhavantu -
Mögen alle
Wesen Glück und Harmonie erfahren.
Om Shanti Shanti
Shanti
Frieden Frieden
Frieden
Herzlichst
Sukadev Bretz
und Dein Yoga
Vidya Team
zum
Inhaltsverzeichnis
DEM HIMMEL SO
NAH.....
Eine
Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya
von Susanne
Oberheidtmann
Eine Tagesreise
von Delhi entfernt liegt der kleine Sivanandaashram nahe bei Uttar Kashi,
einer kleinen Stadt im Himalaya. Er wurde 1993 von Swami Vishnu Devananda
gegründet und liegt wunderschön in einem Tal direkt am Ganges.
Der ideale Ort für mich, wie ich dachte und machte mich auf die
lange Reise
Anreise:
Um es gleich
vorweg zu sagen, die ersten zwei Tage war ich nicht gerade vom Glück
verfolgt. Nach einem sehr entspannenden Flug wartete ich nachts in Delhi
am Flughafen vergeblich auf die Leute vom Delhi Sivananda Zentrum, die
mich und Swami Mahedevananda, der Leiter des Ashrams in Kerala, abholen
sollten (natürlich nur den Swami, ich war nur zufällig auf
dem Flieger). Oder besser gesagt, wir sollten auf dem gleichen Flieger
sein, was aber nicht der Fall war. Also packte ich meine Sachen und
strebte gen Taxistand. Gleich darauf lieferte ich mir eine handfeste
Feilscherei mit einem Taxifahrer, der einen lächerlich hohen Preis
verlangte. Nachdem wir uns geeinigt hatten, ging es in die dunkle Nacht
hinaus und nach einer Weile wurde mir doch etwas mulmig. Der Fahrer
hielt x-mal an, um nach dem Weg zu fragen. Es war stockdunkel, kaum
jemand auf der Straße und es war alles andere als vertrauenserweckend.
Endlich kam ich gegen 2.00 Uhr morgens im Zentrum an, klingelte die
Bewohner aus dem Bett...und erfuhr, daß ich bereits gestern erwartet
worden war! Ein kleines Mißverständnis. Na ja, um 6.00 Uhr
sollte es weiter gehen nach Haridwar per Zug, nur hatte man mir jetzt
kein Ticket besorgt, da ich ja nicht erschienen war... Dennoch schloß
ich mich nach 1 1/2 Stunden Schlaf den anderen (Swami und Begleitung)
an, wir fuhren zum Bahnhof... um zu erfahren, daß der Zug zum
Bersten voll war und ich keine Chance auf ein Ticket hatte. Also mußte
ich zurück ins Zentrum, nicht gerade begeistert. Nach etwas Schlaf
fuhr ich dann wieder zum Bahnhof, um mir ein Ticket für den anderen
Tag zu organisieren... um zu erfahren, daß die nächsten Tage
alle Züge wegen Ferien in Indien ausgebucht waren, die Busse streikten
und überhaupt ganz Indien auf den Beinen war. Ich war bedient.
Sollte es das schon gewesen sein? Ich überlegte ernsthaft, ob es
nicht sinnvoller war, meinen Kram zu packen und wieder nach Hause zu
fliegen. Vielleicht sollte es nicht sein. Aber ich wollte unbedingt
nach Uttar Kashi, ins Sivanandazentrum am Fuße des Himalaya, da
hatte ich mich so drauf gefreut. Also entschied ich spontan, meine Urlaubskasse
zu plündern und für einen horrenden Preis ein Auto nebst Fahrer
bis Haridwar zu mieten. Von dort sollte ich dann von Sundar, dem Leiter
des Ashrams, der bei Swamis Begleitern dabei war, oder von einem Karmayogi
abgeholt werden.
Ich verbrachte
also noch ein paar Stunden in Delhi (mehr brauche ich da auch nicht),
genoß das leckere Essen im Zentrum, die Yogastunde und abends
eine Puja! Das Zentrum in Delhi ist neu und sehr schön, mit einem
großen Yogaraum und einer Dachterrasse.
Abends legte
ich mich auf meine Matratze in der Hoffnung, daß der nächste
Tag etwas erfolgreicher als bisher verlaufen würde.
2. Tag
Morgens geht
es los, das Taxi ist sogar fast pünktlich. Fünf Stunden
völlig chaotischer Verkehr, ständiges Gehupe, Abgasgestank,
Schlaglöcher, sengende Hitze. Rechts und links der Straße
das typische Indienbild, buntes Treiben, Müllberge, viel Armut
und Dreck, herumliegende Kühe, aber auch lachende, spielende Kinder,
wunderschön gekleidete Frauen und geschmückte Hindutempel.
Manchmal, wenn
der Verkehr wieder besonders brenzlig wird und ein Laster in vollem
Tempo frontal auf uns zukommt, schließe ich einfach die Augen
und schicke ein OM NAMAH SHIVAYA zum Himmel, aber irgendwie gelingt
es dem Fahrer tatsächlich, uns sicher nach Haridwar zu bringen.
Dort habe ich ein ‚blind date‘. Jemand vom Ashram wird mich am Bahnhof
abholen, und wir werden uns daran erkennen, daß wir beide Sivananda-T-Shirts
tragen. Und siehe da, nach einigen Minuten Wartezeit kommen zwei strahlende
junge Männer auf mich zu. Sie verladen meinen Rucksack und mich
auf die Rückbank eines Jeeps und weiter geht’s. Von dort aus sollen
es noch ca. zwei Stunden Fahrzeit sein, dachte ich jedenfalls. Als einer
von beiden auf meine Frage, wann wir denn ankommen, strahlend „six o’clock“
sagt, dachte ich, er macht einen Scherz, es ist gerade 13 Uhr! Leider
ist es keiner, es sollten noch 5,5 Stunden Jeepfahrt vor mir liegen!
Wir fahren am
heiligen Platz am Ganges in Haridwar vorbei, wo jeden Tag bei Sonnenauf
und untergang ein Arati abgehalten und schwimmende Kerzen in den Fluß
gesetzt werden. Rishikesh sehe ich nur kurz, dann geht es hinauf in
die Berge. Der Jeep rast in einem halsbrecherischen Tempo die Serpentinen
entlang, in jeder Kurve laut hupend. Der Straßenrand ist nicht
befestigt, wenn ich rechts aus dem Auto schaue, geht es in die Tiefe.
Unten fließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem
Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande,
wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze.
Die Landschaft
ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer,
klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich
von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht
so gewohnt.
Als wir endlich
ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich
werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich
möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett
ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung,
daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda
schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine
Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben?
Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf.
3. Tag
Um fünf
Uhr morgens geht die Glocke. Ich schäle mich aus dem Bett und gehe
zum Satsang. Bald ist es hell und endlich sehe ich den Ashram im Sonnenlicht!
Es ist ein sehr kleines Gelände mitten im Tal, hübsch
angelegt mit Blumenkästen und einer kleinen Wiese. Der Ganges fließt
direkt vorbei, auf der anderen Seite bewaldete Berge. Eine Brücke
aus Holz führt zur anderen Seite, auf der einige wenige Häuser
zu sehen sind. Die Zimmer sind klein, aber o.k. Die Meditationshalle
ist sehr klein, es wird gerade eine größere gebaut. Es gibt
zwei Warmwasseranschlüsse, der Rest ist kalt. Geduscht wird nach
indischer Methode mit Eimern, die mit heißem Wasser gefüllt
werden, Toilettenpapier gibt's keins. Für mich mal wieder eine
Premiere, nur die linke Hand zu benutzen, nach einigen Tagen völlig
nebensächlich. Mit anderen Worten, alles sehr einfach und nichts
für Luxusgewöhnte!
Es gibt eine
überdachte Terrasse, auf der die Yogastunden abgehalten werden,
was mir gut gefällt, da man direkt auf den Ganges schauen kann.
Meine Stimmung
steigt von Stunde zu Stunde. Seltsamerweise bin ich trotz wenig Schlaf
nicht sehr müde. Nach dem Satsang, der dem in Oberlahr ähnelt
(zusätzlich gibt es noch ein sehr schönes Gangesarati), gibt
es Chai, den köstlichen indischen Tee (mittlerweile mein Grundnahrungsmittel),
dann die Asanastunde. Da heute Sonntag ist, fällt Karmayoga und
die Yogastunde am Nachmittag aus. Sonntags kommen die Menschen aus den
Bergdörfern in den Ashram und bekommen hier kostenlos Medizin.
Die Asanastunde dauert zwei Stunden und gefällt mir gut. Es tut
mir so gut, mich mal wieder zu bewegen und zu dehnen, Himalayaluft strömt
durch meine Adern und gibt mir neue Kraft. Gelehrt wird die klassische
Rishikeshreihe, jeweils zwei Stunden morgens und nachmittags, nach einer
Woche steht mir der Sinn mal nach etwas Abwechslung, dennoch merke ich
von Tag zu Tag meine Fortschritte.
Anschließend
wird gegessen. Wir sitzen auf der Terrasse in zwei Reihen gegenüber
auf ausgerollten Teppichen, je einen großen Teller, eine Schüssel
und einen Becher vor uns. Zwei Inder gehen mit Eimern herum und füllen
Reis, Dhal und Gemüse auf Teller und Schüssel. Besteck gibt
es keins, gegessen wird mit den Fingern der rechten Hand. Mal wieder
eine Premiere und ziemlich ungewohnt. Das Essen incl. Chapatis ist köstlich.
Wir sind ca.
10 Gäste und 10 Ashrambewohner, ein angenehm kleiner Kreis und
total international. Amerikaner, Kanadier, Deutsche, Franzosen, alles
dabei. Der Ashram hat Kapazität für ca. 15-20 Gäste,
was ich sehr schön finde, da ich keine Freundin von yogischen Massenveranstaltungen
bin. Man kommt schnell ins Gespräch, nach einigen Tagen ist es
wie in einer Familie. Mit einigen habe ich bis heute Kontakt, was sehr
für die Intensität und die Vertrautheit spricht, die dort
herrscht.
Nach dem Essen
fahren wir die 8 km nach Uttar Kashi, d.h. wir halten einen alten Lastwagen
an, der uns auf der Ladefläche mitnimmt. Wir sechs haben viel Spaß,
die rasante Fahrweise und den Abgrund in die Schlucht übersehe
ich geflissentlich.
Danach schlendern
wir durch die kleinen, typisch indischen Straßen, "shoppen" ein
wenig und trinken Chai in den kleinen indischen Teeshops.
Zurück im
Ashram beschließen wir, ein kleines Bad im Ganges zu nehmen. Aber
das Wasser ist so kalt, daß es nur für Füße und
Gesicht reicht. Sunda, unser Ashram"chef", versichert mir aber, daß
auch das schon zur Sündenreinigung reicht. Na also...
Das Wasser des
Ganges ist klar und grün, wie ein Wildbach in den Schweizer Bergen
mit ziemlich starker Strömung. Kaum zu glauben, daß das der
gleiche Fluß ist, den ich sonst kenne, völlig dreckig und
sehr breit. Ich lasse das Wasser über meine Füße laufen
mit dem Wissen, daß es heiliges Wasser ist. Beim Gangesarati morgens
und abends wenden wir uns dem Ganges zu und singen ein Mantra für
Ganga, was ich sehr schön finde. Der Ganges hier wird natürlich
wie überall in Indien sehr verehrt, immerhin ist die Quelle nicht
weit und damit das Wasser besonders heilig. Es kann Einbildung sein,
aber ich fühle mich danach wirklich etwas gereinigter, auch von
innen, angefüllt mit neuer Kraft. Der Depri von gestern ist wie
weggeblasen, ich fühle mich sehr wohl an diesem Ort mit Menschen,
die das Gleiche wollen wie ich, einige Zeit diese spirituelle Umgebung
auf sich wirken zu lassen und Yoga zu praktizieren. Und daß diese
Gegend voller energetischer Schwingungen ist, merke selbst ich als geborene
Skeptikerin, die erst mal alles hinterfragt, sofort. Welch ein Geschenk!
Nach dem Abendessen
ist eine Pause bis zur Meditation. Ich sitze auf meiner kleinen Terrasse
vor meinem Zimmer und schaue auf den Ganges, der immer mehr in der Dunkelheit
verschwindet. Fledermäuse fliegen haarscharf an meinem Kopf vorbei
und auch über fehlende Insekten kann ich mich nicht beklagen, es
kreucht und fleucht überall (ich schaue besser nicht genau hin...).
In meinem Zimmer
bleibe ich weitgehend verschont, außer einer dicken Spinne, die
in der Holzdecke wohnt und ab und zu direkt über meinem Bett Namaste
sagt. Ich vereinbare mit ihr einen Sicherheitsabstand, an den sie sich
auch strikt hält, also darf sie bleiben. Es gibt kaum Moskitos
und was mich am meisten freut, keine Kakerlaken! Wahrscheinlich ist
es ihnen dort oben zu kalt, denn besonders morgens ist ein dicker Pulli
und Socken angesagt! Aber sobald die Sonne kommt, wird es wunderbar
warm.
Jetzt bin ich
sehr froh, daß ich hier bin, und ich freue mich auf die nächsten
Tage.
Einige sind krank,
besonders Erkältung und Magenprobleme, was aber nicht vom Essen
kommt, denn das ist absolut o.k. Manche trinken das Wasser direkt aus
der Leitung und das ist auch bei frischem Gangeswasser absolut schlecht
für westliche Mägen! Ich verteile meine mitgebrachte Medizin
und hoffe, daß ich verschont bleibe.
4. Tag
Der Tag verläuft
friedlich. Der Zeitplan ist wie in Oberlahr, allerdings wird bereits
um 5 Uhr aufgestanden, dann von 5.30-7.00 Uhr Satsang, 7.30 Uhr Yoga,
10 Uhr Lunch, 11 Uhr Karmayoga, 13.30 Uhr Tee, 16.00-17.45 Uhr Yoga,
18 Uhr Abendessen, 19.30 Uhr Satsang, 21.30 Uhr Licht aus.
In den Pausen
relaxe ich, genieße die Natur, sitze am Ganges, lese, erzähle
mit den Mityogis. Fast vier Stunden Yoga am Tag ist mir ein bißchen
viel, mal sehen, wie es mir die nächsten Tage damit ergehen wird.
Am Mittag kommen
Kinder aus den Nachbardörfern, um uns zu besuchen und zu begrüßen.
Sie sind überhaupt nicht scheu, lachen und winken und rufen ununterbrochen
das unvermeidliche "Namaste". Allerdings begehe ich den Fehler, ihnen
ein paar Kekse zu geben und schon habe ich einen ganzen Schwung auf
der Terrasse. Suksmita, Mitarbeiterin im Ashram, rät mir dringend
davon ab, da ich sie dann nicht mehr loswerde für die nächsten
zwei Wochen.
Jennifer, eine
Kanadierin, und Suksmita bearbeiten mich, ein Drei-Tages-Trekking zur
Gangesquelle mitzumachen, aber ich scheue noch davor zurück.
Meine Stimmung
ist immer noch gut, außer ein paar Müdigkeitsaussetzer, aber
das schiebe ich auf den Jetlag.
6. Tag
Heute morgen
gibt es anstatt Satsang eine Gehmeditation. 1 1/4 Stunde am Gan-ges
entlang in das kommende Tageslicht hinein und über einer Brücke
zurück auf der anderen Seite, die Luft ist klar und frisch, der
Tag beginnt. Schweine- und Kuh-hirten kreuzen unseren Weg, die einzelnen
kleinen Berghäuser erwachen zum Leben. Unser Sunda wird von jedem
begrüßt, hier kennt jeder jeden. Die Kinder falten die Hände
vor der Brust, lachen und grüßen "Namaste", selbst die kleinsten.
Es ist so friedlich hier, obwohl die Armut aus allen Ecken zu schreien
scheint. Aber die Leute scheinen mit sich zufrieden. Die Kinder haben
kein Spielzeug und laufen in völlig alten Sachen herum, aber ihre
Augen strahlen und sie scheinen glücklich.
Nach dem Yoga
beschließe ich, in die "Stadt" nach Uttar Kashi zu fahren, um
einige Besorgungen zu machen. Auf den 8 km dahin halten regelmäßig
Jeeps, die man anhalten muß. Auf der Hinfahrt kein Problem. Ich
sitze völlig zusammengequetscht mit 13! Indern in einem Jeep, in
den normalerweise höchstens sechs oder sieben passen.
Auf der Rückfahrt
habe ich weniger Glück. Schwer bepackt muß ich fast den gan-zen
Weg zu Fuß gehen. Die Landschaft ist wunderschön, aber es
ist sehr heiß. Erschöpft komme ich im Ashram an, bekomme
Chai und Apfelkompott zur Stärkung und auf gehts gleich zum Yoga!
Obwohl ich heute viel gemacht habe und eigentlich normalerweise völlig
fertig sein müßte, bin ich voller Energie. Dieser Platz ist
so energetisch, die Luft scheint zu vibrieren.
Ich lese Mother
Ganga von Swami Sivananda und halte meine Füße in das heilige
Wasser des Ganges. Welche Lektüre wäre wohl geeigneter? Ich
bin dankbar, daß ich an diesem Platz sein darf, singe das Ganga
Mantra und verneige mich.
