von Swami Sivananda
Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
Wesentliche Prozesse im Sadhana
Die Bewegungen der Vasanas im Sadhana
Der Suchende kämpft inmitten einer rauhen, empirischen Welt, die
voll ist von Hindernissen. Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten tauchen
auf Schritt und Tritt auf. Versuchungen, Tests und Prüfungen überfallen
ihn von Zeit zu Zeit. Er bemüht sich, kämpft mutig gegen die
schweren Widerwärtigkeiten und denkt letztlich, daß es hoch
an der Zeit ist, sich abzusondern und zu versuchen, sein Sadhana in
einiger Entfernung von diesen Störfaktoren zu machen. Er zieht
sich vom Tumult dieser weltlichen vyavaharischen Aktivität zurück
und begibt sich in die relative Abgeschlossenheit einer spirituellen
Institution, wo er einige Zeit lang selbstlos dient und systematisch
sein Sadhana macht. Zu seinem Entsetzen muß er aber nach einiger
Zeit feststellen, daß er, anstatt eine nach und nach anwachsende
moralische, geistige und spirituelle Reinigung zu erfahren, noch mehr
Unreinheit, Übel und unerwünschte Emotionen und Gedanken verspürt.
Was ist dieses seltsame Phänomen? Macht er Rückschritte? Was
ist das für ein sonderbares Stadium, das er durchmacht? Bewegt
er sich eigentlich auf das Licht zu oder gelangt er immer mehr in Dunkelheit?
Diese Überlegungen beginnen seinen Geist nun ganz ernstlich zu
beschäftigen. Seine natürliche Sorge und starke Beunruhigung
über seinen unerklärlichen Zustand ist ganz verständlich.
Wenn er ein wenig überlegt, geduldig versucht, seinen Geist nach
innen zu kehren und seinen Zustand und die Veränderung, die in
ihm vorgeht, zu analysieren, wird er bald die tatsächliche Wahrheit
erkennen und sofort seine Sicherheit wiederfinden.
Das ist kein Verfallsprozeß, sondern tatsächlich eine Reinigung.
Spirituelle Entwicklung sieht manchmal wie das Gegenteil dessen aus,
was sie ist. Das hat seinen Grund. Extreme, die sich diametral gegenüberstehen
und widersprechen, sehen manchmal identisch aus. Sehr leise Schwingungen
kann das Ohr nicht erfassen, und ebenso wenig kann das Ohr sehr große
Höhen wahrnehmen. Ein statischer Gegenstand sieht bewegungslos
aus. Wenn sich der gleiche Gegenstand mit einer enormen Geschwindigkeit
dreht, erscheint er für das Auge vollkommen ruhig. Wenn also
in einer Phase des Sadhana der extreme Umkehrprozeß der Reinigung
und Beseitigung von Übel stattfindet, sieht das in alarmierender
Weise ebenso aus wie der entgegengesetzte positive Prozeß des
Erlangens von Ashubha Vasana.
Hier ist etwas aber ganz genau zu beachten. Wenn diese inneren Vasanas
sich aufzulösen beginnen, muß der Sadhak mit großer
Wachsamkeit und Aufmerksamkeit darauf achten, daß ihnen keine
Gelegenheit gegeben wird, sich aktiv physisch zu manifestieren. Es darf
nur ein rasches Ausschwemmen und sich Auflösen sein. Wie das überschüssige
gestaute Wasser, das durch das periodische Öffnen einiger Schleusen
abgelassen wird, müssen diese Vasanas abfließen, ohne Schaden
anzurichten. Dann ist mit dem Sadhak alles in Ordnung, und er wird bald
mit seinem Sadhana fortfahren wie zuvor. Andernfalls werden sich diese
Vasanas in Handlungen ausdrücken und weitere Schlingen in das karmische
Tauwerk binden, welches das Individuum hier in Sklaverei hält.
Anstatt ein Prozeß der Befreiung zu werden, ist es dann das Gegenteil.
In diesem Zusammenhang gibt es zwei Vorgänge, die dem Sadhak von
großer Hilfe und Unterstützung sein werden, wenn er daran
denkt und sie zeitlich richtig mit weisem Vichara einsetzt. Es ist nämlich
nicht immer notwendig und nicht einmal wünschenswert, daß
man all diesen sich ›verausgabenden‹ Kräften gestattet, rasch ausgeschwemmt
oder überhaupt freigesetzt zu werden. Dort, wo sie sind, eingebettet
im Chitta, dem unterbewußten Geist, da können sie direkt
sublimiert oder aufgelöst werden. So wie die Hitze der Sonne, die
auf das aufgestaute Wasser strahlt, dieses direkt durch Verdunstung
reduziert, so sublimiert auch regelmäßige Meditation, die
der Suchende übt, einen Teil des Vasanalagers direkt, Tag für
Tag im Laufe des Sadhana. Dann liegt in diesen Kräften, die tatsächlich
aufbrechen, eine überaus nutzbringende Alternative, die der Sadhak
anwenden kann und soll, nämlich, sie dann auf der äußeren
physischen Ebene zu sublimieren und in nützliche spirituelle Tätigkeit
umzuwandeln. Letzteres kann entweder subjektiv mit nützlichen Auswirkungen
auf den Sadhak selbst verwendet werden oder auch objektiv zum Vorteil
anderer. Subjektiv, z.B. dann, wenn die subtile Lust-Vasana sich zu
manifestieren versucht, muß der Sadhaka, wenn er wachsam ist,
sie sofort in einige Runden seines Lieblingspranayamas, eine Asanasitzung oder das lautstarke Singen des erhabenen Purushasukta, Sahasranama,
Siva-Mahimna, usw. umwandeln. So wird die Sublimierung auch nutzbringend
in Sadhana umgewandelt, in wertvolles, lebensveränderndes Sadhana.
Sollte die Vasana von Zorn diesen Prozeß des sich Auslebens beginnen,
ziehe dich in einen ruhigen Raum zurück, lache laut und herzlich
und lasse sie aufperlen in einem reinen Aufwallen von guter Laune und
Lachen. Oder sitze still und sende eine Welle nach der anderen von Liebe,
Segen und gutem Willen vom Grunde des Herzens in das ganze Universum.
Wiederhole immer wieder die erhabenen Verse des Shantipatha der Upanishaden.
Das wird dich einfach mit überschäumender kosmischer Liebe
erfüllen. Alle Zorn Vasanas werden verschwinden und ein fortdauerndes
Erbeben von motivloser kosmischer Liebe zurücklassen. Das ist in
der Tat ein unbeschreibliches Gefühl. Dieses Sadhana gibt dir ein
positives Kapital von Sattva und Prem. Du wirst feststellen, daß
du merklich verändert bist, schon nach einem einzigen Versuch in
diesem Prozeß der bewußten Sublimierung.
Diese subjektive Methode ist vorzuziehen und soll besonders hinsichtlich
Rajoguna und Tamoguna Vasanas Anwendung finden, die durch äußeren
Kontakt aktiviert werden und auch durch Assoziierungen, so wie z.B.
Zorn, Lust, etc. Dann gibt es Tendenzen wie das unterdrückte soziale
Wesen, den rajasigen Trieb zu planlosem Tätigsein oder das erotische
Bedürfnis, Zuneigung zu zeigen - eine Überschwenglichkeit,
die sich in diversen Rauschzuständen manifestiert, wie auch Sadhaks,
die Züge von Verweichlichung in ihrem Wesen haben. Es wird gut
sein, diese mit der objektiven Methode zu sublimieren.
Wenn dich eine Anwandlung von Geselligkeit überkommt, gestatte
dir nicht, in einen Bazar getrieben zu werden, um zu tratschen, oder
in den nächsten Leseraum, in ein Kaffeehaus oder zur Post, um dort
die sorgsam angesammelte Energie mit allerlei Politik, Tagesthemen oder
Tischgesprächen zu verzetteln. Gehe statt dessen zu den Armen und
Betrübten, und sieh, ob du ihnen irgendwie dienen kannst. Gehe
auf die Straße oder Landstraße unter die Pilger und Wanderer
und versuche, ihnen etwas von ihrer Last abzunehmen und ihre Bürde
durch angenehme und freundliche Konversation zu erleichtern. So mache
dich selbst reicher, eben durch den Vorgang des Gebens.
Wenn dich von innen her Sentimentalität überkommt, bleibe
vorsichtig, bleibe still. Laufe nicht töricht zu Freunden und Kollegen.
Gehe lieber und rede mit der Natur. Sprich und lache liebevoll mit den
Vögeln in den Sträuchern und mit dem bunten Schmetterling,
der von Blume zu Blume flattert. So wickle gefahrlos Vasana-Fäden
von der Spule des Chitta ab. So bist du in Sicherheit.
Wenn also diese Vasanas sozusagen das Eis durchbrechen und an die Oberfläche
kommen, sei nicht beunruhigt. Verstehe, was passiert, und beschäftige
dich in Ruhe mit ihnen. Bediene dich je nach Gelegenheit der genannten
Methoden und passe sie der jeweiligen Situation und dem jeweiligen Temperament
an. Überwinde sie weise und bleibe siegreich. Diese Erfahrung wird
dich bereichern, und du wirst in deinem Sadhana gefestigter sein.
