Yoga Vidya Journal Nr. 14, Herbst 2005
Eine Woche Yoga und Moor in Bad Meinberg
Yoga praktiziere ich intensiv seit etwa 13 Jahren. Das hat mir geholfen, beweglich zu
bleiben, und viele Dinge, die mir in der Welt begegnen, besser zu verstehen und vielleicht
sogar besser zu machen. Im Beruf, in der Familie, als Yogalehrerin und im Freundeskreis...
und eines Tages ist die Zeit reif, dass man sich selbst etwas Gutes tut. Auch
tun sollte, sonst liegt man womöglich schneller auf der Nase, als einem lieb ist.
Letztes Jahr habe ich mir beim gesündesten Sport der Welt, dem Skilanglauf, einen
Brustwirbel gebrochen, und das Becken ist leider schon immer schief. Mit Moor habe
ich in der Vergangenheit sehr gute Erfahrungen gemacht, denn nach solchen Kuren
verringern sich die Schmerzen ganz erheblich. Ich wollte die Verbindung Yoga und
Moor einmal kennen lernen. Da lag das - im Übrigen sehr kostengünstige - Angebot
von Yoga Vidya und Bad Meinberg auf der Hand: Yoga und Moor Wohlfühlwoche.
Bad Meinberg ist ein Kurort mit langer Tradition, das Moor liegt sozusagen direkt vor
der Haustür. Und Yoga bei Yoga Vidya bedeutet Entspannung, Aktivität und Spiritualität
satt: morgens und abends Möglichkeit zur Meditation, täglich zwei Yogakurse - im
Moorseminar nur einer, sonst wäre das zeitlich zu viel, immer interessante Vorträge
von Mitarbeitern und Gästen und Konzerte oder Vorführungen, je nachdem, wer gerade
im Haus ist und was sonst noch alles passiert. Das Haus ist offen und durchlässig, das
macht es so sympathisch.
An einem wunderschönen sonnigen Sonntag bin ich angekommen und habe mich gleich
bei einer Yogastunde von der langen Anfahrt erholt. Am Abend kam die ‚Gesundheitsgruppe'
(Yoga, Moor und Ayurveda) zum ersten Mal zwecks praktischer Informationen
zusammen. Wir erhalten Schwimmbad- und Saunakarten für das Thermal-
Mineralbad. Die persönlichen Termine werden ausgegeben. Für einige Indikationen ist
Moor nicht angebracht, auch das muss geklärt sein.
Natürlich ist es auch interessant, sich gegenseitig kennen zu lernen. Wir sind neun
Leute, sieben machen Moor, zwei haben Ayurveda-Verwöhntage gebucht.
Am nächsten Morgen wandern wir zu unserer ‚Moorklinik' durch den weitläufigen,
botanisch sehr interessanten Silvaticum Park und Kurpark, wo auf dem See ein
Schwanenpaar mit vier Jungen paddelt. Der
längere, aber auch schönere Weg, dauert etwa
20 Minuten. Ich bin auch am gleichen Tag noch
dran und sehr angetan vom Ambiente in der
Rose Klinik: die Räume sind ansprechend, mit
Blumen und Bildern geschmückt, die ‚Badefrauen' zu jedem freundlich und hilfsbereit,
sie machen auf Wunsch sogar Erinnerungsfotos.
Und sie geben unermüdlich Auskunft
und Antworten - ich möchte nicht wissen, wie
oft in der Woche die gleichen... Das Bad tut gut,
15 bis 20 Minuten Moor bei 40 bis 42 Grad
Temperatur, 15 Minuten Nachruhe. Ich würde
es auch Nachschwitzen nennen. Meine Termine
liegen mit denen von Helga aus
Meine Termine liegen mit denen von Helga aus Saarbrücken zusammen und wir
können uns unterwegs austauschen. Wir lernen uns kennen und schätzen. Das Moor ist
ungeheuer entspannend und wirkt sehr tief in den Körper hinein. Das haben wir daran
gesehen, wie groß das Ruhebedürfnis all die Tage war.
Die Ayurveda-Massagen wurden im Haus Yoga Vidya gegeben. Seit kurzem ist ein Ayurveda
Wellness-Trakt vorhanden mit mehreren Massage- und Baderäumen in sanfter
Farbgebung, passenden Bildern, gut ausgestattet und mit einer wohltuenden Atmosphäre.
Die Therapeuten sind freundlich und engagiert. Insbesondere unsere Kursteilnehmerinnen,
die ausschließlich Ayurveda-Behandlungen und Yoga machten, schwebten
regelmäßig auf Wolke Sieben. Wenn sie vom Blütenbad oder Stirnguss erzählten,
kannte das Entzücken keine Grenzen.Die Ayurveda-Massage dauert ca. 45 bis 60 Minuten und heißt Abhyanga (Einsalbung, Öl auf den Körper auftragen). Der Vorgang der Massage wirkt sehr entspannend, viel Öl dringt in den Körper ein, löst Schlacken und macht zugleich die Haut geschmeidig.
Abhyanga wirkt, wenn man diese regelmäßig anwendet, stabilisierend auf das Immunsystem,
Körper und Geist kommen in Harmonie. Also auch eine hervorragende Ergänzung
zu Yoga.
Ayurveda und Yoga sind seit alters her miteinander verbunden. Traditionell wird in der
ayurvedischen Therapeutik auch Yoga angewendet. Yogastunden gab es für Anfänger
und Mittelstufe / Fortgeschrittene. Die meisten aus meiner Gruppe waren Anfänger
und wurden gut an die Übungen herangeführt. Sie setzen ihre Yogapraxis zu Hause
fort, habe ich schon gehört. So ist es meistens, wenn man Yoga kennen gelernt hat.