7. Tag
Mittlerweile
bin ich von meinen Ashramaufenthalten, Retreats und Workshops gewohnt,
daß es auch Krisentage gibt, bei mir ca. nach einer Woche. Heute
ist es soweit. Ich bin müde und gereizt, sehne mich nach meinem
gewohnten Frühstück, fühle mich in der Yogastunde völlig
steif. Nichts geht. Beim Wäschewaschen zerre ich mir die Schulter,
kann mich kaum noch bewegen. Es reicht. Ich gehe zum Fluß und
schaue in das klare, grüne Wasser, wie es vorbeirauscht. Ein Fisch springt heraus und taucht wieder unter. Das Rauschen des Wassers und
die Schönheit der Natur stimmen mich ruhiger und friedlicher.
Ich habe beschlossen,
mit auf das Trekking zu gehen. Schließlich kann ich mir nicht
die Quelle des Ganges entgehen lassen!
Die Meditation
gestern abend war eine neue Erfahrung. Ich mag diese Abendmeditationen
sehr. Die Luft ist voller Gezirpe der Grillen und Vogelstimmen, das
Rauschen des Ganges, der ideale Meditationsrahmen. Ich sehe glasklare
Bilder vor mir, einen See, einen Wald, einen Felsen. Illusion oder Vision?
Egal, es ist eine sehr tiefe Erfahrung.
Wir sind mittlerweile
nur noch sieben Gäste. Zusammen mit den Ashrambewohnern ca. fünfzehn,
eine große Familie. Und so geht es auch zu, sehr persönlich
und familiär. Jeder hilft jedem irgendwie weiter und bei Suksmitas
ansteckender Fröh-lichkeit bleibt niemand lange traurig.
8. Tag
Heute morgen
sind wir vor Sonnenaufgang zu dem Felsen gegangen, wo Swami Vishnus
Körper im Ganges beigesetzt wurde (Novemver 1993). Er ist nur ein
paar Meter vom Ashram entfernt. Welch ein spiritueller Platz zur Meditation
und zum Satsang! Es wird langsam hell, das Leben um uns herum erwacht.
Zwei junge Frauen kommen zu Fuß und baden im Ganges, der ca. 8
Grad kalt ist, während ich eingehüllt in Decke und Sweatshirt
sitze! Ich komme mir ziemlich verweichlicht vor. Auf der anderen Uferseite
erscheint eine ganze Affenfamilie und scheint uns beim Singen zu beobachten.
Ich beschließe, so oft wie möglich an diesen Platz zu gehen,
um zu meditieren. Die aufgehende Sonne spiegelt sich rötlich in
den kleinen Kumuluswolken, die wie Wattebäusche am Himmel hängen.
Auf der anderen Seite steht ein winziges Haus oder eher ein Verschlag,
notdürftig mit Blech überdacht. Rinder stehen davor, ein kleiner
Junge serviert ihnen ihr Heufrühstück. Ein kleines Feuer wird
vor der Behausung angezündet, der Junge holt mit einem Blecheimer
Wasser aus dem Ganges. Ich fühle mich um Jahrhunderte zurückversetzt.
Nach dem Essen
fahren wir nach Uttar Kashi, um ein paar Sachen für den Trek zu
besorgen, Schals und Mützen. Es soll sehr kalt sein da oben, immerhin
4000 Meter hoch. Wir trinken Chai und probieren in einer Bäckerei
sämtliche Leckereien, daß mir abends hundeübel ist...
Abends findet
eine Puja statt. Es ist das Fest der Navatrari, welches acht Tage dauert
und am Abend mit einer Puja beendet wird. Ich weiß nicht, wie
oft ich OM PRAHA SHAKTI NAMAHA singe und dabei Reis ins Feuer werfe,
aber insgesamt sind es fast 1,5 Stunden.
9. Tag
Die Süßigkeiten
liegen mir immer noch im Magen, doch die Homa, die um sechs Uhr morgens
draußen stattfindet, hat anscheinend soviel heilende Energie,
daß es mir bald wieder gut geht. Heute ist es sehr heiß,
die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind schon gewaltig.
Morgens bei der Meditation sitze ich hier mit Decke und Sweatshirt,
mittags ist es in der Sonne nicht auszuhalten. Ich bin gespannt auf
unser Trekking, übermorgen geht's los.
11. Tag
Heute morgen
sind wir um 11 Uhr nach dem Lunch gestartet. Erst geht es nach Gangotri,
wo wir in Swami Vishnus Höhle übernachten wollen. Wir sind
alle mächtig gespannt und auch ein bißchen aufgeregt. Immerhin
soll es auf über 4000 m Höhe gehen! Gangotri liegt ca. 3000
m hoch, das ist auch ein Grund, warum wir dort übernachten werden,
um uns an die Höhe zu gewöhnen.
Es geht vier
Stunden per Jeep, die Serpentinen hoch und runter, durch die tiefe Schlucht
des Ganges. Die Szenerie ist fantastisch und trotz der Enge (wir sind
zu zwölft in einem Jeep!) sind wir alle gut drauf.
Um 16.30 Uhr
erreichen wir Gangotri, ein kleines Dorf, malerisch in der Gangesschlucht
liegend. Zu Swamis Höhle sind es ca. 15 Minuten zu Fuß durch
die "Hauptstraße", wo rechts und links kleine Stände alles
mögliche anbieten. Es ist deutlich kälter hier und die Luft
merklich dünner. In Swamis Höhle erwartet uns Panditji, der
seit Jahren hier lebt und Swami Vishnu bis zu seinem Tod gedient hat.
Der winzige Ashram besteht aus einem Vorraum, ein Raum im ersten Stock
und der eigentlichen Höhle, wo Swami Vishnu lange Zeit gelebt und
Sadhana praktiziert hat. Sie liegt dicht am rauschenden Ganges und ist
ein wirklich heiliger, spiritueller Platz. Es gibt kein warmes Wasser
und keinen Strom, gekocht wird draußen auf einer kleinen Feuerstelle.
Wir müssen uns mit dem Essen beeilen, da es sonst stockdunkel wird.
Manu und B.J., unsere indischen Begleiter zaubern schnell ein köstliches
Kichari herbei. Es wird nicht ganz dunkel, wir haben fast Vollmond und
die Schlucht ist in helles Mondlicht getaucht. Die Luft ist klirrend
und klar. Unser Abendsatsang findet natürlich in Vishnus Höhle
statt. Sie ist nicht sehr groß, wir elf passen gerade hinein.
Vor dem kleinen, in den Felsen gehauenen Altar steht sein Bett, das
er benutzt hat.
Die Meditation
ist sehr intensiv, man spürt diese spirituelle Energie in der Luft,
die Swami Vishnu hinterlassen hat, alles scheint zu vibrieren. Die Atmosphäre
ist schwierig mit Worten zu beschreiben, es ist eines meiner spirituellsten
Erlebnisse bisher.
Wir gehen früh
zu Bett, die nächsten Tage werden trotz aller Energie anstrengend.
Mein Magen ist nicht ganz fit, Ken hat Höhenprobleme. Wir hoffen
auf Besserung.
12. Tag
Der Tag beginnt
wie üblich mit Satsang, wieder in Swamis Höhle. Nach einem
kräftigen Frühstück geht's dann los. Wir nehmen nur das
Nötigste mit, immerhin wollen wir die nächsten zwei Tage 36
km bis 4000m Höhe bewältigen. Heute gehen wir bis zu einem
Ashram bis 4 km vor Gomuk, der Quelle des Ganges, um dann morgen sehr
früh direkt bis zur Quelle und den ganzen Weg wieder zurück
zu wandern, ca. 22 km. Ich bin noch nie so weit gewandert in zwei Tagen
und frage mich ernsthaft, ob ich das schaffe.
Aber es geht
leichter, als ich dachte. Das Wetter ist gut, der Wind bläst kräftig,
die Berglandschaft ist wunderschön und wir halten regelmäßig
zum Chai und Keksen. Wir überqueren kleine Bäche, die von
den Felsen herunterstürzen, wandern an steil abfallenden Wänden
entlang (auch für nicht ganz Schwindelfreie wie mich machbar) und
halten immer wieder kurz an, um die Berge und die wilde Landschaft um
uns herum zu betrachten. Nach sieben Stunden erreichen wir unser Ziel.
Da der Ashram fast komplett belegt ist, erhalten wir mit Mühe und
Not noch einen Verschlag, in dem wir wie die Ölsardinen nebeneinander
liegen. Da es sehr kalt ist (-5 Grad), haben wir alles an, was wir mithaben.
Trotz der Kälte und aller Einfachheit ist die Stimmung gut. Wir
singen Schlaflieder in unterschiedlichen Sprachen und versuchen, zumindest
etwas Schlaf zu bekommen.
Es ist uns nicht
gelungen. Kaum einer hat ein Auge zugetan, entweder aufgrund der Kälte
oder der Höhe (ich hatte die ganze Nacht Herzklopfen). Vor Sonnenaufgang
machen wir uns auf in den eiskalten Morgen Richtung Gomuk. Nach vier
recht beschwerlichen Kilometern über Stock und Stein haben wir
es geschafft. Aus meterhohen Felsen, die sich bei näherem Hinschauen
als reines Eis entpuppen, kommt sie herausgeströmt, die Quelle
des Ganges. Ehrfürchtig stehen wir davor und betrachten schweigend
das sprudelnde Wasser. Wieviele Menschen in Indien würden alles
darum geben, jetzt hier zu stehen. Der Höhepunkt steht uns natürlich
noch bevor, ein Bad im Gangeswasser, um uns von allen Sünden zu
befreien! Jedoch zögern wir, immerhin ist es höchstens 5 Grad
in der Luft, das Wasser um den Gefrierpunkt. Aber da hilft nichts, Sachen
runter, kurz mit einem Schrei ins Wasser, geschafft! Vorsichtshalber
lasse ich es fotographisch festhalten, das glaubt mir zu Hause sonst
kein Mensch! Zähneklappernd hüpfen wir herum, um uns wieder
aufzuwärmen, selbst die Aussicht auf einen eventuellen Schnupfen
kann uns dieses Erlebnis nicht verderben. Wir bedanken uns bei Mutter
Ganga und machen uns auf den langen Rückweg. 18 km hoch und runter
liegen noch vor uns. Die letzten sind dann wirklich anstrengend. Wir
sind alle froh, als wir wieder in Swamis Höhle in Gangotri sind.
Nach dem Essen
gehen ein paar von uns noch zur Puja in den Tempel von Gangotri. Was
für ein Abschluß eines unbeschreiblichen Tages!
13. Tag
Wieder schlecht
geschlafen trotz der körperlichen Anstrengung. Um 5.30 Uhr geht's
zurück nach Sivananda Kurtir. Die Wackelei auf dem Jeep nervt mich
heute etwas, ich bin totmüde und möchte endlich mal wieder
heiß duschen. Auch die Szenerie im aufkommenden Tageslicht kann
mich heute nicht beeindrucken. Glücklicherweise halten wir in Gangagni
an heißen Quellen, in die ich mich nur zu gerne fallen lasse.
Danach gibt's meinen geliebten Chai und ein paar Snacks. Jetzt bin ich
gestärkt und kann den Tag wieder mit alter Frische beginnen.
Um 11 Uhr sind
wir wieder zu "Hause", werden mit einem Lunch erwartet und fallen alle
totmüde in die Betten.
Am Nachmittag
lasse ich alles noch einmal in Gedanken an mir vorüberziehen. Die
Eindrücke der letzten Tage waren fast zuviel. Ich muß alles
erst noch verarbeiten.
Sunda lobt uns
am Abend, daß wir wirklich eine tolle Gruppe waren, die sich gegenseitig
unterstützt und viel Energie gegeben hat.
Ich habe soviel
Glück gehabt, daß ich mit dabei sein durfte, denn dieses
Trekking findet nur einmal im Jahr statt! Ich kann immer noch nicht
glauben, daß ich tatsächlich in der Quelle des Ganges gebadet
habe. Beim Satsang abends danke ich allen Göttern für diese
Zeit hier.
14.-16. Tag
Ausruhen ist
angesagt, Asanastunden, Satsang, mit Leuten reden, alleine sein. Heute
habe ich zum ersten Mal Lust auf ein Vollkornbrot und frischen Salat,
komisch.
Einige Leute
verabschieden sich, es tut mir leid, wir waren eine richtige kleine
Familie.
Ich freue mich
auf Rishikesh, bin gespannt, wie die letzten Tage meiner Reise sich
gestalten werden.
19.-21. Tag
Sehr früh
stehen wir auf, um den 5.30 Uhr Bus nach Rishikesh zu bekommen. Ich
verabschiede mich von allen (außer vier Frauen, die mit mir kommen).
Manu, unser Fahrer, und B.J., der junge Inder, der immer überall
mithilft, fahren uns zur Bushaltestelle und winken zum Abschied. Ich
bin ein bißchen traurig. Die Fahrt über lasse ich die Landschaft
noch einmal auf mich wirken, die Schluchten, die Berge, der blaue Himmel.
Anita und Mandala fahren weiter nach Dharamsalam, Kim wird mich nach
Rishikesh begleiten.
In Rishikesh
besorge ich mir erst mal ein Zugticket nach Delhi, diesmal ohne Probleme.
Die kommen dann bei der Zimmersuche. Nix zu machen, alles voll, außer
die letzten Löcher. Kim weiß Gott sei Dank eine Ecke etwas
außerhalb namens Laxman Jula, wo wir dann endlich etwas finden.
Wir sind total kaputt, Chai muntert uns etwas auf.
Wir laufen etwas
durch die Gegend und finden ein kleines Cafè, das frisches braunes
Brot hat! Wir essen soviel davon, bis uns fast schlecht wird.
Ich finde den
Sivananda Ashram und beschließe, am nächsten Tag mir richtig
Zeit dafür zu nehmen. Aber wie immer kommt es anders.
Rishikesh gefällt
mir recht gut, jedenfalls der Teil mit den Ashrams rechts und links
vom Ganges, der Rest ist mir zu laut und zu schmutzig. Ich bin an die
Ruhe und den Frieden der Berge gewohnt, der Lärm und die Hektik
nerven. Abends essen wir in der Nähe unserer Bleibe in einem kleinen
Restaurant, wo man zusehen kann, wie alles frisch zubereitet wird. Das
Essen ist köstlich, wir essen und essen, sehr unyogisch. Aber es
ist einfach zu gut! Dann bummeln wir noch etwas durch die kleinen Straßen,
die Atmosphäre hier etwas abseits vom Rummel ist sehr viel angenehmer
als in Rishikesh selbst.
Am anderen Tag
schauen wir uns Rishikesh etwas genauer an, konsultieren einen ayurvedischen Arzt für unsere Wehwehchen, bummeln durch die Straßen und
mein Rucksack füllt sich bedenklich mit Souvenirs...
Für den
Ashram ist es zu spät geworden, also werde ich den nächsten
Tag nutzen, um dort eine Weile zu sein. Kim wird früh wieder nach
Uttar Kashi zurückfahren, mein Zug nach Delhi geht erst abends.
Ich gönne
mir noch eine ayurvedische Massage und dann beenden wir den Tag wieder
in dem gestrigen Restaurant und schwelgen wieder in indischen Köstlichkeiten.
Als wir wieder in unser Zimmer kommen, bin ich so todmüde, daß
mich noch nicht mal mehr die Kakerlaken im Bad stören.
Am nächsten
Tag frühstücken wir noch einmal richtig in unserem Stammcafè,
dann verabschieden wir uns. Kim schenkt mir ein kleines Tagebuch mit
einer wunderschönen Widmung, wir sind den Tränen nahe. Wir
haben soviel Schönes erlebt und kennen uns eigentlich kaum!
Ich schultere
meinen Rucksack und gehe zum Sivananda Ashram. Es ist ruhig und friedlich
hier, nicht dieses laute Chaos. Ich gehe zum Sivanandaschrein, lasse
mich nieder und überlasse mich diesen Schwingungen, die im Raum
herrschen. Es ist gerade eine Puja, ich habe Glück. Nur meine Meditation
ist etwas schwierig, leider können die anwesenden Inder auch an
dieser heiligen Stätte ihre Reinigungsgeräusche nicht unterdrücken,
was ich als äußerst störend empfinde. Dennoch bin ich
klar im Geist und bin glücklich, daß ich hier sitze. Danach
gehe ich in die Ramahalle, in der ständig jemand sitzt und Hare
Rama singt. Es heißt, was man sich hier wünscht, geht in
Erfüllung. Ich bekomme etwas Prasad und versuche zu meditieren.
Natürlich wünsche ich mir auch was...
Draußen
setze ich mich an den Sivanandagedenkstein in den Schatten und bin froh,
dem Trubel auf der Straße entkommen zu sein. Ich habe die Befürchtung,
daß Rishikesh in einigen Jahren nicht mehr das sein wird, was
es war, eine heilige Stadt, ein Ort der Spiritualität. Es wird
viel gebaut und es wird viel Plunder angeboten. Geld macht sich breit.
Ich hoffe sehr, daß ich mich irre und die spirituelle Atmosphäre
erhalten bleibt. Nach einiger Zeit ziehe ich mich wieder in mein Cafè
zurück, um auf meinen Bus zu warten, der mich nach Haridwar zum
Bahnhof bringen wird.
Jetzt sitze
ich hier und versuche, die ganzen Eindrücke und Bilder der letzten
Wochen an mir nochmal vorbeiziehen zu lassen. Ich werde wohl einige
Zeit brauchen, um alles zu verarbeiten, ich habe soviel erlebt. Ich
bin an den Orten gewesen, wo Swami Sivananda und Swami Vishnu Devananda
gelebt und meditiert haben, ich habe Asanas, Pranayama und Satsang praktiziert,
die Schönheit des Himalaya erlebt, viele nette Menschen kennengelernt
und im Ashram gelebt. Diese Fülle mit allen Höhen und Tiefen
läßt sich kaum in diesen Zeilen wiedergeben, es kann nur
ein flüchtiger Eindruck entstehen, aber es war die aufregendste
und spirituellste Reise meines Lebens.