Nun muß in diesem Zusammenhang noch ein Punkt hervorgehoben werden.
Es gibt einen ähnlichen Vorgang, der diesem spontanen Aufsteigen
von inneren Vasanas ähnelt, es aber nicht ist. Es ist etwas anderes
und muß also auch anders gehandhabt werden. Es ist das Hervorsprudeln
von Vasanas, das von einem äußeren Umstand oder Impuls hervorgerufen
wird. Eine solche Situation wird Versuchung oder Test genannt. Das ist
gefährlich, denn hier steht man zwei Kräften gegenüber,
die beide zu bekämpfen sind - die den Vasanas innewohnende Kraft
und der aktive Mechanismus des äußeren Stimulus.
Verwende dafür eine Kombination mehrerer Methoden. Nimm die bereits
besprochenen Methoden der Sublimierung und intensiviere sie durch Gebet,
Fasten und ein wenig aggressive Selbstbeherrschung, durch das Verlassen
des Ortes, wo die Versuchung stattfindet, das Fassen eines festen Vorsatzes,
usw. Es wird dir gelingen, den Test zu bestehen.
Das individuelle Bewußtsein ist so beschaffen, daß es verschiedene
Schichten geistiger und emotionaler Zustände durchgeht, reine,
neutrale und auch unreine, wie schmutziges Wasser, das durch ein
Sandsieb geleert wurde, Holzkohle, oder ein antiseptisches Filtrier-
und Reinigungsmittel. Zum Abfiltrieren des großen Übels,
eignet sich der grobe Sand der vyavaharischen Erfahrungen und reicht
vorzüglich. Aber für die feineren Unreinheiten (wie Gase im
Wasser) bedarf es eines Mittels wie schwarzer Holzkohle. Das ist das
Wiederauftauchen beunruhigender unspiritueller Gedanken und Tendenzen,
die den Sadhak im Laufe seiner spirituellen Entwicklung erschüttern
und beunruhigen können. Dieser Prozeß spielt sich beinahe
vollkommen auf der geistigen und emotionalen Ebene ab. Ihr inneres Wirken
ist sehr eigenartig und interessant. Sie finden sowohl im Wach- als
auch im Traumzustand statt, und in letzterem in zwei leicht unterschiedlichen
Schattierungen des Traumbewußtseins, die schwer voneinander zu
unterscheiden sind.
Die einzelnen positiven und negativen und subjektiven und objektiven
Methoden der Sublimierung, die bereits besprochen wurden, sind dann
anzuwenden, wenn der Prozeß des sich Austobens im Wachzustand
auftritt. Im Traumzustand kann der Sadhak sich nur auf sein Unterbewußtsein
verlassen, das ihn schützt und den richtigen inneren Ausgleich
herbeiführt. Zumeist führen der gedankliche Einfluß
des Guru und auch die Gnade des Ishta Devata (tatsächlich sind
beide dasselbe) den Sadhak sicher aus dem Prozeß im Traumzustand.
Es verbleibt nur ein kleiner schwacher Eindruck im Geist am nächsten
Morgen zurück, je nach dem entweder in Form einer bedrückten
oder übertrieben freudigen Laune. Und manchmal geht dieser Prozeß
im Traumzustand ganz sonderbar vor sich.
Der Mensch träumt, und die Vasanas toben sich aus, aber das Bewußtsein
des Sadhaks ist sich nicht bewußt, daß er geträumt
hat. Und so wacht er morgens mit dem sonderbaren Gefühl auf, ein
anderer zu sein als der, der sich am Abend zuvor schlafen gelegt hat,
und doch außerstande, es zu erklären oder es auf etwas zurückzuführen,
an das er sich erinnern könnte. Das ist in etwa so wie der Prozeß,
den man durchgeht, wenn man ohne es zu wissen, unreines Wasser getrunken
hat, und später, um sich zu desinfizieren, Tierkohletabletten einnimmt.
Die Tabletten gelangen in den Magen und führen dort die Reinigung
unsichtbar und ohne dein Wissen durch. Du bist dir nicht bewußt,
was in dir vorgeht, so wie im Falle der Vasanas, die sich in unbewußten
Träumen austoben. So geht dieser Reinigungsprozeß vor sich,
und der weise und aufmerksame Sadhak erhebt sich und schreitet voran,
wie der kluge Steuermann, der geschickt sofort jede herankommende Welle
ausnützt und weitersegelt, indem er sein kleines Boot gleichsam
auf dem Meer des adhyatmischen Lebens über die Kämme der Wellen
springen läßt.
Der Sieg winkt dem Wachsamen, und Erfolg ist dem ernsthaften Sadhak
sicher, der in seinem Vertrauen zu den Füßen seines Gurus
fest ist!
Die Rolle der Selbstbeherrschung
im Sadhana
Ungefähr hundertfünfzig Meilen oberhalb der Sannyasinkolonie
von Rishikesh im Himalaya ist ein abgelegener Ort namens Chamauli. Hier
wurde eine Art Damm, eine Barrikade gegen den Strom des Gebirgsganges
errichtet. Eines schönen Tages geschah dort etwas, und sehr wahrscheinlich
würde das Wasser außer Kontrolle geraten und in einem gewaltigen
Strom ausbrechen. Sofort begannen Drähte zu summen. Ein Telegramm
wurde an alle niedriger gelegenen Gegenden geschickt, um vor einer möglichen
Überflutung des Ganges zu warnen und aufzufordern, höherzugehen,
weg vom Ufer des Ganges.
Nun ist das Wasser des Ganges das Leben und die Seele für die Menschen,
die am Ganges leben. Aber was ist das für ein merkwürdiges
Phänomen - die Menschen fliehen nun vor seinem lebenspendenden
Wasser. Was ist der Grund dafür? Solange der Strom in seinen Begrenzungen
war, solange sein Volumen in einem sicheren Randes begrenzt war, war
er höchst nützlich und hocherwünscht. Als dieselbe natürliche
und gesetzmäßige Funktion des Dammes (Versorgung mit Wasser)
überschritten wurde, wurden die Wasser gefährlich und erschreckend.
Ein solches Übermaß machte aus einem Segen eine Drohung.
Nun betrachte einen ähnlichen Sachverhalt im Leben des Menschen.
Der durchschnittliche Mensch ist Sklave seiner Sinne. Üblicherweise
ist sein Leben ein dauernder Strudel inmitten zahlreicher verschiedener
Vishayas, die ihn in seinem alltäglichen Leben einschließen.
Seine Gelüste treiben ihn dazu, zwei Dinge zu tun, sie gehen nach
außen zu gewissen äußerlichen angenehmen und anziehenden
Dingen, und ebenso wollen sie gewisse Dinge in sich hineinziehen. So
nimmt die Abhängigkeit des Menschen von seinen Sinnen diese beiden
Formen an, zu gewissen Dingen hinauszugehen und gewisse Dinge in sich
hineinzuziehen. In bestimmten Situationen, im Fall von bestimmten Arten
von Dingen sind diese beiden Prozesse miteinander verbunden, nämlich
Befriedigen und Verzehren. Es ist nicht falsch zu behaupten, daß
diese beiden nichts anderes sind als die zwei Aspekte von Sinnlichkeit.
Nun ist Sinnlichkeit ein weiter, allgemeiner Begriff. Er schließt
jede Art von Befriedigung durch die Sinne ein. Wie auch immer, nicht
jede Befriedigung ist völlig unethisch, unmoralisch oder kriminell.
Gewisse Formen von Befriedigung wie Trunkenheit, Ausschweifungen, Unkeuschheit,
usw. sind eindeutig unmoralisch und verbrecherisch. Sie werden erbarmungslos
verdammt. Andere, obwohl nicht direkt kriminell, sind doch extrem schädlich,
entweder physisch oder geistig oder beides, für den einzelnen und
manchmal auch für andere in seiner Umgebung. Das Kauen, Schnupfen
und Rauchen von Tabak, Wetten, Spielen, usw. fallen unter diese Gruppe.
Solche Praktiken sind streng verboten und eindeutig gebrandmarkt. Drittens
gibt es noch andere (und diese Gruppe betrifft uns besonders), die natürlich
und in bestimmten Grenzen sogar toleriert und durch Gewohnheit gerechtfertigt
sind. Essen, Trinken, Schlafen, Ruhe und ordentliche Kleidung, um den
Körper zu bedecken - diese und die damit verbundenen körperlichen
Notwendigkeiten gehören zu der zuletzt genannten Kategorie. Sie
sind in gewisser Hinsicht unmoralisch. An diesen Dingen ist grundsätzlich
nichts Unethisches, in übersteigerter Form nehmen sie aber sofort
den Charakter einer Moralfrage an. Sie verlieren ihren neutralen Charakter
und werden direkt oder indirekt (manchmal sowohl direkt als auch indirekt)
unmoralisch. So ist z.B. Schlafen etwas Normales für alle Lebewesen
auf Erden. Tiere und Menschen, Sünder wie Heilige tun es. Aber
es gibt eine Grenze, innerhalb derer es etwas Wünschenswertes und
Wohltuendes ist. Zuviel Schlafen macht den Menschen faul, lethargisch,
träge und letztlich nutzlos sowohl für die Gesellschaft als
auch für sich selbst. Für den Sadhak ist es eine der gefährlichsten
Gewohnheiten. Für ihn ist es ein Laster, das es zu beseitigen gilt.
