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Yoga Vidya Journal Ausgabe 4        Herbst 2000          Herausgegeben vom Bund der Yoga Vidya Lehrer
 
 

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Indische Schriften 
von Sukadev/aus einer Vortragsreihe im Rahmen einer Yogalehrer-Weiterbildung/Juni 1999

Theorien der westlichen Orientalistik 
Die Ursprünge des Yoga selbst liegen im Dunkeln. Die ältesten archäologischen Zeugnisse der indischen Hochkultur stammen aus der sogenannten Induskultur, die ihre Blütezeit zwischen 3500 und 1500 v.Chr. hatte. Es existierte auch eine Schrift, die allerdings noch nicht entziffert ist, denn sie scheint nach einer anderen Logik aufgebaut zu sein als alle anderen bisher bekannten Schriften. Sie hat 
auch keine Ähnlichkeit mit Sanskrit. Archäologischen Ausgraben zufolge handelte es sich um eine großartige Hochkultur mit schachbrettartig angelegten blühenden Städten, die über Kanalisation und fließendes Wasser verfügten. Die größten heute bekannten Städte dieser Hochkultur sind Harapa und Mojendra. 

Für die Zeit um 2000 v.Chr. werden die Ausgrabungsfunde geringer und schon um 1500 v.Chr. gibt es keine Zeugnisse mehr von der Induskultur. Aus unbekannten Gründen hat sie sich irgendwann aufgelöst, ohne Anzeichen größerer Schlachten oder sonstiger Katastrophen. Eine Theorie westlicher Orientalisten vermutet einen wenig ökologischen Landbau, so daß das Land allmählich ausgelaugt war und die Bewohner die Böden verlassen mußten. 

Eine zweite Theorie bezieht sich auf die Einwanderung der Indogermanen um 1500 v.Chr.. Ihre Bezeichnung als Arier weckt zwar angesichts der weltgeschichtlichen Erfahrungen im 20. Jahrhundert andere Assoziationen, erscheint jedoch schon in dem indischen Nationalepos Bhagavad Gita und 
bedeutet ursprünglich 'stark, mutig'. Diese Arier kamen aus der südrussischen Steppe, zwischen Kaspischem Meer und Baikalsee, und sollen von dort in mehreren Wellen ausgewandert sein. Ein Teil von ihnen zog nach Persien – die späteren Iranoarier –, ein anderer Teil nach Indien, die sogenannten Indoarier. Bis heute haben Sanskrit und Persisch eine enge Verbindung. Mit Sanskrit-Kenntnissen versteht man auch die meisten persischen Ausdrücke und die Bedeutung persischer Namen, wenn sie nicht arabischen Ursprungs sind. 

So wird angenommen, daß die Arier zwischen 1500 und 1200 v.Chr. erst das Industal eroberten, dann die Ganges-Tiefebene und schrittweise den nordindischen Subkontinent. In Südindien dagegen blieben die sogenannten Drawiden. Sie gelten als Ureinwohner und hatten auch eine eigene 
Kultur. Manche Wissenschaftler mutmaßen, die Drawiden könnten dasselbe Volk sein, das auch die Induskultur gegründet hatte. Bis heute gibt es in Indien zwei ethnische Hauptgruppen: eben die eher hellhäutigen Arier im Norden und die dunkelhäutigen Drawiden im Süden. Die höheren Kasten 
sind auch im Süden oft mit hellhäutigen arischstämmigen Menschen besetzt. Daneben leben in Indien natürlich noch sehr viele andere Völker, sogar mongolide Völker, gerade in Nord- und Nordostindien, die ebenfalls nach Indien eingewandert sind. Außerdem findet man die sogenannten Awinashis, 
die Stämme, die bis heute im Wald leben und nie seßhaft geworden sind. Früher hatten sie genügend Wald. Doch heutzutage nehmen die Abholzungen immer weiter zu, weil die Bevölkerung innerhalb von 50 Jahren von etwa 200 bis 300 Millionen auf über eine Milliarde Menschen angewachsen ist. Wenn man Pakistan und Bangladesh noch dazuzählt, gibt es auf dem indischen Kontinent beinahe 1,2 Milliarden Menschen, also mindestens genauso viele Inder wie Chinesen. Die Inder haben ein höheres Bevölkerungswachstum. Indien hat doppelt so viel Einwohner wie Europa. 

