von Swami Sivananda
Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
Sadhana in den Smritis, Epen und Puranas
Sadhana im Manusmriti
Der Veda ist die Quelle des Dharma, so wie auch die Smritis und das
Verhalten und Betragen derer, die ihre Bedeutung kennen. Das eigene
Gewissen wird Dharma sprechen, wenn nicht aus den Veden, Smritis und
von den Weisen abgeleitet werden kann. Durch das Befolgen von Dharma
erlangt man Vollendung hier und künftig. Das Pranava (OM) ist das
Sinnbild für die Wirklichkeit. Pranayama ist das höchste Tapas.
Das Gayatri ist das höchste Mantra. Wahrheit ist das größte
Gelübde.
Man fühle sich nicht minderwertig oder entmutigt wegen früherer
Verfehlungen. Man hoffe immer das Beste und denke nie, daß irgend
etwas unmöglich ist. Es gibt keinen Mißerfolg für diejenigen,
die nach dem Guten streben und sich bemühen, es zu erreichen
Man wurde alleine geboren und wird alleine sterben. Auch die Früchte
seines Tuns erlebt man alleine, seien sie gut oder schlecht. Vater,
Mutter, Frau, Kinder oder Freunde kommen nicht zu Hilfe, wenn man dem
Tod ins Auge sieht und in die andere Welt geht. Dann hilft alleine Dharma.
Man bemühe sich weder um Leben noch um Tod, sondern lebe leidenschaftslos,
warte auf den letzten Tag und erfülle ordentlich seine Pflicht.
Dharma ist Unerschütterlichkeit, Beharrlichkeit, Sinneskontrolle,
Nichtaneignung von fremdem Besitz, Reinheit in Gedanke, Wort und Tat,
Geisteskontrolle, Klarheit des Verstehens, Weisheit bezüglich der
Realität, Festhalten an der Wahrheit und Freisein von Zorn.
Man darf sich nicht vorstellen, daß man im Verborgenen Böses
tun kann, ohne daß jemanden davon weiß, denn Himmel, Erde,
Wasser, Sonne, Mond, Feuer und Wind, Tag und Nacht und das eigene Herz
werden Zeugnis ablegen für die eigenen Taten, wenn die Zeit gekommen
ist. Niemand meine, er sei allein, von anderen ungesehen. Der höchste
Zeuge, der ewig unsere Taten beobachtet, ist im Inneren.
Von allen Dharmas ist das Wissen um Atman das höchste. Das ist
des Menschen höchste Pflicht, denn dadurch wird Unsterblichkeit
erlangt. Wenn man sich selbst in allem sieht und alles in sich selbst
- eine solch universelle Sicht hat - erlangt man höchste Unabhängigkeit.
So begeht man kein Adharma, wenn man alles im eigenen Selbst sieht.
Das ganze Universum, einschließlich der Götter, ist im Inneren
eingeschlossen.
Durch Meditation über Brahman, durch den Vorgang der Rückführung
der Wirkungen auf ihre Ursachen, Schritt um Schritt - wird Brahman hier
und jetzt verwirklicht.
Sadhana im Ramayana
Das Ramayana von Valmiki ist ein Lehrheldengedicht, dessen anerkannter
Zweck es ist, Dharma zu preisen und die Wahrheiten einzuschärfen,
die dem Menschen den Weg zu höchster Vollendung eröffnen.
Es ist eines der zwei großen Epen Indiens. Es repräsentiert
den wahren Hindugeist des bedingungslosen Festhaltens am Gesetz von
Rechtschaffenheit und an der Erfüllung der Pflicht. Die Großartigkeit
eines Lebens der Aktivität auf der Basis von Rechtschaffenheit
und unter Zugrundelegung des Gesetzes des göttlichen Wesens zu
behaupten, ist eines der Hauptziele des Ramayana. Das Leben eines ›idealen
Menschen‹, wie im Ramayana beschrieben, ist ein Anreiz für alle
Menschen, sich zu bemühen, eine Verkörperung von Dharma zu
werden. Dharma ist die Seele des Lebens, und ein Leben, das ohne Dharma
ist, verdient nicht diesen Namen. Sri Rama, die Inkarnation Gottes,
repräsentiert in Einfachheit, Reinheit, selbstloses Dienen und
Hingabe an die Pflicht pflegen muß, und daß man in absolutem
Brahmacharya gefestigt sein muß. Sri Rama und Lakshmana haben
diese Fähigkeiten entwickelt, und sie konnten Sita vom Dämon
Ravana zurückgewinnen, was bedeutet, daß sie ihre Verstandeskräfte
durch Brahmacharya und Tapas zurückerlangten.
IV) Im weltlichen Leben wird man niemals Moksha erreichen, welchen spirituellen
Fortschritt man auch gemacht hat, solange man sich nicht von allen weltlichen
Banden löst. Dieser Aspekt wird im asketischen Marsch Sri Ramas,
Lakshmanas und Sitas in den Wald, aus Gehorsam gegenüber den Wünsche
Kaikeyis vollständig dargestellt. Der Weg, der die königliche
Gesellschaft in den Wald führte, war so eng, daß ihre Reise
sehr unsicher war.
Also mußten sie einer hinter dem anderen hergehen, Sri Rama war
vorne, Sita in der Mitte und Lakshmana hinten. Jeder weiß um die
brüderliche Zuneigung, die Lakshmana für seinen Bruder empfand,
und es heißt sogar, er konnte keine Sekunde existieren, ohne Rama
zu sehen. Auf ihrem Weg konnte Lakshmana, da Sita in der Mitte ging,
seinen Bruder nicht gut sehen, und häufig nützte er Unterbrechungen,
um seine Schwägerin zu bitten, ihm Platz zu machen, damit er Rama
sehen könne. In diesem Zusammenhang ist Rama zu vergleichen mit
Paramatma (in der Tat war Rama eine Inkarnation des höchsten Wesens)
und Lakshmana mit der individuellen Seele, Jivatma. Jivatma bemüht
sich ständig, Einheit mit Paramatma zu erlangen, aber Maya (Sita)
steht im Weg. Durch intensives Sehnen ist es möglich, von Maya
loszukommen und das Ziel zu erreichen, das heißt mit Paramatma
zu verschmelzen. Die Möglichkeit die der Suchende hat, durch intensive
Hingabe an das höchste Wesen Göttlichkeit zu erreichen, wird
auch in der Bhagavad Gita festgestellt.
Sadhana
im Mahabharata
Die Botschaft des Mahabharata ist die Botschaft von Wahrheit und Rechtschaffenheit.
Das große Epos erweckt in den Lesern ein moralisches Bewußtsein
und ermahnt sie, den Weg von Satya und Dharma zu gehen. Es treibt sie
energisch an, Gutes zu tun, Dharma zu üben und Leidenschaftslosigkeit
zu pflegen, da sie die illusorische Natur dieses Universums, seinen
hohlen Glanz und Sinnenfreuden erkennen, und ewige Wonne Unsterblichkeit
zu erlangen. Es veranlaßt die Menschen, das zu tun, was Yudhishthira
tat, und das aufzugeben, was Duryodhana tat. Halte beharrlich an Dharma
fest. Du wirst materiellen und spirituellen Wohlstand erlangen. Du wirst
immerwährende Freude und Moksha erreichen, das Summum Bonum des
Lebens. Das ist der eigentliche Sinn, die zentrale Lehre des Mahabharata.
Der blinde Dhritarashtra steht für Avidya; Yudhishthira steht für
Dharma; Duryodhana für Adharma; Draupadi für Maya; Bhishma
für Leidenschaftslosigkeit, Dussasana für die schlechten Eigenschaften,
Shakuni für Eifersucht und Treulosigkeit, Arjuna für die individuelle
Seele und Sri Krishna für die höchste Seele. Antahkarana,
das innere Feld des menschlichen Geistes, ist Kurukshetra, das Schlachtfeld.
Der edle und heldenhafte Ahnherr Bhishma, der seinen Tod beherrschte,
und der im Krieg sogar gegen die Götter unbesiegbar blieb, inspiriert
uns mit dem Geist der Selbstaufopferung, mit unerschrockenem Mut und
Reinheit. Yudhishthira bleibt ein Vorbild an Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit.
Nur an seinen Namen zu denken, läßt das Herz erbeben und
spornt an, den Weg von Wahrheit und Tugend zu beschreiten. Karna lebt
in unseren Herzen durch seine außerordentliche Freigebigkeit und
Aufgeschlossenheit. Karnas Name ist sprichwörtlich geworden. Auch
jetzt sagt man, wenn man einen großzügigen Menschen trifft:
„Er gibt wie Karna“.
