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Yoga Artikel | Yoga Vidya Journal  |

       
Yoga Vidya Journal

Ausgabe 3, April 2000
Herausgegeben vom Bund der Yoga Vidya Lehrer

Hier: Ohne die Bilder der gedruckten Ausgabe, um die Ladezeit zu beschleunigen.
 
 

  • Vorwort/Editorial (von Nataraj Matthias Geis)
  • Aktuelles vom BYV (von Sukadev Bretz)
  • 1. Bund der Yoga Vidya Lehrer
  • 2. Haus Yoga Vidya
  •   Neue Programme im Haus Yoga Vidya
  •   Neue Telefon-Nummern
  • 3. Yoga Vidya Center Köln
  • 4. Yoga Vidya Center Koblenz
  • 5. Yoga Vidya Center Frankfurt
  • 6. Yoga, Computer und Internet
  • 7. Neues Buch im Yoga Vidya Verlag: Autobiographie von Swami Sivananda

  • "Himmelsbilder, Märchen werden wahr" - ein Gedicht von Carisma Catalyst
    "Das Lächeln des Buddha" - eine Betrachtung von Christine Schibura
    "Bodywork im Haus Yoga Vidya" - Stimmungsbild eines Seminars (von Hanspeter Sperzel)
    "Das Falscheste was wir tun können ist: Nichts" (von Daniela Shankari Zeller)
    "Jaya Ganesha - Interpretation eines Mantras" (von Hanspeter Sperzel)
            jaya ganesha...
            sharavanabhava...
            jaya sarasvati...
            jaya guru shiva guru...
            hare rama...
            om namah shivaya
            om namo narayanaya
            om namo bhagavate vasudevaya
            shri ram jaya ram...
            krishnam vande jagad gurum shri...
            anandoham
            om namah shivaya
    "Being a Christian Yogi" - Was haben Jesus und Krishna gemeinsam? (von Daniela Shankari Zeller)
    Die sechs indischen Philosophiesysteme (von Sukadev Bretz)
           1. Purva Mimamsa
           2. Vaisheshika
           3. Nyaya
           4. Samkya
           5. Yoga
           6. Uttara Mimamsa (Vedanta)
    Zen-Sesshin in Dietfurt, Ein Stimmungs- und Erlebnisbericht (von Hanspeter Sperzel)
           Fahrt und Ankommen
           Der Tagesplan
           Einweisung
           Erläuterungen (Worterklärungen)
           Samstag Abend: Abschlussbespechung
           Methode
           Erfahrungen
    "Stufen" - eine Besprechung des Gedichts von Hermann Hesse (von Hanspeter Sperzel)
    "Das Licht ist in mir" - ein Gedicht von Sadashiva Ralf Ihm
    Zwei Buchbesprechungen (von Christine Endris):
           "Yoga kennt kein Alter"
           "Yoga für Körper und Seele"
    Der Steuertipp für Yogalehrer - Tipp 1 (von Hanspeter Sperzel)
    Revolution in der Herztherapie - das Ornishprogramm und Yoga (von Christine Endris)
           Heilsame Lebensumstellungen
           Dean Ornish's eigene Erfahrungen
           Der yogische Teil des Programms
           Visualisierung zur Öffnung des Herzens
           Meditation
           ...acht Jahre später
           Literatur und Adressen

    Impressum
     

    Vorwort/Editorial
    Liebe Leserinnen und Leser,
    liebe Yogis und Yoginis,

    da ist sie nun, die Ausgabe 3 des Yoga Vidya Journals. Und wieder konnten wir den Umfang deutlich steigern. Ich freue mich, dass nach zögerlichem Beginn nun doch so viele Beiträge zusammengekommen sind. Herzlichen Dank all denjenigen, die zum Entstehen dieser Ausgabe beigetragen haben.

    Unter der Rubrik "Aktuelles vom BYV" hat Sukadev die aktuellen Neuigkeiten des Verbandes und der verschiedenen Schulen sowie des Ashrams zusammengetragen. Es ist schon erstaunlich und erfreulich zugleich, wie gut sich der Bund der Yoga Vidya Lehrer etabliert hat und wie groß die Zahl derer ist, die über ihn den Weg zum Yoga finden. Sukadev und sein Team investieren viel Energie in die Verbreitung des Yoga und der Erfolg gibt ihnen Recht. Ich werde nicht selten bereits von meinen Schülern und Schülerinnen über den BYV, den Ashram und die Schulen in Frankfurt und Koblenz befragt. Der Bekanntheitsgrad hat in den letzten Monaten, so scheint mir, noch einmal deutlich zugenommen.

    Die aktuelle Ausgabe des Yoga Vidya Journals beinhaltet diesmal mehrere sehr schöne Gedichte und Interpretationen, die sehr inspirierend sind. Von besonderem Interesse dürfte auch der Beitrag von Daniela Shankari Zeller sein, die auf sehr eindrucksvolle Weise die erstaunlichen Parallelen zwischen Jesus und Krishna aufzeigt. Denjenigen Lesern und Leserinnen, die mit einem mehr oder weniger ausgeprägten christlichen Hintergrund aufgewachsen sind, dürfte dieser Beitrag hilfreich sein, den eigenen Weg ein klein wenig besser zu verstehen.

    Besonders möchte ich auch auf Sukadevs Beitrag zu den sechs indischen Philosophiesystemen hinweisen, der in sehr einprägsamer Weise die unterschiedlichen philosophischen Wurzeln auch des Yoga beleuchtet.

    Das Ornishprogramm ist ja schon seit geraumer Zeit in aller Munde und wahrscheinlich auch der Verbreitung des Yoga zukünftig zuträglich. Um was es sich hierbei genau handelt beschreibt Christine Endris in ihrem Beitrag.

    Inhaltlich besonders stark hat sich Hanspeter Sperzel an dieser Ausgabe beteiligt. Seine Beiträge reichen über ein breites Themenspektrum vom Steuertipp für Yogalehrer über einen Erfahrungsbericht (Zen-Sesshin in Dietfurt), bis hin zu Gedichtbesprechungen und eigenen Gedichtzyklen. Dafür herzlichen Dank.

    Und auch allen anderen Autoren und Autorinnen möchte ich an dieser Stelle recht herzlich danken, denn nur durch Eure Beiträge kann diese Zeitschrift mit Leben erfüllt werden.

    Zum Schluss noch eine Bitte: Für die nächste Ausgabe suchen wir noch dringend Unterstützung im Bereich Layout. Jede und jeder ist aufgerufen, sich an der Gestaltung des Yoga Vidya Journals (Grafiken einbinden, Textlayout, Kontakt mit Druckerei aufnehmen etc.) zu beteiligen, da ich selbst diesen Aufgabenbereich nicht übernehmen kann. Vielleicht finden sich ja 2 oder 3 Yogis und Yoginis, die sich die Arbeit aufteilen können, denn dann ist der zeitliche Aufwand relativ gering.

    Das Layout dieser Ausgabe wurde übrigens von Narendra Gogo Hübner erstellt, der sehr kurzfristig eingesprungen ist und sich glück-
    glücklicherweise bereit erklärt hat, diese Aufgabe noch einmal zu übernehmen. Vielen Dank auch ihm für sein Engagement.

    Viel Freude bei der Lektüre wünscht Euch

    Nataraj Matthias Geis
    Redaktion
     

    Aktuelles vom BYV (Stand: Februar 2000)
    Liebe Yoga Freundin, lieber Yoga Freund

    herzliche Grüße aus dem Haus Yoga Vidya im Naturparadies Rhein-Westerwald.

    Ich freue mich, Dir die dritte Ausgabe des Yoga Vidya Journals präsentieren zu können. Vielen Dank Nataraj Matthias Geis und den Autor/innen der Artikel!

    Die letzten Ereignisse in der Politik zeigen wieder mal, wie wichtig es ist, ein ethisches Leben zu führen.

    Patanjali, der Autor der bekanntesten Yoga-Schrift genannt "Yoga Sutra", sagt im 34. Aphorismus im 2. Kapitel: "Da üble Gedanken, Emotionen und Gedanken, wie z.B. Gewalttätigkeit usw., ob man sie ausführt oder dazu anstiftet, ob sie durch Gier, Ärger oder Täuschung ausgelöst werden, ob sie in schwachem, mäßigem oder starkem Ausmaß vorhanden sind - zu endlosem Leid und Unwissenheit führen, besteht die Notwendigkeit, ihr Gegenteil zu entwickeln".

    Man mag sich durch Unehrlichkeit, Rücksichtslosigkeit etc. Vorteile verschaffen. Langfristig führt unethisches Handeln zu Leid und zu Unwissenheit. Leid kommt durch Angst vor Entdeckung, Angst vor Konsequenzen, aber auch einfach daher, daß die Natur des Menschen Einheit ist, und jeder Verstoß gegen Einheit zu innerer Unzufriedenheit führt. Man wird in der Weltgeschichte keinen zufriedenen Diktator finden. Um selbst glücklich sein zu können, müssen wir uns bemühen, andere glücklich zu machen. Wie es mein Meister, Swami Vishnu-devananda mal sagte: Wenn man einen Kuchen (Vollkorn natürlich...) mit anderen zusammen ißt, macht das meist erheblich mehr Spaß, als ihn allein zu vertilgen, auch wenn weniger für einen selbst übrig bleibt. Zum zweiten führt unethisches Handeln dazu, daß man die geistige Klarheit verliert. Nicht umsonst wird das Absolute auch als Wahrheit bezeichnet. Wenn wir unwahrhaftig sind, kommen wir nicht zur Wahrhaftigkeit. So ist für einen Wahrheitssucher, der ja auch Glückssucher ist, das ethische Fundament sehr wichtig. Wenn man ein Hochhaus baut, muß man gute Fundamente bauen, wenn man hoch hinaus will.

    Wenn wir in Meditation und Spiritualität und Verwirklichung hoch hinaus wollen, muß unser ethisches Leben gut gefestigt sein.

    Dies sei hier gesagt, ohne vorschnelle Urteile über Menschen fassen zu wollen oder für oder gegen irgendeine Partei Partei zu ergreifen und soll auch keine Moralpredigt sein, wozu ich keine Qualifikation besäße.

    Seit Beginn des Jahres 2000 haben alle Yoga Vidya Zentren einen neuen Auftrieb bekommen. Wir haben erheblich mehr Schüler als letztes Jahr. Es scheint eine neue Yoga-Welle zu beginnen. Mehr Menschen kommen, die selbst etwas für sich tun wollen, und es gibt auch mehr ernsthafte Aspiranten.

    1. Bund der Yoga Vidya Lehrer:
    Anna Popiel-Hoffmann ist seit der letzten Mitgliederversammlung 2. Vorsitzende des Bundes der Yoga Vidya Lehrer. Sie unterrichtet Yoga seit vielen Jahren in eigenen Räumen in Darmstadt, hat sehr viele Weiterbildungsseminare mitgemacht und gibt seit 2 Jahren auch Seminare im Haus Yoga Vidya, insbesondere über „NLP und Yoga“. Seit letztem Jahr leitet sie eine 2-jährige Yogalehrer Ausbildung in unserem Yoga Vidya Center in Frankfurt. Sie kümmert sich insbesondere um die Organisation des Yoga Kongresses im November diesen Jahres. Dieser verspricht, noch interessanter zu werden als der im letzten Jahr.  Es empfiehlt sich rechtzeitige Anmeldung. Letztes Jahr war schon Wochen vorher kein Zimmer mehr im Haus zu bekommen.

    Hanspeter Sperzel als Kassenwart kümmert sich mit viel Hingabe um die Mitgliederbetreuung, und Narendra Gogo Hübner als Schriftführer hält den Kontakt zu anderen Institutionen aufrecht. Sukadev Bretz als erster Vorsitzender bildet viele Yogalehrer aus und schreibt diesen Artikel...

    Christine Endris ist weiter aktiv, Yoga Artikel für Zeitschriften zu verfassen, wodurch Yoga noch bekannter wird.

    Übrigens: Ende letzten Jahres wurde ein Gesetz beschlossen, das es Krankenkassen erlaubt, wieder Präventivmaßnahmen zu bezuschussen. Die Krankenkassen sind jetzt am Überlegen, was sie bezuschussen wollen. Es empfiehlt sich, mit den örtlichen Vertretern zu sprechen, um eigene Kurse bezuschußt zu bekommen oder wieder als Yogalehrer bei Krankenkassen tätig werden zu können.

    Neue Yogalehrer: Im Jahre 1999 haben etwa 180 Teilnehmer ihre Yoga Vidya Lehrer Ausbildung abgeschlossen und den Titel „Yogalehrer (BYV)“ erhalten. Viele davon wurden Mitglied im Bund der Yoga Vidya Lehrer, so daß wir jetzt über 200 Mitglieder im Verband haben.

    Neben unseren bewährten 2-jährigen und 4-wöchigen Ausbildungen probieren wir gerade ein neues Ausbildungskonzept aus. Im September haben wir eine 4-jährige Ausbildung begonnen, die den Kriterien des BDY in Dauer und Inhalten Genüge tun sollte. Dieser Kurs hat zwar nur 2 Teilnehmer, Keshava unterrichtet ihn aber trotzdem mit viel Enthusiasmus! Im September probieren wir mal eine 3-jährige Ausbildung. Es scheint aber, daß die Mehrheit der Teilnehmer kürzere Ausbildungsformen bevorzugt.

    2. Haus Yoga Vidya
    Das Frühjahr schickt seine Vorboten: Schneeglöckchen, Vogelgesang, Sonnenstrahlen, grünendes Gras lassen auf einen schönen Frühling hoffen. Komm doch demnächst mal (wieder) zu uns: Frühjahr ist eine besonders schöne und kraftvolle Zeit hier mitten in der Natur. Unser neuer Mitarbeiter seit Anfang Februar, Stefan Kube, war viele Jahre als Förster tätig, und erklärt uns, welcher Vogel gerade angefangen hat zu singen, und gibt uns einen tieferen Zugang zur Natur. Wir freuen uns auf seine erste Seminare (z.B. 17.-19.3.), bei denen er uns die Natur noch näher bringen will, um zu einer noch ganzheitlicheren spirituellen Erfahrung zu kommen.

    (PS: einen Tag nachdem ich das Obige geschrieben habe, hat es angefangen zu schneien, und wir haben 2cm Schnee auf der Wiese. Laut Wetterbericht soll er aber bis morgen wieder geschmolzen sein.)

    Erstmalig können wir berichten, daß wir in keinem unserer Zentren dringend Mitarbeiter suchen! Das neue Team im Haus Yoga Vidya mit Sukadev, Shivakami, Vasudeva, Keshava, Christiana, Mahadev, Padmakshi (Ingrid Berger), Suguna (Siglinde Langer), Dieter Hehn, Dieter Zander, Thomas Gürth, Aldona Fritsch, Markus, Devaki, Carisma, Durga (Karin Gasser), Andrea fühlt sich inspiriert und arbeitet insgesamt sehr harmonisch zusammen. Für einige Monate haben sich auch Doris und Siegfried hier zum Mithelfen eingefunden. Sie fühlen sich sehr wohl hier und sind eine gute Bereicherung unseres Teams, so daß sie vielleicht auch länger bleiben werden. Auch die neuen Mitarbeiter in Koblenz, Frankfurt und Köln fühlen sich recht wohl. Ich hoffe, das wird auch noch so sein, wenn Du diese Seiten in der Hand hälst... Trotzdem: Wenn Du Interesse hast, bei uns in einer spirituellen Gemeinschaft mitzuarbeiten, melde Dich doch einfach. Übrigens: Im Internet findest Du auf unserer Homepage detailliertere Beschreibungen der Mitarbeiter/innen mit Fotos etc. (http://www.yoga-vidya.de/Mitarbeiter.htm)

    In den letzten Monaten waren wir wieder recht aktiv, um das Haus den gestiegenen Teilnehmerzahlen gerecht werden zu lassen:

    - Für den Winter haben wir ein winterfestes, heizbares Zelt errichtet, welches für die Mahlzeiten sehr beliebt geworden ist.
    - Um das Haus baubiologisch noch zu verbessern, haben wir einen Umweltfachmann von der Umweltambulanz um Rat gebeten, und auch einen Bauingenieur zu Rate gezogen. Auf deren Rat haben wir den mittleren Yogaraum gründlich renoviert (die Gipskartonwand zur Außenwand hin rausgenommen, statt dessen gründlich neu verputzt, und alles neu gestrichen), den Keller-Raum hinter dem großen Yogaraum besser belüftet, mit Heizung versehen und zum großen Yoga-Raum hin isoliert. So ist der leichte Muffelgeruch der letzten Monate vollständig verschwunden und die Ursache beseitigt. Außerdem haben wir einige Dachrinnen saniert, damit keine Feuchtigkeit in die Wände kommen kann.
    - Den Rezeptionsbereich haben wir sehr verschönert. Um den Bedürfnissen der Teilnehmer gerecht werden zu können, hat Christiana jetzt ihr Büro an der Rezeption und steht so den ganzen Tag für Fragen und Bitten zur Verfügung.
    - In ca. 1-3 Monaten wird der neue Dusch/WC-Raum fertig, der insbesondere für alle Zelter und Wohnwagen-Übernachter sehr hilfreich sein wird.

    Neue Programme im Haus Yoga Vidya:

    - Seit Mitte Januar haben wir jeden Abend um 18.30h eine Puja, ein besonderes Ritual zur Verbindung mit dem Göttlichen und zur weiteren Aufladen der spirituellen Atmosphäre.
    - Einmal im Monat haben wir ein 24-stündiges Singen des Maha Mantras. Wir haben dies bisher zweimal gemacht, und die energetische Wirkung ist so stark, daß wir das jeden Monat wiederholen wollen. Wer interessiert ist, zu diesen Zeiten im Haus Yoga Vidya zu sein, bitte telefonisch erfragen (02685-8002-0)
    - Weiterhin haben wir jeden Abend unser 60-minütiges Singen des Mantras "Om Namo Narayanaya" für den Weltfrieden. Teilnahme an all diesen Programmen steht allen offen, die sich im Haus befinden, wie auch für alle, die dafür anreisen wollen.

    Neue Telefon-Nummern
    Wir haben eine neue Telefon-Anlage und daher neue Telefon-Nummern:
    Allgemein 02685-8002-0, Fax –20
    Durchwahlen: Zahlungsverkehr/Buchhaltung –30, Reservierung –10, Sukadev Büro –40, Versand -21

    3. Yoga Vidya Center Köln
    Das neue Yoga Vidya Center hat einen großartigen Start gehabt. Zur Einweihungszeremonie mit Sri Karthikeyan am 5.1. waren ca. 120 Teilnehmer anwesend. Die geplante Eröffnungsfeier am Sonntag, 9.1.2000 hatten wir ausgedehnt zu einem Eröffnungswochenende Sa/So 8./9.1. mit allen möglichen parallelen Veranstaltungen. Insgesamt waren am Wochenende ca. 300 Personen anwesend. Es war eine phantastische Stimmung und sehr starke spirituelle Schwingung.

    Das Center entwickelt sich seitdem sehr gut. Es hat einen erstaunlich guten Anklang gefunden, alle Kurse, Stunden, Workshops und Kurse sind gut besucht. Das Center hat jetzt schon (1 Monat nach Eröffnung) so viele Schüler wie das Frankfurter Center nach über einem Jahr. Manohara (Gert Wahl, bis Dezember Leiter des Centers in Koblenz) und Ravi bringen ja auch viel Herz und Enthusiasmus in die Kurse!

    4. Yoga Vidya Center Koblenz:
    Rafaela Sauter hat am 1. Dezember die Leitung des Koblenzer Centers übernommen. Sie fühlt sich sehr wohl dort und bringt viel frische Energie ins Center. Das Koblenzer Center hat so einen guten Aufschwung genommen. Die letzten Wochen waren in Koblenz mehr Schüler als jemals zuvor. Rafaela, die vorher viele Jahre im Frankfurter Yoga Vidya Center unterrichtet und mitgeholfen hat, bringt eine sehr liebevolle Energie ins Center, verteilt mit großem Enthusiasmus viele Broschüren in der ganzen Stadt, und kümmert sich auch mit vielen kleinen Dingen um weitere Verschönerung der Räume.