Manchmal spricht man von der indischen Kultur oder dem indischen Volk. Das stimmt ebenso wenig, wie man von einem europäischen Volk sprechen kann, obgleich es bis zu einem gewissen Grad in Europa eine einheitliche Kultur gibt. Aber man kann nicht unbedingt sagen, daß die Spanier, Italiener, Skandinavier, Russen, Griechen, Deutschen alle gleich seien. Genauso ist es auch mit der Völkervielfalt in Indien. 
Indien war historisch auch ganz selten geeint. Es bestand, wie Europa, aus verschiedenen Reichen, die sich zwischenzeitlich zusammenschlossen. 
Und da Indien immer ein reiches Land war, kamen auch stets von außen Einwanderer und Eroberer. 
Um die Zeit der arischen Einwanderung sollen dieser zweiten Theorie zufolge auch die indischen Schriften entstanden sein. Es sollen ursprünglich rein arische Schriften gewesen sein, die die Indogermanen mitbrachten und die sich später allmählich mit dem drawidischen Gedankengut 
vermischten. Auf die indogermanische, abendländische Kultur gehen die Vorstellungen von Brahman, Atman und die vedischen Götter wie Indra, Varuna, Agni und so weiter zurück. Von der drawidischen Religion nimmt man an, daß es sich ursprünglich mehr um eine Mutterreligion mit Verehrung der Göttin, eine tantrische Kultur, gehandelt hat, die sich im Gegenzug in den ersten Jahrhunderten nach Christus wieder über ganz Indien ausbreitete und auch von der sogenannten brahmanischen Kultur absorbiert wurde. 
In indologischen und zum Teil auch in Yogabüchern wird diese Entwicklung als historisch klar bewiesen dargestellt. Es fehlt jedoch eine archäologische Beweisführung für den tatsächlichen Sieg der Indogermanen über die Indusbewohner. Man weiß nur von dem Nebeneinander der hellhäutigen Inder, die aussehen wie Europäer und überwiegend in Nordindien leben, und der dunkelhäutigeren Drawiden in Südindien. Ebenso bestehen auch zwei verschiedene Sprachfamilien in Indien: die indogermanischen Sprachen, die vom Sanskrit abgeleitet sind, und die drawidischen Sprachen. Die Theorie stützt sich hauptsächlich auf die Sprachwissenschaft und die Ethnologie. 
Die zeitliche Bestimmung ist deshalb so schwierig, weil die Inder auf Palmblätter schrieben, die nach ein paar hundert Jahren vollständig zerfallen waren und immer wieder kopiert, also abgeschrieben, wurden. Man findet keine uralten Originale. Um 250 v.Chr. ließ Ashoka (Maurja-König, 259 v.Chr.) einige Schriften in große Steinstelen meißeln. Dabei handelt es sich allerdings um buddhistische Inschriften. 

Klassische indische Theorie 

Nach klassischer indischer Chronologie sind die Schriften zu Beginn des Kali Yuga entstanden, also um 3500 v.Chr.. Die mündliche Überlieferung geht noch erheblich weiter zurück. 
Zu Beginn des Kali Yuga, des Eisernen Zeitalters, erkannte Vyasa, ein großer Yogi und Rishi, daß die Menschen sich nicht mehr so viel merken können, daß außerdem die Lebensspanne abnehmen und die ganze Zivilisation materialistischer werde. Er erhielt spirituell den Auftrag, das Wissen in den Veden festzuhalten. So hat er die Veden aufgeschrieben, unterteilt und anschließend auch die anderen Schriften formuliert. 
Nach der indischen Mythologie hat Vyasa den größten Teil aller indischen Schriften selbst verfaßt. Man geht davon aus, daß er die Veden persönlich geschrieben hat. Die Puranas hat er gesammelt und seinem Sohn Sukadev weitergegeben, der ein fotografisches Gedächtnis hatte und sie seinerseits weitererzählte, so daß sie zum Teil erst etwas später niedergeschrieben wurden. Die Itihasas, zum Beispiel die Mahabharata, soll er selbst schriftlich festgehalten haben. Die Smritis entstanden zum Teil etwas später. 