Immer noch verehren wir Arjuna als einen vollkommenen Menschen und verehren
Sri Krishna als unseren Beschützer und Retter. Immer wenn wir in
Schwierigkeiten und Not sind, beten wir zu Ihm: „Oh Herr! Rette uns,
so wie du seinerzeit Draupadi und Gajendra gerettet hast.“
Die Leiden der Pandavas und Draupadis, Nalas und Damajantis, Savitris
und Satyavans erklären uns deutlich die Tatsache oder die harte
Wahrheit, daß das Ziel des Lebens, Vollendung, nur durch Schmerz
und Leiden erreicht werden kann. Schmerz ist das Mittel, durch das der
Mensch geformt, diszipliniert und gestärkt wird. So wie unreines
Gold durch Schmelzen im Schmelztiegel zu reinem Gold wird, so wird auch
der unreine, unvollkommene und schwache Mensch rein, vollkommen und
stark gemacht durch das Schmelzen im Schmelztiegel von Schmerz und Leid.
Deshalb fürchte man Schmerz und Leid nicht. Sie sind verkleidete
Gnaden. Sie sind Augenöffner. Sie sind stumme Lehrer. Sie lenken
den Geist zu Gott und flößen Barmherzigkeit in das Herz,
stärken den Willen und entwickeln Geduld und Ausdauerkraft, welche
die Voraussetzungen für Gottverwirklichung sind.
Das Mahabharata ist ein Epos über das menschliche Leben. Es schildert
in prachtvoller Weise das Schauspiel der menschlichen Existenz und beschreibt
äußerst bildlich das Gesetz von Dharma. Das Leben ist eine
Reise und seine Essenz ist Dharma. Gott hilft den Tugendhaften. Das
Laster wird letztlich entwurzelt. Die irdischen Dinge sind vergänglich,
und der Ruhm der Menschen ist vorübergehend. Jedes Anhäufen
endet mit Erschöpfung. Jeder Aufstieg endet mit einem Fall. Vereinigung
endet in Trennung. Leben endet im Tod. So wie sich Baumstämme im
gewaltigen Ozean treffen und dann wieder getrennt werden, so treffen
einander die Wesen hier.
Ein Wunsch verlöscht niemals dadurch, daß er erfüllt
wird; im Gegenteil, er wächst dadurch wie Feuer, das mit Ghee übergossen
wurde. Wieviel Weizen und Reis, Gold, Vieh und geschlechtliche Vergnügen
es in dieser Welt gibt - all das ist nicht genug, um auch nur einen
einzigen Wunsch zu befriedigen; mit diesem Wissen weile der Mensch in
Frieden.
Tausende Mütter und Väter und unzählige Frauen und Kinder
haben wir im Samsara gesehen. Zu wem gehören sie, und zu wem gehören
wir? Jeden Tag sehen Menschen Menschen sterben, die dann verbrannt und
weggeworfen werden; dennoch stellen sich die Zurückbleibenden vor,
daß sie nicht sterben werden - gibt es ein größeres
Wunder auf dieser Welt!
Für den Törichten gibt es jeden Tag tausende Quellen für
Kummer und ebenso viele Gründe für Glück; der weise Mensch
wird davon nicht beeinflußt.
Es gibt nichts Höheres als das Dharma in dieser Welt. Dharma bringt
Artha, Kama und Moksha. Aber es ist eine Überraschung, daß
niemand dieser offenkundigen Wahrheit Aufmerksamkeit zu schenken scheint.
Niemand möge anderen etwas tun, das seinem eigenen Wohl entgegensteht.
Es gibt sowohl Tod als auch Unsterblichkeit: zu erklären ›dies
ist mein‹, und ›jenes ist mein‹ ist Tod. Zu fühlen ›nichts ist
mein‹, ist Unsterblichkeit. Somit liegen Tod und Unsterblichkeit in
einer Person. Sie sind nicht an einem fernen Ort. Jeder ist beschäftigt
und kämpft und bemüht sich in unterschiedlicher Weise, bedingt
durch das Gegeneinanderstehen dieser Kräfte im Inneren. Das ist
der wirkliche Krieg des Mahabharata, der unaufhörlich im Körper
vor sich geht.
Um einer Familie willen muß vielleicht ein Mensch aufgegeben werden.
Zum Besten eines Dorfes muß vielleicht eine Familie aufgegeben
werden. Zum Wohle eines Landes muß vielleicht ein Dorf aufgegeben
werden. Um des höchsten Selbstes im Inneren willen muß vielleicht
die ganze Welt aufgegeben werden.
Wo Einklang mit Gott besteht, ist eine Manifestation von Dharma, und
wo Dharma ist, ist Sieg. Wo menschliches Bemühen und göttliche
Gnade zusammenwirken, herrschen Wohlstand, Sieg, Glück und ein
festes Gemeinwesen.
Sadhana im
Bhagavata Purana
Die vierundzwanzig Lehrer des Avadhuta
Yadu, der in der Religion bewandert war, sah einen jungen Brahmanen
Sannyasin voller Weisheit, der furchtlos herumwanderte, und da Yadu
begierig darauf war, Dharma zu kennen, stellte er ihm folgende Fragen.
Yadu fragte: „Oh Weiser! Wie hast du, obwohl du nichts tust, diese klare
Weisheit und dieses Licht erlangt, das dich befähigte, alle Bindungen
aufzugeben und umherzuziehen wie ein Kind, furchtlos und in vollkommener
Seligkeit?
„Gewöhnlich bemühen sich die Menschen in dieser Welt um Tugenden,
Wohlstand und Wünsche und fragen nach dem Atman nur mit dem Motiv
Langlebigkeit, Ruhm und Reichtum zu erlangen. Du bist leistungsfähig,
voller Weisheit und Geschick und gutaussehend. Deine Rede ist süß
wie Nektar, und doch arbeitest du nicht und unternimmst auch nicht die
geringste Anstrengung. Du liebst nichts. Die Menschen dieser Welt werden
versengt vom Feuer der Lust und der Gier. Dich quält dieses Feuer
überhaupt nicht. Du erscheinst in dir selbst zufrieden und glückselig,
so wie ein Elefant, der in die kühlen Wasser des Ganges getaucht
ist, die Hitze des Waldfeuers am Ufer nicht spürt. Bitte erkläre
mir den Ursprung deiner Freude und Seligkeit. Sage mir, wie du allein
aus dir selbst Wonne schöpfst, unberührt von den Sinnesobjekten,
und in Einsamkeit lebst? Du hast weder Familie, noch Sinnenfreuden.
Woher also stammt dieses Glück?“
Sri Krishna sagte: „Nachdem der Brahmane vom klugen Yadu, der Brahmanen
ergeben war, so befragt und geehrt worden war, sprach der edle Brahmane
zu dem in Ehrerbietung gebeugten König.“
Der Brahmane sprach: „Ich habe viele Lehrer, oh König, zu denen
ich, so wie ich es verstehe, Zuflucht nahm; mit der Weisheit, die ich
von ihnen aufnahm, ziehe ich frei von Verhaftungen durch diese Welt.
Höre, wer sie sind!
„Die Erde, die Luft, der Himmel (Akasha), das Wasser, das Feuer, der
Mond, die Sonne, die Taube, die Riesenschlange Python, das Meer, die
Motte, die Biene, der Elefant, der Honigsammler, das Reh, der Fisch,
die Tänzerin Pingala, der Flußadler (Rabe, Kurara), das Kind,
das Mädchen, der Pfeilemacher, die Schlange, die Spinne, der Käfer
(die Wespe) - diese, oh König, sind meine vierundzwanzig Gurus
oder Lehrer, zu denen ich Zuflucht nahm. Ich lernte alle meine Lektionen
aus ihren besonderen Eigenschaften. Ich werde nun erzählen, was
ich von jedem von ihnen lernte.
„Ein Weiser weiche nicht vom Pfad der Rechtschaffenheit ab, auch nicht
wenn er von Wesen, die selbst der Lenkung der Vorsehung unterliegen,
unterdrückt wird. Diese Selbstbeherrschung lernte ich von der Erde.
Ich lernte vom Berg, der ein Teil der Erde ist, daß alle unsere
Handlungen zum Besten der anderen sein müssen, und daß wir
nur um der anderen willen existieren. Ich lernte vom Baum, der auch
ein Teil der Erde ist, daß ich für andere da sein muß.