    5. Yoga Vidya Center Frankfurt:
    Die neue Zentrumsleiterin Lucie Schmitt hat sich inzwischen sehr gut im Yoga Vidya Center am Zoo eingelebt. Sie ist auch dabei, das Center zu verschönern und zu renovieren. Sie freut sich über die viele Hilfe, die sie von den Schülern und Yogalehrern erhält. Ihre Workshops und Kurse erfreuen sich besonderer Beliebtheit. Einige langjährige Yoga Teilnehmer sagen, daß es immer angenehmer und inspirierender werde, ins Center zu kommen. Isolde ist seit 1 Woche Mitarbeiterin im Center. Sie praktiziert Yoga seit einigen Jahren, war letztes Jahr ein paar Monate in Indien, und hat gerade im Haus Yoga Vidya die erste Hälfte der Yogalehrer Ausbildung absolviert. Sie wird in nächster Zeit in Kursen assistieren, vielleicht die eine oder andere Gruppe leiten, und im Mai ihre Yogalehrer Ausbildung abschließen. Natürlich kümmert sie sich auch um alles andere, was im Center so zu tun ist. Ihre offene, liebevolle Art machen sie zur idealen Yogini!

    6. Yoga, Computer und Internet
    PC und Internet erfahren in letzter Zeit eine rasante Verbreitung. In Harmonie mit Swami Sivananda, der auch immer die modernsten Mittel zur Verbreitung des klassischen Yoga benutzt hat, sind wir mit Email, Internet und Yoga E-Shop sehr aktiv.
    Falls Du einen PC mit Internet Anschluß besitzt, kannst Du
    - auf der Seite www.yoga-vidya.de  inzwischen über 1000 Internet Seiten nach Artikeln und Neuigkeiten über Yoga durchstöbern, Yogalehrer in Deiner Umgebung suchen, die aktuellen Seminare und Yogakurse in den Yoga Vidya Zentren erkundschaften, einen Eintrag im Gästebuch hinterlassen und vieles mehr
    - alle 2-4 Wochen den Yoga Vidya Newsletter per Email erhalten mit Neuigkeiten, Artikeln, Kochrezepten und Tips rund ums Yoga. Um Dich zu abonnieren, schicke bitte eine Email an Mahadev@Yoga-Vidya.de oder trage Dich direkt auf unserer Homepage ein.
    - Im Yoga-Forum Dich mit anderen Interessenten über alle Aspekte des Yoga austauschen. Um Dich einzutragen: www.yoga-vidya.de/Forum.htm
    - Dich für Seminare und Kurse im Haus Yoga Vidya direkt per Email anmelden:
    - www.yoga-vidya.de/ Anmeldung_einfach.htm oder formlos Email schicken an Info@Yoga-Vidya.de bzw. Anmeldung@Yoga-Vidya.de
    - Bücher Online bestellen
    - Email an die verschiedenen Mitarbeiter des Hauses Yoga Vidya schicken.
    Yoga Vidya Email Adressen:
    Koeln@Yoga-Vidya.de, Frankfurt@Yoga-Vidya.de, Koblenz@Yoga-Vidya.de
    Haus Yoga Vidya: Info@Yoga-Vidya.de, Anmeldung@Yoga-Vidya.de, Versand@Yoga-Vidya.de, Sukadev@Yoga-Vidya.de, Shivakami@Yoga-Vidya.de, Padmakshi@Yoga-Vidya.de, Carisma@Yoga-Vidya.de, Mahadev@Yoga-Vidya.de, Devaki@Yoga-Vidya.de, Keshava@Yoga-Vidya.de, Christiana@Yoga-Vidya.de

    Übrigens: Alle Mitglieder des Bundes der Yoga Vidya Lehrer können kostenlos eine Website und auch eine  Email-Adresse bekommen. Sie heißt dann: Dein.Name@Yoga-Vidya.de , z.B. Karin.Schneider@Yoga-Vidya.de

    Irgendwie macht sich das als Yogalehrer doch besser als Karin.Schneider@hotmail.de, oder?

    Übrigens: Auch wenn Du schon eine Email-Adresse hast, können wir Dir eine @Yoga-Vidya.de Adresse kostenlos auch als Email Umleitung einrichten. Du kannst also auf Deinen Yoga Broschüren die Yoga-Vidya.de Adresse angeben, sie aber bei Deiner @T-online.de Adresse abrufen!

    Deine Email und etwaige Homepage kann auch ins Yogalehrer-Verzeichnis aufgenommen werden. Bitte teile sie uns mit!

    Aber für die Nicht-PC-Besitzer zum Trost: Zum Üben des Yoga braucht man keinen PC. Und mit dem Yoga Vidya Journal bekommst Du die wichtigsten Neuigkeiten, Informationen und Tips zum Yoga ebenso gut mit!
     

    7. Neues Buch im Yoga Vidya Verlag: Autobiographie von Swami Sivananda
    Wir freuen uns, daß die deutsche Ausgabe der Autobiographie Swami Sivanandas (endlich) herausgekommen ist. In diesem Buch beschreibt Swami Sivananda seinen spirituellen Weg und gibt wertvolle Anleitungen für jeden  ernsthaften spirituellen Aspiranten. Sehr lesenswert. In einer Vorabversion war das Buch schon seit einem halben Jahr auch Online verfügbar. Jetzt ist die Online Ausgabe überarbeitet, und die Druckversion liegt vor.
    Kosten: 19,80 DM + Porto/Versand 5.- DM (bestellbar bei Yoga Vidya Versand, Gut Hoffnungstal, 57641 Oberlahr)

    Ich wünsche Dir weiter viel Spaß beim Üben des Yoga. Erinnere Dich immer daran: Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie.
    Auf ein baldiges Wiedersehen

    Om Shanti
    Herzlichst,
     

    Sukadev
     
     
     
     

    Himmelsbilder, Märchen werden wahr
    Ein Gedicht von Carisma Catalyst

    Wolken ziehen am Horizont
    Visionen formen
    Wünsche, wünsche, wünsche
    Ein Traum wird wahr
    Magie und Wunder
    Nächte, in denen der Regen fällt
    Und auf dem tiefen Blau, sternenklar
    Rufe durch das Dunkel
    Der Wald erwacht und wird zum Dschungel
    Die Mutter Magna Mata segnet ihre Kinder
    Junge Männer und Frauen gestärkt
    Als Krieger rennend übers Feld
    Gejagtes Wild
    Auf der Flucht nach vorn
    Winde wehen durch‘s Geäst
    Blätter rascheln
    Wilde Wogen steigend
    Hineintanzend in des Himmels Ozean
    Die Nacht zum Tag erwacht
    Der Sonne Strahlen brennen
    Erscheinen leuchtend Regenbogen
    ... und dort auf Erden geblieben
    im bebend Herzen ein winzig Dorn
    langsam rote Tränen tropfen
    erblüht der Wunderzauber
    geheiligt wird das Korn.
     

    Das Lächeln des Buddha
    Eine Betrachtung von Christine Schibura

    Wie können wir das Lächeln des Buddha und damit eine bestimmte innere Haltung in unserem Alltag erreichen und integrieren? Durch das „andere Denken“ als Folge vom anderen Sehen, Erkennen.

    Wir haben positive und negative Kraftfelder auf unserer Erde. Im harmonischen Zusammenleben von Mensch und Natur sollte keines der Felder zugunsten des anderen überwiegen. Die Lebensformen brauchen Energie aus diesen beiden Feldern. Alle positiven Ereignisse haben deshalb Konsequenzen im negativen Bereich.

    Auf dem inneren Weg werden wir uns dessen bewusst. Um ins Gleichgewicht, in die angestrebte Ruhe zu kommen, beginnen wir dafür zu arbeiten. Diese Arbeit auf dem inneren Weg ist der eigentliche Sinn unserer Inkarnation. Das Erkennen von Ursache und Wirkung in unseren Aktivitäten wird zur Erklärung und Antwort auf die ständige Frage, warum so viel Leid in unserem Leben besteht.

    Wie kommen wir zu Buddhas Lächeln? Was lässt uns loslassen von Gewohnheiten, die andere Menschen scheinbar so gut verbinden? Wie entsteht eine innere Verwandtschaft zum Anderen ohne Worte, ohne Ritus, ohne Vermittler? Was ist dieses Bindeglied in dem Strudel von Realitäten, Fakten, Ereignissen, Leiden? Ein Bindeglied, das ohne Anspruch wirkt, immer, überall?

    Mensch und Formen leben aus ein und derselben Energie. So sind wir von den gleichen Gesetzen und Bedingungen abhängig. Um aber den inneren Freiraum, das Einssein in uns zu erfahren, müssen wir so lange wandern, bis der Weg in den Kreis einschwingt. Alle scheinbar offenen Fragen beantworten sich von selber, es gibt keinen Frager mehr. Das Meditieren ist eine Form der Selbsthilfe auf dem Wege.

    Buddhas Lehre erlöst nicht aus der Eigenverantwortung. Seine Lehren sind Empfehlungen zur Eigenarbeit. Das Individuum kann nur individuell seine Entscheidungen treffen.

    Wie im Bereich des Materiellen eine Komplexität von unendlich vielen möglichen Auswirkungen besteht, so auch im Geistigen. Das Schöpfungsspiel, im Sanskrit Lila genannt, bleibt wirksam. Positive und negative Kräfte, Yang und Yin, wirken auf allen Ebenen.

    Die Aufforderung zur Behutsamkeit mit der Form in unserer sichtbaren Welt bleibt die Hauptforderung auf unserem „Wege“. Der eigene Körper ist darin einbezogen.

    Buddhas eigenes Leben diente als Werkzeug und damit als zu vermittelnde Erfahrung. So wie er zum Lächeln kam, so sah er in jedem Menschen die Möglichkeit dazu.
     

    Bodywork im Haus Yoga Vidya, Oberlahr
    Stimmungsbild eines Seminars
    Aufgezeichnet von Hanspeter Sperzel

    Die Seminarbeschreibung versprach ein verwegenes Unterfangen: 2x3 Stunden Asana-Praxis, dazu eine Stunde Pranayama, 2x Meditation, 2x Mantrasingen und Vorträge über Vedanta; das alles ergab in der Summe 10 Stunden spirituelle Yogapraxis täglich. Das ist Bodywork!

    Anreise
    Bereits die Anreise, die ich zusammen mit einer Seminarteilnehmerin und ihrer Tochter im Auto unternahm, war von angenehmer, die
    Oberfläche verlassender Unterhaltung geprägt, und die 70 min Fahrt vergingen wie im Flug. Dann, die Autobahn verlassend, fuhren wir durch die kleinen verschlafenen Orte des Westerwaldes bis zu jener Abzweigung mitten im Wald, an der ein Schild (an dessen Entstehung in Frankfurt ich mich noch genau erinnere) mit der Aufschrift „Haus Yoga Vidya“ uns mitten ins satte Grün verweist. Die enge kurvige Straße hinab ins Tal, die Einfahrt, parken, das Auto abstellen und, für einen Stadtbewohner fast schon aufdringlich, Stille, nur unterbrochen von Vogelgesang und dem Rascheln der Blätter. Ein Blick auf die Uhr beruhigt die mitgebrachte Hektik, 60 min sind noch Zeit bis zur täglichen Yogastunde. An der Rezeption finden wir Christiana, umringt von mehreren Neuankömmlingen; ein kurzer Blick, um dann mit einem „Hallo Hanspeter, Om Shanti, Zimmer 204“ die Anzahl der Wartenden nicht noch weiter anwachsen zu lassen. Hier und da noch ein freundliches „Hallo“, dann Zimmer beziehen, umkleiden und auf geht es in die Seminarwoche mit einer Yogastunde. Angekommen! Danach Abendessen mit vielen Salaten, vegetarisch-indischen Gerichten in Form eines Buffets, erste Gespräche mit anderen Seminarteilnehmern, sich orientieren; die zwei Stunden sind schnell verflogen, und weiter geht es mit Meditation und Mantrasingen, mit einer Vorstellungsrunde aller Teilnehmer, dem abendlichen Gebet und „Arati“ (Lichtzeremonie). Dann ist der Anreisetag zu Ende, und noch 15 Minuten sind Zeit bis zur Nachtruhe. Und bald danach ist sie wieder da, diese ungewohnte Stille, nur unterbrochen vom Ruf des Waldkauzes und dem Plätschern des Baches.

    Der erste Tag
    Der Tag beginnt um 6.00 Uhr, und schweigend versammeln sich die Teilnehmer im großen Seminarraum zur fortgeschrittenen Pranayama-Stunde mit Keshava: Kapalabhati, Wechselatmung, Bhastrika und Maha Mudra.

    Dann, übergangslos und nur kurz unterbrochen vom Eintreffen weiterer Teilnehmer, gehen 40 Menschen in eine 30 Minuten dauernde, stille Meditation. Für mich, der ich selten in einer so großen Gruppe “sitze“, ist dies jedesmal eine neue Erfahrung. Die Schwingung oder Stimmung im Raum scheint gleichzeitig aufzubauen und zu beruhigen, ist öffnend und ein bisschen fremd zugleich.

    Dann Mantrasingen, und der umherschweifende Blick sieht Menschen, die mit geschlossenen Augen und auswendig ihren Text voller Hingabe singen und auch die ratlosen, etwas befremdend blickenden Menschen, die zum ersten mal mit dieser Form spiritueller Praxis konfrontiert sind. Das Singen klingt noch etwas verhalten (Eine oft zu bemerkende Eigenart des ersten Seminartages, die sich dann im Laufe der Woche immer mehr verflüchtigt).

    Dann der Vortrag zu Vedanta. Chandra (Michael Cohen), der Vortragende, spricht in einer Einführung über Vedanta oder „die Vision der vollkommenden Einheit“. Seine Worte, die aus der englischen Sprache direkt übersetzt werden, sind einfach, leicht verständlich und bildhaft, erzählen, richten sich mehr an das Herz als an den Verstand.

    Übergangslos geht es weiter mit einigen Minuten Stille, dem Gebet (auf Seite 57 im Kirtanheft) und dem Arati. Drei Stunden sind nun vergangen, und langsam verlangt mein Körper nach Bewegung, will er das Kissen verlassen. Die Gruppen für die Yogastunden werden aufgeteilt, die Räume zugewiesen, und dann, endlich, die erste Pause (15 min). Einen Tee trinken, zur Toilette gehen, mehr Raum verbleibt nicht.

    Die Yogastunde mit Shivakami ist angemessen, guter, gehobener Standard: Entspannung, etwas Pranayama, Sonnengebet, Rishikesh-Reihe, Entspannung. Es fühlt sich gut an, körperlich etwas zu tun, und die leichten Spannungen durch das lange Sitzen am Morgen weichen schnell.

    Die Uhr zeigt auf Mittag (12.00 Uhr), es gibt Mittagessen (Brunch). Für 2 ½ Stunden unterbricht eine Pause das Seminarprogramm. Das Essen ist gut, und bei dem schönen Wetter versammeln sich alle auf der Terrasse, Gespräche flammen auf, und die Kinder der gleichzeitig stattfindenden Familienwoche sorgen für lebhaftes Treiben. Ich habe die Aufgabe übernommen, die Asana-Räume zu saugen, und anstelle eines Verdauungsspazierganges komme ich dieser Aufgabe nach. Viele Seminarteilnehmer haben eine solche Aufgabe übernommen, und eine Weile herrscht geschäftiges Treiben. Dann, nach getaner Arbeit, es ist jetzt 13.30 Uhr, verbleiben noch eine Stunde zum sammeln, ausruhen. Ich setze mich an einen Tisch auf der Terrasse, und schnell und ohne Mühe entwickelt sich hier ein Gespräch und dort ein Gespräch, die Stimmen sind leise und ruhig; und eine gelassene Atmosphäre breitet sich aus. Langsam fühle ich mich „heimisch“.

    Gegen 15.00 Uhr beginnt die Nachmittagstunde mit Sukadev, Yoga-Bodywork: Om Gajananam (Mantra Seite 47 im Kirtanheft), Kapalabhati, Wechselatmung, Sonnengebet, kurze Entspannung im Stehen, Handstand; die Teilnehmer schauen sich erstaunt an, „oh“, und ohne langes Auffordern bilden sich die ersten Paare, stehen die Ersten auf den Händen, und so, gezogen von diesen Vorreitern, versuchen auch die Zaghafteren diese erste Asana zu meistern, und siehe da, es geht! Und so folgen gute zwei Stunden, man schaut, überlegt, fasst Mut und probiert, und so manche Stellung, die man sich niemals zutraute, erweist sich als einfacher, als man glaubte. Wie im Flug vergeht die Zeit. Eine kurze Endentspannung noch, und dann geht es schon zum Abendessen, es ist 18.00 Uhr.

    Zwei Stunden Pause für Essen und Ausruhen, so mancher Teilnehmer gönnt sich eine Dusche, und auf der Terrasse das gleiche Bild wie am Mittag: angenehme Gespräche, spielende Kinder, Gelassenheit. Die Zeit vergeht schnell, und schon ist es 20.00 Uhr, der Tag neigt sich und endet, wie er begann: Meditation, Mantrasingen, Vortrag, Gebet, Arati und noch 15 Minuten für einen Tee, ein letztes Gespräch noch, dann ist Nachtruhe.

    Und wie diesen ersten Tag erleben wir weitere fünf Tage. Wir sammeln neue Erfahrungen in den Yogastunden, praktizieren Meditation und Singen, lauschen Chandras erzählenden Worten. Die Gespräche vertiefen sich, und zwischen den Teilnehmern untereinander, zwischen Teilnehmern und Mitarbeitern, zwischen Kindern und Erwachsenen gewinnt eine familiäre Stimmung zunehmend an Kraft. Die anfänglich verhaltenen Mantra-Sänger erstarken mit jedem Tag, aus einem Lüftchen entwickelt sich ein Wind, und irgendwie hatte ich ein Gefühl in dieser Zeit, als wäre mein Hiersein ganz normaler Alltag, als gäbe es nichts selbstverständlicheres als diesen dicht bepackten Tag zu leben, eingebunden in eine spirituelle Gemeinschaft.

    Nicht alle Teilnehmer gehen am Sonntag dann voll zufrieden nach Hause, und was für den Einen etwas zuviel erschien, empfand der Andere als etwas zu wenig. Etwas mehr Systematik in den Vorträgen, mehr Tiefe wurde ebenso gewünscht wie etwas weniger, etwas mehr Körperarbeit wie etwas weniger; all das ist ganz normal. Doch alle waren sich einig darin, etwas mitzunehmen aus dieser Woche, waren sich einig darin, eine schöne Zeit gelebt und neue Eindrücke gewonnen zu haben, bereichert nach Hause zu gehen. Ich für meinen Teil bin zufrieden und glücklich, meine Erwartungen haben sich erfüllt. Ich habe aufregende und wärmende Tage erlebt, Erfahrungen gewonnen und vertieft, nehme vieles von hier mit in den Alltag.
    Ich komme wieder!
     

    "Das Falscheste was wir tun können ist: Nichts“
    Ein Bericht von Daniela Shankari Zeller

    Dies war eine der Empfehlungen, die wir am Ende der 4-wöchigen Yogalehrerausbildung bekommen haben und zwar in Bezug auf Fragen, die die eigene weitere Yogapraxis zu Hause betrafen.

    Jetzt, gerade mal 1 ½ Wochen später, sitze ich vor "meiner“ Yogagruppe und am Ende der 1. Stunde kommen Fragen zum Thema: Praxis zu Hause. Innerlich lächelnd muss ich an eben diesen Satz denken: Das Falscheste was wir tun können ist: Nichts".