Es gibt neuerdings auch einige Untersuchungen der Veden unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Die Inder sind sehr wissenschaftlich orientiert. Sie haben die Atombombe, ihre Satelliten kreisen im Weltraum und sie sind in der Computerwissenschaft, beim Programmieren, an der Weltspitze. 
Aber immer wieder erkennen indische Top-Wissenschaftler, daß auch die westliche Wissenschaft ihre Grenzen hat, und sie analysieren mit ihrem wissenschaftlichen Handwerkszeug die alten Schriften und entdecken dabei interessante Parallelen. 

Beispielsweise gibt es eine Analyse des Sternenhimmels zur vedischen Zeit. Der in den Veden beschriebene Sternenhimmel war ein anderer als der heutige. Da die Erde leicht schief im Weltraum kreist, verschiebt sich der Sternenhimmel von der Erde aus gesehen etwa alle 2000 Jahre um 30 
Grad. Darauf beruht das sogenannte platonische Jahr und darauf beruht auch, daß wir uns jetzt im Zeichen des Wassermanns befinden. Und aus den in den Veden beschriebenen Konstellationen der Hauptsterne, der Sternbilder, ihrem Verhältnis zueinander, läßt sich eindeutig nachweisen, daß es 
sich dabei um den Sternenhimmel der Zeit vor 3500 v.Chr. handelt – und nicht um den von 1500 v.Chr. Demnach wäre praktisch der gesamten westlichen Orientalistik der Boden entzogen, alle bisherigen Theorien in Frage gestellt und die Veden eindeutig um 3500 v.Chr. entstanden. 
Dann hätten die Veden zur Zeit der Induskultur schon bestanden und die Indogermanen hätten sie nicht mitgebracht, sondern mehr oder weniger übernommen. 

Weitere Theorien 

Es gibt noch eine andere interessante Theorie, die Swami Vishnu gelegentlich erzählt hat. Sie ist in den Schriften erwähnt, es gibt aber dafür – wie für die der westlichen Orientalistik – keine archäologische Beweisführung: Danach wären wir die Nachfahren der Induskultur. 

Krishnas nordindischer Volksstamm der Yadavas war besonders heldenhaft. Krishna wollte aber nicht in die Politik und die Kämpfe seiner Zeit hineingezogen werden. Deshalb schuf er aus seiner Yoga Maya – seiner Yogakraft – einen Kontinent namens Dvaraka, vor Indien gelegen, auf den er mit seinem Volk auswanderte, um dort ein ideales Staatswesen zu gründen. Aber selbst Krishna ist an den Menschen gescheitert. Er schuf ein gut funktionierendes Wirtschaftssystem, so daß es allen gut ging. Aber wie es so ist, wenn es einem Menschen sehr gut geht, der Schritt zu Korruption und Materialismus ist nicht weit. Daher bestimmte Krishna, daß der Kontinent nach seinem Tod untergehen solle und beauftragte seinen Schüler Arjuna, die Yadavas alsbald nördlich der großen Schneeberge zu führen. Und so geschah es. 

Krishna starb; damit begann das Kali Yuga; Arjuna ging nach Dvaraka, erfüllte Krishnas Wunsch und zog mit den Yadavas – zumindest mit denen, die ihm glaubten, was nicht die Mehrheit war –, nördlich 
des Himalaya, verließ sie dort und kehrte selbst nach Indien zurück. Danach wären wir Nachfahren des Volksstammes der Yadavas. 
Man könnte die Geschichte von Dvaraka auch deuten als Geschichte von einem untergegangenen Kontinent, von dem die Menschen ihre Zivilisation mitgebracht haben. 

Schließlich gibt es noch die Theorien, wonach die gesamte irdische Zivilisation nicht hier begonnen hat, sondern auf anderen Planeten. Und wenn man die Bücher von Däniken liest oder die indischen Schriften oder die Bibel, dann spricht durchaus einiges dafür. Man findet sehr oft Hinweise auf fliegende Gefährte, zum Beispiel im Ramayana. Dort werden Flugzeuge beschrieben, die großen Lärm machen, Feuer speien, und bei einer bestimmten Geschwindigkeit – wie beim Durchbrechen der Schallmauer – gibt es einen fruchtbaren Knall. Manche fliegen nur durch die Kraft der Gedanken und sind noch erheblich schneller. Sie fliegen zu anderen Planeten und kehren zurück. Hier eröffnet sich ein Gebiet wilder Ausführungen. 
Von Däniken würde auch die Devas nicht als Engelswesen interpretieren, sondern als Wesen von anderen Planeten, die hierher gekommen sind und uns die Kultur gebracht haben. 