„Der Weise bescheide sich alleine mit dem Erhalt seines Lebens. Er sehne
sich nie nach etwas, das die Sinne erfreut, damit Erkenntnis nicht zerstört
wird und der Geist sich nicht an wertlose Dinge zerstreut.
„Der Yogi hänge sich nicht an Objekte wie die Luft, obwohl er sich
inmitten von Objekten mit verschiedenen Eigenschaften befindet, und
obwohl er in den physischen Körper gestellt wurde. Sein Geist bleibe
unberührt von den guten und schlechten Auswirkungen der Objekte,
so wie die Luft unberührt bleibt von den angenehmen und unangenehmen
Gerüchen von Dingen, über die sie hinwegstreift. Die Seele
betritt den Körper, und die Eigenschaften des Körpers scheinen
die ihren zu sein, aber es ist nicht so. Die Luft ist mit dem Duft beladen,
aber der Duft ist nicht die Eigenschaft der Luft. Dies lernte ich draußen
von der Luft.
„Vom Prana (der Lebensenergie) lernte ich, daß wir essen müssen,
um zu leben, und nicht leben, um zu essen. Man esse nicht, um die Sinne
zu stärken und zu nähren. Die Nahrung sollte gerade ausreichend
sein, um die Lebensflamme aufrechtzuerhalten.
„Atman ist alldurchdringend. Er ist unberührt vom Körper und
den Körpereigenschaften. Dies lernte ich von Akasa, der alldurchdringend
und unberührt von Wolken und anderen Objekten ist. Obwohl der Weise
im Körper lebt, kontempliere er durch ihn über seine Identität
mit Selbst oder Atman, der alldurchdringend ist wie der Himmel (Akasha),
der sich als Grundlage oder Faden durch die Blumengirlande aller beweglichen
und unbeweglichen Objekte zieht, der keiner Begrenzung hinsichtlich
Zeit und Raum unterworfen ist und von allem unberührt bleibt.
„Auf natürliche Weise rein, sanft und süß ist Wasser.
So ist der Weise unter den Menschen. Wie heilige Wasser läutert
er andere durch bloßes Sehen, Berührung und das Äußern
seines Namens. Das lernte ich vom Wasser.
„Hell leuchtend, machtvoll im Wissen und glühend in Askese, ohne
Gefäß für Nahrung, ausgenommen den Bauch, und alles
essend, wird der Weise wie das Feuer dadurch nicht verunreinigt. Manchmal
bleibt er unbemerkt. Manchmal wird er denen bekannt, die sich Wohlergehen
ersehnen. Er ißt die ihm von frommen Menschen dargebotene Nahrung
und verbrennt ihre vergangenen und zukünftigen Übel und Unreinheiten.
„Feuer ist immer ein und dasselbe, obwohl es in verschiedene Brennstoffe
eingeht. So wie Feuer in dreieckiger, runder, rechteckiger und in anderen
Formen brennt, je nach Form und Größe des Holzstückes,
so erscheint auch der Herr des Universums, der die Welt erschaffen hat
und in alle Wesen eingegangen ist, als unterschiedlich aufgrund der
verschiedenen Körper (Upadhis), in denen er sich befindet. Er betritt
dieses Universum und die verschiedenen Objekte, hoch und niedrig, die
aus seiner eigenen Maya geschaffen sind, und scheint doch zu sein wie
jedes dieser Objekte, so wie Feuer in verschiedenen Arten von Brennstoff.
Geburt und Tod betreffen den Körper, nicht den Atman, und sind
durch die Zeit verursacht, so wie die Flammen der Veränderung
unterliegen, nicht aber das Feuer.
„Das Ab- und Zunehmen des Mondes ist nicht auf eine Veränderung
in Substanz und Strahlkraft des Mondes zurückzuführen, sondern
auf die Tatsache, daß nur ein Teil der Sonnenstrahlen von ihm
reflektiert wird. Ich lernte daraus, daß Geburt, Wachstum, Verfall,
Tod, usw. Zustände des Körpers sind, und nicht der Atman,
der ohne Grenzen, ohne Geburt und ohne Tod ist. Der Mond bleibt wie
er ist; es kommt nur eine scheinbare Veränderung über ihn,
die auf astronomischen Bewegungen beruht.
„Die Sonne zieht durch ihre Strahlen Wasser an und gibt alles zu gegebener
Zeit ab. Der Weise nimmt, um zu geben, nicht, um seinem eigenen Besitz
etwas hinzuzufügen. So wie die Sonne, die sich in verschiedenen
Wassertöpfen widerspiegelt, dem Unwissenden als viele Sonnen erscheint,
genauso erscheint auch der Atman in verschiedenen Körpern aufgrund
der Upadhis, die ihre Ursache in der Widerspiegelung des Geistes haben.
„Zuviel Verhaftung ist schlecht. Man habe nicht zuviel Zuneigung oder
Verhaftung für andere. Zuviel Verhaftung an etwas führt zu
Selbstzerstörung. Dies lernte ich von einem Taubenpaar. In einem
bestimmten Wald, auf einem bestimmten Baum baute eine Taube ein Nest
und lebte dort einige Jahre mit ihrem Gefährten. Sie waren einander
sehr stark in Liebe verbunden, und sie zogen ihre Jungen mit großer
Hingabe auf. Eines Tages ließen sie ihre Jungen im Nest zurück
und suchten Futter für sie. Ein Jäger kam und fing die Jungen,
indem er ein Netz auslegte. Die Vogeleltern kehrten mit Futter zu ihrem
Nest zurück. Die Mutter liebt die Jungen zu sehr. Sie ging absichtlich
ins Netz. Die männliche Taube fiel ebenfalls von selbst in das
Netz. Der Jäger fing die Tauben und die Jungen. Er war sehr zufrieden
und ging nach Hause. So stürzt der unglückliche Familienmensch,
der seine Sinne nicht beherrscht, der seine Sinne und seinen Geist nicht
von weltlichen Objekten zurückgezogen hat, der nur im Stand der
Ehe Freude findet und seine Familie in starker Verhaftung erhält,
mit all seinen Verwandten ins Unglück, wie die Tauben (Kapota und
Kapoti). Wer eine menschliche Geburt erreicht hat, die wie ein offenes
Tor zu Mukti, der letztendlichen Befreiung ist, nur an einem Familienleben
hängt, wie der Vogel, wird als ein Mensch betrachtet, der seinen
Rang verloren hat.
„Die Freuden, die auf dem Weg der Sinne erlangt werden, sei es in dieser
oder der nächsten Welt, sind vorübergehend und flüchtig.
Der weise Mensch hat danach niemals Verlangen.
„Die riesige Ajagara Schlange bleibt, wo sie ist, und ist zufrieden
mit der Nahrung, die auf sie zukommt. So wie Ajagara unterlasse man
jede Anstrengung und schlucke nur den Happen, der zufällig gebracht
wird, sei er köstlich oder ekelhaft, viel oder wenig. Wenn keine
Nahrung kommt, liege man still, auch längere Zeit, ohne Nahrung
und ohne jede Bemühung, sie zu bekommen; denn wie die Ajagara lebe
man von dem, was die Vorsehung bringt oder das Schicksal beschließt.
Man halte den Körper still und mit Energie, Gleichmut und Kraft
versehen, liege hellwach und anstrengungslos, obwohl er gesunde Organe
hat.
„Der Weise sei ruhig, gründlich und tief, schwer zu ergründen,
nicht zu begrenzen, unerschütterlich und nicht in Gefahr, durch
weltliche Umstände beunruhigt zu werden, so wie der ruhige Ozean.
Der Ozean nimmt zu Zeiten große Mengen von Wasser aus den Flüssen
auf, und zu anderen Zeiten erhält er kein Wasser, aber er bleibt
derselbe. Genauso schwillt der Weise, der sein Herz in den Herrn gesetzt
hat, weder vor Freude an, wenn er Erfreuliches im Überfluß
hat, noch verkriecht er sich sorgenvoll, wenn er keine hat.
„Wenn ein Mann, dessen Sinne unbeherrscht sind, eine Frau sieht, die
Maya Gottes (vom Herrn geschaffene Verzauberung), wird er durch ihr
Benehmen und ihre Gefühle in Versuchung geführt und stürzt
in die blendende Dunkelheit und ins Unglück wie eine Motte, die
ins Feuer fällt. Der Tor, dessen Geist von Frauen, Goldschmuck,
Kleidung und anderen von Maya geschaffenen Dingen verlockt wird, sieht
sie als Objekte der Freude an, verliert seine klare Einsicht und geht
wie eine Motte zugrunde.