    Was heißt das denn nun? Sicherlich ist dies nicht gemeint im Sinne von: Wenn ich kein Yoga praktiziere, dann ist das falsch und nur wenn ich Yoga praktiziere, ist das richtig. Für jemanden, der zum ersten Mal in eine Yogastunde kommt, würde das ja implizieren, dass alles, was er bisher gemacht hat, falsch gewesen ist. Yoga ist ein Weg zur Bewusstseinsentwicklung. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht auch andere Wege gibt und dass Bewusstseinsentwicklung nicht auch ohne Yogapraxis stattfinden kann.

    Yoga ist ein Weg und das Ziel ist Selbstverwirklichung. Um zur Selbstverwirklichung zu gelangen, muss jeder seinen eigenen, individuellen Weg finden (und gehen) und dies gilt sowohl innerhalb des Yogasystems, als auch für andere Wege der Bewusstseinsentwicklung. Daher gibt es letztlich auch nicht den Yogaweg, sondern eben auch innerhalb des Yoga finden wir verschiedene Aspekte und Schwerpunkte, die den Menschen gemäß seinem jeweiligen Charakter ansprechen wollen.

    Und wenn wir nun zurückkehren zu unserem Satz...
    Ich finde diesen Satz noch in einer ganz anderen Hinsicht interessant, mehr auf einer essentiellen Ebene: Letztlich ist es doch so, dass die Natur der physischen Ebene die Handlung ist. Alles ist in ständiger Bewegung, Veränderung, Transformation; es gibt kein Stillstehen. Manche Dinge verändern sich für unsere Wahrnehmung nur langsam, andere wiederum schneller, aber wie auch immer, alles ist Bewegung – und Bewegung ist Handlung. Das bedeutet in einem tieferen Sinn für uns, dass wir letztlich auf der physischen Ebene nicht Nichthandeln können. Wir können uns im Grunde genommen nur entscheiden zwischen handeln oder handeln. Das heisst, dass selbst wenn wir in einer bestimmten Situation uns entscheiden nicht zu handeln, dass dies ebenfalls eine Handlung ist, da sich ja daraus auch Konsequenzen ergeben.

    Basierend auf diesen Hintergrundgedanken kommt mir zuletzt noch die Inspiration einer Modifizierung des eingangs benannten Satzes, die lautet: "Solange wir uns innerhalb von Zeit, Raum und Ursache befinden, ist das Falscheste was wir tun können, zu meinen, dass wir nichts tun können".

    Und wenn uns so bewusst wird, dass die Natur der physischen Ebene Handlung ist und dass wir letztlich, solange wir uns auf dieser
    Ebene befinden, nur zwischen handeln und handeln entscheiden können, dass es hier kein Nicht-Handeln gibt, dann bringt uns das zu einem wichtigen Aspekt im Yoga – zu einer Definition von Yoga, die wir in der Bhagavad Gita (II/50) finden und die besagt: "Yoga ist Geschicklichkeit im Handeln". Geschicklichkeit vor allem auch in unserem alltäglichen Handeln ist hiermit gemeint. Unser Alltag kann so zu Yoga werden. Und Yoga wird in diesem Sinne zu einer Lebensphilosophie, zu einer Lebenshaltung, zu einem Lebensweg.
     
     

    Jaya Ganesha

    Interpretation eines Mantras
    Ein Beitrag von Hanspeter Sperzel

    jaya ganesha, jaya ganesha, jaya ganesha, pahimaam,
    shri ganesha, shri ganesha, shri ganesha rakshamaam.

    Immer, wenn wir in der spirituellen Praxis mit der Übung beginnen, müssen Hindernisse überwunden werden. Diese sind in vielfältiger Weise präsent. So manche Alltagsbeschäftigung und so manche Leidenschaft wird sich laut in den Vordergrund spielen, aber es ist wichtig, dass wir uns konzentrieren und ganz zur Übung übergehen. Uns dies ins Bewusstsein zu rufen, singen wir diese Zeilen. Dies lässt sich auch symbolisch in der Gestalt Ganeshas darstellen, einem
    Elefanten, der alle Hindernisse beseitigt.

    sharavanabhava, sharavanabhava, sharavanabhava pahimaam,
    subramanya, subramanya, subramanya rakshamaam.

    Als weitere Hindernisse auf dem spirituellen Weg erweisen sich negativ besetzte Emotionen wie Gier, Zorn und Hass. Sich dieser bewusst zu werden, sie zu erkennen, wenn sie auftreten und sie zu bekämpfen, dienen diese Zeilen. Sie erinnern uns an unsere Unvollkommenheit und ermutigen uns zu weiterer Übung. Unvollkommenheit ist menschlich, Vollkommenheit ist göttlich. Als Menschen müssen wir unsere Unvollkommenheit, unsere Fehler annehmen. Nur so gewinnen wir die Möglichkeit, diese in der Übung zu beseitigen.

    jaya saraswati, jaya saraswati, jaya saraswati pahimaan,
    shri saraswati, shri saraswati, shri saraswati rakshamaam.

    Auf dem spirituellen Pfad ist die Fähigkeit für neue Erfahrungen und Fähigkeiten offen zu sein besonders wichtig. Diese Neuheiten, die sich in Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft, oder anders gesagt, in jeglichem Tun ausdrücken, werden durch Saraswati symbolisiert. Alles Schöne, alle Harmonie und vor allem die Fähigkeit, Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, werden in diesem Vers dargestellt und der Schüler wird aufgefordert, sich hierin zu schulen.

    Jaya guru shiva guru hari guru ram, jagad guru param guru sat guru shyam
    Om adi guru advaita guru ananda guru om
    Chid guru chidgana guru chinmaya guru om

    Der spirituelle Weg ist für jeden Schüler ein Weg ins Ungewisse, und auch der Glaube an die Überlieferung und ein Verankertsein in der Kultur kann diese Unsicherheit nicht auslöschen. Hier kann und sollte der Schüler Zuflucht nehmen bei eine Menschen, der diese Hindernisse bereits überwunden hat und somit über die Erfahrung verfügt, helfen zu können. Neben einem lebenden Lehrer, der direkt Einfluss nimmt durch seine Anwesenheit, kann ein Guru auch eine historische Figur sein, deren Leben und Wirken der Schüler studiert und nachahmt.

    Hare rama hare rama rama rama hare hare,
    hare krishna hare krishna krishna krishna hare hare

    In diesen Zeilen wird die Welt besungen, wie sie in der geschauten Wirklichkeit sich darstellt, als eine Welt, in der Frieden, Harmonie und Seligkeit sich in den Formen und Gestalten aller Dinge ausdrückt. Diese Fülle drückt sich aus in Krishna und Rama, den menschlichen Verkörperungen von Vishnu, der erhaltenden Kraft. Diese Welt ist eine gute und eine schöne Welt, wenn der Schüler lernt, sie mit den Augen Krishnas zu sehen und wenn er lernt, sich dieser Kraft ganz und ohne Vorbehalt anzuvertrauen.

    Om namah shivaya

    Diese Welt ist in einem ständigen Werden und Vergehen begriffen. Und so wie diese Welt wandelt sich jeder Mensch in der Zeit und ständig werden neue Eindrücke und neue Motivationen auftauchen, die den Schüler in Anspruch nehmen. Dieses Mantra mahnt, im Üben beständig zu sein und sich nicht vom eigentlichen Weg abbringen zu lassen. Nur so überwindet der Schüler die Hindernisse und nur so wird er sich seinem Ziel beständig nähern. Die Welt verändern zu wollen ist leicht im Vergleich mit dem Anspruch, sich selbst zur Vollkommenheit zu schulen. Wir als Übende wählen den langen Weg der Selbstfindung im Wissen, dass die Welt uns folgen wird, wenn wir unser Ziel erreicht haben.

    Om namo narayanaya

    Der Mensch ist auf dieser Welt nicht nur ein Schauspieler, der ein vorgefertigtes Drehbuch umsetzt, sondern ist als Teil des Ganzen gestaltend und verantwortlich im Rahmen seines ”in-der-Welt-seins”. Das Göttliche manifestiert sich nicht nur in ihm, sondern in allen Wesen und Dingen, in allen Vorstellungen und Handlungen. Und damit alle diese in Harmonie und Frieden nebeneinander bestehen können, ist neben ethischem Verhalten auch das Verstehen und Begreifen dieser Wesenheit der Welt wichtig. Dies wird symbolisiert in Narayana, einem anderen Namen von Vishnu, der Verkörperung von Güte, Mitgefühl und Barmherzigkeit.

    Om namo bhagavate vasudevaya

    Doch bleibt es bei allem Streben, bei allem Gestalten, Dienen und Voranschreiten auch wichtig, zu leben. Und Leben bedeutet, sich ein Gefühl für Schönheit und Freude, für Heiterkeit und Gelassenheit zu erhalten und dieses auch zuzulassen, wenn es an der Zeit ist, dies zu leben. Nur im Streben zu sein ist ebenso falsch wie nur und ziellos zu leben. Es bedarf viel Übung und Erfahrung, sein Leben zu leben und in dieses, harmonisch und stimmig, sein Streben nach Entwicklung und Vollkommenheit einzufügen. In den Geschichten um Krishna (Vasudeva) wird uns ein solches vollendet gestaltetes Leben gezeigt.

    Shri ram jaya ram, jaya jaya ram

    Das sich einlassen auf den spirituellen Weg gleicht häufig einer Reise ins Unbekannte, denn kein Schüler kann eine fassbare Vorstellung entwickeln darüber, wohin ihn dieser Werg führt. Selbst die großen Meister betonen in ihren Werken immer wieder die Paradoxie jener Erfahrung, die wir Selbstverwirklichung nennen. Hier muss der Schüler bemüht sein, in Unkenntnis der Wirklichkeit seine ethischen Ideale und Vorstellungen sehr hoch anzusetzen, um allen möglichen Anforderungen gerecht zu werden.

    Krishnam vande jagad gurum shri, krishnam vande jagad gurum

    Dieses Mantra, dass den Weltenlehrer Krishna grüßt, erinnert an die Lehren der Bhagavad Gita. In den Lehrreden Krishnas an seinen Freund und Schüler Arjuna wird das Lehrsystem des Yoga in seiner ganzen Fülle ausgebreitet. Wir rufen uns mit diesen Zeilen in Erinnerung, dass das Studium der heiligen Schriften immer wieder aufs neue zu Erkenntnissen führen wird und dass dies unabdingbar eine Grundhaltung auf dem Weg darstellt.

    Anandoham anandoham anandambrahm anandam

    Jedes Wesen und jedes Ding und so auch der Mensch ist ein Kind des Universums, trägt in sich göttliche Züge und hat Anteil an jenem Einen, dass alles bedingt und alles in sich trägt. Dieses Wissen gibt uns die Ruhe und die Kraft, beständig zu sein und die Beschwerlichkeiten auf uns zu nehmen, die auch dieses Leben für uns bereit hält. Wir fühlen diese Wesenheit in unserer Mitte, einem Gefühl der unendlichen Ruhe, das besonders in der Stille der Meditation wahrnehmbar ist und das wir Wonne nennen: Ananda

    Om namah shivaya

    Dieses Mantra, erneut und zum Schluss rezitiert, bekräftigt nochmals, alle Hindernisse überwinden zu wollen und betont unsere Bereitschaft, uns einzulassen auf die Unbequemlichkeiten dieses langen Weges. Shiva steht auch für das Prinzip der Wandlung, der alle Dinge unterworfen sind. Als Mensch können wir uns dieser Wandlung widersetzen und leiden, oder uns der Notwendigkeit der Wandlung bewusst sein, ihr folgen und ein relativ glückliches Leben führen.
     

    Being A Christian Yogi
    Ein Bericht von Daniela Shankari Zeller

    In den letzten Jahren kann bei den großen Kirchengemeinden in der westlichen Welt, in Deutschland ist die katholische und evangelische Kirche im besonderen davon betroffen, eine rapide Abnahme der Zahl der Kirchenmitglieder beobachtet werden. Immer mehr Menschen treten aus den Kirchengemeinden aus, viele bleiben konfessionslos, manch andere schließen sich kleinen religiösen Gemeinden, Gruppen, östlichen Traditionen oder auch Sekten an. Worin liegen die Gründe für eine derartige Entwicklung?

    (Traurige) Tatsache ist, dass ein Großteil der Menschen in den Industrienationen religiösen Aspekten nur wenig oder gar keine Bedeutung beimessen, und dass Religiosität im Leben, was soviel bedeutet wie das Leben von Religion im Sinne von Rückverbindung (lat.: re-ligere), im wahrsten Sinne des Wortes ein Buch mit sieben Siegeln ist. Der tiefere Sinn von religiösen Traditionen und Ritualen geht immer verloren, religiöse Fest- und Feiertage verlieren ihre wirkliche Bedeutung, haben ihren Wert vor allen Dingen darin, dass sie arbeitsfreie Tage sind, oder werden zu Konsumzwecken missbraucht. Religion wird hohl und inhaltslos, bietet wenige praktische Anwendbarkeit, wird beschränkt auf eine Stunde sonntäglichen Gottesdienst, wenn überhaupt.

    Ich selbst fand mich als Kind/Jugendliche in solch einer Situation: Obwohl in der christlich-katholischen Tradition erzogen, fand dies nur dem Namen nach statt, ohne dass ich einen Zugang zu einem wirklichen religiösen Leben gefunden hätte, oder dass mir dieses von Seiten der Familie, der Kirche oder schulischen Erziehung vermittelt worden wäre. Dies änderte sich für mich erst, als ich Zugang zur Lebensphilosophie des Yoga fand.

    Dieser Aufsatz ist die im Herbst 1996 verfasste Abschlussarbeit einer 1 ½ - jährigen, sowohl praktischen als auch theoretischen, intensiven Auseinandersetzung mit Yoga in all seinen Aspekten. (Anmerkung: Der Aufsatz wurde damals in Englisch verfasst und ich habe den Titel dabei belassen).

    Heute ist es unter Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Theologie eine allgemein akzeptierte Tatsache, dass Jesus Christus der Gemeinschaft der Nazarener angehörte, welche ein Zweig der Essener Glaubensgemeinschaft war (aus diesem Grunde müsste sein Beiname "Jesus von Nazareth" korrigiert werden zur wohl richtigeren Bezeichnung "Jesus der Nazarener", da zudem keinerlei Hinweise gefunden werden können, dass ein Dorf namens Nazareth in Jesus' Tagen existierte).

    1974 wurden in den Höhlen der Quaratania-Bergen über dem Toten Meer Pergamenthandschriften und Papyrusrollen entdeckt, welche nachweisliche Überreste einer großen Schriftensammlung dieser religiösen Gemeinschaft der Essener sind. Obwohl die Schriften bis heute noch nicht vollständig übersetzt und ausgewertet worden sind, kann man eine große Ähnlichkeit zwischen der Lehre der Essener und der Lehre Jesu finden. Besonders interessant ist, dass sich die meisten der Jesus Christus in der Bergpredigt zugeschriebenen Seligpreisungen schon in diesen Schriftrollen vom Toten Meer finden, welche teilweise schon mehrere Generationen vor Jesus Leben verfasst worden sind! Hier stellt sich die Frage nach dem Ursprung dieser Lehren. Lassen sie sich noch weiter zurückführen als bis zur Glaubensgemeinschaft der Essener?

    Wenn wir einen Blick auf das Leben Jesu werfen, wie es von der orthodoxen Kirche dargestellt wird, fällt auf, dass über die 18 Jahre von seinem 12. Lebensjahr bis zum 30. Lebensjahr keinerlei Aussagen gemacht werden. Wo hat Jesus Christus diese Jahre verbracht? Wissenschaftler haben versucht, seinen Spuren zu folgen und es lassen sich tatsächlich selbst nach fast 2000 Jahren Hinweise finden, dass Jesus Christus diese 18 Jahre in Indien verbracht haben könnte. Was bewog ihn, diesen (für damalige Verhältnisse) langen Weg von Palästina nach Indien zurückzulegen?

    Einige Wissenschaftler fanden in Indien nicht nur Hinweise auf Jesus Christus, sondern auch auf Moses. Aufgrund von Nachforschungen wurde die Hypothese aufgestellt, dass sich "das Land der Väter", das "Gelobte Land", in Indien, genauer noch im heutigen Kaschmir befand und dass Abraham, der Stammvater der Hebräer, einst aus Indien ausgezogen ist, um sich in Palästina anzusiedeln. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, dann wäre der Ursprung der zwölf Stämme Israel mit all seinen Sekten und Glaubensrichtungen, die sich im Laufe der damaligen Zeit entwickelt hatten (wie z.B. die Essener und Nazarener) in Indien zu finden!

    Doch nun nochmals zurück zu den Schriftrollen vom Toten Meer: Der bedeutendste Fund ist eine Lederrolle mit den Vorschriften für die Glaubensgemeinschaft, welche detaillierte Ausführungen über das Gedankengut und die Lebensweise der Essener liefert. Auch werden besondere Fertigkeiten wie Hellsehen, Hellhören, Weissagungen etc. beschrieben, die durch die Einhaltung bestimmter Disziplinen erlangt werden können. Hierbei fällt die Übereinstimmung mit den im Yoga-System bekannten Siddhis auf, die ebenfalls durch eine Ausrichtung der Lebensweise nach bestimmten Richtlinien erlangt werden können. Die "Wunder", die Jesus den biblischen Berichten zufolge bewirkte und die in der katholischen Kirche als Beweise angesehen werden, dass er der erwartete Messias – der Erlöser – ist, können alle erklärt werden mittels der Wissenschaft des Yoga. Befasst man sich eingehender mit den Schriften des Yoga, wie etwa mit der Bhagavad Gita, den Yogasutren des Patanjali und der Hatha Yoga Pradipika, so findet man dort klare Antworten auf die Frage, wie solche "Wunder" möglich sind. Tatsächlich wurden derartige Fähigkeiten im alten Indien nicht als einzigartig bzw. als nur einer Person gegeben angesehen. Vielmehr waren und sind solche Fähigkeiten unter Menschen zu finden, die ein ernsthaftes Yoga-Leben führen, mit all seinen Übungen und Disziplinen auf allen Ebenen des Seins. Es ist daher von besonderem Interesse, die Übereinstimmung und Parallelen zu erkennen, welche zwischen den Lehren der Essener, den Lehren Jesu und den Lehren der alten Yoga-Rishis bestehen.

    Jedoch sollte man dabei im Auge behalten, dass die Evangelien des Neuen Testaments zum einen kein authentischer Bericht über das Leben Jesu sind, sondern erst viele Jahre später (man schätzt zwischen 70 n. Chr. und Anfang des zweiten Jahrhunderts) aufgezeichnet worden sind, und dass diese Texte im Laufe der letzten Jahrhunderte mehrfach übersetzt und "überarbeitet" worden sind, im Sinne einer Angleichung der Lehren an die Meinungen und Auslegungen der jeweils gerade herrschenden Obrigkeit der katholischen Kirche, welche ja bekannterweise schon immer eine führende Macht war und ist.

    Es kann davon ausgegangen werden, dass nur wenige Textstellen der Evangelien, so etwa die Gleichnisse und die Bergpredigt, wirklich Jesus Christus zugeordnet werden können, wobei einzig noch im Johannes-Evangelium Hinweise auf die wahren Vorgänge um Jesus, besonders bei der Kreuzigung, gefunden werden können. Umso größere Bedeutung haben die über die Jahrhunderte hinweg unverfälscht gebliebenen authentischen Originalschriften der Essener, sowie einige der noch vorhandenen apokryphen Texte, welche Rückschlüsse auf das wirkliche Leben und Wirken Jesu zulassen, wobei es leider auch hier hinreichend Beweise gibt, dass selbst heutzutage noch aus Interessens- und Machtgründen Wissen zurückbehalten oder verschleiert wird bzw. verfälscht an die Öffentlichkeit weitergegeben wird.

