von Swami Sivananda
Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
Vedanta Sadhana
Vedanta Sadhana: Einleitung
Alles, was einen Anfang oder ein Ende hat, ist unwirklich. Das, was
in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft existiert, ist wirklich. Nur
Brahman existiert in den drei Zeitphasen. Also ist nur Brahman wirklich.
Nur etwas Wirkliches kann ewig, unveränderlich und ohne Anfang
und Ende sein. Etwas, was am Anfang und am Ende nichts ist, existiert
logischerweise auch in der Mitte nicht.
Die allen Namen und Formen zugrundeliegende Wirklichkeit, die ursprüngliche
eine Form, von der alles ausgeht, ist Brahman, das Absolute. Brahman
ist die letztendliche Quelle aller Freude und Wonne.
Brahman ist die innere Realität oder Essenz. Die fünf Schichten
sind die äußeren Hüllen. Körper, Sinne, Geist und
Verstand sind nur die äußeren Schalen, die die innere dauerhafte
Wirklichkeit verbergen. Diese Hüllen sind Manifestationen von Brahman.
Sie gründen in Brahman.
Brahman, das Ewige, übersteigt die wahrnehmbaren Erscheinungen.
Schöpfung und Zerstörung sind nur Erscheinungen. Sie sind
die Gaukelei von Maya, dem Geist. In Wirklichkeit wird nichts erschaffen
oder zerstört.
Brahman ist Unendlichkeit. Brahman ist ewig. Brahman ist Unsterblichkeit.
Unendlichkeit muß eins sein. Es kann keine zwei Unendlichkeiten
geben. Das, was unveränderlich, unteilbar, nicht dual, anfanglos,
endlos, zeitlos, raumlos und grundlos ist, kann unendlich sein. Wenn
in Brahman Teile sind, gibt es Vielfalt. Es kann in Brahman keine Unterschiede
oder Abstufungen geben. Brahman ist aus sich selbst strahlend, aus sich
selbst existierend, in sich selbst enthalten, in sich selbst verankert
und aus sich selbst offenbart. Brahman ist ohne Geburt und Tod, denn
Er ist unendlich, körperlos und zeitlos. Brahman ist keine negative
Leere wie im tiefen traumlosen, gesunden Schlaf, denn Er ist reines
Bewußtsein, absolutes Wissen. In Brahman besteht vollkommene Bewußtheit,
reine Intelligenz. Brahman, das Absolute ist Satyasya Satyam. Es ist
das Selbst aller Selbste.
Die Objekte, die man im Wachzustand sieht, sind ebenso unwirklich wie
die Objekte, die man im Traumzustand sieht. Alle Objekte sind unwirklich.
Nur das beobachtende Subjekt ist wirklich und ewig. Das Leben ist ein
Wachtraum. Wie kann etwas, das sich verändert, ewig und wirklich
sein.
Die individuellen Seelen und die Welt sind unwirklich. Nichts außer
Brahman, das Absolute, ist ewig.
Die geistige Welt ist ebenso gegenständlich oder unwirklich wie
die materielle. Die einzige Wirklichkeit ist Brahman oder Atman. Die
Welt vergeht im Schlaf. Die Traumobjekte vergehen, sobald man aufwacht.
Also sind die Welt der Erfahrung und die Traumwelt unwirklich. Jenseits
dieser drei Zustände ist Atman oder Brahman. Dieses Brahman ist
die Basis der drei Zustände. Es ist der schweigende Beobachter,
Sakshi. Brahman alleine ist Turiya, der vierte Zustand.
Moksha ist das ewige Leben. Die Verwirklichung der Einheit des Selbst
ist die Hochwassermarke der Vollkommenheit. Verwirkliche dieses Brahman
durch Hören der Srutis (Sravana), Reflektieren (Manana) und ständige
Meditation (Nididhyasana) und erlange Freiheit, die letztendliche Glückseligkeit.
Die Verwirklichung des Brahman wird als höchste Erkenntnis betrachtet.
Nur ein starker und weiser Mensch, der über die vier Mittel verfügt,
kann Selbstverwirklichung erlangen. Wiedergeburt kann nur durch die
Verwirklichung von Brahman aufgehoben werden. Wer wahrhaft sein Einssein
mit Brahman verwirklicht, verwirklicht Unsterblichkeit.
Ziehe die Sinne zurück, schau nach innen und suche dein Herz. Tauche
durch tiefe Meditation über das innerste Selbst tief in die tiefsten
Gründe deines Herzens. Du wirst zweifellos deine Identität
mit Brahman verwirklichen und zum Herzstück unendlicher Freude
und Wonne vordringen.
Aspekte von Jnana Sadhana
Der Sadhak reflektiere und meditiere. Sravana ist Hören der Srutis.
Manana ist Denken und Überlegen, Nididhyasana ist fortdauernde
und tiefe Meditation.
Dann kommt Atma Sakshatkara, direkte Verwirklichung.
Das heißt auch Brahmanubhava oder Aparokshanubhuti. Dann schmelzen
alle Zweifel und Täuschungen dahin. Der Knoten der Unwissenheit
(Hridaya Granthi) wird durchschlagen. Alle Karmas (Sanchita und Prarabdha)
werden vernichtet. Der Jnani erlangt den Sat-Chit-Ananda Zustand. Er
ist befreit aus dem Rad von Samsara, von Geburt und Tod mit all ihren
Übeln.
Der Schüler auf dem Weg von Jnana Yoga wiederholt Om oder Soham
oder Sivoham oder Aham Brahma Asmi oder Om Tat Sat und verbindet die
Gedanken von Reinheit, Vollendung, Unendlichkeit, Ewigkeit, Unsterblichkeit,
Sat-Chit-Ananda mit der Wiederholung der obigen Formeln.
Formeln für Nididhyasana
Ich bin die Sonne aller Sonnen
- OM OM OM
Ich bin völlige Reinheit
- OM OM OM
Ich bin nichts als Wonne
- OM OM OM
Ich bin allerfüllendes Bewußtsein
- OM OM OM
Satchidananda Swaroopoham
- OM OM OM
Akhanda Ekarasa Chinmatroham
- OM OM OM
Bhumananda Swaroopoham
- OM OM OM
Aham Sakshi (Ich bin Beobachter)
- OM OM OM
Nirvisesha Chinmatroham
- OM OM OM
Asangoham (Ich bin nicht berührt)
- OM OM OM
Lebe Mit Om
Lebe im Inneren. Lebe im Geist. Meditiere über Atman, die Wirklichkeit
(Swaroopa Dhyana). Mache Mano Japa von Om Pranava (Manasig Japa). Singe
Om. Fühle Om. Iß Om. Gehe Om. Atme Om. Schlafe Om. Schließe
Freundschaft mit Om.
Die ununterbrochene Praxis der Meditation ›Ich bin Brahman‹ zerstört
das Vikshepa von Avidya (Schwanken oder Ablenkung verursacht durch Unwissenheit)
und heilt wie das Lebenselixier (Rasayana) alle Krankheiten.
An einem einsamen Platz sitzend, frei von jeder Leidenschaft, nachdem
die Indriyas (Sinne) bezwungen wurden, meditiere man auf den einen unendlichen
Atman, ohne an etwas anders zu denken.
Ein weiser Mensch löse mittels seiner Intelligenz alles Sichtbare
im Atman auf und meditiere stets über den einen Atman, der wie
der reine unendliche Äther ist.
Die sieben Stufen von Jnana
(Sapta Jnana Bhumikas)
Es gibt sieben Stufen von Jnana, die sieben Jnana Bhumikas. Zuerst muß
durch tiefes Studium von Atma Jnana Shastras, Zusammensein mit Weisen
und das Ausführen von tugendhaften Handlungen ohne Erwartung von
Früchten Jnana entwickelt werden. Dieses Subheccha, der richtige
Wunsch, ist die erste Bhumika oder Stufe von Jnana. Es gießt den
Geist mit dem Wasser der Unterscheidung und schützt ihn. Auf dieser
Stufe herrscht Nichtanziehung oder Gleichgültigkeit gegenüber
Sinnesobjekten. Die erste Stufe ist die Grundlage für die weiteren
Stufen. Von ihr aus werden die nächsten beiden erlangt, nämlich
Vicharana und Tanumanasi. Fortgesetztes Atma Vichara (Fragenstellen
über Atman) ist die zweite Stufe. Die dritte Stufe ist Tanumanasi.
Diese wird erreicht durch die Pflege spezieller Gleichgültigkeit
gegenüber Objekten. Der Geist wird so dünn wie ein Faden.
Daher der Name Tanumanasi. Tanu bedeutet Faden - der fadenähnliche
Zustand des Geistes. Die dritte Stufe wird auch Asanga Bhavana genannt.
In der dritten Stufe ist der Suchende befreit von allen Anziehungen.
Wer auf der dritten Stufe stirbt, bleibt lange Zeit im Himmel und wird
auf der Erde als Jnani wiedergeboren. Die drei besprochenen Stufen fallen
unter den Jagrat Zustand. Die vierte Stufe ist Sattwapati. Diese Stufe
zerstört alle Vasanas bis an die Wurzel. Das fällt unter den
Swapna Zustand. Die Welt erscheint wie ein Traum. Wer die vierte Stufe
erreicht hat, sieht alle Dinge des Universums gleich an. Die fünfte
Stufe ist Asamsakti. Darin herrscht absolute Nichtverhaftung an die
Dinge der Welt. In diesem Zustand gibt es weder Upadhi, noch Wachen,
noch Schlafen. Es ist der Zustand von Jivanmukti, in dem es zur Erfahrung
von Ananda Swaroopa kommt (die ewige Wonne Brahmans), verbunden mit
makellosem Jnana. Das fällt unter Sushupti. Die sechste Stufe ist
Padartha Bhavana. Darin kommt es zur Erkenntnis der Wahrheit. Die siebente
Stufe ist Turiya, der Zustand des Überbewußtseins. Das ist
Moksha. Es heißt auch Turiyateeta. Es gibt keine Sankalpas. Alle
Gunas verschwinden. Es übersteigt Geist und Sprache. Die körperlose
Errettung (Videhamukti) wird auf der siebenten Stufe erlangt.
In der Sicherheit von Atma zu weilen, ohne Wünsche und mit universeller
Sicht gegenüber allem, nachdem alle Komplikationen der Unterscheidungen
von ›Ich‹ oder ›Er‹, Existenz oder Nichtexistenz, zerstört wurden,
ist Turiya.
Das, was von der Natur von Wonne und mit Intelligenz verbunden ist,
heißt Turiya. Der Weise ist auf dieser Stufe bar aller Vasanas.
Er ist frei von allen Vorstellungen von Unterschied und Nichtunterschied,
›Ich‹ und ›Nicht-Ich‹, Sein und Nichtsein.