„Der Weise ziehe von Haus zu Haus, nehme von jedem Haus eine Handvoll
mit, bis er gerade genug für Nahrung für seinen Lebensunterhalt
hat, ohne eine Belastung für irgendeinen Haushalt zu sein, wie
die Biene, die Honig aus allen Blumen sammelt.
„Ein kluger Mensch hole das Wesentliche aus allen Schriften, groß
oder klein, so wie die Biene aus den Blumen. Der Weise bewahre keine
Nahrung für den Abend oder den nächsten Tag auf; die Hände
oder der Bauch seien sein Gefäß; er horte nichts, so wie
es die Biene tut. Wer Nahrung lagert, wird gemeinsam mit seinem Lager
zerstört, so wie die Biene.
„Der Sannyasin berühre nicht einmal die Holzfigur einer jungen
Frau, auch nicht mit den Füßen. Wenn er es tut, wird er wie
der Elefant durch seine Verhaftung an die Berührung eines Elefantenweibchens
gefangen. Der Weise meide die Gesellschaft von Frauen, als wäre
sie sein Tod; denn er würde wie ein schwacher Elefant von anderen
Elefanten getötet.
„Der Geizhals, der Reichtum hortet, gibt seinen Besitz nicht, erfreut
sich aber auch nicht daran. Alles, was er unter Schwierigkeiten angesammelt
hat, wird von einem anderen weggetragen, so wie der Honigsammler den
Honig wegträgt, den die Bienen gesammelt haben.
„Wie der Honigsammler genießt der Sannyasin zuerst die guten Dinge,
die Familienväter durch hartverdienten Reichtum sammeln, um sie
zu genießen.
„Ein Asket höre keine die Sinne stimulierende Musik. Er lerne seine
Lektion vom Reh, das von der Musik des Jägers verliebt gemacht
wird und dann in die Schlinge geht. Der Weise Rishyasringa, vom Reh
geboren, lauschte der sinnlichen Musik von Frauen und wurde leicht von
ihnen gefangen. Er wurde in ihren Händen zum Spielzeug und Spielkameraden.
„Wie ein Fisch, der durch den Haken zum leichten Opfer des Köders
wird, so fällt auch der törichte Mensch, der seinem Geschmackssinn
gestattet, ihn zu überwältigen, der durch die ungestüme
und gierige Zunge vom Zauber des Geschmacks und der Köstlichkeit
betört ist, dem Tod zum Opfer. Die Zunge, die Liebe zum Geschmackssinn,
ist am schwierigsten zu besiegen. Wenn der Geschmackssinn beherrscht
ist, sind auch alle anderen Sinne unter Kontrolle. Man kann nicht zum
Herrn über die Organe werden, solange das Geschmacksorgan nicht
beherrscht ist. Kein Mensch kann behaupten, er habe seine Sinne besiegt,
solange sein Geschmackssinn nicht vollständig im Zaume gehalten
ist. Kluge Menschen unterwerfen ihre Sinne rasch durch Fasten.
„In der Stadt Videha lebte einst eine Prostituierte namens Pingala.
Ich lernte etwas von ihr. Höre, oh König. Eines Tages zog
sie ein schönes Kleid an und wartete abends an der Tür ihres
Hauses, um Kunden zu empfangen und mit ihnen ins Geschäft zu kommen.
Sie lud einige Personen ein, schickte sie jedoch wieder weg, da sie
dachte, ein anderer wohlhabender Mann würde sie reichlicher entlohnen.
Mit diesem unmäßigen Wunsch wartete sie schlaflos an der
Tür, ging hinein und hinaus, bis es Mitternacht war. Durch
diese gespannte Erwartung von Geld verbrachte sie die Nacht in einem
Fieber von Hoffnung, Unruhe und Enttäuschung. Sie fühlte tiefste
Abscheu gegen ihr Leben von Gier und Wünschen, das sie unglücklich
machte.
„In tiefster Enttäuschung sang sie: ›Gleichgültigkeit gegenüber
weltlichen Dingen ist wie ein Schwert, um die Fesseln der Erwartung
und die Stricke der Wünsche des Menschen zu zerreißen. Man
will sich der Knechtschaft des Körpers nicht entledigen, solange
man nicht angewidert ist, so wie ein Mensch ohne Einsicht in die Wahrheit,
ohne Erkenntnis, den Gedanken von „Ich“ und „Mein“ oder die Verhaftung
an Objekte nicht loswerden kann. Pingala sprach: ›Siehe. Wie enttäuscht
bin ich, da es mir an Geisteskontrolle mangelt! Wie töricht bin
ich, die Befriedigung von Wünschen in so unbedeutenden Geschöpfen
wie Menschen zu suchen!
„‹Ich gebe Gott Narayana, den ewigen Atman auf, der sich so nahe in
meinem Herzen befindet, der als Liebhaber geeignet ist und mich zufriedenstellen
kann, der mir immerwährende Glückseligkeit und Wohlstand geben
kann, und schmeichle einem unbedeutenden Mann, der meine Wünsche
nicht befriedigen kann, und der Leid, Furcht, Krankheit, Kummer und
Verblendung verursacht. Ich war in der Tat sehr töricht.
„‹Oh! Umsonst habe ich meiner Seele Kummer verursacht, durch diese höchst
verwerfliche Lebensweise als Prostituierte; ich suchte Reichtum und
Vergnügen bei bedauernswerten Sterblichen, die habgierig und Sklaven
von Frauen sind, indem ich ihnen meinen Körper verkaufte.
„‹Wer sonst als ich würde sich in dieses Haus begeben, das aus
Knochen, die wie Balken, Dachsparren und Pfosten eines Hauses sind,
erbaut ist, das von Haut, Haaren und Nägeln bedeckt ist, das neun
Öffnungen hat, um Schmutz zu beseitigen, und das voller Speisereste
und Urin ist?‹
„‹In dieser Stadt Videha, die voll von weisen Wesen ist, bin ich die
einzige Frau, die ihre Hoffnungen, ihr Glück und ihre Wünsche
an den Körper gebunden hat. Ich bin das einzige törichte Wesen,
die einzige schlechte Frau, die andere Quellen der Freude oder Objekte
der Wünsche sucht als den Herrn, der Selbstverwirklichung schenkt.
„‹Er ist der wahre Freund, Beschützer, Herr, der am meisten Geliebte,
der Meister und das Selbst, der Atman aller verkörperten
Wesen; wenn ich Ihn gewinne, wenn ich meinen Körper Ihm überlasse,
werde ich Seine Gesellschaft genießen wie Lakshmi und in Ihm allein
immerwährendes Glück finden.
„‹Was nützt es, anderen zu dienen? Der Gunst von Göttern und
Sterblichen sind durch Zeit, Fähigkeiten und verschiedene andere
Hindernisse Grenzen gesetzt. Welche Freude können Sinnesobjekte,
Männer oder Götter Frauen schenken? Alle haben einen Anfang
und ein Ende.
„‹Sicherlich habe ich in meinen früheren Leben etwas getan, um
Vishnu versöhnlich zu stimmen, denn allein durch Seine Gnade entstand
diese Vairagya, die alle unheiligen Wünsche an der Wurzel abtrennt,
in meinem Geist. Durch Seine Gnade allein bin ich auf den Weg zu immerwährendem
Glück und Frieden gelangt.
„‹Wäre der Herr mir nicht gnädig gewesen, wären solche
Enttäuschungen, die zu Entsagung und Leidenschaftslosigkeit führen,
, die dazu befähigen, alle Bindungen aufzugeben und Glück
zu erlangen, nicht gekommen.
„‹Ich nehme mit demütiger Hingabe dieses Geschenk des Herrn auf
meinem Kopf an. Ich gebe nun alle eitlen Erwartungen und schlechten
Wünsche auf und nehme beim höchsten Herrn meine Zuflucht.
Zufrieden, voller Vertrauen zum Herrn und von dem lebend, was der Zufall
mir bringt, werde ich mich der immerwährenden Seligkeit des Herrn,
Parama Atman, erfreuen. Wer sonst als der Herr kann diesen Jiva retten,
der in die tiefe Grube von Samsara (Geburten und Tode) gefallen ist,
mit von den Objekten geblendeten Augen, dessen Einsicht von den Sinnen
geraubt und der von der Schlange der Zeit verschluckt wurde.