Swami Vishnu hat sich dazu nicht umfassend geäußert, aber er sagte, wir seien nicht die erste Raumfahrtkultur, und die Zivilisation habe nicht auf der Erde angefangen, denn die Zeit seit der Entstehung des Lebens auf der Erde sei zu kurz gewesen, um sich so schnell so weit zu verändern und 
zu entwickeln. 
Es könnte genauso gewesen sein, daß die Menschen der Induskultur hellhäutig waren, zum großen Teil nach Zentralasien auswanderten und daß die Drawiden in Südindien eine eigene Kultur hatten und sie sich Schritt für Schritt geographisch annäherten ohne sich zu vermischen, so daß die Hellhäutigen in Nordindien eine Kaste geblieben sind. Wenn sie nach Süden kamen, haben sie dort die höheren Kasten besetzt, und wenn Drawiden von Süd- nach Nordindien kamen, bildeten sie dort die niederen Kasten. 

Über die Kastenentstehung gibt es noch eine andere Lehre, wonach die Kasteneinteilung nicht durch Religionszuhörigkeit, sondern aus inneren Motiven entsteht. Es gibt die vier Hauptwünsche des Menschen: 

  • Kama (Sinnesbefriedigung), 
  • Artha (Wunsch nach Reichtum), 
  • Dharma (Wunsch nach Gerechtigkeit und Selbstverwirklichung im modernen westlichen Sinn) und 
  • Moksha (Befreiung). 


Diejenigen, die hauptsächlich nach Sinnesbefriedigung, einem einfachen Leben streben, werden die Shudras. Sie verrichten ihre Arbeiten, haben nicht zu viele Pflichten, keine sehr lange Arbeitszeit und können ihre Sinne auf einfache Weise befriedigen. 
Diejenigen, denen es hauptsächlich um Reichtum und Macht geht, werden die Vaishyas, die Bauern und Kaufleute. Wenn Menschen, die reich werden wollen, die Wirtschaft beherrschen, dann floriert diese. Wenn gerechtigkeitsliebende Menschen versuchen, Unternehmen aufzubauen, können sich häufig Schwierigkeiten ergeben. 
Wer anderen helfen und dienen will, wem es um Gerechtigkeit und das Wohl der Gesellschaft geht, der soll die Regierung übernehmen. Das ist die Kaste der Kshatriyas. Kshatriyas sind nicht nur Krieger, sondern auch Beamte, diejenigen, die die Verwaltung organisieren. 
Und dann gibt es Menschen, denen es hauptsächlich um Moksha, Befreiung und Selbstverwirklichung, geht. Das sind die Brahmanen, die Priester. Manche Brahmanen nehmen auch Arbeiten an, damit sie 
ihren Lebensunterhalt bestreiten können, vielleicht vier bis sechs Stunden am Tag, so daß sie einen Teil des Tages arbeiten und den Rest der Zeit mit Studium und Sadhana verbringen können. 

Und anders als bei uns im Westen ist es nicht so, daß man mehr Rechte hat, je höher die Schicht, und
um so weniger Rechte, je niedriger die Schicht ist, sondern umgekehrt. Je höher die Schicht, um so mehr Restriktionen unterliegt man. Die Shudras können mehr oder weniger essen was sie wollen und ihren Tag verbringen wie sie wollen. Die Brahmanen hingegen haben strikte Eßregeln, müssen früh zu einer bestimmte Zeit aufstehen, dreimal am Tag ein Bad nehmen, sich an hygienische und allgemeine Vorschriften und Rituale halten. Je höher die Schicht, desto schwieriger das Leben, je niedriger die Schicht, desto einfacher. 
Die eigene Natur (Swarupa) bestimmt die Kaste (Varna) und Swadharma, die eigenen Aufgaben. So steht es in den Schriften. Unabhängig davon läßt sich aber nicht leugnen, daß die Hellhäutigen die 
höheren Kasten stellen. Es könnte sein, daß man das ursprüngliche Kastensystem später modifiziert und die höheren Kasten den Herrschenden zuerkannt hat. 

Einteilung der indischen Schriften 

Als die Menschen ursprünglich die Schriften schufen, haben sie sich natürlich nicht an irgendwelchen Kriterien orientiert. Alle Einteilungen sind erst nachträglich entstanden, als man eine logische Aufgliederungen der Schriften plante. Die Einteilungen sind auch in verschiedenen Schulen unterschiedlich. 