OM NAMAH SHIVAJA
Informationen
über Sivananda Yoga München
Oder www.sivanandayoga.org/netala.htm
zum
Inhaltsverzeichnis
Ich
lebe...
Von Hanspeter
Sperzel
Wie oft habe
ich schon darüber nachgedacht, was diese Worte wohl bedeuten mögen:
ich lebe..., und in der Profanität dieser Aussage, die meist zunächst
ein mitleidiges Lächeln hervorbringt, das aber dann schnell gefriert,
wenn die Dimensionen offenbar werden, die diesen zwei Worten innewohnen,
gelangt das Denken in einen Knoten, der dem ebenbürtig ist, den
einst Alexander mit dem Schwert zerschlug. Wir wissen wenig über
das, was wir Leben nennen, außer, dass es angefüllt sei mit
Freud und Leid, mit Wachsein und Schlaf, oder wie auch immer die Gegensätze
heißen mögen, die gerne von uns dem Leben so achtlos zugeschrieben
werden und die wir oft so fraglos akzeptieren. Und doch greift hier
die Lösung nicht, die den Gordischen Knoten einst ereilte, denn
das Leben zu zerschlagen bedeutet auch, die Lösung der Frage zu
zerschlagen, die sich hinter den Worten ”ich lebe” verbirgt. Das Seltsame
an diesem Rätsel ist die Rückbezüglichkeit, in der das
Lebendige sich selbst als ”lebendig” erkennt, und das ist etwa so, wie
wenn das Rote sich als ”rot”, das Blinde sich als ”blind” und das Taube
sich als ”taub” erkennt, gibt es doch kein Anderes, das dem Blinden
erklärt, wie die Welt aussieht oder die dem Tauben begreiflich
macht, was ein Ton sei, und wer einmal versucht hat, rot zu erklären,
wird das Wunder erkennen, das diesem Satz ”ich lebe” innewohnt.
Seit mehreren
tausend Jahren schon zerbrechen sich Gelehrte aller Kulturen den Kopf
über dieses Wunder. Und außer der Ergänzung ”also bin
ich” scheint nur wenig sinnvolles diesen Worten hinzuzufügen zu
sein. Und selbst diese Erweiterung hilft dem Fragenden keinen Millimeter
weiter, denn ”ich bin” ist genauso gordisch wie ”ich lebe”. Und wie
immer wir auch unsere Gedanken ordnen, welche Grundeinstellung wir auch
immer dem Denken und dem Handeln zugrunde legen, immer wieder enden
wir bei diesen Worten und kein Weg führt über sie hinaus.
Zahllos sind die Versuche, mittels ”ich bin (nicht) dies” oder ”ich
bin (nicht) das” der Unausweichlichkeit zu entgehen, und obwohl ich
dann diesem ”dies” oder ”das” tausend Eigenschaften und Seinsweisen
zuschreiben kann, die dem Denkenden dann zu Schlussfolgerung und Handlung
nötigen, bleibt alles doch nur Spekulation oder blinder Glaube.
Zum Denken brauche ich ein Zweites, brauche ich ein ”Duo”, denn der
Beginn des Denkens bildet ein ”wenn ..., dann ...”, und dann erst schreitet
es fort mit ”...also ...”. Wir nennen es Dualität, was soviel heißt
wie ”aus zwei mach’ drei, und aus drei mach’ viele”. Aber dieses Zweite
ist aus ”ich bin” nicht abzuleiten, und so bleibt letztlich nur die
schon angedeuteten Umwege über Spekulation oder Glaube.
Aber es gibt
einen weiteren Gedanken, nicht so offensichtlich zwar, der aber bei
näherem Hinsehen schnell eine Möglichkeit öffnet, zu
diesem Zweiten zu kommen, und der ohne Annahme und Zuweisung auskommt.
Das Zauberwort dieser Möglichkeit ist Vertrauen, und dieser Gedanke
gründet sich auf die Beobachtung und Schau der langen Reihe von
Begebenheiten, die wir dem Leben so selbstverständlich zuschreiben.
Betrachten wir diese Reihe unvoreingenommen und ohne Scheu, so verwerfen
wir schnell die Annahme, hier Auslese und Zufälle am Werk zu sehen.
Zu folgerichtig und zu gezielt ist diese Reihe abgelaufen, zu schnell,
um ohne einen Plan ausgekommen zu sein. Kein Spieler, auch nicht der
Verrückteste, würde eine Wette darüber abschließen,
dass sich aus einer Spore, einem Keim der einfachsten Art jemals durch
Zufall ein Wesen sich entwickeln könne, das dem Menschen ähnlich
oder ebenbürtig sei. Und wenn es einen Plan geben muss, und wenn
dieser Plan bis zum heutigen Tag funktioniert hat, recht und schlecht
zwar, aber funktioniert, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, dass
er nicht auch weiterführend funktionieren sollte, recht und schlecht
zwar, aber weiterführend. Und dieser Gedanke bedarf und verdient
unser Vertrauen, und dieses ist es, was das Licht des Zweiten bildet,
das wir brauchen, um im Dunkeln unseren Weg zu finden. Zugegeben, auch
hier ist Spekulation im Spiel, aber die Chance ist doch erträglich
größer, als wenn wir aus der unendlichen Vielfalt des Seins
eine Wahl treffen müssen.
Dieses Vertrauen
kann für den Einzelnen die Grundlage sein, das Leben seiner selbst
zu gestalten. Aber mehr noch als dies hat der Plan des Lebens dieses
Vertrauen hervorgebracht, hat letztlich den Gedanken ermöglicht,
dieses so zu sehen, und die Frage drängt sich auf, ob dieses Vertrauen
nicht gebraucht wird, ja sogar notwendig ist, um den Plan weiterzuführen.
Und bevor wir uns Gedanken darüber machen, wo diese Reise hingehen
könnte und wieweit wir wohl kommen werden in diesem Leben, wäre
es da nicht erst einmal sinnvoll, die Mittel für die Fahrkarte
zu erwerben, die eine Weiterfahrt erst ermöglicht. Unsere bisherige
Entwicklung hat uns aufgrund von Instinkt und Anpassung mehr automatisch
zu dem Punkt geführt, den wir Bewusstsein nennen, und die weitere
Entwicklung kann folgerichtig nur auf diesem aufbauen. Und im Bewusstsein
unserer Selbst ist es der Wille, der uns weiter führt, und dieser
Wille bedarf gerade des Vertrauens in das Leben und in uns selbst, denn
der Weg der Evolution führt ins Neue und Unbekannte und führt
somit auch durch das Tor der Angst und Fremdheit, die diesen beiden
innewohnen.
Selbstvertrauen
und Vertrauen in das Leben sind der Schlüssel zu der Tür des
Aufgangs, und dieser Aufgang führt in ein Neues und in ein Unbekanntes,
dessen Dimension sich uns verschließt, ja verschließen muss,
denn Neues kann nicht aus Altem entstehen, und das, worüber wir
Wissen angehäuft haben, ist alt. Neues kann nur auf Altem aufbauen,
und weil das Alte das Fundament ist, sollten wir es fest und stabil
gestalten, es erkunden und seine Schwächen ausmerzen, damit das
Neue sich sicher und dauerhaft auf und aus dem Altem entwickeln kann.
Hier ist Geduld gefragt, Mühe und Sorgfalt notwendig, und ein langer
Atem, um nicht auf halben Wege zu resignieren oder gar vorschnell auf
unsicherem Grund ein wackeliges Haus zu bauen.
Sorgfalt und
Mühe sind wichtig, um zu dem Ziel zu gelangen, dass uns das Leben
stellt, aber ohne Vertrauen gibt es kein Ziel. Und dieses Ziel kann
für unser Denken und Wahrnehmen immer nur der überschaubare
nächste Schritt sein, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
zum
Inhaltsverzeichnis
RETREAT
von Christine
Schibura
Was bleibt,
wenn ich machen kann, was ich will?
Was werde ich
tun ohne das Müssen, gegeben sonst aus
meinem persönlichen
Alltag mit den erforderlichen Pflichten?
Wozu etwas tun
mit dem Wissen um Vergänglichkeit,
Wandel im Kreislauf
des Lebens, wie im All?
Alles geht weiter
- ohne mich!
Das war immer
so, denn es, das Leben, lebt weiter
und weiter -
also ich auch?
Was ändert
sich "ohne mein Tun" sonst im vorgegebenen und selbstgewählten
Aufgabenkreis?
Warum bin ich
hier auf Erden?
So ist es eben,
gewachsen mit Hilfe vieler Umstände.
Akzeptanz beinhaltet
das Ja zum Sein,
aber Atem ermöglicht
es.
Und wer, was
bestimmt die Summe meiner Atemzüge?
Sind sie abhängig
von meinem Verhalten?
Jeder Atemzug
ist vergänglich!
Auch im Retreat.
Wozu dann ein Retreat?
zum
Inhaltsverzeichnis
Gedichte
Kleines Blatt
mit eigener Form,
verloren ist
sein Grün,
leuchtet nun
in seinem Gelb,
grüne Blätter sind mit ihm
1989
Tag und Nacht
sind beides Schalen
mit Gedankenlast
beladen,
Taten formen
Kreis mit Farben,
schmelzen in sich selbst zum Licht.
1991
Wenn der Fluss
überquert wurde,
schwimmst Du nicht mehr im Strom
8.3.1997
Fürchte
Dich nicht!
von Gisela Sievers
aus dem Gedichtband
"Ein Weiser deine Zügel hält"
von Gisela Sievers
erschienen im
Verlag Frieling & Partner GmbH, Berlin, Tel. 030 -76 69 99 -0
ISBN 3-8280-0582-9
Mit Leichtigkeit
gehe ich durch den heutigen Tag,
voller Sonne
im Herzen - wie ich es mag.
Mit großem
Anteil am menschlichen Gescheh'n,
wie soll diese
Welt nur weiterbesteh'n?
Den Bauch voller
Liebe für ein neues Leben,
möge der
liebe Gott uns Menschen vergeben.
Eine neue Daseinsform
wächst jetzt in mir,
ein großes
Tor öffnet sich - geradewegs, oh Herr, zu dir.
Zeigt mir den
Weg ins Licht, in die Freiheit zurück,
ein neues Hoffen
- ein ganz kleines Stück.
Der heutige Tag
- ein Beginn ins "Neue Leben",
ein winziger
Einblick in die Zukunft in unser Erstreben.
Ohne Angst um
Hab und Gut,
für dieses
"Leben" einsetzen unseren ganzen Mut.
Belohnung ist
die Erfüllung aller Wünsche, allem menschlichen Denken,
der liebe Herrgott
wird uns tausendfach beschenken.
Wir bekommen
wieder unsere Gefühle zurück,
Gefühle
von Liebe und Geborgenheit, von unsagbarem Glück.
Wir werden erkennen,
daß dieses wahrer Reichtum ist,
den wir so viele
Jahre haben vermißt,
denn Reichtum,
wie wir ihn haben gesehen,
ist im Sinne
der Schöpfung nicht zu verstehen.
Der Reichtum,
der uns Glück bringen sollt',
brachte nur Brutalität
- von Gott Vater nicht gewollt.
Für uns
war es nur ein Statussymbol,
entfernte uns
weit vom körperlichen Wohl.
Dieser Reichtum,
erzeugt durch menschlichen Verstand,
uns immer weiter
entfernte vom göttlichen Band,
vom göttlichen
Band der Nächstenliebe,
gab es nur noch
Gewalt und unmenschliche Hiebe.
Hiebe, die eine
jede Seele erstarren ließ vor Leid, so grausam und freudlos ist
die-se Zeit.
Wir entfernten
uns so weit von Gott, unserm Vater,
denn nur das
Ego war unser Berater.
Vorbei war unser
christliches Denken,
vorbei auch unser
liebevolles Schenken.
Mein ganzer Körper
sehnt sich nach Liebe zurück,
in die göttliche
Einheit - das menschliche Glück.
Dort wird Reichtum
nach Liebe bemessen,
nach tiefen menschlichen
Gefühlen, die wir einst mal besessen,
denn unser Reichtum
auf Erden ist nur eine Sucht,
ein Unglücklichsein
- eine innere Flucht.
Genau in diesem
Moment - als ich so dachte,
durchströmte
mich Liebe, als wenn jemand die Tür aufmachte,
dann waren so
liebevolle, göttliche Gefühle in mir,
ein Anklopfen
an mein Herz: "Fürchte dich nicht, ich bin doch bei dir!"
Sofort machte
sich das Gefühl von Hoffnung wieder breit,
und ich bin wieder
mal bereit,
meine ganze Kraft
in den göttlichen Plan zu investieren,
ich fühlte
der liebe Gott wird siegen und niemals verlieren,
denn,
Wo "ER" ist,
ist das Licht,
Fürchte
Dich nicht!
Vom Frohsinn
getragen
von Gisela Sievers
aus dem Gedichtband
"Ein Weiser deine Zügel hält"
von Gisela Sievers
erschienen im
Verlag Frieling & Partner GmbH, Berlin, Tel. 030-76 69 99-0
ISBN 3-8280-0582-9
Schwingend in
die Luft - vom Frohsinn getragen,
auf Engelsflügeln
- einfach sich fühlen, wie in Kindertagen.
Einfach die innere
und äußere Freiheit genießen,
einfach die Gedanken
unkontrolliert wieder lassen fließen,
einfach das Göttliche
in mir leben,
und sich einfach
der Führung hinzugebn.
Mich geben, wie
ich nun einmal bin,
das hätte
endlich wieder einen Sinn!
Fort mit den
Schranken aus meinem Leben,
wieder diesem
Kind in mir die Freiheit geben.
Die Freude leben
- das unbegrenzte Glück,
ich hole es mir
zurück!
Um mich herum
alles in Licht einhüllen,
und mich wieder
mit Gottes Liebe auffüllen.
Ich möchte
fühlen, verstehen, wie er,
nur darum ist
mein Weg so schwer.
Schwer, bis die
Erkenntnis meine Seele erreicht,
nur darum ist
der Weg holprig und nicht leicht,
Oft denke ich
an das Kind in mir sehr,
das spielerisch
erreicht viel, viel mehr,
das nicht lange
überlegt, sondern Tatendrang spürt,
sein Ziel fröhlich
erreicht - es wird ja geführt,
geführt
durch Vertrauen und festen Glauben ganz allein,
auch, wenn es
stolpert - es kann sich trotzdem immer wieder freu'n.
Es denkt nicht
lange nach, was ist geschehen,
es versucht es
noch einmal - es wird seine Prüfung besteh'n.
Lachend hat es
diese Lehre erkannt,
ließ sich
von seinen Gefühlen lenken - nicht aber von seinem Verstand.
Das Kind spürt
diese göttliche Führung ganz genau,
sind wir Erwachsenen,
wir Allwissenden wirklich so schlau?
Wir sollten unsere
Kinder häufiger als große Lehrmeister seh'n,
wir würden
so manches im Leben besser versteh'n.
Schau doch, wie
dein Kind fröhlich in die Welt hinausschreitet,
wie es voller
Hoffnung seine Arme ausbreitet,
schau, was es
dir durch seinen Liebreiz gibt,
ist es nicht
Beweis genug - es wird beschützt und auch geliebt.
Darum lege deine
Zweifel an den Schöpfer schnell beiseite,
nutze deine Zeit
- dich lieber auf einen lichtvolleren Weg vorbereite.
Gib deine Zustimmung
zum göttlichen Plan,
begreife - Christus
nur für uns die Leiden auf sich nahm.
Er wird kommen
zur richtigen Zeit,
er allein weiß
- jetzt ist es soweit,
uns seine Hilfe
zu geben - ohne lange nachzudenken,
"Sollten wir
nicht in Demut ihm unser ganzes Vertrauen schenken?"
zum
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Mein
Leben
von H.K.
Als Kind erfuhr
ich, wie wahrscheinlich die meisten hier im Lande, die ersten spirituellen
und westlich yogischen Praktiken hautnah von meinen Eltern. Mir war
natürlich nicht klar, daß diese streng katholische Prägung
auf mein späteres Leben einen großen Einfluss haben sollte.
Mit 14 war mir dann klar, dass mein Weg ein anderer sein würde
als ein katholischer Priester oder so, und Papst wollte ich schon gar
nicht werden. Meine Interessen lagen dann, nach frühkindlichen
Chor-, Musik- und Messdienererfahrungen, beim Fußballspielen,
Ausgehen, Spaßhaben und Du weißt schon... . Ich erfuhr schon
in früher Kindheit - mit 3 Jahren brach bei mir eine starke Neurodermitis
aus -, dass das Leben Leiden bedeutet. So quälten mich schon früh
Gedanken wie: Warum und wieso das alles, und warum ich?! Diese Gedanken
ließen mich eigentlich nie wieder richtig los und sie begleiteten
mein weiteres Leben auch zu der Zeit, als ich mich dann in den späteren
Jahren von der Krankheit weitgehenst befreien konnte und mein Leben
nach der schwierigen Teenager-Zeit anfing, richtig interessant und "erfolgreich"
zu werden. Mit Anfang 20 ging ich dann vom Lande in die große
Stadt, nach Düsseldorf, wo ich ca.12 Jahre verweilte und mein Leben
so richtig genießen konnte. Beruflich ( Vertreter für Textilien
und später selbstständig als Handelsvertreter und Einzel-/Großhändler)
lief alles wunderbar und die tiefen Fragen nach Sinn und Unsinn lösten
sich immer mehr auf. Doch in der Bibel stand schon geschrieben: "Nach
7 fetten Jahren folgen 7 dürre Jahre." Die Zeit war nun reif für
mich, auch die andere Seite kennen zu lernen. Durch eine Vielzahl von
schicksalshaften Ereignissen in kürzester Zeit mußte ich
nun erleben, dass die eigentlichen Freuden des Leben dauerhaft nicht
im weltlichen Leben zu finden sind. Extreme Schwankungen von Freud und
Leid mußte ich nun erfahren und meine geschäftlichen Aktivitäten
wurden mit äußerster Brutalität zum Bremsen gebracht.