Dieser erhabene siebente Zustand ist die Isolation, Moksha, die ohne
Teile ist, gleich in allem, makellos, segensreich, still und reines
Turiya. Die siebente Stufe, frei von allen Objekten und erfüllt
von Wonne, wird von manchen als der Turiyatita Sitz von Moksha gesehen,
der Chit selbst ist. Die siebente Stufe übersteigt den Geist, strahlt
aus sich selbst und ist von der Natur von Sat. Auf der siebenten Stufe
wird körperlose Rettung erlangt. Sie ist homogen. Sie ist unbeschreiblich;
sie übersteigt die Kraft der Sprache.
Methoden von Vedanta Sadhana
Sravana, Manana und Nididhyasana sind die drei Stufen von Vedanta Sadhana.
Sravana ist Hören der Wahrheit. Das Abheda Bodha Vakya muß
vom Brahmanishtha Guru gehört werden. Dann sind die Schriften und
Abhandlungen über Vedanta sorgfältig zu studieren, um die
Bedeutung der großen Mahavakyas richtig zu erfassen.
Es gibt zwei Arten von Vedanta Granthas: die Pramana Granthas und die
Prameya Granthas. Man muß immer wieder Standardwerke über
Vedanta lesen. Eine vollständige und erschöpfende Abhandlung
zu dem Thema muß mit allergrößter Sorgfalt studiert
werden. Erst dann wird die volle Erkenntnis von Vedanta aufdämmern.
Werke wie Adwaitasiddhi, Chitsukhi, Khandanakhanda Khadya, Brahmasutras,
usw. sind Pramana Granthas, denn sie weisen andere Theorien zurück
und begründen Adwaitatattwa durch Logik und Argumentation. Werke
wie Upanishaden, Bhagavad Gita und Yogavasishtha sind Prameya Granthas,
denn sie tun nichts anderes als die absolute Wahrheit unwiderlegbar
festzustellen und lassen sich nicht auf Argumentationen ein, um etwas
zurückzuweisen oder festzustellen. Sie sind intuitive Werke, erstere
hingegen sind intellektuell.
Der Geist muß rein und klar sein, bevor man mit Vedanta Sadhana
beginnt. Vasanas im Geist zurückzubehalten ist wie eine schwarze
Kobra im Inneren zu haben und sie mit Milch zu füttern. Das Leben
ist stets in Gefahr. Töte diese Vasanas durch Vichara, Vairagya
und Meditation über den Atman.
Die Sruti Texte, die über Schöpfung sprechen, wie zum Beispiel:
„Aus dem Atman entstand Akasa, aus Akasa Vayu, aus Vayu Agni.“ etc.,
verfolgen keine andere Absicht als die, Anfängern oder jungen Suchenden
vorbereitende Unterweisung zu geben, denn sie können nicht sofort
Ajativada verstehen, die Theorie der Nichtevolution. Wenn du Stellen
liest, die von Schöpfung sprechen, denke immer daran, daß
all dies nur Adhyaropa, Überlagerung, ist. Vergiß das nie.
Denke niemals auch nur eine Sekunde lang, daß die Welt real ist.
Nur durch Apavadayukti, die Verneinung von Überlagerung, kann Kevala
Advaita Siddhanta begründet werden. Wenn die Welt real ist, wenn
Dualität real ist, kann die Erfahrung Advaitischer Verwirklichung
nicht gemacht werden.
Wenn die Unreinheit von Ichdenken, Ahankara Mala, zerstört ist,
werden die beiden anderen Unreinheiten, Kama Mala (Unreinheit der Wünsche)
und Karma Mala (Unreinheit der Handelns) von selbst zerstört werden.
Wie kann es daher für einen Jivanmukta, einen befreiten Weisen,
Pararabdha geben? Er ist eins mit dem höchsten Absoluten.
Hindernisse im Vedanta
Sadhana
Ahankara ist das größte Hindernisse für Selbstverwirklichung.
„Ich weiß alles. Nur mein Standpunkt und meine Meinung sind richtig.
Was ich tue, ist richtig. Diese Person weiß gar nichts. Jeder
muß tun, was ich sage. Jeder hat mir zu gehorchen. Ich habe keine
Fehler. Ich bin voller guter Eigenschaften. Ich bin sehr klug. Diese
Person ist sehr dumm. Diese Person ist erbärmlich. Diese Person
hat viele Fehler. Ich bin weise. Ich bin wunderbar.“ Das sagt der ichdenkende
Mensch. Das ist das Wesen des rajasigen Ahankara. Er verbirgt seine
Fehler. Er übersteigert seine Fähigkeiten und Qualitäten
und stellt sie zur Schau. Er schmälert andere. Er verurteilt andere.
Er überlagert Fehler auf andere, die sie nicht haben. Er sieht
nichts Gutes, nur das Schlechte in anderen. Er überlagert auf sich
selbst manch gute Eigenschaften, die er nicht besitzt. Dieser Mensch
kann kein Vedanta Sadhana praktizieren. Er ist nicht geeignet für
den Weg von Jnana.
Raga und Dvesha bewirken das große Samsara des Jiva. Sie müssen
durch Erkenntnis des höchsten Brahman zerstört werden. Entweder
durch richtiges Verstehen und Unterscheidung oder durch Pratipaksha
Bhavana müssen diese Ströme zerstört werden. Befreiung
wird durch Schlichtheit, Sorgfalt, Reinheit, Kontrolle der Leidenschaften
und durch das Gehen in den Fußstapfen von Heiligen und Weisen
erreicht.
Durch Vedanta Sadhana entsteht Brahmakara Vritti. Ein Bambus schlägt
auf einen anderen Bambus und es entsteht Feuer. Der ganze Wald brennt.
Es wird zu einem riesigen Brand. Dann verlischt das Feuer von selbst.
Ebenso zerstört Brahmakara Vritti, die im Sattvika Manas durch
Meditation über Brahman oder die Bedeutung des ›Tat Twam Asi‹ Mahavakyas
entsteht, Avidya, die Unwissenheit und ihre Auswirkungen, führt
zur Erlangung von Brahma Jnana und stirbt letztlich von selbst, wenn
das höchste Brahman verwirklicht wird.
Die Strychnos Potatodum Paste (Nirmal Samen) beseitigt allen Schmutz
aus dem Wasser und bringt ihn dazu, sich auf dem Boden des Gefäßes
abzusetzen. Zusammen mit dem Schmutz verschwindet auch die Paste. Ebenso
zerstört Brahmakara Vritti alle weltlichen (Vishayakara) Vrittis
und vergeht letztlich von selbst, nachdem die Erkenntnis des Unvergänglichen
aufgedämmert ist.
Das Wesen des Jnani
Der Jnana Yogi praktiziert weder Pratyahara noch Chittavritti Nirodha
wie der Raja Yogi. Er versucht die eine ungeteilte Essenz von Satchidananda
in allen Namen und Formen wahrzunehmen. Er ist Beobachter, Sakshi, aller
Vrittis. Alle Vrittis sterben allmählich von selbst. Die Methode
des Jnanis ist positiv (Samyagdarshana), wohingegen die Methode des
Raja Yogis negativ ist (Nirodha).
Es gibt keinen Körper vom Drishti oder Standpunkt des Weisen aus.
Wie kann es dann für den Jnani Prarabdha geben? Der Jnani ist eins
mit dem Absoluten, und daher findet in seinem Wesen keine Veränderung
statt. Er ist Santam, Sivam und Advaitam. Er ist Jivanmukta. Er ist
bereits zu Lebzeiten befreit. Sein Körper ist wie ein verbranntes
Tuch oder ein Schwert, das durch die Berührung mit dem Stein des
Weisen in Gold verwandelt wurde. Sein Ego ist verbrannt im Feuer höchster
Weisheit.
Hinweise zu Vedanta Sadhana
Die Natur der Wahrheit, Brahmans
1. Wahrheit ist einfach; der verwirrende Intellekt läßt sie
schwierig erscheinen. Die erhabensten Dinge sind immer die einfachsten.
2. Nur die Wahrheit siegt, nicht die Unwahrheit.
3. Wahrheit kann nie durch Unwahrheit besiegt werden. Wahrheit
wird immer den Sieg über Unwahrheit davontragen. Wenn der Weg der
Wahrheit beschritten wird, ist auch alles andere getan. Wenn man die
Wurzel gießt, werden automatisch alle Zweige gegossen.
4. Der Weg der Wahrheit ist steil. Er ist glatt, und all das ist unangenehm.
Es ist schwierig, ihn zu beschreiten, es ist ein harter Weg. Riesen
unter spirituellen Menschen gehen auf ihm zur Stadt der Vollendung.
5. Das Absolute ist alles. Wahrheit ist das Absolute. Das bist Du. Das
ist die Essenz der spirituellen Lehre.
6. Wahrheit ist völlig allgemein zugänglich. Sie kann
nicht verborgen werden, auch wenn man es versuchte. Wahrheit besteht
weiter und drückt sich selbst in der größten Unwahrheit
aus. Das Extrem der Wahrheit ist das Absolute. Unwahrheit ist ein Schatten
der Wahrheit. Die Welt ist Unwahrheit, das Absolute ist Wahrheit.
Die Welt wird repräsentiert durch Geschlechtlichkeit und Ego; das
Absolute wird repräsentiert durch das numinale gnostische Sein.
7. Wer gegen die Wahrheit handelt und Unwahrheit praktiziert, wird sich
das Genick brechen. Wahrheit ist Sein. Unwahrheit ist Nichtsein, ein
bloßes Nichts.
8. Wahrheit wird nicht einmal durch Sein-Bewußtsein-Freude
ausgedrückt! Dies ist nur der nächste Verwandte der Wahrheit.
Aber Wahrheit ist noch großartiger, gewaltiger, mächtiger,
wahrer!
9. Alles ist gut für den, dessen Herz sich der Wahrheit zuwendet.
Keine körperliche oder geistige Krankheit kann ihn befallen.
10. Wer sich auf die Wahrheit zu bewegt, ist mächtig, lebt lang,
weiß alles und ist immer glücklich, denn er nähert sich
dem allmächtigen Sein-Wissen-Wonne.
11. Schon Sprechen von der Wahrheit oder Denken an Wahrheit erhebt zur
Höhe ungeheurer Zufriedenheit. Wie wird erst die Erfahrung ihrer
Verwirklichung sein!
12. Wahrheit ist; Unwahrheit ist nicht; daher ist es sogar falsch
zu sagen, Wahrheit ist eins, denn Wahrheit ist Existenz an sich und
weder eins noch nicht-eins. Wahrheit ist Absolutheit.
13. Das Absolute verblüfft sogar den Geist des größten
Gelehrten. Es entzieht sich dem Zugriff selbst des stärksten Intellekts.