Die indischen Hauptschriften gliedern sich in vier Teile: 


Die Veden 

Sie sind die ältesten, ursprünglichen indischen Schriften. 
Die Veden werden auch als Shrutis bezeichnet. Shruti heißt wörtlich 'das Gehörte', wobei damit nicht gemeint ist, daß man es mit den Ohren gehört hat – sondern so, wie wir im Deutschen sagen würden, man hat Gott geschaut. Damit ist nicht gemeint, man habe ihn wirklich gesehen – er hatte 
zwei Augen und einen Bart –, sondern es bedeutet Schau im Sinne einer Enthüllung, Offenbarung. Shrutis sind das Gehörte, das man als Offenbarung empfangen hat. Daher irrt auch die westliche Theologie, wenn sie zuweilen behauptet, nur Judentum, Christentum und Islam seien die großen Offenbarungsreligionen, neben denen es nur Primitivreligionen gebe. 

Veda heißt Wissen – Wissen, das den Rishis, den Sehern, enthüllt, offenbart worden ist. Es heißt, das gesamte Wissen der Menschheit sei in den Veden enthalten. Brahma, der Schöpfer, soll vor der Erschaffung der Welt erst die Veden geschaffen haben. Natürlich hat er sie nicht zuerst aufgeschrieben – wo und wie hätte er sie auch aufschreiben sollen! – aber Veda als das Wissen um die Gesetze des Universums braucht man zuerst, um anschließend die Welt zu erschaffen. Und aus welchem Material hat er sie geschaffen? Er hat Tapas (Askese) geübt, daraus Energie gewonnen und mit dieser Energie und seinen Gedanken die Welt geschaffen. Das ist einer der vielen Schöpfungsmythen, die man in Indien findet. 
Die Veden sind Sammlungen einzelner Enthüllungen, die verschiedenen Rishis gewährt, von ihnen an Schüler weitergegeben und von Vyasa gesammelt und aufgeschrieben wurden. Zusammengefaßt würden sie viele Bände ausmachen. Diese Schriftensammlung ist in vier Hauptteile gegliedert: 

  • Rigveda
  • Samaveda
  • Yajurveda
  • Atharvaveda 
Man kann nicht genau sagen, was das Hauptthema jedes Veda sei. Zwar wird manchmal verkürzend gesagt, Rig behandle die Schöpfung, Sama die Musik, Yajur die Opferzeremonien und Atharva magische Praktiken. Letztlich unterscheiden sie sich jedoch in der Melodie, mit der sie gesungen werden. Rigveda ist eine bestimmte Singweise, Samaveda ist eine ganz andere und Yajur und Atharva jeweils wieder eine andere. 

Jeder dieser vier Hauptveden besteht wiederum aus vier Teilen: 

  • a) Samhitas
  • b) Aranyakas Karma Kanda
  • c) Brahmanas
  • d) Upanishaden Jnana Kanda 
    - Die Samhitas sind die Hymnen oder Mantras. Dies ist der wichtigste Teil vom mythologischen Gesichtspunkt her. Bei einer Puja (Opferzeremonie) oder Yajna (Feuerritual) rezitiert man Samhitas. 

    -Die Aranyakas geben Erklärungen und Erläuterungen dazu. 

    -Die Brahmanas beschreiben die rituelle Anwendung und die genaue Ausführung der Rituale. Alle drei zusammen bilden den Karma-Kanda-Teil der Veden, der sich mit Ritualen beschäftigt. 

    - Die Upanishaden bilden den Jnana Kanda, den Teil, bei dem es um Wissen und Weisheit geht. Sie stellen den metaphysischen, philosophischen Abschnitt der Veden dar, in dem grundlegende Fragen behandelt werden wie "Wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich, was ist der Sinn des Ganzen, wie erlange ich Befreiung?". Sie sind der für den Yoga wichtigste Teil mit den Grundlagen des Jnana Yoga. 


Die Smritis 

Man nimmt an, daß die Smritis um 1200 bis 500 v.Chr. geschrieben wurden. Allerdings differieren die Zeitangaben in Büchern und Artikeln über Orientalistik um ein paar Jahrhunderte. 