Gewohnheitsmäßig zu lange zu schlafen vermehrt Tamas, macht
das Sadhana zunichte und verzögert den Fortschritt.
Nimm einen anderen Vorgang - Essen. Essen wird als unentbehrlich betrachtet,
solange die körperliche Hülle besteht. Vom niedrigsten Ungeziefer
bis zum höchstverwirklichten Heiligen, jeder nimmt Nahrung zu sich.
Übertreibe es, und es wird sowohl indirekt als auch direkt falsch,
unziemlich, unethisch und geradezu kriminell. Es ist eine falsche und
schädliche Gewohnheit vom gesundheitlichen und medizinischen Standpunkt
aus gesehen; unziemlich vom Standpunkt der gesellschaftlichen Etikette,
die Gefräßigkeit mit Ungunst und Mißbilligung betrachtet;
es ist unethisch, denn der Mensch mästet durch Überernährung seine lustvollen Neigungen und wird derb und sinnlich; und es ist kriminell
vom wirtschaftlichen Standpunkt aus, weil die rücksichtslose Überernährung
einer Gruppe von Menschen alle Regeln der Verteilung überschreitet
und die hungernden Massen ihrer dringend benötigten Nahrung beraubt.
Genau hier sehen wir nun die lebenswichtige Rolle der Zurückhaltung,
da wir Funktionen mit unterschiedlicher moralischer Tragweite das rechte
Gleichgewicht und Ausmaß und die richtige Richtung geben. Insofern
als ihre Einordnung als moralisch oder nicht direkt von der Grenze und
Ausdehnung ihrer Befriedigung oder ihres Verbrauches abhängt, ist
es die Gleichsetzung von Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle im Individuum,
die als Regler fungiert, der sie innerhalb der Grenzen von gut und richtig
hält. So ist es das Vorhandensein oder Fehlen dieses Elements der
Selbstkontrolle und der Zurückhaltung, das dieselbe Handlung des
Essens beim einen lobens- und beim anderen tadelnswert macht. Es ist
lobenswert bei heiligen Menschen mit einfachen und spartanischen Gewohnheiten
und tadelnswert beim schamlosen, unersättlichen Vielfraß.
Und das ist der Qualitätsunterschied ein und derselben Handlung
zweier Menschen, welcher dem Faktor der Selbstbeherrschung zuzuschreiben
ist.
Warum die Rolle der Selbstbeherrschung mit besonderem Verweis auf die
dritte Kategorie von neutralen, moralisch indifferenten Funktionen behandelt
worden ist, wird klar, wenn wir berücksichtigen, daß die
beiden anderen Kategorien als Ganzen zu vermeiden sind, wobei genau
genommen die Frage nach Selbstbeherrschung gar nicht erst zu entstehen
braucht. Diese Handlungen sind unnatürlich, unnötig und verzichtbar.
Sie dürfen nie getan werden. Wohingegen die dritte Klasse der unvermeidlichen
üblichen Vorgänge des sinnlichen Konsums und der sinnlichen
Befriedigung getan werden müssen, jedoch nicht übertrieben
werden dürfen. Und Selbstbeherrschung erreicht dies. Selbstbeherrschung
liefert die Garantie und Sicherheit gegen übermäßigen
Genuß.
Die Funktion der Selbstbeherrschung, wachsam zu sein gegenüber
und zu wirken gegen den Drang zu übertriebenem Verzehr und Genuß,
wirkt auf zwei Arten, die der Mäßigung und die der freien
Wahl. Da wo übermäßiger Verzehr eine Form annimmt, die
die Grenzen der Qualität sprengt, manifestiert sich Selbstbeherrschung
als das Prinzip der Mäßigung, um Kontrolle auszuüben.
Wenn der Irrtum im Wesen eines Schwelgens in einer beleidigenden und
nicht wünschenswerten Eigenschaft liegt, wirkt Selbstbeherrschung
im Treffen einer vernünftigen Wahl. Dies läßt den Suchenden
sattvige Speisen wählen und von rajasigen und tamasigen Speisen
Abstand nehmen, obwohl sie vielleicht schmackhafter sind als die sattvige
Ernährung. Dies veranlaßt den Sadhak auch dazu, nachts eine
halbe oder eine Stunde länger zu schlafen, anstatt sich am Tag
dem Schlaf hinzugeben.
Mäßigung und Auswahl stellen einen dualen Prozeß dar,
in dessen Übung beide eine wechselseitige und vorteilhafte Reaktion
aufeinander bewirken. Wenn die Eigenschaft des Verzehrs, das Wesen der
Dinge, die über den Weg der Sinne aufgenommen werden, nicht erregend,
sondern sattvig sind, läßt dies einen Rhythmus und eine Harmonie
im System entstehen. Dieser Zustand der Harmonie ist eine große
Hilfe in der Übung der Selbstbeherrschung; denn Selbstbeherrschung
hängt ab von innerer Stärke, Atma Bala. Je größer
Sattva im Menschen ist, desto größer ist die Entwicklung
dieser inneren Kraft. Ebenso hält die Gewohnheit des Festhaltens
am Prinzip der Mäßigung Körper und Geist leicht und
frei von Giften. In solch einem Zustand der Gesundheit und Reinheit
sind alle Fähigkeiten offen und wachsam, erleichtern in hohem Maß
die Übung von Viveka und Vichara (Unterscheidungskraft und rechtes
Befragen) von denen kluge Auswahl und Zurückhaltung abhängen.
Es zeigt sich, daß Fähigkeit und Geschick in der Selbstbeherrschung
der größte Freund des Menschen sind. Sie wacht über
die natürlichen sinnlichen Neigungen des Menschen, holt das Bessere
aus dem Menschen heraus und verkehrt es in ein Übermaß. Selbstbeherrschung
spielt eine wichtige Rolle dabei, die Prozesse von Verzehr und Genuß
nicht über das Maximum ihrer Nützlichkeit hinausgehen zu lassen
und in selbstauferlegten Grenzen zu halten. Nütze diesen Faktor
vollständig und vernünftig, und du wirst die Früchte
von Erfolg, Gesundheit, Wohlbefinden, Fortschritt und spirituellen Errungenschaften
ernten.
Selbstbeherrschung macht das Leben lebenswert. Sei selbstbeherrscht
und werde ein Jitendriya Yogisvara. Selbstbeherrschung macht dich zum
wahren Herrscher über die drei Welten. Selbstbeherrschung führt
zu Selbstverwirklichung!
Gepriesen sei die Selbstbeherrschung, der höchste Regulator! Aller
Ruhm gilt der Eigenschaft der Selbstbeherrschung, die wahrhaft eine
göttliche Vibhuti ist, eine wirkliche Manifestation Gottes des
Herrn Selbst!
Verdrängung im Sadhana
und ihre Auswirkungen
Bezwingung der Sinne und Selbstbeherrschung werden als wichtigste und
unentbehrliche Bedingung für wahren Fortschritt im spirituellen
Sadhana anerkannt. Während man sich nun um die Kontrolle der Sinne
bemüht, muß man stets daran denken, daß die tatsächliche
und wirkungsvollste Methode darin liegt, die Aufmerksamkeit auf die
Kontrolle des Geistes zu konzentrieren. Denn die eigentlichen Sinne
sind nicht die Karmendriyas, die fleischlichen äußeren, sie
sich im physischen Körper befinden, sondern es sind Jnanendriyas,
die ihren Sitz in der Manomaya Kosha haben. Die äußeren physischen
Sinnesorgane sind nur die Fahrzeuge, durch die die Begierden der Jnanendriyas
Befriedigung finden. Sie stellen sozusagen die Ausführenden, die
Arbeitstruppe dar, die die Befehle ihres subtilen Widerparts in der
geistigen Hülle ausführen. Wenn also durch Kontrolle des Geistes
und Pratyahara das Geschrei der inneren fünf zum Schweigen gebracht
wurde, werden die Karmendriyas bloß fleischliche Anhängsel,
die nicht die Kraft haben, den Menschen zu reizen oder zu erregen. Von
dem nach innen gerichteten Geist wird der Klang, der auf dem Weg der
Ohren nach innen dringt, nicht aufgenommen. Die Nase atmet ein und nimmt
verschiedene Gerüche auf, ohne daß sich der Geist dessen
bewußt ist. Der Mensch, dessen Geist in sich selbst vertieft ist,
starrt mit leeren nichtsehenden Augen, denn obgleich die weit offenen
Augen nach außen starren, nimmt der Geist dennoch nichts wahr.
Klopfe jemandem auf die Schulter, während er in tiefem Studium
versunken ist, und er wird dich nicht beachten, denn die Berührung
entging ihm. Somit sind es im wesentlichen das Verlangen und der Impuls
der fünf inneren subtilen Organe, die die Bewegung und Unruhe in
den physischen Sinnen des Menschen hervorrufen.