Dies war die
Zeit, als ich mich erst einmal für ein Jahr zurück aufs Land
verzog und mich gedanklich wieder mehr und mehr mit den eigentlichen
Werten beschäftigte. Mir war klar, dass dies ein Wendepunkt in
meinem zukünftigen Leben bedeuten und ich von nun an alles anders
machen würde. Durch die Ruhe und Stille erfuhr ich sehr viel Erkenntnis
und fing an, mein Leben direkt in neue Bahnen zu leiten, bzw. leiten
zu lassen. Ich las Bücher wie "Schicksal als Chance", "Erfolg durch
positives Denken", "Die Autobiografie eines Yogi", "Willst Du gesund
sein? Vergiß den Kochtopf!"(daraufhin wurde ich direkt Rohköstler
und machte meine Ausbildung als Gesundheitspraktiker) und letztendlich,
als ich wieder zurück nach Düsseldorf kam und ich in eine
Art WG in ein sehr spirituelles Haus zog, die Bücher von Sai Baba,
die mich so weit inspirierten und "erleuchteten", dass mich der innere
Drang nicht mehr los ließ, diesen "Mann" kennen zu lernen; drei
Monate später saß ich dann bei Ihm im Mandir (Tempel) zu
seinen Füßen und ich fühlte mich noch nie so frei und
glücklich! Ich blieb insgesamt drei Monate in Indien und lernte
noch weitere Ashrams (Wohnsitz von spirituellen Meistern) kennen, wie
den Ashram von Amma, Aurobindo und der Mutter, Ramana Maharashi und
ein paar weniger bekannter Meister. Der Besuch bei Baba war letztendlich
der Höhepunkt und der "offizielle" Wendepunkt meiner Karriere.
Als ich dann
wieder zurück nach Deutschland kam, bekam ich recht schnell einen
anderen Job von Baba, der mir ermöglichte, nur 4 Stunden am Tag
bei vollem Gehalt von zu Hause aus zu arbeiten. So hatte ich viel Zeit,
spirituelle Bücher zu lesen, viel zu meditieren und natürlich
meine Ernährung und mein Studium in Ruhe zu festigen. Ich bekam
alles, was ich zu dem Zeitpunkt brauchte. Ich erkannte, dass nicht ich
der Handelnde war, sondern Er. Ich vertraute immer mehr auf die göttliche
Führung und es funktionierte. Jetzt fragst Du Dich wahrscheinlich,
wie ich nun Yogalehrer im Haus Yoga Vidya wurde? Ganz einfach!
Ich war auf
der Eso-Messe in Köln als Besucher und kam so zu der Broschüre
von Yoga Vidya in Verbindung mit einem Preisausschreiben (1. Preis:
1 Woche im Se-minarhaus im Westerwald im Wert von 680,- DM). Ich meldete
mich dann erst Wochen später zur Yogalehrerausbildung an und verlor
gleichzeitig meinen Job (PC-Firma machte pleite) und meinen Wohnsitz
(Vermieterin kündigte mir aus unerklärlichen Gründen)
und so bewarb ich mich im Ashram, bei Shivakami, als Mitarbeiter bzw.
Karma-Yogi für ein halbes Jahr und bekam von ihr die Zustimmung,
in der Zeit meine Yogalehrerausbildung ohne Kostenaufwand machen
zu können, wozu ich natürlich freudenstrahlend einwilligte.
Als ich dann am 24. April glücklich den Ashram betrat, um meinen
Dienst anzutreten, überreichte mir Mahadev, ein anderer Mitarbeiter,
den 1. Preis der Eso-Messe und sagte: "Wir haben versucht dir dieses
Schreiben per Post zukommen zu lassen, doch ist es von der Post mit
dem Vermerk "Unbekannt verzogen" heute zurückgeschickt worden!."
So ist es nunmal,
das Leben. Am Schluß hat Er uns alle.
OM NAMAH SHIVAYA
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Sukadev
Bretz
Die Praktiken
des Kundalini-Yoga
Ich will hier
über Kundalini-Yoga-Praxis schreiben. Dies ist ein Widerspruch
in sich: Denn Praxis heißt ja, Du übst und praktizierst.
Kundalini-Yoga musst Du üben, nur so kannst Du herausfinden, was
er ist und wie er auf Dich wirkt. In den zahlreichen Kundalini-Yoga-Seminaren
und Workshops, die ich gebe, ist der größte Teil Praxis.
So hat auch Swami Sivananda, der Meister, in dessen Tradition ich stehe,
gerne gesagt: „Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie.“
Einmal hat ihn ein Schüler daraufhin gefragt: „Warum hast du dann
über 200 Bücher geschrieben?“ Swami Sivananda antwortete:
„Manche Menschen brauchen Tonnen von Theorie, um zu einem Gramm Praxis
angeregt zu werden.“ – In diesem Sinne möchte ich gerne etwas über
die Praxis schreiben und so vielleicht die eine oder andere Lese-rin
und den einen oder anderen Leser zum Praktizieren oder zum Intensivieren
der eigenen Übung zu motivieren.
Ich glaube,
dass Kundalini-Yoga in unserer materialistisch und auf Erlebnis ausge-richteten
Kultur noch einen sehr großen Stellenwert bekommen wird. Denn
es ist ein spirituelles System, in dem Du praktizierst und Wirkungen
selbst erfahren kannst. Du brauchst nicht zu glauben – Du kannst üben
und erleben. Und wenn Du einmal erfahren hast, wirklich erfahren hast,
bist Du fest verankert auf dem spirituellen Weg.
Was ist Kundalini-Yoga?
Kundalini ist
eine religionsübergreifende klassische Tradition, die zwar aus
dem Hinduismus kommt, aber auch Sikhismus, Jainismus und Sufismus befruchtet
hat und als Teil der tantrischen Tradition in den tibetanischen Buddhismus
eingegangen ist. Kundalini-Yoga, der Yoga der Energie, ist eine systematische
Wissenschaft, ein Weg, den es erwiesenermaßen seit Jahrhunderten,
wahrscheinlich schon seit Jahrtausenden gibt. Und der in Büchern
nur kryptisch dargelegt ist. Der größte Teil der Aussagen
und Techniken wird bis heute mündlich weitergegeben. Und dafür
gibt es natürlich gute Gründe.
Die Kundalini-Yoga-Meister
sagen, daß im Menschen ein riesiges Potential an Fähigkeiten,
Talenten, Möglichkeiten latent vorhanden ist. Demnach ist der Mensch
absolutes, reines Bewußtsein – Shiva oder Parama Shiva genannt
– und verfügt über die gesamte kosmische Urenergie, die als
Shakti bezeichnet wird. Diese kosmische Urenergie hat das Leben zur
Entfaltung gebracht und sie wirkt weiter in der kontinuierlichen Evolution
der gesamten Schöpfung. Es ist diese Urenergie, welche aus der
Mineralwelt die Pflanzen hat entstehen lassen, aus den Pflanzen die
Tiere, aus den Tieren den Menschen. Es ist diese Energie, die den Menschen
ruhelos werden lässt, den Menschen suchen lässt, nach etwas
Höherem streben lässt. Es ist diese Energie schließlich,
die dem Menschen verhilft, das Höchste, die Einheit mit dem Absoluten,
zu erreichen.
Diese Kundalini-Energie
gilt im Menschen als schlafend (Kundalini bedeutet „die Aufgerollte“
– symbolisch für eine schlafende Schlange). Sie kann in verschiedenen
Stufen schrittweise erwachen. Und ein erstes Zeichen für dieses
Erwachen ist es, wenn Du Dir die Frage stellst: „Wer bin ich?“ Woher
komme ich?“ „Wohin gehe ich?“ „Was ist der Zweck des Lebens?“. Und je
stärker die Kundalini erwacht, desto mehr treibt sie uns dazu,
nicht nur bei dieser Frage stehenzubleiben, sondern etwas zu tun, spirituell
zu suchen, zu praktizieren.
Kundalini ist
die Kraft hinter Genies, hinter großartigen Begabungen wie Leonardo
da Vinci, Mozart, Goethe, Newton, Einstein und vielen anderen, hinter
allen großen charismatischen Persönlichkeiten. Letztlich
ist Kundalini die Energie hinter jeder spirituellen Erfahrung und die
evolutionäre Energie hinter der ganzen Menschheit.
Grundsätzlich
kannst Du die Kundalini durch jede Art von spiritueller Erfahrung und
Praxis erwecken. Der spezielle Weg des Kundalini-Yoga bietet jedoch
Techniken für eine systematische Vorbereitung, Reinigung und Stärkung
des gesamten Körper-Geist-Systems sowie die Erweckung und Lenkung
der Energien.
Voraussetzungen
und konkrete Techniken
Dazu gehören
konkret einige prinzipielle Voraussetzungen sowie Übungen aus fünf
Spezialbereichen des Yoga.
Die grundlegenden
Voraussetzungen sind:
das
theoretische Wissen über die Shiva-Shakti-Philosophie als Hintergrund
und Bezugsrahmen (Jnana-Yoga).
Hingabe
an Gott bzw. die Kosmische Energie, im klassischen Tantra die Verehrung
der göttlichen Mutter (Bhakti-Yoga)
Ethische
Disziplin, die Schulung des Charakters und der Persönlichkeit,
die Einhaltung von Yamas und Niyamas (Raja-Yoga)
Reinigung
des Herzens durch selbstlosen Dienst am Nächsten, an Gott und
am spirituellen Lehrer (Karma Yoga)
Die Praktiken
des Kundalini-Yoga im engeren Sinn lassen sich einteilen in:
Hatha-Yoga
Mantra-Yoga
Nada-Yoga
Yantra-Yoga
Laya-Yoga
Diese fünf
Techniken werden in der klassischen Tradition geübt, um die Energien
zu aktivieren, zu erhöhen, gezielt zu lenken und zu harmonisieren.
Hatha-Yoga
Hatha-Yoga,
der Yoga der Körperschulung, ist im Westen sicher am verbreitetsten.
Hatha-Yoga umfaßt seinerseits wieder verschiedene Praktiken.
Eine grundlegende
Voraussetzung sind auch hier die Yamas und Niyamas, die ethische Einstellung
und geistige Schulung. Ebenso sind im Hatha-Yoga Meditationstechniken
enthalten. Ein Viertel der Hatha Yoga Pradipika, des Grundlagentextes
über Hatha-Yoga, spricht über Meditations-techniken.
Und natürlich
gehören zum Hatha-Yoga die Asanas, die Körperstellungen sowie
Pranayama, die Atemübungen, zusammen mit Bandhas (Verschlüssen)
und Mudras („Siegel“, Körperhaltung). Asanas haben verschiedene
Funktionen. Eine davon ist die Energieerweckung, die in der Tradition,
aus der ich komme, vor allem durch langes Halten der Stellungen erreicht
wird. Langes Halten der Stellungen führt zu Erfahrungen jenseits
des Körperbewußtseins. Du gelangst auf eine ganz andere Ebene.
Asanas können Dich vom Irdisch-Materiellen lösen, in höhere
Bewußtsteinzustände hineinführen. Umgekehrt helfen sie
Dir aber auch, einen transzendentalen Aspekt in das Körperlich-Materielle
hineinzubringen.
Pranayama ist
neben der Meditation die Schlüsseltechnik, mit der Du an Deinen
Energien arbeiten kannst. Es gibt vorbereitende, reinigende, energieerweckende,
kühlende und harmonisierende Atemübungen. Fortgeschrittenes
Pranayama ist immer verbunden mit Bandhas, bestimmten Verschlüssen,
die Du richtig lernen mußt und setzen können mußt.
So fließt die Energie, die Du erweckst, nicht weg, sondern reinigt
stattdessen die Nadis (Energiekanäle) und Chakras (Energiezent-ren).
Ein wichtiger
Aspekt im Hatha-Yoga sind auch die Kriyas. Das Wort Kriya an sich heißt
einfach Handlung und es bedeutet in verschiedenen Yogasystemen jeweils
etwas anderes. Im Hatha Yoga sind die Kriyas die Reinigungstechniken:
Augen-, Nasen-, Magen-, Darmreinigung, Reinigung der Atemwege. Mit den
Kriyas kannst Du den Körper rein und stark machen, so daß
die immer stärker werdende Energie frei und ohne Blockaden fließt
und der Prozeß der Energieerweckung harmonisch verlaufen kann.
Mantra-Yoga
Mantras sind
klassische Sanskritsilben und worte, in denen die Urenergie des Klangs,
ihre ursprüngliche Bedeutung, unmittelbar enthalten ist. Durch
Wiederholung des Mantras entfaltet sich diese im Klang eingeschlossene
Energie. Das verbreitetste ist Om. Es gibt auch komplexere Mantras wie
Om Namah Shivaya oder Om Namo Narayana, die jeweils einen besonderen
Aspekt der kosmischen Energie beinhalten.
Man unterscheidet
verschiedene Arten von Mantras.
Es gibt zum einen
die sogenannten Moksha-Mantras (Moksha = Befreiung). Diese Moksha-Mantrags
vermögen bei genügend langer Wiederholung Deinen Körper,
Deine Lebensenergie, Deine Emotionen, Deine Gedanken und Deinen Intellekt
zu transformieren. Schließlich wird Dein Bewußtsein nicht
mehr von Körper und Geist begrenzt, sondern ruht in sich selbst.
Du erreichst Samadhi, den überbewußten Zustand. Du erfährst
Sat Chid Ananda – grenzenloses, unbegrenztes Sein, Wissen und Glückseligkeit.
Eine andere Form
von Mantras sind die Mantras der Chakras, die sogenannten Bija-Mantras.
Mittels dieser Mantras kannst Du die Energiezentren gezielt und systematisch
aktivieren, öffnen.
Du kannst also
mit Mantras Energien verändern. Allgemein bekannt ist ja, daß
Musik die Stimmung verändert, heilend, beruhigend oder aktivierend
wirken kann. Musik ist eine Weise, auf Energien einzuwirken. Und ein
Mantra ist eine ganz spezifische Weise, Energien zu erwecken und zu
lenken. Mantras stellen auch eine persönliche Beziehung her zu
einem bestimmten Aspekt der kosmischen Energie oder zu einem bestimmten
Lehrer. Wenn die Kundalini-Energie tatsächlich aktiv wird, hast
Du über das Mantra Halt und Führung. Mittels des Mantras kannst
Du Kontakt aufnehmen zu Gott oder/und zu Deinem spirituellen Lehrer.
Nada-Yoga
Nada Yoga ist
der Yoga des Klanges. Im Unterschied zum Mantra-Yoga, wo die Wirkung
auf der Wiederholung eines Sanskritwortes beruht, ist Nada-Yoga die
Arbeit mit dem Klang an sich. Die klassische indische Musik zum Beispiel
ist eigentlich keine Unterhaltungsmusik, sondern sie dient dazu,
Energieerfahrungen zu bekommen.
Der äußere
Nada-Yoga besteht aus einer bestimmten Art von Musik, von Klängen.
Der innere Nada-Yoga
manifestiert sich zum Beispiel in Form von Anahata-Klängen, inneren
Klängen, die Du vielleicht manchmal in tiefer Meditation oder in
einem hochenergetisierten Raum hören kannst.
Yantra-Yoga
Yantra-Yoga
arbeitet mit Bildern, Farben und Formen. Die bekanntesten Yantras sind
die Darstellungen der Chakras. Sie haben Farben, Gestalt, Symbole. All
das kann man meditativ auf sich wirken lassen. Über die Wahrnehmung
dieser Yantras kannst Du die Energie und den Bewußtseinsinhalt
des entsprechenden Chakras aktivieren.
Laya-Yoga
Laya-Yoga wird
in verschiedensten Traditionen unterschiedlich erklärt. In manchen
Traditionen ist Laya-Yoga gleichbedeutend mit Kundalini-Yoga. In dem
Sinne, wie ich ihn jetzt interpretiere, ist Laya-Yoga eine Weise, das
Bewußtsein auf Energie an sich zu konzentrieren. Ein Beispiel
einer Laya-Yoga-Technik: Während der Meditation löse alle
Bilder und Worte auf. Werde Dir nur des Gefühls bzw. der Essenz
des Gedankens an sich bewußt. Dann löse diese Empfindung
in reine Energie auf. So erfährst Du die Urenergie hinter allen
Gedanken und Emotionen, Shakti. Und Shakti führt Dich zur Erfahrung
von Shiva, reinem Bewußtsein.