    Selbst das heutige, von Rom aus propagierte Christentum ist immer noch zu weiten Teilen geprägt von starren Dogmen, die jegliche praktische Einbeziehung in das tägliche Leben missen lassen. Jesus selbst nimmt dazu ganz deutlich Stellung, wenn er über diejenigen spricht, die nur nach den Buchstaben leben, die Gesetze aber nicht im täglichen Leben, der jeweiligen Situation entsprechend, anwenden. Auch bei den Yoga-Rishis wird Wissen, dass aus Büchern gewonnen wird "nur" als "niederes Wissen" angesehen, wohingegen Wissen, dass durch Erfahrung gewonnen wurde, als "höheres Wissen" betrachtet wird. Das soll nicht implizieren, dass Wissen, das aus Büchern gewonnen wird, nicht wertvoll ist, jedoch hat das Wissen durch Erfahrung einen anderen Stellenwert, da wir diese Art von Wissen sozusagen verinnerlicht haben. Und dieses Wissen durch Erfahrung kann nur durch praktische Anwendung der Lehren erlangt werden.

    An diesem Punkt möchte ich nun einige der zentralen Aussagen der Lehre Jesu mit den Lehren des Yoga-Systems, wie sie in der Bhagavad Gita von Lord Krishna offenbart werden, vergleichen.

    In diesem Zusammenhang ist die semantische Ähnlichkeit der Namen "Krishna" und "Christus" unsere Aufmerksamkeit wert. So wird z.B. in der bengalischen Umgangssprache anstatt "Krishna" auch oft "Krista" verwendet. Im Brahmavaivarta Purana finden sich verschiedene Bedeutungen für das Wort "Krishna", unter anderem: "Krsna – universaler Geist". Hier können wir eine Parallele finden zum Christusbewusstsein, als die höchste Intelligenz Gottes, welche die ganze Schöpfung durchdringt.

    Das Leben Krishnas und das Leben Christi haben nicht nur in geistiger Beziehung große Ähnlichkeit, es finden sich auch viele Parallelen in ihren persönlichen Leben, wie sie uns überliefert sind. Krishna lebte sehr wahrscheinlich etwa 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Sowohl Krishna als auch Christus wurden von frommen, gottesfürchtigen Menschen geboren. Krishnas Eltern wurden von König Kamsa verfolgt; die Eltern Jesu wurden von König Herodes bedroht. Krishna war während seiner Jugend Kuhhirte; Jesus wurde mit einem guten Hirten verglichen. Krishna besiegte den Dämon Kaliya; Jesus siegte über Satan. Krishna war ein König; Jesus wurde "König der Juden" genannt. Jesus hatte Jüngerinnen – Maria, Martha und Maria Magdalena – die ihn unterstützten und eine wichtige Rolle in seiner Mission spielten; Krishnas Jüngerinnen waren Radha und die anderen Gopis, welche ähnliche Rollen erfüllten. Krishna wurde durch den Pfeil eines Jägers tödlich verwundet; Jesus wurde an das Kreuz genagelt. Das Schicksal beider wurde in den heiligen Schriften vorausgesagt. Jesus Christus und Bhagavan Krishna schenkten der Welt zwei der größten Bücher aller Zeiten. Die Bhagavad Gita und das Neue Testament offenbaren die höchste Wahrheit und sind erhebende heilige Schriften.

    Sowohl Krishna als auch Jesus lehrten, dass es eine höchste Wirklichkeit gibt. Während Krishna die Bezeichnung "Brahman" verwen-det, spricht Christus von "Gott". Die Terminierung mag differieren, jedoch steht beides für das Unvergängliche, das Höchste. Auch finden wir in diesem Zusammenhang identische Aussagen über die Dreieinigkeit, in die Gott oder Brahman sich aufteilte, als Er diese Schöpfung ins Leben rief. Im Hinduismus ist diese Dreieinigkeit bekannt als OM TAT SAT; im Christentum als Vater, Sohn, Heiliger Geist.

    Über die kosmische Schwingung des OM sagt Krishna: "Ich bin das OM (pranava) in allen Veden, der Laut im Äther ..." (BG VII, 8) und in den Veden finden wir die folgenden Worte: "Im Anfang war der Schöpfergott; nach ihm kam das Wort. Das Wort war in Wahrheit Brahman."

    Die entsprechende Parallele hierzu findet sich im Johannes-Evangelium, wo es heißt: "Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott" (Joh. 1.1).

    In der Bhagavad Gita betont Krishna, dass man den Früchten der Handlung entsagen muss, um zur Vollkommenheit zu gelangen: "Nicht dadurch, dass er überhaupt nicht mehr handelt, gelangt der Mensch zur Freiheit von karmischen Fesseln ..." (BG III,4). "Keiner kann auch nur einen Augenblick jemals völlig ohne Handeln sein, denn die Grundsätze der Natur lassen jeden unwillkürlich handeln" (BG III.7). "Der im Yoga Geübte hat der Frucht des Handelns entsagt, und so erlangt er vollkommenen Frieden ..." (BG V,12).

    Er zeigt uns auch, dass es nicht nötig ist, der Verantwortung eines weltlichen Lebens zu entfliehen, sondern sagt im Gegenteil: "Wer aber die Sinne mit dem Denken zu zügeln sich anschickt und ohne anhaften mit den tatorientierten Kräften des Yogas des Handelns übt, der ist vorzüglich" (BG III,7).

    Das Ziel hier ist, dass der Mensch seine Pflichten im täglichen Leben erfüllt und dennoch im Bewusstsein Gottes lebt. Auch das Leben Jesu gibt uns dieses Beispiel. Er ist vollkommen hingegeben an Gott, eins mit Gott und doch ist er ganz und gar in seinem Handeln präsent. In der Bergpredigt zeigt Jesus Mittel und Wege, wie sich durch unser Handeln die Wahrheit Gottes in uns offenbaren kann.

    Sowohl in der Bibel als auch im Yoga finden wir dieselben ethischen und moralischen Lehren. Die zehn Gebote des Christentums finden in den yamas und niyamas des Ashthanga Yoga Systems ihre Entsprechung. In beiden Lehren bilden sie die Grundlage für ein religiöses Leben und in der Gita wird gesagt: "Wer die Gebote der heiligen Schriften missachtet und seinen Begierden folgt, erlangt weder Glück noch Vollkommenheit, noch erlangt er das höchste Ziel" (BG XVI,23).

    Reinkarnation, die Wiederverkörperung des Bewusstseins, bildet die Grundlage der meisten östlichen Religionen und auch einiger westlicher Philosophiesysteme. Die Lehre der Wiedergeburt wird von Krishna in der Bhagavad Gita eingehend erläutert. Gibt es auch hierzu Parallelen in der Lehre Jesu?

    Tatsächlich war der Reinkarnationsglaube in den frühen christlichen Gemeinden noch selbstverständlich, bis er im Jahre 553 auf dem 5. Ökumenischen Konzil von Konstantinopel zum Irrglauben erklärt wurde. Im Alten und Neuen Testament gibt es etliche Stellen, die sich ganz eindeutig auf die Wiedergeburt beziehen, die jedoch kaum beachtet oder auf andere Art und Weise interpretiert werden. So endet das Alte Testament mit einer Prophezeiung, welche die Wiedergeburt Elias ankündigt: "Siehe, ich sende euch den Propheten Elias ...(Mt. 3,23). Bei Lukas lesen wir, dass ein Bote dem Zacharias die Geburt eines Sohnes (Johannes der Täufer) ankündigt und von dem gesagt wird, dass "er mit dem Geist und der Kraft Elia dem Herrn vorangehen wird" (Lk 1,13 – 17). Jesus selbst sagt über Johannes den Täufer: "... Denn alle Propheten und das Gesetz haben auf Johannes hin weisgesagt, und wenn ihr es annehmen wollt: Es ist Elias, der kommen soll" (Mt 1,10 – 14). An anderer Stelle sagt Jesus: "Für wen halten die Leute den Menschensohn?" (Mt 16,13). Bei der Erzählung vom Blindgeborenen, den Jesus heilen soll, fragen die Jünger ausdrücklich: "Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?" (Joh 9). Dies Frage beinhaltet auch den Gedanken des Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung, wo die Taten eines vorhergehenden Lebens sich auf das darauffolgende Dasein auswirken.

    Es wird gelehrt, dass derjenige, der vollkommen geworden ist, nicht mehr auf die Erde zurückzukehren braucht. Alle, die ihre Wünsche überwunden haben, werden eins mit Gott. Das meinte Christus mit den folgenden Worten: "Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen (Offenbarung 3,12)." In der Bhagavad Gita gibt uns Krishna ein ähnliches Versprechen: "Wenn er alle Begierden aufgibt, lebt der Mensch vom Verlangen frei; frei von Besitzstreben, frei vom Ich-Bewusstsein, erlangt er Frieden" (BG II,71). "Dies ist der Brahman-Zustand. Wer ihn erlangt hat, ist nicht verwirrt. Wer gar in seiner Todesstunde darin verweilt, erreicht das Verlöschen im Brahman" (BG II,72). Hier wird gelehrt, dass es unsere Wünsche sind, die uns zur Erde zurückziehen und ehe wir unsere Wünsche nicht überwunden haben, können wir nicht zu Gott zurückkehren.

    Desweiteren finden sich Übereinstimmungen in den Anweisungen zu den Themen Ernährung, Reinigung und Fasten. Im Yoga wird eine vegetarische Ernährungsweise empfohlen, und auch Jesus sagt im Essener Friedensevangelium: "Tötet weder Mensch noch Tier, noch die Nahrung, die Euer Mund aufnimmt. Denn wenn Ihr lebendige Nahrung esst, wird sie Euch beleben, aber wenn ihr Eure Nahrung tötet, wird Euch die tote Nahrung ebenfalls töten." In dieser Aussage kommt auch eines der zehn Gebote zum tragen: Du sollst nicht töten, und es wird das Yama Ahimsa, die Gewaltlosigkeit erfüllt. Desweiteren spricht Jesus: "Wenn Ihr wollt, dass das lebendige Wort Gottes und seine Macht in Euch eindringen kann, dann beschmutzt nicht Euren Körper und Euren Geist; denn der Körper ist der Tempel des Geistes, und der Geist ist der Tempel Gottes. Darum reinigt den Tempel, damit der Herr des Tempels darin wohnen und einen Platz einnehmen kann, der seiner wert ist. Erneuert Euch und fastet." Auch im Yoga System wird großer Wert auf die Reinigung von Körper, Geist und Seele gelegt und das Fasten ist ein wesentlicher Bestandteil der vielen Reinigungstechniken, denn auch im Yoga wird der Körper als ein Tempel Gottes betrachtet. Das Ashtanga Yoga System beschreibt 104 Mala Sodhanas, 104 Reinigungstechniken, welche dabei helfen, den Körper zu einem wirklichen Tempel zu machen, damit sich das Göttliche in uns offenbaren kann.

    Viele weitere Übereinstimmungen zwischen den Lehren Jesu und der Lehre des Yoga können gefunden werden und es ist die Mühe wert, sich mit den Aussagen dieser beiden großen Philosophien zu befassen, die in so vielen grundsätzlichen Fragen identische Meinungen vertreten. Für einen Christen können die Überlieferungen und Methoden des Yoga zu einem Schlüssel werden für eine neue Dimension im christlichen Glauben, für ein besseres Verständnis der ursprünglichen Lehre Jesu und sie können die Grundlage bilden für ein wahres christliches Leben, das in jedem Augenblick des Seins im Hier und Jetzt praktiziert werden kann.
     
     

    Die sechs indischen Philosophiesysteme

    Ein Beitrag von Sukadev

    Die sechs Philosophiesysteme werden auch als Darshanas bezeichnet. Darshan heißt wörtlich Sichtweise. Man könnte es auch durchaus mit Weltanschauung übersetzen. Aber es ist eine Sichtweise, es ist nicht die absolute Wahrheit.

    Jedes Philosophiesystem ist nur ein Versuch, die Wahrheit zu beschreiben. Eigentlich kann man die Wahrheit nicht in Worte fassen. Sie kann nur direkt erfahren werden. Wenn man sie erfahren hat und anderen vermitteln will, muss man erneut Worte oder Bilder gebrauchen, was wiederum begrenzend ist. Daher gibt es auch sechs Darshanas mit unterschiedlichen Standpunkten, die jedoch aus indischer Sicht keine Widersprüche sind, sondern nur verschiedene Sichtweisen der gleichen Wirklichkeit.

    Jedes Darshana ist ein Philosophiesystem, das versucht, Antworten zu geben auf die großen Fragen: Was ist die Welt? Woher kommt die Welt? Was ist der Mensch? Was ist Glück? Gibt es Gott? Was ist Gott? Was ist Leid? Was ist das Ziel des Lebens? Und wie kommt man dorthin? Wie kommt man zur Befreiung?

    Dies sechs Darshanas heißen:

    1. Purva Mimamsa
    2. Vaisheshika
    3. Nyaya
    4. Samkhya
    5. Yoga (im engeren Sinn, bezogen auf das Yoga-System von Patanjali)
    6. Uttara Mimamsa (= Vedanta)
     

    Purva Mimamsa

    Purva Mimamsa ist eine theistische Philosophie. Gott hat die Welt geschaffen. Das Ziel des Lebens ist es, in den Himmel zu kommen. Zu vermeiden gilt es, in die Hölle zu kommen. Um in den Himmel zu kommen, muss man Punyas ansammeln, Verdienste, und Papas, Sünden, vermeiden. Durch Papas zieht man erstens schlechtes Karma auf sich, zweitens kommt man in die Hölle und drittens wird man im nächsten Leben sehr schlecht wiedergeboren. Wenn man dagegen Punyas sammelt, erwirbt man künftiges Vergnügen, kommt in den Himmel und das nächste Leben ist um so besser. Diese Philosophie ist in Indien wohl am verbreitetsten.

    Sie ist etwas differenzierter als die christliche Himmel- und Hölle-Philosophie, wo man auf ewig in die Hölle oder in den Himmel kommt, wobei es eigentlich keinen Sinn macht, dass ein Leben von durchschnittlich 70 oder oft auch weniger Jahren darüber bestimmen soll, dass man Trillionen von Jahren in der Hölle braten soll. Könnte so etwas ein liebender Gott wollen? - Das kann wohl nicht sein.

    Man muss natürlich wissen, dass die Christen früher geglaubt haben, dass die Welt erst ein paar tausend Jahre existiert und bald untergehen würde.  So gesehen dauert die Ewigkeit auch gar nicht so lange.

    Aber die Inder sind schon immer davon ausgegangen, dass es Trillionen von Trillionen von Trillionen von Leben gibt, und da ist die Ewigkeit schon sehr lange.

    Purva Mimamsa beschreibt sowohl positive als auch negative Handlungen im täglichen Leben und beinhaltet auch ethische Gesichtspunkte. Wenn man anderen hilft, ist es Punya, wenn man andere schädigt, ist es Papa. Darüber hinaus gibt es alle möglichen Reinheitsvorschriften. Beachtet man sie, gibt es Punya, andernfalls Papa. Daneben gibt es einige Handlungen, die man unbedingt ausführen muss und die weder Punya noch Papa sind; unterlässt man sie jedoch, dann gibt es Papa. Führt man sie hingegen verstärkt aus, gibt es Punya.

    Aber es bezieht sich auch noch auf etwas anderes. Wenn man etwas Bestimmtes erreichen will, kann man vorgeschriebene Rituale dafür machen. Angenommen, man will reich werden -, gut, eine Möglichkeit wäre, fleißig zu arbeiten -,  die andere, bestimmte Rituale dafür zu machen. Dabei würde man Lakshmi auf eine bestimmte Weise verehren, eine Yajna (Opferzeremonie), Tapas (Askeseübungen) und so weiter machen, dann wird Lakshmi einen segnen und man wird reich.

    Oder angenommen, man will ein Kind haben, dann muss man bestimmte Pilgerreisen machen, vorgeschriebene Mantras wiederholen, den Brahmanen eine gewisse Anzahl Kühe schenken, Almosen oder Hospitäler für Arme stiften. Wenn man das auf richtige Weise macht, bekommt man das Kind.

    Oder man will heiraten und findet keinen passenden Partner oder der Mann, den man gerne haben will, ist schon vergeben oder möchte nicht oder die Familie weigert sich, dann gibt es bestimmte Rituale, den Mann in sich verliebt zu machen, alle Hindernisse verschwinden zu lassen und schließlich die Heirat herbeizuführen.

    Wenn man schlechte Taten vollbracht hat und nach einiger Zeit von Gewissenskonflikten geplagt wird, gibt es bestimmte Bußübungen, die, je nachdem, um welche Tat es sich handelt, ganz genau vorgeschrieben und auch recht drastisch sind. Es kann sein, dass man zwei Jahre in die Einöde gehen und 12 Stunden am Tag Askeseübungen machen muss. Oder man muss sein ganzes Vermögen den Armen zur Verfügung stellen oder sich vier Jahre als Diener im Tempel verdingen. In gewisser Hinsicht ist das durchaus eine kluge Weise, mit Schuld umzugehen, wenn man die Tat wirklich bereut.

    Aber es kann auch zu Scheinheiligkeit und Berechnung führen, dann nämlich, wenn wir es bewusst in Kauf nehmen, etwas Unrichtiges zu tun, Nutzen davon haben und anschließend einfach ein paar Bußübungen machen, um kein schlechtes Karma bekommen.

    Diese Praxis hat Ähnlichkeit mit bestimmten Formen des katholischen Christentums, wobei die Bußen dort relativ harmlos waren, und am Schluss werden einem die Sünden vergeben.

    In der Bhagavad Gita liest man oft von Papa, Sünden. Gerade im ersten Kapitel spricht Arjuna davon, denn er hat große Angst, Sünden auf sich zu laden. Und Krishna sagt zum Schluss:

    Sarvadharmam parityaja
    Mam ekam sharanam vraja
    Aham twa sarvapapebhyo
    Mokshaishyami ma suksha

    Papa ebhyo = ich befreie dich von allen Sünden, sorge dich nicht

    Krishna wendet sich in der Bhagavad Gita anfangs noch recht diplomatisch, später ganz entschieden gegen diese Philosophie, während Arjuna ihr zunächst anhängt. Wörtlich sagt er: „Blumige Worte finden die Weisen, die an den rühmenden Worten der Veden Gefallen finden, oh Arjuna, und sagen, es gibt nichts anderes. Sie sind voller Wünsche. Der Himmel ist ihr Ziel und das Ergebnis ihres Tuns ist neuerliche Geburt. Sie schreiben verschiedene Methoden mit einer Überfülle von bestimmten Handlungen vor, um Vergnügen und Macht zu erlangen. In Menschen, die an Vergnügen und Macht hängen und deren Geist durch solche Lehren gelenkt wird, bildet sich nicht diese Bestimmtheit, die stets auf Meditation und Samadhi ausgerichtet ist.“

    Letztlich mag es sein, dass die Mimamsa-Philosophie bestimmten Naturgesetzen folgt, aber laut Krishna geht es ihren Anhängern nicht wirklich darum, die Selbstverwirklichung zu erreichen. Sie kommen zwar in den Himmel, erreichen vielleicht Macht und Vergnügen, aber es führt nicht zur Befreiung, sondern in die Verhaftung hinein. Man hat ja nichts davon, wenn man reich wird. Ob wir nun reich werden, indem wir vierzehn Stunden am Tag arbeiten, sieben Tagen in der Woche ohne Pause oder ob wir dafür Rituale machen, das Ergebnis ist das gleiche, nämlich Bindung.

    Trotzdem, das Purva Mimamsa-System hat durchaus auch seine Funktion. Es erklärt bestimmte Funktionsweisen von Karma wie Ursache und Wirkung und Kompensation. Und die verschiedenen Sühnerituale und Vorschriften können für die Mehrheit der Menschen, die sich unter Befreiung nichts vorstellen können, eine gute Motivation für ein ethisches Leben darstellen und helfen, mit schwierigen menschlichen Problemen wie Schuld und Sühne, Gerechtigkeit, Ärger usw. besser umzugehen und fertig zu werden.