Eine Yogastunde besteht aus Anfangs- und Endentspannung, Pranayama (Atemübungen)
und dem Asanateil, das heißt in Yogastellungen hinein gehen, sie tief atmend halten
und langsam wieder herausgehen. Der ganze Körper wird gedehnt und flexibel,
die inneren Organe werden massiert, ihre Funktion gestärkt. Energiefluss und Durchblutung
werden natürlich gefördert, somit Blockaden und Schlacken beseitigt. Durch
die Konzentration verbinden sich Körper, Geist und Seele zu einer harmonischen Einheit.
Dies sind - wohlgemerkt - nur einige wenige nützliche Effekte beim Yoga-Praktizieren.
Denn man verändert sich auch zum Positiven hin, das ist wissenschaftlich belegt. Wer
Yoga praktiziert, ist achtsamer und liebevoller mit sich selbst und mit anderen. Auch
für schwierige Zeiten hat man ein Fundament und Werte, die den Erschütterungen des
menschlichen Lebens standhalten. Und man hält seinen Körper fit! Yoga kann man bis
ins hohe Alter ausüben.
Wichtig für viele waren die Vorträge, die Grundlagenwissen vermittelten. Viele waren
zum ersten Mal im Haus und mit dem Mantrasingen, den Bildern, der Meister-Schüler-
Tradition des Yoga konfrontiert. Das kann zu Anfang fremd wirken. Mich, die ich
meine Wurzeln im Christentum habe, störte dies noch nie. Ganz im Gegenteil, es hat
meinen Glauben vertieft. Das Mantrasingen reinigt den Geist - wenn man singt, ist der
Geist frei, der Körper ist voller Musik - es macht einfach Freude. Wir haben uns in unserer
Gruppe öfter darüber unterhalten. Irgendwann fiel der Satz: Das Vater Unser ist ja
auch ein Mantra. Das fand ich gut.
Unsere Termine ließen leider nur einen gemeinsamen Spaziergang in die nähere Umgebung
zu, ansonsten nutzte jede(r) ihre (seine) Freizeit individuell zum Bummeln im Kurort
Bad Meinberg, Spazieren im Park Silvaticum oder für Fahrten ins sehenswerte Umland.
Die Externsteine sind eine besondere Attraktion. Man sollte sie unbedingt besuchen!
Gruppenweise ging es ins Thermal- Mineralbad samt Sauna. Wir wurden dort ungewollt
zu Botschaftern der Yoga-Moor-Wellness: Der Herr, mit dem zusammen wir den
Honig-Dampfbad-Gang machten, wird es uns sicherlich ewig danken, dass wir auch ihn
in unsere Rücken-Honig-Einreiberunde hineingenommen haben.
Zu den Geschenken der Woche gehörte das Konzert des jungen iranischen Trommlers
Mohamed zusammen mit seinem Schüler Atmamitra. Mohamed wurde im Kindesalter
von seinem Lehrer weggeschickt, weil der ihm nichts mehr beibringen konnte. Er
macht Musik, wie ich sie nie zuvor gehört habe - lebendig, kraftvoll, ruhig, rasant, witzig
- es ist alles drin. Er hat auf einem großen Tamburin den Beginn der kleinen Nachtmusik
von Mozart gespielt, mit einem verschmitzten Lächeln in den Mundwinkeln! Das
Publikum tobte - zu Recht!
Und am nächsten Abend gleich eine Zugabe: Atmamitra machte für alle, die wollten,
eine Klangmassage. In einem Yogaraum ist ein riesig großer Gong aufgestellt. Alle liegen
auf dem Boden und der Gong wird in Schwingungen versetzt. Anschwellend, vielschichtig,
sanft, auch bedrohlich. Bei einem aus unserer Gruppe wirkten die Schwingungen
als Vibration durch alle Knochen von den Füßen bis zum Kopf - eine tolle
Erfahrung. Ängste und Erinnerungen bei einem anderen Gruppenmitglied wurden
durch Gespräche glücklicherweise aufgefangen.
Kein Bericht ohne die Kunde vom guten Essen! Die beiden Mahlzeiten um 11 und 18
Uhr boten alles Vollwert-Vegetarische, was man sich vorstellen kann: Gemüsegerichte,
Salate, verschiedene Aufläufe, Suppen, 1001 Gewürze, süße Breie, Müslis jedweder Art,
köstliche Brote, Käse, Honig, Marmeladen, Quark, Joghurt, diverse Milchsorten und
immer wieder neue Nachtische. Man war begeistert.
Im Rückblick am letzten Tag wurden einhellig die positiven Effekte des Aufenthaltes
gewürdigt, auch wenn einige mit der Termingebung nicht immer glücklich waren (hier
wurde Nachbesserung versprochen). Unser liebenswerter, stets hilfsbereiter Betreuer
Sitaram unterstützte uns, wo er konnte. Gerade auch das andere, was es so ‚nebenbei'
gab, die Begegnungen, das Lernen voneinander, die Form des Miteinander, die lustigen
und ernsten Gespräche, die liebevolle Betreuung überall, die Spiritualität und Lebensfreude
und last not least die schöne Umgebung haben uns alle sehr beeindruckt.
Erholt, gesünder, energetisiert, spirituell aufgeladen und rundum bereichert kehrten
wir an die Stätten unseres alltäglichen Wirkens zurück. Mit dem Wissen, jederzeit auch
wiederkehren zu können.
Dass am letzten Wochenende ein Kinderyoga-
Kongress stattfand mit namhaften Persönlichkeiten
aus dem Bereich Yogaunterricht
für Kinder, mit hochinteressanten Vorträgen
und wunderbaren Workshops, war auch eine
der großen Überraschungen! Doch das ist
schon wieder eine andere Geschichte .....
Christine Endris
Bund der Yoga Vidya Lehrer
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