Es wird als reines Bewußtsein erfahren, wo Intellekt stirbt, Gelehrsamkeit
zugrunde geht und das gesamte Wesen selbst sich vollständig darin
verliert. Alles wird verloren und alles wird gefunden.
14. Luft strömt in ein Vakuum ein. Das Absolute strömt
ein, wo kein Ego ist.
15. Das Absolute benötigt keine Zeit, um sich zu offenbaren.
Im Blitz eines Moments, wie ein Blitzschlag, geht die Welt in reinem
Sein auf.
16. Wann die Erfahrung des Absoluten stattfinden wird, kann nicht gesagt
werden. Es kann jetzt sofort sein oder in Millionen von Geburten. Deshalb
warte man nicht ängstlich darauf, daß Es eintritt. Es kann
unerwartet zu jeder Zeit kommen.
17. Wahrheit ist unermeßlich; über Wahrheit kann nicht gesprochen
werden; Wahrheit kann nur erfahren werden.
18. Wahrheit übersteigt Sprache. Wahrheit ist unveränderlich
und Sprache verändert sich. Alles, was sich ändert, ist unwahr.
Daher ist Wahrheit unendlich. Nur Wahrheit bleibt bestehen, während
alles andere vergeht. Jeder, angefangen von Brahma bis hinunter
zum Grashalm, bewegt sich auf die Wahrheit zu, mancher bewußt,
mancher unbewußt. Sie unterscheiden sich nur im Grad des Bewußtseins,
dem Ausmaß geistiger Reinheit oder der Feinheit der Zustandes.
Jedes Blatt, das in die Luft fliegt, jeder Atemzug, der uns entströmt,
mit anderen Worten jede Handlung des universellen Lebens, ist ein Schritt
zur Wahrheit, denn Wahrheit ist die ewige Heimat aller Wesen. In Sie
gehen alle ein und finden dauerhafte Zufriedenheit und Frieden. Der
Ich-Gedanke hält uns vom ewigen Leben entfernt, und deshalb ist
die Verwirklichung der Wahrheit die Auflösung individuellen Bewußtseins
in absolutem Sein, absolutem Wissen und absoluter Wonne.
19. Das Absolute ist vollkommen wissenschaftlich, logisch, symmetrisch,
ausgeglichen, systematisch, vernünftig und rational. Es ist nicht
unregelmäßig und zufällig. Es ist kein übernatürliches
Mysterium, sondern die natürliche Tatsache des Lebens. Die unendliche
und unteilbare Natur des Seins ist kein Wunder; es ist der tatsächliche
Seinszustand, so wie der Glanz des Feuers, die Flüssigkeit des
Wassers, das Gewicht des Bleis. Es ist die höchste Vollendung des
ewigen, unsterblichen wahren Lebens.
20. Die höchste Wirklichkeit ist Sat-Chit-Ananda, wo nicht
die geringste Spur von Aktivität ist. Deshalb werden diejenigen,
die sich Ihr nähern, inaktiv.
21. Wirklichkeit ist die vollkommene Verkörperung von Sein, Wissen,
Kraft und Wonne. Diese vier sind nur die Aspekte des einen Wesens, das
unteilbar und unveränderlich ist. Diese verschiedenen Aspekte des
Seins können nicht getrennt werden, ebensowenig wie Flamme,
Hitze und Leuchtkraft der Sonne nicht getrennt werden können.
22. Wahrheit ist Ewigkeit, Unendlichkeit, Absolutheit, Intelligenz,
Bewußtsein, Weisheit, Schönheit, Liebe und Freude. Sringararasa,
Madhura Bhava, der erotische Geschmack der Welt, ist ein Schatten der
höchsten Wirklichkeit von liebender Schönheit und Wonne. Ästhetischer
Genuß ist eine Reflexion von Brahmananda, absoluter Wonne.
23. Unendlichkeit, Ewigkeit, Unsterblichkeit und Absolutheit sind
die Merkmale von grenzenlosem Sein, grenzenlosem Wissen und grenzenloser
Wonne.
24. Alles, was hier als umfassende, mannigfaltige Welt erscheint,
ist die eine einheitliche Wirklichkeit, die in dieser Form existiert.
So wie das helle Licht der Sonne als glitzernde Luftspiegelungen erscheint,
so erscheint das eine Licht des Bewußtseins als viele. So zu erscheinen
ist das eigentliche Wesen der Wirklichkeit. Diese Berge, diese Flüsse,
diese Erde, dieser weite Äther - all das ist nichts anderes als
der eine, reine, unsterbliche Geist. So wie ein unebener Spiegel eine
häßliche und runzelige Abbildung des Gesichts zeigt, so erscheint
diese eine Masse des ewigen Seins als viele aufgrund falscher Vorstellung.
Alle Dinge dieser Welt sind tatsächlich das eine, ganze, unteilbare
Wesen. Der eine Äther des Bewußtseins erscheint als konkrete
Vielfalt! All dies ist eins, ohne Teile, untrennbar, ohne Anfang, ohne
Ende, absolutes Brahman. Ursprung, Wachstum, der Genuß und Involution
der Welt sind eine vollständige Illusion. Das Netz der Welten ist
Brahman! Die zehn Himmelsrichtungen sind Brahman! Zeit, Raum, Dinge,
Aktivitäten, Ursache, Wirkung, Handelnder, Geburt, Tod, Sein, alles
ist Brahman Selbst, das durch die Kraft von Brahman in Brahman erscheint!
Die Welt ist das Blendwerk des Bewußtseins! Alles, was unten,
hier, oben oder kreuz und quer erscheint, alles, was in den vielen Geschöpfen
oder in einem Strohhalm existiert, ist nichts anderes als Brahman! Es
gibt nichts als Das!
25. Die höchste Wahrheit ist Einheit! Getrenntheit besteht, um
Hingabe zu ermöglichen. Vielfalt ist nicht wahr. Es gibt in Wahrheit
nur eine unendliche, ewige, namenlose und formlose Essenz, ein Prinzip,
das Sein, Wissen und Wonne ist, und Das bin Ich!
26. Die Essenz von Wahrheit oder Existenz ist Schönheit,
Liebe und Wonne.
Was ist Jnana Yoga?
27. Jnana Yoga bedeutet nicht mehr an Einzelheiten denken, das
Verlöschen des Gefühls von Getrenntheit oder Individualität,
die Existenz als Eins und vereint mit allem.
28. Yoga ist die Auflösung der Gedanken in ewiger Bewußtheit,
reinem Bewußtsein ohne Vorstellung von Objekten, wissen ohne denken,
auflösen von Endlichkeit in Unendlichkeit.
29. Yoga ist Transformation des aus Denken, Fühlen, Wollen,
Verstehen, Entscheiden und Behaupten bestehenden Ichbewußtseins
in unendlichem Bewußtsein.
30. Yoga bedeutet Vereinigung und Identifikation mit der Essenz
absoluten Seins.
31. Yoga ist intensives Behaupten der Absolutheit des Seins oder
tiefe Meditation darüber.
32. Es gibt vier Arten von Yoga: 1) Dienen und Selbstaufopferung,
2) Hingabe und Selbstaufgabe, 3) Konzentration und Meditation, 4) Unterscheidung
und Weisheit.
Der Weg des Vedanta Schülers
33. Ahme nicht Jivanmuktas nach; du bist noch ein Sadhaka. Vasishtha
hatte eine Frau, aber er war ein geborener Siddha. Janaka regierte das
Königreich, nachdem er strenges Tapas geübt und die Wahrheit
verwirklicht hatte. Krishna lebte ein fürstliches Leben, aber er
war eins mit dem Unendlichen. Du kannst nicht erwarten, es ihnen gleichzutun.
Du mußt Sadhana machen.
34. Denke nicht, du bist sehr weise und hast alles verstanden;
du weißt nichts, mein Freund; du bist getäuscht. Da ist noch
ein Ozean, aber du hast nicht einmal einen vollen Tropfen genommen.
35. Jeder deiner Atemzüge fließt zur Unwahrheit; du
lebst im Sumpf der Lüge und wiederholst: „Wahrheit alleine siegt!“
Kannst du die Wirklichkeit täuschen? Deshalb sei ehrlich zu dir
selbst.
36. Oh unehrliches Herz! Du denkst das eine, sagst etwas anderes
und tust etwas drittes. Willst du Gott? Oh, wie kühn du bist, den
Sitz der Wonne zu beanspruchen! Betrüge dich nicht selbst; sei
ehrlich.
37. Diese sogenannten aktiven spirituellen Menschen der Welt,
die für materiellen Gewinn und Sinnenfreuden arbeiten, sind die
getäuschtesten Geschöpfe. Sie haben ihr wahres Selbst vergessen.
Weise bemitleiden diese Menschen, die im äußerlichen Spiel
des Lebens gefangen sind.
38. Menschen, die meinen, durch ihre Selbstverwirklichung geschehe
der Welt Unrecht, haben die kindliche Naivität noch nicht überwunden.
Denn sie wissen nicht, daß das Selbst, das das Absolute ist, das
ganze Universum einschließt und weit darüber hinausgeht.
39. Die Welt kann nur von Menschen gerettet werden, die sich selbst
bereits gerettet haben. Ein Gefangener kann nicht andere Gefangene befreien.
Deshalb werde selbst vollkommen: rette dich selbst.
40. Wenn Er mit Seinen unendlichen Händen zu geben beginnt, wieviel
könntest du mit deinen zwei Händen aufnehmen? Und wenn Er
mit Seinen unendlichen Händen wegzunehmen beginnt, wieviel versteckst
du vor Ihm mit deinen zwei Händen?
41. Wenn der Suchende einen einzigen Schritt Darauf zu tut, wird Es
in hundert Sprüngen und Sätzen auf ihn zueilen. Das ist die
Natur des ewigen Wesens. Für jede Kleinigkeit, die man um Seinetwillen
tut, erhält man das Millionenfache zurück! Diese Tatsache
ist wunderschön geschildert im Wirken von Bhagavan Sri Krishna
zum Wohle derer, die Ihn verehren.
42. Sadhana wird praktiziert, um das Ziel, die Absicht, das Ideal
zu erreichen. Das Ziel wird angestrebt, weil es Unglück lindert
und Frieden und Wonne schenkt. Das Absolute, das Brahman, das unendliche
Licht, das eine Ziel von allen ist ewiger Friede und unsterbliche Wonne.
Deshalb ist dies das wahre Ideal, das jeder verwirklichen muß.
Es gibt in diesem oder einem anderen Leben nichts anderes zu erreichen.
Wenn Das gewonnen ist, ist alles gewonnen; wenn Das verloren ist, ist
alles verloren. Das höchste Wesen ist Wahrheit, Gott, Unendlichkeit
und alles, was vorstellbar ist. Das ist Das, was existiert und nichts
anderes ist.