    Ein paar Sachen könnte man auch durchaus in den Yoga integrieren. Es ist sicher sinnvoll, irgendwie Buße zu tun, wenn man eine schlechte Handlung begangen hat - am besten natürlich gegenüber dem betroffenen Menschen. Man kann sich entschuldigen und versuchen, die Sache gutzumachen. Manchmal ist das nicht möglich, entweder weil der Mensch so böse ist, dass er einem nicht erlaubt, etwas zu tun oder weil er nicht in der Nähe ist und man nichts mehr mit ihm zu tun hat. Dann kann man stattdessen irgendeine Sühneübung dafür machen.

    Und auch in Bezug auf das Karma können wir von der Mimamsa Philosophie lernen. Solange wir noch nicht so weit sind, vollständig egofrei zu handeln, können wir uns wenigstens zu guten Handlungen motivieren, indem wir uns sagen, Schlechtes kommt nur auf uns zurück. Und umgekehrt lernen wir auch, nicht an anderen Rache zu üben. Im Alten Testament heißt es: „ ‚Mein ist die Rache‘, spricht der Herr“. Jemand, der eine schlechte Handlung ausführt, richtet sich selbst zugrunde. So wie Jesus auch in einem der Evangelien sagt: „Es muss ja Übles kommen, aber wehe dem, durch den es kommt!“ Wir müssen unser Karma ernten. Wer uns gegenüber schlecht handelt, ist für uns zwar ein Diener des Karmas, aber er selbst wird darunter leiden müssen, wenn er es bewusst macht. Nicht umsonst sagt Jesus noch am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun“. Denn er wusste, für ihn war es vorbestimmt, so zu sterben und er hat es auf sich genommen. Aber für die anderen, die ihn ans Kreuz nageln, bringt es schlechtes Karma mit sich. Wir sollten Mitleid mit denjenigen haben, die uns bestehlen oder ungerecht behandeln. Sie richten sich selbst zugrunde und schaffen sich ihr eigenes Leiden. Uns geben sie Gelegenheit zu wachsen und sind das Werkzeug dafür, dass wir unser eigenes Karma ausarbeiten können. Wenn man das verstanden hat, gewinnt man auch eine gewisse Gelassenheit.

    Ich muss zugeben, in meinem Leben gab es eigentlich nie Menschen, die sich mir gegenüber besonders bösartig benommen hätten. Aber es gab schon mal jemanden, der mich hinterrücks schlecht gemacht und angeschwärzt hat, was auch Konsequenzen für mich hatte. Im ersten Augenblick war ich natürlich schon ein bisschen ärgerlich, aber ich habe auch intuitiv geahnt, dass auf ihn nichts Gutes zukommen wird. Und es hat sich sehr schnell auf ihn ausgewirkt, ungefähr ein halbes Jahr später, und für ihn zu einer ernsthaften Krise geführt. Manchmal geht Karma sehr schnell. Manchmal braucht es auch ein, zwei oder drei Leben dazwischen. Dann sind eben die Wirkungszusammenhänge nicht so schnell zu erkennen. Auf dieser Ebene kann einem die Purva Mimamsa-Philosophie durchaus behilflich sein.

    Aber vergessen wir nicht die Kritik, die Krishna übt: „Allein danach zu handeln, führt uns nicht weiter.“ Und erinnern wir uns auch daran, was Patanjali gesagt hat: Für den weltlichen Menschen ist Karma dreifach, weiß, schwarz und grau. Für den spirituellen Menschen ist es nichts davon. Für ihn gibt es einfach nur Aufgaben, die zu erledigen sind. Es gibt weder Gutes und noch Schlechtes, es gibt kein Karma über das wir uns freuen oder über das wir uns zu ärgern brauchen und es gibt auch keine Handlung, die wir ausführen, damit es uns im späteren Leben gut geht, sondern wir tun alles für andere Menschen oder als Diener Gottes.
     

    Vaisheshika

    Vaisheshika ist ein materialistisches Philosophiesystem, welches das Universum als ein Zusammenspiel von Atomen, Kräften und Naturgesetzen ansieht und auf logischem, eindeutigem, naturwissenschaftlichem Denken beruht.  Danach besteht die Welt aus sogenannten Anus, Atomen, und verschiedenen Kräften, den Shaktis oder Energien.

    Von dieser Philosophie gibt es mehrere Richtungen. Die extremste sagt, es gibt nur Materie. Auch die Seele ist ein Ausfluss der Materie. Lebensziel ist es, sich zu vergnügen, wobei man die Rechte der anderen achten und ihnen nicht schaden sollte, damit die Gesellschaft als Ganzes funktioniert. Höheres Ziel gibt es keines. Leiden ist, wenn man körperliche Schäden oder Krankheiten hat, seine Wünsche nicht befriedigen kann oder mit anderen Meinungsverschiedenheiten hat.

    Auf dieser Ebene arbeiten weite Teile unserer materialistisch orientierten Wissenschaft, obgleich beispielsweise die Physik in letzter Zeit davon abgekommen ist, weil eben die physikalischen Gesetze letztendlich doch nicht so funktionieren. Trotzdem bleiben die meisten anderen Wissenschaftszweige weitgehend in diesem rein logischen Denken, insbesondere solche, bei denen es eigentlich nichts zu suchen hätte, wie die Medizin und Psychologie, die den Organismus rein materiell auffassen und alle anderen Gesichtspunkte vernachlässigen.

    Dennoch hat die Vaisheshika-Philosophie durchaus auch ihren Platz, zum Beispiel in der Anatomie, beim praktischen Handeln im Alltagsleben oder bei den Hatha-Yoga-Übungen und ihren Wirkungen. Man darf die Naturwissenschaft nicht einfach außer acht lassen. Auch als spiritueller Mensch sollte man das logische Denken nicht nur auf die Unterscheidungskraft zwischen dem Wirklichen und Unwirklichen beschränken, sondern sie auch im täglichen Leben einsetzen, zum Beispiel, um eine Leiter zum Dachboden zu bauen oder den Computer zu reparieren. Jemand hat mir mal gesagt, mit logischem Denken könne man fast alle handwerklichen und technischen Probleme lösen. Das war irgendwie ein Augenöffner für mich. Früher hatte ich nämlich immer großen Respekt vor solchen Sachen. Zum Beispiel stellte ich in Frankfurt fest, dass in Deutschland keine Lampen installiert sind, wenn man eine Wohnung bezieht und da saß ich nun: Von den Decken hingen immer drei Drähte herunter – warum eigentlich drei? In der Schule hatte ich immer nur von Plus- und Minuspol oder Phase und Null gehört, aber was mit dem dritten sein sollte ... – gut, aber mit Versuch und Irrtum und logischem Schluss habe ich dann tatsächlich alle Lampen installiert gebracht. Also Vaisheshika, logisches Denken, ist auch hilfreich, sowohl für die Gesundheit als auch im praktischen und beruflichen Leben. Wenn man Erfolg im Beruf haben will, sollte man sich nicht nur darauf beschränken, Lakshmi zu verehren, sondern auch lernen, mit den notwendigen Instrumenten umzugehen, um seine Arbeit gut ausführen zu können.
     

    Nyaya

    Unter dem Begriff Nyaya sind zwei Philosophiesysteme zusammengefaßt, so dass es eigentlich sinnvoller wäre, von sieben statt von sechs Philosophiesystemen zu sprechen.

    Eine Variante von Nyaya ist das Philosophiesystem der Logik mit bestimmten logischen Sätzen wie Schlussfolgerungen, Dialektik, usw., ähnlich der Logik des Aristoteles. Man könnte sie auch als eine Unterphilosophie der Vaisheshika-Philosophie bezeichnen, eine materialistisch-rationale Philosophie.

    Die zweite Variante von Nyaya ist eine stark Bhakti-orientierte, ausgesprochen dualistische Philosophie der Hingabe. Gott hat die Welt geschaffen, durchdringt sie ganz und macht alles. Gott und Mensch sind auf ewig getrennt. Der Mensch ist in seinem wahren Wesen eine Seele, die niemals eins werden kann mit Gott. Ursache des Leidens ist die Entfernung und Trennung von Gott. Ziel des Lebens ist es, Gott möglichst nahe zu kommen. Der Weg dazu ist bedingungslose Hingabe. Um diese Hingabe zu erzeugen, gibt es zahlreiche spirituelle Praktiken.

    Das entspricht durchaus einer auch im Christentum verbreiteten Sichtweise.

    Die Hare-Krishna-Bewegung, die auch im Westen recht bekannt geworden ist, beruht auf dieser Philosophie.

    Bhakti hat im Yoga natürlich auch einen großen Stellenwert, gerade um das Ego zu überwinden und Hingabe zu üben. Man kann öfter versuchen zu spüren, oh Gott, dein Wille geschehe, du machst alles, ich allein kann nichts bewirken.
     

    Samkhya

    Samkhya ist eine dualistische und atheistische Philosophie, in der eine ewige Dualität zwischen Purusha und Prakriti postuliert wird und Gott nicht vorkommt.
    Purusha verhält sich zwar wie Gott, wird aber einfach als Bewusstsein bezeichnet.
    Purusha ist das Bewusstsein, die Seele, Prakriti ist die Welt. Purusha im Samkhya entspricht Brahman im Vedanta oder Shiva im Tantra. Prakriti entspricht Maya im Vedanta und Shakti im Tantra.

    Purusha und Prakriti waren von Anfang an und sind auf ewig getrennt, aber ursprünglich war Purusha in sich selbst zufrieden. Es gab nur eine allumfassende, undifferenzierte Prakriti, eine homogene unmanifestierte Mischung aus Sattwa, Rajas und Tamas in vollkommenem Gleichgewicht. Solange die drei Gunas (Grundeigenschaften der Natur) in vollkommenem Gleichgewicht sind, gibt es keine Schöpfung.

    Nun ist Purusha aus unerfindlichen Gründen nicht mehr in sich selbst zufrieden, sondern sendet die Strahlen seines Bewusstseins in die Prakriti hinein, um die Welt zu erleben. Und in dem Moment fängt Prakriti an, sich zu verändern, aktiv zu werden, und der Schöpfungsprozess kommt in Gang:
     

    Purusha

                                  Sattwa   (Kausalwelt)
    Prakriti                    Rajas    (höhere, mittlere, untere Astralwelt)
                                  Tamas   (Physische Welt)

    Spandana
     

    Parinama

    Das ganze Universum besteht nur aus Sattwa, Rajas und Tamas. Die erste Vibration ist Spandana, die Urschwingung, durch die Sattwa, Rajas und Tamas durcheinandergebracht werden und es entsteht Parinama, ständige Veränderung. Obgleich Prakriti ewig von Purusha getrennt ist, ist sie Purusha untergeordnet. Nur weil Purusha Prakriti erfahren will, bewegt sich Prakriti. Aber wenn sie einmal in Bewegung versetzt ist, entspricht es ihrer Natur, sich ständig zu bewegen. Dann entstehen die drei Grundwelten aus Sattwa, Rajas und Tamas. Das kosmische Sattwa wird zum Mahat, zum kosmischen Geist, zum kosmischen Ego, aus dem zahlreiche kleine Chittas entstehen. Rajas ist die Aufsplitterung der Welt und das kosmische Tamas wird zur physischen Welt.

    Die sattwigste Welt ist die Kausalwelt, die rajasigste die Astralwelt, die tamasigste die physische Welt. Alles in dieser Welt ist nur eine unterschiedliche Zusammensetzung von Sattwa, Rajas und Tamas. Überall sind immer alle drei Gunas vorhanden, allerdings in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen.

    Samkhya heißt wörtlich Aufzählung, Klassifikation. Die Samkhyas klassifizieren alles auf jeder Ebene nach Sattwa, Rajas und Tamas.

    Die Astralwelt, die insgesamt relativ rajasig ist, kann man wieder un-terteilen in drei Welten: die höhere Astralwelt, die der Vijnanamaya Kosha im Vedanta entspricht, die mittlere Astralwelt, Manomaya Kosha, und die niedere Astralwelt, Pranamaya Kosha. Die höhere Astralwelt hat einen höheren Anteil an Sattwa, die mittlere mehr Rajas und die niederste, welche die Verbindung zur physischen Welt darstellt, die Prana-Ebene, ist die tamasigste davon.

    Die mittlere Welt, die rajasige, ist die emotionell-geistige Welt. Und hier unterscheidet man wieder sattwige, rajasige und tamasige Emotionen. Tamasige Emotionen wären zum Beispiel Angst, Traurigkeit, Depression, rajasige Ärger, Wut, Unruhe. Sattwige Gefühle sind Liebe, Mitgefühl, usw.

    Nehmen wir zum Beispiel das rajasige Gefühl Ärger. Nun kann man Ärger wieder unterteilen in sattwigen Ärger, rajasigen Ärger und tamasigen Ärger. Tamasiger Ärger ist, wenn man sich über etwas aufregt, das in Wirklichkeit gar nicht so ist, also aus Täuschung heraus. Rajasiger Ärger ist, wenn man sich ärgert, weil man etwas nicht bekommen hat. Sattwiger Ärger wäre gerechter Zorn. Man sieht zum Beispiel, dass irgendjemand ungerecht behandelt wird, ärgert sich darüber und versucht, diesen Missstand abzustellen.

    So hilft Samkhya, alle Dinge immer weiter zu klassifizieren.

    Samkhya umfasst auch eine Theorie der Wahrnehmung, eine Theorie des Geistes und differenzierte Beschreibungen, wie die Welt und die individuelle Seele entstanden sind. Der philosophisch-theoretische Teil der Yoga Sutras von Patanjali stammt überwiegend aus dem Samkhya-System.

    Sehr wichtig im Samkhya ist, alles befindet sich in Veränderung, in Parinama.

    Aus Prakriti entwickeln sich im Zuge der Aufspaltung lauter individuelle Chittas. Um die Welt wirklich sehen zu können, nimmt Purusha ein individuelles Chitta als Instrument an, denn mit einem kosmischen Gemüt würde er sie nicht ausreichend erleben. Das ist genauso, wie wenn man einen Film anschaut. Man identifiziert sich nie mit dem ganzen Film, sondern mit einer oder zwei Rollen besonders. Und man bangt mit seinem Helden und freut sich, wenn er am Schluss gewinnt. Wenn wir einen Film erleben wollen, müssen wir ihn aus einer bestimmten Perspektive anschauen. Und so macht es auch Purusha. Er identifiziert sich mit jedem dieser individuellen Gemüter und manifestiert sich durch die einzelnen Chittas. Das Problem ist, dass er dabei in Verhaftung und Identifikation gerät. Das individuelle Asmita, Ich-Gefühl, beginnt, das Mögen und Nichtmögen, die Verstrickung in Verhaftungen. Das ist die Ursache des Leidens.

    Das, was er eigentlich in sich selbst hat, nämlich Sein, Wissen und Glückseligkeit, Sat-Chid-Ananda, sucht Purusha nun in der äußeren Welt. Er glaubt, die Dinge in der Welt würden ihm Vergnügen, Ananda schenken, er könne über seinen Geist Erkenntnis, Chid, gewinnen und auf der physischen Ebene Dauerhaftigkeit, Sat, erlangen.

    Aber all das ist auf der physischen Ebene nicht möglich, weil sie in ständiger Veränderung ist und nichts gleich bleibt. Das ist ein großes Problem, denn Purusha ist ewig, und deshalb erwartet er auch Beständigkeit auf der physischen Ebene. Wenn der Mensch etwas erreicht hat, will er, dass es auch so bleibt. Aber es ist das Gesetz der Veränderung, Parinama, dass nichts beständig bleibt.

    Auch dass die Welt Glück schenkt, ist ein Irrtum. Sie kann höchstens ablenken, aber wirklich Glück schenken tut sie nicht.

    Wie kommen wir nun wieder aus diesem Leiden heraus? - Durch Nicht-Identifikation. Wodurch erreichen wir das? - Durch Unterscheidungskraft, Viveka. Wir lernen, Purusha von Prakriti und Sattwa von Purusha zu unterscheiden. Durch immerwährende Unterscheidungskraft, Viveka Kyati, lernen wir, uns nicht mehr mit Prakriti zu identifizieren. Dazu hat Samkhya auch bestimmte Meditationstechniken entwickelt, zum Beispiel Sakshi Bhav: Wir nehmen die Einstellung eines Zeugen an und beobachten alles, was kommt. In dem Maße, in dem wir beobachten, können wir uns auch von der Identifikation lösen. Wir beobachten nur, verändern nichts und stellen fest, ich bin es nicht. Das ist Sakshi Bhav.

    Weitere Methoden im Samkhya sind natürlich auch die intellektuelle Unterscheidung und Vairagya, Entsagung, Verzicht auf das Weltliche. Denn je mehr wir in die Welt hineingehen, um so mehr verhaften wir uns.

    Eine schöne Darstellung des Samkhya findet man im 2. Kapitel der Raja Yoga Sutras ab dem 18. Vers:

    „Das Universum, das durch die Wechselwirkung zwischen den Elementen und den Wahrnehmungen der Sinnesorgane erfahren wird, wird aus Sattwa, Rajas und Tamas zusammengesetzt und existiert einzig zum Zweck der Erfahrung und der Befreiung des Menschen.“

    Wir nehmen das Weltall nicht so wahr, wie es wirklich ist, sondern wir nehmen es so wahr, wie es unsere Sinne ins Chitta geben. Purusha wird sich dann dessen bewusst, was im Chitta ist. Das Chitta ist wie ein Kristall, der die Form und Farbe der äußeren Objekte annimmt.

    Purusha will Erfahrungen machen, will die Früchte der Handlungen genießen und will auch wieder zurückkehren. Prakriti hat die Aufgabe, den Menschen – und auch Tieren und allen Wesen - alles zu geben, was sie erfahren wollen. Sie muss dem Menschen alle Wünsche erfüllen, aber die Welt hat auch die Aufgabe, uns wieder zurückzuführen zur Befreiung. Prakriti hilft uns also, die Erfahrungen zu machen, die wir machen wollen und brauchen, aber sie hilft auch, dass wir irgendwann die Zusammenhänge erkennen und uns aus der Verhaftung in die Prakriti lösen.

    Denken wir an die Geschichte, wo Indra sich als Schwein inkarniert hat, um einmal volle Sinnesfreuden zu genießen, denn ein Schwein ist nicht durch Ethik oder Moral gebunden. Anschließend wollte er nicht mehr befreit werden, weil er sich in dieser Identifikation so wohlfühlte. Vorher hat er allerdings seine Untertanen instruiert, dass sie ihn zurückholen sollen, wenn er nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zurück ist. Als die Untertanen dann kamen, wollte er aber nicht zurück, sondern sagte, sie sollen ihn in Ruhe lassen. Da haben sie ihn dann so lange gequält, bis er schließlich doch den Schweinekörper verlassen hat.

    So ist es mit dieser Welt. Sie erfüllt uns unsere Wünsche, aber nicht alle und auch nicht dauerhaft und zwischendurch schüttelt sie uns durch. Das ist die zweifache Funktion der Prakriti.

    „Die Zustände der drei Gunas sind grob, fein, manifest und unmanifest. Der Sehende, Purusha oder Drashtu, ist reines Bewusstsein. Und obwohl er rein ist, scheint er durch Chitta zu sehen, also durch das Gemüt. Die tatsächliche Existenz des Gesehenen ist für den Sehenden da.“

    Das Universum ist für den Purusha da.

    „Auch wenn sie, Prakriti, für den, der seinen Zweck erfüllt hat, unwirklich wird, fährt sie fort, für andere zu existieren, denn sie ist allen gemein.“

    Also, angenommen, wir würden jetzt die Selbstverwirklichung erreichen, dann wäre für uns die Prakriti zu Ende. Auch die Teile der Prakriti, mit denen wir uns besonders identifizieren, der physische Körper, Chitta, das Gemüt mit Prana, lösen sich auf, aber für die anderen existiert die Welt weiter. Solange Purusha noch irgendein Chitta hat, durch das er sich die Welt betrachtet, mit dem er sich identifiziert, solange gibt es die Welt. Erst dann, wenn Purusha sich durch kein Chitta hindurch mehr manifestiert, hört sie auf. Dann existiert Prakriti zwar weiter, aber in unmanifestiertem Zustand, im Gleichgewicht.