Stufenweises
systematisches Entwickeln und Entfalten
Kundalini-Yoga
bedeutet nicht die sofortige Erweckung der Kundalini. Das ist nicht
möglich und auch nicht wünschenswert - genauso wenig, wie
Bhakti-Yoga mit sofortiger grenzenloser Hingabe zum Göttlichen
anfängt oder Jnana-Yoga mit der vollkommenen Erkenntnis der Einheit
oder Raja-Yoga mit der vollständigen Herr-schaft über den
Geist. Du solltest im Kundalini-Yoga mittels der oben beschriebe-nen
Techniken schrittweise und systematisch vorgehen.
• Der erste
Schritt ist die Erhöhung von Prana, der Lebensenergie, die notwendig
ist, um überhaupt Kraft für weitergehende Aktivitäten
zu haben. Der Hatha Yoga, der ja ein Teil des Kundalini-Yoga-Systems
ist, ist eine wichtige Grundlage, um Dein Körper-Geist-System zu
harmonisieren, zu energetisieren und zu stärken für das größere
Maß an Energie, das Du im Laufe der Praxis er-weckst.
• Ein nächster
Schritt ist die Reinigung, Shodhana: Reinigung Deiner Nadis (Energiekanäle)
und Chakras (Energiezentren), auch die Reinigung Deines Körpers,
Gefühlslebens und Geistes. Wenn das System rein ist, kann die Energie
frei fließen.
• Parallel zur
Reinigung muß auch Stärkung erfolgen. Denn wenn Energie aktiviert
wird, müssen die Systeme, durch die sie fließt, auch stark
sein – ähnlich wie für Starkstrom normale Stromleitungen nicht
ausreichen. Der Körper muß in der Lage sein, ein Mehr an
Energie auszuhalten. Eine gewisse emotionelle Festigkeit und intellektuelle
Klarheit sind ebenfalls wichtig.
• Als nächstes
folgt die Stufe der spirituellen Erfahrungen: Wahrnehmungen der feinstofflichen
Ebenen, Astralerfahrungen und erste Vorbereitungserfahrungen wie Hitze,
Wärme, Strom in der Wirbelsäule, Durcheinandergeschüttelt
wer-den, Spüren der Chakras, usw.
• Darauf folgen
die Erweckungserfahrungen, die das Leben des Aspiranten zunächst
einmal gründlich durcheinanderbringen können – nicht notwendigerweise
müssen, aber können. Diese Erfahrungen können anfangs
heftig und machtvoll, oft auch bedrohlich und dunkel sein – das ist
der Kali-Aspekt. Später sind sie eher als schützende, mütterliche
Durga-Energie spürbar. Dann folgt der Lakshmi-Aspekt in Form einer
Erweckung verschiedener Fähigkeiten und Möglichkeiten, zum
Beispiel als Imagination, Inspiration, Intuition. Und schließlich
kommt der Saraswati-Aspekt als intuitive Erkenntnis und Weisheit, unmittelbares
Wissen. Um diesen Prozeß gut und sicher durchgehen zu können,
ist kompetente Anleitung natürlich sehr wichtig.
Formen der Kundalini-Erweckung
Die Erweckung
der Kundalini kann verschiedene Formen annehmen. Sie kann langsam, scheinbar
unmerklich erfolgen. In diesem Fall äußert sie sich in einer
allmählichen Veränderung und Erweiterung von Fähigkeiten
und Bewußtsein. Sie kann sich allein auf geistiger Ebene manifestieren.
Aber sie kann auch dramatisch erfolgen, wie in den oben beschriebenen
typischen Phänomenen: eine Hitze, ein Glühen in der Wirbelsäule,
ein Erzittern, ein automatisches Einnehmen von Yogastellungen, Pranayamas,
Mudras. Sie kann sich manifestieren in Wahrnehmungen subtiler Welten,
Reduzierung des Schlafbedürfnisses, starker Energieempfindung,
so, als stünde man ständig unter Hochspannung und in einem
Gefühl unendlicher Wonne.
Ratschläge
und Maßnahmen bei Spontanerweckungen
Für den
Fall von Spontanerweckungen gibt es zwei einfache Ratschläge.
1. Habe Mut und
Vertrauen
2. Versuche nicht,
diese Energie zu stoppen, sondern laß sie fließen und das
tun, was nötig ist
Die Kundalini-Kraft
ist kein außer Kontrolle geratenes Atomkraftwerk oder eine unkontrollierte
Energie, die uns umbringt oder Schaden zufügt. Sie ist im Gegenteil
die höchste schöpferische Kraft im Universum, die sich in
unserem Mikrokosmos entfaltet, eine intelligente, göttliche Energie,
die erwacht, die Dich transformieren will, die Dich Deine unbegrenzten
Möglichkeiten und Fähigkeiten ausschöpfen lassen will.
Deshalb ist es ganz wichtig, diese Dinge, wenn sie einmal in Gang gekommen
sind, geschehen zu lassen und dieses Erlebnis als besondere Gnade anzusehen,
als eine große Chance in unserer persönlichen Entwicklung
und Evolu-tion.
Du brauchst Mut,
Dich darauf einzulassen und das Vertrauen, daß es auf längere
Sicht das Richtige und etwas sehr Positives ist.
Es mag sein,
daß manche in der intensiven Phase einige Tage nicht ganz zu ihrem
normalen Leben fähig sind. Aber es gibt auch andere Ereignisse
im Leben, die einen zeitweise unfähig machen, normal im Leben zu
agieren, wie etwa eine schwere Krankheit oder Liebeskummer ...
Wichtig in der
intensiven Phase ist es, reinigende und erdende Praktiken zu machen
und die energieerhöhenden Praktiken zu reduzieren. Zu den Reinigungstechniken
gehören zum Beispiel die Wechselatmung sowie die Mantra-Meditation.
Zu den erdenden Techniken zählen die Asanas.
Daneben gibt
es kühlende Praktiken, mit denen die sogenannte Mondenergie aktiviert
wird, so daß die erhitzende Kundalini-Energie harmonisiert und
in positive, schöpferische Bahnen gelenkt wird. Dazu gehören
zum Beispiel Sitali, Sitkari, (bestimmte Atemtechniken), einfache Variationen
der Kechari-Mudra und verschiedene andere Techniken.
Ein unabdingbarer
Aspekt ist auch eine Ernährung nach strikt sattwigen (reinen) Gesichtspunkten,
das heißt im wesentlichen ohne Fleisch, Fisch, Eier, Zwiebeln,
Knoblauch. Alkohol, Kaffee und Rauchen sind absolut tabu.
Ich möchte
hier ausdrücklich betonen und eindringlich darauf hinweisen, daß
die Einhaltung dieser und einiger anderer Regeln bei intensiver Übung
von Kundalini-Yoga-Praktiken unabdingbar ist. Das entscheidet darüber,
ob das Ganze als eher wonnevoll und schön oder eher als unangenehm
erlebt wird.
Bei Spontanerweckungen
ist diese Energie normalerweise einige Wochen bis ein paar Monate sehr
aktiv. Danach harmonisiert sie sich wieder. Zur Ernüchterung vieler
findet man sich dann allmählich wieder im Alltag wieder, statt
Stufe für Stufe direkt zur Erleuchtung und Selbstverwirklichung
zu kommen! Aber etwas im Bewußtsein ist dauerhaft anders geworden,
etwas im Bezug zur Welt hat sich geändert und ganz sicher wird
man mehr Energie und mehr Kraft haben, um an anderen Aspekten seines
Wesens und seiner Persönlichkeit zu arbeiten.
Kundalini-Yoga
– ein sicherer, erprobter Weg
Kundalini Yoga
ist der Weg der systematischen Erweckung. Korrekt unter kompetenter
Anleitung und unter Beachtung bestimmter Regeln und Vorsichtsmaßnahmen
ausgeführt ist er ein sicherer Weg. Aber Du mußt Dich schon
an das Klassische halten. Du darfst nicht intensive Praktiken machen
und dabei die Ernährungsregeln mißachten oder etwas weglassen,
was vielleicht von entscheidender Bedeutung ist. Aber wenn Du es mit
Disziplin und ganzheitlich machst, ist es ein sicherer Weg. Die Wirkungen
sind bekannt, die Gefahren sind bekannt, etwaige Erfahrungen sind bekannt
und welche Gegenmaßnahmen man gegebenenfalls einleiten kann, ist
auch bekannt.
Kundalini Yoga
ist sicher ein fortgeschrittener Aspekt des Yoga. Er ist ein inneres
Abenteuer, der das Leben verändern kann – ohne gleich aus jedem
ein Genie zu machen. Aber er kann für Dich ein Schlüssel sein
für geistige Ausstrahlung, für Lebensenergie, zum Transzendieren
von Grenzen, vor allem selbstgesetzten Grenzen. Er kann Dein Bewußtsein
erweitern, Dein ganzes Leben und Sein bereichern und Dich schließlich
schrittweise auch zur Verwirklichung führen.
zum
Inhaltsverzeichnis
Bhagavad
Gita
von Haripriya-Deepa
Malavalli
Das epische
Werk Bhagavad Gita oder der “Gesang Gottes” wurde vom Weisen Vyasa empfangen
und später schriftlich niedergelegt. Die Gita ist eine Art didakti-sches
Gedicht 1, ein langes Lied das aus 700 Versen besteht. Dem jetzigen
Stand historischer Kenntnisse zufolge, ist die Gita wahrscheinlich im
4. bis 3. Jahrhundert v. u. Z. entstanden und im 2. Jahrhundert u. Z.
in den Epos Mahabharata eingefügt worden. 2
Die Gita richtet
sich in besonderem Maße an Menschen, die Spiritualität praktizieren,
da jedes Kapitel praktische Hinweise und Methoden zur Erlangung inneren
Friedens und Harmonie
gibt. Desweiteren
verhilft uns die Gita bei der Überwindung unserer weltlichen Verhaftungen
und zeigt Wege zur Verbesserung unseres Umgangs mit uns selbst, mit
unseren Mitmenschen und mit der Welt auf. Die Gita richtet sich an alle
Menschen, ganz gleich, ob sie in einem Kloster, in einer Familie oder
irgendwo in der Welt leben. Bildlich gesprochen ist die Gita eine Art
Boot, das einen Menschen aus der Dunkelheit der Abhängigkeit in
das Licht der Freiheit führt.
Die Welt wird
in der Gita als Karmakshethra bezeichnet. Ein Feld der Aktivität,
wo man bestimmte Aufgaben erfüllt, ohne nach den Früchten
zu trachten, da ein solches Verlangen das Ego meist übermäßig
entwickelt und Umstände, wie die der Abhängkeit, der Unfreiheit
und schließlich der Unzufriedenheit und der Täuschung erzeugt.
Dadurch entwickeln sich oftmals (schlechte) Gewohnheiten Vasanas, die
sich im Einzelnen festsetzen und die er immer wieder ausgeführt
ohne sie meist zu bemerken. Er weiß dann nicht, was er sich selbst
antut oder er kommt trotz seiner Bewußtwerdung nicht davon los.
Der Einzelne indentifiziert sich lediglich mit seinem Äußeren
also mit dem Körper oder mit dem Materiellen, was die Preisgabe
oder die Blockierung seiner eigentlichen göttlichen Selbstverwirklichung
bedeutet.
Arjuna, die
Hauptfigur ist Jivi das Individuum. Der Körper ist der Wagen, der
Lehrer im Wagen ist Krishna, Gott oder das göttliche Selbst, von
dem die Inspiration oder die Intelligenz (Brahman) ausgeht, der die
Fragen des Individuums beantwortet und seinen Geist erhellt so etwa
wie es in der Gayathri Mantra heißt: (…) “Dhiyoyona Prachodayath”…(
O Gott, erwecke die in mir wohnende Unterscheidungskraft). 3
Die 100 Kaurava-Brüder
repräsentieren das Dämonische, die 5 Pandava-Brüder stehen
für das Positive. Während die einen Asad oder das Negative
bzw. die Unwahrhaftig darstellen, sind die anderen Sad oder positiv
bzw. wahrhaftig. Damit entsteht der ewige Kampf zwischen Gut und Böse.
4
zum
Inhaltsverzeichnis
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Das Phänomen
der Täuschung ist ein globales Problem, das jeder Mensch erlebt.
So auch Arjuna, ein Mensch, der über viel Weisheit und Geschicklichkeit
verfügt. Er verliert seine Nerven, kann nicht mehr kämpfen,
da er seine eigenen Brüder töten muß. Er identifiziert
sich mit dem Körper und glaubt, daß der Körper das höhere
Selbst Atman darstellt. Hierbei lehrt die Gita die Kunst im Meer der
Täuschung zu schwimmen und dieses schließlich zu überqueren.
Beispielsweise erklärt Krishna bezüglich dem Gefühl der
Traurigkeit hinsichtlich der Tötung der Kauravas, daß niemand
sie töten könne, obschon sie einen sterblichen Körper
besitzen, aber dennoch wie alle Wesen, unsterblich sind. Er führt
an, daß der Weise weder über die Lebendigen noch über
die Toten trauert. Denn man trauert auch nicht über die Tatsache,
daß sich unser Körper aufgrund des Wachstumsprozeßes
verändert: Kind, Jugendlicher, junger Erwachsener, reifer Erwachsener,
alter Mensch. Man kann sich an Erlebnisse aus den verschiedenen Lebensjahren
erinnern, obwohl man sich stark verändert hat. Man ist der oder
die gleiche Person geblieben und doch ist man ganz anders geworden.
So bleibt das Atman unverändert in dem sich verändernden Körper.
Der, der dies erkennt, ist der wahre Jnani, so Krishna. Man muß
die Veränderungen akzeptieren und sie durchleben, denn Freude und
Trauer sind wie Tag und Nacht. Sie haben mit dem Körper zu tun,
aber sie berühren die Seele nicht. Die Erkenntnis dieser Realität
führt schließlich zur Befreiung, Moksha.
Die Gita beginnt
mit den Versen (…)”Dharmakshetra, Kurukshetra…”. Somit wird der Beginn
des Epos mit dem entscheidenden Begriff Dharma zum Ausdruck gebracht,
da Dharma der Welt der Täuschung Kurukshetra überlegen ist.
Im letzten Vers des 18. Kapitels lesen wir “Yathra Yogeshwarah Krishno”.
1 Yogeshwarah steht für Dharma und in diesem Kontext sagt die Gita:
Erkenne Dharma und praktiziere es, da es deiner göttlichen Natur
entspricht. Somit ist die Gita unter anderem ein Werk zum Thema Dharma
mit all seinen Aspekten. Es ist allerdings wichtig, daß jeder
Mensch sein eigenes Dharma oder Swadharma erkennt, entwickelt und auslebt.
Dabei ist natürlich zu beachten, daß man auch anderen den
Raum zugesteht, den sie für ihre dharmische Entwicklung brauchen.
In diesem Kontext spricht Krishna über die Einhaltung bestimmter
moralischer Grundsätze. Es ist sicherlich nicht einfach zu entscheiden,
welche Handlung moralisch legitim ist oder nicht. Besonders wenn man
spirituelle Grundsätze mit privaten und öffentlichen Interessen
zu vereinen versucht.
Krishna sagt
in diesem Zusammenhang, daß wir alle göttlich bzw Gott sind,
und daß man sich diese Realität immer wieder vergegenwärtigen
muß, um sich auf sein göttliches Selbst einzustimmen, die
innere Stimme wahrzunehmen und aus dieser Perspektive heraus sein Denken
und Handeln auszuführen. In bezug auf Arjuna, der seinen Mut verloren
hat, bedeutet die totale Ausrichtung auf Krishna, daß er dadurch
Gefühlen wie Angst, Unsicherheit und Mutlosigkeit keinen Raum mehr
läßt. Die Darstellung der Mutlosigkeit Arjunas schafft den
Boden für die Auseinanderset-zung mit dem Yoga der Erkenntnis Sankhya
Yoga. Bis zur 11. Strophe des 2. Kapitels wird Arjunas Problem exemplifiziert.
Danach bricht Arjuna in sich zusammen und bittet Krishna um Rat und
Führung. Es fällt Arjuna nicht leicht in den Kampf zu gehen,
da die andere Partei mit ihm verwandt ist und ihm in der Vergangenheit
auch Gutes getan hatte.
_______________________________________________________________
1. : Sri Sathya
Sai Baba: Geeta Vahini, Bangalore 1966,
Außerdem
ist er auch nicht daran interessiert durch Krieg Macht und Ruhm zu erlangen.
Krishna macht jedoch Arjuna darauf aufmerksam, daß sich
beide Parteien dazu entschlossen hätten, in den Krieg zu gehen
und daß es nun keine Möglichkeit für einen Rückzug
aus dem Krieg gäbe, zumal auch Arjuna aus bestimmten, berechtigten
Gründen in den Krieg gezogen sei, sich von Göttern wie Indra
kosmische Pfeile geben ließ, um den Krieg zu gewinnen. Nun sei
er dazu verpflichtet, seiner Soldatenkaste Kshatriya gerecht zu werden.
Denn der Krieg ist nicht aus heiterem Himmel zustande gekommen, vielmehr
haben viele kleine Formen der Gewalt diesen Krieg ausgelöst.
Allmählich
erkennt Arjuna die Bedeutung des Kampfes und ist bereit zu kämpfen,
jedoch weniger um weltliche Macht zu erlangen, als vielmehr um spirituell
voranzukommen. Ab diesem Zeitpunkt ist Krishna der Guru Arjunas, der
seinerseits Krishnas Schüler wird.
Arjuna erkennt,
daß sein Mut und seine Ratlosigkeit ein Produkt seines Egos sind
und daß dies auch die Ursache für weiteres Unheil bedeutet.