43. Sadhana ist die bewußte Anstrengung, die unternommen
wird, um ein Ziel oder eine Absicht zu erlangen. Spirituelles Sadhana
ist eine bewußte geistige Anstrengung, die auf Verwirklichung
und Erfahrung der absoluten Wirklichkeit gerichtet ist. Eine derartige
spirituelle Anstrengung heißt in Sanskrit „Yoga“.
44. Wie ordentlich putzt du das Haus, wenn du das Oberhaupt deines Staates
einlädst! Wieviel sauberer und reiner muß dein Herz sein,
Oh Mensch, wenn du möchtest, daß der unsterbliche Herr bei
dir eintritt!
45. Ein spiritueller Riese hat nicht notwendigerweise einen muskulösen
Körper. Der größte Jnani mag an Tuberkulose leiden.
Die beiden Dinge schließen einander nicht aus.
46. Gold muß durchs Feuer, bevor es strahlend und glänzend
wird. Ein Suchender muß erst unermeßliches Leid durchmachen,
bevor er das absolut Großartige wird.
47. Man muß die Kuh sorgfältig hüten und seinen
Körper mit Schmutz und Kuhmist verunreinigen, um die süße
Milch zu kosten. Ein Suchender muß sich extremen Schmerzen unterziehen,
um die Freude der Seele zu verwirklichen.
48. Furcht ist existiert nicht im Sein. Der spirituelle Sucher
ist mutiger als ein Soldat, mutiger als ein Löwe, mutiger als ein
Riese! In Wahrheit ist er die Quelle allen Mutes und aller Kraft.
49. Der spirituelle Sucher ist niemals hilflos. Die ganze Existenz
unterstützt ihn in seinem zähen Kampf, denn er ist auf der
Suche nach etwas, das für alles gültig ist. Es ist möglich,
etwas auf der Welt abzulehnen, aber niemand kann die Wahrheit hassen.
50. Und wenn ihm alle vierzehn Welten im Kampf gegenüberstünden,
sie wären für den spirituellen Sucher nichts als Stroh. Denn
er ist der unsterbliche Geist, Herrscher über Himmel, Erde und
alle Universen.
51. Die Straße zu dieser unübertroffenen Wonne ist bedeckt
mit stechenden Dornen. Die Straße führt durch einen einsamen,
dichten Wald, der von schrecklichen Tigern heimgesucht wird. Sie wird
von uneinnehmbaren Festungen beschützt und von vielköpfigen
teuflischen Kobras bewacht. Die Straße ist schwer zu beschreiten;
die Wonne ist schwer zu erreichen. Der aufrichtige spirituelle Sucher
ist jemand, der gegen Anfechtungen und Schrecken immun ist. Keine gegen
ihn gerichtete Waffe trifft. Kein gegen ihn gerichteter Gedanke kann
sein Ziel erreichen.
52. Die widersprüchlichen Erklärungen und beleidigenden Worte
des Gurus sind Herausforderung und Prüfung für den Schüler.
Der Guru sieht, ob der Schüler gereizt oder aufgebracht ist. Der
kluge Schüler muß wissen, wie er unter solchen Umständen
zu handeln hat.
53. Versuche nie, die bittere Wahrheit hinter einer süßen
Lüge zu verbergen. Sei ehrlich, auch wenn ein Schwert dein Herz
durchstechen will. Halte dich an die nackte Wahrheit. Wenn du versuchst,
dein „kleines“ Selbst durch Verheimlichen einer Tatsache zu retten,
wirst du das „höchste“ Selbst nie erreichen. Sogar wenn es dir
an die Kehle geht, denke daran, daß diese süße Welt
von Ruhm und Ehre nur ein Schatten ist und die Wahrheit Brahman und
nichts anderes.
54. Maya wird sogar in deinem eigenen Gehirn und Verstand sitzen. Hüte
dich vor ihren Fängen. Versuche nicht, dein Ego zu schützen.
Um der Wahrheit willen mußt du darauf vorbereitet sein, sogar
diesen Körper jederzeit abzuwerfen. Aus welchem Grund bist du hier
auf dieser Erde, wenn nicht, um dich selbst in der Flut des unendlichen
Seins zu ertränken? Du mußt dich in Gott begraben. Nur dann
wirst du leben. Du gewinnst, indem du verlierst. Du lebst, indem du
stirbst.
55. Alle vierzehn Welten mit all ihren Bewohnern und Reichtümern,
ihrer Schönheit und Größe, ihrer Freude und ihrem Glück
können kein angemessener Preis für das Juwel der Selbstverwirklichung
sein.
56. Der Suchende muß die Hüllen abwerfen, die Schleier beseitigen
und die Illusion durchdringen, um in das Absolute einzugehen. Die Verwirklichung
des Absoluten ist die süße köstliche Frucht, die an
der Spitze eines furchtbar dornigen Baumes wächst.
57. Ein Mensch, der einmal auch nur ein wenig von der Wonne spiritueller
Meditation gekostet hat, kann nicht darauf verzichten, nicht einmal
um aller Himmel und Erden zusammen willen.
58. Oh Mensch voller Sehnsüchte! Wenn du etwas intensiv begehrst,
versuche alles, um alles zu begehren, nicht nur eines. Schließe
nichts aus dem Objekt deiner Liebe aus. Alles sei dein. Denn dieses
Alles gehört dir.
59. „Wenn der Geist mit einem großen und komplizierten Problem
ringt, rückt er vor, sichert seine Position Schritt für Schritt,
jedoch mit wenig Erkenntnis der Gewinne, die er gemacht hat, bis er
plötzlich, mit dem Effekt jäher Erleuchtung, seinen Sieg erkennt.“
So ist die spirituelle Erfahrung in der Yogapraxis.
60. Eine stockdunkle Höhle, finster von der dicken Düsternis
von Zeitaltern sonnenloser Nächte, ist im Nu hell erleuchtet, wenn
die Sonne in ihre hintersten Ecken vordringt. Sie ist augenblicklich
im vollsten Ausmaß erhellt, wenn die Sonnenstrahlen eindringen,
obwohl sie seit Ewigkeiten dunkel war. Die schrecklichste Täuschung
und elendste Unwissenheit des Menschen wird vollständig ausgelöscht
durch einen Blitz der höchsten Intelligenz in Verbindung mit Wonne.
61. Mein Herr! Lesen Sie in Ihrer Meditation den Geist anderer? Was
meinen Sie? Wenn wir an die Wurzel von Leben und Intelligenz gehen,
wo stellt sich dann die Frage, irgendeinen Geist zu lesen? In tiefer
Meditation existiert man als absolute Essenz Selbst. Meinen Sie, daß
dieser törichte Geist dort überhaupt besteht? Man geht über
den geistigen Zustand hinaus und lebt in der glorreichen Wahrheit.
62. Ein Ding ist nichts anderes als eine Kraft, die sich in eine
bestimmte Richtung dreht. Ein Wesen ist von einem anderen durch den
Unterschied im Drehen der universellen Kraft getrennt. Der Mensch unterscheidet
sich vom Baum, denn die beiden sind unterschiedliche Bewegungsvorgänge
der ewigen Kraft oder Energie. Diese Energie ist unzerstörbar,
ewig. Wenn zwei Wesen eine etwa ähnliche Bewegung dieser Kräfte
oder Elektronen oder Atome haben, werden sie Freunde: wenn sie in ihrer
Bewegung identisch sind, gehen sie ineinander auf und werden zu einem
einzigen Wesen. Das ganze Universum ist nichts anderes als unterschiedliche
Bewegung der einen Energie. Wenn die Drehung dieser Kräfte gemeinsam
verläuft, stürzt die ganze Welt in ewige Existenz zusammen.
63. Das ganze Universum ist ein allmählicher, systematischer und
fortschreitender Prozeß der Selbstverwirklichung des Absoluten.
Das ist der eine Standpunkt. Das ganze Universum ist eine geträumte
und täuschende Fehlinterpretation des unteilbaren homogenen Absoluten.
Das ist der andere Standpunkt. Der erste Standpunkt führt zum fortgeschritteneren
zweiten Standpunkt. Der erste ist eine intellektuelle Beurteilung, der
zweite eine intuitive Erfahrung. Der erste Standpunkt ist der Beginn
von Erkenntnis, der zweite ist das Ende der Weisheit.
64. „Das ganze Universum ist Para Brahman.“ - das ist das Herz der Advaita
Metaphysik. Die Welt selbst ist keine Illusion, denn die Welt ist Brahman,
aber das unterscheidende Konzept der Welt ist eine Illusion, denn Unterscheidung
ist nicht endgültig.
65. Die Welt ist die Erscheinung von Sat, Wahrheit. Die Welt selbst
ist falsch interpretierte Wahrheit.
66. Unwissenheit läßt Existenz als Nichtexistenz (Tod)
erscheinen, Bewußtsein als Unbewußtsein (Unwissenheit) und
Wonne als Elend (Schmerz). Sie läßt ein Phantom als Wirklichkeit
erscheinen, Dummheit als Wissen und Schmerz als Freude.
67. Wir ziehen eine wissenschaftliche Erklärung einer dogmatischen
Behauptung von Fakten vor. Das erste wäre, den Menschen mit dem
notwendigen täglichen Mahl zu versorgen, was ihn stärker und
weiser werden läßt; das zweite wäre wie das Anstopfen
des Bauches mit Tonnen von Essen auf einmal, um ihm Energie zu geben.
Zum Beispiel: „Alles ist Brahman“ ist eine dogmatische Feststellung
und nicht intellektuell erklärbar oder, könnte man sagen,
sogar gefährlich. Eine wissenschaftliche Erklärung davon trägt
dazu bei, Menschen und Welt göttlich zu machen.
68. Es gibt drei Arten von Idealismus: subjektiv, objektiv und absolut.
Der erste sagt, das ganze Universum ist eine Einbildung des individuellen
Geistes und subjektives Bewußtsein. Der zweite sagt, das Universum
ist eine Einbildung des kosmischen Geistes oder Gottes, die objektive
Realität. Der dritte sagt, das Universum ist eine Erscheinung des
Absoluten, welche Subjekt und Objekt sowohl einschließt als auch
transzendiert. Natürlich erfordert die erste Theorie die
eigene Anstrengung des Individuums, die zweite die Gnade Gottes und
die dritte nur Automatismus oder Weisheit, was weder eigene Anstrengung
des einzelnen noch die Gnade Gottes ist. Die Karma Yogis bevorzugen
die erste Theorie, die Bhaktas die zweite und die Jnanis die dritte.
Die dritte ist der Standpunkt höchster Advaita Vedanta.
69. Die Welt wird von Vorstellungen gelenkt. Der Gedanke ist der
Anfang der Praxis. Der Gedanke zeugt Handlung.