    Zweck der Verbindung (Samyoga) von Purusha und Prakriti ist, dass Purusha das Bewusstsein seiner wahren Natur erlangt und die Kräfte erkennt, die latent in ihm und in Prakriti liegen. Das ist gemäß der Samkhya-Philosophie der Sinn der Schöpfung.  Wenn wir also nach vielen Äonen von Leiden und Vergnügen, von spirituellen Praktiken, Kopfständen und Mantrasingen schließlich die Verwirklichung erreichen, sind wir zum Schluss irgendwie klüger als vorher. Es ist zwar nicht sehr logisch, aber irgendwie emotionell befriedigend, zu wissen, dass das Ganze einen gewissen Sinn hat. Aber hier setzt natürlich die Kritik der Vedantins an. Wenn Purusha reines Bewusstsein ist, kann er auch nichts dazulernen. Samkhya macht hier ein paar Abstriche von der Absolutheit des Vedanta, weshalb viele Menschen mit der Samkhya-Philosophie besser zu Rande kommen als mit dem Vedanta.

    Dass Prakriti und Purusha zusammenkommen, mag zwar den Sinn haben, dass es Purusha ermöglicht, die Welt zu erfahren. Aber die Ursache dieser Vereinigung ist Avidya, Unwissenheit.

    „Durch das Ausmerzen der Unwissenheit schwindet die Verbindung von Purusha und Prakriti und der Sehende ist befreit.“

    Also wir müssen die Unwissenheit ausmerzen. Und wie merzen wir die Unwissenheit aus? Durch Viveka Kyati. Das Mittel, Avidya zu zerstören, ist ungebrochenes Unterscheidungsvermögen.

    Daher beschränkt sich die Samkhya-Praxis auch auf drei Grundprinzipien: Unterscheidungskraft, Beobachtung, Entsagung.

    Auch Krishna nimmt in der Bhagavad Gita relativ häufig Bezug auf den Samkhya.
     

    Yoga

    Im Rahmen der Darshanas versteht man unter Yoga das durch Patanjali bekannt gewordene Yogasystem, das an sich natürlich weiter zurückgeht. Wenn eine Sutra geschrieben wurde, ist das immer ein Zeichen dafür, dass es das System schon jahrhundertelang gegeben hat. Es war schon ausgefeilt genug, um es in diese prägnante Form bringen zu können.

    Yoga basiert auf der Samkhya-Philosophie, mit ein paar einschneidenden Unterschieden.

    Der erste Unterschied ist rein praktischer Art. Laut Samkhya kommen wir über Viveka, Unterscheidungskraft, zur Ruhe des Geistes und zur Befreiung.

    Patanjali hat einen etwas anderen Ansatz. Er beginnt gleich am Anfang mit: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist. Dann ruht der Sehende in seinem wahren Wesen.“ Patanjali empfiehlt zwar unter anderem auch, Viveka Kyati zu üben, aber es ist nicht seine einzige Methode. Wir müssen irgendwie unseren Geist zur Ruhe bringen. Ist unser Geist ruhig, dann ruht Purusha in sich selbst. Und alles, was uns dazu hilft, den Geist zur Ruhe zu bringen, ist Yoga. Und so übernimmt Patanjali aus den Schriften, den Upanishaden, den Veden, der Mahabharata und anderen Traditionen umfangreiche Übungspraktiken, Abhyasa, die es im Samkhya nicht gibt. Er integriert zusätzlich zu den psychischen auch physische Hatha-Yoga-Praktiken.

    Manchmal bezieht sich das Wort Yoga aber auch nicht nur auf das Raja-Yoga-System von Patanjali. Krishna gebraucht den Ausdruck Yoga in der Bhagavad Gita im Sinn von Karma Yoga, dem Yoga des selbstlosen Handelns, in bewusstem Gegensatz zum Samkhya als reinem Jnana Yoga. Anstatt allem zu entsagen wie im Samkhya oder zu handeln, um etwas Konkretes zu erreichen wie im Purva Mimamsa-System, handeln wir im Karma Yoga ohne Wünsche und Verhaftungen und kommen so zur Befreiung. Krishna sagt aber auch, nur die Unweisen sprechen von Samkhya und Yoga als getrennt. Im Grunde genommen führt beides zum Ziel und es hat beides seinen Sinn. Auch im Yoga gibt es Entsagung und auch ein Samkhya-Anhänger muss Handlungen tun ohne Verhaftung. Denn selbst die Aufrechterhaltung des physischen Körpers bedingt Handlung.

    Eigentlich wird jedes Kapitel der Bhagavad Gita als Yoga bezeichnet. Es gibt 18 Kapitel, die zum Beispiel „Yoga der Mutlosigkeit und Verzweiflung Arjunas“ (1. Kapitel) heißen oder „Yoga der unsterblichen Seele“ (2. Kapitel), usw.

    Der zweite Unterschied zum Samkhya ist, dass es im Yoga Ishwara gibt, einen persönlichen Gott. Patanjali lässt sich zwar nicht zu sehr auf genaue Details ein; auf diese Weise vermeidet er es, jemandem auf die Füße zu treten, denn bekanntlich entsteht bezüglich religiöser Themen am schnellsten Streit. Patanjali spricht von Ishwara als einer besonderen Manifestation von Purusha, die frei ist von Verhaftungen, Karma, Kleshas (Leiden), Unwissenheit und Wünschen. Ishwara ist der ursprüngliche Lehrer. Wenn man sich Ishwara hingibt, ist die Verwirklichung schnell. Man muss allerdings zugeben, es passt nicht ganz in die Logik des Yogasystems hinein. Aber Patanjali war ein Praktiker. Er hat festgestellt, Menschen, die Gott hingegeben sind, erreichen die Selbstverwirklichung schneller als andere. Wer es allein versucht, ohne Zuflucht zu Gott zu nehmen, verwickelt sich in alle möglichen Schwierigkeiten. Irgendwann kommt das Ego ins Spiel, man kommt nicht mehr weiter, Versuchungen, Prüfungen stellen sich ein – ohne Glauben an Gott ist alles schwierig. Glaubt man dagegen an Gott, dann hilft er einem über das Ego hinweg, hilft einem durch Prüfungen; wenn man verzweifelt ist, weint man zu Gott, dann kommt er und hilft einem – es klappt eigentlich alles viel besser.

    In Kanada im Ashram von Swami Vishnu ist mir zum erstenmal richtig klargeworden, was eigentlich Ego ist. Und zwar so klar geworden, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen konnte, mich je vom Ego zu befreien. Denn das Ego kann sich überall manifestieren. Man kann zum Beispiel stolz auf seine Asana-Praxis oder auf seine Meditation sein, man kann sogar stolz darauf sein, dass es einem nichts ausmacht, die Toilette zu putzen, notfalls auch um Mitternacht, wenn es niemand anders macht und sogar, ohne dass es jemand merkt, einfach weil es getan werden muss. Man kann stolz darauf sein, dass man einfach nachgibt. Das Ego kann sich tatsächlich überall hineinsetzen. Nachdem ich also ein paar Wochen lang – in meiner damaligen Naivität dachte ich, das sei schon sehr lange – wirklich systematisch versucht hatte, das Ego zu überwinden und es mir nicht gelungen war, eine einzige wirklich egolose Handlung auszuführen - und wenn ich fast dran war, dann war ich stolz darauf, dass sie egolos war und dann war das Ego wieder drin! -, habe ich einem indischen Gastlehrer, der gerade da war, das Problem geschildert. Und er hat gesagt, ich soll mir nicht so viel Sorgen machen. Jeder müsse seine Aufgabe erfüllen. Meine Aufgabe sei Sadhana, spirituelle Praxis und Seva, Dienen. Gottes Aufgabe sei es, mich vom Ego zu befreien. Und vielleicht bin ich dadurch etwas egoloser geworden als durch den ständigen Versuch, mein Ego zu reduzieren, denn das war letztlich nur Egospiel. Es ist sehr wichtig und hilfreich, einfach diese Demut zu entwickeln, sich einzugestehen, ich tue zwar mein Bestes, ich mache Sadhana, Asanas, Pranayama, Meditation, Mantrasingen, Pujas und was auch immer, aber letztlich weiß ich, das, was wesentlich ist auf dem spirituellen Weg, das kann ich nicht selbst machen, dazu brauche ich die Gnade Gottes. Man verehrt Gott, betet zu Gott, versucht, anderen zu dienen, seinen Geist zu schulen und dann wird Gott einen ausreichend durchschütteln, so dass das Ego schrittweise nachgibt. Wenn man Vertrauen hat und darum betet, geschieht es auch irgendwie.

    Eine Ausprägung von Samkhya besagt, dass jeder Mensch ein eigener Purusha ist, es also nicht nur einen einzigen Purusha gibt, sondern Tausende, Millionen und Milliarden von Einzelpurushas. Und das Ziel ist, zu unserem eigenen Purusha zurückzukehren. Im Yoga hingegen gibt es nur einen Purusha und die einzelnen Seelen sind Auswirkungen des Rajas-Prinzips, wo das eine Kosmische in Splittern eines großen Spiegels gespiegelt wird. Das ist der dritte Unterschied zwischen Samkhya und Yoga.
     

    Uttara Mimamsa = Vedanta

    Uttara Mimamsa, Vedanta, ist das großartigste aller Philosophiesysteme. Sie beginnen also mit Purva Mimamsa und hören mit Uttara Mimamsa auf.

    Vedanta, die höchste aller Philosophien, bedeutet das Ende allen Wissens. Antar = Ende, Veda = Wissen. Die Vedanta-Philosophie kommt dem Wissen, das man aus der Verwirklichung gewinnt, am nächsten. Sie ist am schwierigsten zu verstehen und für viele Menschen am schwersten zu akzeptieren.

    Vedanta hat durchaus Ähnlichkeit mit dem Samkhya-System. Im Vedanta gibt es die beiden Hauptpole Brahman und Maya. Nur, der Vedanta sagt, Brahman und Maya sind nichts Unterschiedliches, sondern Maya ist nur eine scheinbare Kraft der Illusion aus Brahman heraus. In Wahrheit gibt es nur Brahman. Nichts existiert, nichts ist geschaffen, ich bin weder Körper noch Geist, ich bin das unsterbliche Selbst.
    Das ist in den drei Hauptsätzen postuliert: Brahma satyam = Brahman allein ist wirklich; Jagat mithya = die Welt ist unwirklich; Jivo brahmaiva napara = die individuelle Seele ist nichts anderes als Brahman. Das geht sogar soweit, dass Uttara Mimamsa sagt, die Welt ist nicht geschaffen worden. Es gibt gar keine Welt. Die Welt ist eine Illusion, sie scheint nur so. Sie ist nur ein Traum. Woraus besteht die Traumwelt? Woraus bestehen die Berge, Flüsse und andere Menschen im Traum? Sie bestehen nur aus dem Geist, der träumt. Woraus besteht diese Welt? Sie besteht eigentlich nur aus Brahman. Es gibt nur Brahman. Und die Welt bleibt immer Brahman. Es gibt keine geschaffene Welt. Es erscheint nur so, als ob sie geschaffen sei. Aber es erscheint nur so lange so, wie unser Bewusstsein es so erfasst. Genauso wie die Traumwelt nur so lange vorhanden ist, wie wir im Traum sind. Wenn wir in den Tiefschlaf abgleiten, sind sowohl Traumwelt als auch Wachwelt verschwunden. Wenn wir in die Wachwelt kommen, verschwindet die Traumwelt und die Tiefschlaferfahrung wird ebenfalls unwirklich für uns. Und wenn wir in Turiya, den vierten Bewusstseinszustand kommen, wachen wir auf und erkennen, es war alles nur ein langer Traum. Das ist der Hauptunterschied zwischen Samkhya und Uttara Mimamsa.

    Auf der relativen Ebene kann das Uttara Mimamsa-System mit allen in den vorherigen Systemen beschriebenen Aspekten arbeiten. Die Gesetze des Karmas im engeren Sinne werden nicht abgestritten. Dass die materielle Welt ihre Gesetzmäßigkeiten hat, an die man sich halten kann, mag auch sein. Dass es einen Ishwara gibt, der auch ein Produkt der Maya ist, zu dem man beten kann, in dessen Händen man sein kann, wird akzeptiert. Es wird sogar empfohlen, diese Praktiken zu üben, Hingabe, Liebe zu entfalten, um uns überhaupt bereit zu machen, Jnana Yoga zu verstehen. Das hilft, den Geist zu reinigen. Auch Viveka, die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und Unwirklichen, spielt im Jnana Yoga natürlich eine wichtige Rolle, ebenso wie Vairagya, die Entsagung. Zu einer Ausprägung von Vedanta gehört auch das Mönchtum dazu, zwar nicht notwendigerweise, aber die Hauptbefürworter der Vedanta-Philosophie waren alle Mönche. Man kann natürlich auch Vedanta-Anhänger sein und im Berufs- und Familienleben stehen, aber eine konsequente Vedanta-Philosophie führt durchaus zu einer Abkehr von der Welt. Wenn die Welt unwirklich ist, warum soll man sich hineinverstricken? Aber Uttara Mimamsa Vedanta als praktisches System sagt eben auch, der Yoga-Weg ist eine Vorbereitung, ein Mittel, um uns überhaupt erst in die Lage zu versetzen, unseren Geist kennen zu lernen, zu kontrollieren, fähig zu machen zur Unterscheidung.

    Die verschiedenen Darshanas, so unterschiedlich ihr Ansatz auch ist und so widersprüchlich sie scheinen, ergänzen sich und haben jedes für sich je nach Situation ihre Berechtigung.

    Krishna selbst macht übrigens diesen Standpunktwechsel. Er widerspricht sich ja öfter. Er argumentiert an verschiedenen Stellen aus unterschiedlichen Gesichtspunkten.

    So wie das Licht gleichzeitig Welle und Teilchen ist - obgleich ein physikalisches Phänomen eigentlich niemals gleichzeitig Welle und Teilchen sein kann -, so können verschiedene sich augenscheinlich widersprechende Gesichtspunkte trotzdem ihre Gültigkeit haben. Man hat die Gesetze der Welle und die Gesetze der Teilchen analysiert. Anhand der Teilchenphysik kann man Licht zum Beispiel als Laserstrahlen oder Photonentechnologie nutzen. Andere Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich, wenn man Licht als Welle sieht.

    Genauso verhält es sich mit unserem spirituellen Sadhana. Für unser spirituelles Leben hilft es manchmal, einen bestimmten Standpunkt einzunehmen, ein anderes Mal einen anderen und in einer neuen Situation einen dritten. Scheinbar widersprechen sie sich, aber sie sind praktisch, man kann sich danach richten und dadurch Fortschritte machen.

    Man kann auf dem spirituellen Weg keine lineare Logik erwarten. Es ist aber auch nicht unlogisch. Alles hat irgendwo seinen Platz und seinen Sinn. Und es ist nicht beliebig, sondern zu bestimmten Momenten muss man das eine oder das andere anwenden. Manchmal muss man diesen Standortwechsel recht schnell vollziehen.

    Krishna widerspricht sich ja in der Bhagavad Gita auch ununterbrochen. Im 11. Kapitel zum Beispiel nimmt er den Standpunkt des Bhakti ein. Arjuna stellt fest, ich bin nur ein Instrument, ich tue gar nichts, Gott macht alles. Krishna sagt ja sogar, selbst wenn du nichts tun willst, ich werde dich zwingen. Der Mensch hat keinen freien Willen. Man hat im Grunde genommen keine Wahl. Im 18. Kapitel sagt er, die Natur wird dich zwingen. Und kurz danach: „Und jetzt tue, was du willst!“

    HARI  OM  TAT  SAT
     
     
     
     

    Zen-Sesshin in Dietfurt, Ein Stimmungs- und Erlebnisbericht
    Ein Bericht von Hanspeter Sperzel
     

    Fahrt:

    Es ist Montag Abend, 17.30 Uhr. Nach 250 km Autobahn und 25 km Landstraße habe ich gerade die Ortseinfahrt von Dietfurt passiert. Durch enge Straßen einem alten Mühlengraben entlang gelange ich zur Toreinfahrt des Franziskanerklosters aus dem 17. Jahrhundert. Hier liegt mein Ziel, und wenn die Toreinfahrt gleich hinter mir liegt, werde ich 5 ganze Tage hinter diesen Mauern verbringen, werde nicht lesen, nicht telefonieren, nicht Radio hören und nicht fernsehen, werde nicht sprechen und nicht angesprochen werden, werde ganz bei mir und mit mir allein sein: Ich bin eingeschrieben zu einer Zen-Sesshin des Meditationshauses ”St. Franziskus”.
     

    Ankommen:

    Dies ist mein vierter Aufenthalt hier. Neben einem Meditationseinführungskurs und einem Einführungskurs in Tai-Chi habe ich bereits eine Sesshin absolviert. Mit dem Gebäude, den Einrichtungen und Regel des Hauses bestens vertraut, erledige ich Anmeldung und Bezahlung und bin kurz darauf auf dem Wege zum Gruppenschlafraum. Neben diesem, der nur für Männer zugänglich ist (es gibt nur einen Gruppenraum im Hause), wohnen die anderen TeilnehmerInnen in Zweibettzimmern. Dusche und WCs sind teilweise auf dem Zimmer oder nebenan auf den Flur eingerichtet. Nach einem kurzen Aufenthalt im Zen-Dom, wo ich meinen Meditationsplatz mit meinem Namensschild versehe und ein paar Augenblicke der Ruhe genieße sowie einem längeren Blick auf den Zen-Garten werfe, erreichen ich den Gruppenraum im zweiten Stock. Matratzen, fertig bezogen, liegen hier in Reih‘ und Glied auf dem Boden und auf einem Stuhl daneben liegen zwei Handtücher und der Tagesplan. Hier werde ich die nächsten Tage verbringen: schlafen, essen, meditieren, im Garten spazieren gehen, sonst nichts. Zwei Teilnehmer sind bereits da und man begrüßt sich kurz: ”Hallo, mein Name ist Hanspeter”. Dies ist kein Ort der vielen Worte!
     


    Der Tagesplan:

    06.00 Wecken
    06.30 Meditation  2x 25min mit Gehen Za-Zen; Kinhin
    07.40 Frühstück
    08.50 Meditation 1x 25min Za-Zen
    09.15 Vortrag  Teisho
    10.15 Meditation 3x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Doku-san
    12.00 Mittagessen
    13.30 Kaffee/Tee
    14.14 Meditation 3x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Doku-san
    16.20 Meditation 2x 25min mit Gehen und Gespräch Za-Zen; Kinhin; Doku-san
    17.30 Messe Freigestellt (evtl.1x 25min Sitzen) Eucharistiefeier
    18.15 Meditation 2x 25min mit Gehen  Za-Zen; Kinhin
    21.00 Nachtruhe
     
     


    Einweisung:

    Mit dem Gebet des Abendessens, dass überwiegend schweigsam eingenommen wurde, beginnt die Übung. Es gibt Brot, Käse, Quark und einen Salat. Am Ende des Essens werden die notwendigen Absprachen vorgenommen:
    Wer trinkt was zu welchem Essen?
    Wer möchte Fleisch zu den Mahlzeiten?
    Die Regeln am Tisch werden erläutert:
    ? Das Frühstück beginnt mit einem Gebet und ist sonst frei.
    ? Das Mittagessen beginnt mit einem Gebet, die Suppe wird gemeinsam eingenommen, der Hauptgang wird gemeinsam eingenommen, der Nachtisch wird gemeinsam eingenommen, jedes Essen beginnt, wenn alle bereit sind, mit einem Gruß, das Essen wird mit einem Gebet beendet.
    ? Das Kaffeetrinken ist frei.
    ? Das Abendessen beginnt mit einem Gebet und endet mit einem Gebet.
    ? Das Abräumen und Aufdecken wird von einem Tischdienst übernommen, zu dem sich jeder in eine Liste eintragen sollte.