Er übergibt sein Urteilsvermögen Krishna und wird dadurch
Krishnas Instrument, das heißt er handelt aus der göttlichen
Perspektive heraus. Somit ist nicht er der Handelnde, sondern Krishna.
Ihm wird klar,
daß er einerseits gegen seine Verwandten Krieg führen muß,
wenn diese großes Unrecht begangen haben und andererseits für
die Wiederherstellung von Dharma und Prema kämpfen muß. Hiebei
erkennt er auch seine eigenen Fehler, besonders das Spiel seines Egos.
Jedoch durch das Eingestehen seiner eigenen Fehler öffnet er sich
für die höhere Erkenntnis und aus dieser demütigen Haltung
heraus, kann er sich Krishna hingeben oder Ihm vollkommen vertrauen.
Arjunas Unsicherheit steht symbolisch für die Angst und die innere
Schwäche im Menschen. Diese Schwächen sind nicht schlimm,
solange wir ehrlich und dazu bereit sind, sie zu bekämpfen und
uns voller Demut den Beistand von Menschen oder Gurus ersuchen, die
diese Seinzustände bereits überwunden haben und den Weg der
Erkenntnis gegangen sind. Denn sie kennen den Weg ganz genau und verfügen
daher über die genauesten Kenntnisse bezüglich möglicher
Gefahren auf dem Weg. Sie wissen, wie man die Hindernisse umgeht oder
sie beseitigt. Demgegenüber sind Menschen, die glauben alles bereits
zu wissen, die wirklich Dummen, die letzendlich an ihrem eigenen Hochmut
zerbrechen.
Der Kriegsschauplatz
ist zwar der Ort des Geschehens in der Gita, aber dieser Kampf ist meines
Erachtens symbolisch zu verstehen: Es geht weniger darum andere auszuschalten
oder zu bekämpfen, als vielmehr den inneren Kampf, den man mit
sich selbst austrägt, zu vollziehen. Demnach ist der Krieger in
uns angesprochen, der mit Weisheit, Liebe und Gottesvertrauen das Ungute
in sich selbst bekämpft und die innere Harmonie wiederherstellt.
Gewaltlosigkeit Ahimsa, rechtes Handeln Dharma und bedingungslose, universelle
Liebe Prema sind die Eigenschaften, die uns sicher an das Ziel des Yoga
bringen und uns mit Gott vereinen. __________________________________________________________________
Quellen:
Swami Sivananda:
Bhagavadgita, englische Ausgabe, II Kapitel, Rishikesh, Indien
Sathya Sai .Baba
: Geetha Vahini, erstes und zweites Kapitel, Bangalore, Indien 1966.,
Klaus Mylius:
Geschichte der Literatur im alten Indien, Leipzig 1983,
Eine Wolke erscheint...
Von Hanspeter
Sperzel
Gerade zieht
eine dicke Regenwolke über unseren Himmel, und ich fühle mich,
als ob diese Wolke mich verschließt, mir nicht gestattet, mit
der Welt um mich her im Austausch zu paktieren. Es staut sich in mir,
und meine Schädeldecke scheint sich zu wölben wie ein Deckel
eines Topfes, der, festgehalten von stählernen Klammern, dem Druck
des brodelnden Dampfes nur langsam nachgibt. Es ist feucht und schwül,
und der ständige Wechsel vom Licht der Sonne, wenn sie durch die
Wolken bricht, und der Düsternis dieser Wolke, die ein Durchbrechen
des Lichts verhindert, reizt die Augen, lässt sie ständig
tränig feucht erscheinen.
Wie das Wetter
draußen, so erlebe ich auch mein Gemüt. Die dunkle Wolke
treibt auch hier ihr Spiel, lässt mich erschauern und erzittern.
Es ist ungemütlich und anstrengend, diesem Wechsel unterworfen
zu sein, zu vielfältig und hintergründig sind die Gedanken,
alles staut sich auf, als wäre ein Abfluss verstopft. Und doch
verweigert sich etwas in mir einer der Lösungen, die sich aufdrängen
und sich ständig in den Vordergrund schieben, die rufen: was soll‘s,
es ist doch eh egal... und es kommt doch anders, als man denkt..., und
was willst du eigentlich, du bist doch..., und du musst Geduld haben...,
und was sonst noch... Denn nichts ist ganz so egal, genauso, wie nichts
so überaus wichtig ist, und ich fühle eine Sättigung
darüber, für und wider immerzu gegeneinander aufzurechnen. Es sollte doch
ganz einfach sein, und ich höre und lese dies so oft, dass ich
schon lange nicht mehr weiß, wo mir dies zum erstenmal begegnete.
Alles ist gut, so wie es ist, heißt es da, und dein Problem beruht
nur auf der Tatsache, das du ein Problem siehst, wo kein Problem ist.
Höre auf, das Problem zu denken, und dein Problem verflüchtigt
sich wie der Gedanke, der es schuf. Das klingt paradox, und gerade daher
erscheint es richtig zu sein, denn wenn die Realität nicht mehr
helfen kann, erscheint das Paradoxe als sein Gegenüber doch der
Lösung näher. Und doch, auch dieser Ansatz erscheint letztlich
so falsch, wie er nur sein kann, denn er ver-schiebt alles nur ins andere
Extrem, schüttet das Bad aus samt dem Kinde darin.
Was wäre
eigentlich, wenn alle Ansätze zur Lösung falsch sind, es den
richtigen Ansatz nicht gibt, und wenn daher genau das Falsche zu tun,
immer wieder und immer wieder, erst zu der Einsicht führt, die
das Problem, oder besser noch jedes Problem, für immer verbannt.
Ist die Einsicht vielleicht die Erkenntnis der Unvollkommenheit und
Bedingtheit des Lebens? Ist dieser sich ständig wiederholende Irrtum
dem Menschsein eingegeben? Ist dies vielleicht die Lektion, die es hier
und heute zu lernen gibt?. Und wenn dies so wäre, sollte dann nicht
die Einstellung eines Kindes, das laufen lernt, das Vorbild hierfür
sein: Lachen, wenn es steht, und weinen, wenn es fällt? Und ist
Gleichmut dann nicht eine Krankheit, die Erkenntnis zu verbergen sucht,
weil diese Leichtigkeit und Anstrengung, Lachen und Weinen, Freude und
Leid, und letztlich alle Gegensätze einschließt?
Die Wolkendecke
lichtet sich, und draußen kommt die Helligkeit der Sonne zum Überwiegen.
Und auch der Druck im Kopf scheint, mit etwas Verzögerung zwar,
der Helligkeit zu weichen. Ist es nicht seltsam und staunenswert, das
eine vorüberziehende Wolke am Himmel das Gemüt derart verdunkeln
kann, und das zwei so unterschiedliche Wesenheiten so eindeutig partizipieren.
Und wenn dies so ist, wie fest und verschweißt mögen dann
die vielen anderen Dinge sein, die zu unterscheiden wir gewohnt sind;
und wie groß wird unsere Geduld und unser Ausharren sein müssen,
um dieses letztlich zu ergründen? Ich fühle mich klein und
schwach, und doch erscheint dieses mir mehr und mehr in aller Klarheit:
Die große Kraft des Ganzen sollte auch mich durchfließen
können, so wie diese Wolke, die, als sie mein Gemüt erschütterte,
mich durchfloss!
zum
Inhaltsverzeichnis
Liebesbrief
aus Indien
Anonymus
Liebe ist alles,
und alles ist Liebe. Es gibt nur Liebe und nichts außer Liebe.
Alles ist Liebe, und es ist einzig und alleine Liebe. Nur Liebe ist,
und alles was ist, ist Liebe. Auch Ausnahmen sind Liebe. Auch Zweifel
sind Liebe. Und alles andere ist auch Liebe. Wir können es auch
anders nennen, und es bleibt doch was es ist: Liebe.
Teil I
Liebe ist die
Stärke, die Kraft und die Macht, welche unser Potential entfalten
und zum Ausdruck bringen kann. Nichts sonst in der Welt ist so unbedingt
frei, offen und wirksam. Echte Liebe ist wahre Stärke. Es hat zu
tun mit bedingungsloser Akzeptanz und tiefem Respekt, mit Hingabe und
mit Offenheit von Herz und Geist. Und es hat zu tun mit Demut, das Eingestehen
unserer eigenen Unzulänglichkeit und unserer Unfähigkeit,
die Existenz zu verstehen und die Einsicht, das Leben nicht kontrollieren
zu können und aufzuhören, es zu versuchen. Aber dennoch darauf
zu vertrauen. Durch Liebe erkennen wir die Weisheit in allem, was uns
diese unermeßliche Existenz entgegenbringt. In Liebe dient alles
unserem Wohle, unserem Wachstum, unserer Selbsterkenntnis.
Das ist ein
Juwel, den ich in Indien fand. Dort fand ich ihn in meinem eigenen Herzen.
Er muß in jedem Herzen zu Hause sein, auch in Deinem!
Liebesfähigkeit
dieser Art liegt in unserer Natur. Sie frei zu lassen bedeutet Mitgefühl
mit anderen zu entwickeln, wo sie ihre eigene Liebesfähigkeit nicht
erkennen oder anerkennen, und mit uns selbst.
Echte Zufriedenheit,
vollkommen und absolut in Frieden zu sein mit dem Leben und der Welt,
so wie sie sind. Mit allem zufrieden zu sein, genau so wie es ist! Nichts
außer Liebe kann diese Befriedigung, die einzig echte und wahre,
weil dauerhafte Befriedigung, erlangen. Alles in der Welt ist von geringer
Dauer. Wenn wir genau beobachten, von überhaupt keiner Dauer. Nur
in der Liebe ist Erfüllung von Dauer zu finden.
Und hier ist
nicht von romantischer, emotionaler "Gefühlsduselei" die Rede.
Son-dern von unendlicher Offenheit und Weite, von bedingungsloser Freiheit,
von ewiger Verbundenheit, vollkommener Einigkeit im vollständigen
Leben.
In Liebe lebt
sich das Leben frei, offen und friedvoll, ohne Zwang oder Druck, aber
mit Kraft und Ausdauer, mit Lust, aber ohne Erwartung, mit Schmerz,
aber ohne Leid. Nur in Liebe ist Freiheit, und nur in Freiheit kann
Leben lebendig sein. Liebe bringt Reichtum und Größe, die
von Dauer sind, und Gelassenheit, die auch in der materiellen Welt Früchte
hervorbringt. Schmackhaft und bekömmlich, nicht verdorben.
Diese Liebe,
die ich in Indien fand, ist nur in unserem eigenen Herzen zu entdecken.
Nichts und niemand kann sie uns geben. Nichts und niemand kann sie uns
jemals nehmen. Gib ihr Deine Aufmerksamkeit. Paß gut darauf auf,
und folge ihrer leisen Stimme. Es ist die Stimme unserer ureigenen Natur.
Das ist Hingabe.
Diese Liebe im
eigenen Herzen findet Resonanz und bedeutet Verbundenheit mit allen
Herzen und mit allem im eigenen Herzen. Sie ist die Grundlage, der Inhalt,
die Form, die Quelle, der Atem, die Frucht des Lebens, der gesamten
Existenz. Sie ist Wahrheit, die einzige, die zu finden ist und die tiefste,
die zu beobachten ist.
Wer kann sie
leugnen? Wer kann sie jemals ganz ergründen?
Wie könnten
wir das Grenzenlose je erfassen?
So bleibt mir
nichts mehr übrig, als Dich zu lieben und tief in meinem Herzen
zu umarmen.
Teil II
Die Schwierigkeiten
des Lebens kann die Liebe nicht beseitigen. Sie weiß nichts davon.
Denn die Welt ist nichts als vorüberziehende Erfahrung, und die
Liebe ist ewiges zu Hause, unberührbar, unveränderlich. Nicht
romantisch, aber wahrhaftig und echt. Kein Gedanken- und Gefühlsgespinst,
sondern klar, frei, offen, direkt, einfach.
Das ist keine
Poesie und keine Philosophie. Das ist, was ich sehe, genau so, nicht
anders. Es ist keine Vorstellung, Phantasie oder Träumerei, nichts
ausgedachtes, keine Schwärmerei und kein Trost, sondern meine einfache
direkte Erfahrung, genau so, nicht anders.
Zu dieser Liebe
braucht es nichts, und wir finden alles in ihr. Mut, Stärke, Klarheit,
Weisheit, Ausdauer, Frieden, Freiheit, ... Sie gibt alles und verlangt
nichts. Sie bes-tätigt, akzeptiert, toleriert, respektiert alles
und erwartet nichts. Wir können sie igno-rieren, verleugnen, anzweifeln.
Aber wir können uns ihr nicht entziehen. Sie ist unser Atem, unser
Herzschlag. Sie ist, was wir sind.
Liebe die Liebe
und lebe das Leben. Liebe das Leben und lebe die Liebe.
Diese Liebe
fragt, was kann ich geben?, was kann ich für andere tun?, nicht
was kann ich bekommen und wie sind mir andere von Nutzen. Das ist die
Grundlage für gesunde, reiche Beziehungen in Frieden und Freiheit.
Das ist die Basis für ein er-fülltes glückliches Leben,
alleine und gemeinsam.
Mit diesem Brief
schicke ich Dir all meine Liebe mit all ihren Qualitäten und all
ihren Möglichkeiten, die ich in meinem Herzen finde und zu denen
wir fähig sind. Möge sie in Deinem Herzen Anklang finden,
und mögen wir gemeinsam über uns hinaus wachsen zu unserer
wahren Größe.
Und das ist
keine persönliche Angelegenheit.
Teil III
Diese Liebe kennt
keine Anhaftung, keine Identität, keinen Haß, keine Vergeltung,
keine Fehler, keinen Mangel, keine Not, keine Angst, kein Gegenüber.
Sie grenzt nichts aus, grenzt nichts ab und grenzt nichts ein.
Diese Liebe sieht
die Dinge so, wie sie wirklich sind und ist in vollkommenem Frieden
mit allem, so wie es ist.
Diese Liebe nimmt
keine Trennung vor. Sie läßt alle Unterschiede in Schönheit
erstrahlen. Sie schließt nichts aus. In ihr ist alles eines, ein
Ganzes, vollkommen und ewig so.
Diese Liebe kennt
keine Meinung, keine Werte und keine Urteile. Sie ist immer frei und
offen. Ohne Grenzen, ohne Beschränkung, ohne Bindung, ohne Vorliebe,
ohne Reservierung, ohne Abneigung, stellt sie immer die reine vollständige
Wahrheit dar.
Diese Liebe hält
nichts fest, sie weiß alles in sich. Sie kennt keinen Verlust
und keinen Gewinn. Sie sucht nichts zu verändern und nichts zu
bewahren, sie weiß alles in feiner Ordnung. Sie sucht nichts zu
erreichen, sie weiß sich vollständig und vollkommen. Sie
sucht nicht etwas oder jemand zu sein und nicht zu werden, sie ist bereits
alles.
Diese Liebe
gibt sich selbst. Sie gibt sich selbst an sich selbst in sich selbst,
um ihrer selbst willen. Das ist ihre Natur. Das ist unsere Natur. So
kommt es mir vor. Darin sehe ich mich frei. Darin kann ich in Frieden
sein mit allem und jedem. Darin finde ich mich erfüllt. Darin erkenne
ich echt und wahrhaftig mich selbst über alle Begrenzungen von
Körper und Person, Gedanken und Gefühlen, Verstand und Intellekt,
Vernunft und Vorstellung hinaus. Das kann ich nicht begreifen und nicht
verstehen, und ich kann es nicht leugnen und nicht ignorieren. Wie sollte
es anders sein, außer noch weiter, noch offener, noch freier,
noch klarer, noch tiefer, noch direkter, noch einfacher?!
Diese Liebe ist
nur für sich selbst da, und das bedeutet für alles, was da
ist. Denn diese Liebe ist alles, was ist. Sie bedarf keiner Zustimmung.
Der Wahrheit ist es egal, ob wir sie erkennen und anerkennen. Sie ist
und bleibt immer was sie ist. Lassen wir uns darauf ein und sind frei,
oder wir leben sonst wie wir wollen, und wir sind auch frei. Erkennen
wir unsere Freiheit, die Wahrheit und die Liebe, und er-kennen wir sie
an, oder ignorieren wir sie. Das ändert nichts an der Freiheit
oder der Wahrheit oder der Liebe. Es macht nur den Unterschied zwischen
Glück und Leid.
Liebe das Leben
und lebe die Liebe. Glück oder Leid für uns und andere, für
die Welt und das ganze Universum. Wir haben die Wahl.
Liebe! Liebe!
Liebe! Und lebe, lebe, lebe wohl, glücklich und frei, gesund und
in Frieden.
Teil IV
Liebe, unendlich
weit, sie ist nicht zu erfassen.
Liebe, bedingungslos
frei, sie nicht zu begreifen.
Liebe, unbegrenzt
offen, sie unterscheidet nicht.
Liebe, ewig und
absolut gültig, sie ist nicht zu beschreiben.
Liebe, ohne Regeln,
sie ist nicht zu verstehen.
Liebe, ohne Form,
sie birgt unendlich viele Möglichkeiten.
Liebe, ohne Zeit,
sie trägt nichts nach und erwartet nichts.
Liebe, ohne Raum
alles umfassend, alles durchdringend, sie ist allgegenwärtig.
Liebe, überall
unsichtbar, sie stellt alles dar.