„‹Sobald man die Vergänglichkeit des Universums erkennt, sobald
man es in den Kiefern der Schlange der Zeit erblickt, wird man sicher
und entschlossen die flüchtigen, zweifelhaften, wertlosen und täuschenden
Freuden dieser und der nächsten Welt verachten. Man wird sehr vorsichtig
werden, sich von den täuschenden Sinnesobjekten abwenden und in
der ewigen Wonne des Atman Ruhe suchen. Sobald man allem anderen gegenüber
Abscheu zu empfinden beginnt, ist Atman der Beschützer von Atman,
allein das Selbst ist dann der Retter.‹“
Der Brahmane sprach: „Nachdem Pingala dies in ihrem Geist beschlossen
und ihren Geist auf den Herrn geheftet hatte, gab sie alle Hoffnungen
und Erwartungen auf, die aus dem Wunsch nach Liebhabern entstanden,
und setzte sich mit heiterem Geist auf ihr Bett. Sie verwarf alle unheiligen
Wünsche, die sie beunruhigten, und wurde glücklich. Sie schlief
tief mit ruhigem Geist. Hoffnung verursacht Schwierigkeiten. Ohne Hoffnung
sind wir glücklich. Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen sind
die Quellen von Kummer. Die Preisgabe aller Erwartungen und Wünsche
ist die größte Seligkeit. Es ist der glücklichste Zustand.
Vairagya ist die Quelle der Seligkeit, wie von Pingala gesehen werden
kann, die glücklich schlief, nachdem sie das Verlangen nach Liebhabern
abgelegt hatte.
„Die Quelle von Leid und Elend ist in der Tat der Erwerb von allem,
was dem Menschen lieb und teuer ist. Wer jedoch diese Wahrheit erkennt,
gibt allen Besitz auf, denkt nicht daran, etwas zu erwerben und erlangt
grenzenloses Glück.
„Ein Seeadler (Kurara - ein Raubvogel) hatte ein Stück Fleisch
im Schnabel. Die stärkeren Vögel, die kein Fleisch hatten,
stürzten sich auf ihn, aber der Kurara ließ das Stück
Fleisch fallen und wurde glücklich. Der Verzicht auf liebgewordene
Dinge ist gut. Er gibt Frieden.
„Ich kümmere mich nicht um Ehre und Unehre. Ich denke nicht an
Haus, Frau und Kinder. Ich finde Freude in Atman, erfreue mich in Atman
und durchstreife die Welt wie ein Kind.
„Nur zwei sind frei von Sorgen und eingetaucht in höchste Seligkeit
- das Kind, das nichts weiß, und der Mensch, der das höchste
Wesen verwirklicht hat und über den Einfluß der Gunas hinausgegangen
ist.
„Einmal mußte sich ein Mädchen selbst um das Wohl derer kümmern,
die das Haus besuchten, um um sie zu werben, während ihre Verwandten
sich an einem anderen Ort befanden. Als sie an einem ruhigen Platz den
Reis für das Mahl enthülste, verursachten die Armringe aus
Muscheln an ihrem Handgelenk ein lautes Geräusch. Das kluge Mädchen
empfand dies als unehrenhaft und schämte sich ihrer Armut. Sie
dachte, die Gesellschaft könnte ihre ärmliche Lage erkennen,
sie zerbrach einen Armring nach dem anderen, bis auf zwei an jeder Hand.
Auch diese beiden Armreifen verursachten ein Geräusch, als sie
weiterschälte. So entfernte sie einen weiteren. Nun gab es kein
Geräusch mehr durch den einzigen noch verbliebenen, obwohl sie
weiterschälte.
„Während ich durch die Welt wanderte auf der Suche nach Wahrheit
und Erfahrungen, zog ich aus den Erfahrungen dieses Mädchens folgende
Lehre. Wo viele zusammen sind, kann es Streit geben. Sogar zwischen
zwei Menschen kann es Anlaß für Debatten und Gespräche
geben. Deshalb sollten wir alleine leben wie der einzelne Reif am Handgelenk
des Mädchens.
„Nachdem man Kontrolle über den Atem erreicht und Festigkeit im
Sitzen geübt hat, fixiere oder zentriere man den Geist auf das
höchste Selbst wie ein Bogenschütze, der sein Ziel ins Auge
faßt. Man sei wachsam darauf bedacht, durch Entsagung, ständiges
Streben und systematisches Üben den Geist fest zu halten. So wie
das Feuer erlischt, wenn der Brennstoff verbraucht ist, so vergißt
auch der Geist, der bei seinen nach außen gerichteten Wanderungen
fest in Schranken gehalten wird, die von den Gunas hervorgerufenen Ablenkungen,
schüttelt langsam die Fesseln des Karma ab, gibt allmählich
den Antrieb, tätig zu sein auf, wird frei von Tamas und Rajas durch
das Ansteigen von Sattva, erlischt und erlangt Gelassenheit durch das
Fehlen des Brennstoffes der Gunas und ihrer Produkte sowie der Sinneseindrücke,
die ihn nähren. Er wird eins mit dem Objekt der Meditation. Er
geht völlig im Objekt der Betrachtung auf. Wenn sein Geist dann
vollständig in Atman aufgegangen ist, sieht er in dem Moment nichts
anderes, weder innen noch außen, so wie der Pfeilmacher, dessen
Geist in der Herstellung des Pfeiles aufgegangen war, den König
nicht sah, der an ihm vorüberging. Ich lernte Konzentration des
Geistes vom Pfeilmacher.
„Der Weise wandere alleine. Er sei heimatlos und stets wachsam. Er ziehe
sich in eine Höhle zurück und stelle seinen wahren Wert nicht
zur Schau. Er bleibe ohne Freunde. Er spreche so wenig wie möglich.
„Es ist sehr beschwerlich und nutzlos für einen Asketen, ein Haus
zu bauen, da sein Körper flüchtig und vergänglich ist.
So wie die Schlange jedes von anderen gegrabene Loch betritt und es
sich darin gemütlich macht, so mache auch er es sich bequem an
jedem zufälligen Wohnsitz oder Platz, auf den er trifft. Er habe
keinen festen Aufenthalt.
„So wie die Spinne den Faden aus sich selbst hervorbringt, das Netz
ausbreitet, sich darin bewegt und es wieder selbst verschlingt, so erschafft
auch der Herr das Universum aus Sich Selbst durch Seine Maya, die sich
aus den drei Gunas zusammensetzt, spielt darin und nimmt es wieder in
Sich Selbst zurück.
„An welche Form ein Mensch ständig denkt in Liebe, Haß oder
Furcht, diese erlangt er im Laufe der Zeit durch Konzentration, so wie
der Wurm zur Wespe wird.
„So erhielt ich von diesen vierundzwanzig Lehrern die verschiedenen
Lehren. Nun höre, oh König, was ich von meinem eigenen Körper
lernte. Auch mein eigener Körper ist mein Guru. Ich lernte von
ihm Leidenschaftslosigkeit, Unterscheidung und Nichtverhaftung. Er unterliegt
ständiger Veränderung und ist vergänglich. Er wurde nur
geboren, um zu sterben. Ständiges Elend ist sein Schicksal. Er
wird zum Sitz von Egoismus. Man muß schwer arbeiten, um seine
Wünsche zu erfüllen. Das bringt Kummer und Leid. Ich denke
mit seiner Hilfe über die Wahrheit nach. Ich erkenne die Wahrheit
durch unterscheidendes Studium des Körpers. Ich betrachte ihn nicht
als mein Eigentum und fühle daher keine Bindung an ihn. Der Körper
gehört den Hunden und Schakalen, die ihn nach dem Tod verschlingen.
„Um der Bequemlichkeit des Körpers willen unterhält der Mensch
Frau, Haustiere, Diener, Kinder, Heim und Verwandte und häuft unter
großen Schwierigkeiten Reichtum an. Dieser Körper zerfällt
letztlich wie ein Baum und schafft den Samen für seinen neuen Körper.
„Die Zunge zieht ihn auf die eine Seite und der Durst auf eine andere;
die Fortpflanzungsorgane wieder auf eine andere; die Haut, der Magen
und das Ohr in eine andere Richtung; der Geruchssinn in eine Richtung;
das unbeständige Auge zu etwas anderem, die Neigung, tätig
zu sein, zieht zu etwas anderem, jedes weitere physische Organ in verschiedene
Richtungen der Aktivität. Die Sinne saugen das Leben aus ihm, so
wie die vielen Frauen eines Ehemannes.
„Der Herr erschuf verschiedene Körper wie Bäume, Reptilien,
Tiere, Vögel, Insekten und Fische und war damit jedoch nicht zufrieden.