70. Die individuellen Wesenheiten des Universums sind Schritte
auf der Leiter des Fortschritts zur Verwirklichung Brahmans.
71. Strenge Disziplin des Geistes durch Abhyasa und Vairagya sind
die Methode, um Freiheit und Glück zu erreichen. Wahre Freiheit,
nach der sich die Menschen so sehr sehnen, leitet sich nicht aus Ichdenken
ab. Die gegenwärtige Vorstellung der Menschen von Freiheit ist
ein völlig falsches Konzept und ein sehr großer Irrtum. Er
weiß nur, daß er frei sein will, aber er weiß nicht,
wo die Freiheit liegt. Er möchte glücklich sein, aber er weiß
nicht, wo das Glück liegt. Er möchte ewig leben, aber er weiß
nicht wie. Er möchte alles wissen, aber er weiß nicht, wie
er Wissen erwerben kann. Es ist die Reflexion von Sein-Wissen-Wonne,
die die Menschen dazu bringt, leben zu wollen, wissen zu wollen und
glücklich sein zu wollen. Wer möchte das nicht? Alles Streben
der Welt liegt darin zu leben, zu wissen und zu genießen. Aber
die Quelle dieses großen Gewinns ist Leben, Bewußtsein und
Freude. Der Mensch ist eigentlich Satchitananda. Ohne es zu wissen bemüht
er sich verzweifelt, das zu erreichen. Sein gegenwärtiger Zustand
ist ein bedauerlicher Fall aus der Herrlichkeit von Sein-Wissen-Wonne.
Wenn wir irgend etwas in der Welt tun möchten, geschieht es deshalb,
weil wir nicht leben können, ohne das Absolute zu sein. Wir alle,
ja sogar die unbewußten Wesen - streben unwissentlich danach,
den unsterblichen Zustand von Satchitananda zu erreichen, ob wir es
wissen oder nicht. Auch ein trockenes Blatt fliegt einzig und allein
auf diese Unendlichkeit zu. Jeder Atemzug, der fließt, jeder Gedanke,
der projiziert wird, jedes Wort, das gesprochen wird, und auch jede
Handlung, die getan wird, ist darauf gerichtet, uns im Zustand von Sein-Wissen-Wonne
zu verwurzeln, denn in Wahrheit sind wir nichts anderes als Das. Es
wird durch spirituelle Disziplin erreicht, und das bedeutet, gegen den
normalen Strom der Welt, gegen Vergnügen und Genuß, gegen
Faulheit und Schlaf, gegen die Anziehung der Vielfalt, gegen alles,
was uns hier Freude bringt, zu handeln.
72. Meinst du, der Tod ist ein Übel? Warum sagst du, daß
nur gesegnete Menschen dem Tod entrinnen? Andererseits hätten die
gesegneten Menschen die Ewigkeit rasch erreicht, während die getäuschten
Sterblichen weiterhin an ihren Körpern hängen. Tod ist nur
eine Veränderung des Bewußtseins. Er ist weder gut noch schlecht.
Er ist eine Stufe im Evolutionsprozeß zur Ewigkeit hin.
73. Niemand kann den höheren Pfad beschreiten, ohne die Anforderungen
des niedereren erfüllt zu haben. Den grobstofflichen Erscheinungsformen
und ihren Anforderungen muß entsprochen worden sein, bevor man
das metaphysische Wesen erreichen kann.
74. Jeder höhere Grad von Wahrheit ist konkreter und umfassender
als der niedrigere, und deshalb ist Wonne, die absolut ist, das allerumfassendste.
75. Kopf und Herz des Menschen stellen die Aspekte der ewigen
Wirklichkeiten von Wissen und Wonne dar. Wissen schließt Macht
ein; überall, wo Wissen ist, muß auch Macht sein.
78. Männlich, Purusha, Atman, Brahman, Siva bedeuten Wissen.
Weiblich, Prakriti, Manas, Maya und Shakti bedeuten Macht. Wenn sich
Wissen und Macht verbinden und miteinander verschmelzen, entsteht die
Manifestation von Wonne. Macht ist nur die Hälfte und eine Erscheinung
von Wissen; solange die beiden getrennt sind, herrscht Unvollkommenheit
und Schmerz.
77. Macht ist eine relative Notwendigkeit. Sie ist nicht absolut.
Daher ist sie ausgenommen vom Konzept des Absoluten, das nichts anderes
ist als Sein-Bewußtsein-Freude.
Zerstörung des Ego
78. Verneine dein Ego; negiere dein Getrenntsein; lösche
dich aus; ertrage Schmerz und opfere Freude.
79. Negiere deine Wünsche; du verlangst nach vielen Bechern
Gift. Du bist eine Motte, die ins Feuer fällt und meint, es sei
angenehm. Du bist ein Kind, das in den Brunnen fällt.
80. Sei demütig, lösche dich aus, wenn du LEBEN möchtest.
81. Schande über den Menschen der nichts hat als trockenen
Verstand! Er kann Unehrlichkeit und Schurkerei nicht vermeiden. Er täuscht
sich selbst und ist mit dauerndem Leid vermählt. Er ist weit entfernt
vom Wahren. Er hat die Sünde geheiratet.
82. Wirf deine Bildung weg, Oh Korb der Eitelkeit. Gib alles auf,
was dir lieb ist und sieh das Licht in dir.
83. Das Ego zerspringt in Unendlichkeit oder versinkt im Nichts.
Das sind die beiden Wege, auf denen sich das Ego vollständig verliert.
84. Verwirklichung des höchsten Zustandes kann nur entstehen,
wenn man ehrlich und aufrichtig im praktischen Sadhana ist. Je geringer
die Bindung an das Ego und je größer die Loslösung vom
objektiven Bewußtsein ist, desto rascher erfolgt die Verwirklichung
des Absoluten.
85. Je mehr das Ichbewußtsein unterdrückt wird, desto
näher sind wir der Ewigkeit. Das zerstörte Ego wird durch
die Offenbarung der absoluten Wirklichkeit ersetzt.
Inneres Sadhana
86. Je mehr du die Welt aufgibst, desto voller wirst du, und desto
näher bist du der absoluten Freiheit.
87. Das Selbst allein ist lieb. Wenn etwas anderes lieb ist, wird
es zweifellos bald vergehen.
88. Wenn du alles sehen möchtest, nimm die Augen des Bewußtseins
heraus. Wenn du überall hin willst, brich die Beine des Bewußtseins.
Wenn du alles ergreifen willst, schneide die Hände des Bewußtseins
ab. Wenn du alles werden willst, töte das Bewußtsein. Wenn
du unsterblich werden willst, erschlage das Bewußtsein mit der
Axt der Weisheit. Wenn du das Ganze bekommst, hängst du nicht
am Teil.
89. Klammere dich leidenschaftlich an das unendliche Wesen; nichts wird
dir fehlen; du wirst bis zum Rande erfüllt sein.
90. Schließe alle Türen der Sinne; sitze im Raum des
Herzens; meditiere über die glorreiche Wahrheit. Ertrinke
und löse dich im Ozean dieser Wahrheit auf.
91. Je mehr wir uns der Wahrheit nähern, desto glücklicher
werden wir, denn die eigentliche Natur der Wahrheit ist positive absolute
Wonne.
92. Liebe zu etwas Einzelnem muß abgelegt und Liebe zum
unendlichen Ganzen entwickelt werden. Es ist nicht möglich, an
der Freude der Vollheit des Seins teilzuhaben in einem Anschein davon,
der sich in einem Punkt des Raumes zu reflektieren scheint. Verhaftung
an das einzelne beraubt uns Menschen der Intelligenz; Liebe zum Absoluten
läßt uns die unsterbliche Essenz trinken, wonach es keine
Sorge und kein Weinen mehr gibt.
93. Das Kind wird nicht aufhören zu jammern und Tränen zu
vergießen, solange es nicht von der Mutterbrust trinkt. Genauso,
Oh Freude meiner Seele! kann ich nicht aufhören, Sorgentränen
zu vergießen in dieser Wüste brennenden Sands, solange ich
nicht deine Milch unsterblicher Süße gekostet habe.
94. Der Sieg wird nicht durch Gewalt und Tapferkeit erlangt, sondern
durch Wahrheit, Barmherzigkeit, Frömmigkeit und Rechtschaffenheit.
95. Sattva ist Licht und Reinheit; Rajas ist Aktivität und Leidenschaft;
Tamas ist Dunkelheit und Trägheit.
96. Zurschaustellung von Fähigkeiten bringt körperliche
Bequemlichkeit durch Berührung mit Objekten, steigert das Ego und
stärkt den Sinn für Individualität. Diese Annehmlichkeiten
stellen ein gewaltiges Hindernis für das höhere Streben der
Seele dar. Deshalb nütze man seine Weisheit zum Zweck der inneren
Meditation und für spirituelle Ziele und niemals für äußeres
Streben in der Welt. Schande über die Weisheit, die dazu benutzt
wird, um das Ego zu erfreuen! Wahre Weisheit ist diejenige, die die
Tür zum unsterblichen Leben öffnet!
97. Unsere Fähigkeit, unsere Großartigkeit, unser Ruhm
und unsere Ehre, unsere Wünsche und Ambitionen müssen in der
Welt des ewigen Absoluten verbreitet werden, nicht in dieser Welt der
Sterblichen, nicht einmal in der Welt der Götter! Solche Versuchungen
müssen erkannt und in eine Kraft verwandelt werden, die die innere
Essenz des Lebens offenbart!
98. Es ist ein Jammer, die Menschen zu sehen, die, bevor sie in
die Tiefen des Geistes eintauchen, denken, daß sie geboren wurden,
um der Welt zu helfen. Sie meinen, sie könnten den Himmel auf die
Erde bringen, anstatt das Bewußtsein in höhere Zustände
zu erheben. Sie haben kein Verlangen nach Weisheit. Sie sind irregeführt.
99. Dienen, das „selbst-los“ ist, bringt den Menschen der Einheit
näher, und der größte Dienst ist die wahrhaft „selbstlose“,
jedoch „Selbsterfüllte“, Vereinigung der Seele mit der einen Masse
des Bewußtseins.
100. Ein Körper kann einem anderen dienen. Ein Geist kann einem
anderen Geist dienen. Aber ein Atman kann nicht einem anderen Atman
dienen, denn Atman ist eins. Wenn der Atman die Gemeinsamkeit allen
Seins mit seinem Selbst verwirklicht, ist das der größte
Dienst, den ein Individuum leisten kann. Wenn diese Seele in der universellen
Seele verschmilzt, ist das der größte Dienst, den dieser
Mensch der Welt leistet. Selbstverwirklichung ist Dienen, Gebet, Gottesdienst,
und all das ist gut. Sonst nichts.