Smriti heißt wörtlich 'Erinnerung'. Die Smritis sind die Gesetzbücher, die Umsetzung der Shrutis, der Weisheit der Veden, in Regeln und Gesetze und deren Anwendung im täglichen Leben. Shrutis sind die ewige Wahrheit, das, was immer bleibt; Smritis sind veränderlich. Es gibt sehr viele verschiedene Smritis. Sie ändern sich auch je nach den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen Umständen der Zeit. Ursprünglich waren es sehr hilfreiche gesellschaftliche Regeln für das Zusammenleben von Menschen aus verschiedenen Kulturen, Religionen, Kasten, Generationen. Im Laufe der Zeit sind sie immer mehr verkrustet und es gab mehr und mehr Vorschriften. Ähnliches erleben wir ja auch bei 
uns. Jedes Jahr verdoppelt sich die Menge an Gesetzen. Man kann beinahe nichts mehr machen, ohne irgendein Gesetz zu übertreten – unabhängig davon, ob man es kennt oder nicht. Man stelle sich vor, dies gehe noch zwei- oder dreihundert Jahre so weiter... Und so ähnlich haben sich auch die 
Smritis entwickelt. Die Verkrustungen rissen aber auch ab und zu wieder auf, sie wurden überarbeitet und neu geschrieben. Ein paar Jahrhunderte nach Christus hat das Aktualisieren und Anpassen der Smritis ausgesetzt. Daraus resultiert manche Unschönheit der hinduistischen Gesellschaft. 

Die großen Yogis der Gegenwart sagen, es müsse einen neuen Manu geben, also einen neuen Gesetzgeber, der Regeln vorgibt, wie man diese klassische Spiritualität in das praktische Leben integrieren kann, wie eine ideale Gesellschaft beschaffen sein müßte, die religiös, spirituell, orientiert 
ist und trotzdem auch den Nicht-Spirituellen gerecht wird. Das ist ja das große Kunststück dabei. 

Die alten Smritis, in denen zum Beispiel die vier Ashramas (Lebensstadien) und die vier Varnas (Kasten) idealtypisch beschrieben sind, sind durchaus kunstvoll und faszinierend. 
Im übertragenen, weiteren Sinne ist Shruti das Unveränderliche und Smriti allgemein die Anpassung an das tägliche Leben. Auch im Yoga muß man immer wieder überlegen, was ist das Unveränderliche, Ursprüngliche und was ist eher zeit- und kulturbedingt. Hier sind die indischen Yogalehrer, die 
in den Westen kommen, durchaus unterschiedlicher Meinung. Kein wirklich authentischer Yogi würde wohl behaupten, Yoga bestehe nur aus ein paar Entspannungsübungen. Aber manche sagen, es gehe im Yoga nur um die Transformation des Bewußtseins, mit dem Ziel, zur Einheit zu gelangen. Wie wir das erreichen, sei unwesentlich und weder Mantrasingen noch Vegetarismus seien dafür notwendig. Bei Yoga Vidya haben wir einen eher klassischen Standpunkt. Mantrasingen, Vegetarismus und die Philosophie der Reinkarnation gehören bei uns zum ganzheitlichen Yoga. 

Letztendlich muß jeder für sich zu einer Entscheidung kommen, wo er keine Kompromisse machen darf und wo Kompromisse nötig sind, um die Prinzipien im praktischen Leben überhaupt umsetzen zu können. 

Also Shruti, die hohe Wahrheit und Smriti, die praktische Umsetzung. 

Die Puranas und Itihasas 

Die Puranas sind Göttergeschichten. Die Itihasas sind die sogenannten Heldenepen, wo zwar auch Götter eine Rolle spielen, es aber in der Hauptsache um Menschen geht, ähnlich wie in den griechischen Götter- und Heldensagen: Im ersten Teil spielen die Götter die Hauptrolle, im späteren Teil, in der Odyssee und Äneis, die Menschen. 
Die bekannteste der Puranas ist die Bhagavatam, welche für die Hare-Krishna-Bewegung eine besondere Bedeutung hat, aber nicht nur für sie. 
Swami Vishnu hat sie auch gerne gelesen. Sie erzählt Geschichten von Vishnu und Krishna. Die bekanntesten Itihasas sind das Ramayana und das Mahabharata. 

Puranas und Itihasas waren für das "gemeine Volk" bestimmt. Die Shrutis und Smritis waren den Brahmanen vorbehalten, die zwölf Jahre studiert hatten. Ähnlich wie das BGB und das HGB mehr für die Juristen ist, und gleichfalls die Straßenverkehrsordnung, während das "gewöhnliche Volk" im 
Theorieunterricht einen Teil davon lernt. 