Dann schuf Er den menschlichen Körper, der über einen Verstand
verfügt zur Verwirklichung Brahmans, und Er war sehr erfreut.
„Der Weise, der nach vielen Geburten diesen überaus seltenen menschlichen
Körper erlangt hat, der, obwohl vergänglich und schwach, doch
geeignet ist, einen höheren Zweck zu erfüllen, nämlich
die endgültige Befreiung, strebe eilig danach, Befreiung, das höchste
Gut zu erlangen, bevor er dem Tod zum Opfer fällt; denn Sinnenfreuden
können in der Tat in jedem Körper erfahren werden.
„Da ich so von meinem Körper Vairagya gelernt habe, Widerwillen
und Abneigung gegenüber weltlichen Vergnügen, und Wissen über
die wahre Wonne meines Wesens, das im Grunde göttlich ist, ziehe
ich ohne Egoismus und Verhaftung mit dem Licht wahrer Weisheit als mein
Licht durch die Welt.
„Wahrlich, das von einem Lehrer erlangte Wissen kann nicht sehr fest
und nicht vollständig genug sein; denn dieses Brahman, obwohl Es
eins ohne zweites ist, wird von den Rishis auf unterschiedliche Art
besungen.“
Sri Krishna sagte: „Nachdem der Brahmane so viel gesprochen hatte, verabschiedete
er sich von Yadu, der ihm alle gebührende Ehre erwies, und ging
seines Weges. Unser Ahne Yadu nahm sich die Belehrungen des Weisen ebenfalls
zu Herzen, gab alle Bindungen auf und erlangte Gleichmut des Geistes
und Ruhe.“
Zurückziehen von
den Sinnesobjekten
Uddhava sagte: „Oh Krishna, im allgemeinen wissen die Menschen, daß
Sinnesobjekte ins Elend führen. Wie kommt es, daß sie ihnen
nachlaufen wie ein Hund, ein Esel oder eine Ziege?“
Der Herr sprach: „Im Herzen eines Menschen, der nicht unterscheidet,
entsteht die falsche Idee von ›Ich‹ hinsichtlich des Körpers; dann
ergreift das furchtbare Rajas Besitz vom Geist, der von seinem Ursprung
her sattvig ist. Zweifel und Wünsche erwachen in dem von Rajas
erfüllten Geist. Er denkt: ›Ich sollte dieses oder jenes auf diese
oder jene Weise genießen.‹ Dann verweilt der Geist bei den ausgezeichneten
Eigenschaften eines Objektes: ›Oh, wie schön! Was für ein
schönes Ding.‹, findet daran großen Gefallen und hat ein
übermäßiges Verlangen danach.
„Der törichte Mensch ist überwältigt von Wünschen
und Begierden. Er hat keine Kontrolle über seine Sinne. Vom starken
Strom von Rajas getäuscht vollbringt er wissentlich Handlungen,
von denen bekannt ist, daß sie Elend und schlechte Ergebnisse
zur Folge haben.
„Der Mensch mit Unterscheidungskraft wird ebenfalls von Rajas und Tamas
abgelenkt, da er sich aber ihres Übels bewußt ist, kontrolliert
er wachsam seinen Geist und übt Konzentration des Geistes. Er hängt
nicht an ihnen.
„Man sei wachsam und fleißig, festige den Sitz und beherrsche
den Atem, und nachdem der Geist auf Mich gelenkt wurde, übe
man langsam Konzentration.
„Das ist der Yoga, wie er von meinem Schüler Sanaka und anderen
gelehrt wurde, um den Geist erfolgreich von allem abzuziehen und auf
Mich zu richten.
„Sieh dieses Universum, als eine Täuschung an, ein Spiel des Geistes,
jetzt wahrgenommen und im nächsten Moment zerstört wie ein
Traum und äußerst unbeständig wie der Kreis, den ein
brennendes Holzscheit beschreibt (Alata Chakra). Ein einziges Bewußtsein
erscheint als viele. Die dreifache Unterscheidung zwischen Wachen, Traum
und Tiefschlaf, die von der Verwandlung der Gunas verursacht wird, ist
Maya.
„Ziehe deine Sinne von diesem Objekt Welt zurück. Gib alle Wünsche
auf. Sei still und bleibe ruhig, aufgelöst in der Wonne deines
Selbst. Schweige und sei frei von Handlungen. Wenn das Universum jemals
erfahren wird, wenn es manchmal doch auftaucht, wenn du zu manchen Zeiten
die Erfahrung des Objekts im täglichen Leben hast, um das Lebensnotwendige
zu beschaffen, wird es keine Täuschung in dir verursachen, da du
es einst als unwirklich verworfen hast, und wird bis zum Abfallen des
Körpers nur als eine Erinnerung in dir weiterbestehen.“
Die Methode der Meditation
im elften Skanda
Der Herr sprach: „Man sitze auf einem flachen Sitz mit aufrechtem Körper
in einer bequemen Stellung, lege die Hände in den Schoß,
richte beide Augen fest auf die Nasenspitze und reinige so den Weg des
Pranas mittels Einatmung (Puraka), Anhalten (Kumbhaka) und Ausatmung
(Rechaka) und übe auch langsam in die andere Richtung, wobei die
Sinne unter Kontrolle gehalten werden.
Om steigt mit dem Klang einer Glocke vom Muladhara nach oben. Man führe
durch Pranayama die heilige Silbe ›Om‹, die ununterbrochen ist wie eine
Lotusfaser, durch das Herz nach oben, bringe sie zum Klingen wie eine
Glocke und füge sie wieder dem Vokal hinzu.
So übe man das Pranayama begleitet von Om zehnmal, dreimal täglich.
Man wiederhole Om geistig ununterbrochen während der Ein- und Ausatmung.
Innerhalb eines Monats sollte man in der Lage sein, das Prana zu kontrollieren.
Im Innern des Körpers ist der Herzlotus mit dem Stiel nach oben
und der Blüte nach unten, abwärts gerichtet mit acht Blütenblättern
und der Fruchthülle. Er ist auch geschlossen. Meditiere über
ihn als nach oben gerichtet und voll erblüht. Beim Fruchtknoten
denke an die Sonne, den Mond und das Feuer, eines im anderen. Meditiere
über die folgende Form von mir innerhalb des Feuers, was gut und
für die Meditation sehr günstig und erfolgversprechend ist.
Meine Form - symmetrisch, gütig, sanft mit vier langen schönen
Armen, gut entwickeltem schönen Hals, schönen Wangen und anmutigem
Lächeln.
Mit Makara Kundalas, glitzernden Ohrringen, die die symmetrischen Ohren
schmücken, in Goldgewänder gekleidet, von dunkler Gesichtsfarbe
wie eine Wolke, mit dem prächtigen Srivatsazeichen und Lakshmi
auf der Brust.
Geschmückt mit dem Muschelhorn, dem Diskus, der Keule, dem Lotus und einer Girlande aus wilden Blumen (Vanamala), die Füße
geschmückt mit klingenden Fußringen und die Brust strahlend
vom Glanz des Kaustubha Juwels.
Geschmückt mit einer Brillantkrone, Armbändern und einem Taillenband,
wunderschön in jedem Detail, das Herz fesselnd, mit Gesicht und
Augen, die voller Wohlwollen und sehr sanft sind, auf diese Form, wie
sie hier beschrieben ist, meditiere und halte den Geist beständig.
Konzentriere den Geist auf alle Einzelheiten. Ziehe die Sinne mit starkem
Geist von ihren Objekten mit Hilfe des Wagenlenkers Verstand als Führer
ab und richte den Geist auf Meinen ganzen Körper. Dann konzentriere
dich nur auf einen Teil, auf mein lächelndes Gesicht. Meditiere
über nichts anderes. Dann ziehe den Geist vom Gesicht ab und halte
ihn fest auf Akasa, die höchste Ursache. Gib auch das auf. Ruhe
in Mir als reines Brahman ohne Eigenschaften. Denke an gar nichts. Lasse
Triputi, den Meditierenden, das Objekt der Meditation und die Meditation
verschwinden. Lasse sie eins werden. Vergiß den dreifachen Unterschied.
Das ist das höchste Nirvikalpa Samadhi.“
Vishnupurana: Sadhana
zur Befreiung
Ribhu sagte: „Daher, Oh König Nidagha, der du mit der Pflicht
vertraut bist, betrachte dich als eins mit allen Wesen und sieh Freunde
und Feinde gleich an. So wie derselbe Himmel weiß oder blau erscheint,
so erscheint die Seele, die in Wirklichkeit eins ist, der irrigen Sicht
als verschieden. Das, was im Universum existiert, ist Achyuta.