Dies gibt den klaren Anhaltspunkt, wohin der weise Sadhak seine Aufmerksamkeit
zu richten hat, wenn er nach Beherrschung der Sinne, dem Verlöschen
von Begierden und Selbstbeherrschung strebt. Dennoch wird es von den
meisten Sadhaks vergessen, mit dem Ergebnis, daß häufig zu
sehen ist, wie sie in einem plötzlichen Anfall extremer Askese
versuchen, mit den äußeren zu Sinnen ringen im intensiven
Bemühen, sie zu ersticken, auszuhungern und niederzutrampeln. Am
Anfang waren sie scheinbar erfolgreich, und dadurch ermutigt verstärken
sie noch die falsche Vorgangsweise. Und wenn die äußere physische
Unterdrückung dann einen gewissen Grad von Gewalttätigkeit
annimmt, beginnen sich ihre Wirkungen auf die individuelle Psyche in
einer Reihe verheerender Symptome zu manifestieren. Der Mensch beginnt,
auf verschiedene Art und Weise Symptome des Rückschritts zu zeigen.
Die auffälligste Form, die die Gesamtheit dieser Symptome des Rückschritts
annimmt, ist ein vollkommenes Abbrechen der bisher strikt aufrechterhaltenen
Selbstbeherrschung, oder richtiger gesagt, die selbstzerstörerische
physische Verdrängung. Es ist gekennzeichnet durch eine Lockerung
aller Beherrschung und geht geradewegs in eine Phase der Schwelgerei.
Damit zusammen findet eine Anzahl kleinerer Umwälzungen statt,
die den unglücklichen Effekt haben, beim Menschen einen bleibenden
Eindruck zu hinterlassen. Sie drängen sich in sein Unterbewußtsein
und lassen sich als gewisse unklare Komplexe und unbestimmbare Neurosen
nieder, die den Verlauf der Analyse durchkreuzen.
Wenn ein Sadhak durch diese Erfahrung geht, während er in Zurückgezogenheit
lebt, wird sein Fall noch umso schwieriger. Gelegenheit und Möglichkeit
zu Vorsicht, Kritik und Korrektur durch andere ist nicht vorhanden.
Er ist ganz auf sich allein gestellt, und wenn jemand von einem plötzlichen
starken Strom extremer Sinnlichkeit und Rajas weggespült wird,
werden Unterscheidung und vernünftige Analyse wirkungslos. Wenn
sich der Sadhak jedoch in dieser Phase gerade unter vielen anderen befindet,
in einer Gemeinschaft oder Institution, werden den Beobachtern, die
selbst Sadhaks und mit diesem Lebensweg vertraut sind, seine allmähliche
Veränderung und die fortschreitende Verstärkung seiner gedankenlosen
Verdrängung nicht entgehen, bis der Bruchpunkt gekommen ist. Jene,
die ein wenig Erfahrung und Einsicht besitzen, werden diese Symptome
leicht erkennen, sein allmähliches Hintreiben zum Höhepunkt
seiner Selbstzerstörung diagnostizieren und ihn rechtzeitig vor
der unvermeidlichen Reaktion und ihren nicht beneidenswerten Folgen
warnen. So können also da, wo der Betroffene selbst seinen Fall
nicht analysieren kann, die Beobachter ihn auf den Umstand aufmerksam
machen und bis zu einem gewissen Grad die Analyse für ihn durchführen.
Aber auch hier war sehr häufig zu beobachten, daß der Sadhak,
wenn solche wohlgemeinten Warnungen und Ratschläge angeboten werden,
darauf mit deutlicher Feindseligkeit und einem Geist aggressiven Trotzes
reagiert. Wenn man dessen aggressive Haltung analysiert, wird man finden,
daß sie aus drei Faktoren stammt, nämlich einer unbewußte
Furcht, einer merkwürdigen Verdrehung der Gedankengänge und
einem Verdrängungsprozeß.
Im ersten Fall weiß und fühlt er zwar, daß sein Verhalten
unrichtig ist, weist aber alle Ratschläge und Anregungen aggressiv
zurück, denn würde er auf sie hören und sie entsprechend
befolgen, könnte das bedeuten, daß er sein Gleichgewicht
und seine Selbstkontrolle wiedererlangt. Dies würde ihn der Freuden
berauben, die er unbedingt erleben möchte. Der Teil von ihm, der
in dieser Phase von Bhoga-Vritti beherrscht wird, befürchtet, daß
er auf die Annehmlichkeiten, in die er sich gerade hineinstürzt,
verzichten müßte, wenn er sich ihren Ermahnungen und guten
Ratschlägen fügt. Diese Angst baut eine Abwehr- und Protestreaktion
auf, die sich in der aggressiven Haltung ausdrückt, die in der
Mehrzahl solcher Fälle so unvermeidlich vorhanden ist. Das formt
den ärgerlichen Charakterzug, den die von außen Beobachtenden
kaum verstehen oder tolerieren können. Es wird so stark und auffallend,
daß es manchmal die Geduld dieser sehr Wohlmeinenden, die ihn
warnen wollen und ihn aus dem Schmutzloch, in das er gefallen ist, herausholen
wollen, erschöpft und sie tatsächlich zu Gegnern macht.
Im zweiten Fall überzeugt sich der Mensch durch eine außergewöhnliche
Verdrehung der Logik, daß seine Handlungen gerechtfertigt sind.
Er hat das Gefühl, daß die Phase der Selbstbeherrschung und
Abstinenz ihn irgendwie dazu berechtigt hat, nun eine Zeit des Schwelgens
zu haben, und nimmt jeden gegenteiligen Vorschlag übel. Eben dieser
Groll ist an sich der sichere Hinweis, denn im Innersten weiß
er, daß er ganz falsch liegt. Aber das wurde in das Unterbewußtsein
verdrängt. Dies ist eine Täuschung und ausschließlich
das Resultat des individuellen Geistes, der durch Leidenschaft getrübt
ist.
Eine kleine Überlegung zeigt deutlich, daß er in Schwelgerei
versinkt, denn er hatte sich vorher überzeugt, daß es sein
Recht war, er wurde jedoch durch die Gewalt der revoltierenden Indriyas
hinabgezogen, die so lange durch den Druck des Suchenden gegen sich
selbst unterdrückt worden waren. Die Rechtfertigung kommt, nachdem
das Unrecht getan worden ist. Dementsprechend ist es weniger eine Erklärung,
warum er es tut, sondern eher ein ziemlich verkehrter Versuch festzustellen,
daß das, was er tut, richtig ist. Die Rechtfertigung folgt dem
Fehlverhalten. Sich in diesen Momenten davon zu überzeugen zu versuchen,
daß man so handelt, weil man weiß, daß das, was man
tun wird, richtig ist, ist den Wagen vor das Pferd spannen. Man tut
das Falsche und sagt, daß man im Recht ist.
Im dritten Fall ist es ein Prozeß der Kompensation. Der Suchende
sieht ganz klar, daß er in der Achtung der anderen gefallen ist,
die viel von ihm, seiner Selbstkontrolle und seiner Enthaltsamkeit hielten.
Sein ›guter Ruf‹ hat gelitten. Er fühlt sich minderwertig. Um dies
zu kaschieren und vor den Augen anderen auszugleichen, nimmt er unbewußt
diese Aggression an, die trunkenem Mut ziemlich ähnlich ist.
Man könnte meinen, die Analyse und Feststellung dieses dritten
›Kompensations‹- Faktors sei nur von rein akademisch-psychologischem
Interesse und unnotwendig für eine Untersuchung der inneren Beweggründe
und Entwicklungsstufe eines spirituell Suchenden. Das ist nicht so.
Diese Analyse hat eine bestimmte Tragweite und Bedeutung für den
Sadhak. Dieser Wunsch nach ›Kompensation‹ und die sich daraus ergebende
Aggressivität entstehen aus der Tatsache, daß der Schüler
sich nicht von seiner alten Treue zu seinem niedrigen egoistischen Selbst
abgewendet hat. Er identifiziert sich noch damit. Er möchte sein
Ansehen wahren. Daraus entsteht der Drang nach Kompensation als Möglichkeit,
das Gesicht zu wahren. Dies ist ungeeignet für einen Schüler,
von dem erwartet wird, daß er sich von dem Augenblick an, wo er
den spirituellen Pfad betritt, bereitwillig in die Hände des höheren,
sattvigen Teils seiner selbst begibt. Es ist ihm nicht gelungen, sein
asurisches Ego den Befehlen seines höheren Geistes zu unterwerfen.
Als Alternative dazu sollte er sich zumindest seinem Guru überlassen.
Das hat er auch nicht getan. Darüber hinaus hat er auch die Grundlagen
des Weges total mißachtet. Die wichtigsten Voraussetzungen von
Yama und Niyama stellen diese dar. Wenn er versucht hätte, Demut
zu entwickeln, wäre diese aggressive Kompensation nie notwendig
geworden. Der Fehler wäre bereitwillig angenommen und die Lektion
gelernt worden. Da er weder die Demut noch die intellektuelle Ehrlichkeit
hat, seinen Fehler zuzugeben, wendet er verkehrte Methoden an. Nun wird
klar sein, wie diese Analyse der ›Kompensation‹, obgleich sie rein psychologisch
ist, doch viel Licht auf die innere Vernachlässigung und den Schaden
im Aufbau seines spirituellen Lebens wirft. Es zeigt den Mangel an den
essentiellen Elementen der Ethik in ihm. Ethik ist die eigentliche Grundlage
im spirituellen Leben. Deshalb werden zur Handhabung solcher Fälle
viel Takt, Feingefühl und einsichtiges Verstehen zur Notwendigkeit.