101. Man trage den Panzer der Weisheit, wenn man das Schlachtfeld des
Lebens betritt. Man schütze sich mit dem Schild der Unterscheidung
und erschlage den Feind der Unwissenheit mit dem Schwert der Erfahrung.
102. Kopf und Herz müssen sich treffen, bevor die absolute Wahrheit
verwirklicht wird. Der ganze Mensch muß verwandelt werden, nicht
nur ein Aspekt von ihm.
103. Die größte Beleidigung, die man angesichts geachteter
Menschen erfährt, ist der Beginn von Vollkommenheit. Der größte
Schmerz, der größte Kummer und die größte Sorge
sind der Beginn von Heiligkeit.
104. Versuche, öfter beleidigt zu werden. Wenn die Menschen denken,
du seist gut, lasse sie fühlen, daß du ein Schurke bist,
und entledige dich so ihrer Liebe zu dir. Die ganze Welt muß sich
gegen dich richten. Nur dann wirst du Erfolg haben. Die ganze Welt muß
dich im Stich lassen und verstoßen. Kein irdisches Glück
kann wahre Verwirklichung bringen. Jeder muß dich hassen. Nur
dann wird die Seele geschult. Es darf keine Hilfe aus der Welt
der Sterblichen geben.
105. Möge man mit Schande überschüttet werden! Man halte
dennoch am Ideal fest. Man bleibe beim höchsten Ideal von Vedanta,
sogar am Rande des Verhängnisses.
106. Die Zeit, die es braucht, um etwas Gewünschtes zu bekommen,
ist proportional zur Intensität des Gefühls der Identifikation
der Person mit dem unendlichen Absoluten. Jemand, der fühlt, daß
Dreiviertel der gesamten Existenz er selbst sind und ein Viertel nicht
sein Wesen ist, verwirklicht ein Objekt rascher als jemand, der fühlt,
daß nur die Hälfte der gesamten Existenz er selbst ist. Menschen,
die fühlen, daß ihre individuellen Körper sie selbst
sind, und daß alles andere im Universum etwas anderes ist als
sie, können niemals glücklich leben. Der glücklichste
Mensch ist also der, der seine Persönlichkeit in der Verwirklichung
der Tatsache verloren hat, daß die gesamte Existenz sein eigenes
Wesen ist, und daß es nichts zweites neben ihm gibt. Er ist der
Unsterbliche, der Mächtige, der Wonnevolle, der Ozean wahrer Weisheit.
107. Brahmabhavana ist die Bemühung des Einzelnen seitens des subjektiven
Egos, um den Zustand von Brahmanubhava, die absolute Erfahrung zu verwirklichen,
seine Auflösung im Ewigen, Reinen, Vollkommenen, Allwissenden,
Freien, Allkennenden, Alldurchdringenden, Allmächtigen, Friedvollen,
Gesegneten, Nichtdualen, in der Masse ungeteilter Essenz von Sein-Wissen-Wonne,
im Absoluten, das dies Alles ist; hier gibt es nichts anderes.
108. Höre auf zu planen, Oh Geist! Genug, genug der Sehnsüchte
von Körper und Verstand. Nutze jede Minute, die dir zur Verfügung
steht. Die Zeit ist eine Ratte, die langsam den Faden der Zeit durchbeißt.
Er kann jeden Augenblick reißen. Glaube nicht, daß du leben
wirst, um die Dinge des Lebens zu genießen. Jederzeit kann der
Tod seine eisigen Hände auf diesen Körper legen und ihn zerstören.
Halte an keinen Objekten der Welt fest. Wünsche keinen Ruhm im
Leben. Plane nicht, deinen Namen in der Welt unsterblich zu machen,
damit du ihn nicht im Vakuum unsterblich machst. Sprich nicht zu Menschen,
damit du nicht zum Himmel sprichst. Schlage nicht den Raum in der Meinung,
es wäre eine Trommel. Beende die Vorstellung. Höre auf zu
planen.
109. Es ist unmöglich, endliche Freude und unendliche Zufriedenheit
gleichzeitig zu haben. Wo das eine ist, ist das andere nicht. Das Sterbliche
und das Unsterbliche sind die größten Widersprüche.
110. Zu sagen: „Ich bin das Unendliche.“, ist nicht Abhimana. Zu fühlen:
„Ich bin das Ewige.“, ist nicht Ego. Solches Abhimana, solches Ichdenken
ist für die höchste Verwirklichung notwendig.
111. Herr! Können Sie mir sagen, wie ich vollkommenen Frieden erlangen
kann? Schließe alle Fenster und Türen und schlafe in der
innersten Kammer.
112. Der Geist des wahren Philosophen ist wie ein leuchtender Kristall.
Er ist fähig, das Wesen der Wirklichkeit unmittelbar zu verstehen.
In dem Augenblick, in dem sich ein solcher Mensch zur Meditation setzt,
fliegt sein Geist in die Tiefen des Seins. Er wird kein Umherschwanken
des Geistes und nichts Störendes erleben, denn sein Geist ist bereits
gereinigt durch das Feuer philosophischen Denkens.
113. Man muß entweder einen scharfen Intellekt besitzen, um die
metaphysische Wahrheit zu erfassen, oder intensiven Glauben und Hingabe
an die einzige Wirklichkeit. Wenn diese beide Qualitäten in einem
Menschen fehlen, kann er den spirituellen Weg nicht gehen.
114. Im Jnana Sadhana (Vedanta oder Advaita) gibt es keine „Meditation
auf ein Objekt“. Es gibt nur intellektuelle Analyse, Innenschau und
eindeutiges Verstehen, mit dem Ziel der Zerstörung des Ego und
der Vernichtung des Intellekts selbst. Es beginnt mit dem Intellekt
und endet mit der Zerstörung desselben, was der Erfahrung Platz
macht, unmittelbar und direkt, wobei die Beziehung von Subjekt-Objekt
transzendiert wird. Wenn es nichts gibt wie Omkara oder etwas Ähnliches
im Jnana Sadhana, der metaphysischen Praxis, gibt es keine Handhabung
von Wort oder Klang im tatsächlichen Advaita. Es gibt nur Ringen
mit der Essenz des Seins durch Überlegung und Schlußfolgerung.
115. Das Aussprechen des Wortes „OM“ schließt alle Prozesse von
Klangproduktion und Wortbildung ein. Daher heißt es, dieses Wortsymbol
ist der höchste Ausdruck des Klanges und die Basis aller Sprachen,
auch der Veden! Alle Worte und alle Sprachen sind also aus dem ewigen
„OM“ entstanden.
116. Die höchste Freiheit erhebt den größten Anspruch,
die vollste Erfahrung fordert den höchsten Preis. Das Liebste und
Schönste auf der Welt muß hingegeben und das Süßeste
verlassen werden, um der Freude der Seele willen.
117. Es stellt sich heraus, daß das wertvollste Objekt unserer
Liebe der Preis ist, den der unsterbliche Ladenbesitzer für den
Verkauf der Wonne von Ewigkeit und Unendlichkeit verlangt. Wir selbst,
unser getrenntes Sein, müssen aufgegeben werden, um die Freude
des unsterblichen Geistes zu erlangen!
118. Liebe wird verdorben, wenn sie sich auf ein räumlich begrenztes
Objekt richtet. Liebe nur das Grenzenlose, das Unendliche.
119. Mögest du das ungeheure Verlangen nach Eingliederung besitzen,
das lodernde Feuer der Liebe zu Bhuma! Nur dann wirst du gerettet!
Hindernisse auf dem Weg
120. Bereits ein leichter Anflug von Weltlichkeit macht den Menschen
untauglich für die Verwirklichung des Absoluten. Zweifellos ist
die Erde selbst das Absolute, aber unsere Einstellung der Erde gegenüber
ist nicht von der Natur des Absoluten.
121. Ruhm, Macht, Reichtum und Geschlechtlichkeit sind die vier Tore
zur Festung der eigenen Erniedrigung und Gefangenschaft. Diese vier
müssen sorgfältig aufgegeben werden.
122. Leidenschaft ist der instinktive Drang, durch Selbsterhaltung und
Fortpflanzung nach außen zu gehen. Sie ist die sich vervielfältigende
Kraft, die der Kraft, die sich auf Integration des Wesens zu bewegt,
direkt entgegensteht.
123. Es kommt zu einem unmittelbaren Aufstand des natürlichen,
physischen Bewußtseins gegen jede Anstrengung, die absolute Wirklichkeit
zu erreichen. Die Rebellion ist so unkontrollierbar, daß Verwirklichung
für den schwachen Sucher komplett unmöglich zu sein scheint.
124. Menschen beklagen sich über Störungen und Fehlschläge
in der Meditation, die durch Unreinheit und Grobstofflichkeit ihres
Geistes hervorgerufen werden. Ein gründliches Studium und Verstehen
der Gesetze und Wahrheiten der Natur ist absolut notwendig, bevor man
es riskieren kann, über die wahre Essenz des Seins zu meditieren.
Ohne diese notwendigen Voraussetzungen neigt man dazu, sich im dunklen
Kerker der Unwissenheit zu verlieren.
Weisheit und Verwirklichung
125. Es gibt nur einen einzigen unsterblichen, unergründlichen,
grenzenlosen, nicht zu überblickenden und uferlosen Ozean einer
Masse von unteilbarem Bewußtsein und Wonne, der mit dem fröhlichen
ewigen Wasser, dem blitzenden, strahlenden und leuchtenden Licht lacht
und von göttlicher nektargleicher Süße ist, der vom
unendlichen donnernden Klang des nie endenden Omkara Nada erschallt,
der immer ruhig und friedvoll, still und gesegnet ist und in sich selbst
von berghohen Wellen grenzenloser Freude in majestätischer Herrlichkeit
der Essenz des absoluten Seins übersprüht! Es gibt nichts
anderes als Das! Das ist die Meditation!
126. Absolute Erfahrung ist ein Zustand von Selbstversenkung, nicht
von Selbstausdruck, denn dieser erfordert Veränderung und Handlung,
welche begrenzen.
127. Niemand ist von der absoluten Verwirklichung ausgeschlossen. Der
eine verwirklicht heute, der andere morgen. Aber eines Tages werden
alle diese Eine verwirklichen. Es gibt keine Auslese für die Befreiung.
Alle sind ewig das Absolute.
128. Es gibt viele Besserwisser, aber wenige sind weise. Derjenige ist
weise, der sich immer in einem Zustand des Halbschlafes befindet, nachdem
er tief vom Wein der Essenz des Lebens getrunken hat. Gepriesen sei
Er! Wir sind seine Diener.
129. Ein Mensch mit Erkenntnis kann nicht alles, was er weiß,
gleichzeitig ausdrücken. Er bringt nur den Teil davon zum Ausdruck,
der durch den Kontakt mit einer äußeren Ursache hervorgerufen
wird.