Es gibt nichts von Ihm Getrenntes. Er ist ich: Er ist du: Er ist alles.
Dieses Universum ist Seine Form. Gib daher deine falschen Vorstellungen
auf.“
Der Brahmane sprach: „Das große Ziel des Lebens muß von
weisen Menschen als ewig betrachtet werden, und es wäre vergänglich,
wenn es durch vergängliche Dinge vollbracht würde.....Die
Seele, die in ihrer Essenz eins ist im eigenen und in allen anderen
Körpern, ist die wahre Weisheit eines Menschen, der die Einheit
und die wahren Prinzipien der Dinge kennt. So wie die Luft, die sich
über die ganze Welt ausbreitet, als Noten der Tonleiter unterschieden
wird und durch die Löcher einer Flöte geht, so ist auch die
(Wahrheit) Natur der großen Seele eins, obwohl sie verschiedene
Formen als Folgen der Früchte der Handlungen annimmt. Wenn der
Unterschied zu den einzelnen Formen, wie auch von Gott und Mensch, zerstört
ist, hört die Unterscheidung der Dinge auf.“
Kesidhwaja sprach: „Die Eigenschaften von Schmerz, Unwissenheit und
Unreinheit gehören der Natur an und nicht der Seele. Oh Muni, es
gibt keine Verwandtschaft zwischen Feuer und Wasser, wenn letzteres
jedoch in einem Kessel über ersteres gestellt wird, sprudelt und
kocht es und zeigt die Eigenschaften des Feuers. Genauso, wenn die Seele
mit Prakriti in Verbindung tritt, wird sie verunreinigt von Egoismus
und anderen derartigen selbsttäuschenden Kräften und nimmt
die Eigenschaften der grobstofflichen Natur an, obwohl sie sich im wesentlichen
von ihnen unterscheidet. So beschaffen ist der Same der Unwissenheit,
wie ich es dir erklärt habe: es gibt nur ein Heilmittel für
weltliche Leiden - die Praxis der Hingabe; kein anderes ist bekannt.
Ein Mensch, der zu unterscheidendem Wissen befähigt ist, muß
seinen Geist von allen Sinnesobjekten zurückziehen und damit auf
das erhabene Wesen meditieren, das mit dem Selbst im Innern identisch
ist, um Befreiung zu erlangen. Denn diese höchste Seele zieht den,
der über sie meditiert und von gleichem Wesen ist, an, so wie der
Magnet das Eisen anzieht, durch die Wirkung, die ihm und seinen Produkten
gemeinsam ist.
„Kontemplative Hingabe ist die Einheit mit Brahman, die durch den Geisteszustand
bewirkt wird, der durch Übungen, welche die Selbstbeherrschung
vervollkommnen, Vollendung erlangte; und der Mensch, dessen kontemplative
Hingabe durch die Eigenschaft solch absoluter Vollendung gekennzeichnet
ist, ist in der Wahrheit und kann erwarten, in der Welt des Wahrnehmbaren
ein begrenztes Leben zu haben.
„Ein Mensch, der seinen Geist in einen angemessenen Zustand zur
Ausführung frommer Betrachtung zu bringen gedenkt, muß frei
sein von Wünschen und unerschütterliche Enthaltsamkeit, Mitgefühl,
Wahrhaftigkeit, Aufrichtigkeit und Selbstlosigkeit üben. Er muß
seinen Geist auf das höchste Brahman richten, heilige Schriften
studieren und Reinigung, Zufriedenheit, Buße und Selbstbeherrschung
üben. Diese Übungen schenken reichen Ertrag, und wenn sie
nicht vom Wunsch nach Weltlichem und Vergänglichem motiviert sind,
sondern von Liebe zu höchster Befreiung inspiriert werden, führen
sie zu höchster Glückseligkeit.“
Sadhana im Garuda
Purana
Die sechzehnte Adhyaya des Garuda Purana gibt eine Darstellung des
Gesetzes zur Befreiung. Leidenschaftslos unterzieht es den Bereich menschlichen
Lebens einer gründlichen Prüfung, berichtet von den Begrenzungen
und Mängeln eines schönen Lebens und betont die Verwirklichung
des göttlichen Selbst. Da es schwierig ist, Verhaftung stets zu
vermeiden, pflege man die Freundschaft mit Edlen, Großen und Guten.
Es gibt keine Befreiung durch vorgetäuschte Zeremonien, und auch
nicht durch das bloße Studium der Veden und das Lesen der Sastras;
Befreiung wird durch wahre Erkenntnis erlangt. Zwei Ausdrücke stehen
für Bindung und Befreiung: ›Mein‹ und ›Nicht mein‹. Der Mensch,
der ›Mein‹ sagt, ist gebunden; der, der ›Nicht mein‹ sagt, ist verwirklicht.
Das ist das Karma, das nicht bindet; das ist Wissen, das Befreiung gibt;
andere Karmas verursachen Sorge, anderes Wissen ist bloß geschicktes
Mogeln. Mit dem Schwert der Verhaftungslosigkeit durchtrenne die mit
dem Körper verbundenen Wünsche. Übe geistige Konzentration
auf das dreifach reine Wort Om. Mit kontrolliertem Atem und beherrschtem
Geist kontempliere über Om. Wenn die Wünsche überwunden
sind, es keine Bindung, keinen Stolz und keine Täuschung gibt,
und wenn die Übel der Nichtunterscheidung überwunden sind,
lebe im höchsten Selbst. Innerlich ruhig, mit voller Einsicht und
frei von Gedanken an das andere verehre allein das Göttliche.
Sadhana der Yogavasishtha
Die praktischen Hinweise hinsichtlich Sadhana, wie sie in der Yogavasishtha
dargestellt sind, sind einzigartig. Selbst die allerweltlichsten Menschen
werden leidenschaftslos und erlangen durch das Studium dieses Buches
geistigen Frieden, Trost und Linderung.
Die Menschen, deren Geist von dieser Welt abgewandt ist, die den Objekten
dieser Welt gegenüber gleichgültig geworden sind und die tatsächlich
nach Befreiung dürsten, werden wirklichen Nutzen aus dem Studium
dieses kostbaren Buches ziehen. Sie werden in diesem Buch ein riesiges
Lager an Wissen und praktischen spirituellen Anweisungen vorfinden,
die sie im täglichen Leben führen. Die Yogavasishtha formuliert
zuerst eine Lehre in ihren verschiedenen Aspekten und macht sie dann
durch interessante Geschichten sehr einleuchtend. Sie ist ein Buch zum
ständigen Studium. Es muß so oft wie möglich gelesen
und wieder gelesen und studiert und wieder studiert werden.
Die Yogavasishtha spricht darüber, wie die Vereinigung von individueller
und höchster Seele inmitten aller Prüfungen und Tests des
Lebens erfolgen kann. Sie beschreibt verschiedene Wege zur Vereinigung
von Jivatman und Paramatman.
Die Natur von Brahman, Sat, und die Methoden, um Selbstverwirklichung
zu erlangen, werden in diesem Werk lebendig beschrieben. Es ist das
inspirierendste Buch. Jeder Vedanta Schüler liest ständig
in diesem Buch. Es ist ein dauernder Begleiter des Schülers auf
dem Wege des Jnana Yoga. Es ist kein Prakriya Grantha. Es handelt nicht
von den Prakriyas, den Kategorien der Vedanta. Nur fortgeschrittene
Schüler können dieses Buch für ihr Studium verwenden.
Suchende sollten zuerst Atma Bodha, Tattva Bodha, Atmanatma Viveka von
Sri Sankaracharya und Panchikarana lesen, bevor sie mit dem Studium
der Yogavasishtha beginnen.
Moksha, so sagt die Yogavasishtha, ist das Erlangen der Essenz der Seligkeit
von Brahman durch Selbsterkenntnis. Moksha ist Freiheit von Geburt und
Tod; es ist der makellose und unzerstörbare Sitz Brahmans, in welchem
es weder Sankalpas noch Vasanas gibt. Der Geist erlangt hier seine Ruhe.