Wie man sich im einzelnen damit befaßt, ist eine sehr schwierige
Sache und in großem Maße abhängig von den besonderen
Umständen und den jeweils Betroffenen.
Kommt hier der Zweifel, warum diese Methode falsch sein kann? Heißt
es nicht, daß das Feuer von selbst ausgeht, wenn der Brennstoff
weggenommen wird, und sind nicht die Sinnesobjekte und ihr Genuß
der Brennstoff für das Feuer der Sinne? Ja, richtig. Wenn die Sinne
das ›Feuer‹ sind, können die Objekte der Brennstoff genannt werden.
Eine kurze sorgfältige Überlegung wird zeigen, daß tatsächlich
nicht die Sinne das wirkliche ›Feuer‹ sind. Diese Analogie muß
einen weiteren Schritt hinein in den nächsten Kreis des fünfkreisigen
Feldes des individuellen Bewußtsein des Wesens geführt werden.
Die äußere Ausschweifung und der vulgäre Sturm der Sinne
inmitten der Objekte entspricht tatsächlich dem Knistern und der
Hitze, die vom inneren Feuer verursacht werden. Das wirkliche Feuer
ist eigentlich die intensive Erregung und Ruhelosigkeit der subtilen
Jnanendriyas, deren Hitze, Feuer und Knistern sich als das Wüten
der Karmendriyas auf dem Feld der Sinnesobjekte manifestieren. Es sind
die Jnanendriyas, die durch den Genuß befriedigt werden. Die eigentliche
Geschmacksempfindung erfolgt weder durch das knochenlose Stück
Fleisch im Mund, noch nimmt die rauhe und zerfurchte Haut der Handfläche
das angenehme Gefühl von sinnlichen, fleischlichen Berührungen
wahr. Die Zunge schmeckt nicht. Sie befördert den Geschmack. Genauso
erfolgt durch die äußere Haut nichts anderes als die Übermittlung
des Gefühls der Berührung.
Die Jnanendriyas stellen das ›Feuer‹ dar, und dieses wird mit dem Brennstoff
der Erinnerung (an frühere Vergnügungen), des Grübelns,
des unkontrollierten geistigen Verweilens (bei Geschmäckern, angenehmen
Empfindungen und der attraktiven Natur der Sinnesobjekte), des ständigen
Hoffens und der eifrigen, begierigen Erwartung und Vorahnung gespeist.
All das ist der Brennstoff. Die Zufuhr dieses Brennstoffes muß
durch strenge Einschränkung des Umfanges und der Art der Erinnerung
an Vergangenes, Kontrolle aller Vorstellungen, entschiedenes Anhalten
aller geistigen Schwelgerei und jedes geistigen Verweilens und das sofortige
Aufgeben von Hoffnung, Vorahnung und Erwartung eingestellt werden. Dies
ist der Grund für den Ratschlag ›Vergiß die Vergangenheit,
höre auf, Pläne für die Zukunft zu machen, lebe hier
und jetzt‹. Dies ist wieder die Grundlage für die Feststellung,
daß wirkliches Tyaga im Verzicht auf Sankalpa-Vikalpa liegt. Deshalb
wird gesagt: ›Mano Jayam eva Maha Jayam‹ und ›Mano Jita Jagat Jita‹.
Diese Kontrolle der geistigen Vikaras wird eher erreicht durch positive,
nicht gewaltsame Methoden, als durch den negativen selbstzerstörerischen
Prozeß von gewaltsamer Verdrängung. Die Schaffung von Harmonie
und innerem Rhythmus (anstatt Aufregung) durch Asanas und sattvige Ernährung,
das Ausdünnen des Geistes durch Pranayama, das Umlenken der Vorstellung
in höhere und edlere, die Sinne übersteigende Kanäle
durch regelmäßiges Svadhyaya (Lesen von Schriften und spirituellen
Büchern) und Sravana, die Übung des Verharrens bei einem bestimmten
Lakshya, erreicht und gestärkt durch Upasana, sind einige der wichtigen
Methoden, die jeder ernsthaft Suchende aktiv anwenden muß, um
in der Selbstbeherrschung erfolgreich zu sein.
Es muß ein Wächter für den Geist eingesetzt werden.
Es muß andauernde Unterscheidung und strenge Kontrolle geübt
werden. Vichara und promptes ›Nirodha‹ dürfen niemals aufgegeben
werden. Der Mensch ist moralisch träge und nicht bereit, diese
wichtige bedeutende Aufgabe zu übernehmen. Außerdem stärkt
Eitelkeit dieser Abneigung, sich mit der inneren Methode der Selbstbeherrschung
zu beschäftigen, den Rücken. Denn es ist ein rein subjektives
inneres Training. Es wird nicht angekündigt und gelangt nicht an
die Öffentlichkeit. Dagegen werden physische Askese und gewaltsame
Methoden von allen als heldenhaft angesehen und bewundert. Diese Eitelkeit
ist sehr subtil und kann nicht leicht erkannt werden. Der Hauptgrund
jedoch ist moralische Trägheit und Lethargie, gepaart mit der lauen
Natur des Strebens des Sadhaks. Wer tatsächlich begierig nach Fortschritt
ist, wird sich ernsthaft bemühen, diese wirkliche geistige Kontrolle
zu praktizieren. Jede geistige Trägheit muß abgeschüttelt
werden, und man muß bereitwillig mit dem höheren Selbst bei
der Aufgabe der Nichtzusammenarbeit mit dem sinnlichen Selbst zusammenarbeiten.
Tut man dies nicht, versagt man kläglich mit seinen selbstzerstörerischen
Methoden und macht allerlei andere Faktoren und Personen verantwortlich
oder wendet sich leichtfertig von spirituellen Praktiken und Fortschritt
ab. Dies ist ein großer Fehler und man wird dadurch selbst zum
größten Verlierer.
In der Zusammenfassung dieses Themas gibt es einen Punkt, der beachtet
werden muß. Es mag sich die Frage stellen, ob absolut keine Tugend
und gar kein Nutzen in der Kontrolle der äußeren Sinne liegt?
Natürlich gibt es sie. Es ist sehr notwendig, auch sie zu beherrschen.
Es ist gut. Aber deren Verwicklungen und Begrenzungen müssen zuerst
richtig erfaßt und verstanden werden. Es darf kein Fetisch daraus
gemacht werden. Mit Vernunft ausgeführt wird es zu einem hilfreichen
Training. Als eine Art von Titiksha ist ein solches Gerangel mit den
Sinnen empfehlenswert. Ein gelegentlicher vollkommener k.o. Schlag von
einem oder mehreren Sinnen ist ganz in Ordnung. Wie zum Beispiel ein
vollständiges wasserloses Fasten oder eine ganze Nacht lang wachen
einmal im Monat und sogar zweimal an den Ekadasi Tagen in der Tat überaus
hilfreich ist. Aber dann muß es in seinem wahren Licht erkannt
werden, nämlich als eine Methode - nicht als das letztendliche
Ziel. Es darf nicht der Fehler gemacht werden, es als die einzige Methode
im Yoga anzusehen. Sein Platz auf dem spirituellen Weg ist eine von
zahlreichen Methoden zur Erreichung von Selbstbeherrschung. Als Hilfsmittel,
um im inneren Prozeß wahrer Selbsterkenntnis fest zu werden, ist
es notwendig. Als Methode, um Titiksha zu entwickeln, ist es wunderbar.
Zweifellos hat es seinen Nutzen und ebenso auch seine Grenzen, und wenn
es in törichter Weise zu sinnlosen Extremen gesteigert wird, hat
es sicherlich seine Gefahren. Es wird dann zu einem schädlichen,
selbstzerstörerischen Prozeß, der in manchen Fällen
die Fähigkeit des Praktizierenden für Sadhana für immer
zunichte macht. Dann wäre seine Logik so schlecht, wie die eines
Mannes, der das rasche Anschwellen eines Luftballons anzuhalten wünscht,
diesen mit beiden Händen faßt, zusammenpreßt und nach
innen drückt. Es ist nicht schwierig, sich das Ergebnis vorzustellen.
Die richtige Vorgangsweise ist, das Einströmen der Luft, die mit
dem Blasebalg eingepumpt wird, anzuhalten. Diese Technik der Kontrolle
ist genau das, was erreicht wird, wenn man sich anschickt, die Jnanendriyas
zu unterwerfen und durch Kontrolle und Eindämmen aller Gedanken,
Erinnerungen, Vorstellungen, Sehnsüchte und sinnlichen Erwartungen,
die die Jnanendriyas zu einem Lodern von unwiderstehlichen Wünschen
und wilder Leidenschaft entfachen, einzuschränken.
Äußere Beschränkung der Sinne ist ein wichtiges und
wirksames Instrument, um einen Preis zu gewinnen. Aber es ist nicht
der Preis. Es ist ein spitzes Instrument, und falsch verwendet wird
es den Benutzer verletzen. Verstehe seinen richtigen Platz in Sadhana
und werde weise. Mache in richtiger Art und Weise Gebrauch davon und
besiege den Geist. Du wirst erfolgreich sein. Du wirst mit Ruhm gekrönt
sein.