130. Jivanmuktis geben sich häufig einen unerfreulichen Anschein
und handeln wie Verrückte. Manchmal ist ihr Verhalten so unangenehm,
daß es allen Menschen auf der Erde lästig ist. Sie leben
wir Narren, nur um sich der Liebe zu entledigen, die die Welt ihnen
gegenüber entwickeln könnte. Sie verbergen ihre wahre Natur
und gehen wie berauschte Trunkenbolde herum. Das sind die großartigsten
Menschen auf der Erde, nicht die, die sich klug sozial verhalten und
wie Könige und Herrscher leben. Wer zur Wahrheit vorgedrungen ist,
kann sich nicht so verhalten, wie es den Moden der unwissenden Welt
gefällt! Es gibt viele solche wirklich große Menschen auf
der Erde, aber aufgrund von Täuschung kennt die Welt sie nicht
und sieht nur diejenigen als groß an, die ein paar Taschenspielertricks
vor ihren geblendeten Augen vorführen. Das Wahre ist immer verborgen
und unsichtbar. Nur das Unwirkliche erscheint vor uns, und leider! wir
werden dadurch betrogen!
131. Ein Weiser kann nicht nach seinen Worten und Taten beurteilt werden.
Äußerlich ist er ein gewöhnlicher Herumtreiber, aber
innerlich ein Jadabharata oder Suka Maharishi.
132. Für den Weisen ist alles ein Spiel! Er nimmt sich aber nie
etwas zu Herzen, außer, daß alles eins ist!
133. Ein Mensch mit absolutem Bewußtsein zieht unbewußt
den Teil des Seins an, in dem sich seine Wunschobjekte befinden. In
einem einzigen Moment, wie ein Blitz, fließen ihm die Dinge, die
er braucht, zu, wie Flüsse ins Meer, denn er ist ihr wahres Selbst.
Der weise Mensch handelt, ohne tätig zu sein, genießt, ohne
zu wünschen. Er braucht niemandem Befehle zu geben, denn er ist
bereits das Selbst desjenigen, dem er vielleicht etwas befehlen will.
Er kann keine Anweisungen geben, befehlen, wahrnehmen oder sich auch
nur irgend einer Sache bewußt sein, weil er das wesentliche Sein
von allem ist, mit dem er sich vielleicht zu beschäftigen versucht.
Nicht einmal die Götter können ihn davon abhalten, irgend
etwas zu tun, denn er ist die innere Wirklichkeit sogar der Götter.
Die Berge erzittern, und die Erde zerbröckelt in tausend Teile,
wenn er es wünscht, denn er ist auch das Selbst der Berge und der
Erde. Wenn er die Augen schließt, verdunkelt sich die Sonne. Wenn
er atmet, leben alle Wesen. Wenn er es wünscht, wird das ganze
Universum nichtexistent. Wenn er will, fließen die Flüsse,
brennt das Feuer, und erblühen die Bäume. Wenn er es wünscht,
macht das ganze Universum hier und jetzt die Erfahrung des Zustandes
des Ewigen und Unsterblichen. So groß ist die Herrlichkeit einer
Verkörperung der Weisheit der Wahrheit.
134. Die Macht der Gedanken und die Kraft der Gefühle verschmelzen
in der Herrlichkeit der Erfahrung des Ganzen. Das Endliche ist tot,
und das Unendliche wird im selben Augenblick geboren. Die Geburt des
Tages und der Tod der Nacht finden gleichzeitig statt.
135. Die größten Menschen sind diejenigen, die sich im Bewußtsein
des Selbst verloren haben. Solche Menschen sind zu nahe bei Gott, um
irgendeine Handlung ausführen zu können. Deshalb sind sie
der Welt unbekannt.
136. Gottesschau ist das Gewahrwerden der Essenz des eigenen Wesens.
Gott ist die Essenz sogar des Satans. Er ist die Quelle selbst des schlimmsten
Übels. Er erfüllt sich innen und außen, und es gibt
nichts, was Er nicht ist.
137. Wer dem Ewigen hingegeben ist, verliert sich im Bewußtsein
Gottes. Er taucht ein in den Ozean der Wonne. Er badet im Meer von Nektar.
Er trinkt tief von der Essenz der Unsterblichkeit. Er gelangt zur Quelle,
zur Wurzel des Universums!
138. Oh Geliebter meines Herzens! Unsterbliche Freude! Wo bist Du? Wie
kann ich ohne Dich leben? Vor sehr langer Zeit habe ich Dich verlassen.
Komm, komm! Ich bin sehr ruhelos ohne Dich!
139. „Ich bin alles.“ Das ist der Beginn der Erfahrung der Wahrheit.
Stilles Sein ist ihr höchster Flug.
140. Es gibt kein Papier, auf dem das Wesen der Wahrheit festgehalten
werden könnte. Es gibt keine Feder, die es wagen könnte, Sie
niederzuschreiben. Es lebt kein Mensch, der Sie ausdrücken könnte.
Sie ist einfach alles, was ist, und damit Schluß. Jeder Versuch,
Ihr Wesen auszudrücken, ist ein Versuch, Ihre Großartigkeit
zu töten. Ich bin dieses große Wesen! Ich bin hier, ich bin
dort; Oh! Ich bin dies, ich bin das! Ich bin das Größte,
das Beste, und noch einmal das Größte! Meine Herrlichkeit
kennt keine Grenzen! Ich habe den größten Segen, bin das
Unsterbliche, Großartige!
Vedanta Aphorismen
Das Wesen des inneren Selbst
1. Bewußtsein des Selbst ist die letztendliche Kategorie des Seins.
2. Die letztendliche Wirklichkeit ist der Geist des Geistes, das Auge
des Auges und das Ohr des Ohres.
3. Atman ist unaussprechlich und unerdenklich.
4. Das Absolute ist der Ursprung des Lebens und das Ende aller Dinge.
5. Brahman oder Atman ist die letztendliche Wirklichkeit. Diese Welt
ist nur ein bloßer Schein.
6. Das innere Selbst lenkt jede äußere Existenz.
7. Nur Brahman allein ist wirklich; alles andere ist eine Erscheinungsform.
8. Gott ist die subtile Essenz, die allen Dingen zugrundeliegt.
9. Gott ist das Salz des Lebens.
10. Atman ist das höchste Objekt des Verlangens und der Liebe.
11. Furcht geht nur von etwas ›Zweitem‹ aus.
12. Brahman und das wahre unendliche „Ich“ sind identisch.
13. Gott ist die Wahrheit der Wahrheiten.
14. Alles ist um des Atman willen lieb.
15. Erfasse den Atman, dann erfaßt du alle Dinge; denn alle Dinge
sind im Atman enthalten.
16. Alle Dinge springen wie Funken aus dem höchsten Selbst.
17. Der Atman ist der letztendliche Seher, Hörer und Denker.
18. Nirakara, Nirguna, Nirvisesha und Nishkriya sind die negativen Attribute
Brahmans.
19. Der Seher sieht und sieht dennoch nicht.
20. Die Seele ist der Motor des Körperwagens.
21. Die Teile des Menschen sind im Herrn zentriert wie Speichen in einer
Radnabe.
22. Gott ist die Zeit der Zeiten. Er ist der Herr von Yama. Er ist der
Tod auch des Todes.
23. Der Körper ist die abgestreifte Haut der Seele.
24. Der Atman geht über das Bekannte und das Unbekannte hinaus.
25. Materie, Leben, Geist, Intellekt und Wonne sind Formen von Brahman.
26. Brahman ist der Verschlinger des Verschlingers.
27. Gott ist sowohl immanent als auch transzendent.
28. Atman ist subtiler als das Subtile und größer als das
Große.
29. Atman bewegt sich in sitzenden Stellung.
30. Atman ist weit weg und nahe. Er ist weit weg von weltlichen Menschen
und nahe bei Menschen mit Unterscheidung und Leidenschaftslosigkeit.
31. Hiranyagarbha ist der Erstgeborene Gottes.
32. Der Atman ist immer das Subjekt der Erkenntnis, niemals das Objekt.
33. Die höchste Seele lebt getrennt von Prakriti, die individuelle
Seele hingegen ist in den Fängen Ihrer Liebe.
34. Gott ist der Zauberer und Prakriti ist Seine Zauberkraft.
Voraussetzungen
für Selbstverwirklichung
35. Zerstöre oder verletze nicht Leben, lüge nicht, mißbrauche
nicht das Eigentum anderer, Reinheit, Verringerung persönlicher
Bedürfnisse, täglicher Gottesdienst und Nächstenliebe
sind Hilfen zur Gottverwirklichung.
36. Reinheit von Nahrung und Körper, Einpünktigkeit, Praxis
der Gegenwart Gottes, selbstloses Dienen - all das führt zur raschen
Erlangung von Gottverwirklichung.
37. Fünf Tugenden, die zu höchster Glückseligkeit führen,
sind Wahrhaftigkeit, Rechtschaffenheit, Güte, Großzügigkeit
und Freundlichkeit.
38. Die Bestandteile des Charakters sind Reinheit, Gewaltlosigkeit,
Wahrhaftigkeit, Mut, Demut, Duldungsfähigkeit, heitere Gelassenheit
und Einfachheit.
39. Der Atman kann nicht durch ein Leben von Schwäche und Irrtum
erreicht werden.
40. Aufhören zu sündigen und nach innen gehen sind für
die Selbstverwirklichung notwendig.
41. Leidenschaftslosigkeit oder Abscheu vor der Welt und Demut sind
notwendig zur Selbstverwirklichung.
42. Wahrheit, Buße, Einsicht, Bemühen und Entsagung sind
unerläßlich für die Selbstverwirklichung.
43. Ein Mensch ohne Wünsche erreicht Brahman und wird unsterblich.
44. Im Interesse der spirituellen Verwirklichung muß gegenüber
Reichtum, Nachkommen und Ruhm Verachtung empfunden werden.
45. Erkenntnis ist unvollständig ohne eschatologisches Wissen.
46. Reinheit des Geistes ist abhängig von der Reinheit der Nahrung.
Der Prozeß der Selbstverwirklichung
47. Meditation über OM beseitigt die leere Haut der Sünde.
48. OM repräsentiert die verschiedenen Bewußtseinszustände
und die einzelnen Aspekte der Seele.
49. Spirituelles Feuer wird aus den beiden Hölzern von Körper
und Pranava geschlagen.
50. OM ist der Bogen; die Seele ist der Pfeil; Brahman ist das Ziel,
die Zielscheibe.
51. Meditiere über Atma als Unsterblichkeit.
52. Die Botschaft der Gita ist Tyaga, Entsagung; die Botschaft des Mahabharata
ist Dharma, Rechtschaffenheit; die Botschaft der Upanishaden ist das
Einssein von individueller Seele und höchster Seele.