     Mit dem Gebet zum Abschluss des Essens beginnt die Sesshin, beginnt die Stille. Schweigend gehen die Teilnehmer, die Augen gesenkt und die Hände vor dem Körper gefaltet, in den Vortragsraum, nehmen sich einen Platz und warten, denn jede Übung beginnt erst mit dem Eintreffen des letzten Teilnehmers. Der Zen-Meister erscheint, alle erheben sich, verbeugen sich zum Gruß, man setzt sich wieder und lauscht dem Teisho (siehe unten). Dann geht es zum Zen-Dom zur ersten gemeinsamen Meditation. Zunächst ein Gruß am Eingang, dann zum Sitzplatz, dann zu den Teilnehmern, dann sich setzen und sich einrichten zur Meditation. Man sitzt im Kreis auf einer Tatami-Matte mit Kissen oder Bänkchen und mit dem Gesicht zur Wand (1m-Abstand). Der Boden ist geflochtenes Bambus, die Wände sind Holz, alles weitere entschwindet aus dem Gesichtskreis. Drei Gongschläge ertönen, die Meditation beginnt. Nach 25 min beendet ein Gongschlag die Sitzung. Wir wenden uns um zur Abendzeremonie. Danach Verbeugung, noch ein paar Runden im Garten und dann ist Nachtruhe. Es ist 21.00 Uhr.
     Und so wie der erste Tag vergehen die nächsten Tage und, rein äußerlich betrachtet, geschieht nichts, was nicht auch auf dem Tagesplan zu lesen wäre.
     
     


     Erläuterungen:

     Teisho (Darlegung, Vortrag):
     Der Vortrag des Meditationsmeisters behandelt meist neben der Begleitung des Sesshins ein Koan oder andere Zengeschichten, die vom Inhalt her den Übenden in ihrem Fortschreiten begleiten und helfen soll. Zenmeister sprechen sehr sehr lebendig und lebhaft.

     Dokusan (Einzelgespräch):
     Zum Dokusan, dem Einzelgespräch mit dem Zenmeister verlässt der Übende während der Meditation nach Aufforderung den Zen-Dom. In einem kleinen, gut abgeschirmten Raum (2 Türen) trifft er den Zenmeister, um Probleme und Schwierigkeit innerhalb der Meditation zu besprechen. Das Dokusan ist ein Gespräch, das ganz aktuell geführt wird. Hier gibt es keine Erläuterungen oder theoretische Anweisungen.

     Koan (Verwirrendes Paradoxon):
     Das Koan ist in der Regel eine kurze Zengeschichte, deren Gehalt vom Übenden während der Meditation bearbeitet wird. Meist stellt es eine Frage über ein Paradoxon dar, wobei der Versuch zu einer Antwort an die Grenzen des Denkens führt und so den Übenden öffnet für die intuitive Erfassung des Gehaltes des Koans.
     Beispiel:
     Ein Schüler fragt den Meister: ”Hat ein Hund die Buddha-Natur?”, worauf der Meister ungehalten antwortet ”MU”, was soviel bedeutet wie ”nicht haben”. Die Bedeutung dieses ”Mu” stellt die Aufgabe für den Schüler dar.

     Kinhin (Meditatives Gehen):
     Bei mehreren Sitzungen hintereinander wird nach jeweils 25min ”Sitzen” eine Runde Kinhin gegangen. Diese Form der Meditation ist langsames und bewusstes Gehen ohne bestimmte Technik. Die Übenden gehen in einer Reihe und im Kreis meist einmal um den Zen-Dom herum. Beim Gehen werden die Hände vor der Brust gefaltet.

     Gassho (Verbeugungen):
     Wie bei allen aus Japan stammenden Künsten beginnen und enden viele Handlungen mit einer Verbeugung  Sich begrüßen, sich zum Essen niederlassen, eine neue Meditation beginnen, zum Dokusan aufgefordert werden, um Aufmerksamkeit bitten und vieles andere wird von dieser Höflichkeitsgeste umrahmt.

     Eucharistiefeier:
     Diese Feier ist eine Messe im christlich-katholischem Sinn und beinhaltet ein Abendmahl.

     Abendzeremonie:
     Die Abendzeremonie im Zen-Dom besteht aus dem Schlagen der Stundentrommeln, diversen Gongschlägen, dem Schlagen des Holz-Hahnes (Wurzelbrett) sowie dem einmaligen Rezitieren des nachfolgenden Textes. Die Zeremonie wird mit Gassho eingeleitet und auch beendet.

     Eines möchte ich euch vor Augen führen:
     Schwerwiegend ist die Frage nach Leben und Tod.
     Die vergänglichen Dinge schwinden rasch dahin.
     Deshalb sei stets wachsam.
     Deshalb sei stets achtsam.
     
     
     


     Samstag Abend: Abschlussbesprechung

     Nach dem Abendessen wird das Schweigen aufgehoben und manche Teilnehmer, nicht alle, begrüßen sich und beginnen leise zu plaudern. Es werden Tische gerückt und Getränke besorgt und es bleiben ein paar Minuten für den Garten. Dann versammeln sich die Teilnehmer, und einer nach dem anderen sagt ein paar Worte:
    ? Was gefallen hat und was nicht.
    ? Ein paar Erfahrungen, meist allgemein gehalten.
    ? Kritik oder Feedback für die Leitung des Kurses sowie des Hauses.
    ? Dankesworte.
    Der Grundton ist positiv und die meisten werden wiederkommen. Und auch die Leitung ist mit der Woche zufrieden. Die Stimmung war dicht und gepackt und der Gruppe wird ein hohes Maß an Disziplin und Stimmigkeit bescheinigt. Man plaudert noch ein wenig, dann ist Nachtruhe. Am Sonntagmorgen dann ist noch eine Meditation und eine Eucharistiefeier, dann schon geht es wieder zurück nach Hause.
     

    Methode:

    Die Meditation im Zen ist Sitzen, vorzugsweise in kreuzbeiniger Haltung (Lotus), halbgeöffneten Augen und Gewahrsein, was soviel bedeutet wie das Beobachten, was ”jetzt und hier” ist, sowohl auf körperlicher, geistiger als auch emotionaler Ebene. Als Technik stehen das Zählen des Atems, das Gewahrseins des Atems oder auch ”nur sitzen” zur Wahl. Das Ziel der Meditation ist immer das Realisieren der einzigen Wahrheit. Dies geschieht intuitiv und wird Erleuchtung (Satori) genannt.
     
     

    Erfahrungen

    Erster Tag:
    Der erste Tag ist erfüllt von Mitgebrachtem und auch viele Eindrücke der neuen Umgebung nehmen die Gedankenwelt auf dem Kissen in Anspruch. Die Stimmung im Zen-Dom ist noch ungesättigt und unruhig. Viele in der Gruppe nehmen nahezu jede Pause wahr, um zu ruhen.

    Zweiter Tag:
    Die Übung ”verselbstständigt” sich zunehmend. Die Pausen zwischen den Gedankenketten werden länger und auch die Meditationszeit von 25 min verfliegt zunehmend. Der Dom füllt sich, lädt sich auf. Auch ändert sich der Gedankeninhalt. Aktuelles findet sich nahezu nicht mehr und diese Lücke wird aufgefüllt mit Eindrücken, die weiter zurückliegen oder Gedanken, die in die Zukunft gehen.

    Dritter Tag:
    Das Teisho am Morgen füllt zwei Meditationszyklen. ”Jeder Tag, ein guter Tag” war die Kernaussage des Koans. Ständig kreisen die Gedanken um diesen Satz und ich entschließe mich, mit Atemzählen diese Kette zu unterbrechen. Es gelingt. Pausen stellen sich ein und ich fühle mich in der Sitzhaltung zunehmend getragen und gelöst. Bisher traten keine körperlichen Störungen auf.

    Vierter Tag:
    Dies ist der stärkste Tag in jedem Sesshin. Und obwohl sich jeder Übende der Erwartungen enthalten sollte, verspüre ich doch so etwas wie Lampenfieber. Doch der Tag vergeht ohne Besonderheiten. Viele nutzen den Abend dieses Tages, um noch lange in die Nacht hinein zu sitzen. Ich entschließe mich aber, dies nicht zu tun. Ich bin ein wenig müde und gehe früh schlafen. Ich schlafe gut, fest und traumlos.

    Fünfter Tag:
    Auch dieser Tag vergeht ohne Besonderheiten, und schon beim Abendessen freue ich mich auf das Aufheben des Schweigens. Viele meiner Mitstreiter sind mir mittlerweile vertraut und ich bin gespannt, was so zu sagen sein wird.

    Fazit:
    Es war ein starkes Sesshin, und für mich mit tiefen Erfahrungen verbunden. Diese sind aber nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt. Sie klar zu formulieren, erfordert eine andere Form der Kommunikation. Hier wäre ein Dialog, ein Gespräch von Mensch zu Mensch nötig und ich bin gerne bereit, ein solches Gespräch zu führen.
     
     
     
     

    Stufen
    Eine Gedichtsbesprechung von Hanspeter Sperzel
     

    Stufen
    von Hermann Hesse
    (aus “Das Glasperlenspiel”)

    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit und auch jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

    Wie jede Pflanze ihren Ausgangspunkt im Samen und damit im Blühen und Reifen findet, so reift auch der Mensch in der Zeit der Jugend. Doch diese Zeit ist begrenzt und wenn auch ewige Jugend der Traum vieler Menschen zu allen Zeiten war und ist, so endet doch der Traum mit dem Eintritt ins Erwachsensein, und es beginnt die Zeit, in der die Tugend lebt und die Weisheit sich bildet. Der Traum der Jugend darf also nicht ewig dauern, wenn Tugend und Weisheit wirklich gedeihen sollen. Viele Völker dieser Erde feiern diesen Eintritt als “die Geburt des Menschen”, als “den Tod des Kindes” oder als “Initiation”
     

    Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Das Leben hält viele Rufe an uns bereit, und sie alle sind mit Abschied und Neubeginn belegt. Das Verlassen der Jugendzeit, die Geburt eines Kindes oder Tod eines geliebten Menschen, das Ende einer Partnerschaft oder der Beginn einer neuen Liebe sind hier ebenso angesprochen wie das Heraufdämmern einer neuen Einsicht oder der Beginn eines neuen, eines anderen Denkens. Tapferkeit und Trauer sind wichtige Elemente des Wandels. Ihnen den Raum zu geben, der ihnen gebührt, sie zu leben und loszulassen, wenn die Zeit gekommen ist, dies ist der Zauber des Anfangs. Dies ist gemeint mit “in Tapferkeit und ohne Trauern”. Wir sollen uns frei machen für den Neubeginn, uns öffnen für diesen Zauber. Dann beschützt er uns und dann hilft er uns, zu leben.
     

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.

    “Räume durchschreiten” und an keiner “Heimat hängen” bedeutet auf dem Weg zu sein, bedeutet, nicht still zu stehen und Schritt für Schritt und Stufe um Stufe zu nehmen. Und wir finden diesen Weg, diese Räume und Stufen, in der Heiterkeit als dem Grundmotiv unseres Handelns. Und diesen Weg zu gehen ist nicht nur eine Möglichkeit, die das Leben für uns bereit hält, nein, der Geist, der hinter allem steht, verlangt von uns diese Anstrengung. Gehen wir diesen Weg nicht, so drohen uns Fessel und Enge. Uns zu “heben und zu weiten”, uns zu entwickeln also ist das Motiv unseres Hierseins.
     

    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Wir werden geboren in einem Kreis und mit jedem Tag wird dieser unser Kreis mehr vertraut, wird mehr und mehr zu Heimat. Dieser Kreis bietet uns Schutz und Bequemlichkeit, und genau hier beginnt die Gefahr von Lähmung und Erschlaffen. Wenn wir das Lernen einstellen, uns eingraben in die gewonnene Bequemlichkeit, nichts Neues mehr annehmen, dann verliert das Leben seinen eigentlichen Sinn. Und dieser Sinn, wir hörten es bereits, ist das auf dem Weg zu sein; und hierzu gehört das Aufbrechen, das sich in Bewegung setzen und das auf die Reise zu gehen. Und diese Reise besteht nicht nur darin, ein fernes Land zu besuchen oder sich in einen anderen Kreis von Menschen zu begeben, sondern hierher gehört auch die Reise nach innen, der Wandel des Denkens und des Empfindens, das Entwickeln von Höherem wie Toleranz, Mitgefühl und Liebe.
     

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
    Der Ruf an uns wird niemals enden...

    Die Zeit eines Menschen ist begrenzt, und die Tatsache der Geburt beinhaltet auch immer das Dämmern des Todes. Beide, “geboren werden” und “sterben”, bedeuten, dass wir in neue Räume eintreten, bedeutet einen Neuanfang. Und wenn uns der Tod neuen Räumen entgegensendet, und wenn wir diese Räume “jung” betreten, und wenn dann dieses Werden und Vergehen, dieser Ruf, niemals endet, dann erfahren wir die Wirklichkeit unseres Selbst, die ewiges Sein, Unsterblichkeit, bedeutet. Mit dieser Erkenntnis in unserem Herzen verlieren Angst und Leere ihre Bedeutung und wir lernen, wieder und wieder neu zu beginnen, lernen, “wirklich” zu leben.

    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde !
     
     
     

    Das Licht ist in mir
    Ein Gedicht von Sadashiva Ralf Ihm

    Das Licht ist in mir, wenn ich Körper und Seele als getrennt erkenne.
    Erkenne und siehe, dass es nichts gibt, was man je verlieren könnte.
    Mein Gott hat in mir seine eigene Ordnung,
    und du wirst nie mehr verwirrt sein, mit dem was du tust.
    Es ist unmöglich!

    Das Licht ist in mir und doch sagen wir: Heute, Gestern, Morgen.
    Aber in der Unendlichkeit ist alles für ewig.
    Unser Geist wurde geboren und hat vergessen, wie er in diese Welt kam.
    Doch diese Urkraft will uns lehren: Liebe, Friede, Harmonie.
    Wir leben noch in dieser Schöpfung!

    Das Licht ist in dir und mir,
    und es wohnt der gleiche Geist darin.
    Wir behindern uns weil wir Angst vor Wechsel haben.
    Wir hören auf das, was von außen kommt und
    sind wir böse miteinander, sind wir doch nur im Unreinen mit uns selbst.

    Das Licht ist in mir, und die Kraft und die Energie.
    Ich kann nicht irritiert sein oder zweifeln
    und nichts von außen kann das beeinflussen.
    Ich kenne meine Wahrheit.
    Begrenzungen sind nur in mir selbst.

    Das Licht ist in mir, es ist das eigentliche Wissen.
    Gehe ins Licht,
    werde dazu
    und strahle es aus.
    So ist nichts falsch - mit Allem.
     
     


    Buchbesprechungen
    Von Christine Endris, Bund der Yoga Vidya Lehrer

    Yoga kennt kein Alter : gesund und selbstbewusst in der zweiten Lebenshälfte / von Suza Francina. Aus dem Amerikan. übertr. von Peter Wild. - Zürich ; Düsseldorf : Walter, 1998. - 335 S. : Ill. - 24 x 18 cm. - DM 44.00

    Yoga kennt kein Alter’ zu lesen und die Fotos anzuschauen heißt, mit 335 Seiten Ermutigung und Lebensfreude konfrontiert zu sein. Die in Kalifornien lebende Autorin Suza Francina führt in ihrem Buch sehr plausibel vor, dass nur eine ganzheitliche Vorgehensweise den Menschen gesund erhalten kann. Der Yoga mit seinen Körper-, Atem- und Entspannungsübungen, seiner von keiner Dogmatik getrübten Vorstellung des Göttlichen im Menschen, bietet für alle Bedürfnisse ausgezeichnete Möglichkeiten der Verwirklichung. ‘Keine Bevölkerungsgruppe profitiert mehr vom Yoga als Menschen über 50. Die zeitlose Weisheit des Yoga, das Wissen um die großen Perspektiven für Körper, Geist und Seele gehen mit der zunehmenden Erfahrung und Reife des Menschen einher.’

    Suza Francina unterrichtet seit über 20 Jahren vorwiegend ältere Menschen in der Tradition des großen Yogalehrers B.K.S. Iyengar. In bewussten, behutsamen und dennoch fordernden Bewegungen führt sie den vielleicht schon erkrankten Menschen zu Übungen hin, die ihn wieder aufrichten, bewegungsfähig und schmerzfrei machen. Viele ihrer Yogaschüler(innen) kamen erst mit 60 oder 70 Jahren zum Unterricht, Suza Francina ermutigt sie dazu, sich auf die Übungen einzulassen und eigene Grenzen zu überschreiten. Wer regelmäßig Yoga praktiziert, stärkt den physischen Körper, atmet tiefer und entspannt bewusst. Vitalität und Lebensfreude erhöhen sich ganz von selbst. Davon berichtet dieses Buch. Die Autorin setzt sich vehement ein gegen den Automatismus von Alter - Krankheit - Verfall. In Interviews und vielen autobiographischen Beiträgen von Frauen und Männern jenseits der 60 werden erstaunliche und anrührende Schicksale vorgestellt, Schicksale, die durch eigenes Tätigwerden gemeistert wurden. Die (schwarz-weißen) Fotografien zeigen, dass es wirklich möglich ist. - Alle Yogaübungen werden beschrieben in der Ausführung und in ihrer Wirkung, der Einsatz von Hilfsmitteln ist auf den Fotos gut dargestellt. Warnende Hinweise bei bestehenden Erkrankungen sind umfassend vorhanden, es wird jedoch von der Autorin und in den biographischen Beiträgen ausdrücklich dazu ermutigt, in mehr fordernde Stellungen weiterzugehen, nachdem das Gespür für die eigenen Grenzen und Fähigkeiten entwickelt wurde. Einzelne Kapitel befassen sich - u.a. - mit den Füßen und Knien, den Rückwärtsbeugen, mit Yogaübungen bei Osteoporose und Arthritis, auch als Prophylaxe, mit Yoga in der Menopause und bei Herzerkrankungen. Das berühmte Ornish-Programm zur Heilung von Herzkrankheiten wird vorgestellt: Es geht davon aus, dass die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems alle Aspekte des Menschen umfasst, die körperlichen, emotionalen und geistigen. Zum Programm gehören eine fettarme vegetarische Ernährung, die Raucherentwöhnung, Körpertraining, der Umgang mit Stress durch Yoga, Atemübungen, Meditation sowie die Bildung von Unterstützungsgruppen. Bereits nach einem Jahr zeigten die untersuchten Patienten deutlich die Verbesserung ihrer Symptome. - Sehr schöne Texte stehen im Kapitel zur tiefen Entspannung. Es macht das strahlend optimistische, lebensbejahende Buch noch sympathischer, dass es das Thema Sterben auf eine sanfte Art und Weise in diesen Übungsabschnitt mit einfließen lässt. ‘Randbemerkungen’ gehen auf die Spiritualität des Yoga ein, bemerkenswerte Aussagen von Ärzten, Philosophen und anderen klugen Leuten werden zitiert. Das Buch endet mit wichtigen Hinweisen für Yogalehrer und Übende und einem zweiseitigen Textteil zum Verständnis der Wirbelsäule. Ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die nicht nur - aber auch - auf der körperlichen Ebene mit älteren Menschen arbeiten möchten. Es ist auch für Alleinübende geeignet, allerdings empfiehlt es sich, besonders zu Beginn der eigenen Praxis, eine(n) gute(n) Lehrer(in) an der Seite zu haben. Eine Gruppe hat noch mehr Vorteile: sie gibt oftmals das - vielleicht lange entbehrte - Gefühl von Geborgenheit und Angenommensein, eine Berührung kann blockierte Energien lösen, eine Hilfestellung setzt die eigene Kreativität für individuelle Lösungsmöglichkeiten frei. Zudem ermuntert die Gruppe zu Freundschaft mit Gleichgesinnten über die Unterrichtsstunden hinaus. Auch davon erzählt dieses Buch.
     