Möge die Gita, die vernünftige Einschränkung lehrt, dich
in deinen Bemühungen um Selbstkontrolle und Beherrschung des Geistes
führen! Mögen die Meister Yogis wie Sri Krishna und Gautama
Buddha dir wahre Einsicht in die Wissenschaft der Sinneskontrolle verleihen!
Möge dich der Herr dazu inspirieren, Erkenntnis richtig zu gebrauchen
und Vollkommenheit zu erlangen!
Dreifaches Zurückziehen
im Sadhana
Die Katopanishad sagt: „Das aus sich selbst existierende Brahman schuf
die Sinne mit der Neigung, nach außen zu gehen, und so nimmt der
Mensch das äußere Universum wahr, nicht aber den Atman im
Inneren. Aber einige weise Menschen mit festem Geist, die sich danach
sehnen, Unsterblichkeit zu erlangen, nehmen den Atman im Inneren wahr,
da sie den Blick nach innen richten“.
´Den Blick nach innen richten‹ bedeutet das Abziehen aller Indriyas.
Alle Sinne werden durch Pratyahara und die Praxis von Dama von ihren
jeweiligen Objekten abgezogen.
Sitze in einer bequemen Asana. Schließe die Augen. Konzentriere
dich auf Trikuti, den Punkt zwischen den Augenbrauen.
Praktiziere Mulabandha durch Zusammenziehen des Anus und atme ein. Halte
den Atem an und praktiziere Jalandhara Bandha, den Kinnverschluß,
um Einpünktigkeit zu erreichen (Ekagrata).
Das gleichzeitige Zurückziehen des Pranas, des Geistes von den
Sinnesobjekten und der Sinne bildet das dreifache Zurückziehen
im Yoga Sadhana. Es ist wirkungsvoller und stärker als das einfache
Zurückziehen jedes einzelnen Sinnes, des Geistes oder des Pranas.
Alle drei müssen zu selben Zeit zurückgezogen werden. Durch
dieses starke Yoga Sadhana wird der Geist sehr leicht kontrolliert.
Allmählich wird der Atem sich innerhalb der Nasenlöcher bewegen.
Die Geschwindigkeit des Geistes wird eingedämmt. Der Geist erreicht
Einpünktigkeit (Ekagrata). Die Vasanas werden ausgedünnt.
Die ungestümen Sinne werden zur Ruhe gebracht. Es wird Harmonie
und Frieden geben. Yoga Nishtha folgt daraus, und Nirvikalpa Samadhi
tritt ein.
Geduld im Sadhana
Der Grundstein von Yoga, die erste Sprosse auf der spirituellen Leiter,
ist ethische Vollkommenheit. Deshalb versuche, alle negativen Eigenschaften
zu beseitigen. Schaue nach innen und analysiere den Geist. Wenn die
eine schlechte Eigenschaft beseitigt ist, taucht vielleicht eine andere
auf. Habe Geduld und packe eine negative Eigenschaft nach der anderen
an. Der Erfolg ist sicher, wenn man geduldig ist. Wir verbringen viel
Zeit mit Zeitunglesen. Natürlich kann man Zeitungen lesen, um zu
wissen, was in der Welt vorgeht, aber die Absicht beim Lesen der Zeitungen
darf nicht sein, Emotionen zu erwecken. Wirklicher Friede kann sich
nur ergeben, wenn die niederen Emotionen kontrolliert werden. Nur dann
ist spirituelles Leben möglich.
Der Geist ist ungeschult, und das ist der Grund, warum man leidet. Man
kann nicht denken oder Vichar ausführen, woraus wirkliche Wonne
abgeleitet werden kann. Du fragst nicht: „Welche guten Taten habe ich
auf dieser Erde getan?“ Wir erinnern uns nicht an das feste Versprechen,
das wir Gott gegeben haben, als wir Ihn verlassen und den Mutterschoß
betreten haben. Wir erinnern uns nicht an die Ideale. Versuche, ein
gutes tugendhaftes Leben zu führen und unterlasse sinnlose Diskussionen,
wie zum Beispiel ob es Gott gibt oder nicht. All das sind nutzlose Diskussionen.
Wütend zu werden ist furchtbar schlecht. Versuche, die Wut zu beherrschen.
Wenn jemand etwas Unangenehmes sagt, beginnst du sofort, Vergeltung
zu üben. Wir haben nicht die Kraft und Stärke, um geduldig
zu ertragen. Wir sind schwach. Ein Mann kann ein muskulöser Sandow
sein. Er hat vielleicht 6 bis 12 Stunden pro Tag dem Aufbau seiner Muskeln
gewidmet. Vielleicht ist er imstande, einen großen Stein zu zerbrechen,
aber er hat vielleicht nicht genug Kraft, um ein hartes Wort zu ertragen.
Er ist geistig schwach. Es gilt also, geistige Kraft zu entwickeln und
Tugenden zu pflegen. Aber, wie schade? Bald vergessen wir es. Wir denken
nicht an das Ideal oder die Ziele, die vor uns liegen. Wir machen hier
und da ein bißchen Japa und erwarten sofort Siddhis. Das ist nicht
genug. Man muß intensiv arbeiten.
Wähle einen eigenen Raum in deinem Haus. Das ist notwendig. Regelmäßiges
Aufstehen um vier Uhr ist notwendig. Menschen praktizieren einige Zeit,
geben dann die Praxis auf und beginnen sie dann wieder. Diese Gewohnheit
muß vollständig aufhören. Wenn man zu Brahmamuharta
praktiziert, kann der Geist leicht in der Meditation fest werden. Es
wird vieles erleichtern, wenn man absolut regelmäßig in der
Meditation sein kann. Dann, durch die Übung, kommt die Meditation
zur rechten Zeit von selbst. Auch wenn man krank ist, wird der Geist
zur gewohnten Meditationszeit am aufnahmefähigsten sein. Wenn du
dich schläfrig fühlst, singe laut philosophische Lieder, wie
Chidananda, Chidananda, und du wirst dich erfrischt fühlen. Immer
wieder behämmere den Geist mit Chidananda, Chidananda Hum, ich
bin der unsterbliche Atman. Singe dieses Lied. Mache einen kleinen Spaziergang.
Alle Krankheiten werden geheilt werden. Fühle die göttliche
Gegenwart in dir. Jeder Name ist erfüllt mit göttlicher Kraft,
und das Aussprechen von göttlichen Namen erhebt dich zu prächtigen
Höhen. Das allein beweist klar, daß es Gott gibt.
Eine regelmäßige Gewohnheit des Dienstes für den Nächsten
muß gepflegt werden. Es muß spontan werden. Vielleicht geben
wir in unserer Freigebigkeit unseren Schwestern und Brüdern etwas
Geld, nicht aber Fremden. Freigebigkeit muß auf alle ausgedehnt
werden. Wir erkennen nicht, daß die ganze Welt aus Ishvara entstanden
ist. Es gibt so viel Leid, und man muß spüren, daß
der eigene Körper betroffen ist. Nur dann erfährt man die
Gnade Gottes des Herrn. Alle Siddhis und Riddhis werden dir zu Füßen
liegen. Aber unglücklicherweise ist dein Herz so eng, ein sehr
kleines Herz. Vielleicht verfügst du über einen guten Intellekt.
Du bist vielleicht Doktor der Philosophie, aber dein Herz ist klein.
Der Geist der Selbstopferung fehlt vollständig. Warum? Weil wir
nicht die Bedingungen praktizieren, die in der Gita vorgeschrieben sind.
Der Mensch ist der größte Yogi, der Selbstopferung übt
und alles als Manifestation des Herrn erkennt. Dienst am Nächsten
muß zu deiner zweiten Natur werden. Habe etwas Kleingeld in der
Tasche, wo immer du hingehst. Überall, wo immer Not ist, teile
was du hast, und lindere menschliches Leid, wo es geht. Dadurch wirst
du fähig sein, das Ziel zu erreichen für das du geboren bist,
für das Gott dir diesen menschlichen Körper gegeben hat. Viele
hatten den direkten Darshan des Herrn, durch selbstloses Dienen, und
du kannst dieses Ziel ebenso erreichen.
Mache Japa und bete. Habe gute Gedanken über Gott. Denke an bestimmte
Slokas über die Übel, die durch das Trachten nach Sinnenfreuden
entstehen. Immer und immer wieder hämmere in den Geist, daß
die Übel durch das Streben nach Sinnenfreuden entstehen. Es erfordert
ständiges Üben. Habe diese guten Gedanken, bevor du zu Bett
gehst, und erinnere dich daran. Der Geist muß allmählich
geschult werden. Daneben ist auch das Studium religiöser Bücher
sehr wichtig. Studiere die Upanishaden. Studiere die Yoga Sutras von
Patanjali über Raja Yoga. Dann kannst du ein theoretisches Verständnis
bekommen. Bücher sind notwendig. Sie helfen, die Hindernisse auf
dem Weg zu bewältigen.