So ähnlich muß man es hier auch sehen. Puranas und Itihasas erklären die spirituellen Prinzipien auf einfache Weise. Denn die Menschen haben immer schon lieber Romane gelesen als philosophische Abhandlungen und sehen heute lieber Liebesfilme und Krimis als Videos über spirituelle Themen oder absolute Wahrheiten. Die zwei Dinge, die den Menschen schon immer am meisten fasziniert haben, sind Sex und Gewalt, Liebe und Krieg. Daher sind die Puranas und Itihasas voll von Liebesgeschichten, kriegerischen Eroberungen und menschlichen Dramen. Aber dazwischen ist die spirituelle Botschaft verpackt. Ab und zu trifft jemand einen Weisen, fragt ihn etwas und der Weise antwortet. Die Erzählung darf dann zwar nicht zu lange dauern, sonst schalten die Menschen wieder ab, aber es kann wie in der Bhagavad Gita durchaus achthundert Verse umfassen. Die Bhagavad Gita ist ja Teil der Itihasas. 

Nach der Theorie westlicher Orientalisten sollen die Puranas und Itihasas ein paar hundert Jahre vor Christus geschrieben worden sein, wobei schon das drawidische Gedankengut eingeflossen ist, so daß die alten vedischen Götter wie Indra, Varuna und Agni nicht mehr zentral waren. Man hat sie 
mehr als Engelswesen angesehen. Dafür wurden die neuen Götter wie Brahma, Vishnu, Shiva, Durga, Lakshmi, die noch älter waren, wieder bedeutender. 

Seit dieser Zeit kann man in Indien hauptsächlich drei religiöse Strömungen unterscheiden. Wie im Christentum die Hauptströmungen Katholizismus, Orthodoxie und Protestantismus, gibt es im Hinduismus mehrere religiöse Hauptrichtungen: 

  • Shaivismus
  • Vaishnavismus
  • Shaktismus = Tantrismus 
Die Shaivas verehren besonders Shiva, die Vaishnavas Vishnu als höchsten Gott und die Shaktas Shakti Devi, die Göttin als kosmische Mutter. Sie werden auch als Tantriker bezeichnet. 
Innerhalb dieser Richtungen gibt es jeweils noch zahlreiche Untergliederungen. Manche Shaktas verehren Durga besonders oder Lakshmi oder Kali. Aber mehr oder weniger werden alle miteinander gleichgesetzt; es sind einfach Manifestationen der gleichen Shakti. 

Auch manche Puranas sind mehr auf einen Aspekt der Gottheit ausgerichtet. Es gibt zum Beispiel Shiva Puranas, Vishnu Puranas (die Bhagavatapurana, kurz Bhagavatam genannt) und die Shakti Puranas. Alle Unterströmungen haben ihre eigene Kultur, Riten, Religionen, Tempel und so weiter. 

Letztlich kann man sagen, dem indischen Kastenwesen liegt eine multikulturelle Gesellschaft zugrunde, wobei jede Kaste ihre eigene Weise der Verehrung hat. Jede Kaste organisiert sich selbst, regiert sich selbst, und das in ganz unterschiedlicher Weise. Manche sind demokratisch, bei manchen ist die Herrschaft über die Gemeinschaft eher erblich, bei anderen durch Los bestimmt. Wir kennen im Westen oft nur die vier Hauptkasten:
Brahmanen, Kshatriyas, Vaishyas und Shudras. Von größerer Bedeutung ist aber die Unterkaste in einer Gemeinschaft. Es gibt Tausende solcher Unterkasten. Für das Gelingen des Zusammenlebens muß alles geregelt sein, und jede Unterkaste hat eine bestimmte Aufgabe in der Gesamtgesellschaft. Die Unterkaste ist oft mit einem oder einigen ausgewählten Berufen gekoppelt, die dann vererbt werden. Man heiratet normalerweise nur innerhalb seiner Kaste oder es gibt bestimmte Kasten, in die man gegebenenfalls hineinheiraten kann. Jede Kaste hat ihre religiösen Riten, die selbst oder von Priestern ausgeführt werden. Damit diese Selbstorganisation funktioniert, schuf man höhere und niedrige Kasten 
mit der zusätzlichen Zuteilung zu den vier Hauptkasten. Je nach Macht und Einfluß konnte sich die Rangordnung der Unterkasten auch wieder ändern. 