53. Wenn es dir an Weisheit mangelt, bitte Gott aufrichtig. Er wird
sie dir geben. Gehe direkt auf die Weisheit zu.
54. In Ruhe und Vertrauen liege deine Stärke.
55. Gehe zum göttlichen Licht. Das ist der Weg zu unmittelbarem
inneren Frieden.
56. Tat Twam Asi (Du bist Das) ist eine endgültige Definition von
Kultur, so sagt die indische Philosophie.
57. Selbstbeherrschung bedeutet Beherrschung des niederen Selbst durch
das höhere Selbst, um der Selbstverwirklichung willen.
58. Der suchende Yogi macht die Erfahrung des ewigen Tages und
des ewigen Sonnenscheins.
59. Meditiere über Brahman als Strahlen.
60. Meditiere über Brahman als Halt, Größe, Weisheit,
Wonne und Sein.
61. Wenn der Mensch, der die Gottheit verehrt, sich von der Gottheit
als getrennt empfindet, ist er ein Tier der Götter.
62. Es ist nicht möglich, den Kennenden zu kennen, aber der Kennende
(Atman) kann durch Samadhi oder Intuition verwirklicht werden.
63. Das spirituelle Leben ist ein Leben kindlicher Einfachheit.
64. Unsterblichkeit bedeutet die Vereinigung der individuellen
Seele mit der höchsten Seele.
65. Wenn du sehr durstig bist, nimmst du keine Bücher über
Durst oder Wasser, du hörst keine Vorträge und machst kein
Studium. Du gehst dorthin, wo Wasser ist, und trinkst. So vermeide auch
ein spirituell dürstender Sucher alle theologischen Debatten. Er
meditiere und verwirkliche Gott.
66. Das spirituelle Feuer muß Tag für Tag entfacht
werden.
Jenseits von Gut und Böse
67. Der Atman wächst weder durch gute Taten, noch wird er durch
schlechte Taten klein.
68. Der Weise wird weder groß durch gute Taten, noch klein
durch schlechte Taten.
69. Sünde berührt den Weisen nicht.
70. Der Heilige ist wie ein undurchdringlicher Felsen.
Das Netz von Maya
71. Es gibt zwei Arten von Maya, nämlich Avidya Maya und Vidya
Maya. Avidya Maya führt zum Weg der Bindung und ist gekennzeichnet
durch Lust, Zorn, Habgier, Stolz, Haß, etc.
72. Vidya Maya führt zum Weg der Befreiung und ist gekennzeichnet
durch Unterscheidung, Leidenschaftslosigkeit und Frömmigkeit.
73. Prakriti ist aus roten, weißen und dunklen Farben gemacht.
74. Maya ist ein Schein. Sie ist eine Täuschung. Sie ist die täuschende
Kraft Gottes.
75. Der Mensch ist eine Anhäufung von Verlangen, Wollen und
Handlung.
76. Die Elemente begrüßen die Seele, geben ihr die
Erfahrungen dieser Welt der Sinnesobjekte und verabschieden sie schließlich,
wenn sie Vollendung und Freiheit erlangt.
Die Philosophie des Schlafes
77. Schlaf tritt ein, wenn der Geist sich auf dem Atem niederläßt.
78. Im Schlaf ist der Mensch mit dem Wirklichen, der höchsten Seele
vereint.
Glaube und Intellekt
79. Der Intellekt ist voller Vorhaben und Pläne. Das Herz
kann erfüllt sein mit Liebe, Ruhe, Zuneigung und Güte.
80. Glaube an die Liebe und Güte Gottes labt und gibt Trost
und Frieden.
Ergebnisse der Selbstverwirklichung
81. Furcht verschwindet nach der Selbstverwirklichung.
82. Im furchtlosen Brahman zu ruhen gibt Furchtlosigkeit.
83. Es gibt keine Verblendung und keinen Kummer für den Menschen
mit Selbstverwirklichung.
84. Es gibt einen Zündpunkt der Seele. Der Mensch wird verwandelt.
Sein Leben hat sich von seinem früheren weltlichen Weg in ein neues
göttliches Leben gewendet. Er ist spirituell erwacht.
Die Essenz von Vedanta Sadhana
Vedanta Sadhana heißt auch Nirguna Dhyana, Meditation über
OM, Pranava Upasana oder Brahma Upasana. Reinige das Chitta, indem
du ein Jahr lang Nishkamya Karma machst. Die Wirkung von Chitta Shuddhi
ist die Erlangung von Viveka und Vairagya. Erwirb die 4 Voraussetzungen,
Sadhana Chatushtaya, Viveka, Vairagya, Shad Sampat und Mumukshutva.
Dann gehe zu einem Sat Guru. Habe Sravam, Manan und Nididhyasan. Studiere
sorgfältig und beständig die 12 klassischen Upanishaden und
die Yoga Vasishtha. Habe ein umfassendes und gründliches Verstehen
der Lakshyartha, der wörtlichen Bedeutung des Maha Vakya „Tat Twam
Asi“. Dann reflektiere fortdauernd 24 Stunden lang über dessen
wahre Bedeutung. Das ist Brahma Chintan oder Brahma Vichar. Gewähre
keinen weltlichen Gedanken Einlaß in deinen Geist. Vedantische
Verwirklichung kommt nicht durch Überlegung sondern durch beständiges
Nididhyasan, wie die Analogie von Bhramarakeeta Nyaya (Raupe und Wespe).
Man erreicht Tadakara, Tadrupa, Tanmaya, Tadaikyata, Talleenata (Einheit,
Identität).
Keine Asana ist nötig für Vedanta Sadhana. Du kann beim Sprechen,
Stehen, Sitzen, Liegen im Lehnstuhl, in halb liegender Stellung, im
Gehen und Essen meditieren.
Lasse durch den Einfluß der Reflexion über die wahre Bedeutung
der Maha Vakyas „Aham Brahma Asmi“ oder „Tat Twam Asi“ Brahmakara Vritti
aus dem sattvigen Anthakarana entstehen. Wenn du versuchst zu fühlen,
du bist Unendlichkeit, wird diese Brahmakara Vritti erzeugt. Diese Vritti
zerstört Avidya, bringt Brahma Jnana und stirbt schließlich
von selbst wie die Analogie des Nirmal Samens, Strychnos Potatorum,
der den Bodensatz im Wasser entfernt und sich selbst gemeinsam mit dem
Schlamm und anderem Schmutz absetzt.
Meditation über OM
Ziehe dich in den Meditationsraum zurück. Sitze in Padma, Siddha,
Swastika oder Sukha Asana. Entspanne die Muskeln. Schließe die
Augen. Konzentriere den Blick auf Trikuti, den Punkt zwischen den Augenbrauen.
Wiederhole geistig OM mit Brahma Bhavana. Dieses Bhavana ist unerläßlich
und sehr sehr wichtig. Beruhige den bewußten Geist.
Wiederhole geistig:
Fühle ständig OM OM OM
Ich bin alldurchdringend, ich bin ein Ozean von Licht OM
OM OM
Ich bin Unendlichkeit OM OM OM
Ich bin alldurchdringend, ich bin unendliches Licht OM OM
OM
Ich bin Vyapak, Paripoorna, Jyotir maya Brahman OM
OM OM
Ich bin allmächtig OM OM OM
Ich bin allwissend OM OM OM
Ich bin nichts als Wonne OM OM OM
Ich bin Sat-Chit-Ananda OM OM OM
Ich bin völlige Reinheit OM OM OM
Ich bin nichts als Herrlichkeit OM OM OM
Alle Upadhis werden abgelegt. Alle Granthis (Herzknoten, Unwissenheit)
werden zerschlagen. Der dünne Schleier, Avarana, wird zerrissen.
Pancha Kosha Adhyasa (Überlagerung) wird beseitigt. Man wird ohne
Zweifel im Zustand von Sat-Chit-Ananda ruhen. Höchste Erkenntnis,
höchste Wonne, höchste Verwirklichung und das höchste
Ziel des Lebens werden erlangt. „Brahmavid Brahman“, „Brahmavid Brahmaiva
Bhavati“. Man wird Shuddha Sat-Chit-Ananda-Vyapaka-Paripoorna Brahman.
„Nastri Atra Samsayah“. Darüber besteht hier kein Zweifel.
Es ist überhaupt keine Schwierigkeit in Atma Darshan. Er kann in
einem Augenzwinkern erlangt werden, wie es Raja Janaka hatte, rascher
als eine Blume zwischen den Fingern zerdrückt werden kann, in kürzerer
Zeit als ein Getreidekorn von einem Topf rollt. Man muß ernsthaft,
beständig und intensiv praktizieren. In 2 oder 3 Jahren stellt
sich der Erfolg ganz sicher ein.
Es gibt heute viele „sprechende Brahmans“. Keine blumige Sprache und
keine Beredsamkeit kann einen Menschen zu Brahman machen. Nur das beständige,
intensive und ernsthafte Sadhana, und nichts anderes als Sadhana, kann
einem Menschen direkte Aparoksha Brahmische Verwirklichung (Svanubhava,
Sakshatkara) geben, wodurch er das tatsächliche Brahman so sieht
wie die massive weiße Wand gegenüber und Brahman so fühlt
wie den Tisch hinter sich.
Anmerkung: - Lies sorgfältig die Mandukya Upanishaden mit Gaudapadas
Karika. |
|
Hier kostenlosen
Yoga Gesamtkatalog
anfordern
Broschüre und kostenlose Übungspläne anfordern
|
|
- Yoga Übungen lernst du am besten bei einem Yogalehrer
- Yoga Einführungs-Seminare gibt es in den Yoga Vidya Seminarhäusern als Wochenend- und Wochenkurse. Diese werden auch von Krankenkassen bezuschusst
- Bei Yoga Vidya findest du jährlich fast 3000 Seminare zu Yoga, Meditation und Ayurveda, darunter auch das umfangreichste Yogalehrer Weiterbildungs-Angebot
- In den Yogalehrer Ausbildungen beim Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/innen in 50 verschiedenen Städten lernst Du Yoga, Meditation, Yoga Philosophie, spirituelles Leben und auch, wie Du sie anleiten kannst
- In den Yoga Vidya Zentren gibt es regelmäßige Einführungskurse
- Im Yogalehrer-Verzeichnis findest Du eine/n qualifizierte/n Yogalehrer/in in Deiner Nähe
- Im Yoga-Shop findest Du DVDs, Bücher, Yoga-Matten, Kissen, CDs und vieles mehr für deine Yoga-Praxis
Auf unseren Internet-Seiten findest du viele weitere Informationen:
Yoga Vidya findest du auch in vielen sozialen Netzwerken
|