Wieviele von euch können jetzt das fünfzehnte Kapitel der
Gita auswendig vor dem Essen sagen? Sehr wenige. Der Mensch besteht
aus Nahrung, die Nahrung wird gereinigt, und man wird stark, wenn man
diese Slokas sagt. Verschiedene Arten von Nahrung erzeugen verschiedene
Samskaras, und verschiedene Charaktere tauchen auf. Sattvige Nahrung
entwickelt Konzentration des Geistes. Wenn die Nahrung Gott geweiht
wird, wird es zu einem Akt der Selbstopferung. Wenn du also an bestimmte
Slokas denkst, wird das nützlich sein. So müssen wir wissen,
wie wir unser Leben ordnen.
Schlagen wir ein neues Blatt auf, ein neues Kapitel in unserem Leben.
Bereits ein wenig Japa, ein wenig Kirtan setzen ungeheure Kraft frei.
Seien wir also ehrlicher in unserer Liebe zu Gott und halten wir das
Ideal vor uns. Lies die Gita. Die Zeit rast. Wenn du zornig wirst, denke
an den Avanti Brahmin. Inmitten aller Prüfungen und allen Kummers
denke an den Herrn. Du mußt süße Worte sagen können.
Werde jeden Tag stärker. Habe ein festes Programm im Leben. Es
ist schwierig, die menschliche Geburt zu erhalten. Vergeuden wir nicht
das wertvolle Leben. Denke an die großen Heiligen unseres Landes
- Ramdas, Shams Tabriz, Sri Ramakrishna Paramahamsa. Sie hatten direkte
Verwirklichung. Streben wir danach, jetzt, in diesem Leben, Jivanmuktas
zu werden. Höre die Geschichte vom Brahmanen Sadasiva.
Der Brahmane Sadasiva war ein Yogi in Karur und lebte vor 150 Jahren.
Sein Samadhi ist auch heute noch dort. Er hat wunderschöne Bücher
geschrieben und einen Kommentar der Brahma Sutras. Er war ein Gelehrter
und unterzog sich gerade der Schulung durch seinen Guru, als er ein
Telegramm erhielt, daß seine Frau die Geschlechtsreife erreicht
hatte. Nach dem Studium kehrte er von seinem Lehrer zurück. Seine
Mutter war erfreut, als sie die Nachricht hörte, daß ihr
Sohn nach Hause zurückkehre. An diesem Tag bereitete sie einige
„Payasam“ zu und diverse andere Gerichte. So mußte er bis 3.00
Uhr auf sein Essen warten. Er war ein Mensch mit Unterscheidungskraft.
Er war ein Yogabhrashta. Er erinnerte sich an seine frühere Geburt
und wurde sich des Elends bewußt, das ihn erwartete, wenn er einen
Hausstand gründete. Er sagte sich: „Jetzt bekam ich die Mahlzeit
um 3.00 Uhr. Wenn ich voll im Grihasthashram bin, weiß ich nicht,
wann ich die Mahlzeit bekommen werde. Was nützt Grihasthashram.“
Er entsagte sofort der Welt, und er war nicht gebunden. Er hatte seine
Pflichten gegenüber seiner Frau und seiner Mutter nicht erfüllt.
Trotzdem war er nicht gebunden.
Achte nicht zu sehr darauf, wenn gesagt wird: „Du hast keine Nachkommen,
um die Familie zu erhalten, und so wirst du den Fluch deiner Vorfahren
auf dich laden, und so weiter.“ Sadasiva Brahman war nicht gebunden.
Er wurde der größte Yogi, auch obwohl er seine Pflichten
gegenüber seiner Frau und seiner Mutter nicht erfüllt hatte.
Nachher, als er in Samadhi war, wurde er begraben. Einige Bauern kamen,
und beim Graben stießen sie versehentlich auf seinen Kopf. Etwas
blutete. Sie gruben sofort die Stelle aus und fanden ihn. Er war kein
bißchen in Mitleidenschaft gezogen. Dann kam er aus dem Samadhi
zurück. Er vollbrachte verschiedene weitere Wunder.
Daraus wird klar, daß die Heirat eine gesellschaftliche Einrichtung
ist, weil viele Menschen mit großer Leidenschaft und lustvollen
Samskaras geboren werden, und diese Samskaras müssen ein wenig
gelindert werden, so daß der Mensch Erfahrung machen und unterscheiden
lernen kann, wieviel Glück ihm diese Welt bringen kann. Er bekommt
Schläge von den Leuten. Er bekommt Fußtritte. Seine Frau
und seine Kinder hören auf, ihm das zu geben, wonach seine Seele
verlangt. Er wird unzufrieden mit der Welt und wendet sich der Religion
zu. Um diese Erfahrung zu machen, begibt man sich in das Grihastha Leben.
Wer aber mit spirituellen Samskaras geboren wurde, erlangt sehr bald
Vairagya, sogar ohne die Erfahrung eines Grihasthi durchzumachen. Es
gibt viele andere Beispiele auch von spirituellen Menschen, die der
Welt entsagt haben, ohne den Grihastashram zu betreten.
Halte strikt die Regeln von Brahmacharya. Wir sind bereits erfolglos
durch hunderte Leben gegangen, da wir die Regeln von Brahmacharya nicht
befolgt haben. Die Vasanas sind sehr stark. Bedenke, daß, wenn
ein Kind geboren wird, die Frau zur Mutter wird. Beobachte die Tiere,
wie sie die Gesetze der Natur befolgen. Es ist allein der Mensch, der
sich nicht an diese Naturgesetze hält, und nur der Mensch verfügt
über Vernunft. Er allein hat die Kraft der Unterscheidung. Diese
Fähigkeit, diese Kraft der Unterscheidung, hat allein der Mensch.
Um Gottverwirklichung zu erreichen, ist Brahmacharya daher von grundlegender
Bedeutung. Die ganze Energie muß in Ojas Shakti umgewandelt werden.
Dann wird sie sich als sehr wertvoll für den Menschen erweisen,
um den Lebenskampf aufzunehmen. Wer seine Energie bewahrt hat, kann
mehr substantielle Arbeit in der Welt leisten und mehr verdienen. Noch
wichtiger ist dies für den spirituellen Sucher, weil er anders
keinen Fortschritt machen kann. Lasse mich wiederholen, daß es
wichtig ist, um vier Uhr aufzustehen. Aber die Menschen tun es nicht.
Sie stehen nicht vor 7.00 auf. Die Welt bewegt sich mit erschreckender
Geschwindigkeit, und jeder Moment ist wertvoll. Wie lange wirst du weiterdebattieren,
ob es Gott gibt oder nicht? Versuche, so viel Japa wie möglich
zu machen.
Durch beständiges Dienen, Nächstenliebe und spontane und uneingeschränkte
Großzügigkeit sind Unreinheiten zu beseitigen. Menschen,
die eine Million Rupis haben, können hunderttausend dem Kriegsfond
spenden. Darin liegt nicht viel Großmut. Aber wenn ein armer und
frommer Mensch, der zwei Rupis besitzt, eine für einen wohltätigen
Zweck gibt, ist das ruhmvoll. So sagen die Upanishaden, daß du
nicht einmal ein ganz kleines Vermögen horten kannst. Es muß
aufgeteilt werden. Es gibt Leute, die viel verdienen und das Geld wieder
ausgeben in öffentlicher Wohltätigkeit und für Institutionen.
Das ist ohne Zweifel eine große Hilfe. Aber man kann kein Geld
verdienen, ohne zu sündigen. Wer das Wenige, das er hat, mit anderen
zu teilen vermag, ist der wahrhaftigste Yogi, nicht der Mensch, der
viele Millionen verdient und 200000 spendet. Der Mensch der 8 Annas
verdient, sie aber mit jemand zu teilen vermag, wird von Gott mehr geliebt.
Die Geschichte vom armen Brahmanen und seiner Familie ist bekannt. Diese
Familie hatte nur noch ein paar Körner Reis übrig, und als
sie gerade essen wollten, erschien Gott Narayana als ein Atithi, um
die Nächstenliebe des frommen Mannes zu testen. Der Brahmane und
seine Frau und Kinder boten dem Atithi zu essen an und hungerten selbst.
Das ist wirkliche Barmherzigkeit. So muß Nächstenliebe spontan,
uneingeschränkt und großzügig sein. Sie muß Bestandteil
des alltäglichen Verhaltens sein. Das Leben kann in jedem Moment
vorbei sein, und es ist sinnlos, sich weiter an seinen Reichtum zu klammern.
Ein Beispiel. Im Svarga Ashram baute ein reicher Mann einen Tempel.
Er hatte eine große Akkordarbeit und verdiente dementsprechend
gut. Dem Herrn gefiel sein Werk. Er baute eine Zuckerfabrik und verdiente
eine Million Rupis. Allmählich dämmerte in ihm ein wenig Spiritualität.
Er begann sein Sadhana, jedoch ohne großen Erfolg. Plötzlich
zeigten sich Krankheitssymptome, und er starb eines schönen Morgens.
Er war nur begierig nach Geld gewesen. Er besaß eine Million Rupis.
Zweifellos hatte er einige Hospitäler und einige andere gute Dinge
finanziert, aber er war nicht weise. Ein Weiser ist der, der alles für
andere gibt und Leid lindert. Im Moment hast du von Gott eine Lebensgarantie,
lasse diesen Moment nicht vergehen, ohne anderen ein Höchstmaß
an Gutem angedeihen zu lassen. Es ist etwas Gutes, Krankenhäuser
zu bauen, usw. All das ist nötig, um dein Herz zu öffnen.