Leiden muß,
wer das vergißt.
Ich liebe Dich,
ich liebe mich, ich liebe das Leben, ich liebe die Welt, ich liebe!
Ich lebe!
Ich lebe, ich
liebe! Liebe.
Tun wir, was
wir wollen oder müssen, aber vergessen wir nicht, dabei zu lieben.
Vergessen wir nur die Liebe nicht.
Die Liebe weiß,
daß alles vorüber geht, daß nicht auch nur ein einziges
"Etwas", von dem man sagen könnte, es wäre etwas, auch nur
einen einzigen "Moment", über den man sagen könnte, er hätte
eine gewisse Dauer und daß er somit ein echter Moment wäre,
daß nicht auch nur irgend etwas in diesem Sinne verweilt. Die
Liebe weiß, nicht etwas und auch nichts anderes ist beständig.
Die Liebe ist
unveränderlich und unvergänglich. Doch auch von ihr kann man
nicht sagen, daß sie etwas ist, noch kann man ihre Qualität
in Zeit oder Raum ermessen oder angeben. Diese Liebe scheint mir das
einzige, was wirklich existiert, wenn man überhaupt von Existenz
sprechen kann, ohne die Liebe zu beschneiden. Denn sie kennt keinen
Anfang und kein Ende und kein auffindbares Dasein in Zeit oder Raum.
Sie ist das einzige, weil sie alles beinhaltet, durchdringt, bewirkt
und ausmacht, was in der Existenz erscheint.
Sowenig wie
ein Wassertropfen den Ozean, können wir die Liebe fassen mit unserem
kleinen Verstand und Vorstellungsvermögen. Und doch können
wir soviel wissen und erkennen, wie der Tropfen die Qualitäten
des Wassers kennt, ohne den Ozean zu begreifen.
Liebe ist nicht
etwas. Und indem wir den Namen "Liebe" geben, beginnen wir zu glauben,
daß es etwas sei, nämlich Liebe. Aber das, worüber ich
hier schreibe, ist nicht etwas und doch ist es da. Es ist da, aber nicht
zu orten, nicht zu benennen, nicht zu begreifen, nicht zu erfassen,
nicht zu beschreiben. Es ist sogar das einzige, von dem man sagen kann,
es ist wirklich da, hier und überall, jetzt und immer.
Hören wir
einfach auf zu glauben, wir hätten tatsächlich auch nur eine
Ahnung von dem, was wahr ist, oder daß wir es wirklich kontrollieren
könnten. Und geben wir auch den Gedanken auf, daß wir etwas
anderes oder getrenntes wären von allen und allem, was anders erscheint.
Hören wir einfach auf damit und lassen sein, was wirklich ist,
so wie es tatsächlich ist. Lassen wir kommen, was kommt und gehen,
was geht. Lassen wir alles an seinem Platz, dort wo es wirklich ist,
das Vergangene in der Vergangenheit, das Zukünftige in der Zukunft.
Und bestehen wir, indem wir tun ,was zu tun ist, jetzt und hier.
Wie man es auch
sieht, was man glaubt oder nicht glaubt, will oder nicht will, mag oder
nicht mag, befürwortet oder ablehnt, es ändert nichts an dem,
was ist und wie es ist.
Erkennen wir
das und lieben wir!
Teil V
Wenn einer kämpfen
will, möge er seine falschen und beschränkten Sichtweisen
bekämpfen, seine irrigen Meinungen und verwirrten Launen, seine
Unwissenheit und Selbstwichtigkeit, seine Einbildungen und Selbstbilder,
seine Irrtümer und Selbsttäuschung, seine Überheblichkeit
und seinen Größenwahn, seinen Minderwertigkeitskomplex und
Zweifel, seine Angst und seinen Widerstand.
Da lohnt es sich
zu kämpfen, wenn einer die Wahrheit sehen will. Ansonsten möge
der Mensch auf großes Leiden gefaßt sein. Enttäuschte
Erwartungen und Irrtümer können als Unglück oder als
Befreiung von Täuschung, Verwirrung und Beschränkung empfunden
werden. Retten wir uns und befreien damit alle Wesen. Nutzen wir unsere
Möglichkeit, klar zu sehen, vergessen wir unsere Person und sehen
wir zu, was wir für uns als Ganzes tun können, wie wir uns
als große universelle Einheit dienen können. Das befriedigt,
das erfüllt.Es ist nämlich ein großer Irrtum, anzunehmen,
wir seien getrennt von anderen und der Welt. Das finde ich in meiner
direkten Erfahrung in meinem Herzen, wenn ich nur einen Moment, welcher
eine Ewigkeit andauern möge, den Glauben aufgebe, bereits Bescheid
zu wissen. Diese Demut bringt die Wahrheit rein und vollständig
zu Bewußtsein.
Als Empfehlung
und Herzens Geschenk, schauen wir in unserer eigenen Erfahrung nach,
überprüfen und untersuchen wir, was hier geschrieben steht.
Überzeugen wir uns selbst. Erst dann erkennen wir unsere wahre
Freiheit und was damit verbunden ist. Schenken wir uns diese Freiheit.
Nur wir können sie uns geben. Gewinnen wir unser Glück aus
eigener Erfahrung und Überzeugung. Dehnen wir unser Herz aus, so
daß wir selbst immer in unserem Herzen leben, alles aus unserem
Herzen betrachten und uns in unserem Herzen erkennen, als uns selbst.
Das ist Lieben. Nutzen wir unsere Möglichkeit zur klarsten, tiefsten,
feinsten und vollständigen Erkenntnis und unsere Fähigkeit,
danach zu leben.
In Liebe und
Respekt mit ganzer Anerkennung, in Verbundenheit und Freiheit, begegne
ich Dir mit diesem Brief. Möge das Unfaßbare Dich erfüllen
mit allem, was Dich zufrieden, gesund, glücklich und ... sein läßt.
Und weil die
Wort leer sind, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die Bedeutung,
die sie zu vermitteln suchen.
Weil auf das
Leben immer Verlaß ist!
Teil VI
Ist es nicht
total verrückt und entartet, daß in unseren modernen Zeiten
und Gesellschaften das am schwersten zu sein scheint, was im Grunde
das natürlichste, gewöhnlichste und einfachste ist? Nämlich
in Gemeinschaft und Familie zusammen zu leben, Nachkommen gesund und
liebevoll aufzuziehen und die Weisheit aus der Erfahrung des Lebens
zu übermitteln. Überall in der Natur im ganzen Universum passiert
genau das praktisch von alleine. Nur der moderne, zivilisierte, gelehrte,
geordnete, materiell und technisch reiche Mensch, der soviel erreicht
und bewegt, scheint nicht in der Lage, den einfachsten und natürlichsten
Bereich des Lebens zu meistern: Friedlich und liebevoll in Gemeinschaft
füreinander zu leben. Ist das nicht erstaunlich? Oder täusche
ich mich?
Dabei ist Lieben
so einfach! Es erfordert keine besondere Anstrengung oder Voraussetzung.
Im Gegenteil: Lieben erleichtert uns von der Last und Anstrengung, Unterschiede
zu machen, zu urteilen und zu werten, es befreit uns von den Mühen,
zu kontrollieren, zu manipulieren, zu trennen und auszuschließen.
Lieben bedeutet, alles sein zu lassen wie es ist und sich selbst noch
dazu zu geben. Das Leben richtet sich selbst auf natürliche gesunde
Weise aus. Wo ist unser Vertrauen, unsere Zuversicht?
Wir verlangen
nach Sicherheit, mehr und mehr. Doch es scheint, je mehr sogenannte
Sicherheit wir erreichen, desto größer wird unsere Angst
vor dem echten Leben, vor der direkten Erfahrung des Lebens, und desto
schwächer wird unsere Bereitschaft, zu vertrauen und uns einzulassen
auf die Natur des Daseins.
In welche Richtung
wollen wir Leben?
Je mehr wir uns
von anderen abgrenzen, durch Meinungen, Urteile, Wertungen, Politik,
Wirtschaft, Rüstung, Macht, Reichtum, Überheblichkeit, Fanatismus,
Faschismus, Egoismus, "...ismus", oder sonst wie, desto größer
wird unsere Angst vor jenen, die uns gegenüber zu stehen scheinen.
Wir kreieren damit eine eingebildete Trennung von der eigentlichen Natur
der Dinge, nämlich von Verbundenheit, Ganzheit, Einheit ohne Ausnahme.
In diesen Kämpfen
für Abgrenzung und Ausschließung, für Sicherheit und
Kontrolle, scheint alles so wichtig. Und wir sind oft nicht einmal in
der Lage, friedlich und liebevoll mit der eigenen Familie zu leben und
für auch nur einen Menschen, unsere Kinder, oder eine Sache des
echten vollen Lebens, oder für die Liebe, nach der wir uns sehnen,
einzustehen. Wir sind nicht bereit! Wir ignorieren, verleugnen und lehnen
diese Aussicht ab. Wir wollen uns nicht eingestehen, wieviel Leid wir
mit dieser sturen, ablehnenden Verschlossenheit für uns und andere
verursachen.
Wollen wir nicht
unsere Bereitschaft, gesund und natürlich zu Leben, neu beleben
und kultivieren, uns so weit wie möglich öffnen und frei sein
im Geist und im Herzen? Darin sehe ich echte Stärke, auf die ein
Mensch stolz sein kann, ohne jemandem zu schaden. Weil er somit alles
und jeden in sein Herz aufnimmt und allem mit Mitgefühl, Verständnis,
Anerkennung und Wohlwollen begegnet.
Seien wir stark
für die Liebe! Rüsten wir uns für den Frieden. Entwickeln
wir Freundschaft. Stärken wir unser Vertrauen in das Leben, es
hat uns schließlich hervorgebracht. Widerstehen wir unseren wirren,
leeren Gedanken und Gefühlen. Erkennen wir unsere wahre Natur.
Stärken wir unsere Überzeugung von der Weisheit unseres Herzens.
Folgen wir der Stimme der Liebe.Das ist echte Stärke, für
die es sich zu leben lohnt, und wofür zu sterben keinen Tod bedeutet.
Teil VII
Je eigenständiger
und unabhängiger wir uns vorkommen, desto mehr sind wir verloren
in Empfindungen von Angst und Unsicherheit.
Echte Eigenverantwortung
erkennt die eigene Schwäche und Verletzlichkeit an, genau wie die
totale Abhängigkeit vom Rest des Universums. Echte Stärke
weiß, wie schwach sie ist. Echte Größe weiß,
wie klein sie ist. Echte Freiheit weiß, wie verbindlich sie ist.
Echtes Wissen weiß, wie gering es ist. Echte Liebe weiß,
wie bedingungslos sie ist. Echte Weisheit weiß nichts.
Liebe oder Leid.
Lieben oder leiden, das scheint mir die einzige echte Wahl zu sein,
die wir treffen können. Warum? Weil die Dinge nun einmal so sind,
wie sie sind, oder zumindest so erscheinen, wie sie erscheinen, oder
wir sie so sehen, wie wir sie sehen, deshalb können wir uns entscheiden,
entweder zu lieben oder zu leiden.
Unsere Erfahrung,
die Wahrnehmung des Lebens, können wir im wesentlichen nicht kontrollieren.
Wir können nur Einfluß nehmen auf oberflächliche Variationen.
Darüber hinaus können wir jedoch klar sehen, was diese Existenz
wirklich ist, und wir können die Wahrheit darüber anerkennen
und uns ihr fügen.
Auch wenn wir
in unserem individuellen, persönlichen Dasein laufend Entscheidungen
treffen und bestimmte Erfahrungen erreichen und andere vermeiden wollen,
bekommen wir immer das, was uns das Leben zuführt. Mit oder ohne
unser Einverständnis, mit oder ohne unseren Willen, mit oder ohne
unsere Entscheidung. Hier kann von Kontrolle, Wahl, Sicherheit, ...
wohl kaum die Rede sein. Da können wir uns nur etwas einbilden.
Die Entscheidung
für die Liebe bedeutet, alles was das Leben bringt bedingungslos
zu akzeptieren, freiwillig anzuerkennen, anzunehmen und vorübergehen
zu lassen. Denn das ist die Natur der Dinge: Sie gehen vorüber.
Die Entscheidung
für das Leid ist die Verweigerung gegenüber dem Leben. Das
bedeutet Selbsttäuschung und die Illusion, das Leben kontrollieren
und festhalten zu können. Es ist die Verleumdung der Wahrheit.
Es bedeutet Trennung, Isolation und den Kampf, diese Vorstellung aufrecht
zu erhalten.
Anerkennung und
das Eingeständnis der tatsächlichen Verbundenheit mit allem
und jedem, und der persönlichen Belanglosigkeit, sind das demütige
Zeugnis einer Entscheidung für die Liebe.
Das Leben in
uns, die Weisheit in uns, die Intelligenz in uns sind das Leben, die
Weisheit und die Intelligenz in allen Wesen.Mögen Taten aus Liebe
und Mitgefühl das menschliche Handeln bestimmen, in einer Geisteshaltung
von Offenheit, Toleranz und Verbundenheit.
Beleben wir
unser Potential durch Übung. Dabei geht es nicht darum, ein bestimmtes
Ziel zu erreichen, weder körperlich, noch geistig, noch emotional,
noch in der Welt. Sondern es geht um Öffnung und Befreiung unserer
Möglichkeiten und Er-kenntnisfähigkeit.
Liebe macht
es möglich.
Teil VIII
Liebe ist weit
offen, wie der unendliche Weltenraum. Liebe ist leer, wie der unendliche
Raum. Sie ist unbegreiflich und unbeschreiblich. In ihr ist alles möglich.
Weiten wir unsere
Sicht, sehen wir mit den Augen der Liebe, und wir finden kein Hindernis
zwischen uns und dem offenen, freien, klaren, endlos weiten Raum. Weiten
und klären wir unsere Sicht, dann, mit den Augen der reinen Liebe,
sehen wir alles in Erscheinung treten und wieder vergehen.
In der Liebe,
in unserem Erfahrungsraum, in uns, finden wir mit dieser Sicht nichts,
was von Dauer ist. Nicht einmal uns selbst können wir finden als
etwas, das da bestehen würde. Was, außer der Liebe, ist also
überhaupt wirklich? Außer diesem leeren, unermeßlichen
Raum, was können wir als tatsächlich vorhanden benennen, das
nicht bereits, bevor wir es zur Sprache bringen, vergangen ist? Gibt
es etwas außer Liebe? Wie sehr sind wir getäuscht?
Wie wir Liebe
sehen können, obwohl sie unsichtbar ist?!?
Obwohl ich jetzt
schon seit sechs Seiten davon schreibe, ist es mir nicht möglich
auch nur annähernd zu beschreiben, was Liebe ist.
Wir können
sie erkennen, ohne sie zu sehen. Wir können sie sehen, ohne sie
zu erkennen.
In Stille und
Gelassenheit, mit wacher offener Aufmerksamkeit, offenbart sie sich
mit ihren Wundern.
Nicht was wir
denken oder wie wir empfinden ist von Bedeutung. Einzig wie es wirklich
ist, ist das was zählt. Denken und glauben wir, was wir wollen,
aber nehmen wir uns die Freiheit und den Mut, auch zu erkennen, wie
es wirklich ist, und erkennen wir die Wahrheit an.
Jeder Mensch
hat seine eigenen Augen und seine individuelle Sichtweise. Aber das,
was durch die Augen hindurch schaut, ist in allen dasselbe, genau wie
das, worauf es schaut, für alle dasselbe ist.
Wenn wir alles
in Ruhe sein lassen, können wir die tiefe, weite, feine, reine,
klare, vollständige, einfache, totale Wahrheit erkennen. Das einzige,
was wirklich immer da ist, ist leerer, offener, freier Raum ohne Abgrenzungen
oder Begrenzungen. Diesen Raum können wir voller Möglichkeiten
wissen, von denen wir einen Teil durch unsere Wahrnehmung erfahren.
Der Raum selbst, die Leere, ist immer offen für alles, ohne Unterschiede
und ausnahmslos.
Wir können
dieses Phänomen Liebe nennen oder nicht. Es bleibt, was es ist.
Und es geht darum, es zu erkennen und anzuerkennen, als das, was es
ist. Wenn wir zu unserer reinen vollständigen Natur gelangen wollen.
Nur dann. Nur wenn wir in Frieden sein wollen, unerschütterlich
glücklich und uns vollständig erfüllt wissen wollen.
Die Liebe, wie
die Freiheit, kennt keine Regeln. Die Wahrheit kennt keinen Kompromiß.
Wir lieben, wenn
wir sind wie die Liebe. Wir sind frei, wenn wir sind wie die Freiheit.
Kompromißlose
Offenheit von Geist und Herz ist ein Schlüssel zu Glück und
Frieden, Gesundheit und Befriedigung.
Bedingungslose
Hingabe an die Wahrheit ist ein weiterer Schlüssel zu Vollkommenheit
und Erfüllung.
Eine aufrichtig
demütige Haltung dem Leben, der Existenz, dem Dasein, dem Uni-versum
gegenüber ist noch ein Schlüssel zu Erkenntnis und Weisheit.
Öffnen
wir damit die Tore zu unserer wahren Natur, zu uns selbst. Lüften
wir damit die Schleier der Unwissenheit, des Irrtums, der Täuschung.
Lösen wir damit alle Grenzen, Begrenzungen und jede Trennung auf.
Erkennen wir dadurch unsere tatsächliche Einheit, Ganzheit und
Vollständigkeit.