Die Summe aller Freuden der ganzen Welt ist nur ein Tropfen im Vergleich
zur Wonne von Moksha. Das, was Moksha genannt wird, gibt es weder in
Devaloka noch in Patala noch auf der Erde. Wenn alle Wünsche zerstört
sind, ist einzig das Verlöschen des sich ausdehnenden Geistes
Moksha. Moksha hat in sich weder Raum noch Zeit; es gibt darin auch
keinen innerlichen oder äußerlichen Zustand. Wenn der trügerische
Gedanke von ›Ich‹, Ahamkara, zerfällt, ist das das Ende der
Gedanken, welche Maya sind, Moksha. Sankalpa ist nur Samsara, seine
Vernichtung ist Moksha. Nur Sankalpa, das über die Wiederauferstehung
hinaus vernichtet wurde, stellt den Sitz des makellosen Brahman, Moksha,
dar. Moksha ist Freiheit von allen Arten von Schmerz und die Erlangung
höchster Wonne (Sarva-duhkha Nivritti und Paramananda Prapti).
Duhkha bedeutet Schmerz oder Leiden. Geburt und Tod erzeugen die größten
Schmerzen. Freiheit von Geburten und Toden ist Freiheit von jeglichem
Schmerz. Brahma Jnana, Selbsterkenntnis allein bringt Moksha. Durch
das Nichtvorhandensein des Wunsches nach Objekten wird die Ruhe im Geist
Moksha erzeugen.
Die Yogavasishtha sagt, daß diese Welt der Erfahrung mit verschiedenen
Objekten, Zeit, Raum und Gesetzen eine Schöpfung des Geistes ist,
d.h. eine Idee, Kalpana. So wie der Geist im Traum Dinge schafft, so
schafft der Geist auch alles im Wachzustand. Die Ausdehnung des Geistes
ist Sankalpa. Sankalpa schafft durch seine Kraft der Differenzierung
dieses Universum. Zeit und Raum sind nur geistige Schöpfungen.
Durch das Spiel des Geistes mit Dingen erscheint Nähe wie eine
große Entfernung und umgekehrt. Durch die Kraft des Geistes erscheint
ein Kalpa als ein Augenblick und umgekehrt. Etwas, was im Wachzustand
als ein Moment erfahren wird, erscheint im Traum vielleicht als Jahre.
Der Geist kann für eine kurze Entfernung die Erfahrung von einer
Meile habe, und Meilen können als eine kurze Strecke erfahren werden.
Der Geist ist nicht etwas anders oder von Brahman Getrenntes. Brahman
manifestiert sich als Geist. Der Geist verfügt über schöpferische
Kraft. Der Geist ist die Ursache von Bindung und Befreiung.
Wenn man mit den vier Torwächtern, Shanti (Frieden), Vichara (Fragen
über Atman), Santosha (Zufriedenheit) und Satsanga (Umgang mit
der Weisheit), die an den Toren zu Moksha (Errettung) warten, Freundschaft
geschlossen hat, gibt es kein Hindernis zur Erlangung der endgültigen
Befreiung. Auch wenn du nur mit einem von ihnen Freundschaft schließt,
wird er dich seinen Kollegen vorstellen.
Wenn man Selbsterkenntnis, Brahma Jnana erreicht, wirst man frei von
den Fesseln von Geburt und Tod. Alle Zweifel verschwinden und
alle Karmas vergehen. Nur durch eigenes Bemühen kann der ewige
höchst wonnevolle Sitz Brahmans erreicht werden.
Der Mörder des Atman ist der Geist. Die Form des Geistes sind einzig
und allein Sankalpas. Die wahre Natur des Geistes sind die Vasanas.
Nur die Handlungen des Geistes werden tatsächlich als Karmas oder
Handlungen bezeichnet. Das Universum ist nichts anderes als der Geist,
der sich als solcher durch die Macht von Brahman manifestiert. Wenn
der Geist über den Körper kontempliert, wird er selbst zum
Körper, verstrickt sich darin und wird von ihm gequält.
Der Geist manifestiert sich als Außenwelt in der Form von Schmerzen
und Freuden. Subjektiv ist der Geist Bewußtsein. Objektiv ist
er das Universum. Der Geist erlangt durch seinen Feind Unterscheidung
den Ruhezustand Para Brahman. Die wahre Wonne ist jene, die entsteht,
wenn der Geist, der durch das ewige Jnana aller Wünsche entledigt
ist, seine subtile Form zerstört. Die Sankalpas und die Vasanas
(subtilen Wünsche), die du erzeugst, umgarnen dich wie mit einem
Netz. Einzig und allein Para Brahmans eigenes Licht ist, und es erscheint
als der Geist oder als dieses Universum.
Der Mensch, der keine Fragen über den Atman stellt, sieht die Welt,
die einzig und allein von der Natur von Sankalpa ist, als wirklich.
Nichts anderes als die Ausdehnung des Geistes ist Sankalpa. Sankalpa
schafft durch seine Kraft der Differenzierung dieses Universum. Nur
das Verlöschen von Sankalpa ist Moksha.
Der Feind von Atman ist nur dieser unreine Geist, der mit einem Übermaß
an Täuschung und Heerscharen weltlicher Gedanken gefüllt ist.
Es gibt auf dieser Erde kein anderes Schiff, um den Ozean der Wiedergeburt zu befahren als die Herrschaft über den gegnerischen Geist.
Der ursprüngliche Keim des schmerzlichen Ahamkara mit seinem empfindlichen
Stiel von Wiedergeburten verzweigt sich sehr weit, überall hin
mit seinen langen Ästen von ›Mein‹ und ›Dein‹ und trägt seine
unreifen Früchte von Tod, Krankheit, Alter, Schmerz und Sorge.
Dieser Baum kann allein durch das Feuer von Jnana entwurzelt werden.
Alles Sichtbare, das durch die Sinne wahrgenommen wird, ist unwirklich,
aber das Wirkliche ist Para Brahman, die höchste Seele.
Wenn alle zauberhaft aussehenden Dinge zu Augenentzündungen führen
und das genaue Gegenteil der früheren Gefühle bringen, ist
der Geist gestört. Aller Besitz ist nutzlos. Jeder Reichtum bringt
Gefahr. Wunschlosigkeit führt zur ewigen wonnevollen Bleibe.
Zerstöre Vasanas und Sankalpas. Töte den Egoismus. Lösche
diesen Geist aus. Statte dich mit den vier Mitteln aus. Meditiere über
das reine, unsterbliche, alldurchdringende Selbst, den Atman. Erlange
Selbsterkenntnis und erreiche Unsterblichkeit, immerwährenden Frieden,
ewige Wonne, Freiheit und Vollkommenheit.
Die Yogavasishtha beschreibt drei Arten von Sadhana; 1) Die Kontrolle
des Pranas durch die Praxis von Pranayama und das Hochführen der
Kundalinikraft durch die einzelnen Chakras im Körper. 2) Die Kontrolle
des Geistes durch die Praxis der Selbstanalyse, das Ausmerzen von Lastern,
Leidenschaftslosigkeit gegenüber weltlichen Dingen, Verhaftungslosigkeit,
Zerstören der Vasanas, Überwinden von Ichdenken und Reflexion
über den Traumcharakter dieser Welt. 3) Meditation über Brahman
durch Reflexion über die einzigartige Natur des Atman (Kevalabhava),
die Immanenz des Atmans im Prozeß der Wahrnehmung (Drashtri-darsana-sambandha)
und die Praxis der Gegenwart Brahmans in allem (Brahmabhyasa). |
|


Hier kostenlosen
Yoga Gesamtkatalog
anfordern





Broschüre und kostenlose Übungspläne anfordern
|
|
- Yoga Übungen lernst du am besten bei einem Yogalehrer
- Yoga Einführungs-Seminare gibt es in den Yoga Vidya Seminarhäusern als Wochenend- und Wochenkurse. Diese werden auch von Krankenkassen bezuschusst
- Bei Yoga Vidya findest du jährlich fast 3000 Seminare zu Yoga, Meditation und Ayurveda, darunter auch das umfangreichste Yogalehrer Weiterbildungs-Angebot
- In den Yogalehrer Ausbildungen beim Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/innen in 50 verschiedenen Städten lernst Du Yoga, Meditation, Yoga Philosophie, spirituelles Leben und auch, wie Du sie anleiten kannst
- In den Yoga Vidya Zentren gibt es regelmäßige Einführungskurse
- Im Yogalehrer-Verzeichnis findest Du eine/n qualifizierte/n Yogalehrer/in in Deiner Nähe
- Im Yoga-Shop findest Du DVDs, Bücher, Yoga-Matten, Kissen, CDs und vieles mehr für deine Yoga-Praxis
Auf unseren Internet-Seiten findest du viele weitere Informationen:
Yoga Vidya findest du auch in vielen sozialen Netzwerken
|