    Yoga für Körper und Seele : Asanas, Atmung, Entspannung, Ernährung, Meditation / Hrsg. Sivananda Yoga Vedanta Centre. Übersetzung: Bettina Bach. - München : Mosaik-Verlag, 1996. - 168 S. : überwiegend Illustrationen. - 29 x 22 cm. - ISBN 3-576-10744-4. - DM 39.90

    Der Titel dieses Buches ist schon sehr aussagekräftig und er hält, was er verspricht: Yoga wird dank der sehr ansprechenden Bebilderung umfassend und doch leicht verständlich dargestellt mit seiner Jahrtausende währenden Tradition, in all seinen Aspekten und Stufen, von den ethischen Prinzipien über die Asanas, Atemübungen, Reinigungstechniken, Entspannungsübungen bis hin zur Meditation. Der vegetarischen Ernährung mit einigen sehr leckeren Rezepten sind immerhin 27 Seiten gewidmet, sogar das Fasten wird kurz erklärt, jedoch bilden den Hauptteil dieses Buches die Asanas. Sie sind in einer für den Körper sehr sinnvollen Reihenfolge, der Rishikesh-Reihe von Swami Sivananda, aufgebaut und vorzüglich beschrieben und fotografiert. Jede Asana wird stufenweise erklärt und in sehr schönen Fotos abgebildet, auf mögliche Fehler wird in Wort und Bild hingewiesen, ebenso auf Vorsichtsmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Krankheitsbilder. Zu jeder Stellung gibt es Hinweise auf die körperlichen Wirkungen - mittels Zeichnungen sind in den Fotos Skelett, Muskeln, Blutbahnen, innere Organe sichtbar gemacht und somit die Auswirkungen auf den physischen Körper verdeutlicht, es gibt Hinweise auf die mentalen Wirkungen, z.B. konzentrationsfördernd, ausgleichend, belebend usw., und es gibt Hinweise zu den pranischen Wirkungen.

    Für Fortgeschrittene enthält das Buch eine Fülle von Yogaübungen, es macht Freude, damit zu arbeiten und es kann wärmstens sowohl für Anfänger als auch für Geübte empfohlen werden. Jede(r) wird ansprechend und anspruchsvoll informiert, zum Selbermachen angeregt, auch zum tieferen Studium animiert. Dass dies von einem solcherart reich und bunt bebilderten Buch geleistet, wird ist erfreulich und bemerkenswert.
     
     
     
     

    Der Steuertipp für Yogalehrer – Tipp 1
    Von Hanspeter Sperzel

    Fallbeispiel:
    Ehepaar; er ist Angestellter mit normaler Arbeitszeit; sie ist Hausfrau (nicht berufstätig), ist bei ihrem Ehemann mitversichert, und unterrichtet Yoga in ihrer Freizeit; der Unterricht findet zur Zeit in gemieteten oder zu Verfügung stehenden Vereinsräumen statt; für später ist ein Yogastudio im eigenen Haus geplant.
    Fragen:
    Welche steuerrechtlichen und versicherungsrechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus der Nebenbeschäftigung und was ist für die Zukunft zu beachten?
     

    Bis zu einem Jahreseinkommen von DM 3600,00 (Übungsleiterpauschale) durch den Nebenverdienst (Yogaunterricht) ändert sich nichts. Dieser Betrag kann in der Steuererklärung angegeben werden. Er ist steuerfrei und nicht sozialversicherungspflichtig.

    Bis zu einen Jahreseinkommen von DM 7560,00 (DM 630,00 monatlich)  und einem Zeitaufwand von nicht mehr als 15 Std wöchentlich durch den Nebenverdienst (Yogaunterricht) ist sie versicherungstechnisch besehen “geringfügig beschäftigt” und übt steuerrechtlich einen Nebenverdienst aus. Sie bleibt bei ihrem Mann krankenversichert, erstellt eine Gewinn/Verlustrechnung und gibt den Gewinn in der gemeinsamen Steuererklärung an. Da sie keine andere Tätigkeit ausübt, steht ihr dazu ihre eigene Steuerkarte zur Verfügung. Auch durch den Unterricht im eigenen Studio ändert sich nichts. Dies kann wie ein Arbeitszimmer in die Gewinn/Verlustrechnung einfließen.

    Übersteigt das Jahreseinkommen durch den Yogaunterricht DM 7560,00 (DM 630,00 monatlich) und kann auch durch phantasievollsten Einsatz der Gewinn/Verlustrechnung dieser Betrag nicht gehalten werden, tritt sie in die Selbstständigkeit als freiberuflich Tätige ein. Damit beginnt die Sozialversicherungspflicht und eine eigene Krankenversicherung wird fällig. Diese kann durchaus DM 600 monatlich betragen. Alle anderen Sozialversicherungen sind freiwillig. Steuerrechtlich ändert sich nichts weiter.

    Zu beachten: Sie muss jetzt DM 14760,00 verdienen, um den gleichen Betrag von DM 7560,00 zu erwirtschaften. Sie sollte sich also überlegen, ob sie ihre Einnahmen wirklich über diese Nebenverdienstgrenze hebt.

    Ab einem Jahreseinkommen von DM 32500,00 beginnt die Umsatzsteuerpflicht; ab DM 48000,00 tritt die Gewerbesteuer auf den Plan, und spätestens, wenn eine dieser Grenzen erreicht wird, sollte sie sich einen Steuerberater leisten.

    Es lohnt sich bei diesem Beispiel auf jeden Fall, genau zu rechnen, bevor man sich für eine Variante der Selbstständigkeit entscheidet. Ich rate zunächst dazu, im Nebenverdienstbereich zu bleiben und alle, wirklich alle legalen Mittel zu nutzen, um nicht “selbstständig” zu werden. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass die ethischen Grundsätze des Yoga (Yama, Patanjali) nicht verletzt werden.

    Ich wünsche allen Yogalehrern viel Freude und Erfolg bei ihrer wichtigen Tätigkeit!
    Om Namah Shivaya
     
     
     
     

    Revolution in der Herztherapie - das Ornishprogramm und Yoga
    Ein Beitrag von Christine Endris

    Als Dr. Dean Ornish im Jahre 1990 sein Buch "Dr. Dean Ornish's program for reversing heart desease" in den Vereinigten Staaten veröffentlichte, schrieb er in der Einleitung:
    "In diesem Buch geht es um die Heilung Ihres Herzens, in physischer, emotionaler und spiritueller Hinsicht. Das Programm, das wir hier beschreiben, nennen wir 'Öffnung des Herzens'; es kann Ihnen helfen, Ihr Leben zu verändern. Dieses Programm basiert auf einem Forschungsprojekt, das ich während der letzten vierzehn Jahre leitete, einschließlich einer Studie, die meine Mitarbeiter und ich kürzlich fertigstellten und die bewiesen hat - zum ersten Mal -, daß viele Menschen ihre Herzerkrankungen allmählich rückgängig machen können, einfach indem sie ihre Lebensweise verändern. Es ist das einzige wissenschaftlich untermauerte Heilungsprogramm für Herzkrankheiten, das ohne cholesterinsenkende Medikamente oder chirurgische Eingriffe auskommt. ... Mit Hilfe neuer medizinischer Technologien, die vorher nie verfügbar waren, fanden wir heraus, daß die Koronararterien vieler Menschen mit gravierenden Herzerkrankungen sich tatsächlich zu öffnen begannen, als sie unserem Programm folgten. Mit anderen Worten: Die Blockierung ihrer Arterien löste sich allmählich, und die Blutzufuhr zum Herzen wurde verstärkt. Und anders als bei den meisten chirurgischen oder medikamentösen Therapien sind die einzigen bekanntgewordenen Nebenwirkungen dieser Veränderungen der Lebensweise angenehmer Art.
    Die Patienten und Patientinnen, die an unserer Studie teilnahmen, empfanden einen Zuwachs an Lebensfreude und Vitalität; ihre Brustschmerzen ließen nach oder verschwanden völlig, viele konnten ihre Medikamente auf geringere Dosen reduzieren oder sie schließlich ganz absetzen. Außerdem stellten wir bei den Blutuntersuchungen fest, daß die Cholesterinwerte des Blutes bei diesen Patienten stärker zurückgingen, als je zuvor ohne den Einsatz von Medikamenten erreicht worden ist."
     

    Heilsame Lebenumstellungen

    Das Buch hat in aller Welt größte Aufmerksamkeit erregt. Es erschien 1992 in Deutschland unter dem Titel "Revolution in der Herztherapie" und belegt, daß es für Herzkranke möglich ist, 'nur' mit Hilfe einer - allerdings radikalen - Umstellung der gesamten Lebensweise und -einstellung, körperlich und gleichzeitig seelisch zu gesunden.
    Die Veränderung der Lebensweise basiert auf der drastischen Vermeidung koronarer Risikofaktoren und deren Ersetzen durch neue, herzstärkende Komponenten. Diese sind:
    - Übungen zur Verstärkung von Intimität und Kontakt und zur effektiven Bewältigung von Streß (Streß-Management-Techniken)
    - eine sehr fett- und cholesterinarme Diät
    - ein System, das hilft, das Rauchen aufzugeben und sich aus anderen Abhängigkeiten zu lösen
    - ein moderates Körpertrainingsprogramm.
     

    Dean Ornish's eigene Erfahrungen

    Unter dem ersten Punkt, den Streß-Management-Techniken, versteckt sich nichts anderes als Yoga. Dean Ornish hatte während seiner Collegezeit eine schwere Lebenskrise, er litt unter Selbstzweifeln und wurde von einer tiefen Depression gequält. Als einzigen Ausweg sah er nur noch den Selbstmord. Glücklicherweise hielt eine schwere Krankheit den 18-jährigen davor zurück. Dafür trat ein anderes Ereignis in sein Leben: Er lernte den damals im Westen sehr angesehenen indischen Swami Satchidananda kennen, der Vorträge an den National Institutes of Health gehalten, vor den Vereinten Nationen gesprochen hatte und der bereits zweimal mit Papst Paul VI. zusammengetroffen war. Was er von ihm hörte, berührte ihn zutiefst:
    "Nichts auf der Welt wird uns je dauerhaftes Glück vermitteln. Von außen kann dieses Glück, das wir alle ersehnen, nicht kommen, aber wir tragen es bereits in uns, wenn wir Körper und Geist genügend zur Ruhe bringen, um ein inneres Gefühl des Friedens, der Selbstachtung und der Würde zu entwickeln, das nicht vom Machen und vom Haben sondern einfach vom Sein ausgeht. Und das Paradoxe ist: Wenn wir uns dessen nicht bewußt sind, laufen wir ruhelos umher auf der Suche nach flüchtigem Glück und machen es uns durch diese Ruhelosigkeit unmöglich, die innere Freude und den Frieden zu empfinden, die wir in uns tragen."
    Diese Worte veränderten Ornishs Leben. Es ging dem jungen Collegeschüler dermaßen schlecht, daß er bereit war, alles auszuprobieren. Er wurde Schüler von Satchidananda und begann, die Yogatechniken zu praktizieren. Er machte Asanas, Atemübungen, Meditation, Entspannungsübungen und Visualisierungen. Allmählich gelang es ihm, seinen Geist zur Ruhe zu bringen und ein Gefühl der inneren Harmonie zu spüren. Es wurde ihm plötzlich klar, daß er die ganze Zeit am falschen Ort nach Frieden, Glück und Selbstachtung gesucht hatte, nämlich außen, in seiner Umgebung.
    Dean Ornish vertiefte seine Yogapraxis und stellte seine Ernährung um auf fettarme vegetarische Kost. Er wurde gesund.
    Es wurde ihm klar, daß er zum Scheitern verurteilt war, wenn er sich von außen definieren ließ über Leistung, Ansehen, Besitz, Macht u.dgl. und daß er sein Kraftpotential nur dann ausschöpfen konnte, wenn er sich von innen heraus definierte und mit sich selbst im Reinen war - wenn nötig mit all seinen Schwächen und Ängsten. Er war vom äußeren Erfolg nicht mehr abhängig.
     

    Ein langjähriges Forschungsprojekt

    Mit dieser Erfahrung begann er, noch als Medizinstudent, sein erstes Forschungsprojekt. Der Titel lautete: Der Einfluß von Yoga und vegetarischer Ernährung auf die koronare Herzkrankheit. Er bat mehrere zum Teil prominente Kardiologen um die Überweisung von Patienten als Projektteilnehmer. Was geschah? Die Kardiologen fanden die Idee und das Thema sehr gut und förderungswürdig - sie hatten jedoch ein kleines Problem! Sollten etwa ihre Patienten denken, sie würden sie zu einem indischen Guru schicken wollen?! Nein, dem Kind mußte ein anderer Name gegeben werden (1977 in den USA, heute ist Yoga dort weit verbreitet) - fortan hieß es: 'Die Wirkung von Streß-Management-Techniken und veränderter Ernährung auf koronare Herzerkrankungen'.


    Der yogische Teil des Programms

    Woraus besteht nun der yogische Teil des Ornish-Programms?
    Er heißt, wie bereits gesagt, Streß-Management-Techniken, und umfaßt

    - zwölf Stretching-Übungen (20 Minuten)
    - progressive Entspannungstechniken (15 Minuten)
    - drei Atemtechniken (5 Minuten)
    - Meditation (15 Minuten)
    - geführte oder rezeptive Imagination/Visualisierung (5 Minuten)

    Das Programm enthält außerdem Anleitungen zur Steigerung von Intimität und Kontakt.

    Die Stretching-Übungen nach Dean Ornish sind verschiedene bekannte Asanas und auch der Sonnengruß. "Yoga fürs Herz: die praktische Anleitung zur Streßbewältigung im Rahmen der Dr.-Ornish-Herztherapie", herausgegeben vom Deutschen Wellness Institut in Düsseldorf, gibt sehr detailierte Anleitungen zur Yogapraxis. Es entstand in Zusammenarbeit mit einem interdisziplinären Experten-Team und einer sehr kompetenten Yogalehrerin. Die Schrift enthält sinnvoll aufeinander abgestimmte leichte Übungssequenzen, die gefahrlos von jedem (noch kranken) Menschen ausgeführt werden können. Auf dem Wege der Heilung ist es durchaus möglich, daß die Übungen durch weitere klassische Yogapraktiken erweitert werden.

    Da sich die progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen sehr bewährt hat und in den Vereinigten Staaten weit verbreitet ist - auch sie aus dem indischen Yoga abgeleitet, wie Dr. Ornish festhält - wird diese als Entspannungstechnik aufgeführt.

    Als Pranayama (Atemübung) empfiehlt Ornish das Einüben der vollständigen Yoga-Atmung, das heißt, Bauch und Brustkorb vollständig füllen, zudem Kapalabhati (Stoßatmung) und Anuloma Viloma (Wechselatmung).


    Visualisierung zur Öffnung des Herzens

    Unter den Visualisierungsübungen sind auch solche, die das eigene Herz bis ins Detail vor dem geistigen Auge erscheinen und es mit heilenden Bildern und Vorstellungen wieder gesund und kraftvoll werden lassen.

    Der rezeptiven Visualisierung wird große Bedeutung zugemessen. Gemeint ist damit die Herstellung der Verbindung zur Heilkraft und Weisheit des eigenen Unbewußten. In geführten Einzel-Visualisierungen und in Gruppengesprächen erhält der Patient (wieder) Zugang zu lange verdrängten Gefühlen, zu schmerzlichen Ereignissen, die seit Jahren oder Jahrzehnten geschehen sind und unverarbeitet den ganzen Menschen blockieren, körperlich und seelisch. Im Rahmen dieser Prozesse geschieht die Öffnung des Herzens nach außen. Gefühle und Signale des Körpers werden wahr- und ernstgenommen, wenn nötig zum Ausdruck gebracht. Durch die Teilnahme an solchen (Gruppen-) Gesprächen, durch Yogapraxis und Meditation, stellt sich früher oder später die Fähigkeit zum Zuhören ein. Und es folgen fast zwangsläufig wunderbare Erfahrungen wie Mitgefühl, Selbstlosigkeit, Vergebung und Liebe sich selbst gegenüber wie auch zu anderen Menschen. Wahrhaftig eine Öffnung des Herzens!


    Meditation

    Warum zum Ornish-Programm die Meditation gehört, erklärt sich aus der Frage, warum Patienten mit koronaren Herzerkrankungen auf Streß in dieser krankmachenden Weise reagierten. Dr. Ornish stellte hierzu fest: es ist die Art und Weise, wie Lebenssituationen wahrgenommen werden. Chronischer Streß, Ängste und Verlassenheitsgefühle können eine Menge physischer Mechanismen auslösen, die zu Herzerkrankungen und anderen Krankheiten führen. Dagegen steht die Heilkraft der in der Meditation erfahrenen Einheit mit einer höheren Kraft, die allem innewohnt und die alles Geschaffene miteinander verbindet.  "Die unmittelbare Erfahrung einer Kraft, die größer ist als wir selbst, kann unser Leben wandeln durch die Erkenntnis, daß wir in einer grundlegenden Weise mit allem Lebendigen verbunden und nie allein sind." So schreibt Dean Ornish über die Meditation.
    Die Meditation ist nach Patanjalis Raja Yoga Sutras die vorletzte Stufe in der Yogapraxis. Es folgt "nur" noch Samadhi.


    Wege zum Ornish-Programm und zum Yoga

    Ein interessierter Patient sollte sich zum Erlernen der Streß-Management-Techniken einen guten Yogalehrer suchen, der alle die oben genannten Techniken beherrscht. In Deutschland setzt sich der Deutsche Wellness Verband, Düsseldorf für die Weiterführung und Verbreitung des Ornish-Programms ein. Das Haus Yoga Vidya in Oberlahr (Westerwald) bietet mit Referenten des Wellness Instituts das Programm als spezielle Fortbildung für Yogalehrer an. Vom Wellness Institut und vom Haus Yoga Vidya können Adressen der Yogalehrer vermittelt werden, die an den Fortbildungsseminaren teilgenommen haben. Zudem gibt es im Haus Yoga Vidya auch Einführungsseminare für Betroffene und Interessierte.
     

    ... acht Jahre später

    Im Jahr 1998, acht Jahre nach Erscheinen seines in jeder Hinsicht erfolgreichen Buches "Revolution in der Herztherapie" sagte Dean Ornish in einem Interview: Am wichtigsten und hilfreichsten in der Herztherapie waren die Heilkraft von Liebe und Intimität. Es gibt unzählige Wege, auf denen wir das Einssein und die Verbundenheit erfahren können. Für mich selbst waren beispielsweise Yoga und Meditation sehr mächtige 'Werkzeuge' - aber es gibt auch Vertrauen, Hingabe, Vergebenkönnen, Altruismus oder andere Formen der Gemeinschaftserfahrung. Selbst freundliche Berührungen oder Massagen können kleine Wunder wirken.
    Eine wahre Revolution in der Herztherapie!
     

    Literatur:

    Dean Ornish : Revolution in der Herztherapie. Aus dem Amerikan. übers. von Olga Rinne. - Stuttgart : Kreuz-Verlag, 1992. - 496 S., Ill. - ISBN 3-7831-1197-8 geb. DM 49.80

    Yoga fürs Herz: die praktische Anleitung zur Streßbewältigung im Rahmen der Dr.-Ornish-Herztherapie / Evelis Grohmann. Hrsg. vom Deutschen Wellness Institut, Düsseldorf. - 1. Aufl., 1995

    Raja Yoga Sutras von Patanjali mit Kommentar in: Meditation und Mantras von Swami Vishnu-Devananda. Im Buchhandel erhätlich!
     

    Adressen:

    Haus Yoga Vidya
    Gut Hoffnungstal
    57641 Oberlahr
    Tel. 02685/ 989482
    Fax 02685/989483
    Internet www.Yoga-Vidya.de
    e-mail info@yoga-vidya.de

    Deutscher Wellness Verband
    Wetterstraße 7
    40233 Düsseldorf
    Tel. 0211/6796911
    Fax 0211/6796912
    e-mail wellness@vossnet.de
     
     


     
     
     

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    Herausgeber: BUND DER YOGA VIDYA LEHRER e.V. (BYV)

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    Anschrift: Haus Yoga Vidya
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    Redaktion: Nataraj Matthias Geis
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