Das schließt
ein einfaches und natürliches Leben nicht aus, sondern es besteht
darauf, "normal" zu sein und zu leben. Mit Gesetzen und Werten, Ordnung
und Moral, Familie und Gesellschaft, Verantwortung und Dienst. Doch
alles entspringt unserem eigenen Herzen, ist von unserer Weisheit durchdrungen
und wächst in echter, aufrichtiger Freiheit und Liebe. Und es ist
von ehrlichem Mitgefühl geprägt.
Leben wir, wie
es uns aus unserem Verständnis richtig erscheint. Tun wir, was
zu tun ist. Respektieren wir alles andere. Denken wir immer an die Liebe.
Halten wir Geist und Herz offen und frei. Erkennen wir unsere wahre
Natur und bleiben uns treu. Vertrauen wir unserer Weisheit und achten
wir auf die Wahrheit.
Teil IX
Planen wir und
bleiben wir offen.
Analysieren wir
und bleiben wir offen.
... und bleiben
wir offen.
Finden wir heraus,
was Offenheit wirklich bedeutet. Das ist das Zauberwort zur Entdeckung
von Freiheit und Liebe. Offenheit und Gelassenheit führen zu Weisheit
und Mitgefühl und somit zum gesunden Menschsein.
Bleiben wir losgelöst
von Meinungen, Erwartungen, Glaubenssätzen, Vorstellungen, Wünschen,
Erfahrungen, Erinnerungen, ..., indem wir sie als das erkennen, was
sie wirklich sind: flüchtig, unbeständig, begrenzt, beschränkt,
einseitig, mangelhaft, geringfügig, trügerisch, leer, illusorisch.
Richten wir unsere Aufmerksamkeit mehr und mehr auf das unbegreifliche
aber echte.
Für Achtsamkeit,
Offenheit und Gelassenheit. Werde ein Ritter des Herzens, der Liebe,
der Freiheit und der Wahrheit.
Lasse uns also
herausfinden, was Liebe wirklich ist und was sie bedeutet. Lasse uns
die wahre Natur der Dinge ergründen und zu echter Erkenntnis gelangen
Seien wir also
bereit, unserer Erkenntnis und Einsicht, dem, wovon wir als wahr, echt
und richtig in unserem ganzen Wesen überzeugt sind, im Leben gerecht
zu werden, in unserem Denken, unseren Gebeten und unseren Taten.
Für Frieden,
Freiheit und Glück im Herzen, im Geist, im Leben, in der Welt.
Für uns und alle Wesen dieser und jeder anderen Existenz, hier,
jetzt und in allen Zeiten.
Teil X
Vergessen wir
nicht das, was wirklich wirklich ist. Das Geheimnis gut gehütet,
daß es da nur eines gibt, und der einzelne, alles bewegend, vom
Ganzen selbst bewegt ist.
Wir sind da,
um zu leben und zu atmen. Wir wissen nicht, was der nächste Moment
bringt, der nächste Tag, die nächste Situation.
Der Mensch auf
der ewigen Suche nach Halt kann echten Halt, Sicherheit und Stabilität
nur in sich selbst finden, in Form von Liebesfähigkeit. Lieben
heißt Leben. Entdecken und entwickeln wir unsere Liebesfähigkeit.
Es bleibt uns
tatsächlich nichts anderes übrig, als zu lieben im reinsten,
tiefsten und vollständigen Sinne.
In der Liebe
geht es immer um den Menschen, nicht um eine Sache, ein Konzept oder
eine Idee. Es geht um die Wahrheit, um das, was tatsächlich der
Fall ist. Und somit geht es um die vorhandene Freiheit, Offenheit und
die Möglichkeiten darin, ohne auch nur irgend etwas auszuschließen.
Strukturen müssen den Menschen dienen, genau wie Regeln, Konzepte,
Techniken. Der Verstand muß also dem Menschen dienen. Wenn es
umgekehrt ist trocknet alles darin aus, wird kalt, steif und trübe.
Wer der Liebe
dient, dient der Wahrheit, den Menschen, allen Wesen, dem Leben überall,
so wie es wirklich ist in seiner wahren Natur.
Die Liebe sieht
sich selbst und ihre Qualitäten wie Offenheit, Freiheit, Mitgefühl,
Möglichkeit, Wahrhaftigkeit, Klarheit, in allem und jedem.
Wir können
keine Meinung halten und keine Antwort für den Verstand finden.
Aber wir können uns demütig, offen, hingebungsvoll, mitfühlend
und liebend, bedingungslos, vertrauend einlassen auf das, was ist. Das
bedeutet, alles anzunehmen was kommt, wie es kommt und es direkt wieder
gehen zu lassen. So sind wir offen für den nächsten Moment.
Teil XI
Wie wunderbar,
wie wunderbar! Nichts scheint mir sinnvoller in unserem Dasein, als
dieses zu ergründen.
Hier ist keine
Antwort, sondern lediglich was ich bisher zu Verstande bringen konnte.
Überprüfen wir immer wieder, ob und wie es in unserem Herzen
Resonanz findet. Ich denke, wir müssen lernen, mit dem Herzen und
unserem ganzen Wesen zu verstehen. Meiner Erfahrung nach täuscht
uns der Verstand maßlos und ist nur in der Lage, sehr eingeschränkt
zu begreifen. Er kann die Wahrheit nicht fassen und nicht erkennen.
Unser Wesen ist von Natur aus erleuchtet und wird vom Verstand getrübt
und begrenzt. Der Geist ist immer klar und rein, offen und frei, genau
wie unser Herz. Beachten wir also unsere Intuition und Weisheit genauer
und verlassen uns nicht nur auf unser Verstandeswissen.
Die Liebe sieht
immer gleich aus, denn sie hat keine Form, keinen Inhalt und stellt
keine Bedingungen. Was echt ist, kennt keine Veränderung. Was sich
verändert hat keine verweilende Wirklichkeit und ist im Grunde
nicht existent.
Unsere wahre
Natur ist weiter, größer und offener, als Prinzipien wie
Mann und Frau oder andere Konzepte. Und sie ist von Dauer. Wir können
sie nicht in Kategorien oder Konzepte zwängen, ohne sie zu beschneiden,
zu trüben und zu entstellen. Wir können sie nicht auf Vergängliches,
wie Dinge, Personen oder andere Identitäten übertragen. Und
dabei ist sie, die reine Natur, nicht getrennt von allen Erscheinungen.
Die Wahrheit ist die Täuschung, und die Täuschung ist die
Wahrheit.
Die Frage "Warum?"
kann nicht beantwortet werden, weil nichts tatsächlich so ist,
wie es erscheint. Aber die Erscheinung ist eine wahre Täuschung,
und die Dinge sind auch nicht sonst irgendwie oder anders. Alles ist,
wie es ist. Und es ist, wie es ist, weil es ist, wie es ist. Nichts
ist von uns oder von einander getrennt. Es gibt nur ein einziges Ganzes,
egal wie es erscheint, oder wie wir es sehen oder benennen. Es ist schlicht
unbegreiflich und unbeschreiblich. Die Sprache, der Verstand sind viel
zu beschränkt, viel zu klein, um auch nur annähernd fassen
zu können, was dieses Mysterium der Existenz ist. Und doch ist
es ganz einfach. Es ist, was wir sind. Und weil wir es sind, können
wir es nicht sehen oder begreifen oder wissen. Wir können es nur
sein. Und im reinen Sein, ohne etwas nach außen zu übertragen,
können wir uns als das empfinden, was wir sind, ohne länger
etwas oder jemand zu sein. So können wir es erkennen, für
uns. Doch wir können es nicht mit dem Verstand verstehen, wir können
es nicht erklären oder aussprechen. Reines Sein bedeutet Liebe,
die alles sein läßt, wie es ist. Ohne Meinung, ohne Urteil,
ohne Unterschiede, ohne Einschränkungen, ohne Begrenzungen, alles
in sich wissend, nichts als etwas betrachtend, nichts benennend.
So wie die Wahrheit
in der Täuschung ist, weil sie selbst die Täuschung ist. Das
heißt, das Eine ist im Vielen, und das Viele ist einzig das Eine,
welches als vieles erscheint. Und es erscheint als verschiedenes und
von einander getrenntes. So können wir also dieses Eine in allem
und jedem erkennen, wenn wir den oberflächlichen, unterschiedlich
erscheinenden Formen keine Bedeutung mehr geben. Wenn wir aufhören,
daran zu glauben, daß Unterschiede Trennung oder Verschiedenheit
bedeuten. Wenn wir aufhören, dem Vergänglichen dauerhafte
Bedeutung zu geben. Wenn wir klar sehen und die Ding als das erkennen,
was und wie sie wirklich sind. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit immer
auf das Eine im anderen richten.
Und selbst wenn
wir gar nichts anders machen, als bisher, sind wir, was wir sind, immer
waren und immer sein werden. Es gibt nichts zu tun, packen wir es an.
Gehen wir einfach weiter, immer weiter und weiter und weiter und ....
Teil XII
Die Liebe, die
wir empfinden für das, was wir am meisten und tiefsten lieben,
müssen wir ausdehnen für alles und jeden. Mit dem entsprechenden
Verständnis und Mitgefühl, mit derselben Offenheit und Toleranz,
mit demselben Respekt und Vertrauen. Wenn wir unsere Kinder bedingungslos
und hingebungsvoll lieben können, betrachten wir einfach alle als
unsere Kinder, und entwickeln wir dieselbe Liebe für alle. Verstehen
wir, daß jeder Fehler macht und sich täuscht. Entwickeln
wir Verständnis und Mitgefühl. Vertrauen wir auf die kosmische
Ordnung. Alles hat seinen Wert und Sinn, auch wenn wir es nicht verstehen
können. Lassen wir uns auf das große Mysterium Leben und
Lieben ganz ein, und wir werden erkennen. Seien wir bereit. Lieben wir
uns selbst, und wissen wir uns vollständig und in völliger
Ordnung. Immer! Weil es nicht anders sein kann. Nichts fehlt, nichts
braucht anders zu sein. Seien wir für den Moment ganz da, lassen
ihn weiterziehen, und seien wir so für den nächsten Moment
wieder ganz offen. Kein Moment bleibt. Jeder Moment vergeht unverzüglich
und vollständig. Es ist keine Zeit für irgend etwas anderes.
Keine Zeit für Beschwerden, für Grübeleien, für
Illusionen. Seien wir offen und be-reit. Öffnen wir uns und unsere
Bereitschaft mehr und mehr. Darin werden wir uns begegnen.
So wie wir das
Liebenswerte, das Heilige, das Göttliche, das Unschuldige, in der
Natur, in unseren Kindern, in unseren Partnern, in Heiligen und Weisen,
in unseren Vorbildern, in Mythen und Sagen, in Helden und noblen Handlungen,
oder wo und wie auch immer, sehen und erkennen, so können wir es
auch in uns, in jedem und allem sehen. Und wenn wir es nicht sehen können,
dann können wir es trotzdem überall als gegenwärtig wissen.
Wie könnte es etwas geben, das nicht aus Liebe hervorgeht?
Warum nicht
einfach offen sein und zugeben, daß die Dinge sind, wie sie sind,
ohne sie zu benennen, zu beurteilen, zu trennen und einzuteilen? Ohne
eine Idee davon zu haben, wie oder was sie sind. Warum sollen wir unseren
"Senf" immer dazu geben, wo sich doch alles wunderbar um sich selbst
kümmert? Und nichts braucht eine Bezeichnung, einen Status oder
eine Bedeutung, einen Namen oder eine Beschreibung, um da zu sein, und
um das zu sein und so zu sein, was und wie es eben ist. Darin liegt
die Freiheit, in der alles auch wieder vergeht ohne auch nur die geringste
Spur zu hinterlassen. Außer in unseren Gedanken, wenn wir uns
"eingemischt" haben. Doch von ihrer Natur aus verweilen alle Erscheinungen,
Dinge, Situationen, Ereignisse, keinen Moment. Absolut nicht ein einziges
Etwas ist von Dauer, weder von großer noch von geringer Dauer.
Alles ist von keiner Dauer. Warum sollen wir uns nicht durch diese Wahrheit
erleichtern und unsere Ideen aufgeben zu Gunsten der Liebe?
Alle Erscheinungen
belegen und beweisen durch ihren traumhaften, flüchtigen Charakter,
durch ihre Veränderlichkeit und Vergänglichkeit, durch ihre
Leere an eigenständiger Substanz, daß sie im Grunde von ein
und derselben Ganzheit sind. Und darin sind sie in sich immer vollständig.Und
wenn man das Verhältnis oder die Beziehung zwischen den Erscheinungen
und ihrer Natur benennen will, könnte man es Liebe nennen.
Wir können
es Liebe nennen, wenn wir die eigentliche, wahre Bedeutung nicht aus
den Augen verlieren.
Teil XIII
Es wird Zeit,
daß wir den Begriff "Liebe" wieder erfüllen mit Wahrheit,
Klarheit, Reinheit, Echtheit, Einigkeit und Ganzheit, und daß
wir das Wort "Liebe" nicht nur gebrauchen, benutzen und mißbrauchen,
um unsere Vorlieben auszudrücken. Liebe im vollständigen,
reinen Sinn dehnt sich über jegliche Trennung und Gegensätzlichkeit
hinaus aus. Sie schließt alles mit ein, ohne Ausnahme. Darin geht
es nicht um "Mögen" oder "Nicht-Mögen". Darin gibt es keine
Entscheidung, ob etwas liebenswürdig ist oder nicht.
In echter, vollständiger
Liebe ist alles gleich liebenswert, weil es darin nur eines gibt, ein
Ganzes, totale Verbundenheit, absolute Einheit. Die Augen der Wahrheit
und der Liebe schauen in allen Erscheinungen dasselbe Ganze, dieselbe
Natur, denselben Urgrund.Liebe ist kein vorübergehendes oder sich
veränderndes Gefühl, und sie ist auch nicht abhängig
von unseren Feststellungen oder Vorstellungen, unserem Glauben, unserer
Meinung, unserem Urteil, unseren Gedanken. Sie steht für sich selbst
und macht sich selbst aus.
Echte Liebe
ist eine Haltung dem Leben mit all seinen Erscheinungen gegenüber.
Es ist die Haltung des ewig bestehenden, unveränderlichen, klaren
und stillen Urgrunds aller Vorkommnisse.
Diese Haltung
der Liebe drückt sich aus durch unerschütterliche Gelassenheit,
unermeßliches Mitgefühl, unerschöpfliche Geduld, ewige
Fürsorge, aufrichtiges Wohlwollen, klares und tiefes Verständnis,
unbedingte Akzeptanz, neutralen Respekt, grenzenlose Offenheit, einen
freien Geist ohne Erwartungen, ausnahmslose Zufriedenheit, lebendige
Stille, direktes Handeln, Wahrhaftigkeit, Demut, Integrität, Ergebenheit.
Das alles und
noch mehr findet in jeder Person, in jedem Wesen und Individuum, eine
eigene einmalige Ausdrucksform und Handlungsweise. Welch ein Wunder!
Viele Menschen
ignorieren ihre Liebesfähigkeit. Vielleicht weil sie ein bestimmtes
Bild, eine Idee, davon haben, was Liebe ist. Sie verachten damit ihre
eigene Natur, welche im Grunde selbst Liebe ist. Diese Menschen mißachten
und mißverstehen die Wahrheit der Existenz.
Machen wir durch
unsere eigene Haltung darauf aufmerksam. Es nutzt nichts, die Wahrheit
zu beklagen. Und es nutzt auch nichts, sie zu predigen. Wir müssen
sie leben! Wir können nur selbst offen und liebend bleiben. Lassen
wir uns nicht dazu bewegen, uns selbst in Ignoranz zu verlieren. Nehmen
wir die Liebe ernst! Denn Ignoranz bedeutet sicheres Leiden. Mit Ignoranz
laden wir zur "Höllenparty" ein. Die Gäste sind Unwissenheit,
Überheblichkeit, Gier, Zorn, Haß, Eifersucht, Mißverstehen,
Irrglaube, Täuschung, Beschränktheit, und alle anderen Freunde
des Leidens und des Übels.
Liebe hat keine
Vorlieben und schließt nichts aus, hat keine Meinung und beklagt
sich nicht. Obwohl die Liebe unserer Natur entspricht, empfinden wir
dennoch Vorlieben und Abneigung. Wir sehen uns, wie wir Meinungen bilden
und Dinge ablehnen. Die Liebe schließt auch das nicht aus, selbst
die "Höllenparty" hat ihren Platz in der Liebe. Alles ist der Liebe
Freund, auch Leid und Feinde.
Für uns
kann es nicht darum gehen, etwas abzutöten, auszumerzen, zu verleugnen,
zu verneinen, zu erzwingen. Es geht vielmehr darum, klar zu sehen und
zu erkennen, wie es wirklich ist und wie wir wirklich sind. Und es geht
darum, von da aus, wo wir uns gerade befinden, der Liebe die erste und
oberste Wichtigkeit, die meiste Aufmerksamkeit und die größte
Bedeutung zu geben. Wie ein mexikanischer Dichter schreibt: "Liebe wen
oder was du willst, aber höre nicht auf, zu lieben."
Mögen alle
offenen Herzens und offenen Geistes sein. Mögen alle die Liebe
in sich erkennen. Mögen alle glücklich sein und durch ihre
Haltung eine Atmosphäre von Frieden, Freiheit und Wahrhaftigkeit
erzeugen und ausstrahlen. Jetzt und immer!
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