Wenn aber ein Armer Barmherzigkeit üben kann, ist er dem Herrn
lieb, denn er kann sein Herz geben. Wer Geld hat, muß es ausgeben.
Im Morgen ist keine Sicherheit. Gott gibt dir Geld, damit du Gutes tust.
Du mußt Geld als Treuhänder gut nutzen.
Beharrlichkeit in
Sadhana
Leben ist die Manifestation von Shakti. Daher ist alles Leben dynamisch.
Nichts steht still, auch nicht für einen halben Moment. Die Energie
des Universums wirkt unermüdlich und unerschöpflich weiter
und arbeitet in einem kleinen Staubkorn so wie im mächtigen Gestirn
der Sonne. Unaufhaltsamer Fortschritt und Wachstum sind das Gesetz von
Natur und Evolution.
Oh Suchender! Auch du bist ein Mittelpunkt dieser kosmischen Energie.
Aktivität und Fortschritt sind Gesetz deines Seins. Du muß
beständig auf dem spirituellen Pfad fortschreiten. Gib dich nicht
damit zufrieden, ein Formular mit Vorsätzen ausgefüllt oder
eine tägliche Routine gefunden zu haben. Es genügt nicht,
einen schönen Raum für die Meditation zu haben oder eine Hirschhaut
und eine Mala. Zweifellos wurde die alte Lebensweise geändert.
Aber wie weit ist man auf dem neuen Pfad fortgeschritten?
Ein großer Weiser sagte einmal: „Bleibe nicht stehen, auch nicht
für einen Augenblick, denn auf dem Pfad der Heiligkeit und Vollendung
stehenzubleiben ist nicht wie Mut fassen oder Atem holen, sondern es
ist zurückfallen und schwächer werden als zuvor.“ Bewahre
das im Geist. Auf dem spirituellen Pfad geht es um Fortschritt oder
Rückschritt. Da gibt es kein bequemes sich oftmals an die Wand
lehnen. Rasten heißt rosten. Mit glühender Begeisterung stürme
vorwärts. Jeder Tag muß zeigen, daß ein weiterer Schritt
auf dem Pfad gemacht wurde. Fortschritt kann nicht nach der Anzahl der
Tage gemessen werden, die man geübt hat. Er besteht darin, wie
weit die frühere Lebens- und Denkensweise abgelegt wurde. Wie weit
ist die äußere Umgebung besiegt worden? Bewahrst du einen
ruhigen und ausgeglichenen Geist? Bleibst du unberührt von kleinen
Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten? Bist du nun mehr bereit, zu
vergeben und weniger bereit, zu verletzen? Sind deine Bemühungen
intensiver geworden? Machst du mehr Sadhana oder erwartest du die Gnade
Gottes, um dir bei der Ausübung von Vorsätzen und Gelübden
zu helfen? Erwartest du den Segen oder Asirvad von Heiligen oder Avataras?
Der Segen ist immer da, aber solange du nicht bereit bist, weiter und
voran zu schreiten, ist der Segen ebenso nützlich wie Stab und
Schuhe für einen Wanderer, der nicht weitergehen will.
Es war einmal ein Heiliger, der sich in einer Höhle auf einer Anhöhe
an einer Dschungelstraße niederließ. Er war von seiner Natur
her sehr fleißig. Er sammelte Steine aus der ganzen Umgebung der
Höhle und baute eine Plattform, Mauern, usw. Durch unermüdliche
Arbeit machte er seinen wilden Wohnort bald zu in einer vollkommenen
Miniaturfestung. Er säuberte die ganze Umgebung und ließ
nur einen einzigen großen Stein vor der Höhle zurück.
Bald nannte man ihn „Pather baba“, der Steinheilige. Da er ein großer
Virakta war, kamen viele Menschen zu seinem Darshan. Wenn Schüler
ihn häufig um seinen Segen baten, schwieg er. Wenn ihn aber jemand
zu sehr um sein Asirvad bedrängte, wandte er sich den kleinen Felsmauern
zu, die er gebaut hatte, und sagte: „Schau, das ist das Resultat von
Menat (Bemühungen, Fleiß).“ Dann führte er sie zu dem
einzelnen Stein und sagte: „Nun, du willst mein Asirvad. Hier, sieh
diesen Stein an. Er erhält regelmäßig mein Asirvad,
dreimal täglich. Ich segne ihn täglich morgens, mittags und
zur Abenddämmerung. Aber ich finde, er ist so wie zuvor. Das ist
alles, was Asirvad getan hat, und das (dabei zeigte er auf die Felskonstruktion)
ist das Ergebnis von dauerndem Eifer und Bemühungen.“
Daher suche nicht immer nach äußeren Hilfsmitteln. Mache
weiter. Hilfe wird von innen kommen, wo es nötig ist. Die Strecke,
die zurückgelegt werden muß, ist lang, die Zeit ist kurz,
Hindernisse gibt es viele. Tage, Monate und Jahre rasen dahin. Jede
Minute ist kostbar. Deshalb schreite rasch zum Ziel voran.
Ganz ohne Zweifel ist der Herr so barmherzig, daß er, wenn du
einen Schritt auf Ihn zugehst, dir zehn Schritte entgegenkommt. Ganz
richtig. Aber es wird von dir verlangt, daß du den ersten Schritt
zu Ihm hin tust. Vielleicht hast du das Gefühl, daß die Umstände
deinem Erfolg entgegenstehen, daß du überall von ungünstigen
Bedingungen und Kräften umgeben bist. Nun wird jemand, der sich
in einem Tal befindet, niemals imstande sein, den Nebel zu vertreiben,
aber wenn er ein wenig höher steigt, wird er sich ganz über
ihn erheben. Deshalb grüble nie über Nachteile und Behinderungen
nach. Erhebe dich zu höheren Bereichen des Wissens über Atman
durch beständiges Sadhana. Es ist deine Torheit, daß du im
Dunkeln sitzt und ›Licht, Licht‹ rufst. Erhebe dich und gehe hinaus
in die Sonne.
Zeichne dich aus im Dienen. Dehne die Liebe aus. Mache Fortschritte
im Wissen. Schaffe Gelegenheiten zum Dienen. Lerne täglich etwas
Neues. Entwickle mehr Hingabe an Gott. Mache mehr Sadhana. Gehe weiter
auf dem Weg. Mache ständig Fortschritte. Ununterbrochene Beharrlichkeit
schützt am besten gegen Rückfälle. Es ist der sicherste
Weg zum Erfolg. Höre niemals auf oder lasse nach. Gehe weiter.
Schreite vorwärts. Mögest du dein Ziel bald erreichen.
Stetigkeit im Sadhana
Höre nicht auf mit dem Sadhana, wenn du einige flüchtige
Eindrücke von Verwirklichung gehabt hast. Übe weiter, bis
du gänzlich in Bhuma (dem uneingeschränkten Brahman) fest
verankert bist. Das ist wichtig. Wenn du aufhörst zu üben
und dich in der Welt bewegst, besteht eine große Wahrscheinlichkeit
für einen Rückfall. Die Reaktion wird fürchterlich sein.
Es mangelt nicht an Beispielen. Viele Menschen sind ruiniert worden.
Ein flüchtiger Eindruck kann keine vollkommene Sicherheit geben.
Lasse dich nicht von Loka Eshana (Ruhm und Ehre) beeindrucken. Du kannst
Frau, Kindern, Eltern, Haus, Freunden und Verwandten entsagen. Es ist
sehr sehr schwierig den intellektuellen Freuden zu entsagen, den Freuden
in Zusammenhang mit Ruhm und Ehre. Ich warne dich ernstlich. Ein Mensch,
der sein Glück im Atman im Inneren findet, wird sich nicht im geringsten
um diese belanglose und unbedeutende Sache kümmern. Die Welt ist
für den weltlichen Menschen etwas Riesiges. Die Welt ist ein Strohhalm
für den, der Brahman kennt. Sie ist ein Senfkorn, ein Stecknadelkopf,
ein Punkt, eine Luftblase und ein luftiges Nichts für einen Brahma
Jnani. Sei umsichtig. Ignoriere alle diesen unbedeutenden Dinge. Sei
ausdauernd in der Praxis. Höre nicht auf zu üben, solange
die endgültige Glückseligkeit nicht erreicht ist. Höre
nicht auf mit dem Sadhana, solange du nicht andauernd im vollen Bewußtsein
von Brahman weilen kannst.
Vier fortgeschrittene Phasen im Sadhana
Auf der ersten Stufe des Fortschrittes im Sadhana wird die Reinheit
des Geistes erreicht; in der zweiten Phase wird die Kraft zur Konzentration
enorm gesteigert; dann tritt die Phase ein, wo tiefe Meditation möglich
wird und auch leicht zu erreichen ist. In der vierten Phase erlangt
der Strebende Erleuchtung; darauf folgt die Identifikation des inneren
spirituellen Selbst mit der alldurchdringenden, allwissenden und allmächtigen
Göttlichkeit; und endlich kommt es zur Erfahrung des völligen
Aufgehens im unendlichen Sein. |
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