Yoga war in Indien immer religionsübergreifend. Yoga ist die Mystik hinter der Religion, wenn man das Göttliche nicht nur glauben, sondern wirklich erfahren will. Man geht nicht nur einfach in den Tempel, nimmt das Prasad oder macht ein paar Riten, um etwas Bestimmtes zu bekommen, so wie 
Menschen in die Kirche gehen und Kerzen opfern für einen besonderen Wunsch. Oder man macht eine Art Handel mit Gott, wie das zu meiner Kindheit üblich war: Wenn ich in der Klassenarbeit eine Eins schreibe, opfere ich fünf Mark oder helfe meiner Mutter eine Woche beim Abwaschen oder Ähnliches. Heute kommt das wohl etwas aus der Mode. Leider, denn es ist eine frühkindliche Form von Glauben und Spiritualität, die gerade dann, wenn es auch tatsächlich glückt, einen Menschen irgendwie auf die erste Stufe des Glaubens setzt. Wenn es nicht funktioniert, kann man allerdings vielleicht schon als Kind zum Atheist werden... Jetzt hat man Gott schon fünf Mark versprochen und trotzdem hat man eine Sechs in der Klassenarbeit geschrieben – das verzeiht man Gott nicht so schnell! 

Solche Dinge sind auch in Indien üblich. Aber Yoga umfaßt eben die Techniken in all diesen verschiedenen Traditionen, die dazu verhelfen wollen, das Göttliche selbst direkt zu erfahren und zu einer authentischen spirituellen Entwicklung zu kommen. 

Die vier orthodoxen Hauptschriften – die Veden bzw. Shrutis, Smritis, Puranas und Itihasas – werden von allen Hindus als Autorität anerkannt. Für den Yoga von besonderer Bedeutung sind die Upanishaden, die Quintessenz der Veden, und von den Itihasas die Bhagavad Gita als Teil des Mahabharata.

Sutras 

Daneben gibt es zahlreiche spätere, nicht-orthodoxe Schriften, die sich jeweils nur auf ein Teilgebiet oder eine bestimmte Glaubensrichtung beziehen und nicht von allen Hindus anerkannt werden. Dazu gehören zum Beispiel die Sutras. Eine Sutra ist ein Leitfaden und die kürzeste Weise, etwas auszudrücken, während Puranas und Itihasas die längstmögliche Weise sind, etwas auszudrücken. Das Mahabharata ist bis heute das längste Epos der Weltliteratur. Alle deutschen oder englischen Ausgaben sind nur Zusammenfassungen. Das Original ist für unseren heutigen schnellebigen Geist auch etwas zu langatmig. 

Für den Yoga von größter Bedeutung sind Yoga Sutras von Patanjali über den Raja Yoga und die Brahma Sutras über das Jnana Yoga. Daneben gibt es noch sehr viel mehr Sutras über verschiedenste Bereiche. 

Agamas und Tantras

Das Wort Tantra hat eine vielfältige Bedeutung. Zum einen bezeichnet Tantra neben Shaivismus und Vaishnavismus eine der drei Hauptreligionsrichtungen Indiens. Zum zweiten ist Tantra ein bestimmtes Philosophiesystem, nämlich die Shiva-Shakti-Philosophie. Und zum dritten ist Tantra der Name für einen bestimmten Schrifttyp, die Agamas, die jeweils nur einer Tradition zugeordnet sind. Es gibt Vishnu Agamas, Shiva Agamas und Shakti Agamas, wobei die Shakti Agamas als Tantra bezeichnet werden. 
Diese Tantras haben wieder eine besondere Bedeutung fürs Yoga, denn die Hatha-Yoga-Schriften und auch die Mantra Shastras sind ein Teil davon. 

Hatha Yoga Schriften

Es gibt vier Hauptschriften des Hatha Yoga: 

  • Hatha Yoga Pradipika
  • Geranda Samhita
  • Shiva Samhita
  • Goraksha Sadhaka 
In diesen Schriften sind die Mudras beschrieben, die Bandhas, die Asanas, alle Konzentrationstechniken, die Kriyas und die Hatha-Yoga-Meditationstechniken, zum Teil die Theorie über Kundalini Yoga, über Chakras und Nadis. 

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